F276-300 Flashcards

1
Q
  1. Wann kann ein rechtswidrig entlassenes Betriebsratsmitglied eine sog „lange“ Kündigungsentschädigung und wann nur eine „kurze“ Kündigungsentschädigung geltend machen?
A

Im Hinblick darauf, dass man einen Arbeitnehmer nicht in ein unzumutbares

Arbeitsverhältnis pressen kann, hat der OGH den Arbeitnehmern, die den besonderen
Kündigungs- und Entlassungsschutz genießen, ein Wahlrecht eingeräumt, entweder auf dem

Bestandschutz zu beharren oder aber Ersatzansprüche geltend zu machen.

Verzichtet der BR also auf den Bestandschutz und beschränkt sich auf die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche, dann stellt sich die Frage, ob er Anspruch auf Kündigungsentschädigung für den vollen Zeitraum seines Bestandschutzes aus der BR-Tätigkeit plus anschließende Kündigungsfrist hat, oder ob er nur Anspruch auf Kündigungsentschädigung für die Dauer einer fiktiven Kündigungsfrist ohne Berücksichtigung des Bestandsschutzes hat.

VwGH: Entkoppelung der Rechtsinstitute

(Kündigungsentschädigung ist Individual-AR, Besonderer Bestandsschutz ist K-AR) Wenn ein AN auf den besonderen Bestandschutz keinen Wert legt, soll er gegenüber den nicht geschützten Arbeitnehmern keinen Vermögensvorteil haben und lediglich die übliche Kündigungsentschädigung erhalten.

Ausnahme: Wenn der Arbeitgeber den vorzeitigen Austritt nicht nur verschuldet, sondern in der Absicht, den geschützten Arbeitnehmer „hinauszuekeln“, provoziert hat.

Auch daher, dass der BR eine Verpflichtung gegenüber der Belegschaft hat, ist ihm zuzumuten, sein Mandat nicht gleich aufzugeben und bloß Vermögensinteressen zu verfolgen.
Wenn aber auch vom betriebsverfassungsrechtlichen Standpunkt her die Beziehung zum AG als endgültig zerrüttet anzusehen ist, dann kann das Wahlrecht zu Gunsten einer langen Kündigungsentschädigung ausgeübt werden. (Funktionsperiode + 3 Monate + Kündigungsfrist)

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2
Q
  1. Kann ein begünstigt Behinderter im Fall einer rechtswidrigen Entlassung auf seinen Entlassungsschutz verzichten und eine Kündigungsentschädigung geltend machen?
A

Für begünstigte Behinderte besteht ein besonderer Entlassungsschutz nach BEinstG dadurch, dass eine unbegründete Entlassung für begünstigte Behinderte rechtsunwirksam ist. Besondere Entlassungsgründe oder Zustimmung des Gerichts, wie beim BR, ist aber nicht vorgesehen, es kommen die „normalen“ Entlassungsgründe in Frage.

Daraus ergibt sich für den Fall der rechtswidrigen Entlassung das Sonderproblem, dass bei Verzicht auf den besonderen Entlassungsschutz eine Kündigungsentschädigung für den Zeitraum der Rechtsunwirksamkeit der Entlassung, also völlig unbefristet, unvertretbar wäre.

Hier ist vielmehr analog die Regelung zum Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit anzuwenden, nach welcher der AN eines AV auf Lebenszeit nach 5 Jahren mit sechsmonatiger Kündigungsfrist kündigen kann.

Eine mit dieser Frist bemessene Kündigungsentschädigung erscheint angemessen, besonders auch deshalb, weil der begünstigte Behinderte auf dem Arbeitsmarkt in einer besonders schwierigen Situation ist.

(Generell ist bei der Frage, ob Personen mit besonderem Bestandsschutz bei rechtswidriger Entlassung oder Kündigung Anspruch auf mehr als die normale Kündigungsentschädigung haben immer auf den Schutzzweck der Bestandsschutznorm abzustellen.)

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3
Q
  1. Hat der Betriebsrat ein Mitwirkungsrecht bei der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses?
A

Bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses steht dem Betriebsrat ein Mitwirkungsrecht zu.

§§ 104a Abs. 1 ArbVG

Verlangt der AN vor der Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nachweislich, sich mit dem Betriebsrat zu beraten, so kann innerhalb von zwei Arbeitstagen nach diesem Verlangen eine einvernehmliche Lösung rechtswirksam nicht vereinbart werden.

Kommt es innerhalb dieser zwei Arbeitstage dennoch zu einer Vereinbarung, so ist diese nichtig.

Geltendmachungsfrist:

Entweder binnen einer Woche nach Ablauf der 2 -Tage-Frist sofort bei Gericht, oder binnen dieser Woche schriftliche Geltendmachung beim AG, dann 3 Monate Zeit für gerichtliche Geltendmachung.

Ohne jegliche Geltendmachung innerhalb der Frist wird die einvernehmliche Auflösung rückwirkend rechtswirksam.

Nicht besonders gelungene Konstruktion:

  • Wenn Zustimmung des AN bereits erfolgt  nur Anfechtung nach §§ 871 ff. ABGB
  • Noch keine Zustimmung, aber BR verlangt  2 Tage „Sperrfrist“
  • Zustimmung nach den 2 Tagen  wieder nur Anfechtungsregeln des Zivilrechts

Fraglich: Was, wenn Beratung bereits vor Ende der 2 Tage Frist erfolgt?

kein Hinweis darauf im Gesetz (≠§ 105 Vorverfahren)
Teleologisch wohl trotzdem von Rechtswirksamkeit auszugehen, eine strengererEinschränkung ergebe gerade bei einvernehmlicher Auflösung keinen Sinn.

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4
Q
  1. Welche Gründe in der Arbeitsrechtsordnung führen zu einem Erlöschen des Arbeitsverhältnisses?
A
  • Zeitablauf

(automatisches Ende bei gültiger Befristung; Bei Fortsetzung wohl unbefr. AV..)

  • Tod des Arbeitnehmers

(Tod des AG hingegen nicht, Erben treten in AV ein; Ausnahme: HausBetrG)

  • Auflösung eigener Art - eines Dienstverhältnisses auf Probe
  • eines Dienstverhältnisses für vorübergehenden Bedarf
  • Gesetzliche Erlöschensgründe - Endgültige Betriebsstilllegung (GewO 1859)
  • Tod der zu betreuenden Person (HausbetreuungsG)
  • Gründe nach BAG für Lehrlinge (z.B. mit der LAP)
  • Gründe nach TAG (Theaterbrand)
  • Gründe nach VBG (best. Strafgerichtl. Verurteilung)
  • Nichtigkeit (z.B. Wegfall der Ausl.-Besch.-Bew.)
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5
Q
  1. Wie wirkt sich die Insolvenz des Arbeitgebers auf seine Stellung im Arbeitsverhältnis aus?
A

Das Arbeitsverhältnis bleibt grundsätzlich bestehen!

Weder die Insolvenz des Dienstgebers noch die Insolvenz des Dienstnehmers führen zu einer automatischen Beendigung des Dienstverhältnisses (keine Ex -lege-Beendigung).

Der Gesetzgeber erblickt darin aber eine derart empfindliche Störung in der Dienstnehmer-Dienstgeber-Beziehung, dass er Sonderbestimmungen vorsieht.

Beispiel: § 25 Insolvenzordnung:

Der AN kann im Falle einer Insolvenz des AG vorzeitig aus wichtigem Grund austreten, wobei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als wichtiger Grund gilt.
Frist: 1 Monat - nach Eröffnung des Schadensregulierungsverfahrens oder

  • nach Bekanntmachung des Unternehmens-Schließungs-Beschlusses
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6
Q
  1. Erläutern Sie die strukturellen Unterschiede zwischen dem Abfertigungsrecht nach Angestelltengesetz bzw Arbeiterabfertigungsgesetz und der „Abfertigung Neu“!
A

Zu unterscheiden ist zwischen der Abfertigung nach Angestelltengesetz und Arbeiterabfertigungsgesetz („Abfertigung alt“) auf der einen Seite und der Abfertigung nach dem „Betriebliches Mitarbeiter- und Selbstständigen Vorsorge -Gesetz (BMSVG) („Abfertigung neu“).

Die „Abfertigung neu“ nach BMSVG ist mit 1.1.2003 in Kraft getreten, sie gilt für jene Arbeitsverhältnisse, deren vertraglich vereinbarter Beginn nach dem 31. 12. 2002 liegt. Für zum 31. 12. 2002 bereits bestehende Arbeitsverhältnisse bleibt es grundsätzlich beim alten Abfertigungsrecht.

  1. Sozialrechtliche Leistung

Mit der „Abfertigung neu“ ist es zu einem wesentlichen Strukturwandel gekommen, da die Leistung nicht mehr gegenüber dem Arbeitgeber, sondern gegenüber der „(betrieblichen)Vorsorgekasse“ geltend gemacht wird.
Der Arbeitgeber leistet nur regelmäßige Beiträge an die Vorsorgekasse.

Aus einem AR-Anspruch wurde somit eine sozialrechtliche Leistung, die nur an AR-Tatbestände anknüpft

  1. Keine „Treueprämie“ mehr

Erkennbar ist auch ein Funktionswandel von „Abfertigung alt“ zu „Abfertigung neu“.

Die „Abfertigung alt“ hatte noch einen Charakter als Treueprämie, während die neue Abfertigung diesen weitgehend verliert, da die Anwartschaften auf die neue Abfertigung das einzelne Arbeitsverhältnis überdauern.

  1. Änderungen bezüglich des Anspruchs

Bei der „Abfertigung alt“ entstand ein Anspruch auf Abfertigung erst nach 3 Jahren Beschäftigung im gleichen Unternehmen und nur bei Kündigung durch den AG oder einvernehmlicher Auflösung.
Bei der „Abfertigung neu“ besteht der Anspruch bereits ab dem zweiten Monat, er kann auch in ein anderes Unternehmen mitgenommen werden, und er geht auch bei Selbstkündigung nicht verloren.

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7
Q
  1. In welchem Verhältnis stehen das Prinzip der Wahrheit und das Prinzip der wohlwollenden Formulierung zum Verbot nachteiliger Formulierungen von Dienstzeugnissen?
A

Der AN hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses (auf seine Kosten auch auf ein Zwischenzeugnis). § 39 AngG, § 1163 ABGB

Das Arbeitszeugnis muss einen Einblick in den tatsächliche Aufgabenkreis des AN gewährleisten.

Das Prinzip der Wahrheit besagt, dass der Arbeitgeber nur objektiv richtige Aussagen in das Arbeitszeugnis aufnehmen darf.

Das Prinzip der wohlwollenden Formulierung, dass der AG mit einem positiv gehaltenen Arbeitszeugnis die Möglichkeit hat, dem AN sein weiteres berufliches Fortkommen zu erleichtern. [Verbot der nachteiligen Formulierung]

Diese beiden Prinzipien sind für positive, wohlwollende Aussagen gegeneinander abzuwiegen.

Für nicht positive Formulierungen statuiert der Gesetzgeber ein Verbot nachteiliger Formulierungen.

Nachteilige Formulierungen, die dem AN die Erlangung einer neuen Stelle erschweren, sind also nicht gestattet.

Beispiele für verbotene, nachteilige Formulierungen:

  • „Das AV wurde wegen Kränklichkeit aufgelöst“
  • „Der AN nimmt seine gewerkschaftliche Zugehörigkeit äußerst ernst“
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8
Q
  1. Was ist die sog Auflösungsabgabe?
A

Die Auflösungsabgabe ist eine Arbeitsmarktpolitische Maßnahme für Bestandsschutz und Verhinderung prekärer Dienstverhältnisse.

Es handeltsich um eine Abgabe in der Höhe von 118 € (2015) (2017:127€) , die von den Krankenversicherungsträgern einzuheben ist, wenn ein

arbeitslosenversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis aufgelöst wird.

Die Beiträge sind für Arbeitsmarktpolitik zweckgewidmet.

Geregelt ist die Auflösungsabgabe in §2b Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz.

Keine Auflösungsabgabe:

  • AV war auf längstens 6 Monate befristet
  • Auflösung während Probemonat
  • AN gekündigt hat, gerechtfertigt entlassen wurde, ungerechtfertigt ausgetreten ist (…)
  • Lehrverhältnis, Ferial- oder Berufspraktikum beendet wurde
  • sofort neues AV an anderer Stelle im Konzern begründet wird
  • Das AV mit dem Tod des AN endete
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9
Q
  1. Erläutern Sie den Begriff der Arbeitskräfteüberlassung. Wann spricht man von einem echten und wann von einem unechten Leiharbeitsverhältnis?
A

Grundlagen:

  • EU: Leiharbeits-Richtlinie 2008
  • Österreich: Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG 1988)

Zweck: Arbeitsplatzschaffung durch flexible Beschäftigungsformen

Gefahren: Lohndumping, Gefahr für Stammbelegschaft in Betrieb

Arbeitskräfteüberlassung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer einem Dritten überlässt.

(„Arbeitskraft“ = Arbeitnehmer und Arbeitnehmer-ähnliche Personen)

Es wird die Arbeitskraft an sich dem Dritten zur Verfügung gestellt, der den Arbeitnehmer einsetzen kann.

Der Dritte beschäftigt den überlassenen Arbeitnehmer dann im eigenen Unternehmen (z.B.

Produktion) oder im Unternehmen eines Vierten (z.B. Dienstleistungsunternehmen), auch

Subüberlassung ist möglich.

Arbeitsrechtliches Dreiecksverhältnis: Überlasser – Arbeitskraft – Beschäftiger

Überlasser – Arbeitskraft: Arbeitsvertrag (mit Vereinbarung, für Dritte tätig zu werden)

Überlasser – Beschäftiger: Dienstverschaffungsvertrag

Weisungsrecht des Überlassers geht auf den Beschäftiger über.

Echtes Leiharbeitsverhältnis: Arbeitnehmer, die normalerweise im Unternehmen des Überlassers ihre Beschäftigung ausüben, werden ausnahmsweise einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen.

Unechtes Leiharbeitsverhältnis: Gewerbsmäßige Arbeitskräfteüberlassung (=reglementiertes Gewerbe iSd. Gewerbeordnung 1994)

Abgrenzungsproblem: Werkunternehmer führt längerfristig im Unternehmen des Werkbestellers mit seinen Arbeitnehmern ein Werk aus, wobei die inhaltlichen Vorgaben vom Werkbesteller kommen.

–> Daher regelt das AÜG ausdrücklich, dass der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform eines solchen Sachverhalts maßgebend sind.

Begünstigte Überlassungen: Gewisse Überlassungen fallen nicht unter das AÜG.

Zum Beispiel: Überlassung durch Gebietskörperschaften, zwischen Konzernunternehmen

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10
Q
  1. Welches Entgelt steht einer überlassenen Arbeitskraft nach AÜG zu? Differenzieren Sie zwischen Betrieben, für die zwingend ein KV zur Anwendung kommt, und Betrieben ohne KV; differenzieren Sie weiters, ob nur das KV-Entgelt geleistet wird oder ob Überzahlungen insb im Beschäftigerbetrieb üblich sind!
A

Überlassene Arbeitskräfte haben nach AÜG einen zwingenden Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt.

Insofern sind überlassene Arbeitskräfte rechtlich günstiger gestellt als sonstige Arbeitskräfte, da diese nach § 1152 ABGB nur Anspruch auf ein angemessenes Entgelt haben, wenn nichts vereinbart ist.

Für die Beurteilung des angemessenen und ortsüblichen Entgelts ist der Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebs zu berücksichtigen.

Darüber hinaus ist auch auf sonstige verbindliche Bestimmungen allgemeiner Art Bedacht zu nehmen. Dies umfasst insbesondere auch entgeltrelevante Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung.

Kein KV in beiden Betrieben: Angemessenheit & Ortsüblichkeit

(OGH: Umstände im Betrieb des Überlassers)

(sachgerechter: Angemessenheit!)
In Ö unbedeutend: für überlassene Arbeiter AKÜ-KV, für Ang. Gewerbe-Ang-KV

KV nur bei Beschäftiger: KV im Beschäftigerbetrieb
(Ein höheres Ist-Lohn-Niveau dort ist irrelevant!)

KV nur bei Überlasser: KV des Überlasserbetriebs
(Höheres Beschäftiger-Ist-Lohn-Niveau irrelevant (Lösch))

KV bei Überlasser und Beschäftiger: Günstigkeitsprinzip

(Regelfall!)

(Ist-Lohn-Niveau im Beschäftigerbetrieb irrelevant (Rspr.))

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11
Q
  1. Kommt im Fall von Überlassungen nach AÜG für Aufwandsentschädigungen der Kollektivvertrag des Überlassers oder der Kollektivvertrag des Beschäftigers zur Anwendung?
A

Für Aufwandsentschädigungen sieht das AÜG keine Sonderbestimmungen vor.

Insbesondere gilt die Regel, wonach sich das Entgelt nach dem KV im Beschäftigerbetrieb richtet, nur für das Entgelt, nicht für Aufwandsentschädigungen.

Für Aufwandsentschädigung gilt also das „grundsätzliche arbeitsvertragliche Band“, nämlichdie Rechtsquellen des Überlassers (KV, BV, Arbeitsvertrag).

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12
Q
  1. Welcher Betriebsrat ist in welcher Weise für überlassene Arbeitskräfte zuständig – der Betriebsrat im Überlasserbetrieb und/oder der Betriebsrat im Beschäftigerbetrieb?
A

Arbeitsvertragsrechtlich ist die überlassene Arbeitskraft nur AN des Überlassers.

Betriebsverfassungsrechtlicher kann die AN Eigenschaft auf Grund der Beschäftigung im Überlasserbetrieb doppelt gegeben sein.

Einmal kraft faktischer Beschäftigung im Betrieb gegenüber dem Beschäftiger, einmal kraft Arbeitsvertrag gegenüber dem Überlasser.

Daher haben überlassene Arbeitskräfte das aktive und passive Wahlrecht zum Betriebsrat im Betrieb des Überlassers und des Beschäftigers.

Betriebsrats-Kompetenz:

Im Einzelfall zu prüfen, ob eine Frage eher den Arbeitsvertrag (zum Überlasser) oder die Weisungsrechte und die tatsächliche Beschäftigung im Betrieb betrifft.

Ebenso für Betriebsvereinbarungen:

Betriebsvereinbarungen betreffend Weisungsrecht und Arbeitsumfeld Beschäftigerbetriebsrat

Betriebsvereinbarungen betreffend der Arbeitsbedingungen aus Arbeitsvertrag Überlasserbetriebsrat

(Ansonsten könnte der Beschäftiger-BR mit dem Beschäftiger den Überlasser verpflichten!)

Betreffend §105 ist laut OGH immer der Überlasser-BR zuständig.

Wohl als zu allgemein abzulehnen.

Informations- und Beratungsrechte stehen dem Beschäftigerbetriebsrat im Hinblick auf überlassene Arbeitskräfte immer zu (§99 ArbVG).

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13
Q
  1. Der Eigentümer eines kleinen Gewerbeunternehmens stirbt. Das Unternehmen geht auf den Sohn des Gewerbeinhabers über. Gehen auch die Arbeitsverhältnisse auf den Erben über? Kann ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen?
A

Es handelt sich um erbrechtliche Universalsukzession, das heißt der Erbe tritt mit der Einantwortung in die gesamte Rechtsstellung des Erblassers ein.

Zwischenzeitlich ist der ruhende Nachlass (hereditas iacens) in der Arbeitgeberposition.

Rechte und Verbindlichkeiten gehen mit der Einantwortung unmittelbar auf den Erben über, auch die Arbeitgebereigenschaft.

Das Arbeitsverhältnis ist als durchlaufend anzusehen.

Selbstverständlich ist, dass frühere Dienstzeiten der AN weiterhin einzurechnen sind und die Arbeitsbedingungen gleich bleiben.

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14
Q
  1. Erläutern Sie die Begriffe „Funktionsnachfolge“ und „Vertragsnachfolge“ im Zusammenhang mit der Judikatur des EuGH zum Betriebsübergang!
A

Gemäß § 3 AVRAG kommt es im Fall des Inhaberwechsels zu einem Ex-lege-Übergang sämtlicher Arbeitsverhältnisse.

Der Übernehmer tritt in die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten & Pflichten ein.

Ausschlaggebend ist nicht die vertragliche Bindung zwischen Überlasser und Übernehmer, sondern die faktische Betriebsübernahme
(Leitungsmacht bezüglich des betrieblichen Geschehens, Ausübung der AG Rolle).

Verweigert der neue Arbeitgeber die Übernahme des Arbeitsverhältnisses, muss der AN seinen Fortsetzungsanspruch ohne unnötigen Aufschub geltend machen.

Problematische Frage:

Wann kann überhaupt von einem Betriebsteils-/Betriebs-/Unternehmensübergang gesprochen werden?

Durch den ex lege Übergang der Arbeitsverhältnisse kommt es zu einer Loslösung der Arbeitsverhältnisse von der rechtlichen Einheit des Unternehmens.

Entscheidend ist die Abgrenzung insbesondere beim Betriebsteil, da er die kleinste Einheit darstellen, in deren Fall es zum ex lege Übergang von Arbeitsverhältnissen kommen kann.

Der EuGH hat sich an den Kriterien einer noch abgrenzbaren wirtschaftlichen Einheit orientiert und ausgesprochen, dass auch Hilfs- und Teiltätigkeiten (wie Kantinenservice) einen übergangsfähigen Betriebsteil bilden können.

Der EuGH judizierte, dass auch die sogenannte „Funktionsnachfolge“ (Abtretung von Reinigungsaufgaben – auch einer einzelnen Arbeitnehmerin - an eine Fremdfirma) Betriebsteilübergang ist.
Ob die ausgelagerten Aufgaben zum Unternehmenskern gehören oder von untergeordneter Bedeutung sind, ist ohne Belang.

Umgekehrt kann auch die Rücknahme von zuvor ausgelagerten Arbeiten (Insourcing) gleichfalls einen Betriebsteilübergang darstellen, wenn es sich um den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit handelt.

Bei der sogenannten „Vertragsnachfolge“ (Unternehmen kündigt einem Fremdunternehmen das

Auftragsverhältnis und überträgt es dann einem anderen Fremdunternehmen) liegt laut EuGH keine
Betriebsteilübernahme vor.

Bei der Prüfung der Identität der wirtschaftlichen Einheit darf nicht ausschließlich auf die ausgeübte Tätigkeit Bezug genommen werden.
(Sondern auch: Personal, Umfeld, Arbeitsmethoden, Betriebsmittel)

OGH: Hauszustellung von Zeitungen = Teilfunktion des Vertriebs eines Zeitungsverlags -> Übertragung dieser Aufgabe an anderes Unternehmen mittels Werkvertrags = Betriebsteilübergang

OGH: Ein Verein verliert Subvention und wird eingestellt, anderer Verein erhält Subvention und

übernimmt Tätigkeit des ersten Vereins

= Betriebsteilübergang

Betriebsteil: partielle Verwirklichung der arbeitstechnischen und wirtschaftlichen Funktion des betrieblichen Tätigkeitsbereiches

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15
Q
  1. Erläutern Sie die Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf die Arbeitsbedingungen, deren Rechtsgrundlage der Arbeitsvertrag ist!
A

Gemäß § 3 Abs. 3 AVRAG sollen die Arbeitsbedingungen beim Betriebsübergang gleich bleiben.

Soweit die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag betroffen sind, wird der Erwerber ohnehin auf Grund der Generalklausel des § 3 Abs. 1 AVRAG verpflichtet.

Im Fall, dass keine Universalsukzession vorliegt, kann der Erwerber durch rechtzeitigen Vorbehalt die Übernahme einer auf Einzelvereinbarung beruhenden betrieblichen Pensionszusage ablehnen. Hält der Arbeitnehmer das AV in einem solchen Fall trotzt des Vorbehalts aufrecht, dann steht ihm gegenüber dem Veräußerer ein Anspruch auf Abfindung sämtlicher bisher erworbener Pensionsanwartschaften als Unverfallbarkeitsbetrag (iSd. BPG) zu.

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16
Q
  1. Erläutern Sie die Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf jene Arbeitsbedingungen, die auf einer Betriebsvereinbarung beruhen!
A

Für Arbeitsbedingungen, die auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, ist beim Betriebsübergang zu unterscheiden:

Aufrechterhaltung der Identität:

Soweit die Betriebsidentität durch den Betriebsübergang nicht berührt wird, ändert sich auch am Bestand der BV nichts.
Es kommt also auch zu keiner Änderung der durch BV geregelten Arbeitsbedingungen.

Identitätsgewinn:

Die Geltung von Betriebsvereinbarungen für Betriebsteile, die rechtlich verselbstständigt werden, bleibt ebenfalls unberührt (§ 31 Abs. 5 ArbVG).

Identität durch Verschmelzung:

Werden Betriebe oder Betriebsteile mit anderen derart zusammengeschlossen, dass ein neuer Betrieb entsteht, dann kommen die BV für die vorher erfassten Arbeitnehmer weiterhin zu Anwendung. Es können somit für ein und dieselbe Angelegenheit 2 versch. BV existieren!

Verlust der Identität:

Verliert der Betrieb seine Identität durch Aufnahme in einen anderen, dominierenden Betrieb, gilt die BV nur insofern weiter, als sie Angelegenheiten regelt, die von einer BV des aufnehmenden Betriebs nicht bereits geregelt werden.

Eine etwaige Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen ändert nichts an deren Beendigungsmöglichkeiten.

Falls eine Betriebsvereinbarung nach dem Übergang, der rechtlichen Verselbstständigung, dem

Zusammenschluss oder der Aufnahme eines Betriebs oder Teilbetriebs gekündigt wird, können

Einzelvereinbarungen zum Nachteil des AN innerhalb eines Jahres nicht getroffen

werden. (spezifische Nachwirkung der Betriebsvereinbarung beim Betriebsübergang).

17
Q
  1. Erläutern Sie die Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf jene Arbeitsbedingungen, deren Grundlage der Kollektivvertrag bildet!
A

Zu unterscheiden:

Ist der Erwerber des Betriebs Mitglieds derselben Kollektivvertragspartei (und auch derselben Unterorganisation), ändert sich hinsichtlich des geltenden Kollektivvertrags nichts.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich beim Veräußerer und beim Erwerber nicht nur der persönliche und fachliche Geltungsbereich decken, sondern dass beim Betriebsnachfolger zumindest eine organisatorisch oder fachlich abgrenzbare Betriebsabteilung bestehen bleibt.

Falls der Erwerber eines Betriebs oder eines Betriebsteils von keinem Kollektivvertrag erfasst wird, kommt regelmäßig § 8 Z 2 ArbVG zur Anwendung. Ein Arbeitgeber, auf den der Betrieb oder ein Betriebsteil eines Arbeitgebers, der Mitglied einer Kollektivvertragspartei war oder noch ist, übergeht wird hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse im übernommenen Betrieb selbst kollektivvertragsangehörig. Für die Arbeitnehmer des übergangenen Betriebs bleibt es daher gleichfalls bei der Anwendbarkeit des Veräußerer-Kollektivvertrags.

Kann § 8 Z. 2 ArbVG nicht herangezogen werden (insb. Weil der Veräußerer selbst nur kraft Betriebsübernahme KV angehörig war, ist §4 AVRAG anzuwenden, demnach der Erwerber die Bedingungen des Veräußerer KVs bis zur Kündigung oder zum Ablauf dieses KVs oder bis zum Inkrafttreten eines neues KVs im gleichen Maße aufrechtzuerhalten hat (Weiterwirkung des Veräußerer KVs).

Erlischt die Wirkung des gemäß § 8 anzuwendenden Veräußerer KVs oder sind dessen Arbeitsbedingungen nur gemäß § 4 AVRAG aufrecht zu erhalten.

Diese Arbeitsbedingungen dürfen nämlich durch Einzelvereinbarung binnen eines Jahres weder aufgehoben noch beschränkt werden (§ 4 AVRAG)

spezifische Nachwirkung des KV (beschränkt nur Einzelvereinbarungen, nicht BV)Wenn der Veräußerer-KV gemäß § 8 für den Erwerber weiter gilt, besteht keine zeitliche Beschränkung, der KV bleibt für seine gesamte Geltungsdauer aufrecht.

Kommt hingegen im Erwerber Unternehmen ein anderer KV zur Anwendung, dann gilt dieser auch für die übernommenen Arbeitsverhältnisse.

Sonderbestimmungen: Entgelt, Bestandsschutz, Pensionsregelungen (§§ 4,5 AVRAG)

18
Q
  1. Kann ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Fall eines Betriebsübergangs widersprechen?
A

Besteht in einem Unternehmen oder Betrieb keine Arbeitnehmervertretung, so hat der Veräußerer oder der Erwerber die betroffenen Arbeitnehmer im Vorhinein zu informieren. Zugänglich machen der Informationen im Betrieb oder Intranet genügt.

Grundsätzlich bedarf die Übernahme der Arbeitsverhältnisse nicht der Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer.

Widersprechen kann der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses dann, wenn der Erwerber den kollektivvertraglichen Bestandschutz oder die auf Einzelvereinbarung beruhenden betrieblichen Pensionszusagen nicht übernimmt.

In diesen Fällen bleibt das Arbeitsverhältnis zum Veräußerer aufrecht.

Ein darüber hinausgehendes generelles Widerspruchsrecht kennt § 3 Abs. 4 AVRAG nicht.

Ausnahmsweise wird ein Widerspruchsrecht auch anzunehmen sein, wenn dem AN die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Übernehmer nicht zuzumuten ist.

OGH: Auf jeden Fall zum Widerspruch berechtigt ist ein Betriebsrat, wenn auf Grund des Übergangs an seinem neuen Arbeitsplatz so wenige AN beschäftigt wären, dass seine Wiederwahl zweifelhaft ist.

Kündigung auf Grund eines Betriebsübergangs?

Nichtigkeit?

Je näher die Kündigung am Zeitpunkt des Betriebsübergangs liegt, desto eher ist eine Gesetzesumgehung zu vermuten.

Besonderes Kündigungsrecht

19
Q
  1. Führt der Betriebsübergang zu einem Kündigungsschutz für die übergehenden Arbeitsverhältnisse?
A

Die „Richtlinie zur Wahrung von AN Ansprüchen bei Unternehmens- und Betriebsübergängen“ (2001/23/EG) regelt in Artikel 4, dass der Übergang eines Betriebs oder Unternehmens bzw. eines Teils davon kein Grund für eine Kündigung ist.

Eine solche ausdrückliche Regelung enthält das AVRAG leider nicht.

Aus dem ex-lege-Übergang der Arbeitsverhältnisse (§ 3 AVRAG) ergibt sich jedoch, dass eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs unzulässig ist.

Dies erstreckt sich auf Kündigungen vor und nach dem Betriebsübergang.

Bildet der Betriebsübergang den ausschlaggebenden Grund für die Kündigung, so ist sie dem OGH zufolge nichtig.

Diese Nichtigkeit ist dem Erwerber gegenüber ohne Aufschub geltend zu machen.

Je näher die Kündigung am Zeitpunkt des Betriebsübergangs liegt, desto eher kann von einer Gesetzesumgehung ausgegangen werden.

Die Beweislast, dass der Betriebsübergang nicht der Grund für die Kündigung ist, trägt der kündigende Arbeitgeber.

20
Q
  1. Kann es trotz der Schutzmechanismen des AVRAG zu einer wesentlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im Zuge eines Betriebsübergangs kommen?
A

Ja, durch die Anwendung eines nachteiligeren Kollektivvertrags oder einer nachteiligeren

Betriebsvereinbarung kann es durch den Betriebsübergang zu einer Verschlechterung der

Arbeitsbedingungen kommen.

Hierfür billigt § 3 Absatz 5 AVRAG dem betroffenen Arbeitnehmer ein besonderes Kündigungsrecht zu.

Der Erwerber ist gemäß § 3 Absatz 3 AVRAG verpflichtet, den AN über jede Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu informieren.

Kündigt der AN innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt, indem er die Verschlechterung erkennen musste oder ab Rechtskraft eines Feststellungsurteils, dann stehen ihm Ansprüche wie bei einer Arbeitgeberkündigung zu (insbesondere Abfertigung).

Eine solche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kann gerichtliche mittels Feststellungsklage festgestellte werden.
Diese ist binnen eines Monats ab Kenntnis der Änderung einzubringen.

21
Q

296.Wie ist ein Betriebsübergang im Rahmen eines Insolvenzverfahrens
arbeitsrechtlich zu beurteilen? Kommt es zu einem Ex-lege-Übergang der
Arbeitsverhältnisse?

A

Kein ex-lege-Übergang von AV bei Konkurs oder Sanierungsverfahren ohne
Eigenverwaltung!
Die Regelung, dass der Übernehmer beim Betriebsübergang automatisch in die
Arbeitsverhältnisse des bisherigen Arbeitgebers eintritt, gilt weder im
Konkursverfahren noch im Fall eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung.
(§ 3 AVRAG)
Der Erwerb aus der Konkursmasse soll ausgenommen sein, weil es im Konkurs in der
Regel zur Zerschlagung oder Auflösung des Unternehmens kommt (EB zur RV).
Es gilt also die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des AVRAG.
Nur bei stillschweigender Fortbeschäftigung der Arbeitnehmer kann es zur schlüssigen
Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Übernehmer kommen.
Grundsätzlich besteht aber weder für den Übernehmer irgendeine Pflicht, den AN
weiter zu beschäftigen, noch für den Arbeitnehmer irgendeine Leistungspflicht
gegenüber dem Übernehmer.
a Durchlöcherung des Kündigungsschutzes!
Lehnt der Erwerber die Übernahme ab und kündigt gleichzeitig der Insolvenzverwalter
das Arbeitsverhältnis auf, so hat der Dienstnehmer kaum eine Chance, im
Kündigungsanfechtungsverfahren zu obsiegen, zumal regelmäßig kein Betrieb mehr
vorhanden sein wird.
Sonderproblem: Besonders geschützte Arbeitnehmergruppen!
Ausnahme für Betriebsräte:
Der Übernehmer muss in die Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder auch bei
Konkurs oder Sanierung ohne Eigenverwaltung eintreten, wenn der Betrieb als
organisatorische Einheit trotzt des Betriebsübergangs bestehen bleibt.
Das Betriebsratsmandat erlischt laut OGH nicht, wenn der Betrieb weiter besteht und
deshalb das AV mit dem bisherigen AG endet und mit dem Übernehmer ein neues AV
begründet wird.
Diese Ausnahme will die Lehre auf den gesamten besonders-geschützten AN-Kreis
ausdehnen.
Dem ist die Rechtsprechung aber bisher nicht gefolgt. Einer nach dem MSchG
geschützten Frau wurde weiterhin keine Möglichkeit, den Eintritt des Erwerbers zu
erzwingen (Kontrahierungszwang), zugebilligt.

22
Q
  1. Wozu dient der Insolvenz-Entgelt-Fonds? Aus welchen Mitteln wird
    dieser Fonds gespeist?
A

Arbeitnehmer bedürfen bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers eines besonderen
Schutzes.
Dies ist in Österreich im Insolvenz-Entgelt-Sicherungsgesetz und europarechtlich in
der Insolvenzrichtlinie der EU verankert.
Das Lohnrisiko des Arbeitnehmers im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers wird auf
den Insolvenz-Entgelt-Fonds übertragen.
Der Insolvenz-Entgelt-Fonds ist mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet und
wird vor allem durch einen Zuschlag zu dem von den Arbeitgebern zu leistenden
Anteil des Arbeitslosenversicherungsbeitrags gespeist (2015: 0,45 Prozent).
Wenn über das Vermögen des Arbeitgebers der Konkurs eröffnet wird, so gebührt
Arbeitnehmern und freien Dienstnehmern ein Insolvenz-Entgelt hinsichtlich der
sogenannten gesicherten Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber.
Gesicherte Ansprüche nach IESG sind insbesondere:
- Entgeltansprüche (Laufendes Entgelt und Entgelt anlässlich der
Beendigung des AV)
- Schadenersatzansprüche (vor allem Kündigungsentschädigung und SE für
Sachen, die der AN eingebracht hat)
- Sonstige Ansprüche (insb. Aufwandsentschädigungen)
- Abfertigungen (generell als Entgelt anlässlich der Beendigung
gesichert)

23
Q
  1. In welcher Relation stehen das laufende Entgelt und die

Kündigungsentschädigung zu den gesicherten Ansprüchen nach IESG?

A

Sowohl das laufende Entgelt als auch die Kündigungsentschädigung sind gesicherte
Entgeltansprüche nach § 1 Abs. 2 IESG.

24
Q
  1. Können Teile der Abfertigung nach IESG gesichert sein, obwohl kein
    Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht?
A

Abfertigungen nach altem Abfertigungsrecht sind als Entgelte aus der Beendigung des
AV generell gesichert.
Im Zuge der Unternehmensauflösung kann sich der AG aber auf die
Billigkeitsklausel im Abfertigungsrecht berufen, dernach er Abfertigungen zur Gänze
oder zum Teil nicht ausbezahlen muss, wenn dies seine Existenz bedrohen würde und
ihm deshalb aus Billigkeitsgründen nicht zugemutet werden kann.
Insolvenz-Entgelt gebührt aber auch in der Höhe dieses Teils der Abfertigung!
Die Gewährung dieser Leistung kann auch unabhängig von einer Insolvenz erfolgen.
Erforderlich ist nur das Vorliegen eines Urteils, dessen Grundlage die Prüfung der
Wirtschaftslage eines Arbeitgebers ist.
a Es handelt sich hier um einen Fall, in dem das IESG einen arbeitsrechtlich gar
nicht bestehenden Anspruch sichert!
Auf „Abfertigung neu“ nach dem BMSVG besteht kein Anspruch gegenüber dem AG,
sondern gegenüber der Betrieblichen Vorsorgekasse, dieser wird nicht vom IESG
gesichert.

25
Q
  1. Unter welchen Voraussetzungen ist in Österreich ein Betriebsrat zu
    wählen?
A

In jedem Betrieb, in dem dauernd mindestens 5 stimmberechtigte Arbeitnehmer
beschäftigt werden, ist ein Betriebsrat zu wählen.
(§ 40 ArbVG)
Ausgenommen:
Betriebsinhaber, Ehegatte, Verwandte
Heimarbeiter
Personen, die keine AN iSd. § 36 ArbVG sind.
Sind sowohl dauernd mindestens 5 Arbeiter als auch dauernd mindestens 5 Angestellte
im Betrieb beschäftigt, ist
eine Betriebshauptversammlung (statt Betriebsversammlung),
ein Betriebsausschuss
sowie jeweils ein Arbeiterbetriebsrat als auch ein Angestelltenbetriebsrat zu errichten.
Geschieht dies jedoch nicht, treffen die Belegschaft natürlich keine direkten
Sanktionen.
Die Belegschaft kann dann aber bestimmte Befugnisse nicht ausüben.