B. Paradigmen der Persönlichkeitspsychologie 5. Eigenschaftstheoretisches Paradigma Flashcards
Eigenschaften als Sammelbegriffe
Arbeitsdefinition Persönlichkeit:
Persönlichkeit bezeichnet die Summe der auf menschliches Erleben, Empfinden und Verhalten bezogenen relativ überdauernden und situationsübergreifenden individuellen Besonderheiten.
Eigenschaften als Sammelbegriffe
Definition Eigenschaften:
Eigenschaften bezeichnen relativ stabile physische und psychische Merkmale, anhand derer Individuen beschrieben und unterschieden werden können (z.B. groß, intelligent, faul, geizig, attraktiv).
Persönlichkeitseigenschaften bezeichnen alle auf ….
Persönlichkeitseigenschaften bezeichnen alle auf menschliches Erleben, Empfinden und Verhalten bezogenen, relativ überdauernden und situationsübergreifenden individuellen Merkmalsausprägungen.
Persönlichkeitseigenschaften sind nicht direkt beobachtbar, sondern…
Persönlichkeitseigenschaften sind nicht direkt beobachtbar, sondern werden aus der Häufigkeit und Intensität direkt beobachtbarer Verhaltensweisen geschlossen
Persönlichkeitseigenschaften als … für verschiedene typische Verhaltensweisen
Persönlichkeitseigenschaften als ökonomisches Beschreibungskonstrukt für verschiedene typische Verhaltensweisen
Eigenschaften als Sammelbegriffe
- Eigenschaftszuschreibungen („blöd“, „faul“, „gefräßig“) unterstellen eine implizite Vorstellung von:
Interindividuellen Unterschieden in Merkmalsausprägungen
Stabilität der Merkmalsausprägung über verschiedene Zeitpunkte
Konsistenz der Merkmalsausprägung über verschiedene Situationen
Eigenschaften als Sammelbegriffe
Persönlichkeitseigenschaften erlauben Prognosen für…
Persönlichkeitseigenschaften erlauben Prognosen für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter Verhaltensweisen
Eigenschaften als Sammelbegriffe
Persönlichkeitseigenschaften als Instrument der …
Persönlichkeitseigenschaften als Instrument der Verhaltensvorhersage (werden häufig als Dispositionen für konsistente und stabile Verhaltensweisen betrachtet)
Eigenschaften als Dispositionen (traits)
Staits und Traits
States beziehen sich (eher) auf situations- bzw. zeitabhängige Unterschiede
im Verhalten („aktiv“), Erleben („entspannt“) und Empfinden („traurig“)
Traits beziehen sich (eher) auf situationsübergreifende und kontinuierliche Unterschiede im Verhalten, Erleben und Empfinden (= Eigenschaft)
Eigenschaften als Dispositionen (traits) Klassische Differenzierung zwischen Traits und States
Basierend auf der Definition von Eigenschaften und unserer Arbeitsdefinition von Persönlichkeit können wir zwischen Persönlichkeitseigenschaften („personality traits“) und Zuständen („states“) unterscheiden.
Persönlichkeitseigenschaften bezeichnen alle auf menschliches Erleben, Empfinden und Verhalten bezogenen, relativ überdauernden und situationsübergreifenden individuellen Merkmalsausprägungen.
States (z.B. moods) beinhalten sowohl die Traitkomponente als auch zeitlich fluktuierende Einflüsse des Kontextes und der Situation sowie Trait × Situation- Interaktionen → Erfassung einer Persönlichkeitseigenschaft sollte also über Situationen und Zeitpunkte hinweg erfolgen
Sich wiederholende und in verschiedenen Situationen gleichsam auftretende Zustände lassen auf Persönlichkeitseigenschaften schließen → Individuelle Zustände können in Intensität und Qualität durch die Persönlichkeitseigenschaft eingegrenzt werden
Typen:
Klassifikation von Personen in qualitativ verschiedene Beurteilungskategorien nach dem Vorliegen bestimmter Eigenschaftskombinationen
Dimensionen:
Anordnung von Personen auf der Basis quantitativ / kontinuierlich abgestufter Eigenschaftsdimensionen
Profile:
Klassifikation von Individuen auf Grund ihrer Ausprägungen auf mehreren quantitativ / kontinuierlich abgestuften Eigenschaftsdimensionen
Die Eigenschaftstheorie von Gordon Allport
Grundidee
Versuch einer ganzheitlichen Theorie, welche die nomothetische und idiografische Perspektiven auf die Persönlichkeit vereint:
Nomothetisch:
Es existiert eine endliche Anzahl an allgemeinen Persönlichkeits- eigenschaften zur Beschreibung der Persönlichkeit und Klassifizierung von Individuen
Betont Gemeinsamkeiten in der menschlichen Persönlichkeit
Idiografisch:
Jedes Individuum weist eine einzigartige Persönlichkeitsstruktur auf, welche nur in Auseinandersetzung mit dem entsprechendem Individuum verstanden werden kann
Betont die Einzigartigkeit von Individuen
Die Eigenschaftstheorie von Gordon Allport
Nomothetische Perspektive:
Allport & Odbert (1936): 4.504 als allgemeine Persönlichkeits- eigenschaften (z.B. Höflichkeit, Ängstlichkeit, Geselligkeit) mit denen alle Menschen charakterisiert und beschrieben werden können
(→ lexikalischer Ansatz)
Die Eigenschaftstheorie von Gordon Allport
Idiografische Perspektive:
Individuelle Persönlichkeitseigenschaften (z.B. Paranoia, Phobien) und Ausprägungen in allgemeinen Persönlichkeitseigenschaften bilden in ihrer Kombination die einzigartige Persönlichkeit eines einzelnen Individuums (persönliche Dispositionen)
Lexikalischer Ansatz (Baumgarten, 1933)
Lexikalische Hypothese: Alle bedeutsamen Begriffe zur Beschreibung von Persönlichkeitsunterschieden sind in der Sprache enkodiert
Annahme 1: Je häufiger ein bestimmtes Wort zur Beschreibung der Persönlichkeit (Persönlichkeitsdeskriptor) verwendet wird, umso bedeutsamer ist die entsprechende Eigenschaft für die Persönlichkeitsbeschreibung
Annahme 2: Je mehr Wörter (Synonyme) zur Beschreibung einer Persönlichkeitseigenschaft herangezogen werden können, umso bedeutsamer ist die Eigenschaft für die Persönlichkeitsbeschreibung
Annahme 3: Kultur- und sprachübergreifende Gültigkeit
Lexikalischer Ansatz
Allport und Odbert (1936) identifizierten 17.953 personen- beschreibende Begriffe aus einem Wörterbuch, die folgenden Kategorien zugeordnet wurden:
- stabile Persönlichkeitseigenschaften (z.B geduldig)
- temporäre Zustände (z.b erfreut)
- soziale Bewertung (z.b ungezogen)
- Rollen (z.b mütterlich)
- Restkategorie und eine Kategorie metaphorischer begriffe (z.B Hasenfuß)
Persönlichkeitseigenschaften und -entwicklung
3 Arten von Eigenschaften:
Kardinale P. (cardinal traits): dominieren die Persönlichkeit eines Individuums und üben sehr starken Einfluss auf dessen Verhalten aus (Besessenheit, Leidenschaften)
Zentrale P. (central traits): die Persönlichkeitseigenschaften, welche die beste Beschreibung eines Individuums liefern und zu einem gewissen Grad jede Person charakterisieren (Ängstlichkeit, Ehrlichkeit)
Sekundäre P. (secondary traits): Präferenzen eines Individuums, welche das Verhalten des Individuums eher nur in bestimmten Situationen und individuellen Erfahrungskontexten beeinflussen (→ Gewohnheiten, Einstellungen, Interessen, Motive)
Persönlichkeitseigenschaften und -entwicklung
- 3 Eigenschaften, strukturell, dispositionell und Prozess
P. seien neurophysiologisch verankert → strukturelle Komponente
P. seien die Ursache der intraindividuellen Konsistenz und Stabilität im
Verhalten → dispositionelle Komponente
P. haben die Funktion, Reize aus der Umwelt hinsichtlich ihrer funktionellen Bedeutung für das Individuum zu analysieren und zu klassifizieren, sowie darauf äquivalente Reaktionen zu produzieren → Prozesskomponente
Persönlichkeitseigenschaften und -entwicklung
- Was macht die einzigartige Persönlichkeit jedes einzelnen aus?
- Wozu sind Personen fähig?
ndividuelle Persönlichkeitseigenschaften und Ausprägungen auf allgemeinen Persönlichkeitseigenschaften (individuelles Profil) sowie deren individuelles Zusammenwirken mache die einzigartige Persönlichkeit jedes einzelnen aus
Personen sind zu konstanter Weiterentwicklung und Veränderung fähig, um Lernerfahrungen zu integrieren und sich an neue Gegebenheiten anzupassen
Persönlichkeitseigenschaften und -entwicklung
Rohform der Persönlichkeit ist …. verankert
Persönlichkeit eines Menschen entwickelt sich in Auseinandersetzung mit
seinem …. und durch die Gesamtheit aller …..
Wahrnehmungen und Erfahrungen werden durch die ….. kanalisiert
Individuelle Umwelten werden zum Teil aktiv danach gewählt, dass sie zur individuellen …. passen (… und …)
Zur Entwicklung der Individualität und Identität eines Menschen sei das …. von entscheidender Wichtigkeit (vgl. Rogers)
Durch Erfahrungen im Zuge der Integration in Familie und Gesellschaft entwickelt sich die …. und …
Rohform der Persönlichkeit ist biologisch verankert
Persönlichkeit eines Menschen entwickelt sich in Auseinandersetzung mit
seinem Lebensumfeld und durch die Gesamtheit aller Erfahrungen
Wahrnehmungen und Erfahrungen werden durch die Persönlichkeitseigenschaften kanalisiert
Individuelle Umwelten werden zum Teil aktiv danach gewählt, dass sie zur individuellen Persönlichkeit passen (Nischensuche und Nischenbildung)
Zur Entwicklung der Individualität und Identität eines Menschen sei das Selbstkonzept von entscheidender Wichtigkeit (vgl. Rogers)
Durch Erfahrungen im Zuge der Integration in Familie und Gesellschaft entwickelt sich die Selbstwahrnehmung und Selbstwertschätzung
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Definition
Persönlichkeit bezeichnet die Charakteristika eines Individuums (Eigenschaften, Rollen, Stimmungen und Zustände), die darüber entscheiden, wie es sich in einer bestimmten Situation verhalten wird. Persönlichkeits- eigenschaften sind relativ stabile und zeitlich überdauernde Bestandteile der Persönlichkeit. Die einzigartige Natur der Persönlichkeit eines Individuums resultiert aus der einzigartigen Konstellation seiner Eigenschaftsausprägungen.
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Fähigkeitsbezogene Persönlichkeitseigenschaften
bestimmen, wie gut man mit einer gegebenen Situation zurechtkommt und in welchem Ausmaß man sein wie auch immer ausgerichtetes Ziel erreicht (z.B. Vorstellungsvermögen, mathematisches Verständnis, Auffassungsgabe, Sprachverständnis, etc.).
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Temperamentsbezogene Persönlichkeitseigenschaften (Persönlichkeits- eigenschaften im engeren Sinne)
Temperamentsbezogene Persönlichkeitseigenschaften (Persönlichkeits- eigenschaften im engeren Sinne) bezeichnen unterschiedliche Verhaltensstile und das Gefühlsleben bei der Verfolgung eines bestimmten Ziels (z.B. Reizbarkeit, Ängstlichkeit, Diszipliniertheit, Extravertiertheit, Offenheit).
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Dynamische Persönlichkeitseigenschaften
Dynamische Persönlichkeitseigenschaften motivieren und energetisieren unser Verhalten (Leistungsorientierung, künstlerisches Interesse, Interesse an anderen Menschen, Werte, Bedürfnisse, Einstellungen, Präferenzen).
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Rollen
Rollen (roles): In unterschiedlichen Kontexten bzw. Situationen bekleiden Menschen häufig unterschiedliche Rollen (z.B. Eltern, Arbeitskollege, Freund, etc.)
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Zustände (States)
Zustände (states) im engeren Sinne: Die Situation als solches, in der man sich gerade befindet (situationsspezifische Befindlichkeit), z.B. wenn eine Situation die Erreichung eines Ziels (z. B. Bedürfnisbefriedigung)
erleichtert → Motivierung
erschwert → Demotivierung
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Stimmungen
Stimmungen (moods): emotionale (positive oder negative) Befindlichkeit, die sich aus einer Situation ergibt oder schon gegeben ist
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Gleichung
Vij = bijfF… + bijtT… + bijmM… + bijR + bijZ + bijS
Das Verhalten V einer Person i in einer konkreten Situation j ist eine Funktion ihrer f Fähigkeitsausprägungen F, ihrer t Temperaments-eigenschaften T, ihren m Motivationen (dynamischen Eigenschaften) M, ihrer spezifischen Rolle R, der aktuellen Befindlichkeit Z und den Stimmungen S, sowie deren Bedeutsamkeit b in der konkreten Situation.
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
Beispiel: Verhalten in einer Prüfungssituation
Fähigkeiten: Intelligente Prüflinge können Fragen besser beantworten als weniger
intelligente
Temperament: Prüfungsängstliche Prüflinge werden es schwerer haben als gelassene
Dynamische Eigenschaften, z.B. Einstellungen: Wer mit einer Einstellung in die Prüfung geht, diese so gut wie möglich zu absolvieren, wird sich anders verhalten als jemand, der eine Prüfung als einen ersten Versuch betrachtet
Rollen: Die Rollen „Prüfer“ und „Prüfling“ kommen in mdl. Prüfungen stärker zum Tragen
Zustand: Wachheit oder Anspannung, die noch im Prüfungsverlauf mit den Fragen der Prüfung zu- oder abnehmen kann
Stimmungen: Emotionale Befindlichkeit schon vor der Prüfung aber auch während der Prüfungssituation (gutes oder schlechtes Gefühl)
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Persönlichkeitsverständnis und -eigenschaften
= Motivationale Persönlichkeitseigenschaften
Ergs oder Primärtriebe: angeborene Motive und Triebe (Quellen psychischer Energie), die Befriedigung verlangen (z.B. Sexualität, Neugier, Streben nach Gemeinschaft, Status, Bewahrung und Selbstverwirklichung)
Sentiments oder Werthaltungen: aus den Ergs entwickelte und durch soziale und kulturelle Normen geprägte allgemeine Handlungsorientierungen, die auf eine Befriedigung der aus den Ergs entstandenen Bedürfnisse ausgerichtet sind (z.B. Politik: Konservatismus oder Individualismus vs. Kollektivismus)
Einstellungen: verhaltensnähere innere Haltungen, die sich auf sich selbst, andere Menschen und konkrete Sachverhalte sowie Situationen beziehen (z.B. Präferenzen bzgl. Politik, Kunst, Unterhaltung, Sport oder Wohlbefinden)
Cattells Forschungsansatz
1.Entdeckung einer Grundstruktur der Persönlichkeit (Persönlichkeitsfaktoren) auf der Basis faktorenanalytischer Variablenreduktion
2.Replikation dieser Grundstruktur der Persönlichkeit auf einer breiten Datenbasis
L-Daten (life data): Daten über Personen in bestimmten Lebens-und Alltagssituationen
Q-Daten
(questionnaire): Selbst- einschätzungen
T-Daten (tests): Objektive Tests, Experimente, Physiologische Messungen, etc.
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Von der Faktorenanalyse zu Eigenschaftsfaktoren
= Beschreibende und Erklärende Persönlichkeitseigenschaften
Oberflächeneigenschaften („surface traits“): einzelne oder bestimmte Gruppen von Persönlichkeitsdeskriptoren, die in vielen Individuen über viele Situationen hinweg zusammenhängend als „offenkundige“ Verhaltensweisen auftreten (z.B. optimistisch und zufrieden, ängstlich und gehemmt)
→ Korrelationen zwischen einzelnen Persönlichkeitsdeskriptoren
Grundeigenschaften („source traits“): Persönlichkeitseigenschaften als „Quelle“ des Zusammenhangs verschiedener Oberflächeneigenschaften, die somit grundlegend die Unterschiede in der temperamentsbezogenen Persönlichkeit zwischen Individuen erklären (z.B. Extraversion, Emotionalität)
→ Latente Persönlichkeitsfaktoren zur Erklärung von Korrelationen zwischen Oberflächeneigenschaften
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Von der Faktorenanalyse zu Eigenschaftsfaktoren
Variablenreduktion auf der Basis von L-Daten
Cattell nannte diese 171 Verhaltensdispositionen Oberflächeneigenschaften („surface traits“)
Diese Oberflächeneigenschaften bildeten die Grundlage einer analytischen Variablenreduktion mittels Clusteranalyse
Cattell (1945): 100 Personen wurden jeweils von verschiedenen Bekannten auf der Basis der 171 Oberflächeneigenschaften eingeschätzt
Clusteranalyse dieser Daten bezüglich Itemgruppierungen (inhaltliche und statistische Ähnlichkeit)
Hinweise bezüglich Itemgruppierungen aus anderen Studien
Reduktion auf 36 Oberflächeneigenschaften, welche nach Cattell ausreichen,
um interindividuelle Persönlichkeitsunterschiede zu beschreiben
Die 36 Variablen bildeten die Basis zur Erschließung dispositioneller Grundeigenschaften („source traits“) auf der Grundlage einer weiteren analytischen Variablenreduktion mittels Faktorenanalyse
Cattell (1945): 208 männliche Personen wurden jeweils von zwei Bekannten eingeschätzt (L-Daten)
Faktorenanalyse dieser Daten mit obliquer Rotation, um auf eine möglichst große Anzahl von Grundeigenschaften zu kommen
Reduktion auf 12 Grundeigenschaften, welche bis zu r = 0,43 (im Mittel zu etwa r = 0,18) untereinander korrelierten und entsprechend ihres Eigenwertes der Größe nach geordnet wurden
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Von der Faktorenanalyse zu Eigenschaftsfaktoren
Replikationsversuche mit Q-Daten
Cattell entwickelte in Anlehnung an die Befunde aus dem L- Datenbereich und zusätzlichen Studien mit Q-Daten einen Fragebogen mit den zwölf Grundfaktoren, die auf der Basis von L-Daten gewonnen wurden…
…und fügte lediglich vier Dimensionen als fragebogenspezifisch hinzu, welche mit Q gekennzeichnet wurden → 16 PF mit 16 Primärskalen
Die Grundeigenschaften finden größtenteils ihre Entsprechung in den L- und Q-Daten
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Von der Faktorenanalyse zu Eigenschaftsfaktoren
Sekundärfaktorenanalysen
In verschiedenen Studien konnten konsistent hohe Korrelationen zwischen einzelnen Primärskalen gefunden werden, z.B.
zwischen Faktor C (Emotionale Stabilität) und Faktor O (Besorgtheit): r = -0,70
Zwischen Faktor C und Faktor Q4 (Anspannung): r = -0,71
Sekundärfaktorenanalysen
* Die Ergebnisse solcher Sekundärfaktoren waren nicht völlig konsistent über verschiedene Studien hinweg, doch ließen sich meist fünf Sekundärfaktoren identifizieren
- Extraversion
- Neurotizismus
- Unabhängigkeit von Meinungsbildung
- Gefühlsbetontheit
- Gewissenhaftigkeit
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Von der Faktorenanalyse zu Eigenschaftsfaktoren
Replikationsversuche auf der Basis von T-Daten
L-Daten und vor allem Q-Daten unterliegen verschiedenen (persönlichkeits- irrelevanten aber auch persönlichkeitsrelevanten) Fehlerquellen:
Soziale Erwünschtheit
Akquieszenz
Beurteilerverzerrungen
Objektive Tests
* sind Verfahren, die unmittelbar das Verhalten eines Individuums in einer standardisierten Situation erfassen, ohne dass das Individuum sich in der Regel selbst beurteilen muss
* Messintention soll den Probanden nicht zugänglich sein, was durch die Aufgabenwahl oder bestimmte Auswertungsmethoden erreicht werden kann
* müssen auch den üblichen Gütekriterien psychologischer Tests genügen
Raymond Cattells Persönlichkeitstheorie und Eigenschaftsmodell
Von der Faktorenanalyse zu Eigenschaftsfaktoren
Sekundärfaktorenanalysen
Entwicklung von über 500 (objektiver) Tests, z.B.
Fragebogendaten, bei dem die Messintention verschleiert ist Körpersprache
Verhalten in einer Gruppenaufgabe bzw. Gruppendiskussion Kurzaufsätze/Geschichten
Beurteilungen von Bildern und Bilderergänzungsaufgaben
Physiologische Messungen
…zur Erfassung von Grund- und Oberflächeneigenschaften, die über Jahre hinweg in zahlreichen Studien und anhand verschiedener Stichproben faktorenanalysiert wurden.
21 T-Daten-Grundeigenschaften, die sich nur bedingt den 16 Grundeigenschaften basierend auf den Q- und L-Daten zuordnen ließen, allerdings war Reliabilität und Validität der T-Daten oftmals fraglich
Die Big Five und das Fünf-Faktoren-Modell
Befunde zugunsten der Big Five
Anknüpfung an den psycho-lexikalischen Ansatz von Allport & Odbert (1936): 17.953 Begriffe zur Kennzeichnung von Eigenschaften
4.504Persönlichkeitseigenschaften
Cattell (1945, 1947):
Rationale Reduktion der 4.504 Eigenschaftsbegriffe auf 171
Oberflächeneigenschaften
Faktorenanalytische Reduktion auf 12+4 Persönlichkeitsfaktoren (Primärfaktoren)
5 Sekundärfaktoren
Fiske (1949): Re-Analyse derselben Daten ergab 5 relativ unabhängige Faktoren
Tupes & Christal (1961): Faktorenanalyse von Eigenschaftswörtern in acht verschiedenen Stichproben (verschiedener Beurteiler) ergab 5 Faktoren
Norman (1963): Replizierte das 5-Faktoren-Ergebnis auf der Grundlage von
den 20 besten Ratingvariablen von Cattell‘s bipolarer Adjektivliste
PersönlichkeitseinschätzungendurchFreundein4unabhängigenStichproben
Befunde zugunsten der Big Five
Norman (1967):
neue Liste persönlichkeitsbeschreibender Wörter auf der Basis des Webster Third New International Dictionary von 1961
zu der Liste von Allport und Odbert (1936) kamen 172 neue Wörter hinzu: 18.125
Reduktion nach Ähnlichkeitskategorisierung durch den Konsensus von vier unabhängigen Urteilern auf wenige hundert Begriffe
Bestätigung der 5-Faktoren Struktur über Faktorenanalysen
Digman & Takemoto-Chock (1981): Bestätigung der orthogonalen 5-
Faktorenlösung basierend auf Cattell‘s 35 Oberflächenvariablen (ohne Intelligence) Goldberg (1981): Forschungs-Review argumentiert überzeugend zugunsten der
„Big Five“ als breite abstrakte Beschreibungsdimensionen der Persönlichkeit
Befunde zugunsten der Big Five
Goldberg (1990):
Bestätigung der Eignung der „Big Five“ als ökonomisches Beschreibungsmodell der Persönlichkeit auf Grund von Faktorenanalysen verschiedenster Listen von Persönlichkeitsdeskriptoren (unipolare und bipolare Adjektivlisten, Verhaltenszuschreibungen, Bekannteneinschätzungen)
Befunde zugunsten der Big Five
Angleitner, Ostendorf & John (1990), Ostendorf (1990), Saucier & Ostendorf (1999):
Bewährung der 5-Faktoren-Struktur im deutschen Sprachraum (lexikalischer Ansatz) über verschiedene
Stichproben und Beurteilergruppen
Variablensätzen, Ratingverfahren und Faktorenanalysemethoden
Bestätigung einer Fünf-Faktoren-Lösung über verschiedene Sprachen hinweg
ABER: Teilweise große Variation in der Begriffsbestimmung dieser „Big Five“ John (1990): „Which Big Five?“
Befunde zugunsten der Big Five
Costa & McCrae (1976):
Suche nach neuen Faktoren neben den gut etablierten Eysenck‘schen Dimensionen Extraversion und Neurotizismus auf der Basis von Cluster- und Faktorenanalysen verschiedener existierender Messinstrumente
→ weitere Dimension Offenheit für Erfahrungen → NEO-Modell → NEO-Inventory
Costa & McCrae (1983, 1985, 1989): konsistente Bestätigung einer 5-Faktoren- Lösung auf der Basis unterschiedlicher verschiedener bis dato existierender Persönlichkeitsfragebögen, wie z.B.
NormansAdjektivlisten
Myers-Briggs-TypenIndikator California Adult Q-Set
Cattells 16 PF
→ Erweiterung des NEO-Inventory um Skalen zur Erfassung von Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit → NEO-Personality Inventory (NEO-PI)
Costa & McCrae (1992, 1997): Konsistente Bestätigung einer 5-Faktoren-Lösung auf der Grundlage
großer Stichproben von Probanden und
verschiedener Persönlichkeitsmessinstrumente unterschiedlicher Sprachen
in verschiedenen Kulturen/Nationen
Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit Neurotizismus (vs. Emotionale Stabilität)
Dieses Konstrukt spiegelt individuelle Unterschiede in der Emotionalität von Personen wider. Niedrige Neurotizismuswerte gehen dabei mit emotionaler Stabilität einher. Der Kern der Dimension liegt in der Art und Weise, wie Emotionen, vor allem negative, erlebt werden.
Personen mit hohen Werten (emotional Labile):
sind leicht aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen
berichten häufiger, negative Gefühlszustände zu erleben, oder von diesen geradezu überwältigt zu werden
berichten über viele Sorgen und geben häufig an, erschüttert, betroffen, beschämt, unsicher, verlegen, nervös, ängstlich oder traurig zu reagieren
wird mehr Empathie zugeschrieben
Personen mit niedrigen Werten (emotionale Stabile):
sind emotional gefestigt und lassen sich kaum aus der Ruhe bringen
beschreiben sich selbst als sehr ruhig, ausgeglichen, sorgenfrei und geraten auch in Stresssituationen nicht zu leicht aus der Fassung
Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit Extraversion (vs. Introversion)
Diese Dimension beschreibt im Kern Aktivität und zwischenmenschliches Verhalten.
Personen mit hohen Werten (Extravertierte):
beschreiben sich als gesellig, selbstsicher, gesprächig, heiter, freundlich und
optimistisch
sind aktiv, energisch, durchsetzungsfähig und tatkräftig
mögen die Gesellschaft von Menschen, sie fühlen sich in Gruppen und auf gesellschaftlichen Versammlungen besonders wohl
sie lieben Aufregungen
Personen mit niedrigen Werten (Introvertierte):
sind zurückhaltend, konzentriert, gerne allein und gesellschaftlich unabhängig
bekommen ihre Energie von innen heraus mit gleichbleibendem Arbeitsstil
denken ausgiebig über Dinge nach bevor sie handeln und sind reich an Ideen
bevorzugen Arbeit in kleinen Gruppen gegenüber Arbeit in großen Gruppen
Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit Offenheit für Erfahrungen
Mit dieser Eigenschaft wird das Interesse, der Wert und das Ausmaß der Beschäftigung mit neuen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken zum Ausdruck gebracht.
Personen mit hohen Offenheitswerten:
sind an vielen persönlichen und öffentlichen Vorgängen interessiert
beschreiben sich als wissbegierig, intellektuell, phantasievoll, neugierig, experimentierfreudig und künstlerisch interessiert
sind eher bereit, bestehende Normen kritisch zu hinterfragen und auf neuartige soziale, ethische und politische Wertvorstellungen einzugehen
haben ein reges Phantasieleben und erproben neue Handlungsweisen und bevorzugen Abwechslung
Personen mit niedrigen Offenheitswerten:
neigen demgegenüber eher zu konventionellem Verhalten und zu
konservativen Einstellungen
ziehen Bekanntes und Bewährtes dem Neuen vor, neigen zu konkretem Denken
Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit Verträglichkeit
Diese Eigenschaftsdimension bezieht sich in erster Linie auf interpersonelles Verhalten.
Personen mit hohen Werten:
sind altruistisch und sind bemüht, anderen zu helfen, und überzeugt, dass
diese sich ebenso hilfsbereit verhalten werden
begegnen anderen mit Verständnis, Wohlwollen und Mitgefühl
neigen zu zwischenmenschlichem Vertrauen, zur Kooperation, zur Nachgiebigkeit und haben ein starkes Harmoniebedürfnis
Personen mit niedrigen Werten:
beschreiben sich als antagonistisch, egozentrisch und misstrauisch
gegenüber den Absichten anderer Menschen
verhalten sich eher kompetitiv (mit anderen in den „Wettstreit“ tretend) als kooperativ
kämpfen für eigene Interessen
sind geprägt durch Feindseligkeit und Skepsis anderen gegenüber
Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit Gewissenhaftigkeit
Diese Dimension beschreibt das Ausmaß organisierten Verhaltens und sorgfältigen Handelns, sowie das Bedürfnis nach Strukturiertheit und Ordnung des Alltags und Lebens.
Personen mit hohen Werten:
handeln vorausplanend, effektiv, verantwortlich und überlegt
sind organisiert, diszipliniert, sorgfältig und erfolgsorientiert
haben ein hohes Maß an Kontrollbedürfnis
zeichnen sich durch Entschlossenheit in der Erreichung ihrer Ziele aus
Personen mit niedrigen Werten:
handeln unachtsam und eher unüberlegt
sind unsorgfältig, ungenau, leicht ablenkbar und machen eher Fehler zeichnen sich durch ein hohes Maß an Unzuverlässigkeit aus
besitzen ein geringes Verantwortungsgefühl
Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit
Messinstrumente zur Erfassung der Big Five / des FFM
- Costa & McCrae (1992): Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung des Fünf-Faktoren-Modells auf der Ebene der fünf Domänen sowie 30 hierarchisch untergeordneter Facetten
- Neurotizimsus-Extraversion-Offenheit Persönlichkeitsinventar revidierte Fassung (NEO-PI-R) mit 240 Items
- Kurzversion: Neurotizimsus-Extraversion-Offenheit Fünf-Faktoren Inventar (NEO-FFI) mit 60 Items
- Borkenau & Ostendorf (1993): Deutsche Version des NEO-FFI
- Ostendorf & Angleitner (2004): Deutsche Version des NEO-PI-R
Nichtkommerzielle Alternativen:
Trait-Descriptive Adjectives (TDA; Goldberg, 1992)
Big Five Inventory (BFI; John et al., 1991; Rammstedt & John, 2005): 44 Items
für die Lang- und 21, 16 und 10 Items für die Kurzversionen
BFI-2 (Soto & John, 2017; Danner et al., 2019): 60 Items
Kritik am FFM
Costa & Eysenck (1991): Symposium zur Adäquatheit des FFM an der Universität Oxford
Costa et al.:
„Robustheit und Universalität der Faktoren über verschiedene Messinstrumente, Beurteiler- perspektiven, Sprachen und Kulturen hinweg.“
Eysenck et al.:
„Mangelnde theoretische Fundierung (biologische Basis) der hierarchischen Struktur des FFM“
Bewertung eigenschaftstheoretischer Ansätze
Beschreibung: Ordnung in die Komplexität des beobachteten und gemessenen Erlebens, Empfindens und Verhaltens bringen
Weitreichender und überzeugender Einfluss auf die Vorstellung einer hierarchischen und dimensionalen Persönlichkeitsstruktur
FFM ist das am besten gestützte Modell zur Persönlichkeitsbeschreibung
Die Faktorenanalyse war das methodische Mittel der Entdeckung (analytische
Variablenreduktion) dieser Persönlichkeitseigenschaftsstruktur
Bewertung eigenschaftstheoretischer Ansätze
Erklärung: Ursachen für interindividuelle Unterschiede in der Persönlichkeit überzeugend darlegen
Grundlegende Eigenschaften werden als biologisch verankert und/oder umweltgeprägt angenommenFFM ist nicht theoriegeleitet (nicht erklärend)
Verhaltensunterschiede werden aus einem Wechselspiel zwischen Personeneigenschaften und situativen / kontextuellen Faktoren angenommen
Ausgewogenes Maß an Ökonomie und Breite in Persönlichkeitsunterschieden
Bewertung eigenschaftstheoretischer Ansätze
Prüfbarkeit und empirische Evidenz: Sind Konzepte operationalisierbar und empirisch validierbar?
Aus den Eigenschaftsmodellen resultierten zahlreiche brauchbare Messinstrumente zur breiten Beschreibung von individuellen Unterschieden auf unterschiedlichem Abstraktionsniveau
Entwicklung und Weiterentwicklung zahlreicher statistischer Auswertungsmethoden (z. B. FaktorenanalysenScree-Test) → Hypothesentestung
Wenngleich Unterschiede zwischen verschiedenen Eigenschaftsbeschreibungsmodellen bestehen, sind die Ähnlichkeiten größer und Modelle lassen sich ineinander überführen
Der Lexikalische Ansatz führte mit Hilfe faktorenanalytischer Analysen zu einer relativ robusten Fünf-Faktoren-Lösung → „Big Five“
Bewertung eigenschaftstheoretischer Ansätze
Produktivität (Anregung neuer/alternativer Hypothesen) und Praxiswert (Praktische Anwendbarkeit)
Anregung beträchtlicher Forschungsbemühungen in Bezug auf die Untersuchung interindividueller Unterschiede in Persönlichkeitseigenschaften und deren biologischen Korrelate (Eysenck, Gray)
Anregung zur Entwicklung integrativer Ansätze, welche beschreibende Eigenschaftsmodelle integrieren (z. B. McAdams & Pals) oder aber diese kritisieren und ohne Eigenschaftskonzepte auskommen (Mischel)
Der Lexikalische und faktorenanalytische Ansatz und Arbeiten zur Bestimmung von Persönlichkeitseigenschaften legten den Grundstein für nahezu alle modernen Eigenschaftsmodelle