B. Paradigmen der Persönlichkeitspsychologie 3. Behaviorales/Lerntheoretisches Paradigma Flashcards
Behaviorales/Lerntheoretisches Paradigma
Grundidee
Ausgangspunkt: Verhalten und Erleben ist das Ergebnis von Lernerfahrungen und der Umwelt, in der man sich befindet.
Erklärung der Kontinuität interindividueller Unterschiede über die Zeit durch individuelle „Gewohnheiten“ aufgrund interindividuell unterschiedlicher Lernprozesse und Lebenserfahrungen in ähnlichen Situationen und relativ konstanten individuellen Umwelten
Um Verhalten und Erleben eines Individuums in einer Situation / einem Kontext zu verstehen müssen frühere Erfahrungen in ähnlichen Situationen / vergleichbaren Kontexten untersucht werden
Lernerfahrungen werden als einzige „Dispositionen“ zu individuellen Besonderheiten betrachtet → Ablehnung aller theoretischen Phänomene, die sich nicht direkt beobachten lassen
Geschichte lerntheoretischer Ansätze
Behaviorismus
John B. Watson (*1878 - †1958): Begründer des Behaviorismus
übertrug Pavlovs Erkenntnisse zur Klassischen Konditionierung auf menschliche Lernprozesse in der Entstehung von Verhaltensdispositionen
Watson & Rayner (1920): Experiment mit Little Albert (http://www.youtube.com/watch?v=HZPXVb0W3Hc&feature=player_detailpage)
Konditionierung von Angstreaktionen
Übertragung dieser auf ähnliche Situationen (Reizgeneralisierung)
John B. Watson
Forderung:
Beschreibung und Erklärung menschlichen Erlebens und Verhaltens durch beobachtbare und damit empirisch prüfbare Prozesse (mittels Experiment)
Klinische Anwendung der Klassischen Konditionierung:
– Systematische Desensibilisierung (zur Löschung von Angstreaktionen)
– Aversionstherapie (Gegenkonditionierung)
Geschichte lerntheoretischer Ansätze
2.3. Der Radikale Behaviorismus
Burrhus F. Skinner (*1904 - †1990):
lehnte nicht nur intrinsische Faktoren (z.B. Motive) als Verhaltensdeterminanten sondern auch das Konzept der „Persönlichkeit“ als überflüssig ab
demonstrierte, dass Konsequenzen einer Reaktion auf eine Situation (Reiz) entscheidend dafür sind, ob diese Reaktion später erneut gezeigt wird (Operante Konditionierung)
die Verhaltensmotivation ergebe sich lediglich aufgrund positiver oder negativer Konsequenzen (positive und negative Verstärkung, Bestrafung, Löschung)
betrachtete genetisch bedingte Unterschiede als über viele Generationen evolvierte Variationen aufgrund unterschiedlicher Umweltanforderungen
Geschichte lerntheoretischer Ansätze
2.4. Modelllernen
Albert Bandura (*1925 - †2021):
Menschen lernen nicht nur für sich, sondern auch voneinander (Nachahmung) als ein evolutionär erworbener Automatismus
Geschichte lerntheoretischer Ansätze
2.4. Modelllernen
Verstärkungs- und Motivationsprozesse:
Positive und negative Konsequenzen des Verhaltens als direkte Anreize
Stellvertretende Anreize werden vom Modell erfahren und vom Beobachter
registriert
Selbstgesetzte Anreize durch Erwartung und Bewertung der negativen und positiven Konsequenzen des Verhaltens (Prozess der Selbstregulation)
Geschichte lerntheoretischer Ansätze 2.4. Modelllernen
Kind lernt von sozialen Rollenmodellen wichtiger Bezugspersonen oder Vorbilder (Eltern, Geschwister, Freunde, Lehrer, Idole) wichtige Standards, Ideale, Werte
Verhalten der Rollenmodelle und Lernprozesse sind wiederum abhängig von der situativen, sozialen und kulturellen Umwelt
Rollenmodell und Lernprozesse können in Auseinandersetzung mit der Umwelt mehr oder weniger effektiv und konsistent sein
Lernen in Interaktion mit Rollenmodellen (Feedback), z.B. in der Identifikation erstrebenswerter Ziele (von der Fremd- zur Selbstregulation)
→ große interindividuelle Unterschiede in den Inhalten und der Komplexität von Lernerfahrungen
→ große interindividuelle Unterschiede in Erleben, Empfinden und Verhalten
→ Persönlichkeitsunterschiede
Geschichte lerntheoretischer Ansätze
2.4. Modelllernen
Berühmte Bobo-Doll Experimente:
Bandura et al. (1963): Untersuchungen an Kindergartenkindern
Gruppen beobachteten Erwachsenen wie dieser eine Puppe misshandelte/nicht
misshandelte und dafür belohnt/nicht belohnt wurde
Die Kinder, die Erwachsenen beobachteten, wie dieser eine Puppe misshandelte, zeigten höhere Aggressivität beim Spielen mit Puppe
Die Kinder, die beobachteten, dass Erwachsener für die Misshandlung der Puppe auch noch belohnt wurde, zeigten noch mehr Aggressivität (stellvertretende Verstärkung)
Die kognitive Wende
Was ist mit Denkprozessen und der Entscheidungsfähigkeit/-freiheit? Die kognitive Perspektive: Menschen sind dazu in der Lage…
- sich aus freiem willen ziele zu setzen
- mittel zur Erreichung von zielen nach Effektivität und Effizienz zu beurteilen
- sich Konsequenzen verschiedener verhaltensalternativen vorzustellen
- komplexe und langfristige Handlungspläne zu erstellen
- ausgeführte Handlungen anhand ihrer folgen zu bewerten und
- aus solchen Bewertungen Schlüsse für künftige Handlungen zu ziehen
Beschreibung: Ordnung in die Komplexität des beobachteten und gemessenen Erlebens, Empfindens und Verhaltens bringen
Ansätze legen keine Systeme zur Beschreibung von interindividuellen Unterschieden vor
Starke Fokussierung auf eine individuell einzigartige Lerngeschichte
Erklärung: Ursachen für interindividuelle Unterschiede in der
Persönlichkeit überzeugend darlegen
Interindividuelle Unterschiede im Verhalten resultieren aus individuellen Lerngeschichten im Rahmen von Lernprinzipien (z.B. Klassische Konditionierung, Operante Konditionierung, Modelllernen)
Unterschiede in (sozialen) Umwelten bewirken unterschiedliche Erfahrungswerte → interindividuelle Unterschiede in bestimmten Verhaltensdeterminanten
Sehr sparsame Konzeptionen von Persönlichkeitsunterschieden
Prüfbarkeit und empirische Evidenz: Sind Konzepte operationalisierbar und empirisch validierbar?
Fokus wird auf beobachtbare und empirisch prüfbare Phänomene gelegt (Klassische Konditionierung, Operante Konditionierung, Modelllernen) –> Anregung experimenteller Untersuchungen (im Labor) und von strukturierten Beobachtungsstudien (im Feld) sowie immenser empirischer Forschungsarbeiten in der Psychologie –> gute empirische Befundlage
Produktivität (Anregung neuer/alternativer Hypothesen) und
Praxiswert (Praktische Anwendbarkeit)
Fokus wird auf beobachtbare und erklärbare Phänomene → wirksame symptombezogene Interventionen
Kognitive Wende: Menschen sind nicht nur Opfer von (Trieben, Impulsen, Motiven oder) Lernerfahrungen, sondern sind in der Lage, unabhängig zu denken, zu beurteilen und zu entscheiden → lerntheoretisch grundierte sozial-kognitive und konstruktivistische / phänomenologische Persönlichkeitstheorien