Art. 8 Flashcards
Schutzbereich der Versammlungsfreiheit, Art. 8 GG
I. Sachl. Schutzbereich
Umfassender Schutz der Organisation, Vorbereitung, Durchführung und Leitung einer friedlichen Versammlung ohne Waffen
- Selbstbestimmungsrecht der Versammlung über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt
- An- und Abreise zur Versammlung
- Negative Versammlungsfreiheit, d.h. dass niemand zur Teilnahme an oder Bildung von Ver-sammlungen gezwungen werden darf
II. Persönlicher Schutzbereich: Deutschengrundrecht!
Versammlungsbegriff
BVerfG: Örtliche Zusammenkunft von mehreren Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung
I. Örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen
II. zu einem gemeinsamen Zweck
III. Anforderungen an den Zweck
Mindestteilnehmerzahl der Versammlung
- eA: Drei Personen (eA)
- allgemeiner Sprachgebrauch
- Vergleich mit dem bürgerlich-rechtlichen Verein, §§ 56, 73 BGB - Zwei Personen (hM)
- Gleichklang mit dem VersG: VersG ist unmittelbarer Ausfluss aus Art. 8 Abs. 1 GG
- Art. 8 GG schützt die Freiheit des einzelnen Bürgers, seine Meinung mit anderen gemeinsam zu äußern um eine politische Isolierung zu verhindern und ist aufgrund seiner Wichtigkeit weit auszulegen
- Wortlaut „sich versammeln“ setzt nicht notwendig drei oder mehr Personen voraus
Familie
Gemeinschaft von Eltern und Kindern (1 Elternteil + 1 Kind genügen, sog. Kleinfamilie))
Gemeinsame Zweckversammlung
Einigkeit besteht darüber, dass eine innere Verbindung durch eine gemeinsame Zweckverfolgung erforderlich ist
Keine Versammlungen, sondern bloße Ansammlungen sind daher
- Ein Menschenauflauf bei einem Verkehrsunfall
- Zuhörerschaft bei einem Konzert,
(keinen gemeinsamer Zweck, da sie einander für die Zweckverfolgung nicht brauchen)
–> Bei kommerziell geprägten Veranstaltungen muss dies häufig bezweifelt werden
Anforderungen an den Zweck, Art 8 GG
- aA.: jeder beliebige Zweck
- hM.: Zweck = gemeinsame Meinungsbildung/ –äußerung
- BVerfG: Zweck = gemeinsame Meinungsbildung/ -Äußerung und teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bzw. -kundgabe
- aA.: Erörterung öffentlicher Angelegenheiten
Zweck der Versammlung muss gemeinsame Meinungsbildung/ –äußerung sein
Pro:
Die Versammlungsfreiheit hat eine Komplementärfunktion zu anderen Kommunikationsgrundrechten, insbes. zur Meinungsfreiheit
Kritik:
- Den Schutz speziell der meinungsbildenden und – äußernden Versammlung gewährleistet Art. 8 iVm Art. 5 GG, so dass auf einen bestimmten Inhalt des Versammlungszwecks verzichtet werden kann
- Die Versammlungsfreiheit soll die drohende Isolierung des Einzelnen verhindern und (gemeinsam mit Art. 9 GG) die Persönlichkeitsentfaltung in Gruppenform gewährleisten
Zweck der Versammlung ist die gemeinsame Meinungsbildung/ -Äußerung und -teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bzw. -kundgabe
- Besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit wegen des
Bezuges auf den Prozess der Meinungsbildung - In Demokratien mit einem parlamentarischen Repräsentativsystem und geringen plebisziären Mitwirkungsrechten hat die Freiheit kollektiver Meinungskundgabe eine grundlegende Funktion
- Insbesondere wird Minderheitenschutz gewährleistet
Zweck der Versammlung ist Erörterung öffentlicher Angelegenheiten
I. Pro
nach der geschichtlichen Erfahrung, die zu Art. 8 GG geführt haben, waren vor allem politische Versammlungen staatlichen Eingriffen ausgesetzt
II. Kritik
- Diese Einschränkung ergibt sich weder aus dem Wortlaut, noch aus der systematischen Stellung des Art. 8 GG innerhalb der Kommunikationsgrundrechte
- Dass sich der Kampf um die Versammlungsfreiheit in historischer Hinsicht vor allem an politischen Zusammenkünften entzündet hat, schließt nicht aus, dass andere Treffen ebenfalls schützwürdig sind
Friedlich (Art. 8 GG)
Wenn die Versammlung keinen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt (Anlehnung an §§ 5 Nr. 3, 13 Abs. 1 Nr. 2 VersG)
- Gewalttätigkeit = aktive (aggressive und erhebliche – str.) körperliche Einwirkung des Täters auf Personen oder Sachen
- Aufrührerisch = Umsturz als Ziel der Versammlung bzw. Mittel des
aktiven Widerstandes gg. rechtm. handelnde Volltreckungsbeamte
durch aktive, auch geringfügige körperliche Einwirkung
Abgestellt wird auf die Versammlungsleitung oder die Mehrzahl der Teilnehmer
Ohne Waffen (Art. 8 GG)
- Waffen im technischen Sinn, vgl. § 1 WaffG (z.B. Pistole, Dolch)
- Gefährliche Werkzeuge (z.B. Baseballschläger), wenn sie zum Zweck des Einsatzes mitgeführt werden (str. – hM)
Reine Schutzgegenstände stellen keine Waffen dar!
Eingriffe in Versammlungsfreiheit
I. Anmelde- und Erlaubnispflicht (Art. 8 I GG)
II. Verbot, Auflösung, sonstige Beschränkungen
Auch:
- Registrierung der Teilnehmer
- Videoaufzeichnung
- sonstige Behinderungen
Rechtfertigung von Eingriffen in Art. 8 GG
I. Versammlung unter freiem Himmel
- Wortlaut: Einfacher Gesetztesvorbehalt, Art. 8 II GG
- Aber Parallele zu Art. 5 II GG: qualifizierter GV
- Nur zum Schutz gleichwertiger Rechtsgut
- Verhältnismäßig von Zweck und Einschränkung
II. Versammlung in privaten Räumen
- Wortlaut: Vorbehaltslos Gewährt (keine Anwendung Art. 8 II GG)
- Aber: kollidierendes Verfassungsrecht!