09. Soziale Phobie Flashcards
Angststörungen: Klassifikation, Definition
Normale Angst:
Angemessene Reaktion (Besorgnis, Unlust) auf tatsächliche, erwartete oder vorgestellte Bedrohung (Auslöser) der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes
► Angst: Allgemeines Gefühl bei erwarteter oder vorgestellter bzw. unklarer/entfernter Bedrohung
► Furcht: Spezifisches Gefühl bei tatsächlicher bzw. klarer/unmittelbarer Bedrohung
Pathologische Angst (Angststörungen):
Unangemessene Reaktion (Besorgnis, Unlust) auf tatsächliche, erwartete oder vorgestellte Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes
– Unangemessene Auslöser, Häufigkeit, Intensität, Dauer / Vermeidungsverhalten
– Schwerwiegende Beeinträchtigung der privaten, sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität
– Leid
► Kontinuum von normaler und pathologischer Angst
Angst Syndrom (Mehr-Ebenen-Modell)
Emotionale Ebene:
Bedrohung, Angst, Furcht, Panik, Unruhe, Beunruhigung, …
Kognitive Ebene:
Befürchtungen, Vorstellungen, Sorgen, Grübelei, …
Motorische Ebene:
Flucht/Kampf (Mobilisierung/Aktivierung) Totstellen (Immobilisierung/Deaktivierung)
Physiologische Ebene:
Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Schwindel, Atemnot, Beklemmung, …
Angst Syndrom (3-Ebenen-Modell)
Emotionale Ebene:
Bedrohung, Angst, Furcht, Panik, Unruhe, Beunruhigung, …
Kognitive Ebene:
Befürchtungen, Vorstellungen, Sorgen, Grübelei, …
Motorische Ebene:
Flucht, Kampf, Hilfesuchen, …
Physiologische Ebene:
Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Schwindel, Atemnot, Beklemmung, …
Angststörungen
- > Objekt- und situations- unabhängige Ängste
- Panikstörung
- Generalisierte Angststörung
- > Objekt- und situations- abhängige Phobien
- Spezifische Phobien
- Agoraphobie
- Soziale Phobie
- > Andere Ängste
- Zwangsstörung
- Posttraumatische Belastungsstörungen
Diagnosen (ICD-10)
Phobische Störungen (F40) – Agoraphobie ohne Panikstörung (F40.00) – Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01) – Soziale Phobie (F40.1) – Spezifische Phobie (F40.2)
Andere Angststörungen (F41)
– Panikstörung (F41.0)
– Generalisierte Angststörung (F41.1)
– Angst und depressive Störung gemischt (F41.2)
Zwangsstörung (F42)
– Zwangsstörung: Zwangsgedanken (F42.0)
– Zwangsstörung: Zwangshandlungen (F42.1)
– Zwangsstörung: Zwangsgedanken/-handlungen (F42.2)
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43)
– Akute Belastungsreaktion (F43.0)
– Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1)
– Anpassungsstörung (F43.2)
Diagnosen (DSM-IV)
Angststörungen
– Agoraphobie ohne Panikstörung (300.22)
– Soziale Phobie/Soziale Angststörung (300.23)
– Spezifische Phobie (300.29)
– Panikstörung mit Agoraphobie (300.01)
– Panikstörung ohne Agoraphobie (300.21)
– Generalisierte Angststörung (300.02)
Angststörungen
– Zwangsstörung (300.3)
Angststörungen
– Akute Belastungsstörung (308.3)
– Posttraumatische Belastungsstörung (309.81)
Soziale Phobie: Deskription
Furcht:
Ausgeprägte anhaltende und übertriebene oder unbegründete Furcht vor Beobachtung, Beurteilung oder Bewertung/Abwertung in sozialen Interaktions- oder Leistungssituationen
– Furcht unabhängig von tatsächlicher sozialer Kompetenz (Kompetenzdefizit bei akuter Angst)
– Furcht abhängig von vermeintlicher (sozialer) Kompetenz
Auslösung:
Auslösung bei tatsächlicher, vorgestellter und/oder erwartete Konfrontation mit sozialen
Interaktions- oder Leistungssituationen
– Möglichkeit der Generalisierung von spezifischen Situationen auf viele unterschiedliche Situationen
– Typische Situationen: Vorträge, Referate, Gespräche, Essen, Einkaufen
Vermeidung:
Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten bei tatsächlicher, vorgestellter und/oder erwarteter Konfrontation mit sozialen Interaktions- oder Leistungssituationen
– Verhalten zum Verhindern, Verringern oder Verstecken von Angstsymptomen
– Typisches Vermeidungsverhalten: Fernbleiben von Unterricht, Absagen von Feiern
– Typisches Sicherheitsverhalten: Auswendiglernen von Wortbeitrag, Auflockern durch Alkohol
► Kurzfristige Verbesserung aber langfristige Verschlechterung der Symptomatik
Einschränkungen
Funktionale Einschränkungen der privaten, sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität
Leid
Leid in Abhängigkeit vom Grad der Angst und Vermeidung bzw. der damit einhergehenden Einschränkungen
Soziale Phobie: Deskription: Angst Syndrom (Mehr-Ebenen-Modell)
Emotionale Ebene:
Angst vor Beobachtung und Beurteilung des Verhaltens (Leistung, Versagen, Fehler) Angst vor Beobachtung und Beurteilung der Symptome (Schweißflecken, Erröten)
Kognitive Ebene:
Befürchtung von Entwertung, Blamage und/oder Bloßstellung
Abwertung der eigenen Person und Aufwertung anderer Personen
Negative Gedanken und Schemata (Pessimismus/Fatalismus, Katastrophisierung)
Perfektionismus bei gleichzeitiger Insuffizienz (Minderwertigkeit, Selbstzweifel)
Motorische Ebene:
Flucht/Kampf (Mobilisierung/Aktivierung): Sympathikus Aktivierung
Physiologische Ebene:
Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Schwindel, Atemnot, Beklemmung, Erröten
– Unterscheidung von selbst- und fremdwahrgenommenen Symptomen
– Überschätzung von fremdwahrgenommenen Symptomen
► Kognitive Symptome als zentraler Motor der Symptomatik
Soziale Phobie: Deskription
Situation,Beispiel,Angst,Phobie-Typ
Situation: Interaktionsrelevante Situationen
Beispiel:
Gespräche Treffen Feiern Geburtstage Telefonieren
Angst:
Angst vor Beobachtung
Angst vor Zurückweisung Angst vor Ausschluss
Phobie-Typ:
Soziale Phobie vom Interaktionstyp
Situation: Leistungsrelevante Situationen
Beispiel:
Vorträge
Prüfungen Vorstellungsgespräche Öffentliche Toilette Essen und Trinken
Angst:
Angst vor Beurteilung Angst vor Bewertung Angst vor Blamage Angst vor Zurückweisung
Angst vor Ausschluss
Phobie-Typ:
Soziale Phobie vom Interaktionstyp
► Verstärkung der Angst bei Konfrontation mit unbekannten Personen
► Evolutionär-psychologische Erklärung der Angst (Preparedness): Erhöhte Überlebenschancen in sozialen Gruppen (Symptome als Demuts- und Unterordnungssignale)
Soziale Phobie (F40.1, ICD-10)
A
Entweder A1 oder A2
– A1: Deutliche Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich peinlich/beschämend zu verhalten
– A2: Deutliche Vermeidung, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, oder Vermeidung von Situationen, in denen die Angst besteht, sich peinlich/beschämend zu verhalten, Ängste treten in sozialen Situationen auf
B
Mind. zwei allgemeine Angstsymptome in den gefürchteten Situationen, mind. einmal seit Auftreten der Störung
Zusätzlich mindestens eines der folgenden spezifischen Angstsymptome: – Erröten/Zittern
– Angst zu erbrechen
– (Angst vor ) Miktions-/Defäktionsdrang
C
Deutliche emotionale Belastung durch die Angst oder die Vermeidung
Einsicht bzgl. der Übertriebenheit und Unvernünftigkeit der Angst und Vermeidung (Ausnahme: Kinder)
D
Beschränkung der Angst und Vermeidung auf gefürchtete Situation
E
Symptome von A nicht aufgrund von Wahn, Halluzination oder durch Symptome anderer Störungen (organische psychische Störungen, Schizophrenie und verwandte Störungen, affektive Störungen, Zwangsstörung)
Symptome von A nicht aufgrund einer kulturell akzeptieren Anschauung
Allgemeine Angstsymptome (F40.0 Kriterium B, ICD-10)
Vegetative Symptome:
Palpitationen, Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz Schweißausbrüche
fein- oder grobschlägiger Tremor
Mundtrockenheit (nicht infolge Medikation oder Exsikkose)
Thorax und Abdomen Symptome: Atembeschwerden Beklemmungsgefühl Thoraxschmerzen oder -missemfindungen Nausea oder abdominelle Missempfindungen (z. B. Unruhegefühl im Magen)
Psychische Symptome:
Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit
Gefühl von Unwirklichkeit und Entfremdung (Derealisation, Depersonalisation)
Angst vor Kontrollverlust, verrückt zu werden oder “auszuflippen“
Angst zu sterben
Allgemeine Symptome:
Hitzewallungen oder Kälteschauer
Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühl
Soziale Phobie/Soziale Angststörung (300.29, DSM-V)
A
Ausgeprägte Furcht oder Angst vor einer oder mehreren sozialen Situationen, in denen die Person von anderen Personen beurteilt werden könnte (Kinder: Angst gegenüber Gleichaltrigen, nicht Eltern)
B
Furcht wegen des eigenen Verhaltens von anderen negativ bewertet zu werden (Angst vor Peinlichkeit, Scham, Zurückweisung, Angst vor Kränkung anderer Personen)
Furcht wegen des Sichtbarwerden der Symptome der Angst von anderen negativ bewertet zu werden (Angst vor
Peinlichkeit, Scham, Zurückweisung, Angst vor Kränkung anderer Personen)
C
Furcht- und Angstreaktion bei fast allen Konfrontation mit den sozialen Situationen (Kinder: Furcht- und Angstreaktion durch Weinen, Wut, Erstarren, Anklammern, Zurückweichen oder Sprechhemmung)
D
Aktives Vermeiden der sozialen Situationen soweit wie möglich Ertragen der sozialen Situationen unter starker Angst oder Furcht
E
Unverhältnismäßige Angst und Furcht in Anbetracht der tatsächlichen Bedrohung durch soziale Situationen Unverhältnismäßige Angst und Furcht in Anbetracht des soziokulturellen Kontexts
F
Anhalten der Angst, Furcht und Vermeidung über mehr als 6 Monate
G
Leid oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen und anderen Funktionsbereichen aufgrund der Angst, Furcht und Vermeidung
H
Furcht, Angst und Vermeidung nicht aufgrund einer Substanz oder eines medizinischen Krankheitsfaktors
I
Keine Erklärbarkeit der Furcht, Angst und Vermeidung durch die Symptome anderer psychischer Störungen
(Panikstörung, Körperdysmorphe Störung oder Autismus-Spektrum-Störung)
J
Bei Vorliegen eines medizinischen Krankheitsfaktors:
Kein Zusammenhang zwischen Furcht, Angst und Vermeidung und medizinischen Krankheitsfaktor
Keine Entsprechung des Ausmaßes der Furcht, Angst und Vermeidung mit zu erwartender Furcht, Angst und Vermeidung aufgrund des medizinischen Krankheitsfaktors
Bestimmung des Typus: „Nur in Leistungssituationen“ Triebbefriedigung Abwehr
Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung (F60.6, ICD-10)
G
Allgemeine Kriterien für Persönlichkeitsstörungen
B
Mindestens vier der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen
– Andauernde und umfassende Gefühle von Angespanntheit und Besorgtheit
– Überzeugung, selbst sozial unbeholfen, unattraktiv oder minderwertig im Vergleich mit anderen zu sein
– Übertriebene Sorge, in sozialen Situationen kritisiert oder abgelehnt zu werden
– Persönliche Kontakte nur, wenn Sicherheit besteht, gemocht zu werden
Realitätsanpassung
– Eingeschränkter Lebensstil wegen des Bedürfnisses nach körperlicher Sicherheit
– Vermeidung beruflicher oder sozialer Aktivitäten, die intensiven zwischenmenschlichen Kontakt bedingen aus Furcht vor Kritik, Missbilligung oder Ablehnung
Allgemeine Kriterien für Persönlichkeitsstörung (F60, ICD-10)
A
Deutliche Unausgeglichenheit in Einstellungen und Verhalten in mehreren Funktionsbereichen (z. B. Affekt, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmen, Denken, zwischenmenschliche Beziehungen)
B
Anhaltende nicht auf Episoden psychischer Krankheiten begrenztes Verhaltensmuster
C
Tiefgreifend gestörtes, in vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig unpassendes abnormes
Verhaltensmuster
D
Beginn des Verhaltensmuster in Kindheit/Jugend und dauernde Manifestation des Verhaltensmuster im Erwachsenenalter
E
Deutliches subjektives Leid (manchmal auch erst im späteren Verlauf) aufgrund des Verhaltensmuster
F
Deutliche Einschränkung der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit aufgrund des Verhaltensmuster
G
Keine Rückführbarkeit der Störung auf ausgeprägte Hirnschädigung, Hirnerkrankungen oder andere psychische
Störungen
Soziale Phobie: Differentialdiagnostik
Psychische Störungen:
Normale Angst (Schüchternheit, Scham) Angststörungen
– Agoraphobie
– Spezifische Phobien
– Posttraumatische Belastungsstörung Persönlichkeitsstörung
– Ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung Affektive Störungen
– Depressive Störungen
Schizophrenie und schizoaffektive Störungen Substanzmittelmissbrauch/-abhängigkeiten
– Intoxikation
– Entzug
Andere Störungen:
Störungen durch somatische Störung und/oder Medikamente/Drogen
Soziale Phobie: Komorbiditäten
Angststörungen (60%): Agoraphobie mit oder ohne Panikstörung (45%) Spezifische Phobien (60%) Generalisierte Angststörung Zwangsstörung Posttraumatische Belastungsstörung
Essstörungen (60%):
Essstörungen
Affektive Störungen (60%):
Depressive Störungen (eher nach als vor Sozialer Phobie)
Substanzmittelmissbrauch/- abhängigkeit (13-18%):
Substanzmittelmissbrauch/-abhängigkeit (eher nach als vor Sozialer Phobie)
Soziale Phobie: Diagnostische Verfahren
Interviews und Checklisten (allgemein):
Strukturiere Klinische Interview für DSM-IV (SKID-I, Wittchen et al., 1997; DSM-IV) Standardisiertes Interviewsystem (DIA-X-CIDI, Wittchen & Pfingster 1997; DSM-IV, ICD-10) Diagnostische Interview für psychische Störungen (DIPS, Margraf et al., 1994; DSM-IV) Internationale Diagnose Checkliste für ICD-10 (IDCL, Hiller et al. 1996; ICD-10)
Interviews (spezifisch):
Liebowitz Social Anxiety Scale (LSAS, Liebowitz, 1987)
Social Phobia and Anxiety Inventory (SPAI, Turner, Stanley, Beidel & Bond, 1989)
Fragebögen (allgemein):
Symptom Check List (SCL-90-R, Franke, 2002) Brief Symptom Inventory (BSI, Franke, 2000)
Fragebögen (spezifisch):
Social Interaction Anxiety Scale (SIAS, Mattick & Clarke, 1998)
Social Phobia Scale (SPS, Mattick & Clarke, 1998)
Social Phobia Inventory (SPIN, Connor et al. 2000)
Soziale Phobie: Epidemiologie
► Furcht: F > M, Soziale Phobie: F = M (Leistungs-/Testsituationen, Sprechen in Öffentlichkeit: F > M)
► Doppelt so hohes Erkrankungsrisiko für Frauen als für Männer!
► Volkskrankheit (2014: 9.8 Millionen, 15.3% der deutschen Bevölkerung): Häufigste psychische Störung!
Risikofaktoren
Geschlecht:
Weibliches Geschlecht: Frauen > Männer (2:1)
– Stärkster Geschlechtseffekt: Spezifische Phobie
– Schwächster Geschlechtseffekt: Soziale Phobie
Alter: Panikstörung – 20-30 Jahre Generalisierte Angststörung – Späte Adoleszenz und junges Erwachsenenalter sowie 40. Lebensjahr Soziale Phobie – Pubertät und Adoleszenz Spezifische Phobien – Kindheit und frühe Adoleszenz
Familienstand:
Panikstörung, Agoraphobie, soziale Phobie und spezifische Phobien – Getrennt, geschieden, verwitwet
Soziale Phobie: Verlauf (Alter, Ängste)
Alter: Frühes Säuglingsalter (0-6 Monate)
Ängste: Intensive sensorische Reize
Alter: Spätes Säuglingsalter (6-12 Monate)
Ängste: Trennung Fremde
Kleinkinder (2-4 Jahre)
Phantasiegestalten gruselige Filme, Dunkelheit Einbrecher
Frühe Kindheit (5-7 Jahre)
Umwelt (Gewitter) Tiere
Mittlere Kindheit (8-11 Jahre) und Adoleszenz Soziale Abwertung und soziale Demütigung (Sport, Schule, Äußeres)
► Fehlende Bewältigung kindlicher Ängste als Risikofaktor für Phobien
Soziale Phobie: Verlauf
Erstauftreten:
Erstauftreten in Pubertät und Adoleszenz
– Erstauftreten: 10-17 Jahre (Hochrisikoalter)
– Erstauftreten vor 25 Jahre: 90%
– Behandlung meist 10 Jahre nach Erstauftreten: 30 Jahre
Verlauf:
Chronischer Verlauf mit seltenen Spontanremissionen
– Häufig schwankender Verlauf mit zwischenzeitlicher Verbesserung aber mit insgesamt zunehmender Verschlechterung ab 24 Jahre
– Verschlechterung mit steigendem Lebensalter: Zunahme von Angst, Vermeidung und Beeinträchtigung
– Übergang in abhängig-vermeidende Persönlichkeitsstörung mit zunehmender Dauer
Prognose: Günstige Prognose – Später Krankheitsbeginn – Höheres Ausbildungsniveau – Fehlende psychiatrische Komorbidität
Chronifizierung
Soziale Angst Soziale Vermeidung -> Einschränkung: Sozialen Lernen Sozialen Fertigkeiten Entwicklung in Schule, Beruf, Beziehung -> Behinderung: Schule/Arbeit Sozialkontakte Beziehungen, -> Demoralisation: Depression Kompensation: Substanzmissbrauch -> Eskalation: Zunahme von Einschränkungen Abnahme von Lebensqualität
(mit dem alter steigend)
Konsequenzen
Leid und Beeinträchtigung:
Persönliches Leid
Einschränkung der privaten, sozialen, familiären und schulischen/beruflichen Leistungsfähigkeit
– Private und soziale Probleme (Isolation, Trennung, Scheidung)
– Schulische/ausbildungsbezogenen Probleme (Noteneinbruch, Ausbildungsabbruch)
– Berufliche Probleme (Kündigung, Arbeitsplatzverlust, Fehlzeiten)
► Kosten für Betroffene und Gesellschaft (Gesundheitssystem, Wirtschaft)
Behandlung:
Keine Behandlung trotz Behandlungsbedürftigkeit und -notwendigkeit wegen Angst vor sozialer Therapie-Situation
► Chronifizierung der Störung
Komorbidtät: Entwicklung komorbider psychischer Störungen – Suchtmittelmissbrauch/-abhängigkeit – Depressive Störungen – Angststörungen
Suizidalität:
Suizidgedanken (34%) und Suizidhandlungen (12%)
Biologische Faktoren: Gene
Heritabilität:
Variabilität in der moderaten Heritabilität
– Spezifische Phobie, Soziale Angststörung und Generalisierte Angststörung: 20-40%
– Panikstörung: 50 %
Gen x Umwelt-Interaktion: Stärkerer Beitrag von Umwelt als von Genen auf Vulnerabilität
Gene:
Unklarer Beitrag bestimmter Gene auf genetische Disposition für Angststörungen
Beitrag von bestimmten Genen auf genetische Disposition für allgemeine Ängstlichkeit
– 5-HTTPLR, Neuropeptid Y, Chormosom 4q21, Glutaminsäuredekarboxylase-Gen1, … Beitrag von bestimmten Genen auf genetische Disposition für allgemeine Verhaltenshemmung – Dopamin-D2-Rezeptor Polymorphismus
► Aktive und passive Gen x Gen x Umwelt-Interaktionen / Epigenetik
► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung neurobiologischer Systeme (Neurotransmitter, Hormone, Neuroanatomie, Neurophysiologie)