03. Deskription, Klassifikation und Diagnostik Flashcards

1
Q

Psychische Störung (Stern et al., 2010)

A

Gruppe (Syndrom) abnormaler Verhaltens- und Erlebensweisen (Symptome)
– die mit außergewöhnlichem Leid und/oder Funktionsbeeinträchtigungen einhergehen
– und auf verhaltensmäßige, psychologische oder biologische Funktionsstörungen zurückzuführen sind.
– keine kulturspezifischen Verhaltens- und Erlebensweisen in Reaktion auf bestimmte Ereignisse
– keine kulturspezifisch sanktionierte (politische, sexuelle, religiöse) Verhaltens- und Erlebensweisen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Psychische Störung: Norm-Abweichung

A

Ideale Norm: Normal als vordefinierte Vollkommenheit
► Problem der Illusion von Gesundheit

Statistische Norm: Normal als Mittelwert
► Problem der Grenzwerte bei Abweichungen vom Mittelwert

Funktionale Norm: Normal als funktional definierter Wert
► Aktuelle Norm zur Definition von Störungen (ICD-10, DSM-IV/V)

Subjektive Norm: Normal als individuell definierter Wert
► Problem der Individuum-gebundenen Werte

Soziale Norm: Normal als kulturell definierter Wert
► Problem der kulturell-gebundenen Werte

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Gesundheit und Krankheit Definition

A

Gesundheit WHO (1958):
Vollständige körperliche, seelische, geistige und soziale Wohlbefinden
Keine Abwesenheit von Krankheit oder Behinderung
► Problem des „Vollständigen“
► Kontroverse Diskussion

Krankheit:
Beschwerden, Abweichungen körperlicher und seelischer Funktionen oder Verhaltensauffälligkeiten
Rückführbarkeit auf biologisch-spezifizierbaren Defekt oder Funktionsstörung
► Problem der biologischen Rückführbarkeit bei psychischen Störungen
► Nutzung des Begriffs psychische Störung anstelle von psychischer Krankheit (Titeländerung der Vorlesung!)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Medizinische Krankheit und Psychische Störung Definition

A

Medizinische Krankheit:
Beschwerden, Abweichungen körperlicher und seelischer Funktionen oder Verhaltensauffälligkeiten
Rückführbarkeit auf biologisch-spezifizierbaren Defekt oder Funktionsstörung
► Problem der biologischen Rückführbarkeit bei psychischen Störungen
► Nutzung des Begriffs psychische Störung anstelle von psychischer Krankheit

Psychische Störung:
Abnormale Verhaltens- und Erlebnisweisen mit Leid und Funktionseinschränkungen
Rückführbarkeit auf verhaltensmäßige, biologische, psychische oder soziale Funktionsstörung

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Psychische Störung: Diagnostischer Prozess

A
  1. Verhaltens- und Erlebensweisen:
    Auffälligkeiten auf biologischer, behavioraler, kognitiver, emotionaler und sozialer Ebene

->

  1. Befunde/Symptome:
    Spezifische und definierte Beschwerden

->

  1. Syndrome:
    Überzufällig häufig, theoretisch und empirisch sinnvolle Gruppen von Symptomen

->

  1. Störung/Diagnose:
    Zusatzkritieren (Beginn, Verlauf, Ausschluss
  1. „Ich bin traurig, habe zu nichts mehr Lust und interessiere mich für nichts mehr“
    - >
  2. Niedergedrückte Stimmung, Interessensverlust, Lustlosigkeit
    - >
  3. Depressives Syndrom
    - >
4. Depressive Störung (mittelgradig)
F32.1 Depressive Episode
->
Psychotherapie
Kognitive Verhaltenstherapie (Beck)
Kognitive Umstrukturierung, Aktivitätsaufbau, Genusstraining
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Nosologie

A

Deskription:
Zuweisung von Befunden zu Symptomen und Syndromen
Deskriptive Diagnostik (AMDP)

Klassifikation:
Zuweisung von Symptomen und Syndromen zu Störungen
Festlegung von Störungen
Klassifikatorische Diagnostik (ICD-10, DSM-IV/V)

Diagnostik:
Anwendung von Diagnostischen Verfahren und Prozeduren
Diagnostische Verfahren Diagnostische Prozeduren

D+K+D -> Diagnostischer Prozess

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Diagnostischer Prozess: Gütekriterien

A
  1. Reliabilität:
    Genauigkeit der Messung

Geringe Genauigkeit = Geringe Gültigkeit
Hohe Genauigkeit =/ Hohe Gültigkeit

Inter-Rater, Test-Retest, Parallel- Test, Interne Konsistenz

  1. Validität:
    Gültigkeit der Messung

Geringe Genauigkeit = Geringe Gültigkeit
Hohe Genauigkeit =/ Hohe Gültigkeit

Inhalt, Kriterium (konvergent/divergent, prognostisch), Konstrukt

  1. Objektivität:
    Unabhängigkeit der Messung

Verfahren, Diagnostiker, Durchführung, Auswertung

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Befunderhebung

A

Grundlage der Diagnostik
– Psychopathologischer Befund: Erfassung und Beschreibung psychischer Symptome
 Psychopathologie: Psychologie-Begriff  Pathopsychologie: Medizin-Begriff

Grundlage der Diagnostik
– Psychopathologischer Befund: Erfassung und Beschreibung psychischer Symptome
– Somatischer Befund: Erfassung und Beschreibung somatischer Symptome
– Anamneseerhebung: Erfassung und Beschreibung der Person und der Störung

► Notwendigkeit der Erhebung vielfältiger Informationen
► Erhebung mittels geeigneter Instrumente (AMDP)
► Notwendigkeit von eindeutigen Kriterien und Regeln bzgl. der Zuordnung von Symptomen zu Syndromen und Störungen
► Zuordnung mit Hilfe von Klassifikationssystemen anhand einer kriteriums- orientierten und operationalisierten Diagnostik (ICD-10, DSM-IV/V)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

AMDP-System Ablauf, Aufbau

A

Aufbau
– Anamnese: Eigenanmnese (Biographie), Krankheitsanamnese (Entstehung, Verlauf, Behandlung, Suizidalität)
– Psychischer Befund: 100 Symptome
– Somatischer Befund: 40 Symptome

Ablauf
– Abfrage explizit definierter Symptome
– Kodierung der Informationsquelle (Selbst-, Fremd oder Selbst- und Fremdbeobachtung)
– Kodierung der Symptomschwerte (5-Punkte Skala)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

AMDP Bereich, Merkmale

A
Bereich:
Psychosoziale Funktionen
Psychosoziale Integration, Interpersonelle Kompetenzen und Krankheitsverhalten
Merkmale:
Erscheinungsbild Verhalten
Sprechen und Sprache Intelligenz

Bereich:
Psychopathologie
Merkmale;
Bewusstseinsstörungen (quantitativ, qualitativ) Orientierungsstörungen
Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen Denkstörungen (inhaltlich, formal) Sinnestäuschungen
Ich-Störungen
Störungen der Affektivität
Antriebs- und psychomotorische Störungen Zirkadiane Besonderheiten
Sonstige Auffälligkeiten

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

AMDP Psychosoziale Funktionen Merkmale

A

Erscheinungsbild:
Kleidung Körperpflege Gestik und Mimik

Verhalten:
Auskunftsbereitschaft Kooperation (Dis-)Simulation Interaktion

Sprechen und Sprache:
Klang und Modulation Sprechstörung Sprachverständnis Ausdrucksvermögen

Intelligenz:
Normale Intelligenz Intelligenzminderung

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Psychopathologie AMDP

A
Bewusstseinsstörung
Orientierungsstörung
Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörung
Denkstörung
Sinnestäuschungen
Ich-Störungen
Störungen der Affektivität
Antriebs- und psychomotorische Störungen
Zirkadiane Besonderheiten
Sonstige Merkmale
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Psychopathologie: Bewusstseinsstörung1 (quantitativ)

A
Merkmale:
Bewusstseinsverminderung
– Benommenheit
– Somnolenz (schläfrig, aufweckbar)
– Sopor (schläfrig, schwer/kurz aufweckbar) 
– Koma (bewusstlos, nicht aufweckbar)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Psychopathologie: Bewusstseinsstörung1 (qualitativ)

A

Bewusstseinstrübung Bewusstseinseinengung Bewusstseinsverschiebung oder -erweiterung

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Psychopathologie: Orientierungsstörungen2

A

Zeitliche Desorientierung Örtliche Desorientierung Situative Desorientierung Person Desorientierung

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Psychopathologie: Aufmerksamkeitsstörung

A

Aufmerksamkeitsstörungen
– Konzentrationsstörung3
– Auffassungsstörung4 Merkfähigkeitsstörungen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
17
Q

Psychopathologie: Gedächtnisstörung

A
Amnesie (Ausfall)
– Retrograd (rückwirkend)
– Kongrad (akutwirkend)
– Anterograd (vorwirkend) Hyper-/Hypnomnesie (Steigerung/Minderung) Paramnesie (Täuschung, Illusion, Trug) Ekmnesie (Zeitverwechselung)
Konfabulation (Erfindung)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
18
Q

Psychopathologie: Denkstörungen (formal)

A

Verlangsamung / Hemmung Umständlichkeit
Einengung
Perseveration (Hängenbleiben) Grübeln und Drängen
Ideenflucht Vorbereden
Sperren / Reißen Inkohärenz (Zerfahren) Neologismen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
19
Q

Psychopathologie: Denkstörungen (inhaltlich)

A
Befürchtungen 
– Misstrauen
– Hypochondrie 
– Phobien Zwänge
– Gedanken
– Impulse und Handlungen Überwertige Ideen
Wahn
20
Q

Psychopathologie: Denkstörungen (inhaltlich)/ Wahn5 (inhaltlich)

A
Beziehungswahn
Beeinträchtigungs- und Verfolgungswahn Eifersuchtswahn
Schuldwahn
Verarmungswahn
Hypochondrischer Wahn
Größenwahn
Symbiontischer Wahn (folie e deux)
21
Q

Psychopathologie: Denkstörungen (inhaltlich)/ Wahn1 (formal)

A

Wahnstimmung (Anspannung, Erwartung) Wahnwahrnehmung (Fehlinterpretation) Wahneinfall / Wahngedanke
Wahnsystem
Wahndynamik (Affektive Involviertheit)

22
Q

Psychopathologie: Sinnestäuschungen6

A

Illusionen (Falsche Wahrnehmung einer Reizquelle) Halluzinationen (Wahrnehmung ohne Reizquelle)
– Akustisch: Phoneme (Stimmen), Akoasmen (Geräusche)
– Optisch (Sicht)
– Olfaktorisch (Geruch), Gustatorisch (Geschmack)
– Haptisch (Haut), Zönasthisch (Leib) Pseudo-Halluzination (Bewusstheit der Halluzination)

23
Q

Psychopathologie: Ich-Störungen7

A

Derealisation
Depersonalisation Gedankenausbreitung Gedankenentzug
Gedankeneingebung
Andere Fremdbeeinflussungserlebnisse

24
Q

Psychopathologie: Störungen der Affektivität

A
Ratlos
Affektarm / Gefühllos Gestörte Vitalgefühle Depressiv
Hoffnungslos
Ängstlich
Euphorisch
Dysphorisch
Gereizt
Innerlich unruhig
Klagsam
Insuffizienzgefühle Gesteigertes Selbstwertgefühl Schuldgefühle

Verarmungsgefühle Ambivalenz
Parathymie
Affektlabil (instabil) Affektinkontinent (unkon) Affektstarr

25
Psychopathologie: Antriebs8- und motorische Störungen
Antriebsarm | Antriebsgehemmt Antriebsgesteigert
26
Psychopathologie: Motorische Störungen
``` Motorisch unruhig Manieriert (theatralisch), bizarr Parakinesen – Stereotypien (Verbigerationen, Katalepsie, Echolalie) – Befehlsautomatismus, Negativismus Hyper-/Hypokinese (Bewegungssteigerung/-minderung) Raptus (Bewegungsexplosion) Stupor (Bewegungslosigkeit) Mutistisch (wortkarg, stumm) Logorrhoisch (wortreich) ```
27
Psychopathologie: Zirkadiane Besonderheiten
Morgens schlechter Abends schlechter Abends besser
28
Psychopathologie: Motorische Störungen
``` Sozialverhalten – Sozialer Rückzug – Soziale Umtriebigkeit Krankheitsverhalten – Mangel an Krankheitsgefühl – Mangel an Krankheitseinsicht – Ablehnung der Behandlung Aggressives Erleben und Verhalten – Aggressivität – Suizidalität – Para-Suizidalität (Selbstschädigung) ```
29
AMDP Bereich Somatik
``` Symptome: Schlaf- und Vigilanzstörung – Einschlafstörung – Durchschlafstörung – Verkürzung der Schlafdauer – Früherwachen – Müdigkeit Appetenzsstörung – Appetit vermindert – Appetit vermehrt – Sexualität vermindert ```
30
Klassifikatorische Diagnostik
Traditionelle Systeme | Moderne Systeme
31
Traditionelle Systeme
Unterschiedliche und inkompatible Systeme (ICD-8, DSM-II Unterschiedliche Kriterien und Regeln Betonung ätiologischer/pathogenetischer Ansätze (Schulen, Theorien) Vernachlässigung deskriptiver Ansätze ► Minderung der Reliabilität und Validität ► Behinderung der Diagnosestellung und Behandlungsableitung ► Behinderung der Kommunikation in Praxis und Forschung ► Erhöhung der Stigmatisierung/ Etikettierung (Krankheit) ► Theorie-geleitete Klassifikation mit impliziten Kriterien und Regeln
32
Moderne Systeme Beschreibung
Systeme (ICD-8, DSM-II) Einheitliche und kompatible Systeme (ICD-10, DSM-IV/V) Einheitliche Kriterien und Regeln Vernachlässigung ätiologischer/patho- genetischer Ansätze (Schulen, Theorien) Betonung deskriptiver Ansätze ► Erhöhung der Reliabilität und Validität ► Förderung der Diagnosestellung und Behandlungsableitung ► Förderung der Kommunikation in Praxis und Forschung ► Verringerung der Stigmatisierung / Etikettierung (Störung) ► Deskriptions-geleitete Klassifikation mit expliziten Kriterien und Regeln
33
Moderne Systeme, Merkmale
Deskriptiv: Symptomatologische Beschreibungen der Störungen ohne ätiologische/pathogenetische Annahmen (theoriefrei) Kriteriums-orientiert: Explizite Vorgabe von Kriterien: Ein- und Ausschlusskriterien und ggf. Zeit- und/oder Verlaufskriterien (Diagnose, Differentialdiagnose) Operationalisiert: Explizite Vorgabe von Entscheidungs- und Verknüpfungsregeln für die Kriterien (Entscheidungsbäume) Systematisch: Alpha-numerische Kodierung der Störungen auf mehreren Ebenen (Art, Schweregrad, Zeitpunkt/Verlauf) Komorbität-orientiert: Berücksichtigung des gemeinsamen Auftretens mehrere psychischer (Komorbidität) oder somatischer (Multimorbidität) Störungen Multi-axial: Berücksichtigung verschiedener Ebenen bei der Diagnostik
34
Majore Depression + Diagnose-Kriterien (ICD-10)
Deskriptive und kriteriums-orientierte Beschreibung: Vorgabe von 9 störungs-relevanten Kriterien (2 Haupt- und 7 Nebensymptome) – Depressives Syndrom (Freud-, Lust- und Antriebslosigkeit, ...) – Somatisches Syndrom (Gewichts- und Schlafveränderung, ...) Vorgabe von funktions-relevantem Kriterium – Leid und/oder Funktionsbeeinträchtigung Vorgabe von Zeitkriterium – Vorliegen über 2 Wochen Vorgabe von Ausschlusskriterien (Differentialdiagose) – Bedingung durch medizinischen Krankheitsfaktor oder Substanz – Bedingung durch andere psychische Störung Operationalisierte Entscheidung: Erfüllung von 5 störungs-relevanten Kriterien, u.a. 1 Hauptsymptom über 2 Wochen, und funktions-relevanten Kriterium System-Kodierung: F32.0 Majore Depression, einzelne Episode, leichtgradig
35
DSM-IV-System Geschichte, Aufbau
Geschichte – Klassifikationssystem der USA – Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) – Paradigmenwechsel: Ablösung des DSM-II (theoretisch) durch das DSM-III (deskriptiv) – Referenzsystem: Versorgung (national), Forschung (international) Aufbau – Kriteriums-orientierte und operationalisierte Diagnostik (deskriptiv) – Lebenszeitperspektive – Multiaxiale Struktur
36
DSM-IV: Multiaxiale Diagnostik + Merkmale
Achse I Klinische Syndrome – Affektive Störung: Hypotherose mit depressiven Merkmalen(293.83) Achse II Persönlichkeitsstörungen – Borderline Persönlichkeitsstörung (301.81) Spezifische Entwicklungsstörungen – Geistige Behinderung: Minimale Mentale Retardierung (317) Achse III Körperliche Störungen und Zustände – Endokrine Störungen: Hypotherose (244.9) Achse IV Psychosoziale und umweltbedingte Probleme – Partnerschaftsprobleme (V6110) Achse V Psychosoziale Funktionseinschränkung – Global Assessment of Functioning (GAF): 60 (inverse Kodierung)
37
Neuerungen DSM-V-System
Neuerungen – Einführung neuer Störungen – Zusammenfassung von Störungen (Gruppierung ähnlicher Störungen) – Berücksichtigung der entwicklungs- psychologischer Dynamik von Störungen (Gruppierung ähnlicher Störungen, Betonung der Lebenszeitperspektive) – Berücksichtigung der kulturspezifischen Dynamik von Störungen (Einführung neuer Störungen)
38
Neuerungen DSM-V-System + Beispiele
Einführung neuer Störungen: Prämenstruelle dysphorische Störung (PMS) als neue (umstrittene) Störungsgruppe Zusammenfassung von Störungen: Keine separate Gruppierung von Autismus und Asperger-Syndrom Gruppierung von Autismus und Asperger-Syndrom unter Autismus-Spektrum-Störung Entwicklungspychologische Dynamik von Störungen: Keine Gruppierung von Trennungsangst unter Störungen des Kinder und Jugendalters Gruppierung von Trennungsangst unter Angststörungen Kulturspezifische Dynamik von Störungen: Geisterkrankheit (Angst vor Tod und Toten) bei Ureinwohnern Nordamerikas
39
ICD-10-System Geschichte, Aufbau
Geschichte – Klassifikationssystem der WHO – International Classification of Diseases (ICD) – Paradigmenwechsel: Ablösung der ICD-8 (theoretisch) durch die ICD-9/10 (deskriptiv) – Referenzsystem: Versorgung (international) Aufbau – Kriteriums-orientierte und operationalisierte Diagnostik (deskriptiv) – Verzeichnis somatischer und psychischer (Kapitel V, Abschnitt F) Störungen – Multiaxiale Struktur (Kapitel)
40
Multiaxiale Diagnostik: ICD-10
Kapitel V, Abschnitt F: Psychische Störungen (DSM-IV: Achse I: Klinische Syndrome, Achse II: Persönlichkeitsstörungen und Geistige Behinderungen) Kapitel V, Abschnitt Z: Faktoren mit Einfluss auf den Gesundheitszustand und die Inanspruchnahme des Gesundheitswesens (DSM-IV, Achse III: Psychosoziale und umweltbedingte Probleme) WHODAS: WHO Disability Assessment Schedule: Psychosoziale Funktionseinschränkung (DSM-IV: Achse IV: Psychosoziale Funktionseinschränkung, GAF) Kapitel V, Abschnitte ??: Somatische Störungen
41
ICD-10 Störungen + Merkmale
F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F3 Affektive Störungen F4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F7 Intelligenzminderung F8 Entwicklungsstörungen F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend
42
ICD und DSM | Reliabilität / Validität + Problem
Störungs-Reliabilität: Gering aber vergleichbar mit medizinischen Störungen ► Problem der Validitäts-Minderung Störungs-Vielfalt (Validität): Störungen aufgrund Pathologisierung normaler Phänomene ► Problem der Stigmatisierung Störungs-Schwelle (Validität): Unklarheit bei Abgrenzung normaler und abnormaler Phänomene ► Problem der Klassifikation Störungs-Inhalte (Validität): Unterschiedliche Symptome bei einer Störung ► Problem der Heterogenität Störungs-Grenze (Validität): Ähnliche Symptome bei unterschiedlichen Störungen ► Problem der Komorbidität Störungs-Biomarker (Validität:) Unklarheit bzgl. neurobiologischer Korrelate bzw. Tests ► Problem der Biomarker
43
Klassifikatorische und dimensionale Diagnostik
Klassifikatorische Diagnostik: -Störung und Gesundheit als trennbare Entitäten -Festlegung von Schwellenwerten zur Trennung von Störung und Gesundheit ► Klarheit bzgl. der Behandlungsbedürftigkeit und der Behandlungsform ► Gefahr von Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen Dimensionale Diagnostik: -Störung und Gesundheit als untrennbare Dimension -Keine Festlegung von Schwellenwerten zu Trennung von Störung und Gesundheit ► Unklarheit bzgl. Behandlungsbedürftigkeit und der Behandlungsform ► Keine Gefahr von Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen
44
Diagnostische Verfahren und Prozeduren
Diagnostische Verfahren Erfassung von Symptomen, Syndromen und Störungen mit psychologischen und neurobiologischen Verfahren – Förderung der Standardisierung und Strukturierung der Diagnostik auf der psychologischen und neurobiologischen Ebene – Förderung der Objektivität, Reliabilität und Validität der psychologischen und neurobiologischen Diagnostik ► Einhaltung verfahrenstypischer Prozeduren
45
Diagnostische Verfahren: Psychologische Verfahren + Merkmale + Beispiel
Interviews: Standardisierte und/oder strukturierte Abfrage von Kriterien Bestimmung der Störung über Antworten Strukturiertes Interview für Achse I Störungen (SKID-I) Checklisten: Freie Abfrage von Kriterien Bestimmung der Störung über Antworten International Disease Checklist (ICDL) Fragebögen: Beantwortung von Fragen Bestimmung der Syndrome über Antworten Beck-Depression- Inventar (BDI) Test: Bearbeitung von Aufgaben Bestimmung von behavorialen, kognitiven, emotionalen oder sozialen Merkmalen und/oder Fertigkeiten über Leistung bzw. Beobachtung Big Five Inventar (BFI) Go-NoGo-Test (GNG) Strange Situation Test Multifacetted Empathy Test (MET)
46
Diagnostische Verfahren: Neurobiologische Verfahren + Merkmale + Beispiel
Neuro- physiologische Verfahren: Erfassung neurophysiologischer Prozesse und Strukturen im zentralen Nervensystem Bestimmung neurophysiologischer Aktivität und/oder Struktur Elektroenzephalo- graphie (EEG) Magnetresonanz- tomographie (MRT) ``` Peripher- physiologische Verfahren: Erfassung physiologischer Prozesse im autonomen Nervensystem Bestimmung physiologischer Aktivität Elektrokardiographie (EKG) Elektromyographie (EMG) ``` Endokrino- logische Verfahren: Erfassung endokrinologischer Prozesse im autonomen und zentralen Nervensystem Bestimmung von Hormonen und Neurotransmittern Trierer Sozialer Stress Test (TSST) Oxytocin-Challenge
47
Diagnostische Prozeduren: Klassifikation
Beachtung von Symptom-, Zeit- und Verlaufskriterien Beachtung von Ausschlusskriterien Beachtung von Entscheidungsregeln Berücksichtigung des Komorbiditätsprinzips Vernachlässigung theoretischer Annahmen Vernachlässigung stereotyper Annahmen Vernachlässigung persönlicher Annahmen