07. Bipolare Störungen und Suizidalität Flashcards
Affektive Störungen: Klassifikation
Depressives Syndrom
Manisches Syndrom
Depressives Syndrom
- Niedergeschlagene und traurige Stimmung
- Interessensverlust und Lustlosigkeit
- Antriebsminderung
- Sozialer Rückzug und soziale Hemmung
- Selbstwertminderung
- Denkhemmung und Grübeln
- Denkeinengung auf negative Inhalte
- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung
- Appetitlosigkeit
- Schlafstörung
- Libidoverlust
Manisches Syndrom
- Euphorische oder reizbare Stimmung
- Antriebssteigerung und Risikoverhalten
- Soziale Untriebigkeit und soziale Enthemmung
- Selbstwertsteigerung und Größenwahn
- Ideenflucht und Rededrang
- Denkeinengung auf überwertige/wahnhafte Idee
- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung
- Appetitminderung oder Appetitsteigerung
- Mangelndes Schlafbedürfnis
- Libidosteigerung
Manisches Syndrom
-Affektive Symptome: Heiterkeit, Gereiztheit, Enthemmung, Flegelhaftigkeit, Überzogenheit, Angstfreiheit, Sorglosigkeit, Optimismus
-Kognitive Symptome: positive bis extreme optimistische Einstellung, positive Sichtweise der eigenen Person, der
eigenen Fähigkeiten und der Zukunft, Gedankenrasen, Gedankendrängen, Ideenflucht,
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme, schlechte Problemlösefähigkeit, erhöhte
Entscheidungs-freudigkeit, Impulsivität, Größenideen, wahnhafte Selbstüberschätzung und
Größenwahn1, Verantwortungslosigkeit, Risikobereitschaft und Risikofehleinschätzung
-Motivational- behaviorale Symptome: behaviorale Symptome
Hedonismus, Antriebssteigerung, Aktivitätssteigerung, sozialer Umtriebigkeit und soziale Enthemmung, Beschleunigung (Sprache, Motorik) / Agitiertheit und Unruhe (Sprache, Mimik, Haltung, Motorik), Übertriebenheit (Mimik)
-Somatisch-vizerale Symptome: Symptome
Energieüberschuss, Kraft (Körperhaltung, GangbTirliedb)b,efmriedaignunggelnde ErmüdbarkAebiwte,hvr erringertes Schlaf- und Erholungsbedürfnis, Schlafstörungen, Appetits- und Gewichtsverlust, Libidosteigerung, innere Unruhe, Übererregbarkeit
Depressives Syndrom
-Affektive Symptome: Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung, Interessensverlust, Freudlosigkeit, Ängstlichkeit, innere Leere, Reizbarkeit, Feindseligkeit, Einsamkeit, Entfremdung
-Kognitive Symptome: pessimistische Einstellung, negative Sichtweise der eigenen Person, der eigenen Fähigkeiten und Zukunft, Selbstzweifel, Selbstvorwürfe, Schuldgefühle, Gedankensperren, Denkhemmung, Denkverlangsamung, Grübeln, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme,
Unentschlossenheit, Risikoaversion, Suizidgedanken, überwertige Ideen und Schuld-,
Krankheits- oder Verarmungswahn1
- Motivational- behaviorale Symptome: Anhedonie, Lustlosigkeit, Antriebsminderung, Aktivitätsverringerung, sozialer Rückzug und soziale Hemmung, Vermeidungsverhalten, Verlangsamung (Sprache, Motorik) / Agitiertheit und Unruhe (Motorik), Starrheit (Mimik, Köperhaltung), Überforderung im Alltag, Suizidhandlungen
- Somatisch-vizerale Symptome: Energieverlust, Ermüdbarkeit, Kraftlosigkeit (KörTpreiebrbheafriletduignungg, Gangbild), SchlaAbfwsethörrungen, Tagesschwankungen, Appetits- und Gewichtsverlust, Libidoverlust, innere Unruhe, Über- oder Untererregbarkeit, innere Unruhe, vegetativ-somatische Beschwerden, Schmerzempfindlichkeit
Manische Syndrom VS Hypomanisches Syndrom
Manische Syndrom:
-Symptome:
Übertriebene gute Stimmung (sorglose Heiterkeit bis fast unkontrollierbarer Erregung)
Übertriebener Optimismus
Übertriebener Selbstvertrauen /Größenideen Antriebsteigerung im Sinne von Übersteuerung Übertriebene Geselligkeit / Rededrang Geringes Schlaf- und Erholungsbedürfnis Leistungssteigerung bis zum Zusammenbruch
-Beeinträchtigung: Starke Beeinträchtigung der privaten, sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit
-Dauer: Mindestens 1 Woche
Hypomanisches Syndrom: -Symptome: Leicht gehobene Stimmung (Wohlbefinden) Optimismus Selbstvertrauen Antriebssteigerung Realitätsanpassung Geselligkeit / Gesprächigkeit Vermindertes Schlafbedürfnis Leistungssteigerung (körperlich, seelisch) -Beeinträchtigung: Geringe Beeinträchtigung der privaten, sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit Triebbefriedigung Abwehr -Dauer: Mindestens ein paar Tage
Diagnose (ICD-10)
Manische Episode (F30.X)
– Hypomanie
– Manie mit oder ohne psychotischen Symptomen
Bipolare affektive Störung (F31.X)
– gegenwärtige Episode: hypomanisch [+ depressiv / (hypo)manisch]
– gegenwärtige Episode: manisch [+ depressiv / (hypo)manisch]
– gegenwärtige Episode: depressiv [+ (hypo)manisch / gemischt]
– gegenwärtige Episode: gemischt [+ depressiv / (hypo)manisch / gemischt]
– gegenwärtige Episode: remittiert [+ depressiv / (hypo)manisch / gemischt] Andere bipolare affektive Störung (F31.8)
– Bipolar II Störung, rezidivierende manische Episoden, etc. Nicht näher bezeichnete bipolare affektive Störung (F31.9)
Zyklothymie (F34.0)
Diagnose (DSM-V5)
Hypomanische Episode6
Manische Episode6
– mit oder ohne psychotischen Symptomen
Bipolar I Störung
– gegenwärtige/letzte Episode: manisch [+/- depressiv! / gemischt]
– gegenwärtige/letzte EpRiseoadlitäet:sadnepapsrseunsgsiv [+ (hypo)manisch / gemischt]
– gegenwärtige/letzte Episode: nicht näher bezeichnet Bipolar II Störung
– gegenwärtige/letzte Episode: hypomanisch [+ depressiv]
Triebbefriedigung Abwehr
Zyklothymie Störung
Diagnose (ICD-10): Manische Episode (F30.X)
Hypomanische Episode (F30.0) über mind. 4 Tage Manische Episode ohne (F30.1) oder mit (F30.1) psychotischen Symptomen über mind. 1 Woche
Diagnose (ICD-10): Bipolare affektive Störung (F31.X)
Hypomanische, manische oder gemischte Episode über mind. 1 Woche
– gegenwärtige Episode: hypomanisch (F31.0)
– gegenwärtige Episode: manisch ohne (F31.1) oder mit (F31.2) psychotischen Symptomen
– gegenwärtige Episode: depressiv leicht/mittelgradig (F31.3), depressiv schwer ohne (F31.4) oder mit (F31.5) psychotischen Symptomen
– gegenwärtige Episode: gemischt (F31.6)
– gegenwärtige Episode: remittiert (F31.7)
Diagnose (ICD-10): Sonstige bipolare affektive Störung (F31.8)
Bipolar II Störung
Rezidivierende manische Episoden o.n.A.
Diagnose (ICD-10): Zyklothymie (F34.0)
Milde depressive und hypomanischen Episoden über mind. 2 Jahre
Hypomanische Episode (F30.0)
Hauptsymptome, Zusatzsymptome, Dauer, Schweregrad
Hauptsymptome: Abnorm gehobene oder gereizte Stimmung
Zusatzsymptome: Mindestens 3 Zusatzsymptome
– Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit
– Gesteigerte Gesprächigkeit (Rededrang)
– Gesteigerte Geselligkeit oder übermäßige Vertraulichkeit
– Gesteigerte sexuelle Energie
– Ablenkbarkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten
– Tollkühnes oder leichtsinniges Verhalten wie bspw. übertriebene Geldausgaben
– Vermindertes Schlafbedürfnis
Dauer: Mindestens 4 Tage
-Schweregrad: leicht
Manische Episode (F30.1, F30.2)
Hauptsymptome, Zusatzsymptome, Dauer, Schweregrad
Hauptsymptome:
Abnorm gehobene, expansive oder gereizte Stimmung
Zusatzsymptome:
Mindestens 3 Zusatzsymptome / 4 Zusatzsymptome bei ausschließlich gereizter Stimmung
– Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit
– Gesteigerte Gesprächigkeit (Rededrang)
– Ideenflucht / Gedankendrängen
– Ablenkbarkeit oder ständiger Wechsel von Plänen/Aktivitäten
– Tollkühnes oder leichtsinniges Verhalten, Verkennung von Risiken
– Verlust sozialer Hemmung
– Vermindertes Schlafbedürfnis
– Überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenideen
Dauer:
Mindestens 1 Woche
Schweregrad:
Leicht: Hypomanische Episode, Mittel: ohne psychotische Symptome (F30.1), Schwer: mit psychotischen Symptomen (F30.2)
Zyklothymie (F34.0)
Hauptsymptome, Zusatzsymptome, Dauer
Hauptsymptome:
Wiederholte depressive und hypomanische Episoden subklinischer Form mit beschwerdefreien Episoden
Zusatzsymptome:
Mindestens 1 Zusatzsymptom
– Verminderte Energie oder Aktivität
– Schlafstörung
– Vermindertes Selbstvertrauens
– Konzentrationsschwierigkeiten
– Verminderte Geselligkeit (Sozialer Rückzug)
– Verminderte Gesprächigkeit
– Verminderte Freude oder Interessen an sexuellen/angenehmen Aktivitäten
– Pessimismus bzgl. Zukunft oder Grübeln über Vergangenheit
Mindestens 1 Zusatzsymptom
– Vermehrte Energie oder Aktivität
– Vermindertes Schlafbedürfnis
– Übersteigertes Selbstvertrauen
– GeschärftesReoadliteätrsaknrpeaasstuivnegsDenken
– Gesteigerte Geselligkeit (Soziale Umtriebigkeit)
– Gesteigerte Gesprächigkeit
– Gesteigerte Freude oder Interessen an sexuellen/angenehmen Aktivitäten
– Über-Optimismus oder Übertreibung früherer TrieEbrbfeofrligedeigung
Dauer: Mindestens 2 Jahre
Differentialdiagnostik: Manische Episode (F31.1, F31.2) / Zyklothymie (F34.0)
Psychische Störungen:
Affektive Störungen
– Unipolare depressive Störungen
Schizoaffektive und schizophrene Störungen
– Schizoaffektive Störung, gegenwärtig manisch Borderline Persönlichkeitsstörung Aufmerksamkeitsdefizit/-Hyperaktivitätsstörunge (ADHS)
Körperliche Erkrankungen: Zerebrale Erkrankungen (Epilepsie, Chorea Huntington, Alzheimer etc.), Endokrinologische Erkrankungen (hypo und Hyperthyreose, Diabets Mellitus, etc.), Kardiologische Erkrankungen (Essentielle Hypertonie, Myokardinfarkt, etc.), Gastroenterologische Erkrankungen (Pankreatitis, Morbus Whipple, etc.), Metabolische Störungen (Leberinsuffizienz, Morbus Wilson, etc.), Immunologische Krankheiten (Rheumatoide Arthritis, etc.), Infektionskrankheiten (AIDS, Borreliose, etc.), Karzinome (Pankreaskarzinom, etc.)
Medikamente:
Antihypertensiva (Betablocker, etc.), Kardiaka (Digitalis, eTtrcie.b),beSfrtiedrigouindghormone (GestagenAeb,wGehlrucokortikoide, etc.), Antibiotika (Tetrazykline), Zytostatika (Interferon, etc.), Psychopharmaka (Antipsychotika, Benzodiazepine, etc.), Alkohol und Drogen (Konsum, Entzug)
Komorbide Störungen
Angststörungen (BP-I: 32%, BP-II: 27%): Spezifische Phobien Soziale Phobie Panikstörung Generalisierte Angststörung Zwangsstörung Posttraumatische Belastungsstörung
Substanzmittelstörungen (BP-I: 67%, BP-II: 28%):
Substanzmittelmissbrauch und -abhängigkeit (Stimulanzien induzierte Bipolare Störungen?)
Persönlichkeitsstörungen (BP: 37%):
Borderline Persönlichkeitsstörung Histrionische Persönlichkeitsstörung
Anakastische Personlichkeitsstörung
Andere psychische Störungen:
Aufmerksamkeitsdefizit/-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) (Stimulanzien induzierte Bipolare Störungen?)
Somatische Störungen (BP: 40%):
Kardiovaskuläre Störungen, Adipositas, Diabetes Mellitus
Diagnostische Verfahren
->Interviews und Checklisten (kategorial):
Strukturiere Klinische Interview für DSM-IV (SKID-I, Wittchen et al. 1997; DSM-IV) Standardisiertes Interviewsystem (DIA-X-CIDI, Wittchen & Pfingster 1997; DSM-IV, ICD-10) Diagnostische Interview für psychische Störungen (DIPS, Margraf et al. 1994; DSM-IV) Internationale Diagnose Checkliste für ICD-10 (IDCL, Hiller et al., 1996; ICD-10)
->Interviews (dimensional):
Young Mania Rating Scale (YMRS, Young et al. 1978) Bech-Rafaelsen-Manie-Skala (BRMAS, Bech 2005)
->Fragebögen (dimensional):
Manie-Selbstbeurteilungsskale (MSS, Krüger et al. 1998)
Mood Disorder Questionnaire (MDQ, Hautzinger & Meyer, 2002)
► Notwendigkeit einer Verlaufsdiagnostik zur Feststellung gegenwärtiger und vergangener depressiver und
(hypo)manischer Phasen!
Risikofaktoren
Geschlecht:
Gleiche Häufung bipolarer Störungen bei Frauen und Männern Häufung von Rapid Cycling und Zyklothymie bei Frauen Häufung depressiver Episoden bei Frauen
Alter:
Häufung bipolarer Störungen im Alter von 19-30 Jahre
Häufung prognostisch ungünstiger Verläufe bei frühem Erkrankungsalter
Familienstand:
Häufung bipolarer Störungen bei Unverheirateten
Sozioökonomischer Status:
Häufung bipolarer Störungen bei geringem Status (Ursache-Wirkung? Drift-Hypothese)
Geographie:
Unklarheit bzgl. Häufung bipolarer Störungen in urbanen oder ländlichen Regionen
Psychosoziale Stressoren und Lebensereignisse:
Häufung bipolarer Störungen bei Traumatisierung und Stress
Phase: Erstauftreten
Erste Episode zwischen 15-19 Jahre nach längerer Prodromalphase
– Diagnose und Behandlung meist 5-10 Jahren nach Erstmanifestation aufgrund von Fehldiagnosen
– Erkrankungsgipfel um 30 Jahre
Erste Episode vor allem in Reaktion auf psychosoziale Stressoren
Erste Episode vor allem in Form von depressiver Episode (50%) mit nachfolgender manischer
Episode innerhalb von 5 Jahren
Wechsel von unipolarer depressiver Störung in bipolare Störung: 10-25%
Verlauf
Hohe inter-individuelle Variabilität bzgl. Anzahl, Dauer und Intensität der Episoden (Episoden-Dauer: ca. 3-5 Monate, Episoden-Verhältnis: 3:1 (depressiv:manisch))
– Einmaliger Verlauf mit Vollremission: 15%
– Rezidivierender Verlauf mit Vollremission/Teilremission: 30%/50%
– Chronifizierter Verlauf ohne Remission bzw. Teilremission: 20% Häufung von Rezidiven trotz Rezidivprophylaxe
– Rezidive: 50% innerhalb von 2 Jahren, 90% innerhalb von 5 Jahren
Verkürzung der Episoden-Zwischenintervalle mit Störungsdauer (nach 5 Episoden: 5-9 Monate)
Wechsel von unipolarer depressiver Störungen in bipolare Störungen: Risikofaktor
Schwere erste depressive Episode Rezidivierende depressive Episode Frühes Erkrankungsalter Stimmungslabilität
Erhöhtes Aktivitäts- und Energieniveau
Behandlung mit trizyklischen Antidepressiva (Switch-Risiko)
Häufung von Episoden: Risikofaktor
Frühes Erkrankungsalter
Weibliches Geschlecht
Kritische und stressende Lebensereignisse
Gemischte depressive/manische Symptome
Psychotische Symptome
Schneller Phasenwechsel
Unzureichendes Ansprechen auf phasenprophylaktische Therapie
Chronifizierung von Episoden: Risikofaktor
Frühes Erkrankungsalter
Häufige Episoden
Psychosoziale Stressoren
Prämorbide Persönlichkeitsmerkmale mit inadäquaten Copingstrategien
Unzureichendes Ansprechen auf phasenprophylaktische Therapie
Schlechte Compliance
Komorbider Substanzmittelmissbrauch
Komorbidität mit psychischen und somatischen Störungen
Konsequenzen
Leid und Beeinträchtigung:
Häufung von Leid und Beeinträchtigung
– Persönliches Leid
– Einschränkung der privaten, sozialen, familiären und schulischen/beruflichen Leistungsfähigkeit
► Erhöhtes Risiko für private und soziale Probleme (Isolation, Trennung, Scheidung)
► Erhöhtes Risiko für schulische/ausbildungsbezogenen Probleme (Noteneinbruch, Ausbildungsabbruch)
► Erhöhtes Risiko für berufliche Probleme (Kündigung, Arbeitsplatzverlust)
Suizidalität:
Häufung von Suizidgedanken und Suizidhandlungen (aufgrund von Leid und Beeinträchtigung
– Suizidversuche (Frauen > Männer): 30%
– Suizid (Männer > Frauen): 4-5 % (Allgemeinbevölkerung: 0.01%)
► Erhöhtes Risiko bei schwerer Störung, komorbiden Substanzmissbrauch und Suizidalität in der Vergangenheit/Familie!
Biologische Faktoren: Gene
Heredität:
Unipolare depressive Störung: Moderate genetische Disposition (40% Heredität)
– Konkordanzrate bei dizygoten Zwillingen: 50%
– Konkordanzrate bei monozygoten Zwillingen: 50%
Bipolare Störungen: Hohe genetische Disposition (80% Heredität)
– Konkordanzrate bei dizygoten Zwillingen: 5-25%
– Konkordanzrate bei monozygoten Zwillingen: 33-90%
Gene:
Unipolare depressive Störung: Unklarer Beitrag bestimmter Gene auf genetische Disposition – Kandidaten-Gene: Serotonin-Transporter-Gen, Catechol-O-Methyl-Transferase, … Bipolare Störungen: Unklarer Beitrag bestimmter Gene auf genetische Disposition
– Chromosomen 3, 4, 10, 12, 18, 18, 21
– Kandidaten-Gene: Serotonin-Transporter-Gen, Catechol-O-Methyl-Transferase, …
► Aktive und passive Gen x Gen x Umwelt-Interaktionen / Epigenetik ► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung neurobiologischer Systeme (Neurotransmitter, Hormone, Neuroanatomie, Neurophysiologie)
Biologische Faktoren: Neurotransmission
- Noradrenalin, Serotonin
- Noradrenalin, Acetylcholin
- Dopamin
- Glutamat
- GABA
► Komplexe Dysbalancen in Neurotransmitter-Systemen (Konzentration, Rezeptordichte/-affinität, Signalkaskaden)
► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung neurobiologischer Systeme (Neuroanatomie, Neurophysiologie)
Noradrenalin, Serotonin
Unipolare depressive Störung: Noradrenalin und Serotonin Hypotransmission Bipolare Störung: Noradrenalin Hypertransmission?
► Nachweis mittels Noradrenalin-Serotonin-Reuptake-Inhibitor
Stimmung ↓↑
Noradrenalin, Acetylcholin
Unipolare Depression: Cholinerg-Noradrenege-Hypertransmission / Cholinerge
Hypersensitivität
Bipolare Störung: Cholinerge Hypersensitivität ► Nachweis mittels Cholinesterase-Inhibito
Stimmung ↓↑
Dopamin
Unipolare depressive Störung: Dopamin Hypotransmission
Bipolare Störung: Dopamin Hypertransmission
► Nachweis mittels Dopamin-Rezeptor-Antagonisten
Antrieb ↓↑ und
Motivation ↓↑
Glutamat
Unipolare depressive Störung: Glutamat Hypotransmission Bipolare Störung: Glutamat Hypertransmission?
Antrieb ↓↑
GABA
Unipolare depressive Störung: GABA Hypertransmission
Bipolare Störung: GABA Hypertransmission?
Antrieb ↓↑
Signaltransduktion
=Intrazelluläre Signaltransduktion: Kopplung zwischen Rezeptoren und G-Protein, Aktivierung von Transkriptionsfaktoren, Second-Messenger Systeme
Unipolare depressive Störung: Störung der intrazellulären Signaltransduktion – Saure Sphingomyelinease (ASM) Hyperaktivität
► Nachweis mittels triyzklischer Antidepressiva
Bipolare Störungen: Störung der intrazellulären Signaltransduktion
– Störung des Phosphatidyl-Inositol-(PI)-System
– Störung der Adenylatzyklase und Proteinkinease C (PKC) Realitätsanpassung
– Störung der Glykogensynthesekinease (GSK-3β): Neurotrophin-Störung
– Natrium- und Kalziumionendysregulation
– Störung langkettiger Fettsäuren
► Nachweis mittels Antidepressiva und Stimmungsstabilisator
Stimmung ↓↑
Antrieb ↓↑
Lernen ↓
► Genetisch bedingte Veränderungen der Neurotransmission
► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung
neurobiologischer Systeme (Neuroanatomie, Neurophysiologie, Neuroplastizität)
Biologische Faktoren: Neuroplastizität
Unipolare Depression / Bioplare Störungen: Störungen der Neuroplastizität
– Neurotrophin-Hypoaktivität infolge GSK-3β-Dysregulation
– Hypercortisolismus infolge HHN-Dysregulation und Traumatisierung/Stress
– Hypothyreose infolge HT-Dsyregulation
► Nachweis mittels Antidepressiva (Antidementiva) ► Nachweis mittels Schilddrüsen-Medikamente
► Nachweis mittels Elektrokrampftherapie
► Nachweis mittels Sport
Unipolare Depression / Bioplare Störungen: Störungen der Neuroplastizität
– Neurotrophin-Hypoaktivität infolge GSK-3β-Dysregulation
– Hypercortisolismus infolge HHN-Dysregulation und Traumatisierung/Stress
– Hypothyreose infolge HT-Dsyregulation
Lernen ↓
► Störung von Lernprozessen, vermutlich über Veränderungen der Neuroanatomie und Neurophysiologie in der
Amygdala und im Hippocampus
► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung neurobiologischer Systeme (Neuroanatomie, Neurophysiologie, Neuroplastizität)
Biologische Faktoren: Neuroendokrinologie
- HPA-Achsen
- HPT-Achse
- HPG-Achse
- Immunsystem
► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung neurobiologischer Systeme (Neuroanatomie, Neurophysiologie, Neuroplastizität)
HPA-Achsen
Unipolare Depression / Bipolare Störungen: Störung der HPA-Achse bei Stress in Form eines Hypercortisolismus
– Gestörte Rückkopplungsprozesse (CRH ↑ → ACTH ↑ → COR ↑)
– Veränderte Glucorticoid-Rezeptoraffinität und –dichte
► Nachweis über verminderte COR-Supprimierbarkeit beim DEX-Hemmtest
► Nachweis über verminderte ACTH-Sekretion nach CRH-Gabe
Stress- reagibilität ↑
HPT-Achse
Unipolare Depression / Bipolare Störungen: Störung der HPT-Achse ► Nachweis mittels Schilddrüsen-Medikamente
Stimmung ↓↑
HPG-Achse
Unipolare Depression / Bipolare Störungen: Störung der HPG-Achse
– Östrogen Hypokonzentration bei Frauen?
– Testosteron Hypokonzentration bei Männern? ► Nachweis mittels Antibabypille und Menopause
Stimmung ↓↑
Immunsystem
Unipolare Depression / Bipolare Störung: Immunsuppression
– Inflammatorische Zykotine Hypertransmission und Killerzellen-Hypoaktivität
Morbidität ↑
Biologische Faktoren: Chronobiologie und zirkadiane Rhythmik
Bipolare Störungen: Störung der Schlafarchitektur (REM-Latenz/Dichte)
– Störung interner (SCN), externer (Tag-Nacht Zyklus) und sozialer (Schichtarbeit, etc.) Schrittmacher
– Störung der Serotonin- und Melatonin-Transmission ► Nachweis mittels Schlafentzug
Bipolare Störungen: Störung der Schlafarchitektur (REM-Latenz/Dichte)
– Störung interner (SCN), externer (Tag-Nacht Zyklus) und sozialer (Schichtarbeit, etc.) Schrittmacher
– Störung der Serotonin- und Melatonin-Transmission
– Erhöhung des Switch-Risikos von depressiver in manische bzw. manischer in
depressive Phase?
Antrieb ↓↑
Schlaf ↓↑
► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung neurobiologischer Systeme (Neuroanatomie, Neurophysiologie, Neuroplastizität)
Biologische Faktoren: Neuropathologie
-Amygdala
-Anteriores Cingulum
-Dorsolateraler Präfrontaler Cortex
-Hippocampus
-Striatum
► Beeinflussung bestimmter Funktionen (Informationsverarbeitung, Stressreagibilität) über Veränderung neurobiologischer Systeme (Neuroanatomie, Neurophysiologie)
► Störung der Verarbeitung (AMY ↑, AC ↑) und Regulation (PFC ↓, HIP ↓) emotional salienter Reize
► Störung der Verarbeitung (STRIA ↓↑) motivational salienter Reize
► Störung des emotionalen (AMY ↑) und nicht-emotionalen (HIP ↓) Lernens
► Dysregulation cortico-limbischer (PFC ↓ → AMY ↑) und meso-limbischer (AMY ↑, STRIA ↓↑) Systeme
► Reziproke Dysregulation von Stimmung, Antrieb und Motivation (Kindling)
Amygdala
Unipolare depressive Störung: Hyperaktivität / Atrophien Bipolare Störungen: Hyperaktivität / Atrophien
Emotion ↓↑ Regulation ↓
Anteriores Cingulum
Unipolare depressive Störung: Hyperaktivität Bipolare Störungen: Hyperaktivität
Emotion ↓↑ Regulation ↓
Dorsolateraler Präfrontaler Cortex
Unipolare depressive Störung: Hypoaktivität Bipolare Störungen: Hypoaktivität
Emotion ↓↑ Regulation ↓
Hippocampus
Unipolare depressive Störung: Hypoaktivität / Atrophien Bipolare Störungen: Hypoaktivität / Atrophien
Emotion ↓↑ Regulation ↓
Striatum
Unipolare depressive Störung: Hypoaktivität
Bipolare Störungen: Hyperaktivität
Antrieb ↓↑
Motivation ↓↑
Psychologische Faktoren: Kognition
- Attributionstil (Abramson, Teasdale, Seligman)
- Schemata (Beck, Ellis)
► Negative bzw. positive Verzerrung der Informationsverarbeitung aufgrund prävalenter und leicht aktivierbarer Schemata/Gedanken sowie Stimmung (Ursache-Wirkung?)
Attributionstil (Abramson, Teasdale, Seligman)
Unipolare depressive Störung: Pessimistischer Attributionsstil
– Negative Ereignisse: internal, global, stabil
– Positive Ereignisse: external, spezifisch, variabel Bipolare Störungen: Optimistischer Attributionsstil
– Positive Ereignisse: internal, global, stabil
– Negative Ereignisse: external, spezifisch, variabel
Emotion ↓↑
Schemata (Beck, Ellis)
Unipolare depressive Störung: Pessimistische Schemata/Gedanken
– Negative Sicht auf das Selbst, die Welt und die Zukunft
– Negativer Selbstfokus und Grübelei/Rumination Bipolare Störungen: Optimistische Schemata/Gedanken
– Positive Sicht auf das Selbst, die Welt und die Zukunft
Emotion ↓↑
Psychologische Faktoren: Persönlichkeit
- Behavioral Activation System (BAS) / Behavioral Inhibition System (BIS)
- Neurotizismus / Temperament
► Stimmungs- und Antriebsminderung bzw. Stimmungs- und Antriebssteigerung
Behavioral Activation System (BAS) / Behavioral Inhibition System (BIS)
Unipolare depressive Störung: Dysbalance des BAS-BIS Systems (Gray,1970) – Dominanz des BIS-Systems bzw. BAS-Hypoaktivität
Bipolare Störungen: Dysbalance des BAS-BIS Systems
– Dominanz des BAS-Systems bzw. BAS-Hyperaktivität
Stimmung ↓↑ Antrieb ↓↑ Motivation ↓↑ Arousal ↓↑
Neurotizismus / Temperament
Unipolare depressive Störung: Dominanz neurotischer und introvertierter Persönlichkeitsmerkmale
– Erhöhter Neurotizismus
– Erhöhte Introversion?
Bipolare Störungen: Dominanz expansiver Persönlichkeitssmerkmale
– Erhöhter Neurotizismus? Triebbefriedigung
– Erhöhte Extraversion?
– Erhöhtes Sensation Seeking?
– Hyperthymes Temperament?
Stimmung ↓↑ Antrieb ↓↑ Motivation ↓↑
Psychologische Faktoren: Krankheiten
-Vorerkrankungen
-Krankheitsverlauf
► Beeinflussung der Vulnerabilität und der Diathese
Vorerkrankungen
Unipolare depressive Störung / Bipolare Störungen: Allgemeine Vorerkrankungen
– Somatische Störungen
– Psychische Störungen (unipolare depressive Störungen häufiger nach als vor anderen psychischen Störungen): Angststörungen, Substanzmittelmissbrauch/-abhängigkeit, Persönlichkeitsstörung
Krankheitsverlauf
Unipolare depressive Störung / Bipolare Störungen: Verlauf bisheriger unipolarer depressiver
Störungen / biopolarer Störungen
– Anzahl/Dauer der Episoden
– Ansprechbarkeit auf Behandlung
– Compliance bei Behandlung – Residualsymptomatik
Soziale Faktoren: Soziodemographie und Soziale Interaktion
- Soziodemographie
- Soziale Interaktion aufgrund von Persönlichkeit
► Allgemeine Risikofaktoren für psychische Störungen mit ursächlicher, auslösender und aufrechterhaltender
Soziodemographie
Unipolare depressive Störung:
– Weibliches Geschlecht
Unipolare depressive Störung / Bipolare Störungen:
– Adoleszenz und junges Erwachsenenalter
– Geringer sozioökonomischer Status: (Einkommen, Bildungsstand, Arbeitslosigkeit)
– Trennung/Scheidung
– Urbanität (Isolation, Stress, Drogen, Gewalt) Bipolare Störungen:
– Soziale Zeitgeber (Schicht-Arbeit, Party)
Soziale Interaktion aufgrund von Persönlichkeit
Unipolare depressive Störung / Bipolare Störungen: Interaktionsmuster aufgrund von Persönlichkeit – Introversion / Extraversion – Abhängigkeit / Unabhängigkeit – Soziotropie / Autonomie
Behandlungsstrategien
->Aktives beobachtendes Abwarten (watchful waiting/active monitoring):
Kein Warten mit Therapie bei bipolarer Störung
Begleitung mit unterstützenden Gesprächen und Beobachtung
->Pharmakotherapie:
Basisbehandlung mit Stimmungsstabilisierern bei bipolaren Störungen sowie bei Suizidalität Alternativbehandlung bei mangelnder Ansprechbarkeit oder Bereitschaft auf Psychotherapie
->Psychotherapie:
Keine alleinige Behandlung bei bipolaren Störungen
Keine Alternativbehandlung bei mangelnder Ansprechbarkeit oder Bereitschaft auf Pharmakotherapie
->Psychotherapie und Pharmakotherapie (Kombinationsbehandlung):
Kombination von Pharmakotherapie mit Psychotherapie (v.a. Psychoedukation) bei bipolaren Störungen
► Behandlung mit Ziel der Linderung der Symptomschwere und des damit verbundenen Leids und Einschränkungen
►BehandlungswahlinAbhängigkeitvonSchweregrad,VerlaufundPatientenpräferenz
Behandlungsphasen
Akutphase:
Pharmakotherapie, ggf. in Kombination mit Psychotherapie, zum Erreichen möglichst großer Remission
Erhaltungsphase (Rückfallprophylaxe):
Pharmakotherapie, ggf. in Kombination mit Psychotherapie, zum Erhalten der Remission und zum Abwenden eines Rückfalls
Langzeitphase (Rezidivprophylaxe):
Pharmakotherapie, ggf. in Kombination mit Psychotherapie, zum Erhalten der Remission und zum Abwenden eines Rezidivs
►PharmakotherapieinAkutphase:höchsteWirksamkeit
► Pharmakotherapie in Kombination mit Psychotherapie in Erhaltungs- und Langzeitphase (Rückfall- und Rezidivprophylaxe): höchste Wirksamkeit
Behandlungsphasen: Akutphase
Ziel:
Verringerung des Leidensdruck
Behandlung der gegenwärtigen Episode
Abwendung von Suizidalität / Risikoverhalten
Wiederherstellung der privaten, sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit ► ErreichenmöglichstgroßerRemission
Maßnahme:
Pharmakotherapie
– Auswahl der geeigneten Medikation während manischer und depressiver Episoden: Stimmungsstabilisiere, u.U.
Antidepressiva (Switch-Risiko bei triyzklischen Antidepressiva, nicht aber anderen Antidepressiva wie SSRIs)
Kombination von Pharmakotherapie mit Psychotherapie meist erst gegen Ende/Abschluss der Akutphase
– Manische Episode (geringe Compliance): Psychoedukation, Etablierung von Struktur und Tag-Wach-Rhythmus, Etablierung von Erholungsphasen
– Depressive Episode (hohe Compliance): Analog zur BehandluTnriegbbuenfripedoiglaunrger depressiver StöruAnbgwehnr
Dauer:
Bis zur Remission8 der aktuellen Episode
Behandlungsphasen: Erhaltungsphase (Rückfallprophylaxe)
Ziel:
Weiterführung der Pharmako- und Psychotherapie aus der Akutphase ► AufrechterhaltungderinstabilenRemission
► VermeidungeinesRückfalls
Maßnahme:
Pharmakotherapie
– Beibehaltung der geeigneten Medikation aus der Akutphase
– Rückfallprophylaxe mit Stimmungsstabilisierern Kombination von Pharmakotherapie mit Psychotherapie
– Beibehaltung der geeigneten Medikation aus der Akutphase
– Rückfallpropyhlaxe mit Stimmungsstabilisierern
– Weiterführung der Psychotherapie aus der Akutphase während manischer und depressiver Episoden
Dauer:
6-12 Monate bis zur stabilen Vollremission
Behandlungsphasen: Langzeitphase (Rezidivprophylaxe)
Ziel:
Weiterführung der Pharmako- und Psychotherapie aus der Erhaltungsphase
– Indikation bereits nach erster Episode bei allen bipolaren Störungen
► AufrechterhaltungderVollremission
► VermeidungeinesRezidivs(90%Rückfall-Risikoinnerhalbvon5JahrennachBehandlungsende)
Maßnahme:
Pharmakotherapie
– Rezidivprophylaxe mit Stimmungsstabiliserern
Kombination von Pharmakotherapie mit Psychotherapie
– Rezidivprophylaxe mit Stimmungsstabiliserern
– Aufbau von Skills und Kompetenzen zur Bewältigung von Stressoren (v.a. bei Vorliegen psychosozialer Belastungen)
– Aufbau von Skills und Kompetenzen zur Etablierung eines regelmäßigen Lebensrhythmus
– Prävention von Substanzmittelmissbrauch/-abhängigkeit
Dauer:
Bedarfsgerechte Dauer
Pharmakotherapie: Ablauf
Medikamente:
Bandbreite unterschiedlicher Medikamenten (Lithium, Antiepileptika, Antipsychotika, Antidepressiva)
– Stimmungsstabilisierung: anti-manische Wirkung, anti-depressive Wirkung
– Psychose-Schutz: anti-psychotische Wirkung
– Suizid-Schutz: anti-suizidale Wirkung
Auswahl:
Auswahl nach pragmatischen und evidenzbasierten Kriterien
– Wirk- und Nebenwirkungsprofil
– Ansprechbarkeit des Patienten
– Präferenz/Expertise und Compliance des Patienten
Gabe
Manische Episode / Phasenprophylaxe
– Stimmungsstablisierer (v.a. Lithium, Valproat und Carbamazepin) und/oder Antipsychotika
Depressive Episode / Phasenprophylaxe
– Stimmungsstabilisierer (v.a. Lamotrigin) und ggf. Antipsychotika
– u.U. Antidepressiva (Switch-Risiko bei trizyklischen Antidepressiva) Suizidalität / Suizidprophylaxe
– Stimmungsstabilisierer (Lithium)
►EvidenzfürEmpiriegeleitetesVorgehenbeiAuswahlundGabe
Pharmakotherapie: Stimmungsstabilisierer & Phasenprophylaktika
Lithiumsalze
Lithium
Lithium (Quilonum Retard, Hypnorex)
Antiepileptika
Carbamazepin Carbamazepin (Tegretal, Timonil) Valproat Valproinsäure (Ergnyl, Orfiril) Lamotrigin Lamotrigin (Lamictal)
Neuroleptika (atypisch)
Antipsychotikum Realitätsanpassung Olanzapin (Zyprexya) Antipsychotikum Quetiapin (Seroquel) Antipsychotikum Aripiprazol (Abilify)
► Lithium als Mittel der Wahl (stimmungsstabilisierende, phasen- und suizidprophylaktische Wirkung, aber u.U.
massive Nebenwirkungen bei gleichzeitiger lethaler Inoxikationsgefahr)
► Neuroleptika als Augmentation zu Lithium und Valproat (Kombinationstherapie > Monotherapie)
Psychotherapie: Ablauf
Therapien:
Unterschiedliche Therapien und Verfahren
– Psychoedukation: Störungs- und Medikamenteninformation, Compliance
– Rezidivprophylaxe: Warnsignale, Notfallpläne
Auswahl:
Kognitive Verhaltenstherapie
– Störung aufgrund von kognitiven Verzerrungen, mangelnder Alltagsstruktur und mangelnder Kompetenzen
Interpersonelle Psychotherapie (IPT)
– Störung aufgrund von interpersonellen Konflikten
Soziale Rhythmustherapie (IPSRT)
– Störung aufgrund interpersoneller Probleme, mangelnder Medikamenten-Compliance und mangelnder Alltagsstruktur
Family-Focused Therape (FFT)
– Störung aufgrund familärer Interaktionsmuster
Umsetzung:
Kassenärztlich anerkannte Verfahren – Kognitive Verhaltenstherapie
►EvidenzfürEmpiriegeleitetesVorgehenbeiAuswahl(Psychoedukation,Rückfallprophylaxe,KVT,IPSRT?,FFT?)
Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie
Psychoedukation:
Vermittlung von Basiswissen zur Störung und (notwendiger) Medikation
Risikoanalyse:
Bearbeitung von Problemen bei der Compliance
Management von Rückfällen und Rezidiven (Warnsignale, Notfallpläne)
Kognitive Umstrukturierung:
Erfassung von kognitiven Verzerrungen (Schemata, dsyfunktionale Gedanken, irrationale Überzeugungen) Überprüfung der kognitiven Verzerrungen (logischen Analysen, Experimente)
Widerlegung der kognitiven Verzerrungen durch den Patienten – nicht den Therapeuten (sokratischer Dialog, geleitetes Entdecken)
Aktivitätsaufbau:
Erfassung des Zusammenhangs zwischen Verhalten und emotionalem Erleben (Tagebücher) Abbau von depressivem und depressionsförderndem Verhalten
Abbau von manischem und manieförderndem Verhalten
Kompetenzaufbau:
Aufbau von sozialen, kommunikativen, emotionalen und interpersonellen Kompetenzen (Kompetenztraining) Nutzung von sozialen, emotionalen und interpersonellen Ressourcen
►NotwendigkeiteinesstrukturiertenundsystematischenVorgehens
►Notwendigkeit einer tragbaren therapeutischen Beziehung und Aufbau von Compliance
Suizidalität: Deskription und Klassifikation
Para-Suizidalität:
Ausrichtung von Gedanken und Handeln auf die (gezielte) Selbstverletzung ohne (gezielte) Herbeiführung des eigenen Todes
Suizidalität
Suizidalität:
Ausrichtung von Gedanken und Handeln auf die (gezielte) Herbeiführung des eigenen Todes
– Kontinuum: Suizidale Gedanken, Suizidale Pläne, Suizidale Impulse, Suizidale Handlungen
– Motivation: Beendigung eines hoffnungslosen/ausweglosen Zustands (nicht zwangsläufig des eigenen
Lebens)
– Ambivalenz: Suizid als Möglichkeit, nicht aber Notwendigkeit, der Zustandsbeendigung (Ansatzpunkt der Behandlung)
Prä-Suizidales Syndrom (Ringel, 1953):
Einengung der Möglichkeiten der Zustandsbeendigung (Rigidität)
Frustration und Selbst-Aggression
Suizidphantasien und anschließender Suizidzwang (Idee → Vorstellung → Plan)
Suizidalität: Diagnostik
Befunderhebung:
Feststellung der Suizidalität
– Suizidalität in Vergangenheit und Gegenwart (Suizidgedanken, -plänen und -handlungen, Konkretheit, Dringlichkeit)
– Suizidalität in Familie, Freunde- und Bekanntenkreis (Imitation, Modelllernen, Heredität)
– Stressoren und Stressbewältigung, Störungen
– Stimmung, Antrieb, Motivation und Perspektivität
– Absprachefähigkeit und Hilfsbedürftigkeit und -willigkeit (Compliance)
– Warnsignal: Verhaltensänderung im Sinne der (scheinbaren) Normalität ► Wiederholtes,offenes,direktesundempathischesGespräch!
Diagnostik:
Keine eigenständige ICD-10 Diagnose (Zusatzdiagnose)
– Unipolare depressive Störung
– Borderline Persönlichkeitsstörung
Erhebung mittels Gespräch und zusätzlicher Verfahren
– Interviews: Suicide Attempt Self-injury Interview (SASII, Linehan, 1993)
– Fragebögen: Reasons for Living Fragebogen (RLI, Linehan, 1993)
► Wiederholtes,offenes,direktesundempathischesGespräch!
Suizidalität: Epidemiologie
Suizidrate:
Jahresprävalenz: Welt: Welt: 0.016% (1 Millionen Menschen) Jahresprävalenz: Deutschland: 0.012% (10.000 Menschen) – Männer: 0.018% – Frauen: 0.006% Lebenszeitprävalenz – Männer: 1.5% – Frauen: 0.7 %
Suizidversuche und vollendete Suizide:
Suizidversuche: Frauen: Männer: 10-20:1 Suizide: Männer: Frauen: 3:1
Methoden:
Suizidversuche: 80% Medikamente
Suizid: 76% Erhängen, Stürzen, Erschießen, Überrollen
►ErhöhtesSuizidrisikofürMännerimVergleichzuFrauen(wenigerVersuche,mehrVollendungen–aufgrundvonhartenanstelle von weichen Methoden)
Suizidalität: Verlauf & Risiko
Verlauf:
Wiederholung: 40% (50% Wiederholung innerhalb von 12 Monaten!) Reue: 80%
Risiko:
Männliches Geschlecht (Versuch: Weibliches Geschlecht) Steigendes Lebensalter (Versuch: 19-30 Jahre) Suizidalität in der Vergangenheit
Suizidalität in der Familie, Freundes- und Bekanntenkreis Psychische Störung
– Unipolare depressive Störungen: 15%
– Borderline Persönlichkeitsstörung: 7-8%
– Bipolare Störungen: 4-5 %
– Schizophrenie: 5%
Chronische Somatische Erkrankung
Einsamkeit und Isolation
Entwicklungskrisen und kritische Lebensereignisse (Verlust, Trennung, Gefängnis, Arbeitslosigkeit, Armut) Traumatisierung und Stress
Impulsivität
Suizidalität: Psychologische Faktoren
Psychoanalyse
– Selbstaggression (projektive Identifikation, Freud, 1917)
– Todestrieb (Menninger, 1938) Verhaltenstherapie
– Problemlösestrategie (Shneidman, 1987; Linehan, 1993)
Suizidalität: Soziale Faktoren
Soziale Anpassungsstrategie (Durkheim, 1897)
– Egoistischer, Altruistischer, fatalistischer und anomischer Suizid Interpersonelle Theorie (Joiner, 2005)
– Fähigkeit zum Suizid
– Annahme einer Belastung für andere
– Annahme einer wertlosen Gruppe anzugehören
Suizidalität: Biologische Faktoren
Cortico-limbische und serotonerge Dsysregulation
– Dysregulation cortico-limbischer (PFC ↓ → AMY ↑) Systeme aufgrund von Serotonin-Dysbalance und HHN- Achsen Hyperaktivität
– Mangelnde Kontrolle impulsiver und aggressiver Impulse in Reaktion auf stressende Ereignisse
Heredität: 48%
Suizidalität: Therapie
Prävention:
Verhinderung suizidaler Gedanken, Pläne und Handlung durch gesundheitspolitische Interventionen (Kampagnen, Kontaktstellen, etc.)
Therapie:
Krisenintervention (pharmakologisch und/oder psychologisch)
– Abbau von Leid und Suizidalität
– Abbau von Stress und Aufbau der Stressbewältigung
– Sicherung des Überlebens
Stabilisierung (psychologisch)
– Klärung und Aufbau der Behandlungsmotivation (ggf. Einweisung!)
– Aufbau der therapeutischen Beziehung
– Identifikation von Problemen bzw. der zugrunde liegenden Störung
– Erarbeitung und Umsetzung von Lösungs- bzw. Behandlungsmöglichkeiten