05.06 Zwangsstörungen Flashcards
1
Q
Definitionen und Erscheinungsbild
A
- Zwangsstörung:
- Zeitraubendes, unkontrollierbares Ausmaß angstauslösender Gedanken und neutralisierender Handlungen
- 80% der Patienten leiden unter Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
- Erhebliche Beeinträchtigung der selbstständigen Lebensführung - Zwangsgedanken:
- Sich wiederholt aufdrängende Gedanken oder Vorstellungen
- Lösen starke Angst oder Unwohlsein aus
- Gedanken, Vorstellungen oder inneren Impulse
- Treten gegen Willen auf -> Angst, Unwohlsein
- Inhalte sehr verschieden, meistens
• Etwas, das auf keinen Fall passieren soll
• Extremer Gegensatz zu persönlichen Werten
- Patienten versuchen alles, um Gedanken entgegenzuwirken (ignorieren, unterdrücken, ablenken)
=> Zwangsgedanken: Lösen Angst aus - Zwangshandlungen:
- Ritualisierte Handlungen, werden willentlich ausgeführt, um Anspannung zu reduzieren oder vermeintliche Katastrophe abzuwenden
- Betroffene fühlen sich zu deren Ausführung gedrängt, Unangemessenheit der Handlungen bewusst
- Ziel: Vorangegangene Zwangsgedanken neutralisieren (aber kein sinnvoller Bezug zu verhinderndes)
- Unterlassung Zwangshandlung -> große Angst -> Handlung doch ausführen
=> Zwangshandlung: Kurzfristige Beruhigung der Angst
2
Q
Arten von Zwängen
A
- Wasch- und Reinigungszwänge:
• Befürchtung: Verunreinigung, Ansteckung mit Krankheitserreger
• Bsp.: Händewaschen, Duschen, Reinigen - Kontrollzwänge:
• Befürchtung: Eigene Nachlässigkeit für eine Katastrophe verantwortlich
• Bsp.: Kontrollieren von Schlössern, Elektrogeräten, eigener Arbeit - Symmetrie- und Ordnungszwänge:
• Gedanken nicht konkret bzw. Befürchtung: Unglück, wenn keine Ordnung (magisches Denken) - Wiederholungs- und Zählzwänge:
• Befürchtung: Unglück, wenn Ritual nicht durchgeführt (magisches Denken)
• Bsp: Versch. alltägliche Handlungen nur in bestimmten Anzahl durchführen - Sammel- und Aufbewahrungszwänge:
• Befürchtung: Gegenstände irgendwann wichtig werden
• Bsp.: Horten alltäglicher Gebrauchsgegenstände
3
Q
Klassifikation nach ICD-10
Eigene Untergruppe, keine Angststörung
A
A. Zwangsgedanken und/oder -handlungen an meisten Tagen über mind. 2 Wochen
B. Zwangsgedanken/-handlungen folgende Merkmale:
- Als eigene Gedanken/Handlungen angesehen, nicht von anderen eingegeben
- Wiederholt, (teilweise) als übertrieben/unsinnig erkannt
- Betroffenen versuchen, Widerstand gegen Zwangsgedanken/-handlungen
- Gegen mind. 1 Zwangsgedanken/-handlung gegenwärtig erfolglos Widerstand geleistet)
- Ausführung einer Zwangshandlung nicht angenehm
C. Zwangsgedanken/-handlungen verursachen deutliches Leiden, beeinträchtigen individuelle Leistungsfähigkeit oder soziale Aktivitäten.
D. Störung nicht durch andere psychische Störung bedingt
4
Q
Diagnostik
A
- Diagnosestellung:
- Strukturierte Interviews (SKID, DIPS)
- Fremdbeurteilung:
• Y-BOCS
• Padua-Zwangsfragebogen
• Hamburger Zwangsinventar - Differentialdiagnostik:
- Essstörungen (ritualisiertes Essverhalten)
- Depression (zwanghaftes Grübeln)
- Wahnhafte Störungen (religiöse Wahngedanken)
- > Wichtig: Prüfung, ob Zwangssymptome im Kontext anderer Störung auftreten oder auch unabhängig davon erlebt
5
Q
Epidemiologie und Verlauf
A
- Prävalenzen:
- LP: 2-3% (kulturübergreifend)
- Frauen und Männer allgemein gleich oft betroffen
• Frauen: Waschzwänge
• Männer: Kontrollzwänge - Verlauf:
- 65% Erkrankungsbeginn vor 25 Jahren (meist in Pubertät)
- Unbehandelt meist chronischer Verlauf
- Spontanremissionen selten - Komorbiditäten:
- 60-80% mind. 1 weitere psychische Erkrankung
- Depression: 60% (Folge von Beeinträchtigungen der Zwangsstörung)
- Angststörungen (Soziale Phobie, Panikstörung)
- Substanzabhängigkeit: 12% (Versuch, Anspannung zu reduzieren)
6
Q
Ätiologie
A
- Lerntheoretisch: Kognitiv-behaviorales Modell
- Unterscheidung zu Gesunden: Nicht Auftreten von Zwangsgedanken sondern deren BEWERTUNG (90% aller Menschen manchmal aufdringliche Gedanken)
- Patienten: Gedanken und Handlungen im direkten Zusammenhang (katastrophisierende Interpretation -> Normaler Gedanke wird wichtig: Aufmerksamkeit -> Angst -> Zwangshandlungen zur Angstreduktion)
- Aufrechterhaltung der Zwangdhandlungen durch operante Konditionierung - Neurobiologisch: Modell gestörter kortiko-striato-thalamo-kortikaler Regelkreise
- Ungleichgewicht zwischen hemmenden und aktivierenden CSTC-Regelkreisen
- > Überaktivierung des Thalamus
- Zwangshandlungen; Versuch, durch Aktivierung von hemmenden Regelschleifen gegen Überaktivität des Thalamus wirken
- Viele Befunde stützen Annahme
7
Q
Therapie:
Medikamentöse Behandlung
A
- Meist Behandlung mit SSRIs (Antidepressiva)
- Höhere Dosierung bei Zwangsstörungen
- Schwierige Fälle: niedrig dosierte Neuroleptika
- Wirksamkeit nachgewiesen aber hohe Rückfallrate
8
Q
Therapie:
Psychotherapeutische Behandlung
A
- Zentral: Exposition mit Reaktionsverhinderung
- Habituation des angstauslösenden Reizes (Situationen konfrontieren, ohne Zwangshandlungen auszuführen)
- > Wichtig: Patient darf keine verborgenen Rotuale ausführen
- Lernen, Ungewissheit im Leben akzeptieren
- Auch Verhaltensexperimente möglich
- Gemeinsame Herleitung des therapeutischen Vorgehens
9
Q
Wirksamkeit der Psychotherapie
A
- Nachgewiesene Wirksamkeit
- Teil der Patienten Abbruch der Therapie bzw. Verweigerung der Behandlung