05.04 Generalisierte Angststörung Flashcards
1
Q
Störungsbild
A
- Ausgeprägte und anhaltende Sorgen und Ängste oder deren körperliche Manifestationen
- Ängste nicht auf spezifische Objekte/Situationen, sondern bezogen auf Vielzahl von Lebensbereichen
- Sorgen als übertrieben und unkontrollierbar erlebt, können hoch automatisiert und schnell aufeinander folgen -> Bildung von “Sorgenketten”
- Betroffenen vermeiden meist Situationen, die Sorgen auslösen (z.B. Nachrichten über Verkehrsunfälle)
- Ausgeprägtes Rücksicherungsverhalten
• Verhaltensweisen zur Angstreduktion und Beruhigung
• Vertrauen in erlangten Informationen sinktaber schnell wieder -> Wiederholung des Verhaltens
• Vermeidung von Habituation oder Realitätsprüfung -> Aufrechterhaltung der Störung - Unterscheidung zwei Arten von Sorgen:
• Typ-I: Alltägliche Ereignisse (Unfälle, Krankheiten)
• Typ-II: Metasorgen (Sorgen über Sorgen) - Physiologische und somatische Folgen
2
Q
Diagnostische Kriterien nach ICD-10
A
- Fokus auf generalisierten Angst (DSM: Sorgen) und damit verbundene motorische und vegetative Beschwerden
- Symptome müssen an Mehrzahl der Tage über mind. “mehreren” Wochen auftreten
- Befürchtungen, u.a.
• Sorge über zukünftiges Unglück
• Nervosität
• Konzentrationsschwierigkeiten - Motorische Anspannung
• Körperliche Unruhe, Unfähigkeit sich zu entspannen
• Spannungskopfschmerzen
• Zittern
3. Vegetative Übererregbarkeit • Benommenheit, Schwindelgefühle • Schwitzen • Herzrasen oder gesteigerte Atemfrequenz • Oberbauchschmerzen • Mundtrockenheit
3
Q
Diagnostik
A
- Diagnostische Methoden:
- Strukturierte Interviews (SKID, CIDI, DIPS)
- Störungsspezifische Fragebögen als Screening/Exploration (ASQ, PSWQ, WDQ)
- Therapiebegleitend: Sorgentagebücher - Differentialdiagnostische Abgrenzung:
- Panikstörung (Panikanfälle)
- Spezifische Phobien (spezifische Reize/Situationen)
- Zwangsstörungen (Stereotypie, Inhalt belastender Gedanken)
- Depressionen (Gedanken um Vergangenheit und Zukunft)
- Hypochondrie (Sorgen um eigene Gesundheit)
4
Q
Epidemiologie
A
- Prävalenzen:
- LP: 5-6,5%
- Häufigste Angsterkrankung in Primärversorgung (Hausarztpraxen) -> aber nur 1/3 korrekte Diagnose
- Frauen doppelt so oft betroffen - Verlauf:
- Selten Aufsuchen einer Behandlung
- > Symptomatik bleibt oft über Jahrzehnte bestehen
- Ersterkrankung meist 35-45 Jahre
- Personen älter als 55 Jahre: Häufigste psychische Erkrankung
- Ohne Behandlung GAS meist chronisch mit Schwankungen in Symptomschwere - Komorbidität: Allgemein 91,3%
- Affektive Störungen
- Andere Angststörungen
- Somatoforme Störungen
- Persönlichkeitsstörungen (zwanghafte)
5
Q
Ätiologie
A
- Biologische Erklärungsansätze:
a) Genetische Faktoren:
- Bedeutsam (genetisch bedingter Anteil 30%)
- Spezifität fraglich: Allgemeine dispositionelle Ängstlichkeit oder Vulnerabilität für GAS?
- Gemeinsame genetische Vulnerabilität für GAS und Depressionen
b) Neurowissenschaftliche Studien:
- Funktionsdefizite in Steuerung des Zusammenspiels von sympathischer und parasympathischer Erregung
- > Schlechte Anpassung des Aktivierungsniveaus an aktuelle Herausforderungen
- Erhöhte Aktivitäten in bestimmten Hirnarealen, gleichzeitig beeinträchtigte Hemmung auf Amygdala
- Störungen im GABAergen Neurotransmittersystem
- Psychologische Erklärungsansätze:
- Erziehungsverhalten: Überbehütung, Kälte, autoritäre Erziehung
- Bindung (Faktoren aber nicht spezifisch für GAS)
- Erfahrung mangelnder Kontrolle in Bindung zu wichtigsten Bezugspersonen behindert Kontrollierbarkeits-/Kompetenzerwartung
- Modell der ängstlichen Erwartung (Barlow):
Generell ängstliche Erwartungshaltung ->
• Vigilanz/Erregung
• Gefühl von Kontrollverlust
• Unangemessene Aufmerksamkeitsausrichtung
-> Teufelskreis, der Störung aufrechterhält - Kognitiv-verhaltenstherapeutische Erklärungsansätze:
- Selektive und verzerrte Informationswahrnehmung
- Erhöhte Wachsamkeit ggü. Reizen, die mit potenziellen Gefahren assoziiert sind -> Interpretation mehrdeutiger Reize als bedrohlich
- Defizite der Emotionsregulation -> Sorgenprozess als dysfunktionale Bewältigungsstrategie
- Häufige Auseinandersetzung mit möglichen Katastrophen, unterbinden aber Angstanstieg ab gewissem Punkt durch “springen” zu anderem Sorgenthema
- > Keine Habituation der befürchteten Katastrophe bzw. Entwicklung eines erfolgreichen Bewältigungsszenarios möglich
- > Themenwechsel durch Angstabfall negativ verstärkt
- Aufrechterhaltung der Sorgen durch intrapsychische und/oder interpersonale Funktionalitäten
6
Q
Therapie:
Pharmakotherapie
A
- Hohe Prävalenz in Primärversorgung: Oft pharmakologische Behandlung
- Benzodiazepine und Antidepressiva
- Medikamentöse Therapie insgesamt positive Effekte aber Probleme nach absetzen
7
Q
Therapie:
Kognitive Verhaltenstherapie
A
- Psychoeduktion:
- Grundlagen der Angst und spezifische Informationen zum Störungsbild vermitteln
- Vermittlung des Therapierationals - Kognitive Umstrukturierung:
- Typ-I-Sorgen:
• Wahrscheinlichkeit der Katastrophe korrigieren
• Negative Bewertungen antizipierter Katastrophen reduzieren
• Zuversicht stärken, mit Herausforderungen erfolgreich umgehen zu können
- Typ-II-Sorgen:
• Vor- und Nachteile exzessiven Sorgens rational einzuschätzen
• Schwierigkeiten erkennen, durch zwanghaftes Unterdrücken ergeben
• Achtsamkeitsbasierte Ansätze: Wahrnehmung von Sorgen als mentale Phänomene, die kommen und gehen (registrieren, weisen auf mögliche Gefahren hin, durch Nichtbeachtung und Akzeptanz Aufmerksamkeit entziehen) - Sorgenexposition: Konfrontationsübungen
- Konfrontation in sensu: Sorgen konkret und bildhaft gezielt zu Ende denken (Habituation)
- Konstruktiven Umgang mit Worst-Case-Szenarien lernen
- Dann Konfrontation in vivo (z.B. Nachrichten im Fernsehen schauen): Abbau des Rückversicherungsverhaltens
- Hinweise für Funktionalitäten des Verhaltens - Rückfallprophylaxe
8
Q
Therapie: Angewandte Entspannung (Applied Relaxation)
A
- Am weitesten verbreitete psychologische Therapiemethode zur Behandlung von GAS
- Information zu Rolle von körperlicher Erregung im Hinblick auf Sorgen
- Lernen, bei Bedarf gezielt möglichst intensive Entspannungsreaktion herbeizuführen (PMR)
- Kritische äußere und innere Auslöser von Sorgen identifizieren
- Lernen, bei Wahrnehmung typischer Auslöser von Sorgen: Entspannungsreaktion herbeizuführen
- Gute Effekte der Therapie
9
Q
Bewertung der Therapien
A
- Wirksamkeit der KVT und Applied Relaxation, insgesamt beide Behandlungen erfolgreich, kein Überlegenheitseffekt
- KVT in Akuttherapie so wirksam wie Psychopharmaka