03 Ursachen psychischer Störungen Flashcards

1
Q

Kausalitätsmodelle in der Klinischen Psychologie

A

Medizinisches Krankheitsmodell:

  • Symptom durch dahinterliegende somatische Erkrankung verursacht
  • Therapie dieser Ursache = Beseitigung der Symptome
  • Ansatz greift bei psychischen Störungen zu kurz

Gründe:

  • Kausalität metaphysische Idee: Nachweis von Kausalität schwierig, daher Begriff „Ursache“ mit Vorsicht zu verwenden
  • Ursprüngliche Ursachen ≠ aufrechterhaltende Faktoren, nur in dem Maße therapeutische Ansatzpunkte, in dem sie tatsächlich veränderbar sind

Modelle in Klinischer Psychologie:

a) Multifaktorielle (bio-psycho-sozial) und dynamische Bedingtheit:
- Verschiedene Faktoren (biologischer, psychologischer und/oder sozialer Natur) relevant für Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen
- Gesamtmodell verlangt Berücksichtigung der wechselseitigen Beeinflussung dieser Faktoren und der Störung über Zeit

b) Probabilistische statt deterministische Theorien:
Faktoren erhöhen WSK für Störungsentwicklung, andere Einflussfaktoren nicht ausgeschlossen

c) Diathese-Stress-Modell: Unspezifische Belastungen führen in Abhängigkeit von spezifischen Vulnerabilitäten (Anfälligkeit, Disposition) bei verschiedenen Personen zu verschiedenen psychischen Störungen (Diasthese = Neigung des Körpers zu bestimmter Krankheit)

d) Paradigmen-Pluralismus:
- Existenz unterschiedlicher Paradigmen
- Anspruch: Störungen mit ihren Theorien erklären und ihre Theorien mithilfe spezifischer Methodologien „beweisen“ zu können

e) Kriterien, an denen Theorien gemessen werden:
Vergleichende Bewertung unterschiedlicher Erklärungsparadigmen im Hinblick auf:
- Empirische Überprüfbarkeit
- Sparsamkeit
- Heuristische Fruchtbarkeit
- Grad empirischer Absicherung
- Nutzen für therapeutische Praxis

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Multiparadigmatisch-integrativ-probabilistisch-bio-psycho-soziale Erklärungsmodelle

A
  1. Vulnerabilitäten: (Prämorbider Status Quo)
    a) Biologisch:
    - Genetische Prädisposition
    - Neurologische Faktoren
    - Alter und Geschlecht

b) Psychologisch:
- Temperament und Persönlichkeit
- Komorbidität und Vorerkrankungen
- Ziele und Pläne
- Dysfunktionale Kognitionen
- Affektiv-behaviorale Reaktionstendenzen

c) Sozial:
- Kultur
- Sozioökonomischer Status
- Elterliches Erziehungs- und Bindungsverhalten
- Peer-Einflüsse

-> führen zu:

  1. Auslöser: Akute oder kumulative Belastungen
    - Kritische Lebensereignisse
    - Daily Hassles
    - Interpersonale Verletzungen und Konflikte
    - Verluste
    - Verletzung von Grundbedürfnissen
    - Mangelnde Zielerreichung
  2. Modifizierende Variablen (Moderatoren, “Puffer”) (Störungsbeginn)
    - Physiologische Autoregulation (z.B. negative Feedbackschlaufe: Hemmt bei erhöhtem Cortisolspiegel zunehmend weitere Ausschüttung)
    - Problemlösekompetenz
    - Kognitive Flexibilität
    - Soziale und emotionale Kompetenz
    - Fähigkeit zum Dysengagement
    - Soziale Unterstützung
    - Verfügbarkeit von Präventionsmaßnahmen
  • > führen zu:
    4. Psychische Störung (Störungsverlauf)
  • > In Wechselwirkung mit: Akut- und Langzeitfolgen und Auswirkungen auf Vulnerabilitäten
    1. Akute Folgen: (kurzfristig)
      - Störungsinhärente Rückkoppelungsprozesse
      - Zuwendung von Interaktionspartnern
    1. Langzeitfolgen:
      - Belastung durch Arbeitslosigkeit
      - Mangelnde Akzeptanz von therapeutischen Maßnahmen

=> Prämorbider Status Quo -> Belastung -> Störungsbeginn -> Störungsverlauf

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Risiko- und Schutzfaktoren

A
  1. Genetische Prädispositionen
    - Wichtig, aber nicht auf einzelne Gene zurückführbar
    - Interaktion von Genen, die unter bestimmten Umständen zur Entstehung beitragen können
  2. Prä- und perinatale Schädigungen
  3. Geschlecht
    - Kinder und alte Menschen: Männer
    - Andere Altersgruppen: Frauen
  4. Alter
    - Erstmanifestation v.a. mittleres Erwachsenenalter
    - Manche Störungen zweigipflige Verteilung
  5. Temperament und Persönlichkeit
    - Neurotizismus, Trait-Ängstlichkeit, Introversion, Sensation-Seeking, geringes Selbstwertgefühl, Vermeidung aversiver Erfahrungen
  6. Komorbidität und vorangegangene Störungen
  7. Kultur
    - Kulturelle Unterschiede: Normen, Umgangsweisen, Denk- und Verhaltensgewohnheiten, Bildungssysteme, Familienstrukturen, psychosoziale Versorgungssysteme, usw.
    - Immigranten: Deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko durch evtl. schlechtere psychotherapeutische Versorgung
  8. Sozioökonomischer Status:
    - Sozialer, ökonomischer und beruflicher Status
    - Stress-and-Strain-Hypothese, Social-Drift-Hypothese und Transaktionsmodell
  9. Elterliches Erziehungs- und Bindungsverhalten
    - Negative Bindungserfahrungen als Risikofaktor
    - Stabile Beziehungen als Schutzfaktor
  10. Einfluss von Gleichaltrigen
    - Oft nachhaltiger Einfluss auf gesundheitsrelevante Einstellungen und Verhaltensweisen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Auslöser für psychische Krankheiten

A
  • Kritische Lebensereignisse (Life-Event-Ansatz)
  • Daily Hassles
  • Interpersonale Verletzungen, Verluste und Konflikte
  • Inkongruenz (Bedürfnisse, Wünsche Ziele, Pläne Erwartungen Erreichbarkeit der motivationalen Zustände)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Moderatoren für psychische Krankheiten

A
  • Coping (Bewältigungsmöglichkeiten des Individuums)
  • Problemlösekompetenz
  • Soziale Kompetenzen und soziale Unterstützung
  • Motivationale Kompetenzen (Loslassen von nicht erreichbaren Zielen und setzen neuer)
  • Emotionale Kompetenzen (Konstruktiver Umgang mit negativen Gefühlen)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Aufrechterhaltende Bedingungen psychischer Krankheiten

A
  • Positive Rückkopplungsprozesse innerhalb der Störung (Teufelskreise)
  • Operante Faktoren (z.T. positive Konsequenzen des Störungsverhaltens: Positive Verstärkung)
  • Belastende Folgen der Störung
  • Verfügbare therapeutische Angebote
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Vom allgemeinen zum individuellen Störungsmodell

A

Ziel:

  • Gemeinsame Erarbeitung von möglichst validem, individuellem Entstehungs- u. Aufrechterhaltungsmodell
  • Aufbauend auf allgemeinem Modell zur Erklärung der Symptomatik
  • > individuelle Fallkonzeption als Basis für Therapieplanung

Individuelles Störungsmodell:

  • Basiert auf Entstehungs- und Aufrechterhaltungsmodell des Therapeuten, das zur Individualisierung ergänzt wird
  • Zweck: Störungseinsicht; Erhöhung von Therapiemotivation und Compliance
  • > Empirisch gesicherte positive Auswirkung auf Therapieerfolg: Einbezug des Patienten in den Prozess, in dem intendierte Veränderungsschritte gemeinsam (aus dem Störungsmodell) entwickelt werden

Merkmale eines therapeutisch-optimierten Störungsmodells:
- In sich stimmig, plausibel und logisch
- Im Einklang mit aktuellen, wissenschaftlichen Theorien und mit konkreten Patientenerfahrungen
- Kompatibel mit bisherigen Erklärungsbemühungen und Denkweisen des Patienten
- Prägnant und einprägsam (Aktivierung auch in Stresssituation) im Gedächtnis verankert und abrufbar
- Reduktion von Schuld und Scham, die der Patient aufgrund des Problems empfindet
- Suggerieren von Kontrolle und Einflussmöglichkeiten
- Lieferung konkreter Ansätze zur Ableitung von Veränderungsmöglichkeiten


How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly