05.01 Spezifische Phobien Flashcards
Definition Spezifische Phobien
Angsterkrankungen, bei denen die Betroffenen unter extremer Furcht vor bestimmten Objekten oder Situationen leiden
Störungsbild
- Dauerhafte, unangemessene, intensive Furcht und/ oder Vermeidung spezifischer Objekte oder Situationen (obwohl objektiv keine Gefahr)
- In gefürchteten Situationen treten Angstsymptome auf, wie bei Angststörungen definiert
- Einsicht, dass Symptome und Vermeidungsverhalten übertrieben und unvernünftig
- Die Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder Gedanken an diese beschränkt (“spezifisch”)
Typen der spezifischen Phobie
- Tiertypus (Spinnen, Schlangen, Insekten: Abrupte Bewegungen)
- Umwelttypus (Naturereignisse)
- Situationstypus (Fahrstühle, Tunnel, Züge, Menschenmengen, enge Räume, usw. -> z.T. Überlappung mit Panikstörung mit Agoraphobie)
- Blut-, Spritzen- und Verletzungstypus (Arztbesuche, Spritzen -> Wichtige Untersuchungen werden nicht gemacht, 75% fallen in Ohnmacht)
- Anderer Typus
Klassifikation:
Kriterien für spezifische Phobien nach ICD-10
A: Entweder 1. oder 2.
1. Deutliche Furcht vor bestimmtem Objekt oder bestimmten Situation, außer Agora- oder sozialer Phobie
2. Deutliche Vermeidung solcher Objekte und Situationen, außer Agora- oder sozialer Phobie
B: Angstsymptome in gefürchteten Situationen, wie bei anderen Angststörungen definiert
C:
- Deutliche emotionale Belastung durch Symptome oder Vermeidungsverhalten
- Einsicht, dass Symptome und Vermeidungsverhalten übertrieben und unvernünftig
D: Symptome auf gefürchtete Situation oder Gedanken an diese beschränkt
Diagnostik
Diagnostische Instrumente: - DIPS, SKID, CIDI - Spezifische Fragebögen und Ratingskalen zu spezifischen Phobien • BISS (Blut- und Spritzenangst) • TAI-G (Prüfungsängstlichkeit)
- Bei Kindern und Jugendlichen Diagnose erst nach Fortbestehen der Symptomatik über mind. 4 Wochen
Epidemiologie und Verlauf
- Prävalenz:
- Lebenszeitprävalenz: 15%
- Frauen doppelt so oft betroffen wie Männer, Geschlchterverteilung variiert zwischen Typen
- Häufigkeit: Situativ > Tiere > Blut und Spritzen > Natur - Komorbidität:
- 12-30% suchen Behandlung, das meist durch komorbide Störungen
- 44% Soziale Phobie
- 15% Panikstörung
- PTSD, Zwangsstörungen, affektive und somatoforme Störungen - Verlauf:
- Erste Symptome meist in Kindheit oder frühen Erwachsenenalter
- Onset abhängig vom Typus:
• Tiere, Blut, Umwelt: Kindheit (selten ab Erwachsenenalter)
• Situativ: Zunahme mit Alter, zweigipflige Verteilung
Ätiologie und Störungsmodelle
- Risikofaktoren:
- Traumatische Ereignisse
- Häufige Warnungen überängstlicher Eltern
- Frühkindliche Neigung zur Verhaltensgehemmtheit - Störungsmodelle:
a) Zwei-Faktoren-Theorie
b) Three-Pathway-Modell
c) Vulnerabilitäts-Stress-Modell:
- Wechselwirkung zwischen genetischer Disposition und Stresslevel: Beitrag zur Entstehung von Angsterkrankungen
- Angeborene Prädisposition bzgl. Entwicklung von Angsterkrankungen (Familienstudien) - Neurophysiologische Perspektive:
- Auffälligkeiten v.a. im Bereich der Amygdala
Behandlung:
I. Konfrontationsverfahren:
Unterschiede im konkreten Vorgehen:
- Graduiert (schrittweise Steigerung des Reizes)
- Massiert (direkte Konfrontation mit maximal Angst auslösendem Reiz)
- In vivo (in Realität)
- In sensu (in Vorstellung)
- Graduierte Exposition:
a) In sensu: Systematische Desensibilisierung
- Im entspannten Zustand -> konditionierte Hemmung der Angstreaktion (reziproke Inhibition)
b) In vivo: Habituationstraining
- Reaktionsstärke nimmt nach wiederholter realer In-vivo-Präsentation des Angst auslösenden Reizes ab - Massierte Exposition:
a) In sensu (Implosion)
b) In vivo (Flooding) - Effektivität:
- Konfrontationsbehandlung in vivo: starker Effekt
- Andere Therapiemethoden nicht vergleichbar
II. Applied Tension:
1. Allgemeines:
- Sonderfall: Behandlung von Blut-, Spritzen- und Verletzungsphobie
- Patient zeigt spezifische physiologische Reaktion
• Absenken des Blutdrucks
• Ohnmachtsanfälle
- Ziel: Kurzfristige Blutdrucksteigerung -> gezieltes Anspannen der Skelettmuskulatur erlernen
- Bsp.: PMR ohne Entspannungselemente
- Aufbau: 5 Sitzungen
- 1. Verhaltensanalyse, Erlernen der Anspannungstechnik
- 2.–5.: Schrittweise Steigerung der Angst auslösenden Situationen (Bildmaterial, Besuch einer Blutspendeeinrichtung und tatsächliche Blutabnahme, Beobachtung einer Operation), Wahrnehmen von Ohnmachtsanzeichen und Anwendung der Anspannungstechnik - Effektivität:
- Effektiver als reine Konfrontation in vivo