VL 8 - Reaktionsorientierte und stimulusorientierte Stresstheorien Flashcards
Was gibt es für Definitionen von Stress?
- Unterschiedliche definitionen von Stress -> hängt von der zugrunde liegenden Theorie ab
.
Verschiedene Konzeptionen von Stress im Laufe der Geschichte des Konzepts:
* Stress als Reaktion (reaktionsorientierte Theorien)
* Stress als Reiz/Stimulus (stimulusorientierte Theorien)
* Stress als Transaktion (Stress als Beziehung zwischen Person und Umwelt)
Reaktionsorientierte Theorie
Wie wird Stress als Reaktion definiert?
- Ursprünglich Begriff aus der Materialkunde
- Übertragen auf bio-physiologisch orientierte Disziplinen,
z.B. Medizin, Biologie oder Psychophysiologie
. - Stress als (körperliches) Reaktionsmuster auf belastende Ereignisse
Welche reaktionsorientierten Stresstheorien gibt es?
- Theorie der Notfallfunktion: Fight-Flight (Walter B. Cannon, 1915, 1932)
- Generelles Adaptations-Syndrom (Hans Selye)
- Allostasis & allostatische Belastung (McEwen, 2000)
Was ist die Theorie der Notfallfunktion: Fight-Flight (Cannon, 1932)?
- Eine verstärkte Belastung des Organismus ist mit einer erhöhten Aktivität des Nebennierenmarks verbunden.
- Es werden vermehrt Katecholamine (vorwiegend Adrenalin, Noradrenalin) ausgeschüttet, die ein bestimmtes körperliches Reaktionsmuster erzeugen,
- das den Organismus auf eine Kampf- oder Fluchtsituation vorbereiten soll.
Stress: Auswirkungen der Aktivierung des sympathischen Nervensystems, der Ausschüttung von Adrenalin/Noradrenalin auf verschiedene Organe
Tabelarische Darstellung: Welche Systeme sind betroffen?
Wie hat Selyes Stress definiert?
“Stress is the state manifested by a specific syndrome which consists of all the nonspecifically-
induced changes within a biologic system.“
.
-> „Unspezifisch“: Egal welcher langanhaltende und intensive Stressor, ..
-> „Spezifisch“: …es kommt immer zur gleichen Reaktion(- sabfolge).
-> Drei Stadien
-> Generelles Adaptations-Syndrom (GAS; Selye, 1936) 3 Stadien
Was sind die drei Stadien des Stresses nach Selyes?
- Alarm Reaction Stage (Alarmreaktion)
- Resistance Stage (Resistenz- / Widerstandsstadium)
- Exhaustion Stage (Erschöpfungsstadium)
Was ist die 1. Alarm Reaction Stage (Alarmreaktion)?
-
Schockphase:
– u.a.Tachykardie (Herzrasen), Absinken des Muskeltonus und der Körpertemperatur, Beginn der Entstehung von Geschwüren im Magen-Darmbereich,
–Unterzuckerung und allgemein verringerte Widerstandskraft.
– Schneller Anstieg der Adrenalin- und Noradrenalinausschüttung aus dem Nebennierenmark. -
Gegenschockphase:
–u.a. Sekretionssteigerung der Nebennierenrindenhormone (v.a. Kortisol),
– Vergrößerung der Nebennierenrinde, Verkleinerung der lymphatischen Organe.
– Zusätzlich Umkehr einiger Symptome der Schockphase (erneute Erhöhung des Blutzuckerspiegels und/oder der Körpertemperatur).
Was ist die Restistance Stage?
Resistance Stage (Resistenz- / Widerstandsstadium):
- Individuum setzt sich dem anhaltenden Stressor gezielt und scheinbar erfolgreich zur Wehr. Die in der Alarmphase entstandenen Symptome bilden sich zurück.
Was ist die Exhaustion Stage?
Exhaustion Stage (Erschöpfungsstadium):
- Körpereigenen Reserven, die für die Aufrechterhaltung der Abwehr notwendig sind, sind aufgebraucht. Adaptation an den Stressor bricht zusammen
- Einige frühere Symptome treten wieder auf: z.B. Verkleinerung der lymphatischen Organe, Vergrößerung der Nebennierenrinde, Geschwürbildung im Magen-Darmbereich
- Besteht der Stressor weiterhin, kann das das zum Tod führen.
Wie sieht das generelle Adaptions-Syndrom als Graphik aus?
Gibt es Kritik an Selyes Theorie?
- Mason (1975a): Die von Selye angewandten Stressoren weisen übereinstimmende emotional-relevante Aspekte auf.
- Tiere wurden mit neuen, intensiven, schlecht vorhersagbaren negativen Stressoren konfrontiert.
- Als Folge seien die Tiere:
– hilflos
– unsicher
– ohne Kontrolle
.
Bei Menschen: - Physiologische Stressreaktionen nicht so unspezifisch und homogen wie von Selye angenommen
- Bedeutsame Kortisolanstiege bei Menschen vorwiegend in
unkontrollierbaren und sozial evaluativen Situationen beobachtet - Auch nicht berücksichtigt: Menschen bewerten ihre Erfahrungen
Von wem ist die Allostasis & allostatische Belastungs Theorie?
McEwen, 2000
Was sind die zugrunde Liegenden Ideen von Allostasis und der allostastischen Belastung?
- Akuter Stress ist erstmal nicht gefährlich: z.B.
- Bspw:
–> Immunfunktion wird erhöht
–> Bildung von gefahrenrelevanten Gedächtnisinhalten wird gefördert - Hält Stress an oder schlägt Stressregulation fehl: negative Konsequenzen
Was versteht McEwen unter Allostasis und Allostastischer Belastung?
-
Allostasis: kurzfristige Veränderung zugunsten der Stabilität
– Aktive Reaktion biologischer Vermittler, die den
Organismus zum „Gleichgewicht“ zurückführen sollen
– Physiologische „Bewältigung“ von Stress -
Allostatische Belastung: physiologische Kosten, die dem Körper durch Exposition mit dauerhaften und/oder wiederholten stresshaften Anforderungen entstehen
– Organismus leidet an Folgen seiner aktiven Anpassung
–Gefahr der „Abnutzungserscheinungen”
Was ist die Auswirkung von Allostasis?
Was Allostatische Systeme ermöglichen?
- Allostatische Systeme ermöglichen adäquate Anpassungsreaktion an Vielzahl von Veränderungen in der sozialen und physischen Welt
- Sichern damit kurzfristig das Funktionieren des Organismus
- Langfristig können körperliche Reaktionen auf Stress schädlich sein und Krankheitsprozesse fördern
Wie sieht nach der Allostasis eine normale Stressreaktion aus?
Allostatische Belastung welche Typen gibt es?
Typ 1:
Häufiger Stress - Wiederholte Aktivierung der allostatischen Systeme
- Bsp: Exzessive Beanspruchung bei der Arbeit: Konfrontation mit immer neuen Herausforderungen
Typ 2:
Unfähigkeit zur physiologischen Habituation, führt zu übermäßiger Konfrontation des Körpers mit physiologischen Stressmediatoren
- Bsp: Personen mit einer sozialen Phobie gewöhnen sich nicht an die Situation der öffentlichen Rede
Typ 3:
Unfähigkeit, allostatische Reaktivität zu beenden, nachdem der Stressreiz beendet ist
- Bsp: Menschen, die hoch auf dem Persönlichkeits-merkmal Neurotizismus abschneiden, haben Schwierigkeiten, sich nach Stresssituationen wieder zu regulieren
Typ 4:
Inadäquate Reaktion eines körpereigenen Systems und als Folge Überreaktion eines anderen assoziierten Systems
- Bsp.: unterdrückte Glukocorticoidausschüttung auf Stress -> überschießende
Immunreaktion
Wie sieht die Allostatische Reaktion nach dem Typ 1 aus?
Häufiger Stress - Wiederholte Aktivierung der allostatischen Systeme
- Bsp: Exzessive Beanspruchung bei der Arbeit: Konfrontation mit immer neuen Herausforderungen
Wie sieht die Allostatische Reaktion nach dem Typ 2 aus?
Unfähigkeit zur physiologischen Habituation, führt zu übermäßiger Konfrontation des Körpers mit physiologischen Stressmediatoren
- Bsp: Personen mit einer sozialen Phobie gewöhnen sich nicht an die Situation der öffentlichen Rede
Wie sieht die Allostatische Reaktion nach dem Typ 3 aus?
Unfähigkeit, allostatische Reaktivität zu beenden, nachdem der Stressreiz beendet ist
- Bsp: Menschen, die hoch auf dem Persönlichkeits-merkmal Neurotizismus abschneiden, haben Schwierigkeiten, sich nach Stresssituationen wieder zu regulieren
Wie sieht die Allostatische Reaktion nach dem Typ 4 aus?
Inadäquate Reaktion eines körpereigenen Systems und als Folge Überreaktion eines anderen assoziierten Systems
- Bsp.: unterdrückte Glukocorticoidausschüttung auf Stress -> überschießende
Immunreaktion
Gibt es Kritik an der Theorie der Aloostasis und allostatischen Belastung?
Was beschreibt es primär und was ist eher nicht so gelungen?
-
Primär: Beschreibung und Erklärung von kurz- und langfristigen körperlichen Stressreaktionen und ihren Folgen
. - Kaum Berücksichtigung weiterer stressmodulierender Faktoren (z.B. Bewertung, Bewältigung)
- Schwierigkeiten bei der Operationalisierung von Allostasis & allostatischer Belastung
Kritische Lebensereignisse (Holmes & Rahe, 1967)
Stress als Reiz / Stimulus
Grundidee:
Veränderungen im Leben fordern Anpassungsleistungen und können zu Belastung und zur Entstehung von Krankheiten beitragen
- Ausmaß der (sozialen) Anpassungsleistung, die mit der Veränderung verbunden ist, sollte für die Bestimmung der Stressbelastung genügen
- Individuelle Einschätzung / Bewertung der Situationsreize spielt in diesem Modell ersteinmal keine wichtige Rolle
- Situationsreize = kritische Lebensereignisse (engl.: criticallife events)
- Kritische Lebensereignisse / critical life events = einschneidende (nicht unbedingt negative) Konfrontationen im Leben eines Menschen
- Erfordern hohes Maß an (sozialer) Reorientierung / Anpassung
- Interesse an längerfristigen Konsequenzen
Wie werden kritische Lebensereignisse Operationalisiert?
Stress als Reiz / Stimulus
- In einer „Normstichprobe“: Ermitteln des mittleren sozialen Anpassungs-/ Reorientierungsaufwands pro kritischem Lebensereignis -> „life-changing unit“
-
Ab da: Ausschließlich Messung des Vorkommens kritischer Lebensereignisse (jetzt mit festen Gewichten/life-changing units) im letzten Jahr, Addition der life-changing units
-> z.B. Social Readjustment Rating Scale (SRRS)
- 300+: major stress; Gesundheit gefährdet
- 200-299: moderate stress; Gesundheit moderat gefährdet
- bis 199: low (up to 149) and mild stress; kaum Gesundheitsgefährdung
Alltagsschwierigkeiten
Stress als Reiz / Stimulus
- Verbunden mit neuerem Lazarus-Ansatz
- Alltagsschwierigkeiten daily hassles
Annahme: es sind nicht die selteneren schwerwiegenden Lebensereignisse, die hauptsächlich zum Stresserleben beitragen, sondern die kleinen alltäglichen Schwierigkeiten
* Gegenspieler: daily uplifts (Freuden des Alltags)
Messung von Alltagsschwierigkeiten
Stress als Reiz / Stimulus
- Wichtiges Instrument: „daily hassles/daily uplifts“-Skala
- Zentrale Alltagsschwierigkeiten = regelmässig wiederkehrende Probleme (z.B. Auseinandersetzungen in der Partnerschaft)
- Periphere Alltagsschwierigkeiten = geringere Auftretenswahrscheinlichkeit und zeitlich begrenzt belastend
Empirische Befunde der stimulusorientierten Stresstheorien
Stress als Reiz / Stimulus
- Stärkere Zusammenhänge zwischen negativen (als positiven) Lebensereignissen und psychophysiologischem Befinden
- Im Bereich Alltagsstress -> z.B. positiver Zusammenhang = Alltagsschwierigkeiten und infektiösen Atemwegserkrankungssymptomen
- Positiver Zusammenhang zwischen Alltagsstress und Depression
- Negativer Zusammenhang zwischen Alltagsstress und Lebenszufriedenheit
Kritik an stimulusorientierten Stresstheorien
Stress als Reiz / Stimulus
- Vernachlässigung von interindividuellen Unterschieden bei der Wahrnehmung der Stressoren (-> vor allem bei der klassischen Erfassung der kritischen Lebensereignisse/ critical life events)
-
Retrospektive Erhebung der einzelnen Stress auslöser, teilweise lange nachdem sie auftraten
-> Gefahr der Verzerrung / Ungenauigkeit
Gemeinsame Kritik an bisher kennengelernten Stresstheorien
2P
Sowohl reaktionsorientierte als auch stimulusorientierte Stresstheorien:
-> Individuum häufig als passives Opfer von situativen Umständen
-> Viele kritische Lebensereignisse und der Umgang mit ihnen fügen sich nicht in dieses Bild