Rheumatologie Flashcards
Rheumatoide Arthritis
Definition:
Chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung unklarer Genese mit sehr variablem, meist in Schüben voranschreitendem Verlauf. Vermutet wird eine Immunreaktion auf einen unbekannten Infekt bei genetischer Disposition.
Rheumatoide Arthritis = ≥6 Punkte + gesicherte Synovitis in einem typischen Gelenk ohne erkennbare andere Ursache (z.B. Trauma, degenerative Gelenkveränderungen). Nach ACR/EULAR-Kriterien (American College of Rheumatology, European League against Rheumathism):
Vergabe der Punkte nach:
Anzahl der befallenen Gelenke und größe der Gelenke + RF und Anti-CCP-AK + Bewertung des CRP und BSG + Zeitdauer der Erkraknung (> 6 Wochen).
Sonderform:
Zervikalarthritis (ACHTUNG! Regelmäßige Kontrollen mittels Röntgen oder MRT -> Lockerung des Lig. transversum und Arrosion des Dens axis -> atlanto-axiale Subluxation und Kompression des zervikalen Rückenmarks -> Dens-Abriss mit hoher Querschnittslähmung),
Felty-Syndrom,
Adulter Morbus Still (adultes Still-Syndrom).
Rheumatoide Arthritis - Klinik
Allgemeinsymptome:
Nächtliches Schwitzen, Myalgien, subfebrile Temperaturen.
Spezifische Symptome:
Polyarthritis vor allem der kleinen Fingergelenke (proximale Interphalangealgelenke und Metacarpophalangealgelenke),
Tendovaginitis und Bursitis,
Karpaltunnelsyndrom: Vor allem nächtliche Parästhesien der volaren Hand und der Finger I–III, Atrophie der Thenarmuskulatur → erschwerter Faustschluss, fehlende Opponierbarkeit des Daumens!
Klinische Verdachtskriterien:
Symmetrische Schwellung der Fingergrund- und -mittelgelenke (MCPs und PIPs),
Schmerzhaftigkeit auch in Ruhe!
Morgensteifigkeit (>30 Minuten)
Rheumaknoten: Indolenter, derber, subkutaner Knoten an druckbelasteten Stellen.
Fingerendgelenke sind i.d.R. nicht betroffen und die Erkrankung verläuft schubweise!
Organmanifestationen:
Lunge (ca. 50% der Patienten): Pleuritis, Lungenfibrose.
Herz (ca. 30% der Patienten): Peri- und Myokarditis.
Augen: Keratoconjunctivitis sicca (sekundäres Sjögren-Syndrom ca. 30%), Skleritis und Episkleritis.
Vaskulitis: Livedo reticularis, Raynaud-Syndrom, Purpura, Fingerkuppennekrosen, rheumatische Neuropathie u.a.
Rheumatoide Arthritis - Diagnostik
Körperliche Untersuchung:
Positives Gaenselen-Zeichen (Kompressionsschmerz).
Klinische Chemie:
Unspezifische Laborparameter:
Entzündungsparameter: CRP, BSG und Alpha-2-Globulin korrelieren mit der Entzündungsaktivität!
Ferritin als Akut-Phase-Protein erhöht,
evtl. Leukozytose, Thrombozytose.
Normo- oder mikrozytäre Entzündungsanämie.
Spezifische Laborwerte:
Anti-CCP-Antikörper (IgG-AK gegen cyclisches citrulliniertes Peptid -> Synovialflüssigkeit): Mit 60% etwa gleiche Sensitivität wie Rheumafaktoren, aber sehr hohe Spezifität (>90%), sehr häufig bereits im frühen Stadium erhöht!
Rheumafaktoren (Autoantikörper gegen das Fc-Fragment des IgG): Niedrige Spezifität.
Antinukleäre Antikörper (ANA) in 30% der Fälle erhöht.
Apparative Diagnostik:
Früh: Arthrosonografie und MRT -> frühzeitige Gelenkergüsse, Synovialishypertrophie, Erosionen.
Konventionelles Röntgen: Dorsopalmare konventionelle Röntgen-Aufnahme beider Hände und beider Füße mit typischen Befunden: Periartikuläre Weichteilschwellung,
periartikuläre Osteoporose, Gelenkspaltverschmälerung,
marginale Erosionen.
Im Verlauf: Subchondrale Zysten, Gelenkdestruktionen mit Subluxationen und Ankylosen.
Weitere Diagnostikmöglichkeiten:
Sonografie v.a. für frühe Stadien,
MRT: Sensitiver als Röntgen für die Detektion inflammatorischer Veränderungen,
evtl. Gelenkpunktion mit anschließender Synovialanalyse (gelblich-trübes, steriles Punktat durch Leukozytose mit hohem Anteil von Granulozyten und Rhagozyten),
evtl. Pleurapunktion.
Rheumatoide Arthritis - Therapie
Physikalisch:
Im akuten Schub: Kälteanwendungen, bspw. Kryotherapie.
Bewegungstherapie, Lagerung von Extremitäten in Funktionsstellung.
Medikamentöse:
Akut: Glukokortikoide systemisch ggf. intraartikulär (bis zum Einsetzen der Basistherapie), wenn keine Symptomverbesserung + NSAR + Coxibe (ACHTUNG! Ulkusprophylaxe mit PPI).
Langfristige Therapie mit Basistherapeutika: DMARD (Disease-Modifying Anti-Rheumatic Drugs):
Methotrexat (MTX) + zeitversetzte Einnahme von Folsäure 24-48 h -> vermindert die Nebenwirkungsrate.
Weitere:
Leflunomid, Sulfasalazin, Hydroxychloroquin, Azathioprin, Cyclophosphamid, Ciclosporin A, alle eher Reservemittel.
Was NICHT mehr genutzt wird: D-Penicillamin, Goldpräparate.
Biologicals als Ergänzung nicht Ersatztherapie!
Hemmstoffe des Tumornekrosefaktors-α: Adalimumab, Infliximab, Etanercept u.a.
NW: Schwere Infektionen inklusive einer Reaktivierung einer latenten Tuberkulose → vor Beginn der Medikation latente Tuberkulose ausschließen!
Weitere: Rituximab sowie Interleukin-1-Rezeptorantagonist Anakinra (vor allem bei Morbus Still).
Interventionell:
Radiosynoviorthese,
Synovektomie.
Rheumatoide Arthritis - Komplikationen
“Rheumahand”:
Schwanenhalsdeformität: Überstreckung im Fingermittelgelenk und Beugestellung im Fingerendgelenk: Schädigung des Kapselbandapparats der langen Strecksehnen.
Knopflochdeformität: Beugestellung im Fingermittelgelenk und Überstreckung im Fingerendgelenk: Schädigung des Kapselbandapparats.
90-90-Deformität des Daumens (Daumenbeugekontraktur): Streckdefizit im Daumengrundgelenk mit Überstreckung im Endgelenk.
Ulnarer Deviation der Finger: Subluxation der Fingergrundgelenke in den Handwurzelgelenken.
Komplikationen der unteren Extremität:
Baker-Zyste durch Ergussbildung bei Entzündung des Gelenks.
Fußdeformitäten („Rheumafuß“): U.a. Pes planovalgus (Knickplattfuß), Hallux valgus, Hammerzehen oder Krallenzehen.
Morbus Bechterew - Fakten
Fakten: Synonym: Spondylitis ankylosans.
Lebenszeitprävalenz in Mitteleuropa: ca. 0,5%,
Geschlecht: ♂ > ♀ (3:1),
Alter: Der Häufigkeitsgipfel für den Krankheitsbeginn liegt zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr.
Genetische Prädisposition:
90–95% HLA-B27 positiv,
HLA-B27 liegt (wie alle HL-Antigene) auf dem Chromosom 6!
Morbus Bechterew - Klinik
Klinik:
Vor allem bei später Krankheitsmanifestation: Müdigkeit, Fieber, Gewichtsverlust.
Spezielle Symptome:
Hauptmanifestationsort: Iliosakralgelenke (Sakroiliitis) und die Wirbelsäule,
entzündliche Enthesiopathien,
stammnahe Arthritis: Hüft-, Schulter- und Kniegelenk (etwa 25–35%).
Weitere Manifestationsorte:
Auge: Akute einseitige Uveitis anterior (etwa 25%).
Magen-Darm-Trakt: Entzündliche, meist asymptomatische Veränderungen des Kolons oder Ileums (etwa 60%),
Chronisch-entzündliche Darmerkrankung (etwa 5–10%).
Urogenital: Prostatitis.
Selten:
Kardial: Aortenklappeninsuffizienz, AV-Blockierungen.
Niere: IgA-Nephropathie.
Morbus Bechterew - Diagnostik
Druck- oder Kompressionsschmerz der Iliosakralgelenke: Mennell-Zeichen.
Maß für die Beweglichkeit der LWS: Schober-Maß (10+4cm).
Maße für die Beweglichkeit der BWS: Ott-Maß (30+2cm), Thoraxumfangdifferenz in Exspiration und Inspiration.
Maße für die Beweglichkeit der HWS:
Flèche-Maß (Hinterkopf-Wand-Abstand),
Kinn-Sternum-Abstand.
Blutuntersuchung:
Unspezifisch: CRP und BSG nach Krankheitsaktivität erhöht, evtl. leichte Anämie.
Hohe Sensitivität: Antigen HLA-B27 zu 90–95% positiv!
MRT:
Goldstandard zur Diagnosestellung!
Geeignet zur Darstellung akuter, entzündlich-ödematöser Prozesse in Iliosakralgelenken und angrenzenden knöchernen Strukturen.
Erlaubt sowohl Früh- als auch Verlaufsdiagnostik.
Konventionelles Röntgen:
Indikation: Zur Darstellung knöcherner Strukturveränderungen infolge der Entzündungsprozesse.
Was ist hochverdächtig?
Syndesmophyten (durch Verknöchern des Anulus fibrosus), später Bambusstabwirbelsäule.
Spondylitis anterior bzw. Romanus-Läsionen mit Bildung von Kasten- und Tonnenwirbeln.
Sterile Spondylodiszitis bzw. Anderson-Läsionen.
Morbus Bechterew - Therapie
Wichtigste Therapiesäule:
Konsequente Physiotherapie mit selbstständiger Durchführung der Übungen!
Medikamentös:
NSAR bei Bedarf oder vorübergehend kontinuierlich.
Glucocorticoide nur vorübergehend bei schweren Schüben.
Bei peripherer Gelenkbeteiligung:
Konventionelle Basistherapeutika wie MTX, Sulfasalazin.
Biologicals als Reservemittel bei schweren Verläufen: Hemmstoffe des Tumor-Nekrose-Faktors-α (beispielsweise Etanercept).
Morbus Bechterew - Differentialdiagnosen
Wirbelsäulenbeschwerden anderer Genese:
Osteoporose,
Bandscheibenvorfall,
Spondylitis.
Andere Spondyloarthritiden (z.B. reaktive Arthritis, Psoriasisarthritis).
Morbus Forestier (diffuse idiopathische Skeletthyperostose, Spondylosis hyperostotica): Kurzbeschreibung: Degenerative Erkrankung der Wirbelsäule (hauptsächlich BWS und LWS), die durch ausgeprägte Osteophytenbildung charakterisiert ist und vor allem ältere Männer betrifft!
Epidemiologie:
Keine HLA-B27-Assoziation, häufig bei Diabetikern.
Klinik:
Bewegungseinschränkung, oftmals nicht oder nur gering schmerzhaft.
Diagnostik:
Konventionelles Röntgen der Wirbelsäule zeigt
Spondylophytenbildung (seitliche knöcherne Ausziehung, DD Syndesmophyten!) → “Zuckergussartige“ Sklerosierungen des vorderen Wirbelsäulenbandes → Blockwirbelbildung mit benachbarten Wirbelkörpern,
Keine Sakroiliitis.
Therapie:
Symptomatisch (Analgesie, Physiotherapie).
Rheumatoide Arthritis - Prognose
Allgemeine Parameter, die mit einer schlechten Prognose assoziiert sind:
Später Therapiebeginn,
Beginn der Erkrankung nach dem 60. Lebensjahr,
Geschlecht: ♀,
Rauchen,
Soziale Faktoren (z.B. schlechte ökonomische Bedingungen, niedriges Bildungsniveau und weitere).
Frühzeitiger Übergang in eine erosive Verlaufsform mit entsprechenden Veränderungen der Gelenke,
zahlreiche betroffene Gelenke.
Laborparameter, die bei Erhöhung mit einer schlechten Prognose assoziiert sind:
CRP, BSG, Anti-CCP-AK, RF-Titer.
Systemischer Lupus erythematodes - Definition und Ätiologie
Definition:
Der Lupus erythematodes ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen. Er beruht auf der Bildung von Autoantikörpern gegen Zellkernbestandteile, die zu einer entzündlichen Schädigung des Gefäßbindegewebes führen. Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt.
Ätiologie: Ursache weitestgehend unbekannt. Am ehesten multifaktorielle Genese: Genetische Veränderungen (Assoziation zu HLA-codierenden Regionen), hormonelle Faktoren (z.B. Östrogene), gestörte Immunregulation (z.B. T-Zell-gesteuerte B-Zell-Aktivierung), Umweltfaktoren, Infektionen (z.B. EBV), Exposition gegenüber UV-Licht.
SLE - Klinik
Häufigste Symptome:
Allgemeinsymptome: Fieber, Müdigkeit, Gewichtsverlust (bei ca. 95%).
Befall des Bewegungsapparats (bei ca. 95%):
Arthralgien (bei ca. 95%),
Myalgien (bei ca. 70%),
nicht-erosive Arthritis (bei ca. 60%) -> Jacoud-Arthritis mit ausgeprägter Luxationsneigung und 90°/90°-Deformität -> Z-Daumen.
Befall der Haut (bei ca. 80%):
Photosensitivität (bei ca. 70%),
Schmetterlingserythem (bei ca. 50%).
Weitere Symptome:
Dermatologisch: Diskoides Erythem, makulöses Exanthem, periunguale Teleangiektasien, Effluvium oder diffuse Alopezie, Raynaud-Syndrom (selten).
Nervensystem: Kognitive Veränderungen, Psychosen, Kopfschmerzen.
Lunge: Pleuritis mit rezidivierenden Pleuraergüssen bei 50 – 70% der Fälle im Krankheitsverlauf.
Herz: Perikarditis mit Perikarderguss, Myokarditis, Beteiligung der Koronarien.
Niere: Lupusnephritis mit Proteinurie.
Gastrointestinal: Allgemeinsymptome (Übelkeit, Diarrhö), Cheilitis, Ösophagitis, Hepatitis.
Augen: Sicca-Syndrom, Konjunktivitis.
SLE - Diagnostik
Diagnostik:
Allgemein:
Oft schleichender Beginn mit unspezifischen Symptomen, wodurch sich Diagnosestellung und Therapiebeginn häufig verzögern.
Bei anamnestischem oder klinischem Verdacht: Bestimmung des ANA-Titers OBLIGAT >1:80.
Im Anschluss:
Einteilung der Symptome anhand der Klassifikationskriterien.
ACR/EULAR-Kriterien (Update 2018): Nachweis von ANA-Titern (OBLIGAT >1:80) + Evaluation anhand eines neuen Punktesystems (betrachtet dermatologische Aspekte, systematische Aspekte wie Arthritiden, Nierenbeteiligung, neurologische Beteiligung, Fieber und laborchemische Aspekte nach AK und Komplement).
SLICC-Kriterien (ebenso diese Kriterien).
Laborchemische Diagnostik:
Hämatologische Parameter:
Leukopenie, Lymphozytopenie, Thrombozytopenie.
Anämie: Anemia of chronic disease (entzündungsbedingter Eisenmangel) oder Coombs-positive hämolytische Anämie.
Entzündungsparameter:
Divergenz von CRP und BSG: Die BSG ist meist erhöht, bei normwertigem CRP.
Anämie.
Erhöhung der γ-Globulinfraktion in der Elektrophorese,
Zeichen für Immunkomplexerkrankung: Komplementfaktoren↓ (C3, C4),
Zeichen für Nierenbeteiligung: Kreatinin↑.
Weitere:
Photoprovokation mit UV-Licht: UV-Licht-Exposition führt zu einem Erythem.
Hautbiopsie (Lupusband),
Nierenbiopsie: Bei Verdacht auf Lupusnephritis (Proteinurie, Erythrozytenzylinder oder Akanthozyten im Urinsediment).
SLE- Antikörperdiagnostik
Antinukleäre Antikörper (ANA): Anti-dsDNA-Antikörper, Anti-SM-Antikörper, SS-A(=Ro)-Antikörper, Anti-U1 RNP-Antikörper.
Weitere: Antiphospholipid-Antikörper, Anti-C1q-Antikörper (Krankheitsaktivität), Thrombozyten-Antikörper, Faktor-VIII-Antikörper.
ACHTUNG!
Anti-Histon-AK bei medikamenteninduziertem Lupus!