Prä peri postnatale Entwicklung Flashcards
Zwei große psychologische Themen der pränatalen Entwicklung
(1) Schädigende Umweltfaktoren in der pränatalen Entwicklung
Prävention schädigender Verhaltensweisen!
Diagnostik und Therapie von eingetretenen Schädigungen.
(2) Erleben und Verhalten des Kindes während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt
Entwicklungskontinuität: Langzeitstudien sinnvoll (Grundlagenforschung), Anlage- und Umwelt-Transaktions-Forschung
Interaktion mit Fötus möglich/ bedeutsam?
Zeit von der Befruchtung der Eizelle (Empfängnis = Verschmelzen von Ei- und Samenzelle) bis zur Geburt heißt bei Frau
Schwangerschaft
Zeit von der Befruchtung der Eizelle (Empfängnis = Verschmelzen von Ei- und Samenzelle) bis zur Geburt heißt beim Kind
Gestationszeit
Wie misst man Schwangerschaft & Gestationsszeit
in Schwangerschaftsswochen (SSW)
Normwert der Schwangerschaftsdauer:
40 SSW.
Von der Befruchtung (impregnation) bis zur Einnistung (implantation; 1. und 2. SSW) nennt man das befruchtete Ei
Zygote (Blastozyste)
von der eingenisteten Zygote (ab 3. SSW) bis ca. zur 8. oder 12. Schwangerschaftswoche heißt das Kind
Embryo,
vom Embryo bis zur Geburt
Fetus (auch: Fötus).
Vor 37. SSWgeburt :
Frühgeburt,
Ab wann hat der Fötus auch ohne medizinische Intensivbetreuung bereits eine Überlebenschance („Überlebenszone“),
Ab ca. der 28. SSW
ab wann hat der Fötus mit medizinischer Intensivbetreuung eine Überlebenschance .
ab ca. der 22.-24. SSW
nach 42. SSW geburt
Spätgeburt.
Blastogenese
Die erste Zellteilung der befruchteten Eizelle ist erst ca. 30 Stunden nach Empfängnis abgeschlossen. Um den 4. Tag herum bilden 60 bis 70 Zellen einen hohlen, mit Flüssigkeit gefüllten Ball. Das ist die Blastozyste.
Einnistung
Zwischen dem 7. und 9. Tag nach der Befruchtung findet die Einnistung statt: die Blastozyste gräbt sich in die Gebärmutterwand ein. Die äußere schützende Schicht teilt sich am schnellsten und formt eine Membran (Amnion, Fruchtblase), die den sich entwickelnden Organismus mit amniotischer Flüssigkeit umhüllt und schützt.
Plazenta und Nabelschnur sind kindliches Gewebe:
Gegen Ende der 2. SSW beginnt sich die Plazenta (Mutterkuchen) zu bilden. Die Plazenta ist mit dem sich entwickelnden Organismus über die Nabelschnur verbunden.
Am Ende dieser Phase hat der sich entwickelnde Organismus Nahrung und eine Unterkunft gefunden. Diese Vorgänge beginnen, bevor die meisten Frauen wissen, dass sie schwanger sind.
Embryonalentwicklung
In der Zeit von der 3. bis zur 8. SSW ereignen sich schnellste pränatale Veränderungen. Es werden für alle Körperstrukturen und inneren Organe Grundlagen gelegt. Es bilden sich hierzu drei Zellschichten:
Ektoderm (Nervensystem und Haut)
Das Nervensystem bildet sich am schnellsten. Dabei faltet sich das Ektoderm ein und bildet das Neuralrohr, aus dem Rückenmark und Gehirn entstehen.
Mesoderm
(Muskeln, Skelett, Kreislaufsystem u.a.)
Endoderm
(Verdauungssysteme u.a.)
Am Ende des 1. SSM besteht der zusammengerollte Embryo, der 0.86 cm lang ist, aus vielen Millionen organisierter Zellgruppen mit spezifischen Funktionen.
4 Entwicklungsprozesse:
Zellteilung, Zellmigration, Zellspezialisierung, Zelltod.
Fötalentwicklung
- SSW: Reifungsvorgänge des zentralen und peripheren Nervensystems sowie der Muskeln bilden Grundlagen für erste koordinierte Bewegungen.
Reifung der auditorischen und visuellen Sinnesorgane
20. SSW: erste Reaktionen auf Geräusche und Lichtreize
22. SSW: bei Frühgeburt ist Fetus noch kaum lebensfähig (Grund: unreifes Nervensystem!)
Im 3. Schwangerschaftsdrittel (Trimester) entwickelt sich die neurologische Organisation (Großhirnrinde) weiter, so dass ab der 28. SSW Phasen der Wachheit und Inaktivität sowie erste Reflexe auftreten, ab der 30. SSW wird der Fötus zunehmend auf das Leben außerhalb des Mutterleibs vorbereitet (u.a. Ausreifung der Lungen).
Teratogene
1822 von St. Hilaire geprägt:
teras: (altgr.) Ungeheuer // genesis: (altgr.) Erzeugung
Teratologie
Frage der schädigenden Umwelteinflüsse auf das Kind im Mutterleib
Über Jahrhunderte wohl typische Erklärungen für Teratogene :
Zorn der Götter (z.B. Fluch, Strafe, Zeichen) oder Vorstellungen und Verhalten der Mutter oder anderer Menschen (Untreue, „Böser Blick“)
- Jhd. Erklärung für Teratogene:
Ambroise Paré: ab 40 Tage nach der Geburt kann das Kind nicht mehr durch solche Flüche oder Vorstellungen gefährdet werden, da seine Gestalt bereits gefestigt ist.
noch 1889 Erklärung für Teratogene:
Lehrbuch über Kinderkrankheiten: „Eine Frau begegnet seit ihrer Hochzeit täglich dem Milchmann, dem ein Finger fehlt auch ihrem Kind fehlt ein Finger.“
erst 1941 Erklärung für Teratogene :
australischer Arzt bemerkt, dass plötzlich viele Kinder mit trüber Augenlinse (d.h. blind) geboren werden. Er forscht nach …
… fast alle Mütter konnten sich erinnern, dass sie vor einigen Monaten rötlichen Ausschlag und geschwollene Lymphdrüsen gehabt hatten …
der Arzt schließt auf: Röteln und publiziert die Beobachtung. Weltweit wird die Beobachtung bestätigt.
seither Röteln als Pflichtimpfung für Frauen im gebärfähigen Alter: Röteln führen bei Schwangeren zu 80% zu Fehlbildungen des Kindes
Teratogene def
Umwelteinflüsse die während der pränatalen Entwicklung Schädigungen hervorrufen können
Potenziell schädigende Umwelteinflüsse
ionisierende Strahlung (Röntgen) Umweltgifte (Dioxin) Krankheiten der Mutter (HIV,Röteln) Medikamente (Thalidomid,Handelsname) Drogen (Crack) Ernährung der Mutter Konsum von Genussmitteln starker negativer Stress der Mutter
Raucht (aktiv oder passiv!) eine Schwangere,
ist physiologisch sofort eine Atemsuppression (weniger atemähnliche Bewegung)
des Fötus sichtbar. Krebserregende Stoffe gehen auf den Fötus über.
Nachgewiesen: verlangsamtes Wachstum // geringeres Geburtsgewicht // geringerer IQ // Hörschäden // Krebsrisiko
Entwicklungsepidemiologische Daten
Ca. 13 % der Schwangeren rauchen (Daten aus USA und D: ähnliche Zahlen). Zusätzliche 20% sind von Passivrauchen betroffen (Zahlen sinken aber inzwischen!)
Soziologisch: Anteil der rauchenden Schwangeren korreliert mit
Schicht (bildungsferne mehr) und Alter (jüngere mehr)
Psychologisch: Rauchen während der Schwangerschaft korreliert
negativ mit Warmherzigkeit und Empathie der Mütter dem Kind gegenüber nach Geburt.
Das heißt: es gibt bereits eine Beziehungsqualität Eltern-Kind vor der Geburt, die sich auf die Entwicklung des Kindes auswirkt
Alohol geht in
fetalen Blutkreislauf über, die noch unreife Leber kann ihn aber kaum abbauen Akkumulation; lange Einwirkung!
FAS: Fetales Alkoholsyndrom (ICD Q86.0):
Langsames Körperwachstum Typische Fazies (Gesicht): Enge Lidspalten bei weit stehenden Augen Schmale Oberlippe Kurze Nase Verwaschenes Filtrum Gehirnschäden (Synonym: fetale Alkoholenzephalopathie)
p-FAS: Partielles Fetales Alkoholsyndrom und
ARND: Alcohol-related neurodevelopmental disorder
stellen beide jeweils Abstufungen des FAS dar, in denen nur einige der FAS-Symptome oder ein milderes klinisches Bild vorliegt.
„Milderes klinisches Bild“ kann z.B. Regulationsstörungen des Neugeborenen bedeuten, wie Irritierbarkeit, Hyperaktivität, Ess- oder Schlafstörungen.
Extremer Stress während Schwangerschaft (z.B. Tod naher Angehöriger, Gewalt, mglw. aber auch Dauerbelastungen, das wird derzeit untersucht) wirkt
sich über die Stresshormone Cortisol und Adrenalin auf den Fötus aus:
Physiologisch: fetales Aktivitätsniveau erhöht bei gleichzeitig reduzierter Sauerstoffversorgung durch die Nabelschnur (Vasokonstriktion).
–> Geburtskomplikationen, Fehl- oder Frühgeburten
–> Ausreifung der Stressregulation erschwert: Irritierbarkeit, verringert
Hyperaktivität, Ess- und Schlafstörungen des Neugeborenen („unspezifische Entwicklungsstörungen“)
„Normaler Stress“
scheint keine neg. Auswirkungen zu haben (aktuelles Forschungsgebiet!)
Für manche FSEs kann man das fruchtschädigende Risiko sehr präzise bis auf das Niveau
Einfluss x Dosis x Zeitpunkt x Frequenz genau angeben (z.B. Contergan).
Während der Blastogenese wirkt sich (vermutlich ausschließlich)
Alkohol auf die Einnistung der Blastozyste aus;
während der Embryonalphase wirken sich
FSE auf grundlegende Organanlagen und anatomische Strukturen aus (betreffen somit die Lebensfähigkeit des Embryos);
während der Fetalentwicklung wirken sich FSE
vor allem auf spezifischere neuropsychologische Funktionen und feinere Strukturen aus
Häufige, aber nicht einzige, diskutierten Mechanismen in der (späteren) Embryonal- und der Fetalphase:
Aktivitätserhöhung bei reduzierter Sauerstoffversorgung; Akkumulation von schädigenden Substanzen im fetalen
Organismus aufgrund der unreifen Leberfunktion.
Elterliche Empathie und Feinfühligkeit für das Kind beginnen
tatsächlich bereits (mind.) 7 Monate vor der Geburt!
Wie kann man denn Erleben und Verhalten vor der Geburt erforschen?
Wichtige psychologische Indikatoren dafür sind messbare Reaktionen des Fötus auf Reize
Reaktionen lassen sich hinsichtlich der Aktivierung des Fötus psychologisch bewerten
Aktivierungsreaktion = Bewegung ↑ Herzrate ↑
Interesse/Überraschung = kurzfristiges Absinken der Herzrate und
Bewegung (≈ Orientierungsreaktion), danach Aktivierungsreaktion
Zum Ende der Embryonalzeit hin zeigt das Kind
erste Bewegungen (mit 7 Wochen: Schluckauf! Ursache noch unbekannt …)
Mit 12 Wochen zeigt das Kind schon
ein breites Verhaltensspektrum, welches ungefähr dem Verhaltensspektrum bei der Geburt entspricht: z.B. Arme, Bein, Finger, Kopf, Augen bewegen; Nabelschnur umgreifen; „Rolle rückwärts“). Mit der Zeit werden die ruckartigen Bewegungen immer geschmeidiger.
Zudem: Schlucken sowie „fetales Atmen“ als wichtige Vorbereitungen für später.
Mit Abschluss der Embryonalzeit entstehen
Verhaltenszyklen, d.h. Phasen hoher und niedriger Aktivität.
In der zweiten Schwangerschaftshälfte werden diese recht beständig und zunehmend zirkadian (24h-basiert): sie sind der Mutter „gut bekannt“.
Prä- und postnatal besteht dabei Entwicklungskontinuität
Aktivere Föten sind auch später aktivere Säuglinge
Föten mit regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmen haben auch später ähnlich regelmäßige Schlafzeiten
Erleben des Kindes pränatal
Visuell:
wahrscheinlich vernachlässigbar (d.h. hell-dunkel).
Erleben des Kindes pränatal Taktil:
das Kind spürt sich selbst (z.B. Daumenlutschen) und seine
Umwelt (z.B. Uteruswand)
Erleben des Kindes pränatal
Geschmack und Geruch:
Föten trinken mehr Fruchtwasser, wenn dieses gesüßt ist.
Säuglinge wenden ihren Kopf nach der Geburt stärker ihrem eigenen Fruchtwasser als einem fremden Fruchtwasser zu (Wattebausch-Technik)
Sie essen auch lieber das, was ihre Mutter während der Schwangerschaft
gegessen hatte (mehrere Monate nach Geburt noch nachweisbar!)
Föten reagieren auf gewürzte scharfe Speisen (zeitversetzt) mit erhöhter Aktivität.
Erleben des Kindes pränatal Hören:
das am besten untersuchte Sensorium von Föten
Methodik: Habituationsversuche
Hören
erste Habituationsbelege ab
der 32. SSW.
Föten können bereits Stimmen und sogar Silben unterscheiden (jeweils bekannt – unbekannt)
Stimme der Mutter vs. Stimme einer Unbekannten
Sprache der Mutter vs. fremde Sprache (Prosodie = Stimmmelodie) Silbenkombination „ba – bi“ versus „bi – ba“
Interessant sind für die Entwicklungspsychologie insbesondere auch die Präferenztests mit Neugeborenen
Blickpräferenzen bei Neugeborenen
Muster ggü homogenen Flächen
Farben & Schwarz Weiss Kontraste ggü grau
vertikal symmetrische ggü horizontal symmetrischen Mustern
sich bewegende ggü statischen Objekten
gesichtsähnliche ggü gesichtsunähnlichen Mustern