Jugend 1: Kognitive Entwicklung, Ende der Kindheit Flashcards
Diane Baumrinde Ausgangsfrage
Wenn wir als Eltern oder Erziehende Kinder in einer positiven Entwicklung unterstützen wollen, wie sollten wir uns denn verhalten?
Jean Piaget Ausgangsfrage
Wie repräsentiert und versteht ein Kind eigentlich die Welt? Welche Zusammenhänge erkennt es wann? Welche sind ihm wie lange verschlossen? Wie handelt es in der Welt bzw. wie hantiert es mit seiner Umgebung? Wie löst es Probleme?
Obwohl weit über ein halbes Jahrhundert alt, ist sie weiterhin die bekannteste und am weitesten verbreitete Theorie (Jean Piaget). Wie kommt das?
1)Anschauliche Schilderungen des kindlichen Denkens und Tuns.
2) Nützliche theoretische Konstrukte („Produktivität“).
3) Umfassendste Theorie: von Geburt bis ins Jugendalter sowie integrierte Beschreibung kindlicher Vorstellungen zu Zeit, Raum, Entfernung, Zahlen, Sprachgebrauch, Gedächtnis, Perspektiv- übernahme u.a.
4) Moderne Sichtweise 1: Anlage und Umwelt werden in ihrem Wechselspiel beschrieben (d.h. „sowohl-als-auch“ anstelle von „entweder-oder“ = dynamisch-interaktionistisch)
5) Moderne Sichtweise 2: „konstruktivistisch“: D.h. das Kind wird als „kleiner Wissenschaftler“ betrachtet: es probiert und experimentiert, bis es etwas verstanden hat. („Co-Produzent von Entwicklung“)
[zum Verständnis: vor Piaget ging man eher vom „Trichter-Modell“ aus]
Jean Piagets 4 Hauptkonstrukte
1) Strukturierung kognitiver Schema: das kindliche Denken und Tun resultiert im Aufbau zusammenhängender widerspruchsfreier Wissenssysteme (Schemata).
2) Äquilibration: Herstellung eines Gleichgewichts von Wahrnehmung und Schema durch Assimilation und Akkomodation.
3) Assimilation: Neue Wahrnehmungen werden in bestehendes Schema eingepasst (Bsp. „neues Objekt“ = Tier, Lebewesen).
4) Akkomodation: Bestehendes Schema wird umgebaut oder erweitert, damit Wahrnehmungen passen (Bsp. Pflanzen = „Lebewesen“).
diskontinuierliches Modell der kognitiven Entwicklungsstufen (!):
Qualitative Veränderungen Kurze Übergangszeiten Invariante Abfolge
Kognitive Entwicklung: Stufe 1 (Sensumotorische Stufe: 0-2 Jahre)
Hier gibt es noch sechs Unterstadien
Kern: Kind „denkt“ mit den Händen.
Es wiederholt im ersten Lebensjahr Handlungen sehr oft („Kreisreaktionen“), gleichwohl in wachsender Komplexität. Dadurch lernt es allmählich zum Beispiel …
Wenn-Dann-Kausalschemata Objektkonstanz
Kognitive Entwicklung: Stufe 2 (Präoperationale Stufe: 2-7 Jahre)
Eintritt in diese Stufe geht einher mit enormer Zunahme in kognitiven (d.h. symbolischen, gedächtnisbezogenen) Aktivitäten.
Kinder sammeln, sortieren, klassifizieren, „bespielen“ in diesem Alter alles Mögliche …
(Querbezug again: Bronfenbrenner und Erinnerung an Sprachentwick- lung: Wortschatz mit 2 Jahren: ca. 200 Wörter, mit 6 Jahren ca. 10.000)
Charakteristisch: Kind „experimentiert“ nur aus der eigenen Anschauung heraus („Egozentrismus“); ihm fehlen noch wichtige Zusammenhänge („Operatoren“) für umfassendere Urteile; es beachtet beim Problemlösen und Klassifizieren meist nur ein Merkmal („Zentrierung“).
Kognitive Entwicklung: Stufe 3 (Konkret-operationale Stufe: 7-12 Jahre)
Eintritt in diese Stufe geht einher mit Sicherheit im Invarianzkonzept (Beispiel zuvor). Damit können Kinder eine Menge verschiedener weiterer Aufgaben logisch lösen.
Auch „geschachtelte Kategorien“ sind jetzt – durch die Lösung von der Zentrierung – kein Problem mehr.
Verständnis bleibt in dieser Stufe auf konkrete Objekte der Wahrnehmung oder Anschauung begrenzt.
Abstrakte Konstrukte bleiben weiterhin schwierig bis unmöglich (z.B. Formeln, physikalische „Trägheit“, „Gleichgewichtszustand“).
Systematischeres Experimentieren oder Nachdenken über neue und unanschauliche Fragen eher schwierig bis unmöglich.
Typisches Beispiel: Pendelproblem.
Kognitive Entwicklung: Stufe 4 (Formal-operationale Stufe: ab 12 Jahre)
Probleme können abstrakter gefasst werden (am Pendelbespiel: „Variablen“ = Gewicht, Länge, Fallhöhe).
Jugendliche haben nun (meist) Gefallen an dem kognitiven Durchspielen von Alternativen und Zusammenhängen (Beispiel: Science-Fiction- oder Fantasy-Literatur) oder „unabschließbare Diskussionen in Pubertät“ …
Piaget: „Jeder besitzt seine eigenen Ideen (und glaubt meistens auch, dass es seine eigenen sind), die ihn von der Kindheit befreien und ihm erlauben, sich als gleichwertig mit Erwachsenen zu positionieren“
Kritik von Piagets Stufenkonzept
Pluspunkte
Kinder lernen durch schrittweises, altersangemessenes, praktisches Probieren („Experimentieren“), d.h. durch eigenaktive Auseinandersetzung mit der materiellen wie geistigen Umwelt.
anschaulichere Pädagogik!!
Kritik von Piaget Stufenkonzept
Minuspunkte
Kognitive Entwicklung ist nicht so homogen, wie Piagets Stufen es meinen (Beispiel: Zahl- erfolgt deutlich vor Mengen- invarianz!). Hängt Begreifen wirklich als Stufe zusammen?
Säuglinge sind schneller in der Kategorisierung als Piaget dachte (Beispiel: Objektkonstanz bereits ab 3, nicht ab 8 Monaten!). Z.T. waren seine Anordnungen zu schwierig/ abstrakt
Unterschätzung des kindlichen Verständnisses!
Ind. Unterschiede in der sozialen Umwelt werden nicht einbezogen. Neuere Forschung macht erhebliche kognitive Unterschiede in Abhängigkeit von Interaktionen, Bildungshintergrund, Kultur, Anregungsgehalt, Lernstrategien etc. deutlich.
Hohe inter- und intraindividuelle Variation bleibt unberücksichtigt.
Intrapsychische Prozesse werden nicht genau beschrieben, zu stark deskriptiv-interpretativ?
Identität und Familie – was können Eltern tun?
(1) Warmherzige und offene Kommunikation.
(2) Initiieren Sie Gespräche, die zu eigenständigem Denken ermuntern.
(3) Ermöglichen Sie Gelegenheiten für Gespräche mit anderen Erwachsenen oder Gleichaltrigen, die sich bereits eine Identität erarbeitet haben.
(4) Ermöglichen Sie Gelegenheiten, das eigene kulturelle Erbe zu erkunden und in respektvoller Atmosphäre etwas über andere Kulturen zu lernen.
Welche Bedeutung haben denn Eltern noch für ihre Kinder in der Adoleszenz? Und: Was ist psychologisch funktional?
1: Eltern-Kind-Beziehung ist stärkster Einzelprädiktor für
gelingende Entwicklung Jugendlicher (z.B. Kruse & Walper, 2008: Individuierte Beziehung zur Mutter geht signifikant einher mit höheren Werten im Selbstwert und in Arbeitsorientierung sowie geringeren Werten in Depressivität, Somatisierung, Abhängigkeit von Anderen und Hilflosigkeitserleben.)
2: Die Streithäufigkeit nimmt zu – überraschend kulturübergreifend … = psychische Distanzierung! Diese ersetzt die im Tierreich sonst übliche räumliche Distanzierung.
3: Psychologisch günstigster Distanzierungsmodus ist die
individuierte Beziehung des Jugendlichen zu den Eltern.
Was ist die Funktionalste Beziehungsgestaltung
Individuierte Beziehung
Psychosoziale Krise in der Adoleszenz
Identität vs. Identitätskonfusion