Meinungsstreits Grundkurs Strafrecht I Flashcards
Was ist der Zweck der Strafe?
- Vergeltungstheorie
- Theorie der negativen Generalprävention
- Theorie der positiven Generalprävention
- Theorie der Spezialprävention
- Vereinigungsansatz (h.M)
(Details, siehe Grundwissen Strafrecht I WS 18/19)
Gibt es Erfolgsort bei abstrakten Gefährdungsdelikten iSd. § 9 I StGB?
- hM. –> Ja, Erfolgsort ist Ort, an dem die abstrakte Gefahrenlage entsteht
zB.: Volkshetze gegen nach Deutschland kommende Flüchtlinge in Texas veröffentlicht, stellt jedoch abstrakte Gefahr in Deutschland dar, daher begründung des Erfolgsortes in Deutschland.
Ab wann stellt ein noch ungeborenes Kind eine Person dar?
A1 –> “ungeborenes Leben” (§ 219 I 1) werde in dem Moment zur “Person” iSd. § 229 bzw. zum Mensch iSd. § 212, wenn die Geburt vollendet ist.
(+) StGB differenziert zwischen “ungeborenem Leben” und “Personen” und Kind ist im Geburtskanal noch ungeboren
A2 (hM.) –> Die Schwelle vom Ungeborenen zur Person bzw. menschen sei bereits mit Beginn der Geburtswehen d.h. Eröffnungswehen überschritten.
(+) A1 würde zu Schutzlücken führen und ist daher unbillig. Halbgeborenes soll auch vor fahrlässiger Verletzung geschützt sein
(-) Aufgabe des Gesetzgebers und nicht Anwenders, die Schutzlücken im Gesetz zu schließen
(-) hM. stellt auf Beginn der Eröffnungswehen ab und daher Problem in den Fällen in denen Eröffnungswehen vorübgergehend aufhören und erst Tage oder Wochen später wieder einsetzen –> wäre gem. hM. also paradoxerweise geborener Mensch im Mutterleib
Verbotsirrtum gem. § 17 S. 1 StGB wenn Täter die Einsicht fehlt Unrecht zu tun da er die geltenden Gesetze für ungültig hält? (Reichsbürger)
Bezugspunkt des Unrechtsbewusstseins ist die tatsächliche Rechtsordnung und bei Kenntnist dieser weiß sie auc, dass ihr Tun verboten ist. –> lediglich Ablehnung der Bindungswirkung.
(P) –> Ist eine Handlung überhaupt strafrechtlich relevant?
- Def. der Handlung
2. Subsumption (vis absoluta, compulsa, etc.)
(P) –> Unterstehen Tiere dem Schutz des § 303 I StGB obwohl § 90 a S.1 BGB ausdrücklich sagt, dass Tiere gerade keine Sachqualität aufweisen?
- Ja, da BGB Tiere als Mitgeschöpfe hervorheben und Tierschutz fördern will
- StGB will das Eigentum schützen
- Außerdem gerade wegen Tierschutz wichtig, dass auch Beschädigung und Zerstörung von Tieren unter strafrechtlichen Schutz gestellt wird.
- Anwendung des § 90a S. 1 BGB würde den Zweck der Vorschrift konterkarieren. –> Daher eigener, strafrechtlicher Sachbegriff zu prägen, der entgegen § 90 a BGB auch Tiere erfasst.
(P) –> Notwehrhandlung nicht (nur) gegen den Angreifer?
Eingriffe in Rechtsgüter unbeteiligter Dritter und der Allgemeinheit sind von § 32 nicht gedeckt. Freilich ist hier aber das Eingreifen anderer Rechtfertigungs- oder auch Entschuldigungsgründe möglich (zB § 34 oder § 904 BGB).
(P) Kausalität –> A und B wollen unabhängig voneinander X umbringen. Folgende Konstellationen:
1a) Jede einzelne Giftmenge war tödlich.
aa) Das Gift des A hat den Tod des X herbeigeführt, bevor das Gift des B wirken konnte.
bb) Beide Giftsubstanzen sind wirksam geworden.
cc) Nur ein Gift ist wirksam geworden, es lässt sich aber nicht mehr feststellen, welches.
- Erst beide Giftmengen zusammen waren ausreichend, um den Tod des X herbeizuführen. Jede Giftmenge für sich allein betrachtet war nur körperverletzungstauglich.
1aa) “abgebrochene/überholende Kausalität” = Bs relevante in Gang gesetzte Ursachenreihe wurde durch A abgebrochen und kontne somit nicht mehr fortwirken und zum Tode führen also nicht kausal!
bb) Hier stellt sich folgendes Problem: Nach der Äquivalenztheorie ist die Kausalität eigentlich zu verneinen, denn jede Bedingung (Giftmenge) könnte hinweggedacht werden, ohne dass der Tötungserfolg entfiele.
Allerdings wird die Äquivalenztheorie für den Fall der sog. alternativen Kausalität von der h.M. wie folgt modifiziert: Von mehreren Bedingungen, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, ist jede für den Erfolg ursächlich.
cc) Nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ ist daher anzunehmen, dass das Gift des B zuerst wirkte. (–> Beide Tatbeiträge somit nicht kausal und beide nur versuchter Totschlag)
2. “Kumulative Kausalität” –> jede Giftmenge ist kausal und mitursächlich für den Eintritt des Erfolges ABER: keine objektive Zurechnung, da eigenes Gift allein nicht ausreichend gewesen wäre –> versuchter Totschlag
(P) –> Wirkung des Eingreifen eines Dritten in den Kausalverlauf auf die Kausalität?
A1 “Lehre vom Regressverbot” –> wird der Kausalzusammenhang durch die Vorsatztat eines anderen unterbrochen. Diese Lehre wird aber heute weitestgehend abgelehnt, da ein Kausalzusammenhang jedenfalls dann besteht, wenn die früher gesetzte Bedingung bis zum Eintritt des Erfolgs fortwirkt.
A2 (h.M.) –> Differenzierung zwischen zwei Punkten:
(1) Knüpft der Dritte an die vorausgehende Bedingung an, was insbesondere dann der Fall ist, wenn er die dadurch geschaffene Lage ausnutzt, ist Kausalität zu bejahen. (Dann aber Beachten der objektiven Zurechnung)
(2) Eröffnet der Dritte hingegen eine völlig neue Ursachenreihe („Neueröffnungseffekt“), welche die abgebrochene erste überholt, ist die Kausalität der ersten Handlung zu verneinen.
(P) –> Wirkung des vorsätzlichen Eingreifens eines Drittens in das Geschehen auf die objektive Zurechnung?
- Grundsätzlich ist Zurechnungszusammenhang unterbrochen, wenn der Dritte vollverantwortliche eine neue Gefahr begründet, die sich dann im Erfolg realisiert.
- Anders wäre es, wenn das Verhalten des Dritten typischerweise schon in der ursprünglichen Gefahr begründet erscheint. –> nicht aber, wenn Drittverhalten außerhalb jeglicher Lebenserfahrung liegt.
(P) –> Zeugung eines Mörders Mutter objektiv zurechenbar für späteren Morde?
- Nein, da Zeugung keine rechtlich relevante Gefahr darstellt sondern allgemeines Lebensrisiko.
(P) –> Lehre der objektiven Zurechnung?
- hL. –> objektive Zurechnung im OTB ankerkannt
- Rspr. –> Sie löst Zurechnungsfragen grundsätzlich im subjektiven Tatbestand. Der vorliegende Fall kann stattdessen auch so gelöst werden, dass die Strafbarkeit der K. erst im Rahmen des Vorsatzes (= subjektive Zurechnung) verneint wird:
(P) –> unwesentliche Abweichungen des Kausalverlaufes als Irrtum gem. § 16 I 1 StGB und somit kein Vorsatz?
- Nein! Nach der Rechtsprechung lassen unwesentliche
Abweichungen des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten Kausalverlauf
den Vorsatz jedoch unberührt. Eine Abweichung ist immer dann unwesentlich, wenn sie sich
noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und keine
andere Bewertung der Tat rechtfertigt.
(P) –> Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme?
Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist ein äußerst klausurrelevantes Problem.
A1. “Die h.L.” –> vollzieht diese Abgrenzung mittels des Kriteriums der Tatherrschaft, als das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des tatbestandsmäßigen Geschehens. Somit ist derjenige Täter, der als Zentralgestalt des Geschehens die planvoll-lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt. Dagegen ist lediglich Teilnehmer, wer ohne eigene Tatherrschaft als Randfigur des tatsächlichen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst oder sonst fördert.
A2 “Die neuere Rspr.” –> vertritt demgegenüber eine subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage. Ausgehend von ihrer früher streng subjektiven Ausrichtung, die den Täter danach bestimmte, ob er mit Täterwillen (animus auctoris) handelte oder aber andererseits zum Teilnehmer erklärte, wer mit bloßem Teilnehmerwillen (animus socii) agierte, zieht sie nun weitere Kriterien heran. So sollen in einer Gesamtschau auch der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft als objektive Merkmale miteinbezogen werden.
(P) –> Nachweis des Ursachenzusammenhangs (zB. nicht Nachweis der genau schädlichen Substanz in Produkt, aber sicher, dass Produkt schädlich!)
A1 “BGH” –> ausreichend, dass die inhaltliche Beschaffenheit des Produkts schadensursächlich war und andere Schadensursachen auszuschließen sind (generelle Kausalität). Nicht erforderlich ist dagegen, dass festgestellt wird, warum diese Beschaffenheit schadensursächlich werden konnte, was also nach naturwissenschaftlicher Analyse und Erkenntnis letztlich der Grund dafür war
A2 –> Gegen diese Lösung könnte man anführen, dass ein Kausalzusammenhang gerade nur dann sicher feststellbar ist, wenn man die konkrete Ursache kennt.
(-) Andererseits ist in derartigen Erzeugnissen eine exakte Isolierung der einzelnen Substanzen oft nicht möglich.
(-) Außerdem lässt man, wenn ein Täter mehrfach auf ein Opfer mit einem Messer einsticht und man nicht feststellen kann, welcher Stich genau todbringend war, auch die Zuordnung der Todesursache zur Person des Täters genügen.
(P) –> Entfällt die objektive Zurechnung bei “Retterfällen” wegen “Eigenverantwortungsprinzip”?
A1 “Teile der Literatur” –> in den Fällen, in denen der um Rettung bemühte Dritte im Zeitpunkt der Verletzung Tatherrschaft hat und seine Gefährdung eigenverantwortlich und damit „freiwillig“ herbeiführt, ist der Zurechnungszusammenhang stets unterbrochen.
A2 –> die Schädigung des freiwillig dazwischentretenden Retters ist dem Erstverursacher immer zuzurechnen.
A3 “h.M.” –> Danach ist der Erfolg dem Erstverursacher immer dann zuzurechnen, wenn es sich um eine vernünftige und nachvollziehbare Selbstge-fährdung handelt. Dies gilt insbesondere, wenn der Retter aufgrund einer privaten Garanten-stellung (z.B. als naher Angehöriger eines Opfers) oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Nor-men (z.B. als Feuerwehrmann/-frau) im konkreten Fall zum Eingreifen verpflichtet ist. Nur von vornherein sinnlose und offensichtlich unverhältnismäßig riskante Rettungshandlungen können einen Zurechnungsausschluss bewirken.
(P) “Retterfälle” –> Entfällt Zurechnungszusammenhang bei bei objektiver Zurechnung des Brandstifters wenn “Retter” wie Feuerwehrmänner sich eigenverantwortlich und wissentlich dem Risiko des Todes aussetzen?
Brandstifter schafft auf jeden Fall eine rechtlich relevante Gefahr die sich realisiert!
A1 –> Mit einem Teil der Literatur könnte man annehmen, dass in den Fällen, in denen der um Rettung bemühte Dritte im Zeitpunkt der Verletzung Tatherrschaft hat und seine Gefährdung eigenverantwortlich und damit „freiwillig“ herbeiführt, der Zurechnungszusammenhang stets unterbrochen ist.
A2 –> Nach einer anderen Ansicht ist die Schädigung des freiwillig dazwischentretenden Retters dem Erstverursacher immer zuzurechnen. Danach wäre der Tod der F dem L hier zuzurech-nen, da L die Erstursache (Anzünden) gesetzt hat.
a) Würdigung:
Für einen Ausschluss der objektiven Zurechnung – und damit die erste Ansicht – könnte sprechen, dass F zwar als Berufsfeuerwehrfrau grundsätzlich zum Einschreiten verpflichtet war, jedoch jedenfalls ihren Beruf selbst gewählt und sich damit bewusst und in diesem Sinne „freiwillig“ den aus der Tätigkeit resultierenden Risiken ausgesetzt hat. Auch endet im Strafrecht grundsätzlich dort, wo der Verantwortungsbereich des Opfers beginnt, der des Täters. Zudem erfolgt die Entloh-nung von Feuerwehrleuten gerade aufgrund der Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit. Daneben ließe sich argumentieren, dass es aus kriminalpolitischer Sicht verfehlt wäre, wenn der „be-reuende“ Brandstifter durch das Alarmieren der Feuerwehr Gefahr liefe, sich zusätzlich we-gen vorsätzlicher oder fahrlässiger Tötung der Retter strafbar zu machen.
A3 (hM) –> Die h.M. vertritt eine differenzierende Lösung: Danach ist der Erfolg dem Erstverursacher immer dann zuzurechnen, wenn es sich um eine vernünftige und nachvollziehbare Selbstge-fährdung handelt. Dies gilt insbesondere, wenn der Retter aufgrund einer privaten Garanten-stellung (z.B. als naher Angehöriger eines Opfers) oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Nor-men (z.B. als Feuerwehrmann/-frau) im konkreten Fall zum Eingreifen verpflichtet ist. Nur von vornherein sinnlose und offensichtlich unverhältnismäßig riskante Rettungshandlungen können einen Zurechnungsausschluss bewirken. Im vorliegenden Fall war F als (bayerische) Berufsfeuerwehrfrau grundsätzlich gem. Art. 4 I BayFWG2 zum abwehrenden Brandschutz verpflichtet und es wird von ihr erwartet, sich zum Löschen eines Brandes und zur Rettung von Menschenleben auch in große Gefahr zu begeben.
a) Würdigung –> A1 lassen sich jedoch gewichtige Argumente entgegenhalten: So erscheint es einerseits nur gerecht, dem Erstverursacher auch das Risiko misslungener Rettungsversuche aufzuerlegen, da es ihm letztlich ja auch zugutekäme, wenn die Rettung durch die Feuerwehr gelänge, da auch dies seine Strafbarkeit beeinflusst. Daneben stellt es einen Wertungswiderspruch dar, wenn man die Feuerwehrfrau einerseits rechtlich dazu verpflichtet, sich bei vertretbarer Ge-fahrenlage dem Risiko auszusetzen, ein brennendes Haus zu betreten, ihr dies aber auf der anderen Seite doch wieder als „eigene und freiwillige“ Entscheidung auslegt und damit ihrem Verantwortungsbereich zuweist. Denn wenn sie sich geweigert hätte und dadurch ein weite-rer Schaden entstanden wäre, wäre sie wegen eines Unterlassungsdelikts strafbar. F handelte daher nicht „wirklich“ freiwillig. Und schließlich ist umgekehrt kein billiger Grund ersichtlich, warum der Täter auch vom Risiko des Eintretens vorhersehbarer und nicht aus offensichtlich unverhältnismäßigen Rettungsbemühungen resultierender Retterschäden freigestellt werden soll, hat er doch durch seine deliktische Handlung die naheliegende Möglichkeit und ein einsichtiges Motiv für die Rettungshandlung geschaffen. Im Ergebnis gewährleistet daher ins-besondere die Ansicht der h.M. eine gerechte Verteilung von Risikotragungspflichten und ist daher vorzugswürdig. Danach ist der Tod der F dem L auch objektiv zurechenbar.
(P) –> Ist Tötungsvorsatz zu bejahen bei Ertrinken, wenn Täter denkt, dass Opfer bereits tot gewesen ist, aber erst durch “Entsorgung” wie Ertrinken stirbt?
A1 –> Mit der veralteten Lehre vom “Gesamttötungsvorsatz” (dolus generalis) könnte man jedoch vertreten, dass immer dann, wenn mehrere Vorgänge ein einheitliches Geschehen bilden, der Vorsatz, den der Täter während des erstens Handlungsabschnitts aufweist, auch auf einen zweiten Handlungsabschnitt zu erstrecken ist.
A2 –> Gegen die Lehre vom dolus generalis spricht jedoch, dass ein tatsächlich zum Zeitpunkt der unmittelbaren Erfolgsherbeiführung erloschener Vorsatz nur fingiert wird. Die Lehre vom dolus generalis verstößt damit gegen das in § 16 I 1 in Verbindung mit § 8 verankerte Koin-zidenz- bzw. Simultanitätsprinzip („bei Begehung der Tat“). Ein bloßer dolus antecedens reicht für den Vorwurf einer Vorsatztat nicht aus. Die Lehre vom dolus generalis ist daher heute nicht mehr vertretbar.
ABER:
1. Neue Prüfung gem. § 212 I StGB wegen der Ersthandlung!
OTB objektive Zurechnung des tatbestandlichen Erfolgs:
A1 –> Eine Ansicht geht davon aus, dass bei zweiaktigen Geschehensabläufen – jedenfalls dann, wenn der Täter irrtümlich davon ausgeht, sein Ziel bereits durch den ersten Akt erreicht zu haben – der Ersthandlung (hier: Sand-in-den-Mund-Stopfen) nicht das spezifische Risiko des Erfolgseintritts durch die Zweithandlung (hier: Tod durch Ertrinken) anhaftet.
a) Würdigung: Für die erste Ansicht streitet, dass das „Sand-in-den-Mund-Stopfen“ für sich genom-men nicht geeignet ist, den Tod durch Ertrinken herbeizuführen.
A2 (hM) –> Nach h.M. realisiert sich hingegen die durch den Erstakt geschaffene rechtlich relevante Ge-fahr im durch den Zweitakt herbeigeführten Erfolg. Danach wäre der Taterfolg der A hier zurechenbar.
a) Würdigung: herbeizuführen. Für die h.M. spricht jedoch, dass es insgesamt nicht unüblich ist, dass aus der ursprünglichen Gefahrschaffung weitere Handlungen resultieren, die möglicherweise dann erst den Erfolg herbeiführen. Verspätete Erfolgseintritte durch Zweithandlungen sind daher grundsätzlich einzukalkulieren und zu fra-gen, ob ein solcher Geschehensverlauf außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt. Ferner schafft die zweite Handlung keine völlig neue Gefahr, sondern schließt an die durch die erste Hand-lung erzeugte Ausgangsgefahr an. Denn anders als etwa beim Kopfabtrennen liegt das spe-zifische Risiko beim Sand-in-den-Mund-Stopfen darin, dass das Opfer nicht unmittelbar bei der Ersthandlung stirbt, sondern bewusstlos wird und erst durch die Folgen der Entsorgung der Leiche – hier des Werfens in die Jauchegrube - verstirbt.
–> (P) im STB Vorsatz bezüglich Kausalität = nach allgemeiner Lebenserfahrung voraussehbar und somit unwesentliche Abweichung –> “Eventualvorsatz”
(P)–> Abgrenzung des dolus eventualis von der bewussten Fahrlässigkeit?
A1 (Verzicht auf voluntatives Element) –> Für die Vertreter dieser Ansichten soll lediglich ein gewisser Grad an subjektiver Gewissheit für die Annahme des Eventualvorsatzes ausreichen. Es genügt ein „Für-Wahrscheinlich-Halten“ bzw. „Für-Möglich-Halten“, mithin ein reines „Wissenselement“. Diese Ansichten führen zB an, dass der derjenige, der die konkrete Möglichkeit des Erfolgseintritts erkennt und gleichwohl handelt, den Erfolgseintritt akzeptiert.
A2 (fordern von abgeschwächtem voluntativem Element) –> Nach anderen Ansichten wird über eine subjektive Gewissheit im Sinne eines ernsthaften „Für-Möglich-Haltens“ hinaus noch als voluntatives Element eine billigende Inkaufnahme im Rechtssinne gefordert, dass sich also der Täter mit der Tatbestandsverwirklichung um des erstrebten Zieles willen abfindet. (Vgl. auch BGHSt 36, 1, 9 f.; zur Gleichgültigkeitstheorie vgl. Rengier, AT § 14, Rn. 24) Dieses Billigungserfordernis vermeidet zB, dass ein Arzt, der eine lebensrettende Operation vornimmt, obwohl er das ernsthafte Risiko eines tödlichen Ausganges kennt, wegen vorsätzlicher Tötung bestraft wird.
(P) –> Was bedeutet “billigend in Kauf nehmen” des Erfolgs iR. des Vorsatzes?
A1 –> In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass für die Bestimmung eines Billigens im Rechtssinne wiederum auf die erkannte Gefährlichkeit des Handelns abgestellt werden kann.
a) Würdigung: Entscheidend gegen die erste Ansicht spricht, dass sie auf das voluntative Element vollständig verzichtet. Die Möglichkeit, den Erfolgseintritt zu erkennen, verbindet gerade die bewusste Fahrlässigkeit und den Eventualvorsatz. Nur bei zusätzlicher Forderung eines Wollenselements im Vorsatz ist eine sinnvolle Abgrenzung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz möglich.
Für den Eventualvorsatz ist daher nach überzeugender Ansicht erforderlich, dass der Täter die konkrete Gefahr erkannt, die Gefahr ernst genommen und sich letztlich mit dem Risiko der Tatbestandverwirklichung abgefunden hat (Ernstnahmetheorie) bzw. den Erfolgseintritt für möglich hält und den Erfolg innerlich billigt (Billigungstheorie).
A2 –> In der älteren Rechtsprechung wurde im Bereich der Tötungsdelikte eine besondere sog. Hemmschwelle vor Bildung des Tötungsvorsatzes postuliert, um so der allzu raschen Bejahung vorsätzlicher Tatbegehung durch den Tatrichter vorzubeugen.
a) Würdigung: Dieser pauschale Hinweis auf die sog. Hemmschwellentheorie ist heute nicht mehr ausreichend. Vielmehr verlangt der BGH nun eine besonders genaue richterliche Prüfung anhand einer Gesamtschau aller relevanten objektiven und subjektiven Tatumstände. Die Berücksichtigung einer Hemmschwelle kann aber als Indiz im Einzelfall herangezogen werden.
(P) —> HIV-Virus (oder andere Krankheit) als Gift iSd. § 224 I Nr. 1 StGB?
Krankheitserreger wie Viren sind zumindest als anderer gesundheitsschädlicher Stoff im Sinne von § 224 I Nr. 1 Var. 2 einzustufen, wenn sie – wie hier die HI-Viren – generell und konkret geeignet sind, ernsthafte Gesundheitsschäden zu verursachen.
Durch den ungeschützten Geschlechtsverkehr wurden sie so in Kontakt mit dem Körper der O gebracht, dass sie ihre schädigende Wirkung entfalten konnten. Sie wurden also „beigebracht“. Das Qualifikationsmerkmal des § 224 I Nr. 1 ist somit erfüllt.
Merke –> Nr.1 stellt eine Sepzialisierung von Nr. 2 dar, und schließt diesen daher aus!
(P) —> Eventualvorsatz bezüglich einer “das Leben gefährdenden Behandlung” gem. § 224 I Nr.5 StGB?
A1 (Rspr.) –> bejahen ist. Nach der Rechtsprechung genügt es für den Vorsatz bzgl. einer das Leben gefährdenden Behandlung, dass der Täter neben – zumindest bedingtem - Verletzungsvorsatz diejenigen Umstände kennt, aus denen sich die allgemeine Gefährlichkeit seines Tuns in der konkreten Situation für das Leben des Opfers ergibt. Dass der Täter zudem die von ihm erkannten Umstände als lebensgefährdend bewertet, ist hingegen nicht erforderlich.
(P) –> Vorsatz bei Irren über Identität des Tatobjekts bei Totschlag?
- “error in persona”
- Da das Gesetz aber lediglich Tatumstandskenntnis hinsichtlich des abstrakten Tatbestandsmerkmals „Mensch“ erfordert (§ 212 I setzt nach seinem Wortlaut lediglich die Tötung eines anderen Menschen voraus), ist ein derartiger Irrtum bei tatbestandlicher Gleichwertigkeit von vorgestelltem und tatsächlichem Tatobjekt unbeachtlich. –> Gleichwertigkeit zweier Menschenleben
- Erforderlich sind: Konkretisierung des Opfers und Treffen der Person –> wenn nicht Konkretisierung: Versuchsprüfung!
(P) –> welche rechtlichen Folgen hat es bei einem Fehlgehen der Tat (und wie nennt man dies), wenn das anvisierte und das getroffene Objekt tatbestandlich gleichwertig sind?
A1 “Gleichwertigkeitstheorie” –> Die sog. Gleichwertigkeitstheorie will bei tatbestandlicher Gleichwertigkeit von Ziel- und Verletzungsobjekt wegen vollendeten Delikts bestrafen. Hierbei stützt sie sich im Wesentlichen darauf, dass tatbestandlich gleichwertige Objekte auch den gleichen Schutz verdienen.
a) Würdigung: Gegen diese Theorie spricht jedoch bereits, dass sie einen Vorsatz hinsichtlich des getroffenen Objektes konstruiert, der tatsächlich (gerade im vorliegenden Fall) keinesfalls bestand.
A2 “Konkretisierungstheorie” –> Die sog. Konkretisierungstheorie bestraft demgegenüber (nur) wegen Versuchs (hinsichtlich des Zielobjekts) und Fahrlässigkeit (hinsichtlich des Verletzungsobjekts). Sie berücksichtigt sowohl die vom Täter bereits vorgenommene Individualisierung und Konkretisierung hinsichtlich des anvisierten Objektes, als auch, dass ihn in Bezug auf das tatsächlich getroffene Objekt nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf trifft. Demnach ist diese Ansicht vorzugswürdig.
(P) –> können Babys heimtückisch ermordet werden?
A1 –> Nach einer Ansicht sind Kleinkinder stets arglos.
a) Würdigung: Für die erste Ansicht spricht, dass Kinder nicht aus eigener Kraft für ihr Wohl und ihre Si-cherheit sorgen können und daher besonders ausgeliefert – „arglos“ – sind.
A2 –> Nach einer anderen Ansicht können Klein-kinder bis zu einer Altersgrenze von ca. drei Jahren nicht arglos sein.
a) Würdigung: Die zweite An-sicht beruht jedoch auf der Erkenntnis, dass bei normaler Entwicklung die Fähigkeit, Angriffe auf Leib und Leben zu erkennen, erst mit ca. drei Jahren erworben wird. Vor Erreichen dieser Altersgrenze eine Arglosigkeit anzunehmen ist daher lebensfremd.
A3 –> Eine weitere Ansicht bejaht die Fähigkeit zu Argwohn insoweit, als dieser sich auf natürliche Abwehrinstinkte des Kindes bezieht. Indem A dem Brei Zucker zufügte, hat er einen natürlichen Abwehrinstinkt, nämlich den, Essen mit ungewöhnlichem oder bitterem Geschmack zu vermeiden, ausgeschaltet.
a) Würdigung: Doch – und dies berücksichtigt die dritte Ansicht - auch wenn die Fähigkeiten eines sechs Monate alten Kleinkindes noch nicht so ausgeprägt sind wie die eines älteren Kindes oder eines Erwachsenen, so verfügt es doch über bestimmte angeborene Schutzinstinkte. Wenn diese ausgeschaltet werden müssen, weil das Kind sonst die schädigende Handlung (hier: das Essen des Breis) verweigern würde, so kann von einem Argwohn auch eines Kleinkindes ausgegangen werden, ohne dass dieser bloß fingiert würde. Zwar könnte man argumentie-ren, dass sich der Abwehrinstinkt gegen den Geschmack der Substanz richte, nicht aber ge-gen deren tödliche Eigenschaft. Bei genauerem Hinsehen kann dies jedoch nicht überzeugen, da es um Eigenschaften ein- und derselben Substanz geht, die nicht ohne weiteres trennbar sind, und dieser menschliche Abwehrinstinkt evolutionsbiologisch gerade mit Blick auf tödli-che Gefahren entwickelt wurde.
Die besseren Argumente sprechen daher für die vermittelnde Ansicht. K war demnach arglos (a.A. vertretbar).
Hinweis –> Nach der Rspr. wird eine heimtückische Tötung eines noch nicht zu Argwohn fähigen Kleinkindes auch dann angenommen, wenn die Arglosigkeit schutzbereiter Drit-ter bewusst zur Tötung des Kleinkindes ausgenutzt wird. Hier könnte man als schutzbereite Dritte an die Mutter B denken. Diese war zum Zeitpunkt der Tathandlung unter der Dusche.
(P) –> “Heimtücke” –> welche Anforderungen werden an das “bewusste Ausnutzen” der Arg- und Wehrlosigkeit gestellt?
A1 –> Einer Auffassung zufolge genügt es, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Be-deutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst und diese Situation des Opfers ausnutzt. Die Gegenmeinung verlangt hingegen, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst in tückisch-verschlagener Weise ausnutzt, d.h. diese Begehungsmöglichkeit gegenüber einer anderen vorzieht.
A2 –> Zudem verlangt die ständige Rspr. als einschränkendes Merkmal der Heimtücke, dass der Täter in feindlicher Willensrichtung gehandelt hat.
A3 –> Eine andere Ansicht fordert stattdessen als begrenzendes Merkmal einen verwerflichen Ver-trauensbruch.
(P) –> “Habgier” –> Ankommen nicht auf Vermögensmehrung sonder dass Vermögen in Zukunft nicht vermindert würde.
A1 –> Nach einer Ansicht setzt „Gier“ immer ein Streben nach Mehr voraus.
A2 –> Nach einer anderen Ansicht ist es jedoch gleichgültig, ob es dem Täter um Vermögenszuwachs oder um die Vermeidung von Aufwendungen geht.
a) Würdigung: Für die zweite Ansicht spricht, dass sich auch im Ersparen von Aufwendungen das Streben nach Vermögensmehrung um jeden Preis ausdrückt. Es macht wertungsmäßig keinerlei Un-terschied, ob ein Menschenleben zum Erlangen oder zum Behalten eines Vermögenswerts geopfert wird. Ein Vermögenszuwachs und eine Ersparung von Aufwendungen sind wirt-schaftlich gleichwertig.
- -> A2 = vorzugswürdig!
(P) –> Reicht ein “wahrscheinliches “ Eintreten der Erfolgs aus um einen Pflichtwidrigkeitszusammenhang zu verneinen”
A1 “Risikoerhöhungslehre” –> Nach der sog. Risikoerhöhungslehre ist der Pflichtwidrigkeitszusammenhang gegeben, wenn das pflichtwidrige Verhalten im Vergleich zum rechtmäßigen Alternativverhalten das Risiko des Erfolgseintritts deutlich erhöht hat.
a) Würdigung: Für die Risikoerhöhungslehre spricht, dass der Täter durch sein pflichtwidriges Verhalten dem Betroffenen konkrete Überlebenschancen entzogen hat.
A2 “Vermeidbarkeitstheorie” (hM) –> Nach herrschender Meinung (Vermeidbarkeitstheorie) kann dem Täter der Erfolg hingegen nur dann zugerechnet werden, wenn feststeht, dass der Erfolg bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre.
a) Würdigung: Diese vorzugswürdige Ansicht wendet bei Beweisschwierigkeiten den Grundsatz in dubio pro reo an. Das bedeutet, dass dem Täter der Erfolg nicht angelastet werden kann, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die darauf schließen lassen, dass es bei pflichtgemäßem Verhalten möglicherweise zum gleichen Erfolg gekommen wäre.
Dafür spricht, dass der Pflichtwidrigkeitszusammenhang eine haftungsbegründende Voraussetzung des Fahrlässigkeitsdelikts ist, so dass auch hierauf der Grundsatz in dubio pro reo anzuwenden ist. Außerdem knüpft die Risikoerhöhungslehre die Strafbarkeit lediglich an die Sorgfaltspflicht-verletzung und wandelt auf diese Weise Verletzungs- in Gefährdungsdelikte um.
(P) bei “Pflichtwidrigkeitszusammenhang” –> Betrunkener fährt nach Richtgeschwindigkeit Auto und baut aber Unfall, der vermieden hätte werden können, wenn man langsamer gefahren wäre. Egal ob betrunken, oder nicht.
- Grundsätzlich müsste auch im vorliegenden Fall der Pflichtwidrigkeitszusammenhang verneint werden, da der Erfolg auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre: Wäre T nüchtern gewesen, so wäre der Unfall trotzdem unvermeidbar gewesen.
A1 “Rspr” –> Anders beurteilt jedoch die Rechtsprechung diesen Fall. Sie fragt danach, wie schnell der Trunkenheitsfahrer angesichts seiner herabgesetzten Reaktionsfähigkeit noch hätte fahren dürfen (vgl. § 3 I 2 StVO), um auf Gefahren in der gleichen Zeit wie ein nüchterner Fahrer reagieren zu können. Hätte der Unfall – wie hier – bei der so reduzierten Geschwindigkeit vermieden werden können, so bejaht die Rechtsprechung den Pflichtwidrigkeitszusammenhang.
A2 “hM” –> Diese Sichtweise ist jedoch verfehlt, weil man einem angetrunkenen Fahrer nicht mehr Pflichten als einem nüchternen Fahrer auferlegen kann. Auch das in § 316 StGB und § 24 a StVG statuierte absolute Fahrverbot steht der Rechtsprechungsansicht entgegen. Außerdem kann nur ein nüchterner Fahrer in derselben Verkehrssituation als Vergleichsmaßstab für das rechtmäßige Alternativverhalten herangezogen werden. Wer betrunken Auto fährt (wenn auch langsamer), handelt immer noch sorgfaltspflichtwidrig.
Nach herrschender Lehrmeinung ist daher der Pflichtwidrigkeitszusammenhang im vorliegenden Fall zu verneinen. Der Erfolg ist dem F folglich nicht zuzurechnen.
(P) –> Wie ist das Merkaml der Geschäftsmäßigkeit im Zusammenhang mit einem ärztlich assestierenden Suizid auszulegen? (unabhängig von Sterbehilfevereinen im Rahmen einer Patientenbeziehung in Ausnahmefällen)
A1 “deskriptiv” –> Nach einer Ansicht verlangt das Merkmal der Geschäftsmäßigkeit nur ein auf Wiederholung angelegtes, planmäßiges Verhalten.
a) Würdigung: spricht, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, für Ärzte eine Sonderregel zu schaffen. Daher könnte man argumentieren, dass der Gesetzgeber die ärztliche Suizidhilfe grundsätzlich als von § 217 I umfasst sehen wollte.
A2 “restriktiv” –> Eine andere Ansicht vertritt hinsichtlich des Merkmals der Geschäftsmäßigkeit eine einschränkende Lösung. Sie will nur solche Ärzte als geschäftsmäßig handelnd ansehen, die sich die Suizidhilfe zur Hauptaufgabe machen und sich als professionelle Suizidhelfer verstehen. Zumindest müsse die Suizidhilfe auf eine Art und Weise geleistet werden, die sich nicht nur als ultima ratio innerhalb der Patientenbetreuung darstellt.
a) Würdigung: Auf der anderen Seite hat sich der Gesetzgeber auch nicht klar für die Strafbarkeit der Sui-zidhilfe im gewachsenen Arzt-Patienten-Verhältnis ausgesprochen. Für die zweite Ansicht spricht, dass der gesetzgeberische Wille in erster Linie verhindern will, dass die Suizidhilfe eine alltägliche Dienstleistung wird. Gerade in einem über mehrere Jahre gewachsenen, per-sönlichen Arzt-Patienten-Verhältnis stellt sich die Suizidhilfe jedoch nicht als alltägliche Dienstleistung, sondern als Ausdruck einer höchstpersönlichen Entscheidung dar. Außerdem kann man einem Arzt, der nicht auf Suizidhilfe spezialisiert ist, kein Interesse an einer mög-lichst häufigen und effektiven Suizidhilfe und voreiligen Suizidentscheidungen unterstellen. Ein Arzt ist vielmehr generell, aber vor allem in einer langjährigen Patientenbetreuung an der Lebenserhaltung interessiert und dieser verpflichtet. Gegen die weite Auslegung und damit gegen die erstgenannte Ansicht spricht zudem, dass die Einschränkung der mangels erfor-derlichen Gewinnerzielungsabsicht überaus weiten Strafbarkeit sonst allein vom subjektiven Tatbestand abhängt, während im objektiven Tatbestand kaum eine Einschränkung möglich ist. –> vorzugswürdig
(P) –> Macht jede Täuschung des Einwilligenden oder nur bestimmte Täuschungen eine Einwilligung unwirksam? (Im Rahmen der wesentlichen Willensmängel)
A1 –> Nach einer Ansicht macht jeder durch Täuschung hervorgerufener Willensmangel die Einwilligung des Einwilligenden unwirksam.
A2 –> Nach der Gegenansicht nehmen nur rechtsgutsbezogene Täuschungen der Einwilligung ihre Wirksamkeit. Relevant ist ein Irrtum somit nur dann, wenn der Einwilligende über Art, Umfang und Intensität seiner Rechtsgutsbeeinträchtigung irrt.
a) Würdigung:
- Für letztere Ansicht spricht, dass auch eine auf unrichtigen Motiven beruhende Einwilligung, Ausdruck der Autonomie des Rechtsgutsträgers ist. - Weiterhin schützt § 223 nur die körperliche Integrität, welche aber unabhängig von den nicht rechtsgutsbezogenen Motiven der Einwilligung betroffen ist.
- Durch die Begrenzung der relevanten Irrtümer können Eigenver-antwortlichkeit und Rechtsgüterschutz in Einklang gebracht werden.
(P) –> Ist schlafende Person zum Argwohn fähig und kann somit “heimtückisch” ermordet werden?
Gegen die grundsätzliche Ablehnung einer Fähigkeit zum Argwohn des Schlafenden spricht aber, dass dieser sich dem Schlaf im Vertrauen darauf überlässt, dass kein Angriff droht. Dagegen könnte man zwar einwenden, dass im Schlaf ein positives Bewusstsein der Sicherheit fehlt. Entscheidendes Kriterium ist aber das zuvor gefasste Vertrauen, im Schlaf nicht angegriffen zu werden, ohne das sich derjenige nicht schlafen gelegt hätte. Insofern kommt es zu einer Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes. Schließlich wird ja gerade die besondere Hilflosigkeit des Schlafenden ausgenutzt, was ebenfalls für eine Bejahung der Arglosigkeit spricht.
Im Gegensatz zum Bewusstlosen, der seinen Zustand nicht verhindern kann, ist also der Schlafende arglos.
(P) –> Ist Kleinkind zum Argwohn und somit zur Arglosigkeit fähig? (Im Rahmen der Heimtücke)
+ Mischen von Gift in süßen Brei
- Man könnte annehmen, dass Kleinkinder stets arglos sind.
- Überzeugender ist es jedoch zu argumentieren, dass Arglosigkeit grundsätzlich die Fähigkeit zum Argwohn voraussetzt.
- Gerade Kleinkinder sind aber nicht in der Lage, anderen Personen positives Vertrauen entgegenzubringen und die böse Absicht des Täters zu erkennen.
- Aufgrund dieser konstitutionellen Arglosigkeit läge damit keine Heimtücke vor.
+ (P) süßer Brei –>
- Darauf Ankommen, einen natürlichen Abwehrmechanismus zu umgehen um Argwohn nicht Aufkommen zu lassen
- Aber kein Vertrauensmissbrauch, sondern Überlisten der Natur
- Auch gebotene restriktive Auslegung der Mordmerkmale spricht gegen Heimtücke
- ABER: Bejahen der Heimtücke, wenn Arg- und Wehrlosigkeit einer schutzbereiten dritten Person ausgenutzt wird, wie 2. schlafenden Elternteil!
(P) –> Stellt das Ersparen von Aufwendungen auch einen Vermögensvorteil dar (Im Rahmen der Habgier bei Mordmerkmal)
+ (P) –> Habgier nicht einziger und nicht primärer Beweggrund
- Einerseits wohnt dem Streben nach Entlastung nicht die Verwerflichkeit einer echten Erwerbsabsicht inne.
- Andererseits tritt auch in diesem Fall eine Bereicherung beim Täter ein.
- Auf die Art der Bereicherung kann es nicht ankommen, so dass aufgrund der Absicht, sich die Unterhaltsleistungen zu ersparen, Habgier vorliegt.
(P) Gewinnstreben nicht einziges Tatmotiv –>
1. Zwar muss das Gewinnstreben nicht das einzige Tatmotiv sein, es muss aber tatbeherrschend und bewusstseinsdominant gewesen sein.
(P) –> Ausnahme vom Grundsatz “Heimtücke setzt die Arglosigkeit des Angegriffenen bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs voraus” bei “planmäßigem Hinterhalt”?
- Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Heimtücke die Arglosigkeit des Angegriffenen bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs voraussetzt, liegt jedoch dann vor, wenn der Täter das Opfer mit Tötungsvorsatz planmäßig in einen Hinterhalt lockt, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, und die entsprechenden Vorkehrungen und Maßnahmen bei Ausführung der Tat noch fortwirken.
- Der Zeitpunkt der Beurteilung der Arglosigkeit ist in diesen Fällen, in denen der Täter sein Opfer in eine Falle lockt, demnach nach vorne zu verlagern.
- Maßgeblich ist somit, ob sich das Opfer in dem Zeitpunkt, in dem es „in die Falle“ gelockt wurde, keines tätlichen Angriffs auf sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit versah.
a) Würdigung:
- Für eine Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes spricht, dass eine Beschränkung der rechtlichen Würdigung auf den Augenblick der eigentlichen Tötungshandlung zu einer ungerechtfertigten Einengung des Anwendungsbereichs von § 211 II StGB führen würde.
- Darüber hinaus liegt das Tückische des Tätervorgehens gerade in den Vorkehrungen, die die günstige Gelegenheit zur Tötung schaffen. Immer dann, wenn der Täter das Opfer in eine Falle gelockt hat, um es dort ungestört töten zu können, kommt es deshalb auf das spätere Erkennen des Angriffs nicht an.
- Der Zeitpunkt der Beurteilung der Arglosigkeit ist in diesen Konstellationen vielmehr vorzuverlagern (also auf den Zeitpunkt, in dem der Täter das Opfer in seine Falle lockt)
(P) –> Meineungsstreit bei “Einschränkendem Kriterium” der Heimtücke, wegen gebotener restriktiven Auslegung?
- Aufgrund der absoluten Strafdrohung des § 211 StGB wird im Hinblick auf die Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes eine restriktive Auslegung der Heimtücke befürwortet. Wie diese vorgenommen werden soll, ist umstritten.
A1 “Lehre von der Typenkorrektur” –> Nach der Lehre von der Typenkorrektur kommt der Bejahung eines Mordmerkmals nur indizielle Bedeutung zu. Darüber hinaus müsse eine Gesamtwürdigung von Tat und Täter die besondere Verwerflichkeit der Tötung begründen.
a) Würdigung: Diese Ansicht findet aber keine Stütze im Gesetz und ist aufgrund ihrer Unbestimmtheit, die zu erheblichen Anwendungsunsicherheiten führen würde, abzulehnen.
A2 –> Nach anderer Ansicht soll Heimtücke nur bejaht werden können, wenn der Täter durch die Tat einen verwerflichen Vertrauensbruch begeht.
a) Würdigung: Dieses Kriterium taugt aber nicht zur Einschränkung, weil der Vertrauensbegriff konturenlos ist und oft keine Vertrauensbeziehung vorliegt, die der Täter brechen könnte (Bsp.: Attentate). Folglich ist auch diese Auffassung abzulehnen.
A3 –> Eine wiederum andere Ansicht fordert hinsichtlich des „Ausnutzens“ ein tückisch-verschlagenes Vorgehen. Das heißt, der Täter muss sich bewusst für die (auf Grund der Schutzlosigkeit des Opfers) günstigere von mindestens zwei Handlungsalternativen entschieden haben
a) Würdigung: Das Merkmal des tückisch-verschlagenen Vorgehens hingegen lässt sich gut mit dem Wortlaut „heimtückisch“ vereinbaren und entspricht ferner dem klassischen Leitbild des Mordes. Daher sprechen die besseren Gründe hierfür.
A4 “Rspr.” –> Schließlich wird gefordert, dass der Täter in feindseliger Willensrichtung handeln muss (so die Rspr.). Damit sollen Fälle herausgenommen werden, in denen der Täter zum vermeintlich Besten des Opfers handelt. Dieser Restriktionsversuch reicht zwar nicht sehr weit. Er wird aber dadurch ergänzt, dass auf der Rechtsfolgenfolgenseite § 49 I Nr. 1 StGB analog herangezogen wird, um die zwingende lebenslange Freiheitsstrafe zu vermeiden (sog. Rechtsfolgenlösung).
a) Würdigung: Gegen die Auffassung der Rspr. spricht, dass diese das Element der „Tücke“ in Heimtücke vernachlässigt.
–> A3 und A4 sind wichtig
(P) –> Liegt eine Verdeckungsabsicht vor, wenn hinsichtlich der Tötung nur Eventualvorsatz vorlag? Der Täter das Opfer nicht töten wollte, es aber billigend in Kauf nahm? (zB. bei Explosion)
- Maßgeblich ist bei der Verdeckungsabsicht aber nicht der Tötungserfolg, sondern die Verdeckungshandlung, die den Tod eines Menschen herbeiführt.
(2. Die Gasexplosion hat A aber gerade in der Absicht herbeigeführt, Tatspuren zu beseitigen, die auf seine Täterschaft hindeuten.) - Schließlich stellt sich aber noch die Frage, ob gerade der Tod das Mittel zur Verdeckung der Straftat sein muss.
- Ein solches Verständnis wäre aber zu eng und auch vom Wortlaut der Norm nicht geboten.
- Maßgeblich ist also, dass der Täter die Tötungshandlung als Mittel zur Verdeckung einer anderen Straftat einsetzt (h.M.).
(P) –> Einschränkendes Merkmal bei “Verdeckungsabsicht”?
A1 “Typenkorrektur” –> Zum einen könnte man wieder mit der Lehre von der Typenkorrektur den Mordmerkmalen nur indizielle Bedeutung beimessen und fordern, dass aufgrund einer Gesamtwürdigung von Tat und Täter die Tötung als besonders verwerflich gelten muss.
a) Würdigung: Abzulehnen aus Gründen wie bei Heimtücke
A2 “BGH” –> Der BGH sieht die Verdeckungsabsicht als spezielle Ausprägung der niedrigen Beweggründe an. Deshalb bestehe die Möglichkeit einer umfassenden Gesamtwürdigung, die im Einzelfall zur Verneinung des Merkmals führen kann (z.B. bei affektiver Erregung
(P) –> Wie muss es sich Angegriffener anrechnen lassen, dass er vorbereitet mit zum Beispiel Schraubenzieher als Waffe in Situation geht im Rahmen der Erforderlichkeit einer Abwehrhandlung?
- An der Erforderlichkeit ändert sich auch dadurch nichts, dass der Abwehrende den Schraubenzieher in Erwartung der Notwehrsituation mitgenommen hat, um sich effizient verteidigen zu können.
- Denn das Risiko einer erheblichen Verletzung durch den notwehrübenden Angegriffenen geht zu Lasten des Angreifers.
- Ebenfalls unerheblich ist, dass der Abwehrende den Schraubenzieher als Stichwaffe benutzte.
- Grundsätzlich kann es bei lebensgefährlichen Waffen ein milderes Mittel darstellen, deren Gebrauch zu-nächst anzudrohen, weil dies erfahrungsgemäß eine abschreckende Wirkung hat.
- Anschließend ist das Mittel zunächst gegen nicht lebenswichtige Körperregionen zu richten.
- Dies gilt jedoch nur, wenn die Tatsituation dies zulässt, ohne dass der Angegriffene seine Verteidigungssituation schwächt. Er muss sich nicht auf eine Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang einlassen.
(P) –> Wie ist es im Rahmen der Gebotenheit zu werten, wenn Notwehrhandelnder sich in Situation “bewusst” begibt und dafür ein Verteidigungsmittel bereithält? + (P) –> Wann gilt angriffauslösendes Verhalten als Provokation?
- Das Notwehrrecht wird bei der Notwehrprovokation sozialethisch eingeschränkt, da in diesen Fällen durch die Verteidigungshandlung das Rechtsbewährungsprinzip nicht voll verwirklicht würde:
- Wer sich „auf die Seite des Unrechts“ schlägt, indem er selbst die Notwehrlage veranlasst oder zumindest mitverursacht hat, kann die Rechtsordnung nicht mehr verteidigen.
(P) –>
A1 “Rechtswidrigkeitslösung” –> Die Provokation muss rechtswidrig erfolgen
A2 “Missbilligungslösung” (Rspr.) –> bereits sozialethisch zu missbilligende Handlungen sind geeignet, das Notwehrrecht unter dem Aspekt der Provokation zu beschränken.
a) Würdigung:
(-) Gegen die Einbeziehung auch bloß sozialethisch zu missbilligenden Handlungen spricht, dass an die „bloße“ Sozialwidrigkeit einer Hand-lung, die keine Rechtsnorm verletzte, nicht eine unter Umständen erhebliche Einschränkung des Notwehrrechts geknüpft werden sollte.
(P) –> Inwieweit ist in Fällen der Absichtsprovokation das Notwehrrecht einzuschränken?
A1 “hL” –> Verteidigungsrecht soll dem Provokateur ganz abgesprochen werden
a) Würdigung:
(+) Provozierender nicht schützenswert da Verlassen des Bodens des Rechts und als eigentlicher Angreifer einzustufen
(+) Das Rechtsbewährungsprinzip als Fundamentalgedanke der Notwehr würde hier nicht verwirklicht und die Angreiferin kann nicht als Rechtsbewahrerin angesehen werden. Hiernach gälte der allgemeine Gedanke des Verbots des Rechtsmissbrauchs: Nie-mand soll unter dem „Deckmantel der Notwehr“ einen anderen straffrei schädigen dürfen.
–> vorzugswürdige Ansicht
A2 –> Es besteht ein abgestuftes Notwehrrecht nach dem Drei-Stufen-Modell:
a) Würdigung
(+) Differenzierte Lösung möglich im Einzelfall
- Der Verteidiger muss versuchen, dem Angriff auszuweichen
- Ist dies nicht möglich, muss er sich auf Schutzwehrmaßnahmen beschränken, wobei auch leichte Verletzung zumutbar sind
- Um schwere Verletzungen abzuwenden, sind ihm schließlich Trutzwehrmaßnahmen gestattet
A3 –> Dem absichtlich Provozierenden soll sein volles Notwehrrecht erhalten bleiben
(P) –> Zwangsweise Blutentnahme zur Lebensrettung als Angemessenes Mittel im Rahmen der Notstandshandlung?
- Problematisch ist hier, dass die zwangsweise Blutent-nahme einen Eingriff in den Kernbereich der Autonomie des Betroffenen darstellt.
A1 “Literatur” –>
1. In der Literatur wird zum Teil die zwangsweise Blutentnahme als unzumutbares Sonderopfer eingeordnet.
2. Danach wäre die Blutentnahme nicht angemessen, also nicht über § 34 gerechtfertigt.
a) Würdigung:
(+) Blutentnahme gegen Willen ist gegen Menschenwürde
(+) Zudem würde die Zulassung einer entsprechenden Vorgehensweise dazu führen, dass Personen, die eine seltene Blut-gruppe aufweisen, damit rechnen müssten, ständig „angezapft“ zu werden.
A2 –> Nach anderer Ansicht ist die zwangsweise Blutentnahme zur Lebensrettung dem Betroffenen stets zumutbar.
a) Würdigung:
(+) Für die zweitge-nannte Ansicht spricht jedoch die Einheitlichkeit der Rechtsordnung: Wenn die zwangsweise Blutentnahme gem. § 81a StPO schon zur Beweissicherung oder gem. § 372a ZPO zur Fest-stellung einer Vaterschaft erlaubt sei, müsse dasselbe erst recht zum Zweck der Lebensret-tung gelten.
–> Vorzugswürdige Ansicht
A3 “vermittelnde Ansicht” –> Nach vermittelnder Ansicht soll die Blutentnahme nur ausnahmsweise dann zu-mutbar sein, wenn zwischen den beteiligten Personen eine enge Verbundenheit besteht, also etwa im Verhältnis Eltern-Kind oder zwischen Soldaten im gemeinsamen Kampfeinsatz.
a) Würdigung:
(+) Blutentnahme gegen Willen ist gegen Menschenwürde
(+) Zudem würde die Zulassung einer entsprechenden Vorgehensweise dazu führen, dass Personen, die eine seltene Blutgruppe aufweisen, damit rechnen müssten, ständig „angezapft“ zu werden.
(P) “das Leben gefährdende Behandlung” iSd. § 224 I Nr. 5 StGB –> muss eine konkrete Lebensgefährdung eingetreten sein, oder reicht eine abstrakte Lebesgefährdung aus?
- Mit anderen Worten ist danach zu Fragen, ob es aus Sicht eines objektiven Beobachters nur noch vom Zufall abhängen muss, ob der Todeserfolg eintritt, oder ob es ausreicht, dass die Begehungsweise objektiv generell dazu geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen.
- Merke: Streit kann dahinstehen, wenn sich die Gefährdung im Erfolg, also durch den Tod realisiert hat!
A1 –> Für die lebensgefährdende Behandlung iSd. § 224 I Nr. 5 StGB genügt es, dass die Begehungsweise nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, also nach Art, Dauer und Stärke der Einwirkung objektiv generell dazu geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen.
a) Würdigung: alle anderen Qualifikationen lassen abstrakte auch ausreiche, daher sonst zu weites entfernen von anderen Qualifikaitonen
A2 –> Es ist erforderlich, dass das Opfer durch die Begehungsweise in eine konkrete Lebensgefahr gebracht wird und der Eintritt des Todeserfolges nur noch vom Zufall abhängt.
a) Restriktive Auslegung aufgrund hoher Strafandrohung, Aufgrund dessen, dass das Strafmaß angehoben wurde, erscheint es nur sachgemäß auch die Tatbestandsmerkmale restriktiv auszulegen und somit nicht nur einen abstrakte, sondern eine konkrete Lebensgefahr zu fordern.
(P) “§227 StGB Körperverletzung mit Todesfolge” –> Muss sich der tödliche Erfolg gerade aus dem vorsätzlich zugefügten Körperverletzungserfolg (Letalitätslehre) entwickeln oder reicht es aus, wenn nur die Körperverletzungshandlung den tödlichen Erfolg herbeiführt? (Im Rahmen des Gefahrspezifischen Zurechnungszusammenhangs)
Anders formuliert: Knüpft der Gefahrenverwirklichungszusammenhang iSd. § 227 StGB an den Erfolg des Grundtatbestands an, oder bereits an die Tathandlung
- Mit dem spezifischen Gefahrenverwirklichungszusammenhang zwischen dem Grunddelikt und der Todesfolge ist gemeint, dass sich in dem tödlichen Erfolg gerade die dem Grunddelikt anhaftende eigentümliche Gefahr verwirklichen muss.
- Nun ist aber fraglich, ob es für diesen Zusammenhang ausreicht, dass die Todesfolge „lediglich“ an die vorangegangene Tathandlung anknüpft, oder ob es demgegenüber erforderlich ist, dass der konkrete Erfolg des Grunddelikts eingetreten sein muss, an welchem sich dann die spezifische Todesfolge anschließt. Fraglich ist also, ob z.B. der durch die Schlagbewegung gelöste Schuss, der das Opfer tötet dem spezifischen Gefahrenverwirklichungszusammenhang genügt.2
- Dieser Meinungsstreit lässt sich überdies auf alle erfolgsqualifizierten Delikte übertragen.
A1 –> Der tödliche Erfolg muss sich gerade aus dem vorangegangenen Körperverletzungserfolg entwickeln.
a) Würdigung:
(+) Schutzzweckzusammenhang des § 223 StGB –> Die aus § 223 StGB resultierende Sorgfaltspflicht hat nur den Zweck, andere vor Verletzungen zu schützen, nicht aber vor den Gefahren irgendwelcher Bewegungen.
(+) Wortlaut des § 227 StGB „Tod der verletzten Person“
(+) Somit hat § 227 StGB einen sicheren Anwendungsbereich ohne Auslegungsschwierigkeiten.
(+) Somit wird auch dem hohen Strafrahmen entsprochen
(+) Durch die Einengung des Tatbestandes bzw. des Anwendungsbereichs des § 227 StGB, werden nur Fälle erfasst, die nach ihrem Unrechtsgehalt dem hohen Strafmaß entsprechen.
A2 –> Es genügt, wenn bereits die Körperverletzungshandlung den tödlichen Erfolg herbeiführt.
a) Würdigung:
(+) Parallele zum Sprachgebrauch in den §§ 223 I Var. 1 und 224 I Nr. 5 StGB
(+) Der Begriff Körperverletzung bezeichnet bei § 223 I Var. 1 StGB („körperlich misshandelt“) und bei § 224 I Nr. 5 StGB („lebensgefährdende Behandlung“) auch die Körperverletzungshandlung.
(+) Die Körperverletzungshandlung kann genauso lebensgefährlich sein wie der Körperverletzungserfolg
(P) –> Ist die Verwirklichung des Heimtücke-Merkmals durch
a) Unterlassen oder
b) die Möglichkeit der Arglosigkeit Bewusstloser möglich?
- hM –> Nein!
(P) –> Ist eine “Verdeckungsabsicht” durch Unterlassen möglich?
A1 “veraltet” –> Nach früher vertretener Ansicht erfordert „Verdecken“ ein aktives Tun im Sinne eines „Zudeckens“
A2 “hM” –> es bedarf keines aktiven Tuns
a) Würdigung:
(+) Wortlaut
RIESEN (P) –> “Verdeckungsabsicht” seines Totschlags durch liegenlassen (Unterlassen) des Opfers! Ist überhaupt “eine andere Straftat” Im Sinne des Mordmerkmals gegeben?
- Eine „andere“ Tat liegt nicht vor, wenn bei sukzessiver Tatausführung das Verhalten von vornherein auf eine Tötung gerichtet war.
- Dies wird damit begründet, dass das nachträgliche Hinzutreten einer Verdeckungsabsicht die begonnene Tat nicht zu einer „anderen“ Tat macht.
- Voraussetzung für die Verneinung einer „anderen“ Tat ist jedoch durchgehender Tötungsvorsatz, der die sukzessiven Handlungen quasi miteinander verklammert.
- Der Tötungsvorsatz muss also schon bei Beginn der ersten Handlung vorgelegen haben.
- Liegen – wie hier im Fall – eine aktive Tötungshandlung und eine spätere Tötung durch Unterlassen vor, gilt das Gesagte entsprechend.
- Das heißt, eine „andere Straftat“ ist auch dann nicht gegeben, wenn der Täter zunächst eine mit Tötungsvorsatz begonnene Gewalthandlung durchführt (Tun) und später – ggf. nach einer zeitlichen Zäsur – den Todeserfolg aufgrund nachträglich hinzugetretener Verdeckungsabsicht nicht abwendet (Unterlassen).
- Der Grund besteht darin, dass sich das Absehen von Hilfeleistung in einem solchen Fall lediglich als Unterlassen eines strafbefreienden Rücktritts darstellt.
- Maßgeblich für die Beurteilung, ob die zu verdeckende Tat als eine „andere“ Tat im Rechtssinne einzustufen ist, ist demnach, ob durchgehend Tötungsvorsatz bestand.
- Ist dies der Fall, liegt nur eine einheitliche Tat vor.
- Gibt der Täter hingegen zwischenzeitlich den Tötungsvorsatz auf, ist die frühere Handlung, die zum Tod führen sollte, eine „andere“ Tat.
- In diesem Fall kann ein neu gefasster Tötungsentschluss zum Verdeckungsmord führen.
- Vorliegend lässt sich nicht mehr feststellen, ob K durchgängig (also auch schon beim Faustschlag) mit Tötungsvorsatz gehandelt hat.
- Daher muss in dubio pro reo davon ausgegangen werden, dass K bereits anfänglich, mithin durchgängig mit Tötungsvorsatz handelte.
- Beachte: Bei der Beurteilung der Verdeckungsabsicht ist es für den Täter folglich günstiger, von Tötungsvorsatz auszugehen, weil andernfalls der Faustschlag eine andere Tat darstellen würde, die zur Bejahung des Mordmerkmals Verdeckungsabsicht führen würde.
- Bei der Prüfung von § 212 I durch den Faustschlag als Tathandlung wäre die Annahme von Tötungsvorsatz hingegen nachteilig für K, daher musste in dubio pro reo angenommen werden, dass K ohne Vorsatz handelte.
- Dass auf diese Weise „in dubio pro reo“ zweimal in „entgegengesetzter Richtung“ (Bejahung bzw. Verneinung von Tötungsvorsatz) angewendet wird, ist zulässig, ja gerade geboten.
(P) –> relativ mildeste Mittel einer Notwehrhandlung, wenn Erfolg der Tot des Gegners ist, der Handelnde ihn jedoch zB. lediglich auf Balkon schubsen wollte?
- Die Notwehrhandlung des A muss geeignet und erforderlich gewesen sein. Sie war offensichtlich geeignet, den Angriff des S zu unterbinden.
- Fraglich ist aber, ob sie auch das relativ mildeste unter gleich geeigneten Mitteln war.
- Zwar war die Tötung als solche grundsätzlich nicht erforderlich i.e.S.; auf der Grundlage eines “objektiven ex-ante Urteils” war der Stoß aber das mildeste wirksame Mittel, um den Spediteur auf den Balkon zu sperren.
- Ungewollte Auswirkungen der Tat (hier: dass der S durch den Stoß zu Tode kam) lassen die Erforderlichkeit dann nicht mehr entfallen.
- Bezugspunkt für die Beurteilung ist nur die Handlung selbst, nicht der tatsächlich eingetretene Erfolg.
- So hätte als milderes Mittel lediglich ein Festhalten des S o.Ä. zur Verfügung gestanden. Dieses wäre aber nicht gleich wirksam gewesen.
(P) –> Schusswaffeneinsatz iR. der Erforderlichkeit?
- Es ist zu beachten, dass unter mehreren gleich wirksamen Mitteln stets dasjenige zu wählen ist, welches für den Angreifer und etwaige Dritte am wenigsten einschneidend ist. Demnach ist grds. beim Gebrauch von Schusswaffen folgendermaßen vorzugehen:
1) Der Waffeneinsatz ist anzudrohen,
2) es ist ein Warnschuss abzugeben und möglichst erst auf die Beine (o. Ä.) zu zielen.
- Dies gilt jedoch nur, wenn dieses Vorgehen dem Angegriffenen in der konkreten Situation möglich ist und er dadurch kein Risiko bei der Verteidigung seines Rechtsgutes eingeht.
- Dabei ist auch zu beachten, dass stets die Notwehrhandlung und nicht deren Erfolg zu beurteilen ist.
(P) –> Was bedeutet (Art. 2 II lit. a) EMRK für die Notwehr gem. § 32 StGB?
- Die EMRK ist ein völkerrechtlicher Vertrag und durch die Ratifikation Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes geworden (Art. 59 II 1 GG).
- Die Bedeutung von Art. 2 II lit. a EMRK ist höchst umstritten.
A1 –> Zum Teil wird behauptet, dass § 32 StGB und Art. 2 II lit. a EMRK inhaltlich übereinstimmen. Es ist aber zu bedenken, dass nach § 32 StGB die Tötung eines Menschen zur Verteidigung von Sachwerten zumindest in Ausnahmefällen denkbar ist (s. z.B. Lösung zu Fall 24a).
Art. 2 II lit. a EMRK dagegen lässt dieses Ergebnis nicht zu.
A2 –> Hieraus folgert eine zweite Ansicht tatsächlich eine Einschränkung des § 32 StGB durch Art. 2 II lit. a EMRK, so dass F nicht gerechtfertigt wäre. Sie verweist dabei auch auf die neuere Rechtsprechung des EGMR und daran anknüpfend des BVerfG (BVerfGE 111, 307) und geht davon aus, dass das deutsche Notwehrrecht vollständig den Beschränkungen des Art. 2 II lit. a EMRK (effektiver Lebensschutz) unterliegt.
A3 –> Zu Recht weist aber eine dritte Ansicht darauf hin, dass Art. 2 II lit. a EMRK lediglich das (verti-kale) Verhältnis Staat – Bürger betreffe. Das (horizontale) Verhältnis der Bürger untereinander und damit das Notwehrrecht des Einzelnen werde nicht unmittelbar berührt.
- Auch eine mittelbare Folgerung für das Verhältnis Privater untereinander kann nach richtiger Ansicht nicht ge-zogen werden, da die Situationen im Verhältnis Staat – Bürger und Bürger – Bürger zu unter-schiedlich sind, als dass sich aus der völkerrechtlich vorgegebenen Behandlung innerhalb der ersten Situation ein zwingender „Erst-recht-Schluss“ auf die Behandlung in der letzteren Situation (im Sinne einer völkerrechtskonformen Auslegung) ergeben könnte.
Kurzübersicht von (P) –> Notwehrprovokation?
P) Notwehrprovokation 1) absichtliche Provokation –> nach h.M. Rechtsmissbrauch –> Versagung des Notwehrrechtes
2) sonstiges schuldhaftes Herbeiführen einer Notwehrlage –> abgestuftes Notwehrrecht (erst Ausweichen – dann Schutzwehr – dann Trutzwehr)
(P) –> rechtfertigende Wirkung des § 32 StGB auch dann, wenn zwar objektiv eine Notwehrlage vorlag, diese vom Notwehrausübenden aber nicht erkannt wurde? –> Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements?
A1 “Objektive Theorie” –> Rechtfertigung (+), da Rechtsordnung nicht durch die Gesinnung des Täters gestört wird, sondern durch die Gefährlichkeit des objektiven Verhaltens. Was objektiv gerechtfertigt ist, kann sich nicht durch subjektive Elemente in ein missbilligtes Verhalten verwandeln.
A2 “subjektive Theorie” –> Für eine Rechtfertigung nach § 32 StGB genügt nicht das Vorliegen der objektiven Notwehrvoraus-setzungen. Die Notwendigkeit subjektiver Rechtfertigungselemente ergibt sich daraus, dass sich der Unrechtsgehalt einer Tat aus Handlungs- und Erfolgsunrecht zusammensetzt. Für die Kompensati-on des Erfolgsunrechts ist maßgeblich, dass die Rechtfertigungssituation objektiv gegeben ist. Für die Kompensation des Handlungsunrechts ist dagegen entscheidend, dass der Täter zumindest in Kenntnis der Notwehrsituation handelt (nicht notwendig ist hingegen ein Verteidigungswille, so aber etwa Fischer, StGB, § 32 Rn. 25 f. und die Rspr.. Dafür spricht auch der Wortlaut der §§ 32, 34 StGB („um … abzuwenden“). Nur wer mit der Intention handelt, den rechtswidrigen Angriff abzuwehren, wahrt das Recht gegenüber dem Unrecht.
A3 “e.A.” –> Bestrafung wegen einer vollende-ten rechtswidrigen Tat Diese Ansicht wird damit begründet, dass nur die volle Kongruenz zwischen objektiven und subjek-tiven Rechtfertigungsvoraussetzungen einen Unrechtsausschluss bewirkt (Rechtsbewährungsge-danke).
A4 “h.M.” –> Eine andere Ansicht befürwortet eine entsprechende Anwendung der Versuchsregeln: Der Erfolgs-unwert der Tat wird durch die objektiv gegebene Rechtfertigungslage kompensiert. Der Handlungs-unwert bleibt hingegen erhalten. Das entspricht der Konstellation beim Versuch.
Lösung –> Strafbarkeit wegen Versuchs prüfen!
(P) –> Bewusstlos werden vor Eintritt der schweren Folge im Ramen der “Verursachung durch die Schlägerei” bei Mitwirkung am Raufhandel gem. § 231 I Alt. 1? –> “objektive Bedinungung der strafbarkeit” gegeben?
- Fraglich ist aber, ob es dem A zugutekommt, dass er vor Eintritt der schweren Folge bewusstlos wurde und ab diesem Zeitpunkt nicht mehr an der Schlägerei beteiligt war.
A1 –> Nach einer Ansicht soll nur die Beteiligung während des Verursachungszeitpunkts der schweren Folge strafbar sein.
A2 –> Eine andere Ansicht hält die Beteiligung vor und während, nicht jedoch die Beteiligung nach dem Verursachungszeitpunkt für strafbar.
A3 –> Für eine dritte Meinung spielt es keine Rolle, zu welchem Zeitpunkt die einzelnen Akteure an der Schlägerei beteiligt waren.
(P) –> stellt eine “beschuhter Fuß” mit dem man an empflindliche Körperstellen tritt, ein “gefährliches Werkzeug” gem. 3 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB dar?
- Ausgehend vom Wortlaut des § 224 I Nr. 2 Alt. 2 kann der Fuß selbst als Körperteil kaum ein gefährliches Werkzeug darstellen.
- Anders kann es sich hingegen bei einem „beschuhten Fuß“ verhalten, wenn gegen empfindliche Körperstellen getreten wird, da Tritte mit Schuhen aufgrund der Verstärkung der Wucht der Tritte dann durchaus erhebliche Verletzungen herbeiführen kön-nen.
(P) –> wie ist der Grad einer Lebensgefahr gem. § 224 I Nr. 5 StGB festgestellt?
Einer Ansicht nach wird der Eintritt einer konkreten Lebensgefahr gefordert, wobei es nur vom Zufall abhängen soll, ob das Opfer zu Tode kommt. Eine andere Ansicht lässt es jedoch ausreichen, wenn die Behandlung abstrakt geeignet ist, einen Todeserfolg herbeizuführen. Ein konkreter Gefahrenerfolg muss sich demzufolge nicht realisieren.
(P) –> Wann ist ein Körperglied als wichtig gem. §§ 226 I Nr. 2 Var. 2 StGB zu erachten?
Fraglich ist, wann ein Körperglied wichtig ist. A1 –> Eine Ansicht erachtet ein Körperglied als wichtig, wenn es für das Leben jedes Menschen von erheblicher Bedeutung ist
a) zB. der Daumen: Ohne den Daumen sind der Zangen- und der Pinzettengriff nicht möglich. Daher ist der Daumen für jeden Men-schen von erheblicher Bedeutung.
A2 –> Eine andere Ansicht will auf die sozialen Funktionen (z.B. besondere Bedeutung für Pianisten) und die individuellen Körpereigenschaften des Opfers abstellen.
a) zB. Daumen eines Rechtshänders an rechter Hand
A3 –> Eine dritte Ansicht berücksichtigt lediglich die individuellen Körpereigenschaften, nicht je-doch die sozialen Funktionen.
(P) –> Ist ein Tier (bzw. ein Hund) eine Sache iSd. § 303 I StGB?
- Eine Sache ist nach § 90 BGB jeder körperliche Gegenstand.
- Fraglich ist jedoch, ob ein Hund eine Sache i.S.d. § 303 I StGB sein kann, da § 90a S. 1 BGB feststellt, dass Tiere gerade keine Sachen seien.
- Würde man allerdings Tiere als Tatobjekte aus dem Anwendungsbereich des § 303 StGB herausnehmen, würde dies zu dem unbilligen Ergebnis führen, dass diese weniger geschützt wären als sonstige körperliche Gegenstände.
- Dies widerspräche sowohl dem Zweck des § 303 StGB, der als Rechtsgut allgemein das Eigentum schützt, als auch dem Zweck des § 90a BGB, der Tiere gegenüber anderen Sachen im Schadensersatzrecht besser stellen möchte (vgl. § 251 II S. 2 BGB).
- Zudem besitzt das StGB seine eigenen Begrifflichkeiten.
- Der wesentlich ältere strafrechtliche Sachbegriff ist als solcher eigenständig und vom Sachbegriff des BGB zu trennen.
- Auch ein systematischer Vergleich mit § 324a I Nr.1 StGB spricht hierfür. Tiere sind in dieser Norm Sachen gleichgestellt worden (…Tiere, Pflanzen oder andere Sachen…).
- Auch die Wertung des Art. 20a GG spricht dafür, auch Tieren einen strafrechtlichen Schutz im Rahmen des § 303 I StGB zukommen zu lassen.
- Folglich ist auch ein Tier und damit der Schäferhund eine Sache i.S.d. § 303 StGB.
(P) –> Vorgehen bei “ärztlichem Heileingriff” (für den Spender, ansonsten liegt schon gar kein Heileingriff vor)?
- Zu erst prüfen, ob ärztlicher Heileingriff tatbestandlich überhaupt eine Körperverletzungshandlung darstellt! –> strikt von Rechtfertigung der Körperverletzung zu trennen!
A1 (Überwiegende Literaturmeinung) –>
1. Gemeinsame Tendenz (wenn auch im Einzelnen unterschiedliche Ansichten) ist, dass ein medizinisch indizierter und kunstgerecht ausgeführter Heileingriff schon nicht tatbestandsmäßig ist.
2. Tatbestandsmäßig ist nur der fehlerhaft ausgeführte und das körperliche Wohl verschlechternde „Heil“eingriff (wobei es bei letzterem idR am Vorsatz fehlt – der Arzt will ja negative Folgen gerade vermeiden und nicht herbeiführen).
a) Würdigung:
(+) Keine Gleichstellung des Arztes, der Verbesserung des körperlichen Zustandes erreichen will, mit „gewöhnlichen“ Tätern, deren Ziel gerade die Verschlechterung des körperlichen Zustands ist (Schlagwort: Gleichstellung des Arztes mit dem „Messerstecher“).
(+) Heileingriff muss als Gesamtakt betrachtet werden, der insgesamt der Verbesserung des körperlichen Wohls dient; nicht abzustellen ist auf Einzelakte wie Injektion, Einschnitte etc.
A2 (Rspr.+Teile der Literatur) –>
1.Jeder ärztliche Eingriff, der die körperliche Unversehrtheit mehr als unerheblich beeinträchtigt, ist eine tatbestandsmäßige Körperverletzung.
2. Dabei ist irrelevant, ob der Eingriff medizinisch indiziert ist, lege artis ausgeführt wird oder erfolgreich ist.
3. Allerdings kann eine Rechtfertigung nach den Regeln der (mutmaßlichen/hypothetischen) Einwilligung oder gem. § 34 StGB erfolgen.
a) Würdigung:
(+) Erst auf der Ebene der Rechtswidrigkeit findet die Gesamtbetrachtung statt.
(+) Ansonsten würde das Selbstbestimmungsrecht des Patienten missachtet.
- Die bloße medizinische Indikation und kunstgerechte Ausführung würden, auch wenn der Patient den Eingriff gar nicht will, zur Tatbestands- und damit Straflosigkeit führen. (In Betracht kämen dann nur noch §§ 239, 240 StGB
(P) –> Spritze als gefährliches Werkzeug iSd. § 224 I StGB?
- Zwar kann man mit einer Nadel erhebliche Verletzungen herbeiführen (z.B. Stich ins Auge).
- Mit einer von einem Arzt sachgerecht als medizinisches Instrument benutzten Spritze ist dies jedoch nach der konkreten Art und Weise der Verwendung – hier für eine Blutentnahme – ausgeschlossen, so dass die Spritze, die von einem Arzt zur kunstgerechten Behandlung benutzt wird, kein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 I Nr. 2 StGB ist.
- Anders liegt es dort, wo das Behandlungsinstrument als Angriffs- oder Verteidigungswerkzeug eingesetzt wird.
(P) –> Gemeinschaftliches Begehen einer Tat gem. § 224 I Nr. 4 StGB, wenn ein Arzt Polizisten anweist, einen Patienten festzuhalten?
- Die Polizisten sind Beteiligte und haben mit dem Arzt F unmittelbar am Tatort zusammengewirkt.
- Fraglich ist jedoch, ob § 224 I Nr. 4 StGB vorliegt, da eine medizinische Behandlung in ei-nem Krankenhaus oft arbeitsteilig vorgenommen wird, ohne dass die für § 224 StGB charakteristi-sche besondere Gefährlichkeit der Körperverletzung gegeben ist.
- Hier lag der Fall aber anders als bei einem normalen Eingriff, da der Arzt und die „Helfer“ (welche zudem kein medizinisches Personal sind) gewaltsam gegen den Patienten vorgingen und daher tatsächlich für diesen wegen ihrer Übermacht besonders gefährlich waren.
- § 224 I Nr. 4 StGB liegt somit objektiv vor.
(P) –> Angemessenheit der Notstandshandlung des Blutentnehmens gegen den Willen eines Patienten durch Arzt im Verhältnis zur Rechtsordnung und den diese prägenden Prinzipien?
A1 (überwiegende Meinung) –>
- Ausgehen davon, dass ein Eingriff in einen anderen Personenwert (hier: körperliche Integrität) trotz Höherrangigkeit des bedrohten Rechtsguts (hier: Leben) ausscheidet.
- Der Anspruch auf Selbstbestimmung und die Respektierung der Person (Autonomieprin-zip) schließe es aus, den Mitmenschen zur Duldung erheblicher Eingriffe in seine Person zu zwingen („Freiheitsprinzip“).
- Das Recht auf freie Selbstbestimmung (Art. 2 I i.V.m Art. 1 I GG), der Schutz der körperlichen Integrität (Art. 2 II GG) und die Menschenwürde (Art. 1 I GG) verbieten es danach, den B wider Willen zum „Blutersatzteillager“ und somit zu einem Objekt herabzuwürdigen.
- Eine zwangsweise Blutentnahme ist daher nach dieser Ansicht generell abzulehnen.
A2 (Vereinzelt vertreten) –>
1. Vereinzelt wird es allerdings abgelehnt, selbst geringe körperliche Zwangseingriffe zum Schutz anderer Rechtsgüter unter allen Umständen als Verstoß gegen die Menschenwürde anzusehen.
2. Dies zeigten auch die Regelungen der §§ 81a I 2, 81c StPO und des § 372a ZPO, nach denen zwangsweise Blutentnahmen sogar zur Aufklärung geringfügiger Delikte bzw. zur Feststellung der Abstammung zulässig sind.
3. Angesichts dessen könne ein ähnlicher Eingriff nicht unzulässig sein, wenn er der Rettung eines Menschenlebens diene.
4. Außerdem zeige § 323c StGB, dass Hilfeleistungen sehr wohl erzwingbar sind
a) Würdigung:
(-) Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die sittliche Entscheidung, ob das persönliche Opfer einer Blutspende erbracht wird oder nicht, in einem freiheitlichen Rechtsstaat grundsätzlich dem Einzel-nen überlassen bleiben muss, also nicht (etwa im Rahmen des § 323c StGB) Gegenstand einer „all-gemeinen Hilfspflicht“ sein kann.
(-) Richtigerweise kann sich auch aus dem Solidaritätsprinzip keine Verpflichtung des B zur Duldung einer solchen Maßnahme ergeben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der B durch sein rechtswidriges Vorverhalten (Ingerenz) die Gefahr verursacht hat und ihn daher nicht nur eine Mindestsolidarität, sondern vielmehr eine Erfolgsabwendungspflicht trifft.
(-) Zwar greift hier der Gedanke einer erhöhten Zumutbarkeit eingreifender Maßnahmen beim für die Gefahr Verantwortlichen, der sich auch in § 228 BGB (Defensivnotstand) zeigt. Geht man aber bei einer zwangsweisen Blutentnahme mit der herrschenden Lehre (u.a.) von einem Menschenwürde
verstoß aus, kann diese verfassungsrechtliche Hürde auch durch die Verantwortlichkeit des Betroffenen nicht überwunden werden.
–> Die Notstandshandlung war deshalb nicht angemessen (a.A. gut vertretbar).
(P) –> Ist die Faust eines Boxers ein gefährliches Werkzeug iSd. § 224 I Nr. 2 StGB?
- Bei Körperteilen wird die Werkzeugqualität ganz überwiegend abgelehnt, da schon der Wortlaut „Werkzeug“ nur gegenständliche Mittel erfasst, die vom Körper unabhängig sind.
- Wegen des Bestimmtheitsgebots (Art. 103 II GG, § 1 StGB) bildet die Wortlautgrenze die Grenze der zulässigen Auslegung. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen das strafrechtliche Analogieverbot vor (Keine Analogie zu Lasten des Täters!).
- Auch die besonders „geschulte Faust des Boxers“ ist deshalb kein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 I Nr. 2, 2. Alt. StGB, da diese ein Teil des Körpers und damit kein „Werkzeug“ ist.
(P) –> Was stellt eine “mittels einer das Leben gefährdenden Behanldung” gem. § 2224 I Nr. 5 StGB dar?
A1 “Eine Mindermeinung” –> verlangt für § 224 I Nr. 5 StGB den Eintritt einer konkreten Lebensgefahr.
(-) Für diese enge Auslegung gibt der Wortlaut der Norm jedoch keine Anhaltspunkte.
A2 “hM” –> Richtigerweise genügt daher eine Behandlung, die unter den konkreten Umständen generell geeignet ist, das Leben zu gefährden (abstrakte Gefahr).
Ein Fausthieb in die Schläfengegend ist generell geeignet, das Leben des Opfers zu gefährden, so dass § 224 I Nr. 5 StGB hier zu bejahen ist, auch wenn keine konkrete Lebensgefahr für D eingetreten ist.
Merke:
- Die abstrakte Gefahr muss sich aus der Handlung selbst und nicht erst aus weiteren äußeren Umständen ergeben.
- Nicht erforderlich ist, dass das Opfer tatsächlich in Lebensgefahr geraten ist
(P) –> Ist Provokation (zB. “Dann komm doch her wenn du dich traust und schlag mich!”) als Einwilligung zu werten?
–> Nein, da sittenwidrig gem. § 228 StGB!
(P) –> Tatbestandsmäßigkeit geringfügiger körperlicher Züchtigung durch Eltern?
- Früher: Nach hM. (+), aber Rechtfertigung wegen elterlichen Züchtigungsrechts
- Heute: § 1631 II BGB verbietet ausdrücklich körperliche Bestrafung, deshalb keine Rechtfertigung möglich –> Problem des Erziehungsrechts hat sich auf Tatbestandsebene verlagert
A1 –> Erziehungsrecht der Eltern gebietet restriktive Auslegung des § 223 StGB: Bei gering-fügigen Züchtigungen, die den zur Rechtfertigung entwickelten Grundsätzen genügen, liegt tatbestandlich keine Körperverletzung vor.
Hierbei ist allerdings problematisch, wann eine körperli-che Züchtigung „geringfügig“ ist.
A2 –> Klarer Wille des Gesetzgebers
wollte gewaltfreie Erziehung sicherstellen, deshalb keine Korrektur des Tatbestandes, auch nicht bei geringfügigen Züchtigungen.
(P) –> Begründbarkeit der a.l.i.c.? Riiiieeesen Problem!
- Sehr umstritten ist allerdings, ob die Rechtsfigur der a.l.i.c. mit dem Koinzidenzprinzip aus § 20 in Einklang gebracht werden kann. Zur dogmatischen Begründung werden verschiedene Modelle vertreten.
A1 “Unvereinbarkeitsmodell” –>
1. die a.l.i.c. ist mit dem geltenden Recht – insbesondere im Hinblick auf Art. 103 II GG – nicht in Einklang zu bringen und daher als Rechtsfigur abzulehnen.
Rauschtaten könnten damit nur gem. § 323a bestraft werden
a) Würdigung:
(+) keine Notwendigkeit für die a.l.i.c.
Mit § 323a existiere eine Strafvorschrift, die verhindere, dass eine im Rauschzustand begangene Tat gänzlich straflos bleibt. Für eine weitergehende Strafbarkeit müsse der Gesetzgeber tätig werden.
(-) Dem wird jedoch entgegengehalten, dass § 323a eine Höchststrafe von nur fünf Jahren vorsieht; auch bei der Begehung eines Mordes im Rausch-zustand käme demnach höchstens eine fünfjährige Freiheitsstrafe in Betracht. Ein solches Ergebnis sei aber jedenfalls dann nicht mit dem Gerechtigkeitsempfinden zu vereinbaren, wenn jemand den Rauschzustand mit dem Vorsatz herbeigeführt hat, die dann tatsächlich vollendete Tat zu begehen.
A2 “Das Ausnahmemodell” –>
1. die Fälle der a.l.i.c. sind richterrechtlich anerkannte Ausnahme zum Koinzidenzprinzip des § 20 StGB
a) Würdigung:
(-) Verstoße gegen Art. 103 II GG, der es untersagt, Strafvorschriften durch Gewohnheitsrecht oder Richterrecht gegen ihren Wortlaut zu Un-gunsten des Betroffenen zu verändern.
A3 “Das Ausdehnungsmodell” –>
1. dehnt den Zeitpunkt „bei Begehung der Tat“ in § 20 StGB in der Weise aus, dass hierunter nicht erst die Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung, sondern bereits ein schuldrelevantes Vorverhalten fällt, d.h. hier das Sich-Versetzen in den Zustand der Schuldunfähigkeit.
2. Für die Strafbarkeit genügt es demnach, dass der Täter zum Zeitpunkt dieses Vorverhaltens noch schuldfähig ist.
a) Würdigung:
(-) eine „Tat“ gemäß § 11 I Nr. 5 StGB ist nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. „Begehung der Tat“ heißt deshalb Vornahme der tatbestandlichen Handlung und nicht Vollzug eines Vorverhal-tens.
A3 “Das Vorverlegungsmodell” –> 1. Die tatbestandsmäßige Handlung beginnt bereits mit dem Sich-Versetzen in einen Zustand der Schuldunfähigkeit.
2. Zumindest bei reinen Erfolgsdelikten ist eine solche Vorverlegung ohne weiteres möglich, da diese nicht mehr verlangen als eine beliebige Handlung des Täters, die mit einem tatbestandlichen Erfolg in objektiv zurechenbarer Art und Weise kausal verknüpft ist.
3. § 223 ist ein Erfolgsdelikt. Demnach wäre D nach dieser Ansicht bezogen auf das Sich-Betrinken schuldfähig, bezogen auf den hier relevanten Zeitpunkt – das Schlagen mit dem Baseballschläger – jedoch schuldunfähig.
a) Würdigung:
(+) Näherliegend erscheint es, die Zulässigkeit der a.l.i.c. mit dem Vorverlegungsmodell zu begründen. Auch das Vorverlegungsmodell führt allerdings zu problematischen Konsequenzen.
Der Beginn einer Tathandlung liegt grundsätzlich nach § 22 erst vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt. Nach der h.M. liegt ein solches unmittelbares Ansetzen jedoch erst dann vor, wenn die Handlung der Täterin aus ihrer Sicht das Opfer bereits konkret gefährdet oder ohne weitere wesentliche Zwischenakte direkt in die Tatbestandsverwirklichung einmüden soll. Bei der alic müsste jedoch das Sich-Versetzen in einen Rauschzustand mit dem Vorsatz, im schuldunfähigen Zustand eine Straftat zu begehen, schon als unmittelbares Ansetzen zu dieser Tat gem. § 22 gewertet werden. Mit anderen Worten würde schon die Herbeiführung des Rauschzustandes eine Versuchsstrafbarkeit begründen, obwohl das Opfer noch nicht konkret gefährdet ist und noch weitere wesentliche Zwischenakte bis zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich sind. Allerdings erscheint dies durchaus hinnehmbar, wenn man einen anderen Vergleichsfall betrachtet: Auch bei sog. Distanzfällen – etwa wenn der Täter eine Sprengfalle bastelt, die erst einen Monat später explodieren soll, und sich dann dauerhaft vom Tatort entfernt – liegt noch ein erheblicher Zeitraum zwischen tatbestandsmäßiger Handlung und Erfolgseintritt. Die Vorverlagerung der Versuchsstrafbarkeit spricht somit nicht zwingend gegen diesen Begründungsansatz.
A4 “Sonderfall der mittelbaren Täterschaft” –> 1. Eine weitere Ansicht stellt ebenfalls auf das Sich-Betrinken ab und behandelt die a.l.i.c. als Sonderfall der mittelbaren Täterschaft, weil der Täter sich als sein eigenes schuldunfähiges Tatwerkzeug verwendet.
2. Ein mittelbarer Täter setzt bereits dann unmittelbar i.S.v. § 22 StGB an, wenn er das Geschehen aus der Hand gibt – d.h. also in dem Augenblick, in dem er sich berauscht und damit die Kontrolle über sich selbst verliert.
a) Würdigung:
(-) verstößt gegen Art. 103 II GG, da es nicht mit dem Wortlaut von § 25 I Var. 2 zu vereinbaren ist. Danach muss die Tat „durch einen anderen“ begangen werden und die Bewusstseinsveränderung aufgrund der Berauschung macht den Täter nicht zu einer anderen Person.
Wie wird der zweistufige Deliksaufbau, der von der Rspr. verwendet wird, ausgeführt?
- Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit sollen zu einem Gesamtunrechtstatbestand verbunden werden
- Tatbestandsmerkmale als positive Tatbestandsmerkmale (müssen vorliegen)
- Rechtfertigungsngründe als negative Tatbestandsmerkmale (dürfen nicht vorliegen)
Welche 2 Lehren gibt es zu der Kausalität?
A1: Äquivalenztheorie (Rspr.) –> Ursächlich ist jede Bedingung, die nicht hinweg ge-dacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele – sog. Conditio-sine-qua-non-Formel
A2: “Lehre von der gesetzmäßigen bedingung (hL)” –> Eine Bedingung ist für einen Erfolg dann ursächlich, wenn sie mit diesem naturgesetzlich verbunden ist.
Problemfälle der Kausalität?
- Atypische Kausalverläufe (unerheblich)
- Hypothetische Ersatzursachen (Kausalität entfällt nicht dadurch, dass der Erfolg aufgrund anderer Ereignisse, die tatsächlich aber nicht stattgefundne haben, ebenfalls eingetreten wäre)
- Beschleunigung des Erfolgseintritts (Mitursächlichkeit/Beschleunigung genügt für Kausalität)
- Fortwirkende Kausalität ( unerheblich ob Verletzter oder Dritten eingreift, solange die früher gesetze Bedingung bis zum Erfolgseintritt fortwirkt, d.h. der später Eingreifende an die vorausgehende Bedingung anknüpft)
- Kumulative Kausalität (2 Täter setzen unabhängig voneinander Bedingungen die nur zusammen, aber nicht für sich allein zur Erfolgsverursachung ausreichen –> jede Bedingung ist ursächlich)
- Alternative Kausalität (Wieder 2 Täter, aber jede Bedingung für sich allein hätte schon zur Erfolgsverursachung ausgereicht)
- -> Handlungen gelten schon dann als kausal, wenn sie nicht kumulativ weggedacht werden können - Abgerbochene Kausalität (Die Ursächlichkeit einer früher gesetzten Bedingung ent-fällt, wenn ein späteres Ereignis völlig unabhängig von ihr eine neue Kausalreihe er-öffnet, die ganz allein den Erfolg herbeiführt, d.h. die erste Kausalreihe „überholt“ und somit abbricht.) –> “in dubio pro reo”
Problemfälle der Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr?
- Allgemeines Lebensrisiko (keine Gefahrenschaffung und auch rechtlich nicht missbilligt)
- Erlaubtes Risiko (zB. Anfahren einer Person im Straßenverkehr ohne dass man es hätte verhindern können –> Durch Auto fahren schaffen von Gefahr, aber rechtlich nicht missbilligt)
- Risikoverringerung (kein Begründen einer neuen eigenständigen Gefahr –> zB. Rettungshandlung bei der sich Person das Bein bricht, aber sonst von Balken erschlagen worden wäre)
Problemfälle des Gefahrenzusammenhangs?
- Atypische Schadensfolge (kein Gefahrenzusammenhang! zB. Opfer ist Bluter)
- Geschehensabläufe außerhalb aller Lebenserfahrung (kein Gefahrenzusammenhang!)
- Fehlen des Schutzzweckzusammenhangs (kein Gefahrenzusammenhang)
- Fehlen des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs (Erfolg wäre auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten –> kein Gefahrenzusammenhang)
- Eigenverantwortliche Selbstgefährdung (Kein Gefahrenzusammenhang)
- -> Außer: Selbstgefährdung ist nicht freiverantwortlich
- -> Außer: Einverständliche Fremdgefährdung (Herrschaft über Tatgeschehen liegt allein bei Handelndem) - Eigenverantwortliches Dazwischentreten Dritter (kein Gefahrezusammenhang, wenn durch Zweithandlung eine völlig neue Gefahr geschaffen wird durch Eingriff in Geschehen)
- -> Außer: Das Verhalten des Dritten ist spezifisch mit der Augsangsgefahr verbunden - Fälle der kumulativen Kausalität
- -> nur Bestrafung aus Versuch
- -> Risiko eines zufälligen Zusammentreffens zweier Handlungen die für sich Betrachtet zur Erfolgsherbeiführung nicht geeignet sind
(P) –> Abgrenzung des Eventualvorsatz und der bewussten Fahrlässigkeit?
- Abgrenzung auf der Wissensseite:
A1 “Möglichkeitstheorie” –> Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter die konkrete Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung erkannt hat und dennoch handelt.
(-) Dehnt die Vorsatzstrafbarkeit zu sehr in bewusste Fahrlässigkeit aus –> Täter ekennt gerade die Möglichkeit der Rechtsgutverletzung
A2 “Wahrscheinlichkeitstheorie” –> Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter die Rechtsgutsverletzung für wahrscheinlich, d.h. mehr als „möglich“ und weniger als „überwiegend wahrscheinlich“, hält.
(-) Auch ein als wenig wahrscheinlich eingeschätzter Erfolg kann bewusst an-gestrebt und damit vom Vorsatz umfasst sein kann.
A3 “normative Risikolehre” –> Eventualvorsatz liegt vor, wenn sich der Täter bewusst für ein Handeln entscheidet, das mit einer in der Rechtsordnung geltenden Risikomaxime unverträglich ist.
(-) wieder zu weites Ausdehnen, da Täter bewusst gegen geltende Risikomaxime verstößt
- Abgrenzung auf der Willensseite
A1 “Ernstnahmetheorie” hL. –> Eventualvorsatz liegt (nur) vor, wenn der Täter den Erfolg für ernstlich für möglich hält und sich um des von ihm erstrebten Zieles auch mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet
A2 “Billigungstheorie” Rspr. –> Eventualvorsatz liegt (nur) vor, wenn der Täter den Erfolg für möglich hält und ihn auch billigend in Kauf nimmt. Billigen „im Rechtssinn“ erfordert dabei keine positive emotionale Stellungnahme, sondern meint ein Sichabfinden mit dem tatbestandlichen Erfolg um des angestrebten Zieles willen.
–> Unterschied auf Wollensseite: Bei Eventualvorsatz Abfinden mit Erfolgseintritt und bei bewusster Fahrlässigkeit ernsthaftes und nicht bloß vages Vertrauen darauf, dass der Erfolg nicht eintreten wird
(P) –> “dolus alternativus”?
- Der Täter weiß nicht sicher, welche von mehreren sich gegenseitig ausschließenden Erfolgen er mit seiner Handlung herbeiführen wird; er nimmt aber jede Möglichkeit billigend in Kauf.
A1 “Vollendungslösung” –> Zu bestrafen ist nur aus dem vollendeten Delikt. Bleiben alle Erfolge aus, ist auf das schwerere Delikt abzustellen.
(-) Möglicherweise schwerer wiegendes Versuchsunrecht bliebe unberücksichtigt
A2 “Schwerelösung” –>Nur aus schwererem Delikt zu bestrafen
(-) Wenn Versuchsunrecht schwerer wiegt, bleibt tatsächlich eingetretene Rechtsgutverletzung unberücksichtigt
A3 “Kumulationslösung” hM. –> Bestrafung aus allen verwirklichten und versuchten Delikten in tateinheit
(-) Täter werden zwei Vorsatztaten zur Last gelegt, obwohl nach seiner Vorstellung nur eine Rechtsgutverletzung eintreten sollte
(P) –> Fehlgehen der Tat bei mittelbarer Individualisierung: Lenkung des Angriffs aus Ferne und daher nicht Wahrnehmen des Zielobjekts
- zB. Autobombe durch Umdrehen des Zündschlüssels und falsche Person steigt in Auto
A1 “aberratio ictus Lösung” –> Tatumstandsirrrtum
- Fahrlässiges Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
A2 “Error in persona Lösung” hM. –> Kein tatumstandsirrtum, da Vorsatz sich mangels sinnlicher Wahrnehmung auf jedes Objekti beziht das den Programmvorgaben entspricht –> lediglich unbeachtlicher Identitätsirrtum bei tatbestandlicher Gleichwertigkeit