Grundwissen Grundkurs Strafrecht I Flashcards

1
Q

Welche drei Prüfungspunkte kommen in jedem strafrechtlichen Gutachten vor? Worum geht es jeweils?

A

In jedem strafrechtlichen Gutachten sind die Prüfungspunkte
I. Tatbestandsmäßigkeit
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
zu prüfen und auch in dieser Reihenfolge anzusprechen. Sollte einer der Prüfungspunkte nicht erfüllt sein, ist die Prüfung abzubrechen (Hilfsgutachten wie bspw. im Öffentlichen Recht gibt es im Strafrecht grundsätzlich nicht.).In der Tatbestandsmäßigkeit geht es darum festzustellen, dass das Verhalten des Täters abstrakt strafrechtlich verboten ist (weil er dadurch einen strafgesetzlichen Tatbestand verwirklicht, z.B. Körperverletzung, § 223 StGB).
Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist durch die Verwirklichung des Tatbestandes regelmäßig indiziert. Es ist aber zu prüfen, ob dieses Verhalten im konkreten Fall vielleicht ausnahmsweise erlaubt, d.h. gerechtfertigt war (z.B. durch Notwehr, § 32 StGB).
Im Prüfungspunkt Schuld schließlich prüft man, ob dem Täter sein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Verhalten auch individuell vorwerfbar ist oder ob er vielleicht „nichts dafür kann“ (z.B. wegen einer krankhaften seelischen Störung, s. § 20 Var. 1 StGB).

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2
Q

Wie prüft man den Tatbestand eines vorsätzlichen Begehungsdelikts? Beispiel: T gibt O eine Ohrfeige. Tatbestandsmäßigkeit i.S.v. § 223 StGB?

A

Prüfung in 2 Schritten:
1. OTB=entspricht das Verhalten äu0erliche dem, was im Wortlaut der Strafvorschrift umschrieben ist
2. STB= Handelt der Täter vorsätzlich iSd. § 15 StGB und bezieht Vorsatz sich auf alle Merkmale des OTB –> Vorsätzlich handelt, wer weiß was er tut und das auch will
Es kann sein dass es nocht weiterer subjektiver Tatbestandsmerkmale bedarf, wie der Zueignungsabsicht, dann müssen auch diese erfüllt sein
Weitere Besonderheit kann die objektive Bedingung der Strafbarkeit sein, darauf muss sich Vorsatz nicht beziehen

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3
Q

Bei welcher Erscheinungsform der Straftat spielt die Garantenstellung eine Rolle? Welche beiden Formen von Garantenstellungen gibt es? Nennen Sie Beispiele! Warum gibt es den Prüfungspunkt Garantenstellung?

A

Die Garantenstellung ist ein Prüfungspunkt im objektiven Tatbestand des (unechten) Unterlassungsdelikts. Ihr Erfordernis ergibt sich aus § 13 I Hs. 1 StGB, der voraussetzt, dass der Täter „rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt“.
Man unterscheidet zwischen Beschützer- und Überwachergaranten.

  1. Beschützergaranten sind dafür zuständig, dass ein bestimmtes Rechtsgut nicht beeinträchtigt wird, und müssen es daher vor vielfältigen Gefahrenquellen abschirmen.
    Beispiel: eine Mutter, die ihr Baby vor dem Verhungern, dem Erfrieren, großen Hunden und zu starker Sonneneinstrahlung beschützen muss (vgl. § 1626 I BGB) – Garantenstellung ergibt sich aus enger natürlicher Verbundenheit.
  2. Überwachungsgaranten hingegen sind dafür zuständig, dass von einer bestimmten Gefahrenquelle keine Beeinträchtigungen für Rechtsgüter ausgehen.
    Beispiel: der Betreiber eines Atomkraftwerks, der verhindern muss, dass die gefährlichen Strahlen seine Mitarbeiter oder andere Personen schädigen – Garantestellung ergibt sich aus Verkehrssicherungspflicht.
    Eine Garantenstellung muss im Gutachten angesprochen werden, um die strafrechtliche Gleichstellung von „Tun“ und „Nichtstun“ (= Unterlassen) zu legitimieren. Nur derjenige, der für das beeinträchtigte Rechtsgut oder die beeinträchtigende Gefahrenquelle verantwortlich ist, kann wegen eines Unterlassens bestraft werden. Eine allgemeine Hilfspflicht wird nur über § 323c StGB (echtes Unterlassungsdelikt) statuiert, der jedoch ein deutlich niedrigeres Strafmaß hat.
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4
Q

Was ist der Unterschied zwischen mittelbarer Täterschaft und Mittäterschaft? Wo im Prüfungsaufbau spricht man an, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, und welche sind das? Wie grenzen Sie die Täterschaft von der Teilnahme ab?

A
  1. Bei mittelbarer Täterschaft (§ 25 I Var. 2 StGB) benutzt ein Hintermann den anderen als von ihm gesteuertes „Werkzeug“ zur Tatbegehung. Man prüft die mittelbare Täterschaft im Rahmen des objektiven Tatbestands bei der Tathandlung. Die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft sind ein Defekt des Vordermanns und ein Ausnutzen dieses Defekts durch den Hintermann, das zur Tatherrschaft des Hintermannes führt.
  2. Bei Mittäterschaft (§ 25 II StGB) arbeiten zwei oder mehr Täter arbeitsteilig zusammen. Man prüft das Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen des objektiven Tatbestandes bei der Frage der gegenseitigen Zurechnung der einzelnen Tatbeiträge. Die Voraussetzungen der Mittäterschaft sind ein gemeinsamer Tatplan und jeweils ein wesentlicher Beitrag bei der Tatausführung.
    Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird der Täter gemäß § 25 I Var. 2 StGB bzw. § 25 II StGB dann so bestraft, als hätte er den Tatbestand eigenhändig voll verwirklicht.
    Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist ein äußerst klausurrelevantes Problem.
    Die h.L. vollzieht diese Abgrenzung mittels des Kriteriums der Tatherrschaft, als das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des tatbestandsmäßigen Geschehens. Somit ist derjenige Täter, der als Zentralgestalt des Geschehens die planvoll-lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt.
    Dagegen ist lediglich Teilnehmer, wer ohne eigene Tatherrschaft als Randfigur des tatsächlichen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst oder sonst fördert.

Die neuere Rspr. vertritt demgegenüber eine subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage. Ausgehend von ihrer früher streng subjektiven Ausrichtung, die den Täter danach bestimmte, ob er mit Täterwillen (animus auctoris) handelte oder aber andererseits zum Teilnehmer erklärte, wer mit bloßem Teilnehmerwillen (animus socii) agierte, zieht sie nun weitere Kriterien heran. So sollen in einer Gesamtschau auch der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft als objektive Merkmale miteinbezogen werden.

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5
Q

Wie prüfen Sie den subjektiven Tatbestand des fahrlässigen Begehungsdelikts?

A

Bei der Prüfung des Fahrlässigkeitsdelikts wird nicht zwischen objektivem und subjektivem Tatbestand unterschieden. Das Fahrlässigkeitsdelikt setzt keine subjektive Beziehung des Täters zur Tat voraus. Im Rahmen des Tatbestandes sind beim Fahrlässigkeitsdelikt zu prüfen:
1. Erfolgseintritt
2. Kausalität
3. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des tatbestandsmäßigen Erfolgs
1. Objektive Zurechnung, insb. Pflichtwidrigkeitszusammenhang und Schutzzweckzusammenhang
Im Rahmen der Schuld ist neben den allgemeinen Kriterien zu prüfen:
2. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des tatbestandsmäßigen Erfolgs

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6
Q

Welche Formen der Fahrlässigkeit werden unterschieden?

A
  1. Bewusste Fahrlässigkeit (= luxuria): Täter hat Möglichkeit des Erfolgseintritts erkannt, aber auf Ausbleiben des Erfolgs vertraut.
  2. Unbewusste Fahrlässigkeit (= negligentia): Täter hat Möglichkeit des Erfolgseintritts gar nicht erst erkannt.
  3. Leichtfertigkeit: Täter hat die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt (entspricht: grobe Fahrlässigkeit im Zivilrecht)
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7
Q

Warum scheidet die Zurechnung eines Taterfolges aus, wenn dieser vom Schutzzweck der Sorgfaltsnorm nicht erfasst wird?

A

Weil man einen Täter nur dann für einen bestimmten Taterfolg verantwortlich machen will, wenn sein sorgfaltswidriges Verhalten gerade den Eintritt dieses Erfolges befürchten ließ. Die Errichtung von Sorgfaltsnormen dient schließlich der Verhinderung bestimmter Rechtsgutsgefährdungen bzw. Rechtsgutsverletzungen. Kommt es zu einem Taterfolg, den die Sorgfaltsnorm überhaupt nicht erfassen will, so ist dieser dem fahrlässig handelnden Täter nicht objektiv zuzurechnen.

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8
Q

Wie stark sind individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters bei der Bestimmung des sorgfaltsgemäßen Verhaltens zu berücksichtigen?

A

Die Antwort ist umstritten:

  1. Nach einer Ansicht ist ein generalisierender Maßstab zu wählen, der an eine besonnene und gewissenhafte Person aus dem Verkehrskreis des Täters anknüpft, so dass Sonderfähigkeiten keine Beachtung finden.
  2. Die Gegenansicht macht das sorgfaltsgemäße Verhalten am Täter selbst fest, unter Berücksichtigung seiner besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten.
  3. Vermittelnd wird vorgeschlagen, Sonderfähigkeiten durch eine entsprechende Festlegung des jeweiligen Verkehrskreises zu berücksichtigen, ohne vom generalisierenden Maßstab als Ausgangspunkt abzuweichen.
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9
Q

Was versteht man unter Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens und unter welchem Prüfungspunkt wird dies geprüft?

A

Bei Fahrlässigkeitsdelikten (ebenso bei unechten Unterlassungsdelikten) ist die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens als besonderer (ungeschriebener) Entschuldigungsgrund anerkannt. Diese in Erweiterung des § 35 StGB gebildete Rechtsfigur kommt in Situationen in Betracht, in denen dem Täter oder anderen durch Einhaltung der gebotenen Sorgfalt unzumutbare Nachteile entstehen würden, etwa wenn der Täter zur Einhaltung der geforderten Sorgfalt eigene Interessen preisgeben müsste, ihm diese Preisgabe aber nicht zumutbar ist. Dann kann im Einzelfall von einem Schuldvorwurf abgesehen werden.
Hierbei muss aber immer das Interesse des Täters gegen die Schwere der durch das sorgfaltspflichtwidrige Handeln drohenden Rechtsgutsverletzung abgewogen werden. Je schwerwiegender die Gefahr für das geschützte Rechtsgut, desto mehr Interessenspreisgaben sind dem Täter zuzumuten.
Die Prüfung der Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens erfolgt auf der Ebene der Schuld nach der Feststellung der subjektiven Sorgfaltspflichtverletzung.

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10
Q

Aufgaben des Strafrechts?

A
  1. Rechtsgüterschutz (Individual und Kollektivrechtsgüter) …
  2. … durch Strafandrohung
  3. Subsidiarität des Strafrechts –> ultima ratio
  4. Nur sanktionierung sozialschädlicher Beeinträchtigungen von Rechtsgütern –> fragmentarischer Charakter
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11
Q

Strafarten?

A
  1. Freiheitsstrafe § 38 I StGB –> Höchstmaß 15 Jahre und Mindestmaß ein Monat
  2. Geldstrafe –> Tagessätze gem. § 40 I StGB
  3. Nebenstrafe –> Fahrverbot, § 44 StGB (Aunsahmen: JGG + Wehrstrafrecht)
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12
Q

Zweck der Strafe?

A
  1. “Vergeltungstheorie” –> Ausgleich des Tatunrechts
  2. “Theorie der negativen Generalprävention” –> Vehinderung künftiger Taten durch Abschreckung potentieller Täter
  3. “Theorie der positiven Generalprävention” –> Fördert Geltungskraft des Rechts und motiviert Bevölkerung zur Rechtsbefolgung
  4. “Theorie der Spezialprävention” –> Abschrecken des Täters vor Begehung weiterer Straftaten
  5. “Vereinigungsansatz (h.M.)” –> Grundlage für Strafzumessung ist Schuld vgl. § 46 I 1 StGB und nachrangig die anderen Strafzwecke der Resozialisierung sowie Abeschreckung und Normstabilisierung vgl. §§ 46 I 2, 47 I StGB
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13
Q

Systematik des StGB?

A
  1. AT –> §§ 1-97b = allgemeine Strafbarkeitsvoraussetzungen, Rechtsfolgen, Strafverfolgungsvoraussetzungen
  2. BT –> §§ 80-358 = Regelung der einzelnen Delikte
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14
Q

Das Gesetzlichkeitsprinzip? Gem. Art. 103 II GG, § 1 StGB

A

Nur Bestrafung von Tat, wenn Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor Tat begangen wurde –> “nullum crimen, nulla poena sine lege” –> Sinn ist Vorhersehbarkeit für Bürger

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15
Q

Ausprägungen des Gesetzlichkeitsprinzip?

A
  1. Bestimmtheitsgebot –> “nullum crimen, sine lege certa”
  2. Rückwirkungsverbot –> “nullum crimen, sine lege praevia”
  3. Verbot des Gewohnheitsrechts –> “nullum crimen, sine lege scripta”
  4. Analogieverbot –> “nullum crimen, sine lege stricta”
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16
Q

Prüfungsaufbau, ob menschliches Handeln eine Straftt darstellt nach hM.?

A
  1. Tatbestandsmäßigkeit
  2. Rechtswidrigkeit –> besondere Rechtfertigungsgründe?
  3. Schuld –> persönlich vorwerfbar und verantwortlich?
    (Merke: aA. vertritt zweistufigen Deliktsaufbau!)
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17
Q

Erscheinungsformen der Straftat?

A

Zwei Grunderscheinungsformen unterscheidbar:

  1. Das Begehungsdelikt –> aktives Tun
  2. Das Unterlassungsdelikt –> bloßes Untätigbleiben
    a) “echte Unterlassungsdelikte” –> spezielle Strafvorschriften mit ausdrücklicher Strafzumessung
    b) “unechte Unterlassungsdelikte” –> Garantenstellung und somit Rechtspflicht zur Erfolgsabwendung

Begehungs- und Unterlassungsdelikt können wiederum verwirklicht werden:

  1. “Vorsatzdelikt” –> Wissen und Wollen der Tatbestandsverwriklichung
  2. “Fahrlässigkeitsdelikt” –> Verstoßen gegen Sorgfaltspflicht und unzulässiges Vertrauen auf Ausbleiben von Beeinträchtigung = nur strafbar wenn ausdrücklich mit Strafe bedroht gem. § 15 StGB
  3. “Vosatz-Fahrlässigkeitskombinationen” –> zB. Gefährdung im Straßenverkehr
    a) “erfolgsqualifizierte Delikte” –> Anknüpfung an vorsätzliche Verwirklichung eines Grunddeliktes und zusätzlich Eintritt einer wenigstens fahrlässig herbeigeführten besonderen Tatfolge verlangen, zB. Körperverletzung mit Todesfolge

Weiterhin Untergliederung der vorsätzlich verwirklichten Begehungs- und Unterlassungsdelikte in:

  1. “Vollednung”
  2. “Versuch” –> keine Verwirklichung, trotz unmittelbaren Ansetzens, vgl. § 22 StGB = strafbar dann, wenn Verbrechen gem. § 12 I StGB oder “Versuchsstrafbarkeit” im Gesetz asudrücklich bestimmt
    a) “Unternehmensdelikte” –> Tathandlung des Unternehmens ist dem Versuch der Vollendung von vornherein gleichzustellen, § 11 I Nr. 6 StGB
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18
Q

Alle möglichen Deliktserscheinungen?

A
  1. “Vollendetes vorsätzliches Begehungsdelikt”
  2. “Versuchtes vorsätzliches Begehungsdelikt”
  3. “Fahrlässiges Begehungsdelikt”
  4. “Vollendetes vorsätzliches Unterlassungsdelikt”
  5. “Versuchtes vorsätzliches Unterlassungsdelikt”
  6. “Fahrlässiges Unterlassungsdelikt”
  7. “Versuch-Fahrlässigkeitskombinationen” –> KEINE Straftat da Defizit in Unrechtsgehalt –> keine Rechtsgutbeenträchtigung und KEIN Vorsatz!
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19
Q

Einteilung der Delikte nach angedrohter Strafe?

A
  1. “Verbrechen” gem. § 12 I StGB
  2. ” Vergehen gem. § 12 II StGB
    - -> Ankommen allein auf abstrakten Strafrahmen für Einteilung
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20
Q

Einteilung der Delikte nach Erfordernis und Art des Erfolges?

A
  1. “Erfolgsdelikte” –> Ein vom Verhalten des Täters zu unterschiedender Erfolg in der Außenwelt für dessen Eintritt Verhalten kausal war
    a) “Verletzungsdelikte” –> bestimmte Schädigung muss eintreten
    b) “konkrete Gefährdungsdelikte” –> konkrete Gefahr für Verletzung ausreichend, zB. Straßenverkehrsgefährdung
  2. “Tätigkeitsdelikte” –> Straftatbestand wird druch bloßes Tätigwerden als solches erfüllt, zB. Falschaussage
    a) “Abstrakte Gefährdungsdelikte” –> es bedarf weder Schädigung noch konkreter Gefahr, da bestimmtes Verhalten generell so gefährlich, zB. Trunkenheit im Straßenverkehr
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21
Q

Einteilung der Delikte nach Dauer?

A
  1. “Dauerdelikte” –> Nicht nur Herbeiführen des Widerrechtlichen Zustands, sondern auch Fortdauern –> Vollednung der Straftat mit Eintritt des widerrechtlichen Zustands, aber erst Beenden mit Aufhebung dessen
  2. ” Zustandsdelikte” –> Vollendung und Beendigung der Straftat mit Eintritt des Erfolges
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22
Q

Einteilung der Delikte nach dem Täterkreis?

A
  1. “Allgemeindelikte” –> keine nähere Einschränkung des Täterkreises
  2. “Sonderdelikte” –> Stellt spezielle Anforderungen an Täter, d.h. bestimmter Personenkreis Zugehörigkeit
  3. “Eigenhändige Delikte” –> persönliche Ausführungshandlung, zB. uneidliche Falschaussage
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23
Q

Einteilungsmöglichkeit Übersicht der Delikte?

A
  1. angedrohte Strafe
  2. Art und Erfordernis des Erfolges
  3. Dauer
  4. Täterkreis
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24
Q

Straftatbestände und ihre Abwandlungen?

A
  1. “Grundtatbestand” –> Mindestvoraussetzungen
  2. “Unselbstständige Abwandlung” –> Erweiterung des Grundtatbestandes um spezielle Merkmale, normalerweise Verweisen auf Grundtatbestand –> “Stufenverhältnis”
    a) “Qualifikationen” –> Anordnung strengere Rechtsfolge
    b) “Privilegierungen” –> Anordnung günstigerer Rechtsfolge
  3. “Verselbstständigende Abwandlung” –> Gelöst von Grundtatbestand zu neuem Delikt mit eigenständigem Unrechtsgehalt, zB. Raub im Verhältnis zum Diebstahl
  4. “Regelbeispiele” –> streng von Abwandlungen zu unterscheiden, keine Straftatbestände, sondern Strafzumessungsregeln ohne zwingende und abschließende Regelung (Formulierung oft: “liegt in der Regel vor…”)
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25
Q

Geltungsbereich des deutschen Strafrechts

A

§§ 3-7,9 StGB

  1. “Territorialitätsprinzip” gem. § 3, 9 StGB
    a) Handlungsort
    b) beachte Mittäterschaft und Teilnehmer
    c) Erfolgsort
  2. “Aktives Personalitätsprinzip” –> deutsches Strafrecht gilt für bestimmte Taten von Deutschen als Täter im Ausland
    a) § 5 Nrn. 3a, 6b, 6c, 8, 9, 9a, 11a, 12, 15, 16, 17 StGB
    b) Auslandstaten wenn Tat auch am Tatort mit Kriminalstrafe + Tatort unterliegt keiner Strafgewalt, § 7 II Nr. 1 StGB
  3. “Passives Personalitätsprinzip” –> dt. Strafrecht gilt für bestimmte Taten die im Ausland gegen Deutschen als Opfer begangen wurden
    a) § 5 Nrn. 6a, 15d, 16b StGB
    b) siehe 2b)
  4. “Schutzprinzip” –> Auslandstaten, durch die bestimmte inländische Rechtsgüter bedroht oder verletzt
    a) Staatsschutz
    b) Individualinteressen eines Deutschen = Passives Personalitätsprinzip = Unterprinzip des Schutzprinzips
  5. “Weltrechtsprinzip” –> weltweites Interesse, vgl. § 6 StGB und § 1 VStGB
  6. ” Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege” –> betroffener Staat kann Strafanspruch nicht durchsetzen, vgl. § 7 II Nr. 2 StGB
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26
Q

Mindestvoraussetzungen für eine Handlung?

A

Keine Straftat ohne Handlung

  1. “Ein menschliches Verhalten” –> keine Tiere oder Naturereignisse
  2. “Ein äußerlich erkennbares Verhalten” –> keine Gedanken, Wünsche, etc.
  3. “Ein willensgetragenes Verhalten” –> zB.
    a) nicht vorliegend: Verhaltensweisen im Zustand völliger Bewusstlosigkeit, Körperreaktionen infolge unwiderstehlicher Gewalt (vis absoluta=X wird durch Fensterscheibe geschubst), reine Reflexbewegungen
    b) ABER dagegen liegt Handlung willensgetragen vor bei: nötigende Gewalt (vis compulsa=X wird genötigt Fenster einzuwerfen) und Affekt- und Kurzschlusshandlungen oder automatisierte Verhaltensweisen
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27
Q

Grundsatz “schuldangemessenen Bestrafens”?

A

Die Strafe muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Maß der Schuld stehen

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28
Q

“Schuldstrafprinzip”?

A

Nur die Bestrafung einer persönlich vorwerfbaren (=schuldhaften) Tat ist zulässig –> “nulla poena sine culpa”

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29
Q

Was ist Strafrecht im formellen Sinn?

A

Nur Vorschriften, die als Rechtsfolge ausdrücklich Strafe iSd. §§ 38 ff. StGB vorsehen oder sich als allgemeine Regeln direkt darauf beziehen.

Dagegen gibt es “Nebenstrafrecht” wie zB. das Betäubungsmittelgesetz JuSchG, etc.

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30
Q

Strafrecht als “fragmentarisch”?

A

Strafrecht als “ultima ratio”

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31
Q

Schutzfunktion des Strafrechts?

A

Die Verwirklichung des Geminwohls und die Wahrung des Rechtsfriedens durch den Schutz von Rechtsgütern.

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32
Q

Merke bei Lösungsskizze?

A
  1. Reihenfolge der Delikte innerhalb der Tatkopmlexe: iDdR. schwerer Delikte zu erst (Sonderfall:Qualifikation)
  2. Fußnote bei erster Norm –> “Alle folgenden nicht weiter benannten §§ sind solche des StGB”
  3. Streitentscheide die alle zu gleichem Ergebnis kommen nicht breit treten” Schwerpunktsetzung!
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33
Q

Darstellung eines Meinungsstreits?

A
  1. Präzise Benennung der streitigen Frage.
  2. Darstellung der jeweils vertretenen Auffassungen (ohne Argumente dafür/dagegen)
  3. Subsumtion des Sachverhalts unter die jeweilige Auffassung
  4. Vergleich der Ergebnisse der Subsumtion.
  5. Feststellung: Ist ein Streitentscheid erforderlich? Nur wenn diese Ergebnisse voneinander abweichen, ist insoweit ein Streitentscheid zu führen!
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34
Q

Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit des vorsätzlichen Begehungsdelikts?

A

I. OTB
1. Auslegung/Definition
2. Subsumtion i.e.S.
II. STB
1. Vorsatz gem. §15 StGB hinsichtlich aller Merkmale des OTB?
(2. weitere subjektive Tatbestandsmerkmale zB. Zueignungsabsicht)
(3. objektive Bedingung der Strafbarkeit –> auf diesen objektiven Tatumstand muss sich der Vorsatz nicht beziehen)

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35
Q

Konkurrenzen im Ergebnis?

A

Gesetzeskonkurrenz, bei der das speziellere Gesetz vorgeht.

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36
Q

Gesamtkonkurrenz?

A
  1. Tatkomplexe stehen in Tatmehrheit zueinander. § 53 StGB

2. Tateinheit bei einer Handlung

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37
Q

Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung?

A

Sie fragt danach, ob zwischen der Handlung und dem Erfolg ein nach bekannten Naturgesetzen erklärbarer Zusammenhang besteht.

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38
Q

Prüfungsaugbau “Versuch”

A
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Tatentschluss (STB)
2. Unmittelbares Ansetzen (OTB)
II. Rechtswidrigkeit und Schuld
III. Ergebnis
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39
Q

Was ist grundsätzlich erforderlich damit Kausalität vorliegt?

A

Erforderlich ist, dass die erste Bedingung bis zum Eintritt des Erfolgs fortwirkt, was zB. auch bei atypischen Kausalverläufen der Fal ist. –> Ursachenzusammenhang liegt dann vor.

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40
Q

Gebot des Hinzudenkens von rettenden Kausalverläufen?

A
  1. C vereitelt Rettung der A durch B mit einem Schuss in die Luftmatratze = “hypothetischer Kausalverlauf” des Schusses –> kommt eigentlich nicht in betracht als Kausalität, ABER
  2. wir als unbillig empfunden und daher: aufgestellt. Kausalverläufe, die den Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätten, wenn die Handlung nicht stattgefunden hätte, sind stets hinzuzudenken.
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41
Q

Bei welcher Erscheinungsform der Straftat spielt die Garantenstellung eine Rolle und warum gibt es diesen Prüfungspunkt?

A
  1. Die Garantenstellung ist ein Prüfungspunkt im objektiven Tatbestand des (unechten) Unterlassungsdelikts. Ihr Erfordernis ergibt sich aus § 13 I Hs. 1 StGB, der voraussetzt, dass der Täter „rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt“.

(1) Beschützergaranten sind dafür zuständig, dass ein bestimmtes Rechtsgut nicht beeinträchtigt wird, und müssen es daher vor vielfältigen Gefahrenquellen abschirmen.
Beispiel: eine Mutter, die ihr Baby vor dem Verhungern, dem Erfrieren, großen Hunden und zu starker Sonneneinstrahlung beschützen muss (vgl. § 1626 I BGB) – Garantenstellung ergibt sich aus enger natürlicher Verbundenheit.

(2) Überwachungsgaranten hingegen sind dafür zuständig, dass von einer bestimmten Gefahrenquelle keine Beeinträchtigungen für Rechtsgüter ausgehen.
Beispiel: der Betreiber eines Atomkraftwerks, der verhindern muss, dass die gefährlichen Strahlen seine Mitarbeiter oder andere Personen schädigen – Garantestellung ergibt sich aus Verkehrssicherungspflicht.

  1. Eine Garantenstellung muss im Gutachten angesprochen werden, um die strafrechtliche Gleichstellung von „Tun“ und „Nichtstun“ (= Unterlassen) zu legitimieren. Nur derjenige, der für das beeinträchtigte Rechtsgut oder die beeinträchtigende Gefahrenquelle verantwortlich ist, kann wegen eines Unterlassens bestraft werden. Eine allgemeine Hilfspflicht wird nur über § 323c StGB (echtes Unterlassungsdelikt) statuiert, der jedoch ein deutlich niedrigeres Strafmaß hat.
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42
Q
  1. Was ist der Unterschied zwischen “mittelbarer Täterschaft” und “Mittäterschaft”?
  2. Wo im Prüfungsaufbau spricht man die Voraussetzungen an und welche sind das?
  3. Wie wird die Täterschaft von der Teilnahme abgegrenzt?
A
  1. Bei mittelbarer Täterschaft (§ 25 I Var. 2 StGB) benutzt ein Hintermann den anderen als von ihm gesteuertes „Werkzeug“ zur Tatbegehung. Man prüft die mittelbare Täterschaft im Rahmen des objektiven Tatbestands bei der Tathandlung. Die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft sind ein Defekt des Vordermanns und ein Ausnutzen dieses Defekts durch den Hintermann, das zur Tatherrschaft des Hintermannes führt.
  2. Bei Mittäterschaft (§ 25 II StGB) arbeiten zwei oder mehr Täter arbeitsteilig zusammen. Man prüft das Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen des objektiven Tatbestandes bei der Frage der gegenseitigen Zurechnung der einzelnen Tatbeiträge. Die Voraussetzungen der Mittäterschaft sind ein gemeinsamer Tatplan und jeweils ein wesentlicher Beitrag bei der Tatausführung.
    Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird der Täter gemäß § 25 I Var. 2 StGB bzw. § 25 II StGB dann so bestraft, als hätte er den Tatbestand eigenhändig voll verwirklicht.
  3. Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist ein äußerst klausurrelevantes Problem. Die h.L. vollzieht diese Abgrenzung mittels des Kriteriums der Tatherrschaft, als das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des tatbestandsmäßigen Geschehens. Somit ist derjenige Täter, der als Zentralgestalt des Geschehens die planvoll-lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt. Dagegen ist lediglich Teilnehmer, wer ohne eigene Tatherrschaft als Randfigur des tatsächlichen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst oder sonst fördert.
    Die neuere Rspr. vertritt demgegenüber eine subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage. Ausgehend von ihrer früher streng subjektiven Ausrichtung, die den Täter danach bestimmte, ob er mit Täterwillen (animus auctoris) handelte oder aber andererseits zum Teilnehmer erklärte, wer mit bloßem Teilnehmerwillen (animus socii) agierte, zieht sie nun weitere Kriterien heran. So sollen in einer Gesamtschau auch der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft als objektive Merkmale miteinbezogen werden.
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43
Q

Wichtige Prüfungsschritte bei objektiver Zurechnung?

A
  1. Schaffen einer rechtlich relevanten Gefahr?

2. Verwirklichung genau dieser Gefahr im Erfolg? –> bei atypischen Kausalverläufen insbesondere zu verneinen.

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44
Q

Formulierung “Pflichtwidrigkeitszusammenhang”?

A

Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang erfordert zwischen dem pflichtwidrigen Täterverhalten einerseits und dem Taterfolg andererseits, dass sich gerade die “Pflichtwidrigkeit” des Täterverhaltens im konkreten Fall realisiert.

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45
Q

Beschränkung des “Pflichtwidrigkeitzusammenhangs” und Ausschließen der objektiven Zurechnung durch das “Eigenverantwortlichkeitsprinzip”?

A
  1. “Prinzip der Eigenverantwortlichkeit” = freiverantwortliche bewusste Selbstschädigung des Opfers.
  2. Die Freiverantwortlichkeit des Handelns des A wird mit der h.M. am Maßstab der §§ 20, 35 StGB, 3 JGG gemessen.
  3. Ferner muss es sich um eine Selbst-Gefährdung/schädigung handeln, die von der Fremdgefährdung/schädigung abzugrenzen ist.
  4. Andere Ansicht = Einwilligungslösung
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46
Q

Abgrenzung “Selbsgefährdung/Schädigung” und “Fremdgefährdung/schädigung”?

A
  1. Die Abgrenzung erfolgt nach der h.M. danach, wer die Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden bzw. Verletzungs- oder Gefährdungsakt hat. (Vgl. Rengier, BT II, § 8 Rn. 8) Tatherrschaft ist das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs.
  2. (a.A. subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage)
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47
Q

Vorsatz bezüglich des Kausalverlaufs: Wann ist Irrtum über den Kausalverlauf nicht vorsatzausschließend? Gem. § 16 I 1 StGB

A

Sofern sich das tatsächliche Geschehen von dem vom Täter vorgestellten Kausalverlauf nur unwesentlich unterscheidet, sich die Abweichung also noch innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und keine anderen bewertungen der Tat rechtfertigt, lässt dies den Vorsatz jedoch unberührt. Nur wesentliche Abweichungen lassen den Vorsatz entfallen.

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48
Q

Koinzidenz- oder Simultaneitätsprinzip (vgl. § 8 StGB)?

A
  1. Erfordert, dass die Elemente Vorsatz und Tat zur gleichen Zeit vorliegen. –> Nach dem Koinzidenzprinzip muss zum Tatzeitpunkt (d.h. zum Zeitpunkt der Tathandlung) Vorsatz vorliegen.
  2. Wenn Vorsatz zum Beispiel vor Zeitpunkt des Tatgeschehens vorliegt, ist das sog. “dolus antecedens”.
  3. Dem Koinzidenzprinzip wird nicht nur dann nicht Genüge getan, wenn die dem Tötungsvorsatz entsprechende Vorstellung erst nach Erfolgseintritt liegt, d.h. der Täter den Taterfolg im Nachhinein billigt.
    Ein solcher - unbeachtlicher - dolus subsequens liegt auch dann vor, wenn die Vorstellung zwar bereits vor Erfolgseintritt vorhanden war, aber noch nicht bei Handlungsvornahme, etwa bei zeitlich gestreckten Kausalverläufen
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49
Q

Wertung/Gedankengänge bei niedrigen Beweggründen gem. § 211 StGB?

A
  1. Beachte, dass jeder Täter mehr oder weniger ein Fernziel anstreben wird und daher eher das unmittelbare zu betrachten ist (zB. Töten um Ehe zu retten = Fernziel; unmittelbar = verdecken der Affaire)
  2. Gefahr wurde auch noch selber geschaffen aufzufliegen
  3. Die generalklauselartige Formulierung „sonstige niedrige Beweggründe“ muss sich zudem an den anderen Mordmerkmalen orientieren. Selbst die zur Verdeckung einer Straftat began-gene Tötung ist ein Mord, obwohl ein solches Verhalten mit Blick auf die Verhinderung der eigenen Bestrafung menschlich „nachvollziehbar“ erscheint. Dann muss dasselbe erst recht für die Verdeckung einer bloßen Moralwidrigkeit wie einen Ehebruch gelten, dessen haupt-sächliche Folgen bloße soziale Nachteile und ein etwaiges Scheitern der Ehe sind. Im Übrigen kommt es bei den anderen Mordmerkmalen auch nicht auf fremdnützig anmutende Fernziele an: Wer einen Raubmord begeht, handelt auch dann habgierig, wenn er mit dem Geld ein Waisenhaus finanzieren will.
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50
Q

Konkurrenz und Gesamtergebnis bei Vorliegen von Totschlag UND Mord?

A

E hat sich durch dieselbe Handlung wegen Totschlags und wegen Mordes strafbar gemacht. Als Grunddelikt tritt der Totschlag hinter den Mord im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück. E ist daher nach § 211 I strafbar.

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51
Q

Welche Formen der Fahrlässigkeit werden unterschieden?

A
  1. Bewusste Fahrläsigkeit (= luxuria) –> Täter hat Möglichkeit des Erfolgseintritts erkannt, aber auf Ausbleiben des Erfolgs vertraut.
  2. Unbewusste Fahrlässigkeit (= negligentia) –> Täter hat die Möglichkeit des Erfolgseintritts gar nicht erst erkannt
  3. Leichtfertigkeit –> Täter hat die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt (entspricht grober Fahrlässigkeit im Zivilrecht)
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52
Q

Warum scheidet die Zurechnung eines Taterfolges aus, wenn dieser vom Schutzzweck der Sorgfaltsnorm nicht erfasst wird?

A
  1. Weil man einen Täter nur dann für einen bestimmten Taterfolg verantwortlich machen will, wenn sein sorgfaltswidriges Verhalten gerade den Eintritt dieses Erfolges befürchten ließ.
  2. Die Errichtung von Sorgfaltsnormen dient schließlich der Verhinderung bestimmter Rechtsgutsgefährdungen bzw. Rechtsgutsverletzungen.
  3. Kommt es zu einem Taterfolg, den die Sorgfaltsnorm überhaupt nicht erfassen will, so ist dieser dem fahrlässig handelnden Täter nicht objektiv zuzurechnen.
  4. Beachte: Maßgeblich für die Beurteilung des Schutzwecks ist die konkrete Sorgfaltsnorm (z.B. § 1 StVO), gegen die der Täter verstoßen hat, und nicht das (zu prüfende) Strafgesetz.
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53
Q

Was versteht man unter Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens und unter welchem Prüfungspunkt wird dies geprüft?

A
  1. Bei Fahrlässigkeitsdelikten (ebenso bei unechten Unterlassungsdelikten) ist die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens als besonderer (ungeschriebener) Entschuldigungsgrund anerkannt.
  2. Diese in Erweiterung des § 35 StGB gebildete Rechtsfigur kommt in Situationen in Betracht, in denen dem Täter oder anderen durch Einhaltung der gebotenen Sorgfalt unzumutbare Nachteile entstehen würden, etwa wenn der Täter zur Einhaltung der geforderten Sorgfalt eigene Interessen preisgeben müsste, ihm diese Preisgabe aber nicht zumutbar ist.
  3. Dann kann im Einzelfall von einem Schuldvorwurf abgesehen werden.
  4. Hierbei muss aber immer das Interesse des Täters gegen die Schwere der durch das sorgfaltspflichtwidrige Handeln drohenden Rechtsgutsverletzung abgewogen werden.
  5. Je schwerwiegender die Gefahr für das geschützte Rechtsgut, desto mehr Interessenspreisgaben sind dem Täter zuzumuten.
  6. Die Prüfung der Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens erfolgt auf der Ebene der Schuld nach der Feststellung der subjektiven Sorgfaltspflichtverletzung
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54
Q

Hypothetische Kausalität bei unterlassugnsdelikt?

A

Da der Unterlassende aber nicht in das Kausalgeschehen eingreift, kann nicht unmittelbar auf die conditio-sine-qua-non-Formel zurückgegriffen werden. Es muss vielmehr eine hypothetische Kausalität (Quasi-Kausalität) zwischen Unterlassen und Erfolg geprüft werden. Diese liegt vor, wenn die rechtlich gebotene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der tatbestandsmäßige Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.

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55
Q

Ist man Beschützergarant gem. § 13 I Hs. 1 StGB “kraft Übernahme einer Tätigkeit” ?

A

Ja!
zB. wenn Heilpraktiker freiwillig Behandlung übernimmt und Patient dann verstirbt weil Garant es unterlässt ih zum Arzt zu schicken. –> Sorgfaltspflichtverletzung wenn Tod ohne Arzt vorhersehbar!

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56
Q

Wann ist Fahrlässigkeit strafbar? (Bsp. fremder Regenschirm ausversehen eingesteckt)

A

Gemäß § 15 StGB ist fahrlässiges Verhalten nur dann mit Strafe bedroht, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Die fahrlässige Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache ist demnach nicht strafbar, vgl. § 242 StGB.

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57
Q

Was bedeutet der “Vertrauensgrundsatz”? (Am Beispiel eines sich sorgfaltsgemäß verhaltenden Verkehrsteilnehmers)
Und wann kann man sich nicht auf diesen berufen?

A
  1. Ein sich sorgfaltsgemäß verhaltender Verkehrsteilnehmer kann nämlich grundsätzlich davon ausgehen, dass sich auch die anderen am Straßenverkehr beteiligten Personen sorgfaltsgemäß verhalten.
  2. Allerdings scheitert eine Berufung auf den Vertrauensgrundsatz dann, wenn es Anzeichen gibt, welche ein sorgfaltspflichtwidriges Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer erkennen lassen. –> vorliegen einer objektiven Sorgfaltspfichtverletzung
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58
Q

Was ist erforderlich für die “Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung” gem. § 217 StGB?

A

Es ist nicht erforderlich, dass sich der Sterbewillige tatsächlich selbst tötet. Es muss nicht einmal ein Selbsttötungsversuch vorliegen. Es genügt vielmehr, wenn der Täter die Handlungen in der Absicht vornimmt, die Selbsttötung eines anderen zu fördern.

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59
Q

Ist das Rechtsgut Leben disponibel?

(Prüfung von Totschlag bei Tötung auf Verlangen: iRd. “Rechtswidrigkeit” wird rechtfertigende Einwilligung angesprochen –> ist diese möglich?)

A

Durch die Schaffung des § 216 hat der Gesetzgeber jedoch zum Ausdruck gebracht, dass eine rechtfertigende Einwilligung in die eigene Tötung nicht möglich sein soll. Das Rechtsgut Leben ist aufgrund dieser eindeutigen gesetzlichen Wertung nicht disponibel und entzieht sich einer Einwilligung.

  • -> daher strafbarkeit gem. § 212 I (+)
  • -> jedoch Privilegierung gem. § 216 I StGB
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60
Q

Voraussetzung für ausdrückliches und ernstliches Verlangen des Getöteten gem. “ 216 StGB?

A

Das Tötungsverlangen muss im Augenblick der Tathandlung fortbestehen. Der Sterbewillige kann es jederzeit zurücknehmen. Solange keine Anhaltspunkte im Sachver-halt stehen, dass dieser Punkt problematisch sein könnte, muss er jedoch nicht gesondert angesprochen werden.
Der Getötete muss zudem nach den Maßstäben der natürlichen Einsichts- und Urteilsfähig-keit imstande gewesen sein, die Tragweite seiner Entscheidung zu erfassen.

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61
Q

In welchem Verhältnis steht § 216 I StGB zu § 212 I StGB?

A

Konkurrenzen –> § 216 I verdrängt § 212 I im Wege der Gesetzeskonkurrenz

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62
Q

Ist die “körperliche Unversehrtheit” ein disponibles Rechtsgut? (Im Rahmen der Einwilligung: Disponibilität des Rechtsguts)

A

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein Individualrechtsgut und aus Art. 2 I GG – allgemeine Handlungsfreiheit – ergibt sich, dass O auf dieses Recht auch verzichten kann. Folglich ist es disponibel.

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63
Q

Voraussetzung für Verfügungsberechtigung eines Rechtsguts?

A

Man muss alleiniger Inhaber des Rechtsgutes sein

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64
Q

Wie wird die strfrechtliche Einwilligungsfähigkeit beurteilt? (Ganz im Gegensatz zum Zivilrecht)

A

Jedoch beurteilt sich die Einwilligungsfähigkeit nicht nach bestimmten Altersgrenzen oder nach den Regeln, die für die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit gelten. Bei der Einwilligung handelt es sich nicht um eine gegenseitige vertragliche Vereinbarung zwischen Täter und Opfer, sondern um eine einseitige Preisgabe des Rechtsgüterschutzes. Entscheidend ist daher die tatsächliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit desjenigen, der sich durch die Einwilligungserklärung des Rechtsschutzes entledigt. –> geistige und sittliche Reife

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65
Q

Wie wird die sittenwidrigkeit einer Tat gem. § 228 StGB bestimmt?

A

Ob die Tat sittenwidrig ist, bestimmt sich in erster Linie nach Art und Umfang der Rechts-gutsverletzung bzw. -gefährdung. Daneben ist aber auch der Tatzweck im Rahmen einer Ge-samtabwägung zu berücksichtigen. Je schwerwiegender die Körperverletzung oder je größer die Verletzungsgefahr und je geringer der Wert ist, der dem Tatzweck zukommt, desto eher ist ein Verstoß gegen die guten Sitten gegeben. Konkret lebensgefährliche Verletzungshand-lungen werden von der Rechtsprechung regelmäßig als sittenwidrig angesehen, es sei denn, sie erfolgen im Rahmen einer ärztlichen Behandlung mit Blick auf einen sogenannten positi-ven Tatzweck.

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66
Q

Bedeutung einer “Eskalationsgefahr”?

A
  1. Haftet körperlichen Auseinandersetzungen bei Anwesenheit von den Täter durch Anfeuerungsrufen bestätigenden weiteren Personen typischerweise an
  2. Keine Absprache eines Codewortes, das die Gefährlichkeit begrenzen könnte

–> Hindeuten auf Sittenwidrigkeit gem. § 228 StGB

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67
Q

Aufbauhinweis zu den Mordmerkmalen gem. § 211 StGB?

A

Aufbauhinweis: Bei § 211 II StGB muss zwischen tatbezogenen (2. Gruppe) und täterbezogenen (1. und 3. Gruppe) Mordmerkmalen differenziert werden. Die tatbezogenen Mordmerkmale werden inklusive ihrer subjektiven Komponenten im Rahmen des objektiven Tatbestands geprüft. Die täterbezogenen Mordmerkmale hingegen werden im subjektiven Tatbestand (nach Prüfung des Vorsatzes bzgl. des objektiven Tatbestands) geprüft.

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68
Q

Was bedeutet “zum Zeitpunkt der Tat”? (in Def. Arglosigkeit enthalten)

A

„zum Zeitpunkt der Tat“ meint bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs, d.h. bei Eintritt der Tat in das Versuchsstadium]

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69
Q

Aufbauhinweis zu Körperverletzungsdeliktprüfung bei vollendetem Totschlag und bei versuchtem Totschlag?

A
  1. Falls das Körperverletzungsdelikt geprüft wird, ist dieses allenfalls kurz anzusprechen (Bsp.: „Zugleich hat T eine Körperverletzung gem. § 223 I StGB begangen, denn der Körperverletzungserfolg ist ein notwendiges Durchgangsstadium zur Tötung. Diese tritt aber im Konkurrenzwege zurück“).
  2. Anders bei der nur versuchten Tötung: Hier besteht zwischen dieser und dem vollendeten Körperverletzungsdelikt Tateinheit (Klarstellungsfunktion), beide sind also voll zu prüfen.
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70
Q

Verhältnis § 211 I, II StGB zu § 212 I StGB iR. der Gesetzeskonkurrenz?

A

Nach herrschender Literaturmeinung verdrängt § 211 I, II StGB als Qualifikation den Grundtatbestand des § 212 I StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität).

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71
Q

Ist bedingter Tötungsvorsatz für “Verdeckungsabsicht” ausreichend, wenn Verdeckungserfolg ausschließlich durch den Tod des opfers erreichbar ist?

A
  1. Nein!

2. Zum Beispiel Tötung eines Zeugens –> Verdeckungsabsicht nur in Verbindung mit einem direkten Vorsatz möglich

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72
Q

Bejahung der Grausamkeit bei Quälenden Handlungen ohne Tötungsvorsatz, aber von Anfang an Willen, Opfer später zu töten? (“vorbereitende Quälereien”)

A
  1. Grausame Verhaltensweisen, die lediglich mit Körperverletzungsvorsatz begangen werden und denen eine selbst nicht mehr grausame Tötung folgt, reichen für die Bejahung der Grausamkeit nicht aus.
    ABER:
    Anders zu beurteilen sind Konstellationen, in denen der Täter das Opfer zunächst grausam quält, die eigentliche Tötungshandlung aber nicht grausam ist, er aber schon von Anfang an den Willen hat, das Opfer später zu töten –> „vorbereitende Quälereien“
    Hier wird ein grausames Vorgehen mit der Begründung bejaht, dass bereits vor der eigentlichen Tötung liegende Misshandlungen, welche die „Tötungsart verschärfen“,
    Ausdruck einer gefühllos-grausamen Gesinnung seien. Die Tötung bildet lediglich den „Schlusspunkt einer Entwicklung“.
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73
Q

Rolle einer “Spontantat” für sonstige niedrige Beweggründe?

A
  1. Es ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Täter seine gefühlsmäßigen Regungen gedanklich beherrscht hat
  2. Grds. verneinen der sonstigen niedrigen Beweggründe, außer ausführliche Begründung dafür erfolgt!
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74
Q

Angriff auf die “allgemeine Handlungsfreiheit” als notwehrfähiges Rechtsgut?

A
  1. Auch die allgemeine Handlungsfreiheit kann ein notwehrfähiges Rechtsgut darstellen.
  2. Geschützt ist zwar nicht die Freiheit, in jeder Lebenslage Beliebiges zu tun.
  3. Ein Schutz besteht aber vor sozial inadäquaten Zwängen, die im Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Zweck kein an-gemessenes Mittel darstellen, also verwerflich sind.
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75
Q

Auf welchen zwei Grundgedanken basiert die Notwehr und was bedeuten diese für den Angegriffenen? (Im Rahmen der Erforderlichkeit der Abwehrhandlung)

A
  1. Auf dem Schutzprinzip (Individualschutz) und dem Rechtsbewährungsprinzip (Verteidigung der Rechtsordnung insgesamt).
  2. Daher muss sich der Angegriffene nicht auf eine Flucht oder andere Ausweichmöglichkeiten verweisen lassen, sondern darf den Angriff niederschlagen.
  3. § 32 II ermächtigt ihn zur „Verteidigung“. Es gilt der Grundsatz: Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.
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76
Q

In welchen Schritten sollte die “Notwehrprovokation” geprüft werden?

A
  1. Die Notwehrprovokation sollte in zwei Schritten geprüft werden:

a) Zunächst wird untersucht, ob überhaupt eine solche vorliegt.
Hier stehen sich Rechtswidrigkeits- und Missbilligungslö-sung gegenüber.

b) Erst wenn das Vorliegen einer Notwehrprovokation bejaht wurde, ist in einem zweiten Schritt nach den rechtlichen Folgen zu fragen und zwischen der Absichtsprovokation und der sonst vorwerfbaren Provokation zu unterscheiden.

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77
Q

Wie ist eine Abwehrprovokation in Hinsicht auf das Notwehrrecht zu bewerten?

A
  1. Das Notwehrrecht darf in solchen Fällen nicht eingeschränkt werden
  2. Die Verantwortung für das Entstehen der Konfliktlage liegt allein beim Angreifer und den Angegriffenen trifft keine Rechtspflicht, einer gefährlichen Situation, die er nicht zu verantworten hat, auszuweichen.
  • -> Bei der Vorbereitung der Abwehr eines erwarteten Angriffs darf der Verteidiger jedes Mittel wählen, das mit Sicherheit zur erfolgreichen Abwehr führt.
  • -> Anderenfalls würde das Notwehrrisiko vom Angreifer auf den Angegriffenen verlagert werden.
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78
Q

Ist eine Verletzung der Ehre (zB. in Form einer Schimpftirade) ein notwehrfähiges Individualrechtsgut? (Im Rahmen der Notwehrlage)

A
  1. Ja!

2. Aber beachte: Gegenwärtigkeit? Hat Person schon wieder aufgehört zu beschimpfen?

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79
Q

Arten der Notwehrprovokation?

A
  1. Absichtsprovokation
  2. Abwehrprovokation
  3. sonstige vorwerfbare Weise der Provokation
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80
Q

Das 3-Stufen-Modell des abgestuften Notwehrrechts?

A
  1. Ausweichen
  2. Schutzwehrmaßnahmen
  3. Trutzwehrmaßnahmen
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81
Q

Wann liegt Notstand und nicht Notwehr vor?

A

Wenn eindeutig kein von einem Menschen asugehender Angriff auf die Gesundheit vorliegt, sondern zB. eine eigene Krankheit, aufgrund derer man einer anderen Person gewaltsam Blut abnimmt, um seine Gesundheit retten zu können.

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82
Q

Welche Güter sind Notstandsfähig?

A

Notstandsfähig sind alle Güter, die unter dem Schutz der Rechtsordnung stehen.

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83
Q

Welche Notstandsarten gibt es?

A
  1. “Aggressivnotstand”
    - -> d.h. es wird in Interessen unbeteiligter Dritter eingegriffen.
  2. “Defensivnotstand” –> wenn der Eingriff sich allein gegen Güter desjenigen richtet, von dem die Gefahr ausgeht.
  3. Spezielle Notstandsrecht –> Einwirkung auf Sachen: §§ 228, 904 (werden VOR § 34 geprüft!)
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84
Q

Was besagt der Grundsatz der Störverantwortlichkeit und welche Rolle spielt er für den Notstand?

A
  1. Nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 228 BGB sind beim Defensivnotstand deutlich weiterreichende Beeinträchtigungen zulässig.
  2. Im Rahmen der Interessenabwägung ist ein Überwiegen des geschützten Rechtsguts dann wesentlich früher zu bejahen, als in den Fällen des Aggressivnotstands.
  3. Oft wird es für ausreichend erachtet, wenn das Interesse an der Rettung des Schutzgutes nicht wesentlich weniger wiegt als das Interesse am Bestand des Eingriffsguts –> “Grundsatz der Störerverantwortlichkeit”
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85
Q

Ab wann wird ein Sehvermögensverlust als schwere Körperverletzung eingestuft?

A
  1. Die Körperverletzung müsste zur Folge gehabt haben, dass das Opfer das Sehvermögen auf mindestens einem Auge verliert.
  2. ABER: Wenn es auf einem Auge 98 % seiner Sehkraftverliert, dann steht diese Minderung des Sehvermögens auf 2% einem vollständigen Verlust gleich.
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86
Q

Bedeutung “erfolgsqualifizierter Delikte”?

A
  1. Bei einem erfolgsqualifizierten Delikt handelt es sich um eine sog. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination.
  2. Das heißt, dass für das Grunddelikt (hier § 223 I) Vorsatz notwendig ist, hinsichtlich der schweren Folge allerdings Fahrlässigkeit genügt (§ 18 StGB).
  3. Erfolgsqualifizierte Delikte werden nach § 11 II allerdings als Vorsatzdelikte behandelt .
  4. Die Prüfung der Fahrlässigkeit beinhaltet die bereits aus dem Fahrlässigkeitsdelikt bekannten Elemente (objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des Erfolgs).
  5. Im Rahmen der Schhuld muss die subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des Erfolgs geprüft werden
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87
Q

Wie stehen gefährliche Körperverletzung und schwere Körperverletzung in Konkurrenz zu einander?

A
  1. Es besteht “Idealkonkurrenz”
  2. Sie bilden eine Tateinheit gem. § 52 StGB
  3. Das vollendete Grunddelikt des § 223 I tritt hinter der vollendeten Qualifikation des § 224 im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität) .
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88
Q

Merke zum in dubio pro reo Grundsatz?

A
  1. Die Anwendung des „in-dubio“-Grundsatzes kommt immer dann in Frage, wenn sich dem Sachverhalt entnehmen lässt, dass sich dieses oder jenes nicht mehr aufklären lässt.
  2. Allerdings ist eine lebensnahe Auslegung des Sachverhalts immer vorrangig vorzunehmen, so dass man nicht zu vorschnell, „in dubio pro reo“ annehmen darf.
  3. Nicht in den Anwendungsbereich gehören überdies Rechtsfragen. Diese sind stets einer eindeutigen Lösung zuzuführen
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89
Q

Wie wird objektive Zurechenbarkeit gelöst, wenn Verletzung nicht durch Handlung direkt, sondern zB. durch Aufschlagen mit dem Kopf auf Asphalt in Folge von Handlung entsteht?

A
  1. Liegt das Szenario außerhalb jeder Lebenserfahrung?

2. Wenn nein, dann verneinen eines atypischen Kausalverlaufs und Bejahung der objektiven Zurechnung!

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90
Q

Muss man für den subjektiven Tatbestand der Qualifikation “einer das Leben gefährdenden Behandlung” gem. § 224 I Nr. 5 bei der Ausführung Tötungsvorsatz haben?

A
  1. Nach h.M. reicht bzgl. § 224 I Nr. 5 die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Lebensgefährlichkeit der Behandlung ergibt.
  2. Der Täter muss die Umstände also nicht selbst als lebensgefährdend bewertet haben.
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91
Q

Wie stehen § 222, 224 I ff., zu § 227 StGB?

A
  1. Sie treten hinter § 227 StGB auf Konkurrenzebene zurück!
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92
Q

Vorgehen von Abgrenzen: Tun - Unterlassen? (Vorprüfung vom Unterlassungsdelikt)

A
  1. Zur Abgrenzung von Tun und Unterlassen ist nach h.M. auf den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit abzustellen.
  2. ZB.: Vorwerfbares Handeln in Form des liegen lassens und nicht ärztliche Hilfe rufen, oder im aktiven Weggehen vom Geschehensort? –> Definitiv im nicht rufen von ärztlicher Hilfe!
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93
Q

Welchen Paragraphen bei Unterlassungsdelikt noch im Kopf haben?

A

§ 323c! –> Unterlassene Hilfeleistung

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94
Q

Wie stehen die Delikte verwirklichter Totschlag gem. §§ 212, 13 und gefährliche Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224, 13 und § 323c (Unterlassene Hilfeleistung) in Gesetzeskonkurrenz zu Mord durch Unterlassen gem. §§ 212, 211, 13 StGB?

A
  1. Sie treten im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität/Subsidiarität) hinter §§ 211, 13 StGB zurück!
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95
Q

Wie stehen Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 und Mord durch Unterlassen gem. §§ 211, 13 StGB zueinander?

A
  1. Sie stehen in Tateinheit!
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96
Q

Wie steht eine Straftat an einer Person im zB. 1. Tatkomplex und an einer anderen Person die unabhängig von der aus dem 1. Tatkomplex ist im Gesamtergebnis zueinander?

A
  1. Sie stehen zueinander in Realkonkurrenz!
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97
Q

Verhältnis in Gesamtergebnis von gefährlicher Körperverletzung, schwerer Körperverletzung, Körperverletzung mit Todesfolge und Mord durch Unterlassen?

A
  1. X ist daher strafbar wegen gefährlicher Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2 in Tateinheit (§ 52) mit schwerer Körperverletzung gem. § 226 I Nr. 1 Var. 1 in Tatmehrheit (§ 53) mit Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 in Tateinheit (§ 52) mit Mord durch Unterlassen gem. §§ 211, 13.
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98
Q

Merke zur Prüfung der Gebotenheit: Ist die Notwehr aufgrund sozialethischer Erwägungen einzuschränken? –> Das ist bei 4 klassischen Fallgruppen zu Bejahen!

A
  1. Krasses Missverhältnis zwischen verteidigtem Rechtsgut und drohendem Schaden (keine Ver-hältnismäßigkeitsprüfung)
  2. Angriffe von schuldlos Handelnden (Kinder, Geisteskranke, Volltrunkene) und von erkennbar Irrenden
  3. Angriffe im Rahmen von engen persönlichen (Garanten-)Beziehungen
  4. Schuldhafte Provokation der Notwehrlage

In solchen Fällen muss der Notwehrübende grds. folgendermaßen vorgehen (3-Stufenbau)

1) Angriff ausweichen
2) defensive Verteidigungshandlungen (Schutzwehr)
3) zuletzt offensive Verteidigung (Trutzwehr)

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99
Q

Was bedeutet das “Rechtsbewährungprinzip”?

A

Das Recht braucht dem unrecht nicht zu weichen.

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100
Q

Wann hat der Verteidiger iR. der Erforderlichkeit ein milderes Mittel zu wählen?

A
  1. Der Verteidiger darf grundsätzlich die wirksamste Verteidigungsmethode wählen, um den Angriff zu beenden.
  2. Er muss sich nicht auf weniger erfolgversprechende Verteidigungsmaß-nahmen verweisen lassen.
  3. Nur unter mehreren gleich wirksamen Methoden hat er die mildere zu wählen.
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101
Q

Was ist bei der Erforderlichkeit in Hinsicht auf den Gebrauch von “Schusswafen” zu beachten?

A
  1. Erforderlich ist grundsätzlich zunächst ein Androhen, dann ein Warnschuss und schließlich ein Schuss auf nicht lebenswichtige Körperteile.
  2. Dies gilt jedoch nicht, wenn nur ein sofortiger tödlicher Schuss eine effektive Verteidigungshandlung darstellt.
  3. Es gelten insoweit ebenso die obigen Grundsätze.
  4. Eine Abwägung der betroffenen Güter oder eine Prüfung der „Verhältnismäßigkeit“ ist im Übrigen nicht erforderlich (Ausnahme: fehlende Gebotenheit bei besonders „krassem Missverhältnis“ der betroffenen Güter).
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102
Q

Was bedeutet “Subsidiarität der Notwehr gegenüber staatlichen Schutz”?

A
  1. Wenn, wie im vorliegenden Fall, staatliche Hilfe jedoch präsent ist und gleich wirksam den Rechtsgüterschutz gewährleisten kann, ist der Schuss nicht das mildeste unter mehreren gleich wirksamen Mitteln.
  2. Es wäre also ausreichend gewesen, die Polizisten zu informieren und nicht selbst gegen den Einbrecher vorzugehen
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103
Q

Merke zur: Strafbarkeit des X gem. § 223 I durch einzelne Schläge während eines Raufhandels, bei dem sich einzelne Verletzungen nicht mehr zuordnen lassen?

A

A könnte sich durch die Ausführung einzelner Schläge während des Raufhandels wegen vor-sätzlicher Körperverletzung strafbar gemacht haben. Zwar bleiben bei einer kräftigen Schlä-gerei Verletzungen der Beteiligten typischerweise nicht aus, sodass die Voraussetzungen ei-ner Gesundheitsschädigung sowie einer körperlichen Misshandlung erfüllt wären. Doch ist unklar, wer konkret durch welche Handlungen eine andere Person körperlich misshandelt und geschädigt hat. Insofern ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen, welche Handlungen welchen Beteiligten (ggf. wechselseitig gem. § 25 II StGB) zugerechnet werden können. Eine Strafbarkeit gem. § 223 I StGB lässt sich daher nicht feststellen.

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104
Q

Wann ist Beteiligung an Schlägerei vorliegend gem. § 231 I Alt. 1 StGB?

A

Zur Bejahung der „Beteiligung“ ist kein Zusammenwirken erforderlich. Vielmehr reicht es aus, dass die Beteiligten anwesend sind und körperlich oder psychisch an der Schlägerei mitwirken.

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105
Q

Merke zu § 231 StGB?

A

Hinweis: § 231 ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Durch die objektive Bedingung der Strafbarkeit wird der denkbar weite Anwendungsbereich dieser Norm eingeschränkt. Dabei wird die objektive Bedingung der Strafbarkeit gängigerweise als Tatbestandsannex ge-prüft. Die schwere Folge muss eine der in § 226 genannten Folgen sein, die hier inzident geprüft werden. Anders als bei objektiven Tatbestandsmerkmalen muss sich der Vorsatz des Täters nicht hierauf beziehen; die schwere Folge muss nicht einmal vorhersehbar ge-wesen sein. Es ist auch nicht erforderlich, dass die schwere Folge rechtswidrig herbeige-führt worden ist. Notwehrhandlungen der an der Schlägerei Beteiligten gegeneinander schließen § 231 also nicht aus. Die schwere Folge muss auch nicht kausal auf einen Tatbei-trag eines einzelnen Beteiligten zurückzuführen sein, sondern nur auf dem Gesamtvorgang der Schlägerei beruhen. Das Opfer, bei dem die schwere Folge eintritt, muss kein an der Schlägerei Beteiligter sein. Vielmehr kommen auch schwere Folgen bei unbeteiligten Drit-ten, etwa einem streitschlichtenden Wirt, in Betracht.

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106
Q

Wie wird eine “dauernde Entstellung” gem. § 226 I Nr. 3 StGB als schwere Folge eingestuft?

A
  1. Hinsichtlich der dauernden Entstellung in erheblicher Weise ist dabei auf die Gesamterschei-nung des Verletzten abzustellen.
  2. Ob die Entstellung erheblich ist, bestimmt sich objektiv da-nach, ob die Beeinträchtigung des Verletzten mit den übrigen in § 226 genannten Entstellun-gen vergleichbar ist.
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107
Q

Wann ist eine “Entstellung in erheblicher Weise” gem. § 226 I Nr. 3 StGB nach h.M. NICHT von “Dauer”?

A

Nach h.M. ist dies nicht der Fall, wenn eine künstliche Beseitigung z.B. durch Operationen – auch Zahnprothesen – in Betracht kommt, soweit die Maßnahme mit Sicherheit durchgeführt wird oder üblich, ausführbar und zumutbar ist.

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108
Q

Was besagt § 60 S. 1 StGB?

A
  1. Das Absehen von Strafe
  2. Dafür müssen die Folgen der Tat so schwer sein, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre.
  3. Eine Strafe ist offensichtlich verfehlt, wenn sie unter keinem ihrer Leitgesichtspunkte eine sinnvolle Funktion hätte, wenn also die Funk-tion der Strafe allein durch den Schuldspruch erfüllt wird, d.h. der Täter sich selbst so schwer geschädigt hat, dass es einer weitergehenden Einwirkung auf ihn nicht bedarf und auch der Allgemeinheit ein Absehen von Strafe verständlich erscheint.
    - -> zB. Sehverlust durch Schlägerei, also keine Bestrafung für Schlägerei!
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109
Q

Reicht für “gemeinschaftliches Begehen” einer Körperverletzung gem. § 224 I Nr. 4 StGB ein bloßes Zusammenwirken mehrerer Tatbeteiligter aus, oder ist mittäterschaftliche Tatbegehung iSd. § 25 II StGB erforderlich?

A
  1. Fraglich ist, ob ein bloßes Zusammenwirken mehrerer Tatbeteiligter ausreicht oder ob eine mittäterschaftliche Tatbegehung im Sinne des § 25 II erforderlich ist.
  2. Gem. § 28 II sind „Beteiligte“ Täter und Teilnehmer. Insofern kann dahinstehen, ob die anwesenden und applaudierenden „verfeindeten“ Fußballfans als (Mit-)Täter sind, da sie jedenfalls als Teilnehmer – mit Blick auf eine psychische Beihilfe, § 27 - zu qualifizieren sind.
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110
Q

Wie wird der Subjektive Tatbestand in bei der schweren Folge gem. § 226 formuliert?

A

H müsste vorsätzlich und hinsichtlich des Eintritts der schweren Folge mit Absicht oder sicherem Wissen gem. § 226 II gehandelt haben.

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111
Q

Wie stehen §§ 226 I und 226 II jeweils zu § 223 StGB?

A
  1. § 226 II ist eine “ganz normale” Qualifikation des § 223

2. § 226 I StGB ist eine Erfolgsqualifikation

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112
Q

Liegt ein “Angriff” im Rahmen der NOtwehr gem. § 32 vor, wenn ein entlaufener Hund angreift?

A
  1. Nein!

2. Es liegt kein menschlicher Angriff vor

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113
Q

Was besag der Grundsatz der “Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung”?
a) Und was haz das für eine Auswirkung auf Rechtfertigungsgründe im Strafrecht?

A
  1. Die zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe gelten auch im Strafrecht
    a) Im Rahmen der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) müssen Sie bei der Prüfung einer etwaige Rechtfertigung daher gegenüber § 34 StGB vorrangig die §§ 228 ff., 904 BGB heranziehen,
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114
Q

Interessenabwägung im Rahmen des Defensivnotstands?

A
  1. Der Eingriff in das fremde Rechtsgut darf im Rahmen einer Interessenabwägung nicht außer Ver-hältnis zu der durch sie drohenden Gefahr stehen.
  2. Das geopferte Rechtsgut darf demnach nicht we-sentlich wertvoller als das gerettete Rechtsgut sein.
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115
Q

Unterscheidung: Aggressivnotstand und Defensivnotstand?

A

Beim Defensivnotstand geht die Gefahr von der Sache selbst aus, während beim Aggressivnotstand die Sache, auf die eingewirkt werden soll, völlig unbeteiligt ist. Die beiden Notstandsformen sind daher Ausdruck unterschiedlicher Prinzipien.

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116
Q

Subjektive Voraussetzung für Notstandslage?

A
  1. Ein subjektives Element:
    a) Kenntnis von der Notstandslage
    b) Handeln mit Rettungswillen
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117
Q

Wann muss der Verteidiger bei Notwehrhandlung zu milderem Mittel greifen?

A

Zu einem milderen Mittel muss der Verteidiger aber immer nur dann greifen, wenn es ex ante betrachtet zur Abwendung des Angriffs genauso geeignet erscheint.
2. Grundsätzlich darf der Verteidiger also das Verteidigungsmittel wählen, welches er ex ante am effektivsten halten durfte.

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118
Q

Wichtige Fallgruppen zur Einschränkung der Gebotenheit einer Notwehrhandlung?

A
  1. Krasses Missverhältnis zwischen verteidigtem Rechtsgut und drohendem Schaden
  2. Angriffe von Kindern, ersichtlich Irrenden und sonst schuldlos Handelnden
  3. Enge familiäre Beziehungen (str.)
  4. Notwehrprovokation
  5. (Art. 2 II lit. a EMRK – str.)
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119
Q

Unter welchem Prüfungspunkt wird die Notwehrprovokation geprüft?

A

Unter der Gebotenheit der Notwehrhandlung.

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120
Q

Wann ist Gewohnheitsrecht-Anwendung erlaubt?

A

Wenn es zugunsten des Täters ausgelegt wird?

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121
Q

Welche Rechtsgüter sind nicht disponibel?

A
  1. Rechtsgüter der Allgemeinheit

2. Das Leben

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122
Q

Wann verstößt eine Tat gegen die guten Sitten gem. § 228 StGB (zB. iRd. Einwilligung)?

A
  1. Die Tat verstößt gegen die guten Sitten, wenn sie nach allgemein gültigen moralischen Maßstäben mit dem eindeutigen Makel der Sittenwidrigkeit behaftet ist.
  2. Sittenwidrig ist nach gängiger Definition, was gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.
  3. Dabei ist in erster Linie zu bewerten, ob die Körperverletzung wegen des besonderen Gewichts des Rechtsgutsangriffs im Einzelfall, namentlich des Umfangs und der andauernden Wirkungen als unvereinbar mit den guten Sitten erscheint.
  4. Je größer die Gefahr und je geringer der Wert ist, der dem Tatzweck zukommt, desto eher ist ein Verstoß gegen die guten Sitten gegeben.
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123
Q

Handelt eine Mutter mit Freiheitsberaubung gem. § 239 I StGB, wenn sie ihrem Sohn 2 Stunden Hausarrest erteilt, weil er eine Fensterscheibe kaputt gemacht hat?

A
  1. Nein!
  2. Prüfungs Vorgehen:

II. Rechtswidrigkeit –> Das elterliche Erziehungsrecht könnte die Freiheitsberaubung aber rechtfertigen. Dies ist auch heu-te noch möglich, da § 1631 II BGB sich nur gegen körperliche Züchtigung richtet. Bei anderen Tat-beständen wie z.B. der Beleidigung (§ 185 StGB) oder der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) ist wei-terhin eine Rechtfertigung denkbar.

  1. Objektive Voraussetzungen
    a) Erziehungslage/-anlass –> Fehlverhalten des Kindes?
    b) Erziehungshandlung –> Die Maßnahme müsste zur Erreichung des Erziehungszwecks erforderlich und angemessen sein; die Erziehungsmaßnahme muss insbesondere in einem angemessenem Verhältnis zur Schwere der Verfehlung stehen, wobei die individuellen Verhältnisse des Kindes zu berücksichtigen sind.
  2. Subjektive Voraussetzung –> Handeln in Kenntnis der objektiven Voraussetzungen und mit Erziehungswillen
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124
Q

Voraussetzungen der a.l.i.c.?

A
  1. Voraussetzung für die vorliegend in Betracht kommende vorsätzliche a.l.i.c. ist, dass der Täter zum Zeitpunkt der Herbeiführung der Schuldunfähigkeit Vorsatz sowohl bezüglich der Her-beiführung des Defektzustands als auch bezüglich der späteren Straftat hat
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125
Q

Was bedeutet die Prüfung eines § iVm. den Grundsätzen der a.l.i.c.?

A

Es wird auf den Zeitpunkt des Sich-Betrinkens abgestellt

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126
Q

Auswirkung auf vorsätzliche a.l.i.c., wenn man Tatplan erst betrunken fasst?

A

Allerdings hat sie im Zeitpunkt des Sich-Betrinkens die genaue Tatausführung noch nicht geplant. Den Baseballschläger hat sie erst im volltrun-kenen Zustand eingesteckt. Auch bezüglich des hinterlistigen Überfalls erwähnt der Sachver-halt keinen konkreten Tatplan im Zeitpunkt des Sich-Betrinkens. Insofern war von Ds Primär-vorsatz – den X zu verprügeln – die Begehung einer qualifizierten Körperverletzung gem. § 224 I nicht umfasst, sodass eine Zurechnung nach den Grundsätzen der vorsätzlichen actilibera in causa mangels Doppelvorsatzes ausscheidet. Ein Fall der fahrlässigen actio libera in causa kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Sachverhalt keine Angabe dazu enthält, ob D damit rechnen konnte, den Baseballschläger aufzufinden und zu gebrauchen.

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127
Q

Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 iVm. den Grundsätzen der a.l.i.c.nach dem Vorverlegungsmodell?

A

Ein Fahrzeug führt, wer es allein oder mitverantwortlich in Bewegung setzt oder hält und es unter Handhabung seiner techni-schen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum lenkt. Führen eines Fahrzeugs ist demnach nicht gleichbedeutend mit Verursachen der Be-wegung. Es beginnt erst mit dem Bewegungsvorgang des Anfahrens selbst. Dazu genügt nicht einmal, dass der Täter in der Absicht, alsbald wegzufahren, den Motor seines Fahrzeugs startet. Umso mehr muss eine Ausdehnung auf zeitlich vorgelagerte Handlungen nach der gesetzlichen Umschreibung der Tathandlung ausscheiden. Bei § 316 handelt es sich um ein eigenhändiges Tätigkeitsdelikt, nicht um ein Erfolgsdelikt: Den Tatbestand verwirklicht, wer eine bestimmte Handlung selbst vornimmt. Dementsprechend liegt im Sich-Berauschen in Fahrbereitschaft noch nicht der Beginn des Führens eines Fahrzeugs.
Im Zeitpunkt des Weinkonsums, der nach dem Vorverlegungsmodell als Tathandlung zu-grunde zu legen ist, befindet sich D zuhause und noch nicht in ihrem Auto. Sie führte daher zu diesem Zeitpunkt kein Fahrzeug im Straßenverkehr.

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128
Q

Hinweis zur a.l.i.c.?

A

Der BGH folgt wie oben erwähnt grundsätzlich dem Vorverlegungsmodell. Vor einigen Jahren hat dann jedoch der 4. Senat in einer aufsehenerregenden Entscheidung sämtliche Begründungsansätze der a.l.i.c. verworfen. Allerdings ging es dabei mit § 315c StGB um ein verhaltensgebundenes Delikt, bei dem die Tathandlung, anders als bei den reinen Erfolgsdelikten, näher umschrieben ist. Nur kurz darauf hat der 3. Senat für die rei-nen Erfolgsdelikte ausdrücklich an der Zulässigkeit der vorsätzlichen a.l.i.c. festgehalten. Dem hat sich auch der 2. Senat angeschlossen.
Auch nach dem Modell der mittelbaren Täterschaft ist eine Bestrafung nach den Grundsät-zen der a.l.i.c. nicht möglich, wenn es sich bei dem verhaltensgebundenen Delikt zugleich um ein eigenhändiges Delikt handelt, da ein solches nicht in mittelbarer Täterschaft began-gen werden kann.
Die anderen Begründungsmodelle der a.l.i.c. unterscheiden nicht zwischen Erfolgs- und Tätigkeitsdelikten. Demnach wäre § 316 ebenso zu behandeln wie § 223.

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129
Q

Bedeutung und Ausprägung des Gesetzlichkeitsprinzips?

A
  • Art. 103 II GG –> nullum crimen, nulla poena sine lege für Vorhersehbarkeit des Bürgers
    1. Das Bestimmtheitsgebot
    2. Rückwirkungsverbot
    3. Verbot des Gewohnheitsrechts
    4. Analogieverbot
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130
Q

Welche Deliktsarten gibt es und wie lassen sie sich wiederum einteilen?

A
  1. vollendetes vorsätzliches Begehungsdelikt
  2. versuchtes vorsätzliches Begehungsdelikt
  3. fahrlässiges Begehungsdelikt
  4. vollendetes vorsätzliches Unterlassungsdelikt
  5. versuchtes vorsätzliches Unterlassungsdelikt
  6. fahrlässiges Unterlassungsdelikt
  7. Versuchs-Fahrlässigkeitskombinationen (nicht strafbar)
  • Verbrechen
  • Vergehen
    a) Erfolgsdelikte
    b) Tätigkeitsdelitke
    a. Verletzungsdelikte
    b. konkrete Gefährdungsdelikte
    c. Abstrakte Gefährdungsdelikte
    i. Dauerdelikte
    ii. Zustandsdelikte
    I) Allgemeindelikte
    II) Sonderdelikte
    III) Eigenhändige Delikte
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131
Q

Was sind mindestvoraussetzungen für eine Handlung?

A
  1. ein menschliches Verhalten
  2. ein äußerlich erkennbares Verhalten
  3. ein willensgetragenes Verhalten
    - Dagegen keine Handlung:
    a. Körperreaktionen infolge unwiderstehlicher Gewalt (vis absoluta)
    b. Reflexbewegungen ohne willentlichen Steuerungsprozess
    - Dagegen eine Handlung:
    a) nötigender Gewalt (vis compulsiva)
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132
Q

Wie wird die objektive Zurechnung schematisch geprüft?

A
  1. Schaffen oder Erhöhen einer rechtlich missbiligten Gefahr

2. Verwirklichen gerade dieser Gefahr im tatbestandsmäßigen Erfolg (Gefahrenzusammenhang)

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133
Q

Woraus ergibt sich, dass der Vorsatz sich auf alle Merkmale des objektiven Tatbestands erstrecken muss?

A
  1. Aus § 16 I 1 StGB

2. Bereits Unkenntnis eines Merkmal schließt den Vorsatz aus –> Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit gem. § 16 I 2 StGB

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134
Q

Welche Vorsatzformen gibt es?

A
  1. Absicht (dolus directus 1. Grades) –> Wissens+Wollenskomponente sind gegeben
  2. Direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades) –> Wissenskomponente ist gegeben, aber eigentlich Will er den Erfolg nicht, nimmt ihn aber in Kauf
  3. Eventualvorsatz (dolus eventualis) –> Hält Verwirklichung ernstlich für möglich und nimmt dies billigend in Kauf
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135
Q

Was bedeutet die Simultaneität von objektivem und subjektivem Tatbestand?

A
  1. Gem. § 16 I 1 StGB muss der Täter bei Begehung der Tat, d.h. zum Tatzeitpunkt, Vorsatz gehabt haben.
  2. Zeitpunkt der Tat ist gem. § 8 StGB der Zeitpunkt der Tathandlung und nicht des Taterfolgs
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136
Q

Wann fehlt die Simultaneität?

A
  1. Dolus antecedens –> vorhergehender Vorsatz der bei Tathandlung aber nicht besteht
  2. Dolus subsequens –> nachträgliche Billigung reicht nicht aus
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137
Q

Was bedeutet der “dolus cumultativus”?

A

Der Täter hält es für möglich, mit seiner Handlung nicht nur einen, sondern mehrere Erfolge herbeizuführen und nimmt dies billigend in Kauf – sog. dolus cumulativus.

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138
Q

Was Umfasst Vorsatz des Täters alles?

A
  1. Tätereigenschaft, Tatobjekt, Tathandlung, Kausalität, Zurechenbarkeit
  2. Tatobjekt muss gattungsmäßig bestimmbar sein
  3. Kausalität muss in wesentlichen Zügen vorhergesehen sein
  4. Intensität des Wissens muss nicht durch explizite Überlegung bewusst gemacht werden sondern es reicht gedankliches Mitbewusstsein
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139
Q

Tatumstandsirrtum?

A
  1. Handeln ohne Vorsatz gem. § 16 I 1 StGB
  2. Verortet in § 16 II StGB
  3. Bestrafung allenfalls wegen Farhlässigkeit, § 16 I 2 StGB
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140
Q

Welche Ebenen sind im Hinblick auf mögliche Irrtümer zu unterscheiden?

A
  1. Die begriffliche Ebene
  2. Die Tatsachenebene

a) deskriptive Tatbestandsmerkmale (zB. Sache)
b) Normative Tatbestandsmerkmale zur Bezeichnung von rechtlichen Tatsachen(zB. “fremd”)

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141
Q

Was bedeutet die “Parallelwertung in der Laiensphäre”?

A

Täter muss bestehende Rechtslage auf die das normative Tatbestandsmermal des Straftatbestands Bezug nimmt, zumindest im Großen und Ganzern erkannt haben. –> korrekte rechtliche Bezeichnung braucht er nicht kennen

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142
Q

Irrtum über die Identität des Tatobjekts? –> Vorgehen?

A
  • error in persone / vel objecto
    1. tatbestandliche Gleichwertigkeit?
  • -> Wenn ja, dann Irrtum unbeachtlich
  1. tatbestandliche Ungleichwertigkeit?
    - -> Tatumstandsirrtum
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143
Q

Umgehen mit einem Fehlgehen der Tat / “aberratio ictus”?

A
  1. Tatbestandliche Ungleichwertigkeit?
    - -> Objektverletzung stellt Tatumstandsirrtum dar
    - -> Bestrafung wegen farhlässigem Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
  2. Tatbestandliche Gleichwertigkeit?
    A1 “Gattungslösung” mM. –> Unbeachtlicher Irrtum
    A2 “Konkretisierungslösung” hM. –> Der Irrtum ist als Tatumstandsirrtum beachtlich!
    –> fahrlässiges Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
  3. Beachte billigendes In Kauf nehmen hinsichtlich Irrtum an Verletzungsobjekt
    - -> Vollendetes vorsätzliches Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
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144
Q

Wie wird mit einem Zusammentreffen von Fehlgehen der Tat und Identitätsirrtum umgegangen? (errore in persona vel objecto und aberratio ictus)

A
  1. Wird nach Regeln für Fehlgehen der Tat behandelt
  2. Allein ausschlaggebend auf wen sich im Moment des Handelns der Vorsatz konkretisiert hat /individualisiert
  3. Bestrafung wegen fahrlässigem Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
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145
Q

Wann ist Irrtum über Kausalverlauf nach hM. noch unwesentlich?

A

Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf dann unwesentlich, wenn sie sich noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt. (Rspr.)

–> Man ist also gut beraten, zumindest im Regelfall Abweichungen der Vorstellungen zum Kausalverlauf zum tatsächlichen Kausalver-lauf als unwesentlich zu bewerten, wenn man die Vorhersehbarkeit im objektiven Tatbestand bejaht hat.

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146
Q

Was bedeuten “deliktspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale” für die Prüfung?

A
  1. Werden neben dem Vorsatz geprüft und müssen gerade NICHT objektiv verwirklicht sein
  2. Bezugsgegenstand muss gerade nicht objektiv verwirklicht sein und es reich die bloße subjektive Absicht des Täters

–> “Delikte mit überschließender Innentendenz”

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147
Q

Was stellt eine Ausnahme der “objektiven Bedingung der Strafbarkeit” dar?

A

In manchen wenigen Vorsatzdelikten sind Bedingungen enthalten, die objektiv vorliegen müssen aber auf die sich der Vorsatz nicht zu erstrecken braucht
–> zB. Tod als Folge einer Schlägerei

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148
Q

Ist das Ungeborene Leben schon Mensch iSd. §§ 211 ff. StGB?

A

Nein!

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149
Q

Wie ist man strafbar, wenn man von Einsetzen der Eröffnungswehen auf das Ungeborene schädigend einwirkt?

A
  1. Auch wenn der Tod erst nach Geburt eintritt, NUR gem. § 218 StGB
  2. Außer man wirkt erneut auf Kind ein
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150
Q

Wann endete das Meinschein?

A

Der strafrechtliche Lebensschutz endet mit dem Tod des Menschen. Maßgeblich hierfür ist nach hM nicht der Stillstand des Herzens und der Atmung (= Herztod), sondern das endgültige Erlöschen aller Gehirnfunktionen (= Hirntod).

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151
Q

Wie wird die Teilnahme an der freiverantwortlichen Selbsttötung bestraft?

A
  1. Sie ist als Anstiftung oder Beihilfe NICHT strafbar
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152
Q

Als was ist der “Minder schwere Fall des Totschlags” gem. § 213 StGB einzustufen?

A
  1. Nach hM. nicht als Privilegierung, sondern als Strafzumessungsregel
  2. Prüfung im Anschluss an die Schuld
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153
Q

Unterscheidung der 3 Gruppen von Mordmerkmalen?

A
  1. Besonders verwerfliche Beweggründe
  2. Besonders verwerfliche Begehungsdelikte
  3. Besonders verwerfliche Handlungszwecke

–> Zurückgehen des § 211 StGB auf Nazis!!

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154
Q

Charakter der Mordmerkmale?

A
  1. Tatbezogene Merkmale: 2. Gruppe
    - -> Prüfungs im OTB
  2. Täterbezogene Merkmale: 1. und 3. Gruppe
    - -> Prüfung im STB
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155
Q

Was besagt die Rechtsfolgenlösung?

A

Analog zu den gesetzlichen Milderungen wie §§ 13 II, 17 S. 2, 21 StGB sind der Strafrahmen des § 49 I Nr. 1 anzuwenden, wenn außergewöhnliche Umstände die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe als nicht schuldangemessen erscheinen lassen
(-) keine Grundlage im Gesetz
(-) Führt zu Strafen die unter Totschlag liegen

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156
Q

Wie sind die Mordmerkmale grundsätzlich auszulegen?

A

Restriktiv

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157
Q

Was besagt die “negative Typenkorrektur” und findet sie Anwendung?

A
  1. Mordmerkmale hätte nur eine Indizfunktion und § 211 wäre nicht anzuwenden wenn aufgrund besnderer Umstände nach einer Gesamtwürdigung von Tat und Täter die Verwerflichkeit trotz Vorliegen eines Mordmerkmals fehlt
  2. Findet keine Anwendung da Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot –> Freier Wertungsakt des Richters sonst möglich
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158
Q

Wann handelt der Täter zur Befriedigung des Geschlechtstriebs?

A
  1. Lustmord –> Geschlechtliche Befriedigung im Tötungsakt selbst
  2. Nekrophilie –> Sexuelle Lust an der Leiche befriedigen
  3. Täter wendet zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs Gewalt an und nimmt dabei Tod des Opfers billigend in Kauf
    - -> zeitlich-räumlicher Zusammenhang nicht nötig
    - -> Das sexuelle Begehren muss sich auf Tatopfer richten (zB. Töten eines 3. für Vergewaltigung reicht nicht aus)
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159
Q

Was ist für das Vorliegen von Habgier zu beachten?

A
  1. Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen muss nicht alleiniges Motiv sein, aber bewusstseinsdominanter Beweggrund
  2. hM.: egal ob Vermögenszuwachs oder Vermeidung von Aufwendungen
  3. (P) –> Erstreben eines zustehenden rechtlichen Vorteils
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160
Q

Können Gefühlsregungen niedrige Beweggründe begründen?

A
  1. Ja, solange sie Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täter sind
    zB. Zorn, Fremdenhass etc.
  2. Menschlich nachvollziehbares dagegen nicht
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161
Q

Muss sich der Täter der niedrigen Beweggründe für seinen Totschlag subjektiv bewusst sein?

A
  1. Ja, der Täter muss sich der Umstände die seinen Antrieb zur Tötung besonders verachtenswert erscheinen lassen bewusst sein
    - -> er braucht die jedoch nicht als niedrig zu bewerten
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162
Q

Bei wem fehlt die Arglosigkeit aufgrund des Fehlens der Fähigkeit zum Argwohn?

A
  1. Babys und Kleinkinder bis ca. 3 Jahre
  2. Schwerkranke, die Umwelt nicht mehr wahrnehmen
  3. Bewusstlose, die Eintritt ihres Zustands nicht mehr abwenden können
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163
Q

Heimtücke bei Ausnutzen Arg- und Wehrlosigkeit schutzbereiter Dritter gegeben?

A

JA!

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164
Q

Heimtücke bei Schlafenden?

A
  1. ja!

2. Mitnehmen der Arglosigkeit in den Schlaf

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165
Q

Wann muss die Arglosigkeit für ein Vorliegen der Heimtücke gegeben sein?

A
  1. Im Zeitpunkt der Tat, d.h. beim unmittelbaren Ansetzen zur Tötung
  2. Vorbereitungsstadium reicht nicht aus
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166
Q

Heimtücke beim Entgegentreten in offener feindseliger Haltung?

A
  • Keine Heimtücke!
    Außer:
    1. Zeitspanne zwischen Erkennen der Gefahr und unmittelbarem Angriff so kurz, dass Opfer keine Möglichkeit zur Abwehr bleibt.
    2. Getöteter wurde zuvor unter Ausnutzung seiner Arglosigkeit planmäßig in Falle gelockt
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167
Q

Schließen vorangegangene Auseinandersetzungen die Arglosigkeit aus?

A
  1. Nein!

2. Wenn das Opfer zB. aufgrund einer zeitlichen Zäsur mit keinem weiteren Angriffen mehr rechnet

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168
Q

Welche Komponenten beinhaltet die Heimtücke?

A
  1. Arglosigkeit
  2. Wehrlosigkeit
  3. Ausnutzen
  4. Feindeslige Willensrichtung
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169
Q

Liegt bei vorangegangenen grausamen Verletzungshandlungen ein grausamer Mord vor?

A
  1. Nein!

2. Die grausame Tatausführung muss bestandteil der Tötungshandlung sein

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170
Q

Kann eine Tötung durch Unterlassen grausam sein?

A

Ja –> zB. Verhungern lassen eines Kleinkinds

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171
Q

Tötet man grausam wenn man eine per se besonders qualvolle Tötungsmethode wählt?

A

Ja!

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172
Q

Was ist nicht ausreichend, für das Vorliegen gemeingefährlicher Mittel?

A
  1. typischerweige gemeingefährliche Mittel, wenn in konkreter Tatsituation mit keiner Gemeingefahr verbunden
  2. Mittel, bei dem sich die Gefahr nur alternativ, nicht kumulativ bei mehreren Beteiligten realisieren kann
  3. Bloßes Ausnutzen einer bereits vorhandenen gemeingefährlichen Situation zur Tat
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173
Q

Reicht es für die Ermöglichungs- Verdeckungsabsicht aus, dass nur nach Vorstellung des Täters eine Straftat vorliegt?

A

Nach hM reicht es aus, dass es sich bei dem Geschehen lediglich nach der Vorstel-lung des Täters um eine Straftat handelt, also der Täter nur irrtümlich annimmt, sein Verhalten sei strafbar. Deshalb macht sich des Verdeckungsmordes auch der-jenige schuldig, der einen anderen zur Verdeckung einer OWi tötet, die er fälsch-lich für eine Straftat hält.

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174
Q

Liegt Ermöglichungs- Verdeckungsabsicht vor, wenn Täter irrtümlich glaubt, sein Verhalten sei keine Straftat?

A
  1. Nein!
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175
Q

Kann Verdeckungsabsicht vorliegen, wenn Täter sich bereits für erkannt hält und er lediglich entkommen will?

A

Nein! –>

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176
Q

Bleibt Verdeckungsabsicht auch bei einem bereits bestehendem Verdacht möglich?

A

Ja!

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177
Q

Genügt das bloße Erschweren der Üebrführung durch Beseitigen eines Belastungszeugen für das Vorliegen Ermöglichungs- Verdeckungsabsicht?

A

Nein!

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178
Q

Braucht bei Verdeckungs- Ermöglichugnsabsicht eine zeitliche Zäsur vorzuliegen?

A

Nach hM. Nein!
(-) Der Verdeckungstäter wird begünstigt, der sein Opfer am Anfang nicht nur mit Körperverletzungsvorsatz sondern zusätzlich mit bedingtem Tötungsvorsatz angreift

A2 –> Beginn des einheitlichen Tötungsgeschehens stehende versuchte Tötung sowie ggf. vollendete Körperverletzung als “andere Straftat” gelten

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179
Q

Kann § 213 StGB vorliegen, wenn Mordmerkmale bejaht sind?

A

Nach der hM. Nein!

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180
Q

Was ist der Grund für die Strafmilderung bei der Tötung auf Verlangen gem. § 216 StGB?

A
  • nach der hM. 2 Faktoren:
    1. Rechtsgutverzicht des Lebensmüden bewirkt Unrechtsminderung
    2. Mitleidsmotivation des Täters führt zu Schuldminderung
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181
Q

Woraus folgt die Straflosigkeit der Selbsttötung?

A

Aus dem Schutzzweck des § 212 StGB –> “anderer Mensch”

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182
Q

Ist die Teilnahme an der freiverantwortlichen Selbsttötung straflos und wenn ja, wieso?

A
  • Ja! zB. Ehemann besorgt Frau Gift
    1. “Akzessorietät der Teilnahme” –> ohne vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gibt es keine strafbare Teilnahme
    a) Beachte: Gilt nicht bei Farhlässigkeitsdelikten, da hier nach hM. das Einheitsprinzip gilt: Jeder, der sorgfaltswidrig und objektiv zurechenbar eine Ursache für den tatbestandlichen Erfolg setzt, gilt als Täter
  1. “Eigenverantwortlichkeitsprinzip” –> Eigenverantwortlichkeit des Suizidenten sperrt die Zurechnung des Todes
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183
Q

Welche Deliktsnatur hat die “geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung” gem. § 217 StGB?

A
  1. ein abstraktes Gefährdungsdelikt.
    → Somit kann der Suizident nicht rechtfertigend einwilligen.
  2. Der Sache nach handelt es sich bei der Tathandlung um eine zur Täterschaft verselb-ständigte Unterstützungshandlung, die bereits im Vorfeld des Versuchs der „Haupt-tat“ (Selbsttötung) stattfindet.
  3. Absatz 2 normiert einen persönlichen Strafausschließungsgrund für nicht geschäfts-mäßig teilnehmende Angehörige und Nahestehende des Suizidenten.
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184
Q

Welche Arten der Sterbehilfe werden unterschieden?

A
  1. Aktive Sterbehilfe
  2. Indirekte Sterbehilfe
  3. Passive Sterbehilfe
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185
Q

Was ist aktive Sterbehilfe?

A

Aktive Sterbehilfe ist die einverständliche gezielte Tötung des unheilbar Kranken durch aktives Tun zum Zweck der Leidensbeendung.

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186
Q

Was ist indirekte Sterbehilfe?

A

Darunter versteht man das Verabreichen von schmerzlindernden Mittel, wodurch als nicht beabsichtigte, aber billigend in Kauf genommene Nebenfolge der Tod des unheilbar Kranken beschleunigt wird. Die indirekte Sterbehilfe gilt als zulässig. Problematisch ist freilich, dass es sich auch bei ihr an sich um eine Form der aktiven Sterbehilfe handelt; umstritten ist deshalb die Begründung:

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187
Q

Was ist passive Sterbehilfe?

A

Unter passiver Sterbehilfe versteht man das Sterbenlassen des unheilbar Kranken durch Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen wie künstli-che Ernährung, künstliche Beatmung o.ä. Dabei werden zwei Konstellationen unter-schieden:

  1. Sterbevorgang hat irreversibel eingesetzt: Hilfe beim Sterben
  2. Sterbevorgang hat nocht nicht eingesetzt, aber keine Aussicht auf Besserung: Hilfe zum Sterben
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188
Q

Wann ist die passive Sterbehilfe zulässig?

A
  • Wenn die Garantenpflicht entfällt:
    1. Kranke ist urteilsfähig und will aufgrund Patientenautonomie keine weitere Behandlung –> kein Recht zur Zwangsbehandlung
  1. Wenn Kranker nicht urteilsfähig, eventuell schriftlich fixierte Patientenverfügung bindendn, vgl. § 1901a I 2 BGB
    a) Keine Patientenverfüugung, dann mutmaßlicher Wille des Kranken maßgeblich, § 1901a II BGB
    - subjektive Präferenzen
    - ansonsten intersubjektive Gesichtspunkte (vernünftiger Dritter und im Zweifel Schutz des Lebens)
  2. Gilt unabhängig davon, ob Sterbevorgang bereits eingesetzt hat oder nicht, vgl. § 1901a III BGB
  3. Bei irreversibel eingesetzter Sterbephase muss Arzt keine sinnlosen Maßnahmen ergreifen
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189
Q

Deliktsnatur der Aussetzung gem. § 221 StGB?

A
  1. konkretes Gefährdungsdelikt zum Schutz des Lebens und der Gesundheit.
  2. Systematik des § 221 StGB?
    - Nr. 1 ist ein Allgemeindelikt, das die Herbeiführung einer hilflosen Lage pönali-siert.
    - Nr. 2 bildet ein Sonderdelikt. Sie stellt das Im-Stich-Lassen des Opfers in einer hilflosen Lage durch einen Garanten i.S. des § 13 StGB („obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist“) unter Strafe.
  3. Qualifikationen:
    - § 221 II Nr. 1 StGB –> Qualifikationstatbestand.
    - § 221 II Nr. 2, III StGB –> zwei Erfolgsqualifikationen.
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190
Q

Wie kann ein “Versetzen” gem. § 221 StGB von statten gehen?

A
  1. Normalerweise durch Veränderung des Aufenthaltsorts
  2. Aber auch ohne Ortsveränderung möglich
  3. Wenn der Täter Garant iSd. § 13 StGB ist, kann das Versetzen auch durch Unterlassen erfolgen
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191
Q

Konkurrenzen innerhalb des § 221 StGB?

A
  1. Innerhalb des § 221 I StGB tritt Nr. 2 im Wege der Konsumtion zurück (der Täter versetzt das Opfer in eine hilflose Lage und lässt es dann als Garant – Garantenstel-lung aus Ingerenz – in dieser im Stich).
  2. § 221 II Nr. 2 StGB tritt hinter § 221 III StGB zurück.
  3. § 222 StGB tritt hinter die Erfolgsqualifikation des § 221 III StGB zurück.
  4. § 221 StGB wird in allen Ausprägungen von §§ 211, 212 StGB verdrängt (Ausnah-me: Tateinheit soll vorliegen, wenn die Tötungshandlung gerade im Verbringen des Opfers in eine hilflose Lage im Sinne des § 221 StGB besteht).
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192
Q

Allgemeines zum Schwangerschaftsabbruch, §§ 218 ff. StGB?

A
  1. verfassungsrechtliche Vorgaben –> Art. 1 I, 2 II GG: Verpflichtung das ungeborene Leben zu schützen
    - -> daher SS Abbruch als Unrecht und damit rechtlich verboten
    - -> Gesetzgeber kann in Frühphase der SS in Konflikten den Schwerpunkt auf die Beratung legen und sie für Austragung zu gewinnen
    - -> vorgenommener SS Abbruch ist nicht gerechtfertigt nach beratungsregel ohne Feststellung einer Indikation
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193
Q

Systematik der §§ 218 ff. StGB?

A
  • § 218 I StGB normiert den Grundtatbestand des Schwangerschaftsabbruchs, der nach § 218 IV 1 StGB auch im Versuch strafbar ist.
  • § 218a I StGB stellt einen Tatbestandsausschließungsgrund dar; er nennt Um-stände, bei deren Vorliegen der Schwangerschaftsabbruch als nicht tatbestands-mäßig (gleichwohl aber als rechtswidrig) gilt.
  • § 219 StGB regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Beratung zur Tatbe-standslosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs nach § 218a I StGB führt.
  • § 218a II, III StGB enthält mehrere Rechtfertigungsgründe; aufgezählt werden die Indikationen, bei deren Vorliegen der Schwangerschaftsabbruch nicht rechtswid-rig ist.
  • § 218 II StGB enthält eine Strafzumessungsregel für die besonders schweren Fäl-le, die durch Regelbeispiele konkretisiert werden.
  • § 218 III StGB stellt eine Privilegierung für die Schwangere dar.
  • §§ 218 IV 2, 218a IV 1 StGB sehen zwei persönliche Strafausschließungsgründe für die Schwangere vor.
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194
Q

Wann gilt der Schwangerschaftsabbruch als tatbestandslos gem. § 218a I StGB?

A
  • Wenn:
    1. die Frau ihn verlangt
    2. dem Arzt durch eine Bescheinigung gem. § 219 II 2 StGB nachweist, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
    3. er von Arzt vorgenommen wird
    4. seit Empfängnis max. 12 Wochen vergangen sind
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195
Q

Was bedeutet der fragmentarische Charakter des Strafrechts für tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit?

A

Denn nicht jedes rechtswidrige Verhalten fällt auch unter einen Straftatbestand. Vielmehr erfasst das Strafrecht nur besonders gravierende Rechtsgüterverletzungen, also nur einen Teil des rechtswidrigen Handelns – sog. fragmenta-rischer Charakter des Strafrechts. Die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens kann sich nicht nur aus Strafvorschriften, sondern auch aus Vorschriften aus den anderen Teilbereichen der Rechtsordnung – Zivilrecht, sonstiges Öffentliches Recht – ergeben. Am Bsp.: Zahlt ein Käufer nicht den vereinbarten Kaufpreis, verhält er sich rechtswidrig, denn er verstößt hier gegen seine Rechtspflicht aus dem Kaufvertrag. Das macht dieses Verhalten aber – zumindest im Normalfall – noch nicht zu einer Straftat. Er handelt hier also zwar rechtswidrig, aber eben nicht (straf-)tatbestandsmäßig. Es gilt deshalb nur: Die Straftatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit. Keineswegs darf aber daraus der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tatbestandslosigkeit die Rechtmäßigkeit indiziert. Insofern ist es zunächst ohne Weiteres möglich, den Schwangerschaftsabbruch in einem bestimmten Umfang zwar als nicht tatbe-standsmäßig, dennoch aber als rechtswidrig anzusehen. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich hier aus der Verletzung von Art. 1 I, 2 II GG.

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196
Q

Wann ist der Schwangerschaftsabbruch gerechtfertigt nach § 218a II, III StGB?

A
  1. Einwilligung der Frau
  2. Von Arzt vorgenommen
  3. Entweder medizinisch-soziale Indikation nach § 218a II StGB
  4. oder kriminologische Indikation nach § 218a III StGB und seit Empfängnis max. 12 Wochen vergangen sind
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197
Q

Konkurrenzen der §§ 218 ff. StGB?

A
  • Bei Tötung einer Schwangeren verwirklicht der Täter §§ 211 ff. StGB in Tateinheit mit § 218 StGB.
  • Bei der Fremdabtreibung verletzt der Täter zugleich die körperliche Integrität der Schwangeren. Damit verwirklicht er §§ 223 ff. StGB in Tateinheit mit § 218 StGB.
  • Wird infolge der Abtreibungshandlung ein zunächst noch lebendes Kind geboren, das der Täter dann durch eine weitere Handlung tötet, macht er sich der versuchten Ab-treibung gem. §§ 218 I, IV 1, 22 StGB in Tatmehrheit mit §§ 211 ff. StGB strafbar.
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198
Q

Was besagt das “Prinzip der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung”?

A

ein und dasselbe Verhalten kann nicht zugleich erlaubt und verboten sein

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199
Q

Was für eine Art Norm sind Rechtfertigungsgründe?

A

Erlaubnisnormen die die Verbotsnormen aufheben und damit der Tatbestandsverwirklichung den Unrechtscharakter nehmen

  • -> müssen nicht automatisch strafrechtlicher Natur sein
  • -> können sich auch aus Gewohnheitsrecht ergeben zugunsten des Täters
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200
Q

Was sind offene Tatbestände?

A
  1. Normalerweise indiziert die Tatbestandsmäßigkeit einer Tat die Rechtswidrigkeit der Tat
  2. bei offenen Tatbeständen ist der Formulierung nach eine Vielzahl oerlaubter Verhaltensweisen erfasst und durch Gesetzgeber daher eine Definition der Rechtswidrigkeit beigefügt –> Nötigung § 240, Erpressung § 253 StGB
    - -> Rechtswidrigkeit muss immer erörtert und positiv festgestelt werden!
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201
Q

Was sind zB. wichtige Rechtfertigungsgründe?

A
  • die Notwehr, § 32 StGB, § 227 BGB
  • der rechtfertigende Notstand, § 34 StGB
  • die zivilrechtlichen Notstandsregelungen, §§ 228, 904 BGB
  • die zivilrechtlichen Selbsthilferegelungen, §§ 229, 859 BGB
  • die Einwilligung
  • die mutmaßliche Einwilligung
  • die rechtfertigende Pflichtenkollision
  • die Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 StGB
  • das Festnahmerecht, § 127 StPO
  • das Erziehungsrecht, Art. 6 II GG, §§ 1626 I, 1631 BGB
  • die Amtsrechte und dienstliche Weisungen
  • die behördliche Genehmigung
  • das Widerstandrecht, Art. 20 IV GG
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202
Q

Was besagen der objektive und subjektive Rechtfertigungstatbestand der Rechtfertigungsgründe?

A
  1. objektiver Rechtfertigungstatbestand: Der objektive Rechtfertigungstatbestand benennt die äußeren Umstände, die tatsächlich gegeben sein müssen, damit eine tatbestandliche Rechtsgutsverletzung ausnahmsweise kein Unrecht darstellt und so-mit der Erfolgsunwert der Tat entfällt (z.B. die Verletzung des Angreifers in Notwehr)
  2. subjektiver Rechtfertigungstatbestand: Die objektiv bestehende Rechtfertigungs-lage muss der Täter auch subjektiv erfassen (z.B. Kenntnis der Notwehrlage und der Erforderlichkeit der Verteidigung). Nur unter dieser Voraussetzung wird das Unrecht des deliktstatbestandlichen Handelns vollständig aufgehoben. Kennt der Täter die Rechtfertigungslage nicht, bleibt sein Verhalten nach seiner Vorstellung von der Tat auf die Verwirklichung von Unrecht gerichtet und damit wegen des Handlungs-unwertes strafwürdig.
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203
Q

Welche Rechtsgüter sind im Rahmen der Notwehrlage notwehrfähige Rechtsgüter?

A
  1. Indiviudalrechtsgüter –> notwehrfähig (hM)

2. Rechtsgüter der Allgemeinheit –> nicht notwehrfähig

204
Q

Was setzt einen Angriff voraus?

A
  1. tatsächliche Bedrohugnslage

2. menschliches Handeln

205
Q

Was versteht man unter tatsächlichem Bestehen der Bedrohungslage iR. des Angriffs gem. § 32 StGB?

A
  • Die Bedrohungslage muss nach hM wirklich vorliegen; ein nur scheinbar gefährliches Verhalten stellt keinen Angriff dar – ex post-Perspektive
    1. subjektive Vorstellung eines Angriffs reicht nicht aus
    2. Scheinangriffe stellen keinen Angriff iSd. § 32 StGB dar
    3. Bedrohung mit Scheinwaffe –> hierin kann echter Angriff liegen, wenn Scheinwaffe eingesetzt wird um Willensentschließungsfreiheit des Opfers zu attackieren
206
Q

Was versteht man unter menschlichem Handeln iRd. Angriffs gem. § 32 StGB?

A
  1. Bedrohung durch menschliches Handeln
    - -> keine Tiere
    - -> keine menschliche Körperbewegungen ohne Handlungsqualität
  2. Menschliches Handelnbraucht nicht in positivem Tun zu bestehen, sondern kann auch in Unterlassen liegen, sofern Unterlassenden eine Rechtspflicht zum Handeln trifft
207
Q

Was wird nicht vom “unmittelbaren Bevorstehen” iR. der Gegewärtigkeit eines Angriffs gem. § 32 StGB gedeckt?

A
  1. Dauergefahren begründen keinen gegenwärtigen Angriff

2. Präventivmaßnahmen werden nicht von § 32 StGB gedeckt

208
Q

Womit endet das Fortdauern des Angriffs bei Dauerdelikten?

A

Erst mit Beendigung des durch ihn geschaffenen rechtswidrigen Zustands.

209
Q

Auf welche Weise kann eine Verteidigung gegen einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff erfolgen?

A
  1. Defensive Schutzwehr
  2. Offensive Trutzwehr

ABER: Ausweichen oder Fliehen zählen nicht als Verteidigung, da Verletzung der Güter des Angegriffenen vermieden werden, aber keine Abwehr erfolgt

210
Q

Wogegen muss sich die Verteidigung im Rahmen der Notwehr richten?

A
  1. Rechtsgüter des Angreifers
    → Die Verletzung von Rechtsgütern Dritter oder der Allgemeinheit kann deshalb nur nach Notstandsregeln gerechtfertigt werden. (zB. Blumentopf von Dritten wird auf Angreiferkopf zerschlagen = Sachbeschädigung im Rahmen des Notstands bei Drittem)
211
Q

Sind von vorneherein völlig aussichtslose Maßnahmen nicht rechtfertigungsfähig im Rahmen der Geeignetheit einer Verteidigungshandlung bei Notwehr gem. § 32 StGB?

A
  1. Nein!

2. zB. Tritt gegen Reifen von fliehendem Dieb

212
Q

Muss sich der Verteidiger im Rahmen der Erforderlichkeit der Verteidigung bei § 32 StGB auf ein weniger effektives, unsicheres Mittel einlassen, nur weil es für Angreifer schonender ist?

A

Nein!

213
Q

Welche Maßnahmen darf der Verteidiger im Rahmen der Erforderlichkeit bei der Notwehr prinzipiell ergreifen?

A

die eine sofortige und end-gültige Beendigung des Angriffs sicher erwarten lässt. Verfügt der Verteidiger nur über eine effektive Verteidigungsmöglichkeit, gilt diese stets als erforderlich.
→ § 32 StGB fordert vom Verteidiger keine über die Erforderlichkeitsgrenze hinausge-hende Verhältnismäßigkeitsüberlegung; eine Abwägung der betroffenen Rechtsgü-ter findet grds. nicht statt.

214
Q

Wie muss der Verteidiger im Rahmen der Erforderlichkeit der Notwehrhandlung beim Einsatz lebensgefährlicher Mittel vorgehen?

A
  • Abgestuftes Vorgehen
    1. Androhen des Gebrauchs (Schusswaffe: Warnschuss)
    2. Wenn kein Erfolg, dann gezielt gegen nicht lebenswichtige Körperregionen
    –> Bei Messern nur gegenüber unbewaffneten Angreifern
    3. Erst wenn auch dies fehlschlägt oder nicht möglich ist, ist der Verteidiger berechtigt, die Mittel gegen lebenswichtige Körperteile einzusetzen. Genügt klar erkennbar ein einzelner Schuss bzw. Stich oder kann der Verteidiger ohne eigene Gefährdung die evtl. zeitverzögerte Wirkung (Bsp.: der getroffene Angreifer bricht nicht sofort, son-dern erst nach wenigen weiteren Schritten zusammen) abwarten, darf er nicht so-gleich mehrfach schießen bzw. zustechen. Ungezielte Stiche oder Schüsse sind nur zu-lässig, wenn dem Notwehrübenden ein gezieltes Vorgehen nicht möglich ist. Tödlich wirkende Verteidigungsmaßnahmen bilden immer lediglich die ultima ratio.
    –> Allerdings braucht der Verteidiger sich auch hier nicht auf eine Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang einzulassen.
    → Ist ein abgestuftes Vorgehen in der konkreten Kampflage für ihn mit nicht bloß gerin-gen Risiken verbunden, darf er das Mittel sofort so einsetzen, dass der Angriff sicher abgewehrt wird.
215
Q

Was bedeutet, dass die Notwehr gegenüber staatlicher Gefahrenabwehr subsidiär ist?

A

→ Kann der Angriff durch einen präsenten, dafür zuständigen Amtsträger abgewehrt werden, gilt die Verteidigung durch eine Privatperson als nicht erforderlich.
Ist kein Amtsträger präsent, besteht i.d.R. keine Pflicht, staatliche Hilfe herbeizuru-fen, weil der Angegriffene nicht mit dem Risiko belastet werden darf, dass diese nicht rechtzeitig genug eintrifft. Anders verhält es sich nur ausnahmsweise, wenn der hoheit-liche Schutz ohne Weiteres erreicht werden kann und das Abwarten keine Risiken birgt (z.B. wenn der Polizist in Rufweite steht).

216
Q

Umfang der Nothilfe?

A

§ 32 StGB gestattet die Nothilfe, d.h. die Verteidigung eines anderen, grds. im selben Umfang wie die Selbstverteidigung.

217
Q

Was bedeutet das Verbot der aufgedrängten Nothilfe?

A

Nach hM kommt der Nothilfe ein akzessorischer Charakter zu. Der Nothelfer handelt nicht aus eigenem Recht, sondern er nimmt das fremde Recht des Angegriffenen stellvertretend für diesen wahr. Deshalb darf die Nothilfe dem Angriffsopfer grds. nicht gegen seinen Willen aufgedrängt werden.
→ Lehnt der Angegriffene den Beistand des Dritten ab, ist dieser nicht durch § 32 StGB gerechtfertigt, wenn er gleichwohl Verteidigungsmaßnahmen ergreift.
–> str.: Angriff auf das Leben des Dritten

218
Q

Was bedeutet die “sozialethische” Einschränkung der Notwehr?

A

Die Schärfe des Notwehrrechts erscheint in verschiedenen Sonderkonstellationen nicht angemessen. In diesen Fällen soll daher eine „sozialethische“ Einschränkung erfolgen.

  1. Gesetzlicher Anknüpfungspunkt: Da Art. 103 II GG auch für Rechtfertigungsgründe gilt (= keine täterbelastende Einschränkung eines gesetzlichen Rechtfertigungsgrun-des gegen seinen Wortlaut), bedarf es eines gesetzlichen Anknüpfungspunktes. Diesen sieht die hM im Begriff „geboten“ in § 32 I StGB.
  2. Grundgedanke: Inhaltlich zu begründen sind die Notwehrschranken z.T. durch den Notwehrzweck selbst (z.B. die Schranke des Rechtsmissbrauchs), z.T. durch andere rechtliche Regeln und Prinzipien (z.B. die Menschenwürdegarantie oder das Solidari-tätsprinzip).
219
Q

In welche Fallgruppen lassen sich die soziaethischen Einschränkungen des Notwehrrechts einteilen?

A
  1. Die klassischen Fallgruppen:
    - die extrem unverhältnismäßige Verteidigung
    - der Angriff im Zustand fehlender Schuld
    - enge persönliche Beziehungen zwischen Angreifer und Angegriffenem
    - der provozierte Angriff
  2. weitere, aktuell diskutierte Fallgruppen:
    - die tödliche Notwehr zur Verteidigung von Sachgütern
    - die sog. Rettungsfolter
    - die Verteidigung gegen Nötigungen und Erpressungen
220
Q

Bedeutung der extrem unverhältnismäßigen Verteidigung gem. § 32 StGB?

A

Grds. verlangt § 32 StGB keine über die Erforderlichkeit hinausgehende Verhältnismä-ßigkeit der Verteidigung. Etwas anderes gilt nach hM allerdings dann, wenn der Einsatz des an sich erforderlichen Mittels extrem unverhältnismäßig wäre.
→ Auf eine extrem unverhältnismäßige Abwehrmaßnahme muss der Verteidiger ver-zichten und stattdessen entweder auf eine weniger einschneidende Verteidigung ausweichen, selbst wenn das erhebliche Fehlschlagsrisiken mit sich bringt, oder sogar ganz von einer Trutzwehr absehen.
→ Zwar ist die Notwehr im Fall nach hM nicht schon deshalb extrem unverhältnismäßig, weil sie zur Verteidigung des Sacheigentums erfolgt.
→ Insb. bei unerheblichen Bedrohungen – sog. Bagatellangriffen – (Bsp.: kleinere Rempeleien) ist deshalb i.d.R. eine Verteidigung, die die Schwelle zur Körperverlet-zung überschreitet, unzulässig.

221
Q

Vorgehen im Rahmen der Notwehrhandlung nach hM. bei Angriffen schuldlos oder entschuldigt Handelnder?

A
  • Drei-Stufen-Modell
    1. Zunächst versuchen auszuweichen
    2. Dann Versuch defensiver Schutzwehr
    3. Erst dann Übergang zur maßvollen Trutzwehr –> leichte Beeinträchtigungen sind ggf. hinzunehmen
  • -> Eine sofortige Trutzwehr kommt nur in Betracht, wenn der Angegriffene sich anderen-falls einem erheblichen Verletzungsrisiko aussetzen würde.
222
Q

Welche Arten der Notwehrprovokation sind in Hinblick auf die rechtlichen Folgen zu unterscheiden?

A
  1. Absichtsprovokation

2. Sonst vorwerfbare Provokation

223
Q

Was bedeutet “sonst vorwerfbare Provokation” und wie wirkt sie sich auf das Notwehrrecht aus? (ähnlich zu Absichtsprovokation)

A

Der Provokateur führt die Notwehrlage zwar nicht zielgerichtet, gleichwohl aber auf eine andere (rechtlich) zu beanstandende Weise mit herbei.

Nach hM besteht nur ein abgestuftes Notwehrrecht i.S. des Drei-Stufen-Modells (Aus-weichen vor Schutzwehr vor Trutzwehr), da den angegriffenen Provokateur eine Mit-verantwortung für das Entstehen der Konfliktlage trifft. Dabei ist seine Zurückhal-tungspflicht umso größer, je schwerer das provozierende Vorverhalten wiegt. Eine sofortige lebensgefährliche Trutzwehr bleibt allerdings zulässig, wenn sie die einzige Möglichkeit darstellt, einen möglicherweise tödlichen Angriff abzuwehren.

224
Q

Notwehreinschränkung bei “Abwehrprovokation”?

A
  • Verhalten ist weder rechtswidrig noch sozialethisch missbilligt
  • Das Problem liegt nun darin, dass B als Angegriffener eine für den Angreifer hochgradig gefährli-che Verteidigung „provoziert“, indem er sich in Erwartung eines etwaigen Angriffs mit einem besonders scharfen Abwehrmittel „überrüstet“ hat. Dabei hätte er auch ein ebenso effektives, aber weniger gefährliches Mittel wählen können, das ihm in der konkreten Notwehrlage dann jedoch nicht zur Verfügung steht.

–> Die hM lehnt hier eine Notwehreinschränkung ab, da die Verantwortung für das Entstehen der Konfliktlage allein beim Angreifer liegt. Den Angegriffenen trifft keine Rechtspflicht, einer ge-fährlichen Situation, die er nicht zu verantworten hat, auszuweichen. Die Forderung nach einer proportionalen Bewaffnung würde das Notwehrrisiko vom Angreifer auf den Angegriffenen ver-lagern und damit das Notwehrrecht auf den Kopf stellen.

225
Q

Als was wird der Notstand, § 34 StGB bezeichnet?

A

Als Notstand bezeichnet man eine Situation, in der eine gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut – das sog. Schutz- oder Erhaltungsgut – nur durch die Beeinträchtigung ei-nes anderen Rechtsguts – das sog. Eingriffsgut – abgewendet werden kann, kurz: das gefährdete Schutzgut wird auf Kosten des Eingriffsguts gerettet. Die rechtliche Bewer-tung solcher Notstandskonstellationen erfolgt nicht einheitlich, sondern differenzierend

226
Q

Welche Notstandskonstellationen werden differenziert?

A
  1. “rechtfertigender Notstand” –> Gefährdetes Schutzgut hat nach rechtlichen Bewertungsmastäben Vorrang vor Bestand des Eingriffsgutes
    - -> Rechtfertigung der Beeinträchtigung (§ 34 StGB, §§ 228, 904 BGB)
  2. “Entschuldigender Notstand” –> Kein Vorrang; Jedoch ist Täter aus rechtlich anerkannten Gründen ein Verzicht auf die Rettung des Schutzgutes persönlich nicht zumutbar
    - -> Entschuldigt gem. § 35 StGB
227
Q

Welche Arten des Notstands werden beim “rechtfertigenden Notstand” differenziert?

A
  1. “Aggressivnotstand” –> Zur Gefahrenabwehr wird in Güter eines Dritten eingegriffen, der für entstehen der Notstandslage keinerlei Verantwortung trägt
    - -> Legitimationsgrun ist nach hM. das Solidaritätsprinzip
    - -> Interesse an Rettung des Schutzgutes muss Interesse am bestand des Eingriffsgutes wesentlich überwiegen
  2. “Defensivnotstand” –> Eingriff zur Gefahrenabwehr in Güter desjenigen, aus dessen Verantwortung die Gefahr stammt
    - -> Legitimationsgrund: Grundsatz der Störverantwortlichkeit
    - -> Ausreichen, wenn angerichteter Schaden zur abgewendeten Gefahr ncht außer Verhältnis steht
228
Q

Was besagt das “Solidaritätsprinzip”?

A

Ein jeder ist in einem be-stimmten Umfang dazu verpflichtet, seine Güter aufzuopfern, um einem anderen, der sich in Not befindet, beizustehen.

229
Q

Was besagt der “Grundsatz der Störverantwortlichkeit”?

A

Derjenige, der bzw. dessen Sache eine Gefahr für die Integrität der Güter anderer Personen bildet, soll vorrangig dafür in Anspruch genommen werden, dass die Gefahr sich nicht reali-siert.

230
Q

Wo befinden sich “Spezielle Notstandsrechte” die die Einwirkung auf Sachen betreffen?

A

§§ 228, 904 BGB

  • -> Als Spezialregelungen sind sie vorrangig zu § 34 StGB zu prüfen
    1. § 228 BGB –> Defensivnotstand
    2. § 904 BGB –> Aggressivnotstand
231
Q

Welche Rechtsgüter sind notstandsfähig?

A
  1. Individualrechtsgüter

2. Rechtsgüter der Allgemeinheit

232
Q

Aus welcher Perspektive wird das Vorliegen einer Gefahr im Rahmen des Notstands beurteilt?

A
  1. Ex-post-Perspektive
    - -> Eine Bedrohungslage muss wirklich vorliegen
  2. Notstandsträger muss Risiko tragen dass Notwendigkeit eines Solidaropfers tatsächlich und nicht nur scheinbar besteht, da er Dritten in Anspruch nehmen möchte
233
Q

Vergleich des Begriffs der “Gegenwärtigkeit” bei Notwehr und bei Notstand?

A
  1. Begriff ist bei Notstand weiter zu verstehen
  2. Eine von einem Menschen ausgehende Bedrohung kann zugleich als Gefahr schon und als Angriff noch nicht gegenwärtig sein
234
Q

Wie stehen Notwehr und Aggressiv und Defensivnotstand jeweils zueinander?

A
  1. Aggressivnotstand lässt Notwehr ausscheiden, da Notwehr nur Eingriffe in Rechtsgüter des Angreifers rechtfertigt
  2. Jede Notwehr ist zugleich ein Defensivnotstand
    - -> Notwehr ist vorrangig und Defensivnotstand kann nur vorliegen, falls eine Gegenwärtigkeit eines Angriffs und somit Notwehr ausscheidet und somit der weitere Bereich der Gegenwärtigkeit einer Gefahr bei Notstand in Frage kommt
    - -> Ansonsten scheiden beide aus
235
Q

Ist ein Heimtücke Mord bei Familientyrannen-Fällen im Rahmen des Notstands möglich?

A
  1. ja!
  2. Da Ertragen der Demütigungen bislang eine Arglosigkeit des Tyrannen begründen
  3. Milderung des Strafrahmens mit Hilfe der Rechtsfolgenlösung
236
Q

Wie wird ein “wesentliches Überwiegen” des geschützten Interesses über das beeinträchtigte Interesse im Rahmen des Notstandes festgestellt?

A
  1. hM. –> Gesamtabwägungsprinzip: sämtliche Umstände, die für den Grad der Schutzwürdigkeit von Eingriffs- und Erhaltungsgut eine Rolle spielten. Die be-troffenen Rechtsgüter und der Grad der ihnen drohenden Gefahren werden nur beispielhaft erwähnt
    Die Abwägungsfaktoren bei der Interessenabwägung sind nach hM:
    • der allgemeine Rang der betroffenen Rechtsgüter
    • das Ausmaß des potentiellen Schadens
    • die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts
    • die Größe der Rettungschance
    • die persönlichen Präferenzen der Betroffenen
    • die Autonomie des Inhabers des Eingriffsgutes
    • die Verantwortlichkeit für das Entstehen der Notstandslage
    • das Bestehen besonderer Gefahrtragungspflichten
237
Q

Wie wird eine Abwägung nach dem allgemeinem Rang von betroffenen Rechtsgütern im Rahmen des Notstands vorgenommen?

A
  1. Verfassung
  2. Strafrahmenvergleich/Strafrechtlicher Schutz
  3. Sachgüter vs. Güter der Person vs. körperliche Integrität vs. Fortbewegungsfreiheit vs. weitere personale Güter
  4. Rechtsgüter der Allgemeinheit
    5 Addieren mehrerer Güter auf Erhaltungsseite
238
Q

Lässt sich das menschliche Leben im Rahmen des Aggressivnotstands rechtfertigen?

A
  1. Nein, Nie!
  2. Auch wenn Vielzahl anderer Leben durch Töten von einem gerettet werden sollen
    - -> auch dann nicht, wenn Gefahrengemeinschaft nur durch opfern einiger überlebt: Warum soll Einzelner auf Rettungschance zugunsten anderer verzichten
    - -> auch wenn Eingriffsadressat unrettbar verloren ist: todgeweihtes Leben ist nicht weniger wert
239
Q

Was passiert, wenn der Gefährdete die Ntstandslage selbst verschuldet hat?

A
  1. Nach hM. führt das zu einer Abwertung des geschützten Interesses
  2. Bei absichtlichem in Gefahr bringen, führ das zu Entfallen der Notstandsbefugnis
240
Q

Welche Folgen hat es, wenn Eingriffsadressat beim Defensivnotstand Verantwortlichkeit trägt?

A

Ist der Inhaber des Eingriffsgutes zugleich der Gefahrurheber, liegt nach hM ein „wesentliches Über-wiegen“ bereits dann vor, wenn der vom Defensivnotstandstäter angerichtete Scha-den zum abgewendeten Schaden nicht außer Verhältnis steht, also das Interesse an der Rettung des Schutzgutes nicht wesentlich weniger wiegt als das Interesse am Bestand des Eingriffsgutes. (Nach aA fällt der Defensivnotstand dagegen überhaupt nicht unter § 34 StGB, sondern bildet einen eigenständigen Rechtfertigungsgrund analog § 228 BGB.)

241
Q

Woraus kann sich im Rahmen des Notstands eine Pflicht zu einer besonderen Gefahrtragung ergeben?

A
  1. Berufliche Tätigkeit (zB. Feuerwehrmann)
  2. Garantenstellung
    - -> Fällt die konkrete Gefahr, etwa aufgrund ihrer außerordentlichen Schwere, allerdings nicht mehr unter die Gefahrtragungspflicht, darf sich der Betroffene zu ihrer Abwehr ohne weiteres auf § 34 StGB berufen.
242
Q

Fallgruppen fehlender Angemessenheit im Rahmen des Notstands?

A
  1. Sperrwirkung rechtlicher Verfahren
  2. Unantastbarkeit bestimmter Freiheitsrechte
  3. Nötigungsnotstand
243
Q

Was bedeutet die “Sperrwirkung rechtlicher Verfahren” im Rahmen des Notstands?

A

Sieht die Rechtsordnung für den Umgang mit einer Gefahrenlage ein bestimmtes Ver-fahren vor, darf der Gefährdete nicht stattdessen außerhalb dieses Verfahrens unter Berufung auf § 34 StGB die Güter anderer zur Gefahrenabwehr in Anspruch nehmen

244
Q

Sind Eingriffe in unantastbare Freiheitsrecht iR. des N otstands möglich?

A
  1. Keinesfalls: Verletzung der Menschenwürde, längere Freiheitsberaubungen, erhebliche Körperverletzungen
    - -> notstandsbegründete Organentnahme
    - -> Erzwungene Blutentnahme
245
Q

Wonach richtet sich die Rechtfertigung des Notstands bei Kollisionen unterschiedlicher Interessen von ein und demselben Rechtsgutträger?

A

Nach der Einwilligung bzw. mutmaßlichen Einwilligung

–> zB. Patient möchte nicht operiert werden obwohl es ihn retten könnte

246
Q

Wann ist Rechtfertigung gem. § 34 StGB bei kollidierenden Interessen ein und desselben Rechtsgutträgers möglich?

A
  1. Bei indirekter Sterbehilfe
  2. Bei zwangsweise Verhinderung eines Suizids
  3. Bei der Abwehr einer Lebensgefahr durch eine für den Gefährdeten gleichfalls lebensgefährliche Handlung
247
Q

Wie grenzt man die Einwilligung von dem tatbestandsausschließendem Einverständnis ab?

A
  1. tatbestandsausschließendes Einverständnis: Zustimmung des Rechtsgutinhabers lässt bereits Tatbestandsmäßigkeit der Tathandlung entfallen
    - -> hM.: Ankommen allein auf tatsächliches Vorliegen, d.h. Erschleichen eines Einverständnisses durch Täuschung lässt die Wirksamkeit unberührt
  2. Einwilligung: Rechtsgutverletzung wird auch ohne Berücksichtigung der Willensbeeinträchtigung bestimmt (zB. Körperverletzung) –> Es ändert sich nichts an Tatbestandsmäßigkeit, Prüfung aber auf Rechtfertigungsebene
248
Q

Wo ist die “Einwilligung” geregelt?

A
  1. Gesetzlich nicht geregelt, aber gewohnheitsrechtlich anerkannt
  2. Gesetzliche Spezialregelung die Voraussetzungen aber nicht näher bestimmt, enthält § 630d BGB für ärztliche Behandlung
249
Q

Von wem kann die Einwilligung erteilt werden?

A
  1. Nur vom Rechtsgutinhaber
  2. Gehört das Rechtsgut mehreren, müssen alle zustimmen
  3. Bei Rechtsgütern der Allgemeinheit scheidet eine Einwilligung aus
250
Q

Welche Individualrechtsgüter bilden Ausnahmen zu der Verfügungsbefugnis des Rechtsgutinhabers?

A
  1. Leben: Niemand kann in die eigene Tötung durch einen anderen einwilligen, vgl. § 216
  2. körperliche Integrität: Hier ist die Verfügungsbefugnis eingeschränkt; eine Einwilligung scheidet aus, wenn die Körperverletzung gegen die guten Sitten ver-stößt, vgl. § 228 StGB. Ein solcher Verstoß gegen die guten Sitten ist jedenfalls bei ei-ner lebensgefährlichen Behandlung wie in Fall 51 zu bejahen
251
Q

Ist eine Stellvertretung bei der Einwilligung möglich?

A

Ja, aber gesetzlicher Vertreter muss sich am Wohl und Interesse des Vertretenen orientieren

252
Q

Genügt die bloße Irrationalität der Einwilligung um die Einsichts- und Urteilsfähigkeit zu verneinen?

A
  1. Nein, da es Teil der Selbstbestimmungsfreiheit ist Entscheidungen zu treffen, die aus der Sicht anderer unvernünftig sind
253
Q

Voraussetzungen der Einwilligungsekrlärung?

A
  1. Form: hM.: Vorliegen spätestens bei Beginn der Tat (konkludent oder ausdrücklich)
    a. A.: innere Zustimmung genügt
    - -> Nachträglich genügt nicht
    - -> Jederzeit widerruflich ohne Grund
  2. Inhalt: Bei vorsätzlichen Erfolgsdelikten muss sich Einwilligung auf tatbestandliche Handlung und auf tatbestandlichen Erfolg beziehen
254
Q

Welche Willensmängel dürfen bei der Einwilligung nicht vorliegen?

A
  1. Zwang

2. Irrtum

255
Q

Wie muss bei Irrtum im Rahmen der Einwilligung differenziert werden?

A
  1. Rechtsgutbezogene Fehlvorstellung –> stets wesentlich und machen Einwilligung somit unwirksam
  2. Folgen bei Fehlvorstellungen die lediglich für Einwilligungsmotiv maßgeblich sind (str.)
256
Q

Worauf ist bei der mutmaßlichen Einwilligung abzustellen, wenn der Rechtsgutinhaber nicht Einsichts- und Urteilsfähig ist?

A

Auf den mutmaßlichen Willen des gesetzlichen Vertreters

257
Q

Was bedeutet die “Subsidiarität gegenüber der Einwilligung” im Rahmen der mutmaßlichen Einwilligung?

A

Es muss wegen nicht überwindbarer bzw. nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu überwindender Hindernisse (z.B. Bewusstlosigkeit, Abwesenheit) unmöglich sein, die tatsächliche Einwilligung des Be-rechtigten vor der Tat einzuholen.
→ Besteht die Möglichkeit, den Betroffenen nach seiner Zustimmung zu fragen, schließt das die Rechtfertigung durch eine mutmaßliche Einwilligung stets aus.

258
Q

Wonach bestimmt sich der mutmaßliche Wille im Rahmen der mutmaßlichen Einwilligung?

A
  1. grds. subjektive Präferenzen des Betroffenen
    - -> Einwilligung scheidet bei bereits verweigerter Zustimmung oder bekanntem entgegenstehendem Willen aus
  2. Wenn keine Anhaltspunkte: Entscheiden nach intersubjektiven Gesichtspunkten: Was würde ein vernünftiger Dritter wollen?
259
Q

Was besagt das Festnahmerecht gem. § 127 I 1 StPO?

A
  1. Jedermann hat die Befugnis, einen anderen vorläufig festzunehmen
260
Q

Welche Voraussetzungen müssen für das vorläufige Festnahmerecht erfüllt sein und wo wird sie geprüft?

A
  1. “Festgenommener auf frischer Tat betroffen oder verfolgt”: Als Tat gilt hier jede strafbare Handlung. Auf frischer Tat betroffen ist der Festgenommene, wenn er bei Tatbegehung oder direkt danach am Tatort oder in unmittelbarer Nähe gestellt wird. Auf frischer Tat verfolgt wird er, wenn er sich zwar bereits vom Tatort entfernt hat, aber die Nacheile in unmittelbarem Anschluss an die Tat stattfindet.
  2. “Festnahmegrund”: Festnahmegründe sind die Unmöglichkeit der sofortigen Identitätsfeststellung und der Fluchtverdacht. Fluchtverdacht liegt vor, wenn aus der Sicht eines objektiven Beobachters davon ausgegangen werden muss, dass der Täter sich der Strafverfolgung entziehen wird, wenn nicht eine Festnahme erfolgt.
  3. Geprüft im Rahmen der Rechtfertigung
261
Q

Kann die Freiheitsentziehung auch Körperverletzungen rechtfertigen?

A
  1. In eng begrenztem Umfang können auch Körperverletzungen gerechtfertigt sein
    - -> nur solche die unmittelbar mit Festnahme verbunden sind
262
Q

Stellt das elterliche Erziehungsrecht aus Art. 6 II GG, §§ 1626 I, 1631 BGB eine Befugnis zur körperlichen Züchtigung dar?

A
  1. hM.: Nein, § 1631 II BGB steht dem elterlichen Züchtigungsrecht entgegen
    - -> jede körperliche Bestrafung ist als entwürdigend verboten
263
Q

werden seelische Beeinträchtigungen von §§ 223 ff. BGB erfasst?

A
  1. Nein

2. Ausnahme ist § 225 I

264
Q

Gesetzessystematik der §§ 223 ff. StGB?

A
  • § 223 StGB bildet den Grundtatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung.
  • §§ 224, 225 I, 225 III, 226 II, 226a, 340 StGB stellen Qualifikationen dar (wobei § 225 I, soweit er auch rein seelische Beeinträchtigungen erfasst, nach hM als eigen-ständiger Grundtatbestand anzusehen ist).
  • §§ 226 I, 227 StGB sind Erfolgsqualifikationen.
  • § 231 StGB ist ein verselbständigter Gefährdungstatbestand.
  • § 229 StGB bildet ein Fahrlässigkeitsdelikt, der die fahrlässige Körperverletzung unter Strafe stellt.
  • § 228 StGB schränkt die Möglichkeit der Einwilligung in die Körperverletzung ein.
  • § 230 sieht für §§ 223, 229 StGB ein Strafantragserfordernis vor (wobei die StA den fehlenden Strafantrag ersetzen kann, indem sie ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht).
265
Q

Ist die Selbstverletzung nach § 223 StGB strafbar?

A

Nein

266
Q

Wird das Ungeborene von § 223 erfasst?

A

Nein, auch nach hM. dann nicht, wenn die vor Eröffnungswehen zugefügte Verletzung nach der Geburt fortbesteht

267
Q

Kann auch ein bereits Verletzter weiter misshandelt werden?

A

Ja, maßgeblich ist, ob sich der status quo verschlechtert (genauso auch bei der Gesundheitsschädigung)

268
Q

Was sind Verletzungen der körperlichen unversehrtheit?

A
  1. Substanzschäden
  2. Verunstaltungen
  3. Funktionsstörungen
    - des Körpers
    - -> brauchen nicht auch zugleich das körperliche Wohlbefinden mindern: schmerzlose Einwirkungen sind auch umfasst
269
Q

Was umfasst Beeinträchtigungen des körperlichen Wohlbefinden?

A
  1. Schmerzzufügungen

2. sonstige Störungen

270
Q

Werden unerhebliche Verletzungen der körperlichen Unversehrtheit von § 223 StGB umfasst?

A

Nein: zB. Stromstoß der lediglich Kribbeln verursacht (ebenso Gesundheitsshädigung)

271
Q

Stellen seelische Beeinträchtigungen die keine körperlichen Auswirkungen haben eine körperliche Misshandlungen dar?

A

Nein
–> Schlafstörungen und Konzentrationsmängel stellen körperliche Beeinträchtigungen dar
(Genauso Gesundheitsschädigung)

272
Q

Braucht eine Gesundheitsschädigung mit einer Schmerzempfindung verbunden zu sein?

A

Nein

273
Q

Wann ist die Gesundheitsschädigung durch Ansteckung einer Krankheit vollendet?

A

Nach hM. bereits mit erfolgreicher Übertragung des Errgers, nicht ers mit Ausbruch der Krankheit

274
Q

Was bedeutet “Ursächlichkeit” iSd. § 223 StGB?

A

Die Beibringung des Stoffes muss für die Körperverletzung auch ur-sächlich geworden sein, d.h. die Substanz muss das Tatmittel zur Verwirklichung des § 223 darstellen.

275
Q

Was versteht man unter Waffen gem. § 224 StGB?

A

Darunter versteht man eine Waffe im technischen Sinn. Als solche gelten alle gebrauchsbereiten Werkzeuge, die nach der Art ihrer Anfertigung nicht nur geeignet, sondern auch allgemein dazu bestimmt sind, Menschen durch ihre mechanische o-der chemische Wirkung zu verletzen.

276
Q

Was wird von “andere gefährliche Werkzeuge” gem. § 224 StGB erfasst?

A

→ Nicht erfasst werden abstrakt gefährliche Gegenstände, die konkret in ungefährli-cher Weise verwendet werden
→ Erfasst werden abstrakt ungefährliche Gegenstände, die konkret in gefährlicher Weise verwendet werden.
→ Keine Werkzeuge sind nach hM Körperteile.

277
Q

Können unbewegliche Gegenstände gefährliche Werkzeuge iSd. § 224 StGB sein?

A
  1. Nach hM. Nein!
  2. Es droht sonst eine begriffliche Konturlosigkeit, die es nicht mehr ermöglicht, zwischen einem gefährlichen Werkzeug und irgendwelchen gefährli-chen Arrangements – der Täter stößt das Opfer in einen eiskalten Gebirgsbach, wirft es in einen Graben, schubst es aus dem Fenster – noch zu unterscheiden.
278
Q

Was bedeutet Körperverletzung “Mittels” einer Waffe gem. § 224 StGB?

A

Mittels der Waffe oder des anderen gefährlichen Werkzeugs ist die Körper-verletzung nur begangen, wenn der Täter mit dem Gegenstand unmittelbar äußer-lich auf den Körper des Opfers eingewirkt hat.
→ Das bloße Ingangsetzen einer Kausalkette, an deren Ende der Verletzungserfolg steht, genügt nicht.

279
Q

Spielt es für die Körperverletzung gem. § 224 StGB eine Rolle, ob das Werkzeug gegen das Opfer oder das Opfer gegen das Werkzeug geführt wird?

A

Nein!

280
Q

Wie muss ein Angriff sein, damit er als hinterlistiger Üebrfall iSd. § 224 StGB qualifiziert werden kann?

A

→ Ein plötzlicher Angriff von hinten oder das bloße Ausnutzen des Überraschungs-moments für sich genügen nicht; vielmehr muss der Täter planvoll vorgegangen sein, also zur Verschleierung seines Angriffs weitere Vorkehrungen getroffen ha-ben.

281
Q

Was gilt alles als “anderer Beteiligter” iSv. § 224 StGB?

A

Das Zusammenwirken braucht nicht in Form der Mittäterschaft zu erfolgen; auch ein Gehilfe kann ein anderer Beteiligter sein. Ausreichend ist dabei nach hM eine psychische Beihilfe, sofern diese die qualifikationsspezifische Gefährlichkeit aufweist.
–> Nach Auffassung des BGH soll sogar eine allein auf die Bestärkung des Tatent-schlusses beschränkte psychische Beihilfe – etwa durch Anfeuern des Täters – genügen; aA die hL: es fehle hier die strafschärfungsbegründende erhöhte Gefährlichkeit.

282
Q

Braucht das Opfer für die Qualifikation des § 224 StGB von der Beteiligung einer weitere Person bescheid zu wissen?

A

→ Das Opfer braucht nach hM von der Beteiligung einer weiteren Person nichts zu wissen, da die erhöhte objektive Gefährlichkeit – etwa bei verdeckt geführten An-griffen – hiervon nicht abhängt.

283
Q

Wie steht § 226 II StGB zu §§ 223-225 StGB?

A
  1. §§ 226 I und 227 StGB bilden Erfolgsqualifikationen
  2. § 226 II StGB ist eine normale Qualifikation, falls der Täter hinsichtlich einer der in Abs. 1 genannten schweren Folgen absichtlich oder mit direktem Vorsatz handelt
284
Q

Wie können qualifizierter Vorsatz iSd § 226 StGB und Tötungsvorsatz gemeinsam bestehen? (P wegen geforderter Dauerhaftigkeit, das Weiterleben des Opfers voraussetzt)

A
  1. Die Absicht zur Herbeiführung einer schweren Folge und bedingter Tötungsvorsatz schlie-ßen einander nicht aus
  2. Die Absicht zur Herbeiführung einer schweren Folge und die Tötungsabsicht schließen ei-nander aus,
  3. Die Absicht zur Herbeiführung einer schweren Folge und direkter Tötungsvorsatz schließen einander aus
285
Q

Was bedeutet der § 226a StGB und welche Personen kommen in Betracht?

A
  1. Ein Qualifikationstatbestand der alle vorsätzliche Verletzungen der äußeren Genitalien von einigem Gewicht (= verstümmeln) bei weibli-chen Personen unter eine erhöhte Strafe stellt.
    → Als Tatopfer kommen nur Frauen und Mädchen in Betracht.
286
Q

Was ist im Rahmen des “Quälen” bei Misshandlung von Schutzbefohlenen zu beachten?

A

→ Soweit es um körperliche Misshandlungen und Gesundheitsschädigungen geht, handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand zu § 223 StGB.
→ Soweit es um seelische Beeinträchtigungen, die grds. nicht unter § 223 StGB fallen, geht, enthält er einen eigenständigen Grundtatbestand und bildet insoweit ein ech-tes Sonderdelikt.

287
Q

Ist eine nicht lebensgefährliche oder besonders schwere Körperverletzung je sittenwidrig?

A
  1. Nein, auch dann nicht, wenn mit ihr ein missbilligenswerter Zweck verfolgt wird.
288
Q

Welche Fallgruppen sollte man bei der Sittenwidrigkeit der Körperverletzung trotz Einwilligung gem. § 228 StGB kennen?

A
  1. ärztliche Eingriffe
    - -> nur sittenwidrig wenn Eingriffe wie zB. Schönheitops Todesgefahr bergen und kein intersubjektiv einsehbarer Zweck zu sehen ist
  2. Verletzungen im Sport
    a) Verletzung trotz Einhaltung der Wettkampfregeln: konkludente Einwilligung des Verletzten und Schwere der Verletzungen nach hM. ausnahmsweise unebachtlich
    b) Nicht umfasst sind vorsätzliche oder grob fahrlässige Regelverstöße
  3. Doping
    - -> nur wenn konkrete schwere Gefahr
  4. Körperliche Auseinandersetzungen
    - -> Beachten der abstrakt-generellen-Eskalationsgefahr wenn keine Regeln und Absprachen getroffen wurden
  5. Knabenbeschneidung
    - -> Einwilligbar, soferrn Regeln der ärztlichen Kunst eingehalten werden (Beachte § 1631d I 1 BGB)
    - -> Mädchen NIE!
289
Q

Wie stehen Körperverletzungsdelikte zu Tötungsdelikten?

A
  • -> notwendiges Durchgangstadium
  • -> Körperverletzung tritt gegenüber der vollendeten Tötung als subsidiäres Delikt zurück
  • -> Körperverletzung tritt gegenüber einem nur versuchten Tötungsdelikt nach nunmehr hM nicht zurück, sondern steht zu diesem in Tateinheit. Andernfalls würde das verwirklichte Körperverletzungsunrecht im Schuldspruch nicht zum Aus-druck gebracht (Klarstellungsfunktion der Tateinheit)
290
Q

Was besagt die Einheitstheorie?

A

In jeder Tötung liegt zugleich eine Körperverletzung; in jedem Tötungsvorsatz ist zwangsläufig ein Körperverletzungsvorsatz enthalten – sog. Einheitstheorie.

291
Q

Was stellt “die Beteiligung an einer Schlägerei” gem. § 231 StGB für ein Delikt dar?

A

Ein abstraktes Gefährdungsdelikt
–> Aus präventiven Gründen und wegen der für solche Fälle typischen Beweisnot stellt er bereits die bloße Beteiligung an beson-ders gefährlichen tätlichen Auseinandersetzungen unter Strafe.

292
Q

Wann verliert eine tätliche Auseinandersetzung zwischen drei Personen ihre Schlägerei-Eigenschaft?

A
  1. Sobald einer der Beteiligten sich entfernt
293
Q

Spielt es für die Schlägereieigenschaft eine Rolle, ob die Beteiligten schuldhaft in den Streit verwickelt wurden?

A
  1. Nein
  2. Auch der Notwehrübende wird daher mitgezählt – nicht aber eine Person, die sich auf reine Schutzwehr beschränkt, da sie nicht aktiv mitwirkt.
294
Q

Ist es ausreichend für eine Schlägereieigenschaft, dass beim Zweikampf ein Dritter die sich tatsächlich auseinandersetzenden anfeuert oder schlichtungswillige Personen vom Einschreiten abhält?

A

Nein!

295
Q

Wer ist beteiligt und nicht beteiligt iSd “Sich-Beteiligen” im Rahmen der Schlägerei gem. § 231 StGB?

A

→ Der Begriff der Beteiligung ist hier umgangssprachlich und nicht i.S. der Beteili-gungslehre (weder als Mittäterschaft noch als Teilnahme) zu verstehen.
→ Nach hM sind nicht nur physische, sondern auch psychische Formen der Mitwir-kung wie das Anfeuern der Streitenden erfasst.
→ Nicht beteiligt ist, wer als Opfer des Angriffs diesen erduldet oder sich auf reine Schutzwehr beschränkt. Gleiches gilt für denjenigen, der ohne ein tätliches Eingrei-fen den Streit nur schlichten will.

296
Q

Was ist zur objektiven Bedingung der Strafbarkeit gem. § 231 StGB zu beachten?

A

→ Der Beteiligte macht sich also auch dann nach § 231 strafbar, wenn ihn im Hinblick auf die schwere Folge weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt.
→ Die schwere Folge muss sich nicht bei einer an der Auseinandersetzung beteiligten Person realisieren; es genügt, wenn sie bei einem Unbeteiligten wie z.B. einem Zu-schauer oder Friedensstifter eintritt.
→ Auch wenn die schwere Folge den Beteiligten selbst trifft, schließt das nach hM seine Strafbarkeit nicht aus.
→ Es braucht kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Tatbeitrag des einzel-nen Beteiligten und dem Eintritt der schweren Folge zu bestehen; es reicht aus, dass letztere auf dem Gesamtvorgang der Schlägerei bzw. des Angriffs beruht.

297
Q

Wann kann einem Täter die Beteiligung bei einer Schlägerei iSd. § 231 StGB nicht vorgewerfen werden?

A
  1. Der Täter muss für die gesamte Dauer seiner Mitwirkung gerechtfertigt oder entschuldigt sein (vgl. § 231 II StGB)
    → Es genügt nicht, dass innerhalb dieser Zeitspanne einzelne Teilakte durch einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund gedeckt sind.
    –> Dann erfährt zwar der konkrete Teilakt eine Rechtfertigung, soweit er einen weiteren Tatbestand erfüllt – z.B. die Körperverletzung des Angreifers durch Notwehr –, nicht aber die Beteiligung an der Schlägerei insgesamt.
298
Q

Was besagt das Schuldprinzip und wo ist es verankert?

A
  1. Verfassungsrechtlich verankert in Art. 1 I GG

2. “Keine Strafe ohne Schuld”

299
Q

Welche Funktionen hat das “Schuldprinzip” gem. Art. 1 I GG

A
  1. Strafbegründungsfunktion

2. Strafzumessungsfunktion

300
Q

Welche Schuldausschließungsgründe gibt es?

A
  1. Schuldunfähigkeit, §§ 19, 20 StGB, § 3 JGG

2. Unvermeidbarer Verbotsirrtum, § 17 S. 1 StGB

301
Q

Welche Entschuldigungsgründe gibt es?

A
  1. der Notwehrexzess, § 33 StGB
  2. der entschuldigende Notstand, § 35 StGB
  3. der übergesetzliche entschuldigende Notstand
  4. die entschuldigende Gewissensentscheidung
302
Q

Wer ist schuldfähig und wer nicht?

A
  1. 0-13 –> nach § 19 StGB immer schuldunfähig
  2. 14-17 –>bedingte Schuldfähigkeit nach § 3 S. 1 JGG sittliche und geistige Reife
  3. 18+ immer schuldfähig, außer Störung iSd. § 20 StGB
303
Q

Welche Komponenten besitzt die Schuldunfähigkeit wegen “seelischer Störung” gem. § 20 StGB?

A
  1. biologische Komponente = biologisch anormal
    a. krankhafte seelische Störung
    b. tiefgreifende Bewusstseinsstörung
    c. Schwachsinn
    d. schwere andere seelische Abartigkeit
  2. psychologische Komponente = Aufgrund biologisch anormalem Zustand muss Täter unfähig sein:
    a. Fehlend er Einsichtsfähigkeit (intellektueller Faktor)
    b. Fehlen der Steuerungsfähigkeit (voluntativer Faktor)
    - -> wenn nur Verminderung, dann § 21 StGB und somit Milderung der Strafe nach § 49 I StGB (aber kein Entfallen der Strafe)
304
Q

Welche Arten der Sanktion enthält das BGB?

A
  1. Erste Spur –> schuldabhängige Sanktionen

2. Zweite Spur –> schuldabhängige Sankionen = Maßregeln der Besserung und Sicherung (vgl. § 61 StGB)

305
Q

Faustregeln zur Schuldunfähigkeit wegen Alkohol? (neben einer notwendigen Gesamtwürdigung)

A
  1. Bis 1,9 ‰ (bei Tötungsdelikten 2,1 ‰) ist der Täter zumeist voll schuldfähig
  2. Ab 2,0 ‰ (bei Tötungsdelikten 2,2 ‰) liegt es nahe, dass der Täter i.S. des § 21 StGB vermindert schuldfähig ist.
  3. Ab 3,0 ‰ (bei Tötungsdelikten 3,3 ‰) liegt es nahe, dass der Täter i.S. des § 20 StGB schuldunfähig ist
306
Q

Welche Varianten der a.l.i.c. gibt es?

A
  1. vorsätzliche a.l.i.c.

2. fahrlässige a.l.i.c.

307
Q

Was besagt die vorsätzliche a.l.i.c.?

A

Der Täter versetzt sich vorsätzlich in einen Zustand der Schuldunfähigkeit, nimmt dabei die spätere Begehung einer (wenigstens ihrer Art nach) bestimmten Straftat in diesem Zustand zumindest billigend in Kauf und ver-wirklicht diese Straftat dann auch vorsätzlich.
→ Der Täter wird aus vorsätzlichem Delikt bestraft.

308
Q

Was besagt die fahrlässige a.l.i.c. und welche Varianten gibt es widerum von ihr?

A

Der Täter handelt hinsichtlich aller Bezugspunkte der a.l.i.c. zwar mindestens fahrlässig, wenigstens hinsichtlich eines Bezugspunktes jedoch nicht vorsätzlich, d.h.

  1. er versetzt sich nur fahrlässig und nicht vorsätzlich in den Zustand der Schuldun-fähigkeit
  2. er bedenkt beim Sich-Versetzen in den Zustand der Schuldunfähigkeit zwar fahr-lässig nicht, dass er in diesem Zustand eine Straftat begehen wird, hat jedoch dies-bezüglich keinen Vorsatz
  3. die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangene Tat ist lediglich eine Fahrlässig-keitstat und keine Vorsatztat

–> Bestrafung nur aus fahrlässigem Delikt

309
Q

Was besagt das Koinzidentprinzip?

A

Die Schuld muss bei Begehung der Tat vorliegen.

310
Q

Prüfungsaufbau der vorsätzliche a.l.i.c.?

A

Der Prüfungsaufbau hängt davon ab, welche Lösung man für richtig hält. Wer dem Aus-nahmemodell oder dem Ausdehnungsmodell folgen will oder die a.l.i.c. für unzulässig hält, diskutiert den Streitstand in der Schuld. Wer hingegen das Vorverlegungsmodell bzw. das Modell der mittelbaren Täterschaft für vorzugswürdig hält, geht in zwei Schrit-ten vor. Zunächst wird ganz normal die eigentliche Ausführungshandlung als tatbe-standliche Handlung geprüft und dann der Streitstand wiederum in der Schuld disku-tiert. Anschließend wird erneut angesetzt und diesmal das Sich-Berauschen als neue tatbestandliche Handlung geprüft.

311
Q

Prüfungspunkte beim Notwehrexzess?

A
  1. Überschreiten der Grenzen der Notwehr?

2. Auch Verwirrung, Furcht oder Schrecken

312
Q

Welche Arten des Notwehrexzesses gibt es?

A
  1. intensiver Notwehrexzess –> Überschreiten des Maß = § 33 anwendbar
  2. extensiver Notwehrexzess –> Handeln, obwohl Notwehrlage noch nicht/mehr besteht (str.)
  3. personaler Notwehrexzess –> Verletzung Rechtsgüter eines Dritten oder Allgemeinheit –> § 33 nicht anwendbar
  4. Putativnotwehr
    - -> irrtümlich annehmen einer Notwehrlage = 3 33 nicht anwendbar
  5. Putativnotwehrexzess–> genauso wie 4.
313
Q

Woraus muss das Überschreiten der Notwehrgrenzen im Rahmen des Notwehrexzesses erfolgen?

A

Die Überschreitung der Notwehrgrenzen muss aus Verwirrung, Furcht oder Schre-cken erfolgen, d.h. aufgrund von sog. asthenischen Affekten (= auf Gefühlen der Schwäche beruhende Gemütserregungen). Dabei genügt nach hM nicht jeder beliebige Erregungszustand; der Affekt muss einen gewissen Schweregrad erreichen.
→ Sthenische Affekte (= auf Gefühlen der Stärke beruhende Gemütserregungen) wie Wut, Zorn, Hass oder Kampfeseifer entschuldigen den Täter nicht
–> Asthenischer Affekt muss Notwehrüberschreitung verursacht haben, wobei miturächlichkeit ausreicht

314
Q

Was ist ein Sthenischer, was ein Asthenischer Affekt?

A
  1. Asthenischer Affekt: Gefühle die auf Schwäche der Gemütserregung beruhen (Angst)
  2. Sthenischer Affekt: Auf Gefühlen der Stärke beruhender Gemütserregungen (Zorn)
315
Q

Ist § 33 StGB auch auf die bewusste Notwehrüberschreitung anwendbar?

A
  1. Nach hM. ja!

- -> Aufgrund Asthenischen Affekts nicht mehr möglich, nach objektiver Einsicht zu handeln

316
Q

Welche Rechtsgüter sind im Rahmen des “entschuldigenden Notstands” gem. § 35 StGB notstandsfähig?

A

Leben, Leib, Freiheit
–> Freiheit ist dabei eng zu verstehen: Erfasst ist nach hM nur die körperliche Fortbewegungsfreiheit (nach aA auch die Freiheit der sexuel-len Selbstbestimmung); nicht dagegen die Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit

317
Q

Wird die Gegenwärtige gefahr von § 34 und § 35 nach denselben Kriterien bestimmt?

A

Ja

–> Genauso die Geeignetheit und Erforderlichkeit

318
Q

Wem steht der Täter iSd. § 35 StGB nahe?

A

Nahe steht dem Täter ein Mensch, dem er gegenwärtig in einer auf Dauer angelegten und auf Gegenseitigkeit beruhenden Weise persönlich eng verbunden ist.

319
Q

Was überschneidet sich bei § 34 und § 35 StGB?

A
  1. Die Gegenwärtigkeit der Gefahr
  2. Die Erforderlichkeit
  3. Die Geeignetheit
320
Q

Worauf kommt es in der Zumutbarkeit der Gefahrenhinname iSd. § 35 I 2 StGB an und welche sind die wichtigsten Umstände?

A
  • Auf eine Gesamtbewertung
  1. Die Selbstverursachung der Gefahr –> obliegenheitswidriger Umgang des Täters mit Gütern
  2. Das bestehen eines besonderen Rechtsverhältnisses
  3. Die Unverhältnismäßigkeit zwischen Gefahrenabwehr und Tatfolge
  4. Das Bestehen besnderer Duldungspflichten
321
Q

Wie wird der weite Wortlaut der Zumutbarkeit der Gefahrenhinname gem. § 35 StGB eingeschränkt?

A
  1. Allein Verursachung durch Täter reicht nicht aus
  2. Notwendig ist ein obliegenheitswidriger Umgang des Täters mit seinen Gütern, d.h. er muss diese ohne einen zureichenden Grund in eine vorhersehbare Gefahr gebracht ha-ben.
322
Q

Fälle der Zumutbarkeit der Nothilfe gem. § 35 StGB?

A
  1. Unverhältnismäßigkeit zwischen Gefahrenabwehr und Tatfolgen:
  2. besondere Duldungspflicht
    - -> Merke: Nach hM trifft eine besondere Duldungspflicht auch den rechtswidrig Angreifenden, gegen den in zulässiger Weise Notwehr geübt wird.
323
Q

Ist eine Rechtfertigung gem. § 34 StGB beim “Nötigungsnotstand” möglich?

A

Nein

–> Es bleibt nur § 35

324
Q

Was versteht man unter dem Notstandswillen gem. § 35 StGB?

A

Der Täter muss mit Gefahrenabwendungswillen handeln. Unstreitig genügt hier die bloße Kenntnis der Notstandslage nicht. Da der Täter sich im Unterschied zum rechtfer-tigenden Notstand nicht mehr i.R.d. Erlaubten bewegt, ist die Beurteilung der Tat hier von seinen Handlungsgründen abhängig zu machen. Die Erhaltung des bedrohten Gutes muss deshalb ein zumindest nicht völlig untergeordnetes Motiv für das Täterverhal-ten darstellen.
→ Fehlt der Gefahrenabwendungswille, bleibt der Täter (bei vollständig verwirklich-tem Tatbestand) wegen vollendeter Tat strafbar.

325
Q

Was ist ein “übergesetzlicher entschuldigender Notstand”?

A
  1. Notstandshilfe kann nach hM. auch dann entschuldigt werden, wenn es sich um keine Angehörigen oder nahestehende Person geht
    - str. wann das so ist
326
Q

Was sind persönliche Strafausschließungs- und was Strafaufhebungsgründe?

A
  1. persönliche Strafausschließungsgründe: So bezeichnet man Umstände in der Per-son des Täters, deren Vorliegen bei Begehung der Tat zur Straflosigkeit führen.
  2. persönliche Strafaufhebungsgründe: Darunter versteht man Umstände in der Per-son des Täters, die erst nach Begehung der Tat eintreten und die bereits begründete Strafbarkeit rückwirkend wieder beseitigen.
327
Q

Welche Prüfungspunkte gibt es im Anschluss an die Schuld?

A
  1. Persönliche Strafausschließungsgründe
  2. Persönliche Strafaufhebungsgründe
  3. Irrtümer
328
Q

Sind Irrtümer über strafausschließßende- bzw. strafaufhebende Umstände beachtlich?

A

Nein, nach hM. nicht.

329
Q

Was ist die “Vorbereitung” einer Tat?

A
  1. Handlungen die auf spätere Begehung der Straftat gerichet sind
  2. Gehören nicht zur Tat und haben noch nicht die Versuchsgrenze püberschritten
  3. Vorbereitungshandlungen sind nur ausnahmsweise strafbar
330
Q

Was ist der Versuch/Vollendung/Beendigung eines Versuchs?

A
  1. Versuch beginnt mit unmittelbarem Ansetzen nach Vorstellung des Täters
  2. Mit Verwirklichung aller Merkmale des objektiven Tatbestands
  3. Mit Vollendung ist die Tat noch nicht notwndig zugleich faktisch abgeschlossen –> bei tatsächlichem Abschluss ist Tat bis dahin in Beendigungsphase
331
Q

Wann ist die Tat bei Freiheitsberaubung vollendet bzw. beendet?

A
  1. Tat mit Einsperren vollendet

2. mit Freiheitserlangung erst beendet

332
Q

Wann ist ein Versuch zu prüfen?

A
  1. Erfolg bleibt aus

2. Tatbestandliche Erfolg zwar eingetreten, aber nicht durch Täter verursacht oder ihm objektiv nicht zurechenbar

333
Q

Was bedeutet das “subjektive Plus” des Versuchs?

A
  1. Versuchsprüfung kann nur vorgenommen werden, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Täter subjektiv mehr wollte, als objektiv geschehen ist.
334
Q

Wann ist der Versuch gem. § 23 I StGB strafbar?

A
  1. Verbrechen

2. Ausdrücklich im Gesetz bestimmte Strafbarkeit

335
Q

Was bedeutet Tatentschluss fassen iSd. Versuchs?

A

Der Täter muss einen Tatentschluss gefasst haben, d.h. sein Wille muss auf die Realisie-rung tatbestandlichen Unrechts gerichtet sein. Das ist dann der Fall, wenn er Vorsatz hinsichtlich der Verwirklichung aller Merkmale des objektiven Tatbestands besitzt und ggf. auch die sonstigen deliktspezifischen subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt.

336
Q

Wovon ist der Tatentschluss abzugrenzen und was bedeutet das Abzugrenzende?

A
  1. Tatgeneigtheit
    - -> noch keine endgültige Entscheidung getroffen, ob Tat begangen wird
  2. Tatentschluss auf bewusst unsichere Tatsachengrundlage
    - -> Entschluss bereits gefasst und daher versuchsstrafbar
337
Q

Was bedeutet das unmittelbare Ansetzen im Rahmen des Versuchs?

A

Der Täter muss zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt haben. Den Bezugspunkt bildet dabei seine Vorstellung von der Tat, § 22 StGB.
→ Es kommt nicht auf den tatsächlichen Sachverhalt, sondern allein auf die Sachver-haltsvorstellung des Täters an – subjektive Komponente.
–> Ein unmittelbares Ansetzen liegt dabei unzweifelhaft vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat die eigentliche tatbestandliche Ausführungs-handlung bereits vollzogen hat.

338
Q

Welche problematischen Fallgruppen gibt es bei der Abgrenzung der straflosen Versuchsvorbereitungshandlung und der Versuchshandlung im Rahmen des unmittelbaren Ansetzens?

A
  1. Verabredung zur späteren Tat –> kein Versuchsbeginn, dafür § 30 II StGB
  2. Ausforschen bzw. Schaffen einer Tatmöglichkeit –> straflose Vorbereitungshandlung
  3. Auflauern –> Versuchsbeginn, wenn Losschlagen nach Tatplan unmittelbar bevorsteht
  4. Haustür-Fälle –> Versuch ja, wenn nach Vorstellung des Täters das Opfer öffnet und unmittelbar angegriffen werden soll
  5. Schusswaffengebrauch –> Versuchsbeginn mit Ziehen oder Anlegen der Waffe, außer Waffe muss noch geladen werden(=Vorbereitungshandlung)
  6. Eintritt äußerer Bedingungen
  7. Versuch der Qualifikation –> Versuchsbeginn frühestens, wenn Täter mit Verhalten zur Verwirklichung des Grundtatbestands angesetzt hat
  8. Distanzdelikte (str.)
339
Q

Wie muss man bei der Abgrenzung Vorbereitungshandlung und Versuchshandlung im Rahmen des unmittelbaren Ansetzens bei “Eintritt äußerer Bedingungen” differenzieren?

A
  1. Handelt es sich bei der äußeren Bedingung nicht um ein bestimmtes Verhalten ei-nes anderen, sondern einen sonstigen Umstand, auf dessen Eintreten der Täter gleichsam automatisch reagiert, kann der Versuch schon vor Bedingungseintritt beginnen.
  2. Handelt es sich bei der äußeren Bedingung dagegen um ein bestimmtes Verhalten eines anderen, beginnt der Versuch i.d.R. erst mit der Reaktion des Täters auf den Bedingungseintritt.
340
Q

Wann ist ein Versuch tauglich und wann untauglich?

A
  1. Ein Versuch ist tauglich, wenn er objektiv betrachtet zur Ver-wirklichung des Tatbestandes nicht von vornherein ungeeignet ist, also ein Er-folgseintritt ex ante möglich erscheint.
  2. Ein Versuch ist untauglich, wenn er entgegen der Vorstellung des Täters objektiv betrachtet zur Verwirklichung des Tatbestandes von vornhe-rein ungeeignet ist.
341
Q

Woraus ergibt sich die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs?

A

Die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs ergibt sich aus § 22 StGB („nach seiner Vor-stellung von der Tat“) und wird in § 23 III StGB für die Regelung des grob unverständi-gen Versuchs vorausgesetzt.

342
Q

Fallgruppen des untauglichen Versuchs?

A
  1. Versuch am untauglichen Objekt
  2. Versuch mit untauglichen Mitteln
  3. Versuch des untauglichen Täters (besitzt nicht nötige Tätereigenschaft, glaubt dies aber)
343
Q

Was besagt der “grob unverständige Versuch” und was sind seine rechtlichen Folgen?

A
  1. Der Täter verkennt die Tauglichkeit seines Versuchs aus grobem Unverstand
    - -> Gericht kann gem. § 23 III StGB (Strafzumessungsregel) von Strafe absehen oder mildern
344
Q

Wann liegt grober Unverstand nur vor?

A

Bei völlig abwegigen Vorstellungen von gemeinhin bekannten Ursachenzusammenhängen
–> Irrtum muss für jeden Menschen mit durchschnittlichem Erfahrungswissen evident sein

345
Q

Liegt bei abergläubischen bzw. irrealen Versuchen ein Versuch vor?

A

Nach hM. nein, da kein Versuchsunrecht vorliegt, da es sich bereits um keinen richtigen Versuch handelt
–> von vornherein nicht strafbar

346
Q

Was macht der Rücktritt gem. § 24 StGB rechtlich?

A

Er beseitigt rückwirkend die bereits begründete Strafbarkeit.

  • -> kommt nur Rücktretendem selbst zugute
  • -> Rücktritt kommt nur in Betracht, wenn Tat nicht vollendet wird
  • -> Misslungener Rücktritt (außer § 24 II 2 Var. 2) führt zu keiner Strafaufhebung
347
Q

Was ist Bezugspunkt für das Fehlschlagen der Tat?

A

Die subjektive Sachverhaltsvorstellung des Täters

348
Q

Liegt ein Fehlschlag der Tat vor, wenn der Täter die Tat nach seiner Vorstellung zwar noch vollenden kann, aber diese für ihn sinnlos geworden ist? Und um welche Fälle handelt es sich?

A
  • Nach hM. Ja!
    1. Identitätsirrtum –> Der Täter erkennt nach Versuchsbeginn, aber noch vor Vollen-dung, dass er einem Identitätsirrtum unterlegen ist, es sich also beim Tatobjekt nicht um dasjenige handelt, das er eigentlich treffen will.
    2. Wertlosigkeit des Tatobjekts –> Der Täter stellt nach Versuchsbeginn fest, dass das Tatobjekt hinter seinen konkreten Erwartungen zurückbleibt und damit letztlich für ihn annähernd wertlos ist.
349
Q

Wann gilt ein Versuch als unbeendet?

A

Der Versuch gilt als unbeendet, wenn der Täter noch nicht alles getan zu haben glaubt, was er nach seiner Vorstellung zur Vollendung der Tat tun muss.

350
Q

Was reicht für den Rücktritt vom unbeendete Versuch?

A

das Aufgeben der weiteren Tat-ausführung und damit das bloße Nichtweiterhandeln, § 24 I 1 Alt. 1 StGB. Dabei reicht es nach hM aus, wenn der Täter die Tat vorläufig aufgibt.
→ Dass er sich eine erneute Begehung zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. am nächsten Tag) vorbehält, hindert den Rücktritt nicht. Nicht ausreichend ist es freilich, wenn er bei fortbestehender Tatsituation lediglich vorübergehend innehält.

351
Q

Was muss der Täter für den Rücktritt vom beendeten Versuch machen?

A
  1. Die Vollendung der Tat verhindern, § 24 I 1 Alt. 2 StGB
  2. Oder, wenn die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet wird, sich ernsthaft um eine Verhinderung der Vollendung bemühen, § 24 I 2 StGB
352
Q

Wann gilt der Versuch als beendet?

A

Der Versuch gilt als beendet, wenn der Täter alles getan zu haben glaubt, was er nach seiner Vorstellung zur Vollendung der Tat tun muss. Ausreichend ist dabei, dass er den Erfolgseintritt nach seinem Tun für möglich hält – sog. Gefahrbewusstsein. Ein sol-ches Gefahrbewusstsein besteht nach hM auch dann, wenn der Täter sich überhaupt keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht, denn der Gleichgültige rech-net sowohl mit dem Ausbleiben wie mit dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolges.

353
Q

Wann kann die Vollendung der Tat ausbleiben, ohne dass das Verhalten des Täters hierzu einen Beitrag leistet?

A
  1. Der vom Täter angestrebte Erfolg tritt sogar ein, ist diesem aber objektiv nicht zure-chenbar.
  2. Die Vollendung wird durch Dritte unabhängig vom Täter verhindert.
  3. Der Versuch ist untauglich, eine Vollendung also von vornherein nicht möglich.
354
Q

Wie kann der Täter strafbefreiend zurücktreten, wenn die Vollendung der tat ohne zutun des Täters ausbleibt?

A

Der Täter kann hier dennoch strafbefreiend zurücktreten, wenn er sich ernsthaft be-müht, die Vollendung zu verhindern. Ein solches ernsthaftes Bemühen liegt allerdings nur dann vor, wenn er mit Verhinderungswillen die ihm aus seiner Sicht bestmögli-che, d.h. sicherste Rettungsmaßnahme ergreift.
→ Wählt der Täter dagegen bewusst eine aus seiner Sicht nur weniger sichere Maßnah-me, gilt sein Bemühen nicht als ernsthaft.

355
Q

Was bedeutet die “Freiwilligkeit” des Rücktritts?

A

Der Rücktritt erfolgt freiwillig, wenn er aus autonomen Gründen, d.h. selbstbestimmt, erfolgt. Der Anstoß darf dabei auch von außen kommen, solange der Täter noch Herr seiner Entscheidung bleibt. Moralisch hochwertig braucht sein Rücktrittsmotiv nicht zu sein. Eine bloß abstrakte Angst vor Strafe oder Entdeckung, die nicht durch äußere Umstände veranlasst ist, schließt die Freiwilligkeit nicht aus.

356
Q

Wie bestimmt sich die “Unfreiwilligkeit” des Rücktritts?

A

Der Rücktritt erfolgt nicht freiwillig, wenn der Täter durch hetero-nome Gründe, d.h. fremdbestimmt, zur Aufgabe der Tat veranlasst wird. Dabei kön-nen diese heteronomen Gründe sowohl äußerer (z.B. ein plötzlich erhöhtes Entde-ckungsrisiko, das der Täter als unvertretbar bewertet) als auch innerer Natur (z.B. eine unüberwindbare psychische Sperre, die dem Täter die weitere Ausführung un-möglich macht) sein.

357
Q

Wo ist der Rücktritt bei mhereren Tatbeteiligten geregelt?

A

§ 24 II StGB
–> Nicht als Beteiligter i.S. des § 24 II StGB gilt dagegen nach hM der Einzeltäter, an dessen Tat sich ein Anstifter oder Gehilfe beteiligt; sein Rücktritt richtet sich nach § 24 I StGB. Der Grund liegt darin, dass er das Geschehen allein beherrscht und deshalb die Regelung des § 24 I StGB besser passt als der auf die Dynamik zwischen mehreren Personen zuge-schnittene § 24 II StGB.

358
Q

Wie baut man den Rücktritt mehrerer Beteiligter auf wenn die Beteiligung problematisch ist?

A
  1. Entweder prüft man sowohl den Rücktritt nach § 24 I StGB wie auch den nach § 24 II StGB, um dann festzustellen, dass sich die Voraussetzungen beim sog. Tatnächsten (Tatnächster, weil er derjenige ist, der selbst unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt) im Er-gebnis nicht unterscheiden. Das ist freilich ziemlich aufwendig.
  2. Oder man nimmt das spätere Ergebnis vorweg, wählt also die Rücktrittsvorschrift, die man für einschlägig hält, und verweist zur Begründung auf die späteren Ausführungen. In jedem Fall vermeiden sollte man eine Inzidentprüfung der Strafbarkeit der weiteren Beteiligten im Rahmen des Rücktritts des ersten Täters.
359
Q

Wann kommt die Anwendung des § 24 II StGB von vornherein nicht zur Anwendung?

A
  1. wenn das Geschehen insgesamt im Vorbereitungsstadium stecken bleibt (vgl. aber §§ 30, 31 StGB)
  2. wenn der Beteiligte bereits im Vorbereitungsstadium seine Mitwirkung aufgekündigt und seine Beiträge neutralisiert hat
  3. wenn die Tat trotz aller Verhinderungsbemühungen vollendet wird und diese Vollendung dem Beteiligten aufgrund seines Beitrages mitzugerechnet werden kann.
360
Q

Was muss der Beteiligte für den Rücktritt vom beendeten Versuch gem. § 24 II StGB machen?

A
  1. entweder die Vollendung der Tat verhindern, § 24 II 1 StGB,
  2. oder sich ernsthaft um eine Verhinderung der Vollendung bemühen
    - wenn die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet wird, § 24 II 2 Alt. 1 StGB,
    - oder unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird (so dass ihm die Vollen-dung nicht mitzugerechnet werden kann), § 24 II 2 Alt. 2 StGB.
361
Q

Was ist eine Besonderheit vom Rücktritt eines Beteiligten gem. § 24 II StGB vom unbeendeten Versuch?

A

Beim unbeendeten Versuch reicht anders als beim Einzeltäter das bloße Nichtweiter-handeln für den Rücktritt nicht automatisch aus:
→ Das bloße Nichtweiterhandeln genügt, wenn es zum Ausbleiben der Vollendung führt (z.B. weil die anderen Tatbeteiligten nun nicht mehr weiterhandeln können).
→ Das bloße Nichtweiterhandeln genügt nicht, wenn die Vollendung aus anderen Grün-den ausbleibt, da es diese dann weder verhindert hat noch ein ernsthaftes Bemühen um eine Verhinderung darstellt.

362
Q

Was ist ein Tatumstandsirrtum und was seine Folge?

A
  1. Täter kennt bei Tatbegehung nicht alle Umstände, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören
  2. Gem. § 16 I 1 StGB handeln ohne Vorsatz
    - -> Strafe wegen Fahrlässigkeit gem. § 16 I 2 StGB
363
Q

Was ist ein Subsumtionsirrtum und was seine Folge?

A
  1. Sprachlicher Irrtum über korrekte Verwendung gesetzlicher Begriffe
  2. Lässt Vorsatz nicht entfallen und führt lediglich zu Verbotsirrtum
    - -> allenfalls für Schuld gem. § 17 StGB von Bedeutung
364
Q

Voraussetzungen und Folgen eines Verbotsirrtums?

A
  1. = Fehlen des Unrechtsbewusstseins
  2. Führt nur zum Ausschluss der Schuld, wenn der Irrtum unvermeidbar war, § 17 S. 1 StGB
  3. Wenn nicht unvermeidbar, kommt lediglich fakultative Strafmilderung gem. § 17 S. 2 StGB in Frage
  4. Beispiel für Verbotsirrtum: Erlaubnisirrtum
365
Q

Was genau ist ein “Fehlen des Unrechtsbewusstseins” im Rahmen des Verbotsirrtums?

A
  1. Wenn er keine Einsicht hat, dass sein Verhalten rechtlich verboten sein könnte –> Für möglich halten, Unrecht zu verwirklichen und billigendes in kauf nehmen
  • -> subjektive Strafbarkeit des Handelns muss nicht gegeben sein
  • -> Einsicht der Unmoral genügt nicht
366
Q

Wann ist ein Handeln im Rahmen des Verbotsirrtums “unvermeidbar”?

A
  1. wenn der Täter
    trotz Einsatzes all seiner individuellen Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten die
    Unrechtmäßigkeit seines Handelns nicht zu erkennen vermag.
  2. –>
367
Q

Wann ist ein Irrtum im Rahmen des Verbotsirrtums “vermeidbar”?

A
  1. Wenn er durch Nachdenken die “unrechtsmäßigkeit” des Verhaltens erkennen kann
  2. Bei Zweifeln muss Täter Rechtsrat einholen
    - -> Täter kann auf Richtigkeit des vertrauenswürdigen Rechtsrats vertrauen
  3. Bei ungeklärter Rechtslage, gilt der Irrtum als unvermeidbar, wenn dem Täter das Unterlassen der Handlung und Abwarten der Klärung nicht zugemutet werden kann
368
Q

Welche Irrtümer muss man bei Irrtümern über die Rechtswidrigkeit unterscheiden?

A
  1. Erlaubnisirrtum

2. Erlaubnistatumstandsirrtum

369
Q

Was ist ein Erlaubnisirrtum?

A
  • (indirekter Verbotsirrtum)
    1. Die Fälle, in denen der Täter die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes verkennt oder an das Bestehen eines von der Rechtsordnung nicht anerkannten Rechtfertigungsgrundes glaubt

–> Fall des Verbotsirrtums

370
Q

Was ist ein Erlaubnistatumstandsirrtum?

A
  1. Fehlvorstellungen über die sachlichen Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes.
  2. Liegt vor, wenn der Täter irrige Umstände für gegeben hält, die im Falle ihres tatsächlichen Vorliegens die Tat rechtfertigen würden
371
Q

Wann ist die Diskussion über die Anwendbarkeit des § 16 I 1 StGB unwichtig und muss nicht angesprochenw erden und wann schon?

A
  1. Alle Ansichten innerhalb der eingeschränkten Schuldtheorie kommen beim Haupttäter zum selben Ergebnis
  2. Entscheidend wird der Streit, wenn noch Teilnehmer im Spiel sind
372
Q

Wo prüfen ich den “Erlaubnistatumstandsirrtum”?

A
  1. Es gibt mehrere Varianten
  2. Ich entscheide mich dafür:
    man macht, nachdem man in der Rechtswidrigkeit festgestellt hat, dass der Täter objektiv
    nicht gerechtfertigt ist, gleichsam zwischen Rechtswidrigkeit und Schuld einen eigenständigen
    Prüfungspunkt „Erlaubnistatumstandsirrtum“.
373
Q

Was ist ein “Doppelirrtum”?

A

Der Täter unterliegt zugleich einem Tatsachenirrtum und einem Erlaubnisirrtum.

374
Q

Wie wird ein Doppelirrtum rechtlich behandelt?

A

Als Verbotsirrtum gem. § 17 StGB
–> Der Täter kann nicht dadurch privilegiert sein, dass zu seinem
Erlaubnisirrtum noch ein Tatsachenirrtum hinzutritt

375
Q

Wann kommt eine analoge Anwendung des § 16 I 1 StGB nur in Betracht?

A

Falls der Täter nach dem geltenden Recht tatsächliche gerechtfertigt wäre, wenn seine unzutreffende Tatsachenvorstellung der Wirklichkeit entspräche
–> sonst bleibt nur § 17 StGB

376
Q

Wie muss man beim Irrtum über Entschuldigungsgründe differenzieren?

A
  1. Entschuldigungsirrtum

2. Entschuldigungstatumstandsirrtum

377
Q

Was ist ein Entschuldigungsirrtum?

A

Der Täter verkennt die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Entschuldigungsgrundes oder glaubt an das Bestehen eines von der Rechts-ordnung nicht anerkannten Entschuldigungsgrundes. Der Entschuldigungsirrtum ist nach hM stets irrelevant, der Täter also strafbar.

378
Q

Was ist ein “Entschuldigungstatumstandsirrtum” und wie ist er rechtlich zu behandeln?

A

Der Täter hält irrtümlich Umstände für gege-ben, die im Falle ihres tatsächlichen Vorliegens die Tat entschuldigen würden. Eine Regelung findet sich nur in § 35 II StGB für den entschuldigenden Notstand. Diese Vorschrift ist nach hM jedoch auf die anderen Entschuldigungsgründe analog anzu-wenden. Danach gilt:

  • War der Irrtum unvermeidbar, wird der Täter nicht bestraft.
  • War der Irrtum vermeidbar, wird der Täter zwar bestraft; allerdings ist seine Strafe gem. § 35 II 2 StGB obligatorisch zu mildern
379
Q

Wie wird das Wahndelikt vom untauglichen Versuch abgegrenzt?

A
  1. Beim untauglichen Versuch nimmt der Täter irrtümlich Um-stände an, die im Falle ihres tatsächlichen Vorliegens den gesetzlichen Tatbestand er-füllen würden.
    → Der Täter unterliegt hier einem umgekehrten Tatumstandsirrtum.
  2. Beim Wahndelikt hält der Handelnde dagegen sein Verhalten in Ver-kennung der Strafrechtsregeln irrtümlich („wahnhaft“) für strafbar.
    → Der Täter unterliegt hier einem umgekehrten Verbotsirrtum. Er subsumiert sein Verhalten also unter eine Verbotsnorm, die entweder nur in seiner Einbildung existiert oder die er infolge falscher Interpretation zu seinen Ungunsten normativ überdehnt.
380
Q

Was sind Fallgruppen des Wahndelikts?

A
  1. “Der umgekehrte direkte Verbotsirrtum” –> Der Handelnde nimmt irrtümlich an, sein Verhalten verstoße gegen eine Strafvorschrift, die es in Wirklichkeit nicht gibt.
  2. “Der umgekehrte Subsumtionsirrtum” –> er Handelnde überdehnt den Tatbestand zu seinen Ungunsten.
  3. “Der umgekehrte Erlaubnisirrtum” –> Der Handelnde hält sein tatsächlich gerechtfertigtes Verhalten irrtümlich für strafbar, weil er einen anerkannten Rechtfertigungs-grund nicht kennt bzw. zu seinen Ungunsten verengt.
381
Q

Was ist ein “selbstbelastender Vorfeldirrtum”?

A

Der Handelnde irrt im „Vorfeld“ des strafrechtlichen Tat-bestandes, indem er irrtümlicherweise eine tatsächlich nicht bestehende Rechtslage annimmt und damit nach seiner Vorstellung ein strafrechtliches Tatbestandsmerkmal verwirklicht, das auf diese Rechtslage Bezug nimmt.

382
Q

Wie wird bei Beteiligung beim Vorsatzdelikt unterschieden?

A
  1. Täterschaft

2. Teilnahme

383
Q

Was bedeutet Täterschaft im Rahmen des Vorsatzdelikts und wer gilt als solcher Täter?

A
  1. Täterschaft ist die Begehung einer eigenen Straftat. Als Täter gelten
    - der unmittelbare Täter: derjenige, der die Straftat selbst begeht, d.h. den Tatbe-stand eigenhändig vollständig verwirklicht, § 25 I Alt. 1 StGB,
    - der mittelbare Täter: derjenige, der die Straftat zwar nicht selbst, aber durch ei-nen anderen als sein „Werkzeug“ begeht, so dass sie zu seiner eigenen Tat wird, § 25 I Alt. 2 StGB,
    - der Mittäter: derjenige, der die Straftat gemeinschaftlich mit einem anderen begeht, § 25 II StGB.
384
Q

Was bedeutet Teilnahme im Rahmen des Vorsatzdelikts und wer gilt als solcher?

A
  1. Teilnahme ist die Beteiligung an einer fremden Straftat. Teilnehmer sind
    - der Anstifter: derjenige, der einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat, § 26 StGB,
    - der Gehilfe: derjenige, der einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat, § 27 StGB.
385
Q

Bei welchen Delikten gibt es im Rahmen der Täterschaft und Teilnahme Besonderheiten?

A
  1. Sonderdelikte
    - -> Perso ndie nicht spezielle Anforderungen erfüllt kann nur Teilnehmer, aber nicht Täter sein (beachte § 14 StGB)
  2. Eigenhändige Delikte
    - -> Nur Täter, wer die Ausführungshandlung persönlich vollzieht; Mitelbare Täterschaft und Mittäterschaft sind hier nicht möglich
  3. Pflichtdelikte
    - -> Setzen Pflichtenstellung voraus; Andere Personen können nur Teilnehmer sein
386
Q

Welche Formen der Tatherrschaft gibt es?

A
  1. die Handlungsherrschaft bei der unmittelbaren Täterschaft,
  2. die Steuerungsherrschaft in Form der Willens- oder Wissensherrschaft bei der mittelbaren Täterschaft
  3. und die funktionelle Mitherrschaft in Form arbeitsteiligen Zusammenwirkens bei der Mittäterschaft.
387
Q

Wie ist die subjektive Einstellung des Täters bei der subjektiven Theorie der Rspr. im Rahmen der Täter - Teilnehmer Abgrenzung zu ermitteln und wie nennt man dies?

A
  1. “subjektive Theorie auf ob-jektiv-tatbestandlicher Grundlage”
  2. Anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung:
    - Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat
    - Umfang der Tatbeteiligung
    - Tatherrschafts- bzw. Tatherrschaftswille
388
Q

Wer ist per Definition

“unmittelbarer Töter” und welche Arten kann man hier unterscheiden?

A
  • -> Unmittelbarer Täter ist nach § 25 I Alt. 1 StGB derjenige, der die Straftat selbst begeht, d.h. den Tatbestand eigenhändig verwirklicht:
    1. der Alleintäter: Alleintäterschaft liegt vor, wenn der Täter die Tat allein, d.h. ohne Mitwirkung eines anderen Täters, begeht.
  1. der Mittäter: Unmittelbare Täterschaft und Mittäterschaft schließen einander nicht aus. Derjenige, der die Tat gemeinschaftlich mit einem anderen begeht, aber gleich-wohl den Tatbestand vollständig eigenhändig erfüllt, ist sowohl Mittäter als auch un-mittelbarer Täter. Für die Begründung seiner Strafbarkeit spielt die Mittäterschaft hier indes an sich keine Rolle; die Strafbarkeit ergibt sich bereits aus der unmittelba-ren Täterschaft.
  2. der Nebentäter: Der – im Vorsatzbereich sehr seltene – Fall der Nebentäterschaft liegt vor, wenn zwei Täter unabhängig voneinander in zurechenbarer Weise den Er-folg verursachen (z.B. bei der alternativen Kausalität).
389
Q

Wer ist per Definition Mittäter?

A

Mittäter ist nach § 25 II StGB derjenige, der die Tat gemeinschaftlich, d.h. in bewuss-tem und gewolltem Zusammenwirken, mit einem anderen begeht.
§ 25 II StGB bildet eine Zurechnungsvorschrift. Er ermöglicht die Bestrafung einer Per-son als Täter auch dann, wenn diese Person den Tatbestand eigenhändig nicht erfüllt, indem ihr die Handlungen ihres Mittäters wie eine eigene Handlung zugerechnet wer-den.

390
Q

Welche Ausnahmen sind einem Täter nicht gem. § 25 II StGB iR. der Mittäterschaft zurechenbar?

A
  • besondere Tätereigenschaften (z.B. die Amtsträgereigenschaft)
  • besondere Pflichtstellungen (z.B. die Vermögensbetreuungspflicht in § 266 StGB)
  • besondere subjektive Tatbestandsmerkmale (z.B. die Zueignungsabsicht in § 242 StGB)

–> müssen wenn Gesetz dies verlangt, “höchstpersönlich” erfüllt sein

391
Q

Worin besteht das Wesen der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB?

A
  1. Arbeitsteiliges Handeln
  2. Funktionelle Rollenverteilung
  3. Jeder Beteiligte ist als gleichberechtigter Partner Mitträger
    a) Eines gemeinsamen Tatentschlusses (Tatplan)
    b) einer gemeinschaftlichen Tatbestandsverwirklichung (Tatausführung)
392
Q

Was bedeutet es, dass die Mittäterschafr stets tatbestandsbezogen bestimmt wird?

A
  1. “Teilweise mittäterschaft” ist möglich

- -> ohne weiteres möglich, dass jemand im Hinblick auf eine Tat Mittäter ist und im Hinblick auf eine an-dere Tat nicht

393
Q

Was bedeute der gemeinsame Tatplan bei der Mittäterschaft?

A

Die gemeinschaftliche Tatbegehung muss ausdrücklich oder konkludent von den Be-teiligten vereinbart worden sein. Ein einseitiger Entschluss, sich in ein Tatgeschehen „einzupassen“, ist nach hM nicht ausreichend.

  • -> Der ursprüngliche Tatplan kann während der Ausführung in gegenseitigem Einverneh-men auch noch modifiziert und erweitert werden.
  • -> Nicht zurechenbar sind allerdings Handlungen, die vom – ggf. modifizierten – Tatplan nicht mehr gedeckt sind – sog. Mittäterexzess. Ein jeder haftet nur für Taten, die noch im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses liegen.
  • -> Abweichungen, mit denen nach den Umständen des Falles gewöhnlich zu rechnen ist und die keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen, sind freilich unwesentlich und lassen den Vorsatz unberührt. Sie sind regelmäßig vom Willen des Mittäters erfasst selbst wenn er sie sich nicht besonders vorgestellt hat. Dasselbe gilt, wenn ihm die Handlungsweise des anderen gleichgültig ist.
394
Q

Wie muss unterschieden werden wie es sich auswirkt, wenn ein Beteiligter im Rahmen der Mittäterschaft vom gemeinsamen Tatplan wieder bstand nimmt?

A
  1. Aufgabe “nach” Versuchsbeginn
    - ->Nimmt der Beteiligte vom Plan zur gemeinsamen Tatbegehung erst Abstand, nachdem die Tat bereits in das Versuchsstadium eingetreten ist, bleiben die Tathandlungen der anderen ihm grds. voll zurechenbar. Er kann hier nur unter den Voraussetzungen des § 24 II StGB Straffreiheit erlangen. Wird die Tat vollendet, haftet er aus vollendetem Delikt in Mittäterschaft.
  2. Aufgabe “vor” Versuchsbeginn
    - -> Nimmt der Beteiligte vom Plan zur gemeinsamen Tatbegehung bereits im Vorbereitungsstadium wieder Abstand, ist zu differenzieren:
    - Erlangen die anderen Kenntnis davon, kann ihre spätere Tatbegehung dem „Aus-steiger“ nach hM nicht zugerechnet werden, da ein gemeinsamer Tatplan mit ihm zum Tatzeitpunkt nicht mehr besteht.
    - Erlangen die anderen keine Kenntnis davon, ist die spätere Tatbegehung dagegen nach wohl hM zurechenbar, da die Verabredung zur gemeinsamen Tat ohne einen ausdrücklichen oder konkludenten Widerruf bestehen bleibt.
395
Q

Was bedeutet die sukzessive Mittäterschaft?

A

Grds. kann das erforderliche Einvernehmen zwischen den Mittätern auch noch nach bereits begonnener Tatausführung hergestellt werden

396
Q

Bei welchen “Problemfällen” liegt nach hM. auch eine gemeinschaftliche tatausführung vor?

A
  1. Alternative Mittäterschaft –> Die Beteiligten vereinbaren die Erbringung alternativer Tatbeiträge, von denen von vornherein nur einer den Erfolg bewirken kann, jedoch nicht feststeht, welcher dies sein wird.
  2. Additive Mittäterschaft –> Die Beteiligten erbringen mehrere gleichrangige Tatbeiträge, die zwar für sich betrachtet nicht alle den Erfolg bewirken, aber insgesamt die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts erhöhen.
397
Q

Wer ist gem. § 25 I Alt. 2 StGB mittelbarer Täter?

A

derjenige, der die Tat nicht selbst, sondern durch einen anderen – den sog. Tatmittler – als sein „menschliches Werkzeug“ begeht. Dabei können Tatmittler und Opfer auch identisch sein (das Opfer als „Werkzeug“ gegen sich selbst).
–> § 25 I Alt. 2 StGB bildet wie § 25 II StGB eine Zurechnungsvorschrift. Dem mittelbaren Täter werden die Handlungen des Tatmittlers wie eine eigene Handlung zugerechnet.

398
Q

Was ist kennzeichnend für die mittelbare Täterschaft?

A
  1. eine unterlegene Stellung des Tatmittlers gegenüber dem mittelbaren Täter, die sich i.d.R. durch einen Strafbarkeitsmangel ausdrückt.
  2. spiegelbildlich dazu die überlegene Stellung des mittelbaren Täters, der die unter-legene Stellung des Tatmittlers für seine Zwecke ausnutzt und das Geschehen entwe-der kraft überlegenen Wissens (i.d.R. durch Täuschung erlangt) oder kraft überle-genen Willens (i.d.R. durch Zwang geschaffen oder durch eine erhebliche Willensschwäche des Tatmittlers begründet) beherrscht und steuert.
399
Q

Wann handelt der “tatbestandslose Tatmittler” tatbestandslos?

A

wenn er bereits den objektiven Tatbestand nicht erfüllt. Das ist hauptsächlich bei der Selbstschädigung der Fall. Hat der Hinter-mann diese Selbstschädigung durch Irrtum oder Zwang veranlasst, ist er mittelbarer Täter.

400
Q

Eigenschaften des “vorsatzlos handelnden Tatmittlers”?

A
  1. Der Hintermann ist auch dann mittelbarer Täter, wenn der Vordermann infolge seiner Einwirkung nicht vorsätzlich handelt.
  2. Ebenso verhält es sich, wenn beim Vordermann zwar der Vorsatz gegeben ist, ihm aber die bei einigen Delikten zusätzlich erforderliche Absicht fehlt; sog. absichtslos-doloses Werkzeug.
    - -> Umstritten ist allerdings, ob das auch dann noch gilt, wenn der Vordermann ohne nöti-genden Zwang oder Täuschung durch den Hintermann in voller Kenntnis aller Umstän-de handelt, ihm die Absicht also aus anderen Gründen fehlt, die nichts mit dem Verhal-ten des Hintermannes zu tun haben.
401
Q

Ist der Hintermann mittelbarer Täter, wenn er den Vorderman gezielt in eine Situation bringt, in der dessen Tatbestandsverwirklichung gerechtfertigt ist?

A

Ja, das nennt sich “gerechtfertigtes Handeln des Tatmittlers”

402
Q

Ist der Hintermann mittelbarer Täter, wenn der Vordermann entschuldigt ist?

A
  1. Es bedarf einer Abgrenzung zur Anstiftung, da diese ein vorsätzliches und rechtswidriges, aber kein schuldhaftes Verhalten voraussetzt
    - -> “limitierte Akzessorietät”
    - -> Kennt der Hintermann die Umstände, die die Schuld ausschließen oder die den Vordermann entschuldigen, und nutzt er diese planvoll lenkend zur Tatbegehung aus, „überlagert“ seine Steuerungsherrschaft die Handlungsherrschaft des Vor-dermanns, so dass er mittelbarer Täter ist.
    - -> Kennt der Hintermann dagegen diese Umstände nicht oder nutzt er sie jedenfalls nicht gezielt aus, ist er lediglich Anstifter.
403
Q

In welchen Konstellationen ist der Hintermann nach hM. mittelbarer Täter, obwohl der Vordermann Volledliktisch handelt? (=Täter hinter dem Täter)

A
  1. Ausnutzen der Organisationsherrschaft (zB. Mafiabosse)
  2. Ausnutzen eines vermeidbaren Verbotsirrtums
  3. Ausnutzen eines Irrtums über den konkreten Hanslungssinn der Tat
404
Q

Welche Voraussetzungen hat das “Ausnutzen der Organisationsherrschaft”?

A
  1. Befehlsgewalt in einem hierarchisch strukturierten Machtapparat
  2. Fungibilität –> beliebige Austauschbarkeit des den Befehl ausführenden unmittelbaren Täters
  3. Rechtsgelöstheit, d.h. die Organisation handelt außerhalb der Rechtsordnung und macht sich ihre eigenen Regeln.
405
Q

Warum ist nach hM. derjenige mitetlbarer Täter, der einen vermeidbaren Verbotsirrtums des unmittelbaren Täters planvoll lenkend ausnutzt?

A

Das überlegene Wissen des Hintermannes begründet hier seine die Tat beherrschende Stellung. Für diese Tatherrschaft spielt die Vermeidbarkeit oder Unvermeidbarkeit des Irrtums keine Rolle, denn der Vordermann wird in beiden Fällen vom Normappell der Rechtsordnung nicht mehr erreicht

406
Q

Welche Konstellationen des Ausnutzen eines Irrtums über den konkreten Handlungssinn durch den Hintermann als mittelbarer Täter der Tat gibt es?

A
  1. Irrtum über die Unrechtsqualifizierung
    - -> Der unmittelbare Täter hält die Scha-densgröße irrtümlich für deutlich zu gering.
  2. Irrtum über die Unrechtsquantifizierung
    - -> Der Hintermann ist nur Teilnehmer, denn der Vordermann kennt alle tatbestandsrelevanten Umstände.
  3. der manipulierte Identitätsirrtum
    - -> Der Hintermann schiebt dem unmittelbaren Täter ein anderes Opfer unter, das dieser – wie vom Hintermann geplant – aufgrund eines unbeachtlichen Identitätsirrtums verletzt
407
Q

Welchen Einfluss hat der Exzess des Tatmittlers auf den Hintermann?

A
  1. Der Vorsatz des mittelbaren Täters muss sich wie stets auf alle Merkmale des objektiven Tatbestandes erstrecken.
    → Tut der Tatmittler mehr oder anderes als vom Hintermann vorhergesehen und ge-wollt, liegt ein Exzess vor, der beim Hintermann einen Tatumstandsirrtum nach § 16 I 1 StGB begründet (es sei denn, es handelt sich um eine unwesentliche Abwei-chung, die keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt).
408
Q

Was bedeutet “die Teilnahme”?

A

Die Teilnahme (Anstiftung, Beihilfe) ist die Beteiligung an einer fremden Tat. Damit ist sie akzessorischer Natur, setzt also das Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat (vgl. §§ 26, 27 StGB) voraus.
→ An einer tatbestandslosen, nicht vorsätzlichen oder gerechtfertigten Rechtsgutsver-letzung ist eine strafbare Teilnahme nicht möglich.
Hingegen braucht der Haupttäter nicht schuldhaft zu handeln; die Akzessorietät der Teilnahme ist also limitiert.
→ Jeder Beteiligte wird ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft, § 29 StGB
–> Eine Strafbarkeit des Teilnehmers scheidet allerdings aus, wenn das vom Haupttäter angegriffene Rechtsgut dem Teilnehmer gegenüber keinen Schutz genießt. (zB. wenn man Strangulation an einem selbst fordert)

409
Q

Ist für die Teilnahmestrafbarkeit erforderlich, dass die Haupttat vollendet wurde?

A

Nein!

–> Versucht, falls strafbar, genügt

410
Q

Wie trennt man die Teilnahme am Versuch von der versuchten Teilnahme?

A

Bei der versuchten Teilnahme ist es gerade zu keiner Haupttat gekommen oder der Beitrag hatte auf die Haupttat keinen Einfluss
–> Eine Bestrafung als Anstifter oder Gehilfe scheidet aus, da §§ 26, 27 StGB zwingend voraussetzen, dass (1) eine Haupttat vorliegt und (2) der Beitrag einen bestimmten Einfluss auf diese Haupttat hat (Hervorrufen des Tatentschlusses bei der Anstiftung, Fördern der Tat bei der Beihilfe).
→ Die versuchte Anstiftung ist gem. § 30 I StGB nur strafbar, wenn zu einem Verbrechen angestiftet werden sollte (Ausnahme: § 159 StGB)
–> Die versuchte Beihilfe ist nie strafbar.

411
Q

Was bedeutet das “Bestimmen” des Haupttäters zu dessen vorsätzlicher rechtswidriger Tat durch den Anstifter?

A
  1. Darunter versteht man das Hervorrufen des Tatentschlusses, d.h. ein Handeln, das für das Fassen des Tatentschlusses zumindest mitursächlich ist.
    → Derjenige, der zur Tat bereits fest entschlossen ist – sog. omnimodo facturus – kann nicht mehr angestiftet werden. Hier kommt nur eine versuchte Anstiftung, § 30 I StGB, oder eine psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatvorsatzes in Betracht.
    → Derjenige, der zwar zur Tat geneigt, aber noch nicht fest entschlossen ist, kann dage-gen ebenso angestiftet werden wie derjenige, der sich zu einer Tat erbietet, aber noch auf den entscheidenden Anstoß wartet.

Nach hM muss das Hervorrufen des Tatentschlusses durch einen kommunikativen Akt erfolgen, der ausdrücklich oder konkludent wenigstens die Anregung zur Begehung der Tat enthält (z.B. das Äußern von Wünschen und Bitten, die Überredung, die Zusage von Belohnungen, Aufforderungen, Befehle, Angebote).
→ Es bedarf eines offenen geistigen Kontakts zwischen Haupttäter und Anstifter; das Schaffen einer zur Tat anreizenden Situation (z.B. das Offenlassen einer Wohnungs-tür) genügt nicht.

412
Q

Wie nennt man das Verändern des Tatentschlusses beim zu Tat fest Entschlossenen?

A
  1. “Aufstiftung” –> Der Beteiligte veranlasst den zur Verwirklichung des Grunddelikts Tat-entschlossenen zur Begehung der Tat in qualifizierter Form (z.B. gefährliche statt ein-facher Körperverletzung).
  2. “Usmtiftung” –> Der Beteiligte veranlasst den zu einer bestimmten Tat Entschlossenen zur Begehung einer ganz anderen Tat (z.B. Diebstahl statt Sachbeschädigung; Verlet-zung eines anderen Opfers).
    → Grds. gilt der Umstifter als Anstifter, da der Täter im Hinblick auf die neue Tat noch keinen Tatentschluss gefasst hatte.
  3. “Abstiftung” –> Der Beteiligte veranlasst den zur Verwirklichung der Qualifikation Ent-schlossenen dazu, lediglich das Grunddelikt zu begehen.
    → Eine Anstiftung scheidet aus, da der Wille zur Verwirklichung der Qualifikation den Tatentschluss zur Begehung des Grunddelikts beinhaltet, der Täter also insoweit ein omnimodo facturus ist.
    → Eine psychische Beihilfe scheidet i.d.R. ebenfalls aus, da die Tatbegehung aufgrund der Risikoverringerung dem Abstifter nicht zugerechnet werden kann, dieser die Tat also nicht gefördert hat. Anders verhält es sich allerdings wohl dann, wenn er den Täter in der Begehung des Grunddelikts bestärkt
413
Q

Welche Aspekte muss der “Anstiftervorsatz” umfassen?

A
  • sog. “doppelter Anstiftervorsatz”
    1. Begehung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat durch eine bestimmte Person
    2. und das Bestimmen dieser Person zur Tatbegehung
414
Q

Was reicht und was reicht nicht für den Anstiftervorsatz aus?

A

Die Vorstellung des Anstifters von der Haupttat braucht dabei zwar nicht alle ihre Ein-zelheiten umfassen; sie muss aber nach Tatobjekt, Tatzeit und Tatort hinreichend kon-kretisiert sein. Die Haupttat muss also im Vorsatz des Anstifters in ihren Grundzügen, d.h. als konkret-individualisierbares Geschehen erkennbar sein.
→ Für den Anstiftervorsatz reicht es nicht aus, wenn der Wille des Beteiligten nur da-rauf gerichtet ist, einen anderen ganz allgemein zur Begehung von Straftaten zu ver-anlassen (z.B. irgendwelche Banken zu überfallen).
–> Beim Tötungsdelikt reicht es nach hM aus, dass das Opfer bestimmt ist; Tatzeit, Tatort und Tatmittel brauchen nicht weiter konkretisiert zu werden.
–> Ferner setzt die Konkretisierung des Opfers nicht voraus, dass der Anstifter auch dessen Identi-tät kennt.

415
Q

Was bedeutet der “Vollendungswille” im Rahmen der Anstiftung?

A

Objektiv genügt zwar das Vorliegen einer versuchten Straftat. Der Wille des Anstifters muss aber stets auf die Vollendung der Haupttat gerichtet sein.
→ Weiß der Beteiligte, dass die Tat trotz seiner Beteiligung nicht vollendet werden kann, oder will er nicht, dass die Vollendung eintritt, fehlt ihm der Anstiftervorsatz.

416
Q

Bedeutung des “Vollendungswillens” beim Lockspitzel?

A
  • Will der Lockspitzel nicht, dass die Tat vollendet wird (z.B. bei geplantem Zugriff der Polizei vor der Wegnahme der Diebesbeute), besitzt er unzweifelhaft keinen Anstiftervorsatz.
  • Nach hM entfällt der Anstiftervorsatz beim Lockspitzel aber sogar dann, wenn er zwar die Vollendung der Tat, nicht aber ihre materielle Beendigung will (z.B. bei geplantem Zugriff der Polizei unmittelbar nachdem der Täter das Gebäude mit der Diebesbeute verlassen hat).
  • Will der Lockspitzel dagegen auch die materielle Beendigung der Tat (weil der polizeiliche Zugriff erst später erfolgen soll), liegt der Anstiftervorsatz vor. Möglich ist dann jedoch noch eine Rechtfertigung (Einwilligung, mutmaßliche Einwilligung, rechtfertigender Notstand).
417
Q

Bedeutung des “Hilfeleisten” im Rahmen des Beihilfe?

A

Tathandlung des Gehilfen ist das Hilfeleisten. Als solches gilt jeder Tatbeitrag, durch den die Haupttat ermöglicht, erleichtert, beschleunigt oder verstärkt wird
–> Nach hM muss dieser Tatbeitrag zwar bis zur Vollendung der Tat wirken. Er braucht aber keine notwendige Bedingung für den Erfolg der Haupttat darzustellen; es reicht aus, dass er ihn irgendwie gefördert hat – sog. Förder- oder Verstärkerkausalität.

418
Q

In welchen Formen kann die Beihilfe erfolgen?

A
  1. physische Beihilfe –> Der Gehilfe unterstützt den Täter durch sein tätiges Mitwirken.
  2. psychische Beihilfe –> Der Gehilfe unterstützt den Täter durch einen kommunikativen Akt.
    - -> Die bloße Anwesenheit am Tatort als solche (es sei denn, sie verschafft dem Haupttä-ter ein stärkendes Gefühl erhöhter Sicherheit) oder die innere Billigung genügen da-gegen nicht.
419
Q

Was bedeutet die “sukzeesive Beihilfe”?

A

Grds. kann das Hilfeleisten auch noch nach bereits begonnener Tatausführung erfolgen – sog. sukzessive Beihilfe. Wie bei der Mittäterschaft ist allerdings umstritten, bis zu welchem Zeitpunkt dies möglich ist.

420
Q

Welche Aspekte muss der Gehilfenvorsatz umfassen?

A

–> “doppelter Gehilfenvorsatz”

  1. Begehung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat durch eine bestimmte Person
  2. Zum anderen das Hilfe leisten zur Tat

–> Die Vorstellung des Gehilfen von der Haupttat muss nicht gleichermaßen konkret sein wie die des Anstifters. Es genügt, wenn sie den wesentlichen Unrechtsgehalt der Tat erfasst. Einer Konkretisierung nach Tatobjekt, Tatzeit und Tatort bedarf es nicht.
→ Für den Gehilfenvorsatz reicht es aus, wenn der Wille des Beteiligten darauf gerichtet ist, einem anderen bei einer bestimmten Art von Straftaten zu unterstützen.

421
Q

Was ist die “neutrale Beihilfe”?

A

Jemand nimmt eine an sich berufstypische alltägliche Handlung vor, die allerdings – wie er weiß oder zumindest für möglich hält – im konkreten Fall einem anderen die Begehung einer Straftat ermöglicht oder erleichtert.

422
Q

Problemfälle zur Abgrenzung: der nicht strafbaren Teilnahme an der Selbsttötung von der Tötung auf Verlangen

A

• Fallkonstellation 1: A und E beschließen, durch eine Gasvergiftung gemeinsam aus dem Leben zu scheiden. Während A in der gemeinsamen Wohnung den Gashahn aufdreht, ver-stopft E alle Tür- und Fensterritzen mit feuchten Tüchern. Anschließend legen sich beide auf das Bett. E stirbt; A kann gerettet werden.
E verfügt hier nach hM über die Herrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt, indem sie sich selbst auf das Bett legt statt die Wohnung zu verlassen.

• Fallkonstellation 2: A und E wollen dadurch aus dem Leben scheiden, dass sie bei laufen-dem Motor die Abgase in den Kraftwagen leiten, in dem beide Platz genommen hatten. Wäh-rend E auf dem Beifahrersitz Platz nimmt, setzt sich A auf den Fahrersitz und drückt das Gas-pedal durch. Beide verlieren zeitgleich das Bewusstsein. A kann gerettet werden; E stirbt.

  • Rspr: Die Herrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt liegt bei A, da dieser das Gaspedal durchdrückt.
  • aA: Die Herrschaft über den „point of no return“ liegt bei E, da diese jederzeit aus dem Fahrzeug aussteigen könnte.

• Fallkonstellation 3: Der Arzt A verabreicht dem Patienten P die todbringende Spritze; aller-dings besitzt P für einen gewissen Zeitraum die Möglichkeit ein bereitliegendes Gegengift einzunehmen; diesen Zeitraum lässt er ungenutzt verstreichen.

  • hM: Die Herrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt liegt beim Arzt, da dieser die letzte aktive Ursache setzt.
  • aA: Die Herrschaft über den „point of no return“ liegt beim Patienten, da er durch das Ver-streichenlassen der letzten Möglichkeit zur Erfolgsabwendung sein Leben selbst aus der Hand gibt; das passive Verharren in der Gefahrsituation ist Ausdruck der Tatherrschaft.
423
Q

Auf welche Arten kann die “Teilnahme an der Haupttat” auch “mittelbar” erfolgen?

A
  1. Anstiftung zur Ansitftung –> wegen Anstiftung zur Haupttat bestraft
  2. Beihilfe zur Anstiftung –> wegen Beihilfe zur Haupttat bestraft
  3. Anstiftung zur Beihilfe –> wegen Beihilfe zur Haupttat bestraft
  4. Beihilfe zur Beihilfe –> wegen Beihilfe zur Haupttat bestraft
424
Q

Was bedeuten “besondere persönliche Merkmale”?

A
  1. Bestimmte Delikte enthalten besondere persönliche Merkmale (= besondere persön-liche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände, § 14 I StGB). Für sie ordnet § 28 StGB eine gewisse Akzessorietätslockerung an.
    → Die Strafbarkeit des Teilnehmers richtet sich hier nicht allein nach der vom Täter verwirklichten Straftat, sondern auch danach, inwieweit diese besonderen persönli-chen Merkmale bei ihm vorliegen.
    –> Besondere persönliche Merkmale sind solche, die primär die Persönlichkeit des Betei-ligten charakterisieren
    –> Sie sind zu unterscheiden von den tatbezogenen Merkmalen, die den sachlichen Un-rechtsgehalt der Tat kennzeichnen und für die § 28 StGB nicht gilt.
425
Q

Welche Arten der besonderen persönlichen Merkmale gibt es?

A
  • Die Rechtsfolgen richten sich danach, ob das besondere persönliche Merkmal strafbe-gründend oder strafschärfend/-mildernd/-ausschließend ist.
  1. strafbegründende b.p.M.
  2. strafschärfende/-mildernde b.p.M.
  3. strafausschließende b.p.M.
426
Q

Wann wirkt ein besonderes persönliches Merkmal “strafbegründend” und wo und wie wird die Rechtsfolge geregelt? (gilt auch für strafauschließende b.p.M.)

A

Ein besonderes persönliches Merkmal wirkt strafbegrün-dend, wenn ohne sein Vorliegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes durch den Täter nicht straftatbestandsmäßig ist. Es muss sich also um ein Merkmal eines Grundtatbestandes handeln.
Bsp.: die Amtsträgereigenschaft bei § 331 StGB
Die Rechtsfolgen regelt § 28 I StGB:
→ Der Teilnehmer wird, unabhängig davon ob er selbst das besondere persönliche Merkmal erfüllt, stets aus demselben Delikt bestraft wie der Täter. Insoweit bleibt die Teilnahme hier strikt akzessorisch; eine Verschiebung des Tatbestandes, aus dem der Teilnehmer bestraft wird, erfolgt nicht.
→ Erfüllt der Teilnehmer anders als der Täter das Merkmal nicht, ist allerdings seine Strafe nach § 49 I StGB zu mildern. Es erfolgt also eine Verschiebung des Straf-rahmens, aus dem die konkrete Strafe zu entnehmen ist.

427
Q

Wann wirkt ein besonderes persönliches Merkmal “strafschärfend/-mildernd” und wo und wie wird die Rechtsfolge geregelt?

A

Ein besonderes persönliches Merkmal wirkt strafschärfend bzw. strafmildernd, wenn es in einer Qualifikation oder Privilegie-rung enthalten ist.
Bsp.: die Amtsträgereigenschaft bei der Strafvereitelung im Amt, § 258a StGB (strafschär-fend), die Schwangereneigenschaft in § 218 III StGB (strafmildernd)
Die Rechtsfolgen regelt § 28 II StGB:
→ Es kommt für die Teilnehmerstrafbarkeit immer nur darauf an, ob der Teilneh-mer das besondere persönliche Merkmal erfüllt. Ob es beim Täter vorliegt oder nicht, spielt keine Rolle.
→ Erfüllt der Teilnehmer das besondere persönliche Merkmal, wird er stets aus der Qualifikation bzw. Privilegierung bestraft.
→ Erfüllt der Teilnehmer das besondere persönliche Merkmal nicht, wird er stets nur aus dem Grunddelikt bestraft.
→ Anders als bei den strafbegründenden besonderen persönlichen Merkmalen er-folgt hier also nicht lediglich eine Verschiebung des Strafrahmens, sondern ggf. bereits eine Verschiebung des Tatbestandes, aus dem der Teilnehmer bestraft wird.

428
Q

Was ist bei den Mordmerkmalen der 1. und 3. Gruppe zu beachten und welche Rechtsfolge gem. welcher Norm wird angewendet im Rahmen der Teilnahme an einem Mord?

A

Bei den Mordmerkmalen der 1. und 3. Gruppe handelt es sich nach hM um täterbezoge-ne Merkmale des subjektiven Tatbestandes. Damit stellen sie besondere persönliche Merkmale i.S. des § 28 StGB dar. Für die Rechtsfolgen kommt es nach dem eben Gesagten darauf an, ob sie strafbegründenden oder strafschärfenden Charakter haben. Das hängt nun davon ab, ob man den Mord – wie die Rspr. – als eigenständiges Delikt ver-steht oder ob man ihn – wie wie die hL – als Qualifikation des Totschlags sieht.
→ Stellt der Mord ein eigenständiges Delikt dar, sind die Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe strafbegründender Natur. Anzuwenden ist somit § 28 I StGB.
→ Bildet der Mord eine Qualifikation des Totschlags, sind die Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe strafschärfender Natur. Anzuwenden ist somit § 28 II StGB.
Hinweis: Einer aA zufolge handelt es sich bei den Mordmerkmalen nicht um subjektive Un-rechtsmerkmale, sondern um erst in der Schuld zu prüfende spezielle Schuldmerkmale.
→ Nach dieser Ansicht ist nicht § 28 StGB, sondern § 29 StGB anzuwenden: Jeder Beteiligte wird ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft. Es kommt also für die Teilnehmerstrafbarkeit wiederum nur darauf an, ob der Teilnehmer selbst das Mordmerk-mal erfüllt oder nicht. Im Ergebnis gelangt diese mM über § 29 StGB daher zu denselben Er-gebnissen wie die hL über § 28 II StGB

429
Q

Welche Regeln gelten fürdie Mordmerkmale der 2. Gruppe im Rahmen der Teilnahme?

A

Die Mordmerkmale der 2. Gruppe sind dagegen tatbezogene Merkmale des objektiven Tatbestandes. Für sie gelten deshalb die allgemeinen Teilnahme- und Vorsatzregeln der §§ 26, 27, 15, 16 StGB:
→ Hat der Teilnehmer Kenntnis vom Vorliegen des Mordmerkmals, wird er wegen Teilnahme am Mord bestraft.
→ Hat der Teilnehmer keine Kenntnis vom Vorliegen des Mordmerkmals, unterliegt er insoweit einem Tatumstandsirrtum, § 16 I 1 StGB und wird deshalb nur wegen Teilnahme am Tot-schlag bestraft, den der Täter zugleich mit dem Mord begeht.

→ Nimmt der Teilnehmer nur irrtümlich das Vorliegen eines solchen Mordmerkmals an, kommt es darauf an:
- Ist er Anstifter, wird er bestraft wegen Anstiftung zum Totschlag in Tateinheit mit ver-suchter Anstiftung zum Mord.
Bsp.: T tötet den O in offener Auseinandersetzung, indem er ihn ohne Zufügung unnötiger Schmerzen erschießt. A, der ihn zur Tötung des O bestimmt hat, geht allerdings davon aus, dass er den O mit Benzin übergießt und anschließend anzündet und ihn so zu Tode bringt.
- Ist er Gehilfe, wird er nur bestraft wegen Beihilfe zum Totschlag, da die versuchte Beihilfe (hier: zum Mord) nicht strafbar ist (vgl. § 30 StGB – dazu gleich mehr).
Bsp.: G stellt für T Nachforschungen an, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort dieser den O ungestört töten kann. Dabei geht er davon aus, dass T den O mit Benzin übergießen und anzünden will. Tatsächlich erschießt T den O in offener Auseinandersetzung.

430
Q

Wann sind bestimmte Vorbereitsungshandlungen im Rahmen der Beteiligung bereits strafbar?

A
  1. Gem. § 30 StGB wenn sie auf die Begehung eines Verbrechens abzielen
    → Der Beteiligte macht sich hier strafbar, auch wenn die Haupttat das Versuchsstadium nicht erreicht.
431
Q

Welche Konstellationen gibt es an strafbaren Vorbereitungshandlungen im Rahmen der Beteiligung?

A
  1. versuchte Anstiftung zum Verbrechen
    - -> Der Beteiligte versucht einen anderen an-zustiften, entweder ein Verbrechen zu begehen, § 30 I Var. 1 StGB, oder seinerseits einen Dritten zur Begehung eines Verbrechens zu bestimmen (versuchte Kettenanstiftung), § 30 I Var. 2 StGB.
  2. Sich-Bereiterklären zum Verbrechen
    - -> Der Beteiligte erklärt sich gegenüber einem anderen bereit, ein Verbrechen zu begehen, § 30 II Var. 1 StGB. Ein Zugang der Erklärung ist dabei nach hM nicht erforderlich.
  3. Annahme des Erbietens zum Verbrechen
    - -> Der Beteiligte nimmt das Angebot eines anderen, ein Verbrechen zu begehen, an, § 30 II Var. 2 StGB.
  4. Verabredung zum Verbrechen
    - -> Der Beteiligte verabredet mit einem anderen, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, § 30 II Var. 3 StGB.
432
Q

Was ist eine “Verbrechensverabredung” und wann ist sie erfüllt?

A

Die Verbrechensverabredung bildet eine Vorstufe zur Mittäterschaft. Sie ist daher nur erfüllt, wenn mindestens zwei Personen fest vereinbaren, ein Verbrechen mittäter-schaftlich zu begehen.
→ Die Zusage zu einer bloßen Verbrechensbeihilfe erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 30 II Var. 3 StGB (und ist, da sie auch nicht unter Var. 1 fällt, nicht strafbar).
–> Gleiches gilt für die bloße Beihilfe zur Verbrechensverabredung

–> Will nur einer der Beteiligten die Tat ernsthaft, d.h. erklärt der andere seine Bereit-schaft zur gemeinsamen Tatbegehung nur zum Schein, liegt keine Vereinbarung vor. In Betracht kommt dann nur eine Strafbarkeit nach § 30 II Var. 1 wegen des Sich-Bereiterklärens zur Begehung eines Verbrechens.
Zwar fallen hierunter typischerweise solche Fälle, in denen eine Person einem ande-ren anbietet, als alleiniger Täter eine Straftat für ihn zu begehen, doch beinhaltet auch der Vorschlag einer gemeinsamen Tatbegehung durchaus die Erklärung, zur Bege-hung eines Verbrechens bereit zu sein (a.A. vertretbar).

433
Q

Wo ist der Rücktritt vom Versuch der Beteiligung geregelt und was enthält er?

A
  1. § 31 ebenso wie § 24 StGB

- -> Enthält einen persönlichen Strafaufhebungsgrund

434
Q

Wann kommt ein persönlicher Strafaufhebungsgrund beim “Rücktritt vom Versuch der beteiligung” nur in Betracht?

A

wenn
- die Tat das Versuchsstadium nicht erreicht, also das Geschehen insgesamt im Vorbe-reitungsstadium stecken bleibt,
- oder die Tat zwar begangen wird (also mindestens das Versuchsstadium erreicht), jedoch unabhängig vom früheren Verhalten des Betreffenden, so dass sie ihm nicht mitzugerechnet werden kann.
→ Sobald die Tat das Versuchsstadium erreicht und der frühere Beitrag des Beteiligten dafür mitursächlich ist, scheidet ein Rücktritt nach § 31 StGB aus; möglich ist hier nur ein Rücktritt nach § 24 StGB.

435
Q

Wann ist Fahrlässigkeit nur strafbar?

A

Fahrlässiges Verhalten ist gem. § 15 StGB nur dann strafbar, wenn es im Gesetz aus-drücklich mit Strafe bedroht ist.

436
Q

Welche Grade der Fahrlässigkeit unterscheidet das StGB?

A
  1. “Einfache Fahrlässigkeit” –> Sie erfasst jedes sorgfaltswidrige Verhalten, das in vor-hersehbarer Weise eine Rechtsgutsverletzung bewirkt.
  2. “Leichtfertigkeit” –> Sie erfasst nur solche Verhaltensweisen, die die gebotene Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzen und bei denen sich die Gefahr der Rechtsguts-verletzung geradezu aufdrängt
437
Q

Wann bedarf es einfacher Farhlässigkeit und wann Leichtfertigkeit?

A

Grds. genügt die einfache Fahrlässigkeit, sofern nicht das Gesetz Leichtfertigkeit verlangt (z.B. beim Subventionsbetrug in § 261 IV StGB und insb. in zahlreichen erfolgsqualifi-zierten Delikten wie dem Raub mit Todesfolge, § 251 StGB).

438
Q

Wie ist Fahrlässiges Handeln möglich?

A
  1. Bewusst

2. Unbewusst

439
Q

Was bedeutet bewusste und was unbewusste Fahrlässigkeit?

A
  1. unbewusste Fahrlässigkeit: Der Täter übersieht, dass sein Verhalten zu einer Rechtsgutsverletzung führen kann.
  2. bewusste Fahrlässigkeit: Der Täter erkennt die Möglichkeit der Rechtsgutsverlet-zung durch sein Verhalten, vertraut aber pflichtwidrig darauf, dass sie ausbleiben wird (hM).
440
Q

Wo besteht der Unterschied von (bewusster) Fahrlässigkeit und vorsätzlichem Handeln?

A

dass der Täter gerade kei-nen Willen zur Tatbestandsverwirklichung besitzt.
→ Der Handlungsunwert der Fahrlässigkeitstat liegt nicht in einem auf die Verwirkli-chung von Unrecht gerichteten Vorsatz, sondern in der Verletzung der Sorgfalts-pflicht. Deshalb enthält das Fahrlässigkeitsdelikt nach hM keinen subjektiven Tatbe-stand.
→ Da für den Versuch der Wille zur Tatbestandsverwirklichung gerade konstitutiv ist, kann es keinen fahrlässigen Versuch bzw. keine versuchte Fahrlässigkeit geben.

441
Q

Wie wird im Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte unterschieden bei Täterschaft und Teilnahme unterschieden, bzw. welche Besonderheit gibt es hier zu beachten?

A

Im Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte wird nicht zwischen Täterschaft und Teilnahme unterschieden. Vielmehr gilt jeder, der in sorgfaltswidriger und objektiv zurechenbarer Weise eine Ursache für den tatbestandlichen Erfolg setzt, als Täter – sog. Einheitstäter-prinzip.
→ Der fahrlässig Handelnde kann zwar nicht Teilnehmer an einer Vorsatztat sein; es gibt keine fahrlässige Teilnahme. Er kann aber ohne weiteres als Nebentäter neben dem Vorsatztäter haften.

442
Q

Wer handelt objektiv sorgfaltswidrig?

A

wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. § 276 II BGB).

443
Q

Wie bestimmen sich maß und Art der erforderlichen Sorgfalt im Rahmen der “objektiven Sorgfaltswidrigkeit” und aus welchen Anforderungen können sie sich ergeben?

A

Art und Maß der erforderlichen Sorgfalt bestimmen sich nach hM gemäß den Anforde-rungen, die ein besonnener und gewissenhafter Mensch in der konkreten Lage und der sozialen Rolle des Täters bei einer Betrachtung der Gefahrenlage ex ante zu erfül-len hat (also etwa der ordentliche Arzt, Architekt, Autofahrer, Bademeister, Betreiber einer Fabrik, Fußgänger, Hundehalter). Diese Anforderungen können sich ergeben aus:

  1. Geschriebene Sonderregelungen die bestimmte Verhaltensmaßstäbe festlegen
  2. ungeschriebene Verkehrsgepflogenheiten
444
Q

Was bedeuten “ungeschriebene Verkehrsgepflogenheiten” für die objektive Sorgfaltswidrigkeit?

A

(z. B. der Stand der Technik, die Regeln der ärztlichen Kunst). Allgemein gilt hier:
- Je größer Schadensrisiko und drohender Schadensumfang sind, umso mehr Sicherheitsvorkehrungen muss man treffen bzw. umso eher muss man auf die Vor-nahme der gefährlichen Handlung ganz verzichten.
- Tätigkeiten, denen man mangels Sachkunde nicht gewachsen ist, darf man (von Notfällen abgesehen) nicht übernehmen (Übernahmefahrlässigkeit).

445
Q

Was bedeutet, dass aus der bloßen Gefährlichkeit einer Handlung noch nicht ihre Sorgfaltswidrigkeit folgt?

A

Wegen ihres sozialen Nutzens werden zahlreiche riskante Handlungen (z.B. die Teil-nahme am Straßenverkehr) akzeptiert.
→ Genügt eine solche Handlung dem für sie üblichen Sorgfaltsstandard, bewegt sich der Handelnde innerhalb des erlaubten Risikos und verhält sich somit nicht sorgfalts-widrig.

446
Q

Was besagt der “Vertauensgrundsatz” und was bedeutet er für die Fahrlässigkeit?

A

Eine Begrenzung der Sorgfaltspflichten (insb. für den Bereich des Straßenverkehrs) ent-hält der sog. Vertrauensgrundsatz.
→ Wer sich selbst verkehrsgerecht verhält, darf grds. auch auf ein verkehrsgerechtes Handeln der anderen Verkehrsteilnehmer vertrauen – sofern nicht ausnahmsweise konkrete Anhaltspunkte dagegen sprechen.

447
Q

Was ist bei “der Festlegung der Sorgfaltsanforderungen” zu beachten?

A

Nach hM ist bei der Festlegung der Sorgfaltsanforderungen der generalisierende Sorg-faltsmaßstab um ein etwaiges Sonderwissen oder Sonderkönnen des Täters, das über das Wissen und Können der gedachten Durchschnittsperson aus dem gedachten Ver-kehrskreis des Täters hinausgeht, zu ergänzen. Die Generalisierung von Sorgfaltsanfor-derungen soll nämlich nur verhindern, allgemein zu hohe Anforderungen zu stellen, je-doch niemanden davon befreien, das ihm mögliche Optimum zur Gefahrverhütung zu leisten.

448
Q

Welche Besonderheit gilt bei Fahrlässigkeitsdelikten für die objektive Zurechnung im Gegensatz zu Vorsatzdelikten?

A
  1. Das Wesen der Sorgfaltspflichtverletzung besteht in der Schaffung oder Erhöhung einer rechtlich missbilligten Gefahr.
    → Hat man die Sorgfaltspflichtverletzung bejaht, braucht man diesen Punkt in der ob-jektiven Zurechnung nicht nochmals anzusprechen
  2. Gegenstand der Sorgfaltspflicht ist die Vermeidung vorhersehbarer Rechtsguts-verletzungen. Die Vorhersehbarkeit des Erfolges ist somit mit der Sorgfaltspflicht in-tern verknüpft und deshalb bereits bei der Sorgfaltspflichtverletzung zu thematisieren.
    → Auch dieser Punkt braucht in der objektiven Zurechnung nicht mehr erörtert zu werden.
449
Q

Welche Punkte sind von besonderer Bedeutung für die Zurechenbarkeit bei der “objektiven Zurechnung”?

A
  1. Der Schutzzweckzusammenhang
  2. Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang
  3. Die Berücksichtigung der Verantwortungsbereiche
450
Q

Was bedeutet der “Schutzzweckzusammenhang” im Rahmen des Fahrlässigkeitsdelikts?

A

Der Erfolg ist objektiv nur zurechenbar, wenn er in den Schutzbereich der verletzten Sorgfaltsnorm fällt

451
Q

Was sind zwei besondere Problemfälle des Schutzzweckzusammenhangs?

A
  1. “Spätfolgen”
    - -> Infolge der fahrlässig herbeigeführten Verletzung bleibt beim Opfer ein Schaden zurück, der dessen Lebensrisiken erhöht. Dieser Schaden wird zu einem späteren Zeitpunkt ursächlich für einen weiteren Verletzungserfolg.
    - -> Solche Spätfolgen sind vom Schutzzweck nicht erfasst, da sie zum – nunmehr erhöhten – allgemeinen Lebensrisiko des Opfers gehören.
  2. “Schockschäden”
    - -> Die Benachrichtigung über die fahrlässig herbeigeführte Verletzung des Opfers führt bei einem Angehörigen zu einem Schock, der seinerseits eine körperliche Verlet-zung verursacht.
    - -> Auch Schockschäden sind vom Schutzzweck nicht erfasst, da die Sorgfaltspflichten nur das Opfer vor Verletzungen, nicht aber dessen Angehörige vor den Folgen seelischer Erschütte-rungen bewahren sollen.
452
Q

Was bedeutet der “Pflichtwidrigkeitszusammenhang” im Rahmen des Fahrlässigkeitsdelikts?

A

Der Erfolg ist objektiv nur zurechenbar, wenn er bei rechtmäßigem Alternativverhalten nicht eingetreten wäre.

453
Q

Ist der Erfolg beim Fahrlässigkeitsdelikt objektiv zurechenbar, wenn er in den alleinigen Verantwortungsbereich eines andere fällt?

A

Nein!

454
Q

Wie lässt sich die Zurechnung bei Fahrlässigkeitsdelikten nach Verantwortungsbereichen Abgrenzen und wie werden sie behandelt?

A
  1. “Eigenverantwortliche Selbstgefährdung” –>
    Die Zurechenbarkeit entfällt, wenn das Opfer sich aus freien Stücken selbst gefährdet, es also selbst die Gefährdungsherrschaft besitzt. Dagegen bleibt der Gefahrenzusammenhang nach hM bestehen, wenn sich das Opfer lediglich einer Gefahr aussetzt, die ihm durch das Handeln eines ande-ren droht, die Gefährdungsherrschaft also bei diesem anderen liegt – einverständli-che Fremdgefährdung.
  2. “Freiverantwortliche Selbsttötung” –> Wer fahrlässig an einer Selbsttötung mitwirkt, macht sich ebenso wenig strafbar wie derjenige, der sich an einer solchen vorsätzlich beteiligt. Die Eigenverantwortlichkeit des Suizidenten sperrt wiederum die Zurech-nung des Todes.
    Vertiefungshinweis: Besondere Probleme werfen die Fälle auf, in denen einerseits nicht der Sterbewillige, sondern ein anderer die unmittelbar lebensbeendende Handlung vollzieht, an-dererseits aber der Sterbewillige diese Handlung mittels einer Täuschung lenkt.

Bsp.: Der sterbewillige, schwer kranke M reicht seiner Frau F eine mit Gift gefüllte Spritze un-ter der Vorspiegelung, diese enthalte seine Medizin. Nichts ahnend verabreicht F dem M das Gift, worauf dieser sofort verstirbt. Aufgrund vorangegangener Bemerkungen des M hätte F diese Gefahr allerdings erkennen können.
- Umkehrschlusslösung (hM): Der Beteiligte macht sich nicht nach § 222 StGB strafbar, wenn seine Handlung als vorsätzliche gedacht eine nicht strafbare Teilnahme am Suizid wäre. Dann ist er umgekehrt wegen fahrlässiger (Fremd-)Tötung zu bestrafen, wenn sein Verhalten als vorsätzliches gedacht nicht straflos wäre, sondern eine Tötung auf Verlangen nach § 216 StGB darstellen würde.
→ Hätte der Beteiligte vorsätzlich gehandelt, wäre sein Tun als Tötung auf Verlangen zu bewerten. Damit wirkt er nicht an einer Selbsttötung mit, sondern begeht fahrlässig ei-ne Fremdtötung.
→ F hätte sich somit wegen fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB strafbar gemacht.
Kritik: Anders als im Falle des hypothetisch angenommenen vorsätzlichen Handelns des Beteiligten liegt die Herrschaft über das Geschehen hier nicht allein bei ihm, sondern kraft Irrtumsherrschaft auch beim Sterbewilligen.
- Lösung der mittelbaren Täterschaft: Aufgrund seiner Irrtumsherrschaft begeht der Sterbewillige eine Selbsttötung in „mittelbarer Täterschaft“ durch den Beteiligten als sein Werkzeug. Der tatbestandliche Erfolg kann dem Beteiligten deshalb nach dem Eigenver-antwortlichkeitsprinzip nicht zugerechnet werden.
→ Der Beteiligte ist als Werkzeug des Sterbewilligen nicht Täter einer nach § 222 StGB strafbaren Fremdtötung, sondern lediglich Mitwirkender einer Selbsttötung und bleibt deshalb straffrei.
→ F bliebe somit straffrei.
Weitere Bsp.: Der sterbewillige Ehemann täuscht seiner Frau durch Vorzeigen des leeren Magazins vor, dass sich in seiner Pistole keine Patrone befindet und fordert sie dann auf, auf seinen Kopf zu zielen und abzudrücken. Die Frau folgt der Aufforderung ihres Gatten, weil sie – wie von ihm geplant – die im Lauf befindliche Patrone aus Unachtsamkeit übersieht, und er-schießt somit ihren Mann. Das OLG Nürnberg ist in diesem Fall der Umkehrschlusslösung ge-folgt.
Ein Zivildienstleistender betreut einen bewegungsunfähigen Schwerstbehinderten. Von die-sem wird er eines Mittags in Sterbeabsicht überredet, ihn nackt in zwei Müllsäcke zu verpa-cken, ihm – bis auf eine kleine Öffnung – den Mund mit Klebeband zu verschließen und ihn bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in einen Müllcontainer zu legen. Dabei versichert der Sterbewillige dem Zivildienstleistenden wahrheitswidrig, er habe dies schon häufiger ge-macht und seine Bergung aus dem Container am Nachmittag sei gewährleistet. Der Schwerst-behinderte stirbt durch Ersticken, möglicherweise in Kombination mit Unterkühlung. Der BGH hat in diesem tragischen Fall die rechtliche Behandlung einer Selbsttötung durch ein menschliches Werkzeug offen gelassen, weil er – m.E. freilich unzutreffend – die Vorausset-zungen für eine mittelbare Täterschaft als nicht erfüllt angesehen hat.

  1. “Eigenverantwortliches Dazwischentreten Dritter” –> Die Zurechenbarkeit entfällt nach hM ebenfalls, wenn ein Dritter vorsätzlich oder fahrlässig in das Geschehen ein-greift und durch diese Zweithandlung eine völlig neue Gefahr schafft, die sich dann im Erfolg realisiert. Anders verhält es sich dagegen, wenn das Verhalten des Dritten spe-zifisch mit der Ausgangsgefahr verbunden ist.
455
Q

Ist bei Fahrlässigkeitsdelikten eine Einwilligung möglich?

A

Nach hM ja

Jedoch müssen die Einwilligungsregeln modifiziert werden

456
Q

Wie müssen die Einwilligungsregeln bei Fahrlässigkeitsdelikten modifiziert werden?

A
  1. Eine Billigung des tatbestandlichen Erfolges (die im Bereich der Fahrlässigkeitsde-likte kaum einmal vorliegen dürfte, da i.d.R. auch das Opfer auf das Ausbleiben des Er-folges vertrauen wird), ist hier nicht erforderlich.
  2. Es genügt, wenn das Opfer in die Gefährdung seiner Rechtsgüter einwilligt (Fall der einverständlichen Fremdgefährdung) – sog. Risikoeinwilligung.
457
Q

Wann ist die Einwilligung bei Fahrlässigkeitsdelikten aufgrund der zu beachtenden “Verfügungsbefugnis” nicht mglich?

A
  • Nach hM. wegen der Wertungen der §§ 216, 228 StGB
    1. konkrete Lebensgefahr –> (freilich stellt nicht jede Gefahr, die sich in einem tödli-chen Ausgang realisiert, eine konkrete Lebensgefahr dar – z.B. i.d.R. nicht die Trun-kenheitsfahrt, die infolge eines trunkenheitsbedingten Unfalls für den einwilligenden Beifahrer tödlich endet)
  1. Die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung
    - -> In seiner Straßenrennen- Entscheidung hat der BGH angenommen, dass ein sol-ches Straßenrennen mit einer konkreten Lebensgefahr verbunden ist, so dass eine Billigung durch das Opfer keine rechtfertigende Kraft besitzt.
458
Q

Wer handelt im Rahmen der Fahrlässigkeitsdelikte subjektiv sorgfaltswidrig?

A

wer nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fä-higkeiten imstande ist, die objektive Sorgfaltspflicht zu erkennen, danach zu handeln und den Erfolgseintritt vorherzusehen.

459
Q

Welche Fälle gelten als Fälle der “fahrlässigen a.l.i.c.”?

A
  1. Der Täter versetzt sich nur fahrlässig und nicht vorsätzlich in den Zustand der Schuldunfähigkeit, oder
  2. er bedenkt beim Sich-Versetzen in den Zustand der Schuldunfähigkeit zwar fahrläs-sig nicht, dass er in diesem Zustand eine Straftat begehen wird, hat jedoch diesbezüg-lich keinen Vorsatz, oder
  3. die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangene Tat ist lediglich eine Fahrlässig-keitstat und keine Vorsatztat
460
Q

Bedarf es der umstrittenen a.l.i.c. bei der fahrlässigen a.l.i.c. um den Täter aus fahrlässigem Erfolgsdelikt zu bestrafen?

A
  1. Nach hM. Nicht!

→ Gegenstand des strafrechtlichen Vorwurfs bei fahrlässigen Erfolgsdelikten ist jedes Verhalten, das in Bezug auf den tatbestandsmäßigen Erfolg sorgfaltswidrig ist und diesen ursächlich herbeiführt.
→ Kommen mehrere Handlungen als sorgfaltswidrige Tathandlung in Betracht, kann der Fahrlässigkeitsvorwurf nicht nur an das zeitlich spätere Verhalten, sondern eben-so gut an das zeitlich frühere Verhalten, also hier das Sich-Berauschen, angeknüpft werden. Die zeitliche Grenze des § 22 StGB hinsichtlich des Beginns der Tathandlung gilt beim Fahrlässigkeitsdelikt nicht.

461
Q

Woraus setzen sich Erfolgsqualifizierte Delikte zusammen?

A
  1. Vorsatzteil
    - -> bestimmtes Grunddelikt vorsätzlich verwirklichen
  2. Fahrlässigkeitsteil
    - -> Durch diese Tat muss er dann zugleich wenigstens fahrlässig (vgl. § 18 StGB) eine besondere Folge verursachen (i.d.R. den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädi-gung). Grds. genügt dabei die einfache Fahrlässigkeit. Einige Erfolgsqualifikationen verlangen hier allerdings Leichtfertigkeit (z.B. der Raub mit Todesfolge, § 251 StGB).
462
Q

Wie lässt sich die signifikant höhere Strafe von Erfolgsqualifikationen legitimieren?

A

Nach hM. nur, wenn über die bloße Ursächlichkeit und Fahrlässigkeit hinaus zwischen der Begehung des Grunddelikts und der schweren Folge auch ein spe-zifischer Gefahrenzusammenhang besteht.

463
Q

Was bedeutet der spezifische Gefahrenzsuammenhang zwischen Grunddelikt und der schweren Folge bei Erfolgsqualifikationen?

A

→ Der konkreten Tatbestandsverwirklichung muss gerade die spezifische Gefahr anhaf-ten, die besondere Folge zu bewirken, und eben diese Gefahr hat sich dann auch kon-kret zu realisieren.

464
Q

Was bedeutet die “versuchte Erfolgsqualifikation” und woraus folgt sie?

A

Der Täter hat bei Begehung des Grunddelikts auch Vorsatz hinsichtlich der Verwirklichung der besonderen Folge; ihr Eintritt bleibt jedoch aus.
–> Folgt aus § 18 StGB: Umkehrschluss dass Täter wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fallen muss hisnichtlich der besonderen Folge, sodass sie auch vorsätzlich verwirklicht werden kann

465
Q

Was bedeutet der “erfolgsqualifizierte Versuch”?

A

Das Grunddelikt wird nicht vollendet; der Täter führt die besondere Folge indes bereits durch sein unmittelbares Ansetzen herbei.
–> Gem. § 11 II StGB sind Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen wie vorsätzliche Ta-ten zu behandeln, so dass nach hM auch ein erfolgsqualifizierter Versuch (zumindest bei Strafbarkeit des Versuchs des Grunddelikts) möglich ist.

466
Q

Wie ist der Rücktritt von “der versuchten Erfolgsqualifikation” möglich?

A

Nach hM ist der Rücktritt unter den Voraussetzungen des § 24 StGB hier unproblematisch möglich, und zwar unab-hängig davon, ob das Grunddelikt sich noch im Versuchsstadium befindet oder be-reits vollendet ist (so dass der Täter von diesem freilich nicht mehr zurücktreten kann).

467
Q

Wie ist der Rücktritt vom “erfolgsqualifizierten Versuch” möglich?

A

Nach hM bleibt der Rücktritt trotz Eintritt der besonderen Folge auch hier möglich:
–> Der Täter kann, solange der tatbestandliche Erfolg noch nicht eingetreten ist, gem. § 24 StGB vom Grunddelikt zurücktreten.
–> Da indes die Erfolgsqualifikation das Vorliegen des zumindest versuchten Grund-delikts voraussetzt, muss nach hM der Rücktritt vom Versuch des Grunddelikt auch auf die Erfolgsqualifikation durchschlagen. (Hier ist allerdings auch eine aA ver-tretbar: Da der Rücktritt lediglich einen nachträglichen Strafaufhebungsgrund dar-stellt, lässt er das Vorliegen des versuchten Grunddelikts als solches unberührt.
Damit bleibt die Basis für die Erfolgsqualifikation – die Verwirklichung des Grund-delikts zumindest in Form des strafbaren Versuchs – bestehen. Tritt nun aber die besondere Folge ein, ist ein Rücktritt vom erfolgsqualifizierten Versuch nicht mehr möglich.)

468
Q

Wann liegt “verlust der Fortpflanzungsfähigkeit” iSd. § 226 StGB vor?

A
  1. Es genügt, dass sie potenziell besteht; es kommen also auch Kinder als Opfer in Betracht.
  2. Die Fortpflanzungsfähigkeit besteht nicht mehr bei Frauen nach dem Klimakterium; bei älteren Männern ist je nach dem Einzelfall zu entscheiden.
469
Q

Bedeutung eines “Glieds” im Rahmen “des Verlusts oder die dauernde Gebrauchsunfähigkeit wichtiger Körperteile” gem. § 226 StGB?

A

Unter einem Glied versteht man ein Körperteil mit abgeschlossener Funktion und besonderer Funktion im Gesamtorganismus. Nach hM muss dieser Körperteil zu-dem auch nach außen in Erscheinung treten, d.h. innere Organe wie etwa Niere und Milz werden nicht erfasst.

470
Q

Bedeutung “Wichtigkeit eines Körperglieds” gem. § 226 StGB?

A

Wichtig ist ein Körperglied, wenn sein Verlust zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Körpers in seinen regelmäßigen Verrichtungen führt.

471
Q

Wann gilt der “Verlust” eines wichtigen Glieds gem. § 226 StGB?

A

Als verloren gilt das wichtige Glied, wenn es vom Körper völlig abgetrennt und nicht wieder erfolgreich angefügt wurde.
→ Der Ersatz durch eine Prothese hebt den Verlust nicht auf.

472
Q

Wann besteht eine “dauernde Gebrauchsunfähigkeit” gem. § 226 StGB?

A

Eine dauernde Unbrauchbarkeit liegt vor, wenn das Glied seine Funktion auf unabsehbare Zeit eingebüßt hat.
–> Nicht ausreichend ist allerdings eine bloße Funktionsbeeinträchtigung.

473
Q

Wann gilt eine Person iSv. § 226 StGB als “erheblich Entstellt”?

A

Eine Person gilt als erheblich entstellt, wenn ihr äußeres Erscheinungsbild durch eine körperliche Verunstaltung so wesentlich beeinträchtigt wird, dass sie dadurch beträchtliche psychische Nachteile im Verkehr mit anderen zu gewärtigen hat.
–> Verschlechterung auch bei hässlichem Mensch noch möglich

474
Q

Braucht die “erhebliche Entstellung” gem. § 226 StGB stets sichtbar zu sein?

A
  • Nein
    → Dass die Entstellung gewöhnlich durch Kleidung verdeckt ist, spielt keine Rolle; es genügt, wenn sie auch nur zeitweise den Blicken anderer preisgegeben wird.
    –> Narben sind restriktiv auszulegen und oft nicht erheblich
475
Q

Dauerhaftigkeit einer “erheblichen Entstellung” gem. § 226 StGB gegeben, wenn sich die Entstellung durch einen zumutbaren kosmetischen Eingriff beseitigen lässt?

A

Die frühere Rspr. hat das bejaht. Nach der entgegengesetzten neueren Rspr. zu § 226 I Nr. 1, 2 muss das dagegen wohl verneint werden.
–> Die bloße Verdeckbarkeit im Alltag – etwa durch Perücken, künstliche Augen o.ä. – beseitigt die Dauerhaftigkeit hingegen nicht.

476
Q

Auf welche Weisen kann man eine Straftat verwirklichen?

A
  1. Aktives Tun

2. bloßes Untätigbleiben = Unterlassen

477
Q

Welche Arten des Unterlassungsdelikts werden unterschieden?

A
  1. Echtes Unterlassungsdelikt –> Spezielle Strafvorschriften die selbst ein bestimmtes Unterlassen unter Strafe stellen
  2. unechte Unterlassungsdelikte –> Nach § 13 StGB kann allerdings jedes Erfolgs-delikt auch durch ein Unterlassen verwirklicht werden, wenn der Täter eine Garan-tenstellung, d.h. eine Rechtspflicht zur Erfolgsabwendung hat.
    → Das unechte Unterlassungsdelikt bildet das Spiegelbild des Begehungsdelikts.
478
Q

Welche Möglichkeit besteht bei einem Unterlassungsdelikt?

A

–> Die Möglichkeit einer Strafmilderung gem. § 13 II StGB

479
Q

Was setzt das “Unterlassen” begrifflich voraus?

A

Unterlassende müsste handeln können, statt untätig zu bleiben.
–> Verfügen über eine physisch-reale Möglichkeit die zur Erfolgsabwendung erforderlichene Handlung auch zu vollziehen
→ Vermag der Täter die gebotene Rettungshandlung etwa wegen der räumlichen Ent-fernung oder mangels persönlicher Fähigkeiten nicht vorzunehmen, liegt schon kein tatbestandsmäßiges Unterlassen vor.

480
Q

Was bedeutet eine Garantenstellung?

A

Nur derjenige kann sich gem. § 13 I StGB strafbar machen, der “rechtlich dafür einzustehen hat”, dass der Erfolg nicht eintritt, der also eine rechtlich begründete Garantenstellung innehat.
–> rein moralische Beistandspflichten reichen nicht aus

481
Q

Welche Grundtypen lassen sich nach hM. an Garantenstellungen unterscheiden?

A
  1. Die Beschützergarantenstellung –> Obhutspficht für ein bestimmtes Rechtsgut und müssen dieses vor allen oder zumindest gewissen Gefahren schützen
    - -> keine Gefahr von außen nach innen
  2. Die Überwachungsgarantenstellung –> Verantwortung für eine bestimmte Gefahrenquelle: keine fremden Rechtsgüter dürfen von dieser Quelle geschädigt werden
    - -> keine Gefahr von innen nach außen
482
Q

Woraus können Beschützergarantenstellungen entstehen?

A
  • aus familiärer Verbundenheit
  • aus enger persönliche Lebensbeziehung
  • aus Gefahrengemeinschaft
  • aus tatsächlicher Übernahme
  • aus Amtsträger- oder Organstellung
483
Q

Woraus können Überwachungsgarantenstellungen entstehen?

A
  • aus Verkehrssicherungspflicht
  • aus Aufsichtspflicht
  • aus vorangegangenem gefährlichen Tun (Ingerenz)
484
Q

Bleibt eine Garantenstellung der Eltern bei erwachsenen, ausgezogenen Kindern bestehen?

A

Nach hM. ja, soweit die Beziehungen intakt bleiben und die Kinder auf die Hilfe der Eltern angewiesen sind
–> Ebenso Großeltern

485
Q

Haben Kinder ihren Eltern gegenüber eine Garantenstellung?

A
  1. Soweit sie die nötige Reife besitzen und eine intakte Beziehung besteht, Ja.
486
Q

Haben Geschwister gegenseitig eine Beschützergarantenstellung inne?

A

So lange sie in einer häuslichen Gemeinschaft miteinander Leben, Ja.

487
Q

Sind Ehegatten sich gegenseitig Beschützergaranten?

A

ja.
Im Hinblick auf das Ende dieser Schutzpflicht gilt nach hM Folgendes:
–> Die Garantenstellung erlischt nicht erst mit der Auflösung der Ehe, sondern be-reits dann, wenn sich der eine Ehegatte von dem anderen in der ernsthaften Absicht getrennt hat, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder herzustel-len. Dabei setzt eine solche Trennung nicht zwingend den Auszug aus dem ge-meinsamen Haus bzw. der gemeinsamen Wohnung voraus.
–> Dagegen besteht die Garantenstellung fort, solange sich die Ehe lediglich in einer Krise (bis hin zur bloß vorübergehenden Trennung) befindet.

488
Q

Ergibt sich aus einer “engen persönlichen Lebensbeziehung” eine Beschützergarantenstellung?

A

Ja, –> muss veregleichbar mit einer familiären Verbundenheit sein
zB. langjährige Liebesbeziehung
–> Das bloße Zusammenwohnen in einer häuslichen Gemeinschaft genügt dafür aller-dings nicht.
Bsp.: Studenten-WG

489
Q

Begründet eine Gefahrengemeinschaft gegenseitig Beschützergaranten?

A

Ja, wenn sie sich gerade zum Zweck des gegenseitigen Beistands zusammenschließen
–> Bergsteiger- oder Tauchergemeinschaft
–> Das gilt dagegen nicht für bloße Zufallsgemeinschaften, denen diese Zwecksetzung fehlt.
Bsp.: Überlebende eines Flugzeugabsturzes, Besucher einer „Flatrate-Trinkparty“

490
Q

Besteht eine Beschützergarantenstellung aus tatsächlicher Übernahme?

A

Ja –> Ärzte, Babysitter, Bergführer etc.

491
Q

Können Amtsträger und Organe eine Beschützergarantenstellung begründen?

A

Staatliche Amtsträger können i.R. ihrer Zuständigkeiten besondere Schutzpflichten treffen. Gleiches gilt für Organe juristischer Personen des Privatrechts.
Bsp.: Polizeibeamte, der GmbH-Geschäftsführer

492
Q

Begründen “Verkehrssicherungspflichte Personen” eine Überwachungsgarantenstellung?

A

Verkehrssicherungspflichtige Personen haben dafür Sorge zu tragen, dass die ihrem Herrschaftsbereich unterstehenden Sachen, Anlagen oder Einrichtungen niemanden schädigen.
Bsp.: Der Hausbesitzer, der sich pflichtwidrig nicht um sein Dach kümmert, haftet strafrecht-lich, wenn ein Ziegel vom Dach herunterfällt und einen Passanten verletzt.
Bsp.: Der Hundebesitzer, der seinen Hund nicht anleint, haftet strafrechtlich, wenn der Hund einen anderen beißt. (Anders soll es sich hier allerdings verhalten, wenn der Hund bislang noch nie jemanden angegriffen hat.)

493
Q

Begründet eine “Aufsichtspflicht” eine Überwachungsgarantenstellung?

A

Im Normalfall ist niemand Überwachungsgarant dafür, dass ein anderer keine Straftat begeht. Anders verhält es sich nur, wenn ein besonderes Auf-sichtsverhältnis besteht.
 Bestimmte Personen sind für ihre Handlungen (noch) nicht (voll) verantwortlich und bedürfen deshalb der Beaufsichtigung.
Bsp.: Eltern im Verhältnis zu ihren Kindern, Lehrer im Verhältnis zu ihren Schülern
 Auch voll verantwortlich handelnde Personen können ausnahmsweise der Aufsicht eines anderen unterstellt sein
Bsp.: Fahrlehrer im Verhältnis zu ihren Fahrschülern, Aufseher in der JVA im Verhältnis zu den Strafgefangenen

494
Q

Was begründet eine “Geschäftsherrenhaftung”?

A
  1. EIne Überwachugnsgarantenstellung
  2. Nach hM gilt dies wegen der betrieblichen Organisationsherrschaft und Wei-sungsmacht auch für den Betriebsinhaber im Hinblick auf dessen Betriebsangehörige – sog. Geschäftsherrenhaftung.
  3. Voraussetzung für die Geschäftsherrenhaftung ist allerdings, dass der Mitarbeiter im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben tätig wird. Keine Verhinderungs-pflicht besteht deshalb bei Straftaten, die der Mitarbeiter lediglich bei Gelegenheit seiner beruflichen Tätigkeit begeht
  4. Keine Überwachungspflicht gibt es dagegen unter Eheleuten.
495
Q

Wird ein Überwachungsgarant durch “Ingerenz” begründet?

A

Wer durch sein vorangegangenes Verhalten die nahe Gefahr eines Schadenseintritts geschaffen hat, ist zur Abwendung des drohenden Erfolges ver-pflichtet. Das gilt jedenfalls dann, wenn dieses gefahrbegründende Verhalten objek-tiv pflichtwidrig war (z.B. der Autofahrer, der infolge eigener Unachtsamkeit einen anderen anfährt und damit lebensgefährlich verletzt).
–> Wer sich völlig verkehrsgerecht verhält, ist dagegen im Normalfall nicht Garant aus Ingerenz.

496
Q

Welche Fallkonstellationen sind problematisch in Hinblick auf das Pflichtwidrigkeitserfordernis im Rahmen der Garantenstellung aus Ingerenz?

A
  1. Notwehr –> Die Verletzung des Angreifers in Notwehr begründet nach hM keine Ga-rantenstellung aus Ingerenz. Es widerspräche dem Sinn des Notwehrrechts, den Verteidiger zum Garanten des Angreifers zu machen. Zudem würde der Angreifer besser geschützt als jeder ohne eigenes oder fremdes Verschulden Verunglückte.
  2. Aggressivnotstand –> Anders verhält es sich dagegen nach hM bei der Verletzung eines anderen im Aggressivnotstand. Wer die Solidarität eines anderen in An-spruch nimmt, um eine Gefahr von sich abzuwenden, muss zumindest alles tun, um den Schaden für den anderen so gering wie möglich zu halten.
  3. Dauerzustand –> Denjenigen, der in gerechtfertigter Weise einen Dauerzustand herbeiführt (z.B. das Einsperren des Randalierers), trifft als Garant die Pflicht, die-sen Zustand wieder zu beseitigen, sobald der Rechtfertigungsgrund entfallen ist, da ab diesem Zeitpunkt die Aufrechterhaltung des Dauerzustandes rechtswidrig wird. Hier kann ausnahmsweise auch die durch Notwehr gerechtfertigte Tat eine Garantenstellung aus Ingerenz begründen.
  4. Produkthaftung –> Wer ein Produkt auf den Markt bringt, ist nach hM auch dafür verantwortlich, dass sich erst später erkannte Gefahren für den Verbraucher nicht realisieren (nach aA folgt dies nicht aus Ingerenz, sondern aus einer Verkehrssi-cherungspflicht).
497
Q

Was besagt die “Entsprechungsklausel”?

A

Nach § 13 I StGB a.E. muss schließlich das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzli-chen Tatbestandes durch ein Tun entsprechen

498
Q

Worin muss bei der Entsprechungsklausel unterschieden werden?

A

→ Bei reinen Erfolgsdelikten ist die Nichtabwendung des Erfolges durch einen Garan-ten stets gleichwertig zur aktiven Erfolgsherbeiführung.
→ Bei verhaltensgebundenen Erfolgsdelikten (z.B. grausam töten in § 211 StGB) muss im Einzelnen geprüft werden, ob das Geschehenlassen denselben sozialen Sinn-gehalt aufweist wie das positive Tun – sog. Modalitätsäquivalenz.
Bsp.: Die Eltern lassen ihr Kleinkind unter Qualen langsam verhungern.

499
Q

Worauf muss sich der Vorsatz des Unterlassungsdelikts beziehen?

A

Wie sonst auch, auf ale Merkmale des objektiven Tatbestands:
1. Tatobjekt und Taterfolg
2. Unterlassen der zur Erfolgsabwendung erforderlichen und gebotenen Handlung trotz Handlugnsmöglichkeit
3. Kausalität zwischen Unterlassen und Erfolg: dolus eventualis reicht aus
4. objektive Zurechnung
5. Garantenstellung: Täter muss die Umstände kenne, die seine Garantenstellung begründen
→ Kennt der Täter diese Umstände, lässt die irrige Annahme, nicht zum Handeln verpflichtet zu sein, den Vorsatz unberührt. Es handelt sich um einen Gebotsirr-tum, der als Verbotsirrtum zu behandeln ist.
6. Ggf. Entsprechung von Tun und Unterlassen –> Umstände kennen, die die GLeichwertigkeit des Unterlassens begründen

500
Q

Was besagt die “rechtfertigende Pflichtenkonstellation”?

A

Den Täter treffen mindestens zwei rechtliche Handlungspflichten, die er jedoch in der konkreten Situation nur alternativ, aber nicht kumulativ zu erfüllen vermag (Bsp.: der Vater kann von seinen beiden ertrinkenden Kindern nur eines retten).
–> Da die Rechtsordnung niemanden zu Unmöglichem verpflichten darf, gilt für diese Fälle die rechtfertigende Pflichtenkollision als unterlassungsspezifischer Rechtfertigungs-grund.

501
Q

Wann ist der Täter im Rahmen des Unterlassens bei “rechtfertigenden Pflichtenkollision” gerechtfertigt?

A
  1. wenn er bei verschiedenrangigen Pflichten die höherrangige Pflicht erfüllt
  2. und bei gleichrangigen Pflichten zumindest einer der Pflichten nachkommt
    - -> Bleibt der Täter allerdings komplett untätig, d.h. erfüllt er keine der Pflichten, obwohl er zumindest einer der Pflichten nachkommen könnte, scheidet eine Rechtfertigung aus.
  3. Der Rang der kollidierenden Pflichten bestimmt sich grds. nach den für den rechtferti-genden Notstand geltenden Abwägungsfaktoren:
    a) Wert des durch sie geschützten Interesses
    b) Stärke der Pflichtenbindung (zB. Garantenstellung vs. allgemeine Hilfsplicht)
502
Q

Was ist die “Unzumutbarkeit Normgemäßen Verhaltens”?

A
  1. Ein besonderer Entschuldigungsgrund für die Unterlassungsdelikte
503
Q

Wann gilt “normgemäßes Verhalten” als unzumutbar im Rahmen der Unterlassungsdelikte?

A
  • wenn der Garant durch ihre Vornahme eigene billigenswerte Interessen in erhebli-chem Umfang preisgeben müsste
  • und diese Interessen hinter den Interessen, die durch die Handlungspflicht geschützt werden, wertungsmäßig nicht zurückstehen.
504
Q

Was muss für den Rücktritt vom veruschten Unterlassungsdelikt vorliegen?

A
  1. Kein Fehlschlag

2. Rücktrittshandlung

505
Q

Welche Rücktrittshandlugn ist beim Rücktritt vom versuchten Unterlassungsdelikt notwendig?

A

Da sich der Täter beim versuchten Unterlassungsdelikt vor-stellt, dass der Erfolg ohne sein weiteres Zutun gleichsam von allein eintreten wird, liegt hier nach hM normalerweise ein beendeter Versuch vor. Die Rücktrittsanforde-rungen richten sich deshalb im Regelfall nach §§ 24 I 1 Alt. 2, 24 I 2 StGB. Erforderlich ist eine auf Erfolgsabwendung gerichtete aktive Tätigkeit (d.h. das Nachholen der ursprünglich gebotenen Handlung oder ein anderes Tun), durch die der Täter
- entweder die Vollendung der Tat verhindert
- oder zumindest – wenn die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet wird – sich ernst-haft um eine Verhinderung der Vollendung bemüht.
→ Ein Rücktritt durch bloßes Nichtstun gibt es beim Versuch des Unterlassungsde-likts im Normalfall nicht (zu etwaigen Ausnahmen sogleich).

506
Q

Wie werden mehrere Unterlassende als Beteiligte behandelt?

A
  1. Unterlassen mehrere Garanten die ihnen gebotene und mögliche Handlung, gilt i.d.R. jeder als unmittelbarer Täter.
  2. Einer gegenseitigen Zurechnung des Unterlassens nach § 25 II StGB bedarf es norma-lerweise nicht, so dass ein gemeinsamer Tatentschluss hier nicht erforderlich ist. An-ders verhält es sich ausnahmsweise, wenn die Unterlassenden die Handlungspflicht nur gemeinsam erfüllen können; hier muss das Unterlassen auf einem gemeinsamen Tatentschluss beruhen – mittäterschaftliches Unterlassen.
507
Q

Wie wird die “Teilnahme am Unterlassungsdelikt durch aktives Tun” behandelt?

A

Auch zu einem Unterlas-sen kann man aktiv anstiften oder Hilfe leisten. Erfolgt diese Teilnahme durch einen Nichtgaranten, ist allerdings nach hM dessen Strafe gem. § 28 I StGB zu mildern, da es sich bei der Garantenstellung um ein besonderes persönliches Merkmal handelt, das die Strafbarkeit des Täters begründet.