Grundwissen Grundkurs Strafrecht I Flashcards
Welche drei Prüfungspunkte kommen in jedem strafrechtlichen Gutachten vor? Worum geht es jeweils?
In jedem strafrechtlichen Gutachten sind die Prüfungspunkte
I. Tatbestandsmäßigkeit
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
zu prüfen und auch in dieser Reihenfolge anzusprechen. Sollte einer der Prüfungspunkte nicht erfüllt sein, ist die Prüfung abzubrechen (Hilfsgutachten wie bspw. im Öffentlichen Recht gibt es im Strafrecht grundsätzlich nicht.).In der Tatbestandsmäßigkeit geht es darum festzustellen, dass das Verhalten des Täters abstrakt strafrechtlich verboten ist (weil er dadurch einen strafgesetzlichen Tatbestand verwirklicht, z.B. Körperverletzung, § 223 StGB).
Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist durch die Verwirklichung des Tatbestandes regelmäßig indiziert. Es ist aber zu prüfen, ob dieses Verhalten im konkreten Fall vielleicht ausnahmsweise erlaubt, d.h. gerechtfertigt war (z.B. durch Notwehr, § 32 StGB).
Im Prüfungspunkt Schuld schließlich prüft man, ob dem Täter sein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Verhalten auch individuell vorwerfbar ist oder ob er vielleicht „nichts dafür kann“ (z.B. wegen einer krankhaften seelischen Störung, s. § 20 Var. 1 StGB).
Wie prüft man den Tatbestand eines vorsätzlichen Begehungsdelikts? Beispiel: T gibt O eine Ohrfeige. Tatbestandsmäßigkeit i.S.v. § 223 StGB?
Prüfung in 2 Schritten:
1. OTB=entspricht das Verhalten äu0erliche dem, was im Wortlaut der Strafvorschrift umschrieben ist
2. STB= Handelt der Täter vorsätzlich iSd. § 15 StGB und bezieht Vorsatz sich auf alle Merkmale des OTB –> Vorsätzlich handelt, wer weiß was er tut und das auch will
Es kann sein dass es nocht weiterer subjektiver Tatbestandsmerkmale bedarf, wie der Zueignungsabsicht, dann müssen auch diese erfüllt sein
Weitere Besonderheit kann die objektive Bedingung der Strafbarkeit sein, darauf muss sich Vorsatz nicht beziehen
Bei welcher Erscheinungsform der Straftat spielt die Garantenstellung eine Rolle? Welche beiden Formen von Garantenstellungen gibt es? Nennen Sie Beispiele! Warum gibt es den Prüfungspunkt Garantenstellung?
Die Garantenstellung ist ein Prüfungspunkt im objektiven Tatbestand des (unechten) Unterlassungsdelikts. Ihr Erfordernis ergibt sich aus § 13 I Hs. 1 StGB, der voraussetzt, dass der Täter „rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt“.
Man unterscheidet zwischen Beschützer- und Überwachergaranten.
- Beschützergaranten sind dafür zuständig, dass ein bestimmtes Rechtsgut nicht beeinträchtigt wird, und müssen es daher vor vielfältigen Gefahrenquellen abschirmen.
Beispiel: eine Mutter, die ihr Baby vor dem Verhungern, dem Erfrieren, großen Hunden und zu starker Sonneneinstrahlung beschützen muss (vgl. § 1626 I BGB) – Garantenstellung ergibt sich aus enger natürlicher Verbundenheit. - Überwachungsgaranten hingegen sind dafür zuständig, dass von einer bestimmten Gefahrenquelle keine Beeinträchtigungen für Rechtsgüter ausgehen.
Beispiel: der Betreiber eines Atomkraftwerks, der verhindern muss, dass die gefährlichen Strahlen seine Mitarbeiter oder andere Personen schädigen – Garantestellung ergibt sich aus Verkehrssicherungspflicht.
Eine Garantenstellung muss im Gutachten angesprochen werden, um die strafrechtliche Gleichstellung von „Tun“ und „Nichtstun“ (= Unterlassen) zu legitimieren. Nur derjenige, der für das beeinträchtigte Rechtsgut oder die beeinträchtigende Gefahrenquelle verantwortlich ist, kann wegen eines Unterlassens bestraft werden. Eine allgemeine Hilfspflicht wird nur über § 323c StGB (echtes Unterlassungsdelikt) statuiert, der jedoch ein deutlich niedrigeres Strafmaß hat.
Was ist der Unterschied zwischen mittelbarer Täterschaft und Mittäterschaft? Wo im Prüfungsaufbau spricht man an, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, und welche sind das? Wie grenzen Sie die Täterschaft von der Teilnahme ab?
- Bei mittelbarer Täterschaft (§ 25 I Var. 2 StGB) benutzt ein Hintermann den anderen als von ihm gesteuertes „Werkzeug“ zur Tatbegehung. Man prüft die mittelbare Täterschaft im Rahmen des objektiven Tatbestands bei der Tathandlung. Die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft sind ein Defekt des Vordermanns und ein Ausnutzen dieses Defekts durch den Hintermann, das zur Tatherrschaft des Hintermannes führt.
- Bei Mittäterschaft (§ 25 II StGB) arbeiten zwei oder mehr Täter arbeitsteilig zusammen. Man prüft das Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen des objektiven Tatbestandes bei der Frage der gegenseitigen Zurechnung der einzelnen Tatbeiträge. Die Voraussetzungen der Mittäterschaft sind ein gemeinsamer Tatplan und jeweils ein wesentlicher Beitrag bei der Tatausführung.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird der Täter gemäß § 25 I Var. 2 StGB bzw. § 25 II StGB dann so bestraft, als hätte er den Tatbestand eigenhändig voll verwirklicht.
Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist ein äußerst klausurrelevantes Problem.
Die h.L. vollzieht diese Abgrenzung mittels des Kriteriums der Tatherrschaft, als das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des tatbestandsmäßigen Geschehens. Somit ist derjenige Täter, der als Zentralgestalt des Geschehens die planvoll-lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt.
Dagegen ist lediglich Teilnehmer, wer ohne eigene Tatherrschaft als Randfigur des tatsächlichen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst oder sonst fördert.
Die neuere Rspr. vertritt demgegenüber eine subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage. Ausgehend von ihrer früher streng subjektiven Ausrichtung, die den Täter danach bestimmte, ob er mit Täterwillen (animus auctoris) handelte oder aber andererseits zum Teilnehmer erklärte, wer mit bloßem Teilnehmerwillen (animus socii) agierte, zieht sie nun weitere Kriterien heran. So sollen in einer Gesamtschau auch der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft als objektive Merkmale miteinbezogen werden.
Wie prüfen Sie den subjektiven Tatbestand des fahrlässigen Begehungsdelikts?
Bei der Prüfung des Fahrlässigkeitsdelikts wird nicht zwischen objektivem und subjektivem Tatbestand unterschieden. Das Fahrlässigkeitsdelikt setzt keine subjektive Beziehung des Täters zur Tat voraus. Im Rahmen des Tatbestandes sind beim Fahrlässigkeitsdelikt zu prüfen:
1. Erfolgseintritt
2. Kausalität
3. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des tatbestandsmäßigen Erfolgs
1. Objektive Zurechnung, insb. Pflichtwidrigkeitszusammenhang und Schutzzweckzusammenhang
Im Rahmen der Schuld ist neben den allgemeinen Kriterien zu prüfen:
2. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des tatbestandsmäßigen Erfolgs
Welche Formen der Fahrlässigkeit werden unterschieden?
- Bewusste Fahrlässigkeit (= luxuria): Täter hat Möglichkeit des Erfolgseintritts erkannt, aber auf Ausbleiben des Erfolgs vertraut.
- Unbewusste Fahrlässigkeit (= negligentia): Täter hat Möglichkeit des Erfolgseintritts gar nicht erst erkannt.
- Leichtfertigkeit: Täter hat die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt (entspricht: grobe Fahrlässigkeit im Zivilrecht)
Warum scheidet die Zurechnung eines Taterfolges aus, wenn dieser vom Schutzzweck der Sorgfaltsnorm nicht erfasst wird?
Weil man einen Täter nur dann für einen bestimmten Taterfolg verantwortlich machen will, wenn sein sorgfaltswidriges Verhalten gerade den Eintritt dieses Erfolges befürchten ließ. Die Errichtung von Sorgfaltsnormen dient schließlich der Verhinderung bestimmter Rechtsgutsgefährdungen bzw. Rechtsgutsverletzungen. Kommt es zu einem Taterfolg, den die Sorgfaltsnorm überhaupt nicht erfassen will, so ist dieser dem fahrlässig handelnden Täter nicht objektiv zuzurechnen.
Wie stark sind individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters bei der Bestimmung des sorgfaltsgemäßen Verhaltens zu berücksichtigen?
Die Antwort ist umstritten:
- Nach einer Ansicht ist ein generalisierender Maßstab zu wählen, der an eine besonnene und gewissenhafte Person aus dem Verkehrskreis des Täters anknüpft, so dass Sonderfähigkeiten keine Beachtung finden.
- Die Gegenansicht macht das sorgfaltsgemäße Verhalten am Täter selbst fest, unter Berücksichtigung seiner besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten.
- Vermittelnd wird vorgeschlagen, Sonderfähigkeiten durch eine entsprechende Festlegung des jeweiligen Verkehrskreises zu berücksichtigen, ohne vom generalisierenden Maßstab als Ausgangspunkt abzuweichen.
Was versteht man unter Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens und unter welchem Prüfungspunkt wird dies geprüft?
Bei Fahrlässigkeitsdelikten (ebenso bei unechten Unterlassungsdelikten) ist die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens als besonderer (ungeschriebener) Entschuldigungsgrund anerkannt. Diese in Erweiterung des § 35 StGB gebildete Rechtsfigur kommt in Situationen in Betracht, in denen dem Täter oder anderen durch Einhaltung der gebotenen Sorgfalt unzumutbare Nachteile entstehen würden, etwa wenn der Täter zur Einhaltung der geforderten Sorgfalt eigene Interessen preisgeben müsste, ihm diese Preisgabe aber nicht zumutbar ist. Dann kann im Einzelfall von einem Schuldvorwurf abgesehen werden.
Hierbei muss aber immer das Interesse des Täters gegen die Schwere der durch das sorgfaltspflichtwidrige Handeln drohenden Rechtsgutsverletzung abgewogen werden. Je schwerwiegender die Gefahr für das geschützte Rechtsgut, desto mehr Interessenspreisgaben sind dem Täter zuzumuten.
Die Prüfung der Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens erfolgt auf der Ebene der Schuld nach der Feststellung der subjektiven Sorgfaltspflichtverletzung.
Aufgaben des Strafrechts?
- Rechtsgüterschutz (Individual und Kollektivrechtsgüter) …
- … durch Strafandrohung
- Subsidiarität des Strafrechts –> ultima ratio
- Nur sanktionierung sozialschädlicher Beeinträchtigungen von Rechtsgütern –> fragmentarischer Charakter
Strafarten?
- Freiheitsstrafe § 38 I StGB –> Höchstmaß 15 Jahre und Mindestmaß ein Monat
- Geldstrafe –> Tagessätze gem. § 40 I StGB
- Nebenstrafe –> Fahrverbot, § 44 StGB (Aunsahmen: JGG + Wehrstrafrecht)
Zweck der Strafe?
- “Vergeltungstheorie” –> Ausgleich des Tatunrechts
- “Theorie der negativen Generalprävention” –> Vehinderung künftiger Taten durch Abschreckung potentieller Täter
- “Theorie der positiven Generalprävention” –> Fördert Geltungskraft des Rechts und motiviert Bevölkerung zur Rechtsbefolgung
- “Theorie der Spezialprävention” –> Abschrecken des Täters vor Begehung weiterer Straftaten
- “Vereinigungsansatz (h.M.)” –> Grundlage für Strafzumessung ist Schuld vgl. § 46 I 1 StGB und nachrangig die anderen Strafzwecke der Resozialisierung sowie Abeschreckung und Normstabilisierung vgl. §§ 46 I 2, 47 I StGB
Systematik des StGB?
- AT –> §§ 1-97b = allgemeine Strafbarkeitsvoraussetzungen, Rechtsfolgen, Strafverfolgungsvoraussetzungen
- BT –> §§ 80-358 = Regelung der einzelnen Delikte
Das Gesetzlichkeitsprinzip? Gem. Art. 103 II GG, § 1 StGB
Nur Bestrafung von Tat, wenn Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor Tat begangen wurde –> “nullum crimen, nulla poena sine lege” –> Sinn ist Vorhersehbarkeit für Bürger
Ausprägungen des Gesetzlichkeitsprinzip?
- Bestimmtheitsgebot –> “nullum crimen, sine lege certa”
- Rückwirkungsverbot –> “nullum crimen, sine lege praevia”
- Verbot des Gewohnheitsrechts –> “nullum crimen, sine lege scripta”
- Analogieverbot –> “nullum crimen, sine lege stricta”
Prüfungsaufbau, ob menschliches Handeln eine Straftt darstellt nach hM.?
- Tatbestandsmäßigkeit
- Rechtswidrigkeit –> besondere Rechtfertigungsgründe?
- Schuld –> persönlich vorwerfbar und verantwortlich?
(Merke: aA. vertritt zweistufigen Deliktsaufbau!)
Erscheinungsformen der Straftat?
Zwei Grunderscheinungsformen unterscheidbar:
- Das Begehungsdelikt –> aktives Tun
- Das Unterlassungsdelikt –> bloßes Untätigbleiben
a) “echte Unterlassungsdelikte” –> spezielle Strafvorschriften mit ausdrücklicher Strafzumessung
b) “unechte Unterlassungsdelikte” –> Garantenstellung und somit Rechtspflicht zur Erfolgsabwendung
Begehungs- und Unterlassungsdelikt können wiederum verwirklicht werden:
- “Vorsatzdelikt” –> Wissen und Wollen der Tatbestandsverwriklichung
- “Fahrlässigkeitsdelikt” –> Verstoßen gegen Sorgfaltspflicht und unzulässiges Vertrauen auf Ausbleiben von Beeinträchtigung = nur strafbar wenn ausdrücklich mit Strafe bedroht gem. § 15 StGB
- “Vosatz-Fahrlässigkeitskombinationen” –> zB. Gefährdung im Straßenverkehr
a) “erfolgsqualifizierte Delikte” –> Anknüpfung an vorsätzliche Verwirklichung eines Grunddeliktes und zusätzlich Eintritt einer wenigstens fahrlässig herbeigeführten besonderen Tatfolge verlangen, zB. Körperverletzung mit Todesfolge
Weiterhin Untergliederung der vorsätzlich verwirklichten Begehungs- und Unterlassungsdelikte in:
- “Vollednung”
- “Versuch” –> keine Verwirklichung, trotz unmittelbaren Ansetzens, vgl. § 22 StGB = strafbar dann, wenn Verbrechen gem. § 12 I StGB oder “Versuchsstrafbarkeit” im Gesetz asudrücklich bestimmt
a) “Unternehmensdelikte” –> Tathandlung des Unternehmens ist dem Versuch der Vollendung von vornherein gleichzustellen, § 11 I Nr. 6 StGB
Alle möglichen Deliktserscheinungen?
- “Vollendetes vorsätzliches Begehungsdelikt”
- “Versuchtes vorsätzliches Begehungsdelikt”
- “Fahrlässiges Begehungsdelikt”
- “Vollendetes vorsätzliches Unterlassungsdelikt”
- “Versuchtes vorsätzliches Unterlassungsdelikt”
- “Fahrlässiges Unterlassungsdelikt”
- “Versuch-Fahrlässigkeitskombinationen” –> KEINE Straftat da Defizit in Unrechtsgehalt –> keine Rechtsgutbeenträchtigung und KEIN Vorsatz!
Einteilung der Delikte nach angedrohter Strafe?
- “Verbrechen” gem. § 12 I StGB
- ” Vergehen gem. § 12 II StGB
- -> Ankommen allein auf abstrakten Strafrahmen für Einteilung
Einteilung der Delikte nach Erfordernis und Art des Erfolges?
- “Erfolgsdelikte” –> Ein vom Verhalten des Täters zu unterschiedender Erfolg in der Außenwelt für dessen Eintritt Verhalten kausal war
a) “Verletzungsdelikte” –> bestimmte Schädigung muss eintreten
b) “konkrete Gefährdungsdelikte” –> konkrete Gefahr für Verletzung ausreichend, zB. Straßenverkehrsgefährdung - “Tätigkeitsdelikte” –> Straftatbestand wird druch bloßes Tätigwerden als solches erfüllt, zB. Falschaussage
a) “Abstrakte Gefährdungsdelikte” –> es bedarf weder Schädigung noch konkreter Gefahr, da bestimmtes Verhalten generell so gefährlich, zB. Trunkenheit im Straßenverkehr
Einteilung der Delikte nach Dauer?
- “Dauerdelikte” –> Nicht nur Herbeiführen des Widerrechtlichen Zustands, sondern auch Fortdauern –> Vollednung der Straftat mit Eintritt des widerrechtlichen Zustands, aber erst Beenden mit Aufhebung dessen
- ” Zustandsdelikte” –> Vollendung und Beendigung der Straftat mit Eintritt des Erfolges
Einteilung der Delikte nach dem Täterkreis?
- “Allgemeindelikte” –> keine nähere Einschränkung des Täterkreises
- “Sonderdelikte” –> Stellt spezielle Anforderungen an Täter, d.h. bestimmter Personenkreis Zugehörigkeit
- “Eigenhändige Delikte” –> persönliche Ausführungshandlung, zB. uneidliche Falschaussage
Einteilungsmöglichkeit Übersicht der Delikte?
- angedrohte Strafe
- Art und Erfordernis des Erfolges
- Dauer
- Täterkreis
Straftatbestände und ihre Abwandlungen?
- “Grundtatbestand” –> Mindestvoraussetzungen
- “Unselbstständige Abwandlung” –> Erweiterung des Grundtatbestandes um spezielle Merkmale, normalerweise Verweisen auf Grundtatbestand –> “Stufenverhältnis”
a) “Qualifikationen” –> Anordnung strengere Rechtsfolge
b) “Privilegierungen” –> Anordnung günstigerer Rechtsfolge - “Verselbstständigende Abwandlung” –> Gelöst von Grundtatbestand zu neuem Delikt mit eigenständigem Unrechtsgehalt, zB. Raub im Verhältnis zum Diebstahl
- “Regelbeispiele” –> streng von Abwandlungen zu unterscheiden, keine Straftatbestände, sondern Strafzumessungsregeln ohne zwingende und abschließende Regelung (Formulierung oft: “liegt in der Regel vor…”)
Geltungsbereich des deutschen Strafrechts
§§ 3-7,9 StGB
- “Territorialitätsprinzip” gem. § 3, 9 StGB
a) Handlungsort
b) beachte Mittäterschaft und Teilnehmer
c) Erfolgsort - “Aktives Personalitätsprinzip” –> deutsches Strafrecht gilt für bestimmte Taten von Deutschen als Täter im Ausland
a) § 5 Nrn. 3a, 6b, 6c, 8, 9, 9a, 11a, 12, 15, 16, 17 StGB
b) Auslandstaten wenn Tat auch am Tatort mit Kriminalstrafe + Tatort unterliegt keiner Strafgewalt, § 7 II Nr. 1 StGB - “Passives Personalitätsprinzip” –> dt. Strafrecht gilt für bestimmte Taten die im Ausland gegen Deutschen als Opfer begangen wurden
a) § 5 Nrn. 6a, 15d, 16b StGB
b) siehe 2b) - “Schutzprinzip” –> Auslandstaten, durch die bestimmte inländische Rechtsgüter bedroht oder verletzt
a) Staatsschutz
b) Individualinteressen eines Deutschen = Passives Personalitätsprinzip = Unterprinzip des Schutzprinzips - “Weltrechtsprinzip” –> weltweites Interesse, vgl. § 6 StGB und § 1 VStGB
- ” Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege” –> betroffener Staat kann Strafanspruch nicht durchsetzen, vgl. § 7 II Nr. 2 StGB
Mindestvoraussetzungen für eine Handlung?
Keine Straftat ohne Handlung
- “Ein menschliches Verhalten” –> keine Tiere oder Naturereignisse
- “Ein äußerlich erkennbares Verhalten” –> keine Gedanken, Wünsche, etc.
- “Ein willensgetragenes Verhalten” –> zB.
a) nicht vorliegend: Verhaltensweisen im Zustand völliger Bewusstlosigkeit, Körperreaktionen infolge unwiderstehlicher Gewalt (vis absoluta=X wird durch Fensterscheibe geschubst), reine Reflexbewegungen
b) ABER dagegen liegt Handlung willensgetragen vor bei: nötigende Gewalt (vis compulsa=X wird genötigt Fenster einzuwerfen) und Affekt- und Kurzschlusshandlungen oder automatisierte Verhaltensweisen
Grundsatz “schuldangemessenen Bestrafens”?
Die Strafe muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Maß der Schuld stehen
“Schuldstrafprinzip”?
Nur die Bestrafung einer persönlich vorwerfbaren (=schuldhaften) Tat ist zulässig –> “nulla poena sine culpa”
Was ist Strafrecht im formellen Sinn?
Nur Vorschriften, die als Rechtsfolge ausdrücklich Strafe iSd. §§ 38 ff. StGB vorsehen oder sich als allgemeine Regeln direkt darauf beziehen.
Dagegen gibt es “Nebenstrafrecht” wie zB. das Betäubungsmittelgesetz JuSchG, etc.
Strafrecht als “fragmentarisch”?
Strafrecht als “ultima ratio”
Schutzfunktion des Strafrechts?
Die Verwirklichung des Geminwohls und die Wahrung des Rechtsfriedens durch den Schutz von Rechtsgütern.
Merke bei Lösungsskizze?
- Reihenfolge der Delikte innerhalb der Tatkopmlexe: iDdR. schwerer Delikte zu erst (Sonderfall:Qualifikation)
- Fußnote bei erster Norm –> “Alle folgenden nicht weiter benannten §§ sind solche des StGB”
- Streitentscheide die alle zu gleichem Ergebnis kommen nicht breit treten” Schwerpunktsetzung!
Darstellung eines Meinungsstreits?
- Präzise Benennung der streitigen Frage.
- Darstellung der jeweils vertretenen Auffassungen (ohne Argumente dafür/dagegen)
- Subsumtion des Sachverhalts unter die jeweilige Auffassung
- Vergleich der Ergebnisse der Subsumtion.
- Feststellung: Ist ein Streitentscheid erforderlich? Nur wenn diese Ergebnisse voneinander abweichen, ist insoweit ein Streitentscheid zu führen!
Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit des vorsätzlichen Begehungsdelikts?
I. OTB
1. Auslegung/Definition
2. Subsumtion i.e.S.
II. STB
1. Vorsatz gem. §15 StGB hinsichtlich aller Merkmale des OTB?
(2. weitere subjektive Tatbestandsmerkmale zB. Zueignungsabsicht)
(3. objektive Bedingung der Strafbarkeit –> auf diesen objektiven Tatumstand muss sich der Vorsatz nicht beziehen)
Konkurrenzen im Ergebnis?
Gesetzeskonkurrenz, bei der das speziellere Gesetz vorgeht.
Gesamtkonkurrenz?
- Tatkomplexe stehen in Tatmehrheit zueinander. § 53 StGB
2. Tateinheit bei einer Handlung
Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung?
Sie fragt danach, ob zwischen der Handlung und dem Erfolg ein nach bekannten Naturgesetzen erklärbarer Zusammenhang besteht.
Prüfungsaugbau “Versuch”
I. Tatbestandsmäßigkeit 1. Tatentschluss (STB) 2. Unmittelbares Ansetzen (OTB) II. Rechtswidrigkeit und Schuld III. Ergebnis
Was ist grundsätzlich erforderlich damit Kausalität vorliegt?
Erforderlich ist, dass die erste Bedingung bis zum Eintritt des Erfolgs fortwirkt, was zB. auch bei atypischen Kausalverläufen der Fal ist. –> Ursachenzusammenhang liegt dann vor.
Gebot des Hinzudenkens von rettenden Kausalverläufen?
- C vereitelt Rettung der A durch B mit einem Schuss in die Luftmatratze = “hypothetischer Kausalverlauf” des Schusses –> kommt eigentlich nicht in betracht als Kausalität, ABER
- wir als unbillig empfunden und daher: aufgestellt. Kausalverläufe, die den Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätten, wenn die Handlung nicht stattgefunden hätte, sind stets hinzuzudenken.
Bei welcher Erscheinungsform der Straftat spielt die Garantenstellung eine Rolle und warum gibt es diesen Prüfungspunkt?
- Die Garantenstellung ist ein Prüfungspunkt im objektiven Tatbestand des (unechten) Unterlassungsdelikts. Ihr Erfordernis ergibt sich aus § 13 I Hs. 1 StGB, der voraussetzt, dass der Täter „rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt“.
(1) Beschützergaranten sind dafür zuständig, dass ein bestimmtes Rechtsgut nicht beeinträchtigt wird, und müssen es daher vor vielfältigen Gefahrenquellen abschirmen.
Beispiel: eine Mutter, die ihr Baby vor dem Verhungern, dem Erfrieren, großen Hunden und zu starker Sonneneinstrahlung beschützen muss (vgl. § 1626 I BGB) – Garantenstellung ergibt sich aus enger natürlicher Verbundenheit.
(2) Überwachungsgaranten hingegen sind dafür zuständig, dass von einer bestimmten Gefahrenquelle keine Beeinträchtigungen für Rechtsgüter ausgehen.
Beispiel: der Betreiber eines Atomkraftwerks, der verhindern muss, dass die gefährlichen Strahlen seine Mitarbeiter oder andere Personen schädigen – Garantestellung ergibt sich aus Verkehrssicherungspflicht.
- Eine Garantenstellung muss im Gutachten angesprochen werden, um die strafrechtliche Gleichstellung von „Tun“ und „Nichtstun“ (= Unterlassen) zu legitimieren. Nur derjenige, der für das beeinträchtigte Rechtsgut oder die beeinträchtigende Gefahrenquelle verantwortlich ist, kann wegen eines Unterlassens bestraft werden. Eine allgemeine Hilfspflicht wird nur über § 323c StGB (echtes Unterlassungsdelikt) statuiert, der jedoch ein deutlich niedrigeres Strafmaß hat.
- Was ist der Unterschied zwischen “mittelbarer Täterschaft” und “Mittäterschaft”?
- Wo im Prüfungsaufbau spricht man die Voraussetzungen an und welche sind das?
- Wie wird die Täterschaft von der Teilnahme abgegrenzt?
- Bei mittelbarer Täterschaft (§ 25 I Var. 2 StGB) benutzt ein Hintermann den anderen als von ihm gesteuertes „Werkzeug“ zur Tatbegehung. Man prüft die mittelbare Täterschaft im Rahmen des objektiven Tatbestands bei der Tathandlung. Die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft sind ein Defekt des Vordermanns und ein Ausnutzen dieses Defekts durch den Hintermann, das zur Tatherrschaft des Hintermannes führt.
- Bei Mittäterschaft (§ 25 II StGB) arbeiten zwei oder mehr Täter arbeitsteilig zusammen. Man prüft das Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen des objektiven Tatbestandes bei der Frage der gegenseitigen Zurechnung der einzelnen Tatbeiträge. Die Voraussetzungen der Mittäterschaft sind ein gemeinsamer Tatplan und jeweils ein wesentlicher Beitrag bei der Tatausführung.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird der Täter gemäß § 25 I Var. 2 StGB bzw. § 25 II StGB dann so bestraft, als hätte er den Tatbestand eigenhändig voll verwirklicht. - Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist ein äußerst klausurrelevantes Problem. Die h.L. vollzieht diese Abgrenzung mittels des Kriteriums der Tatherrschaft, als das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des tatbestandsmäßigen Geschehens. Somit ist derjenige Täter, der als Zentralgestalt des Geschehens die planvoll-lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt. Dagegen ist lediglich Teilnehmer, wer ohne eigene Tatherrschaft als Randfigur des tatsächlichen Geschehens die Begehung der Tat veranlasst oder sonst fördert.
Die neuere Rspr. vertritt demgegenüber eine subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage. Ausgehend von ihrer früher streng subjektiven Ausrichtung, die den Täter danach bestimmte, ob er mit Täterwillen (animus auctoris) handelte oder aber andererseits zum Teilnehmer erklärte, wer mit bloßem Teilnehmerwillen (animus socii) agierte, zieht sie nun weitere Kriterien heran. So sollen in einer Gesamtschau auch der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft als objektive Merkmale miteinbezogen werden.
Wichtige Prüfungsschritte bei objektiver Zurechnung?
- Schaffen einer rechtlich relevanten Gefahr?
2. Verwirklichung genau dieser Gefahr im Erfolg? –> bei atypischen Kausalverläufen insbesondere zu verneinen.
Formulierung “Pflichtwidrigkeitszusammenhang”?
Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang erfordert zwischen dem pflichtwidrigen Täterverhalten einerseits und dem Taterfolg andererseits, dass sich gerade die “Pflichtwidrigkeit” des Täterverhaltens im konkreten Fall realisiert.
Beschränkung des “Pflichtwidrigkeitzusammenhangs” und Ausschließen der objektiven Zurechnung durch das “Eigenverantwortlichkeitsprinzip”?
- “Prinzip der Eigenverantwortlichkeit” = freiverantwortliche bewusste Selbstschädigung des Opfers.
- Die Freiverantwortlichkeit des Handelns des A wird mit der h.M. am Maßstab der §§ 20, 35 StGB, 3 JGG gemessen.
- Ferner muss es sich um eine Selbst-Gefährdung/schädigung handeln, die von der Fremdgefährdung/schädigung abzugrenzen ist.
- Andere Ansicht = Einwilligungslösung
Abgrenzung “Selbsgefährdung/Schädigung” und “Fremdgefährdung/schädigung”?
- Die Abgrenzung erfolgt nach der h.M. danach, wer die Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden bzw. Verletzungs- oder Gefährdungsakt hat. (Vgl. Rengier, BT II, § 8 Rn. 8) Tatherrschaft ist das vom Vorsatz umfasste „In-den-Händen-Halten“ des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs.
- (a.A. subjektive Theorie auf objektiv-tatbestandlicher Grundlage)
Vorsatz bezüglich des Kausalverlaufs: Wann ist Irrtum über den Kausalverlauf nicht vorsatzausschließend? Gem. § 16 I 1 StGB
Sofern sich das tatsächliche Geschehen von dem vom Täter vorgestellten Kausalverlauf nur unwesentlich unterscheidet, sich die Abweichung also noch innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und keine anderen bewertungen der Tat rechtfertigt, lässt dies den Vorsatz jedoch unberührt. Nur wesentliche Abweichungen lassen den Vorsatz entfallen.
Koinzidenz- oder Simultaneitätsprinzip (vgl. § 8 StGB)?
- Erfordert, dass die Elemente Vorsatz und Tat zur gleichen Zeit vorliegen. –> Nach dem Koinzidenzprinzip muss zum Tatzeitpunkt (d.h. zum Zeitpunkt der Tathandlung) Vorsatz vorliegen.
- Wenn Vorsatz zum Beispiel vor Zeitpunkt des Tatgeschehens vorliegt, ist das sog. “dolus antecedens”.
- Dem Koinzidenzprinzip wird nicht nur dann nicht Genüge getan, wenn die dem Tötungsvorsatz entsprechende Vorstellung erst nach Erfolgseintritt liegt, d.h. der Täter den Taterfolg im Nachhinein billigt.
Ein solcher - unbeachtlicher - dolus subsequens liegt auch dann vor, wenn die Vorstellung zwar bereits vor Erfolgseintritt vorhanden war, aber noch nicht bei Handlungsvornahme, etwa bei zeitlich gestreckten Kausalverläufen
Wertung/Gedankengänge bei niedrigen Beweggründen gem. § 211 StGB?
- Beachte, dass jeder Täter mehr oder weniger ein Fernziel anstreben wird und daher eher das unmittelbare zu betrachten ist (zB. Töten um Ehe zu retten = Fernziel; unmittelbar = verdecken der Affaire)
- Gefahr wurde auch noch selber geschaffen aufzufliegen
- Die generalklauselartige Formulierung „sonstige niedrige Beweggründe“ muss sich zudem an den anderen Mordmerkmalen orientieren. Selbst die zur Verdeckung einer Straftat began-gene Tötung ist ein Mord, obwohl ein solches Verhalten mit Blick auf die Verhinderung der eigenen Bestrafung menschlich „nachvollziehbar“ erscheint. Dann muss dasselbe erst recht für die Verdeckung einer bloßen Moralwidrigkeit wie einen Ehebruch gelten, dessen haupt-sächliche Folgen bloße soziale Nachteile und ein etwaiges Scheitern der Ehe sind. Im Übrigen kommt es bei den anderen Mordmerkmalen auch nicht auf fremdnützig anmutende Fernziele an: Wer einen Raubmord begeht, handelt auch dann habgierig, wenn er mit dem Geld ein Waisenhaus finanzieren will.
Konkurrenz und Gesamtergebnis bei Vorliegen von Totschlag UND Mord?
E hat sich durch dieselbe Handlung wegen Totschlags und wegen Mordes strafbar gemacht. Als Grunddelikt tritt der Totschlag hinter den Mord im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück. E ist daher nach § 211 I strafbar.
Welche Formen der Fahrlässigkeit werden unterschieden?
- Bewusste Fahrläsigkeit (= luxuria) –> Täter hat Möglichkeit des Erfolgseintritts erkannt, aber auf Ausbleiben des Erfolgs vertraut.
- Unbewusste Fahrlässigkeit (= negligentia) –> Täter hat die Möglichkeit des Erfolgseintritts gar nicht erst erkannt
- Leichtfertigkeit –> Täter hat die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt (entspricht grober Fahrlässigkeit im Zivilrecht)
Warum scheidet die Zurechnung eines Taterfolges aus, wenn dieser vom Schutzzweck der Sorgfaltsnorm nicht erfasst wird?
- Weil man einen Täter nur dann für einen bestimmten Taterfolg verantwortlich machen will, wenn sein sorgfaltswidriges Verhalten gerade den Eintritt dieses Erfolges befürchten ließ.
- Die Errichtung von Sorgfaltsnormen dient schließlich der Verhinderung bestimmter Rechtsgutsgefährdungen bzw. Rechtsgutsverletzungen.
- Kommt es zu einem Taterfolg, den die Sorgfaltsnorm überhaupt nicht erfassen will, so ist dieser dem fahrlässig handelnden Täter nicht objektiv zuzurechnen.
- Beachte: Maßgeblich für die Beurteilung des Schutzwecks ist die konkrete Sorgfaltsnorm (z.B. § 1 StVO), gegen die der Täter verstoßen hat, und nicht das (zu prüfende) Strafgesetz.
Was versteht man unter Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens und unter welchem Prüfungspunkt wird dies geprüft?
- Bei Fahrlässigkeitsdelikten (ebenso bei unechten Unterlassungsdelikten) ist die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens als besonderer (ungeschriebener) Entschuldigungsgrund anerkannt.
- Diese in Erweiterung des § 35 StGB gebildete Rechtsfigur kommt in Situationen in Betracht, in denen dem Täter oder anderen durch Einhaltung der gebotenen Sorgfalt unzumutbare Nachteile entstehen würden, etwa wenn der Täter zur Einhaltung der geforderten Sorgfalt eigene Interessen preisgeben müsste, ihm diese Preisgabe aber nicht zumutbar ist.
- Dann kann im Einzelfall von einem Schuldvorwurf abgesehen werden.
- Hierbei muss aber immer das Interesse des Täters gegen die Schwere der durch das sorgfaltspflichtwidrige Handeln drohenden Rechtsgutsverletzung abgewogen werden.
- Je schwerwiegender die Gefahr für das geschützte Rechtsgut, desto mehr Interessenspreisgaben sind dem Täter zuzumuten.
- Die Prüfung der Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens erfolgt auf der Ebene der Schuld nach der Feststellung der subjektiven Sorgfaltspflichtverletzung
Hypothetische Kausalität bei unterlassugnsdelikt?
Da der Unterlassende aber nicht in das Kausalgeschehen eingreift, kann nicht unmittelbar auf die conditio-sine-qua-non-Formel zurückgegriffen werden. Es muss vielmehr eine hypothetische Kausalität (Quasi-Kausalität) zwischen Unterlassen und Erfolg geprüft werden. Diese liegt vor, wenn die rechtlich gebotene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der tatbestandsmäßige Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.
Ist man Beschützergarant gem. § 13 I Hs. 1 StGB “kraft Übernahme einer Tätigkeit” ?
Ja!
zB. wenn Heilpraktiker freiwillig Behandlung übernimmt und Patient dann verstirbt weil Garant es unterlässt ih zum Arzt zu schicken. –> Sorgfaltspflichtverletzung wenn Tod ohne Arzt vorhersehbar!
Wann ist Fahrlässigkeit strafbar? (Bsp. fremder Regenschirm ausversehen eingesteckt)
Gemäß § 15 StGB ist fahrlässiges Verhalten nur dann mit Strafe bedroht, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Die fahrlässige Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache ist demnach nicht strafbar, vgl. § 242 StGB.
Was bedeutet der “Vertrauensgrundsatz”? (Am Beispiel eines sich sorgfaltsgemäß verhaltenden Verkehrsteilnehmers)
Und wann kann man sich nicht auf diesen berufen?
- Ein sich sorgfaltsgemäß verhaltender Verkehrsteilnehmer kann nämlich grundsätzlich davon ausgehen, dass sich auch die anderen am Straßenverkehr beteiligten Personen sorgfaltsgemäß verhalten.
- Allerdings scheitert eine Berufung auf den Vertrauensgrundsatz dann, wenn es Anzeichen gibt, welche ein sorgfaltspflichtwidriges Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer erkennen lassen. –> vorliegen einer objektiven Sorgfaltspfichtverletzung
Was ist erforderlich für die “Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung” gem. § 217 StGB?
Es ist nicht erforderlich, dass sich der Sterbewillige tatsächlich selbst tötet. Es muss nicht einmal ein Selbsttötungsversuch vorliegen. Es genügt vielmehr, wenn der Täter die Handlungen in der Absicht vornimmt, die Selbsttötung eines anderen zu fördern.
Ist das Rechtsgut Leben disponibel?
(Prüfung von Totschlag bei Tötung auf Verlangen: iRd. “Rechtswidrigkeit” wird rechtfertigende Einwilligung angesprochen –> ist diese möglich?)
Durch die Schaffung des § 216 hat der Gesetzgeber jedoch zum Ausdruck gebracht, dass eine rechtfertigende Einwilligung in die eigene Tötung nicht möglich sein soll. Das Rechtsgut Leben ist aufgrund dieser eindeutigen gesetzlichen Wertung nicht disponibel und entzieht sich einer Einwilligung.
- -> daher strafbarkeit gem. § 212 I (+)
- -> jedoch Privilegierung gem. § 216 I StGB
Voraussetzung für ausdrückliches und ernstliches Verlangen des Getöteten gem. “ 216 StGB?
Das Tötungsverlangen muss im Augenblick der Tathandlung fortbestehen. Der Sterbewillige kann es jederzeit zurücknehmen. Solange keine Anhaltspunkte im Sachver-halt stehen, dass dieser Punkt problematisch sein könnte, muss er jedoch nicht gesondert angesprochen werden.
Der Getötete muss zudem nach den Maßstäben der natürlichen Einsichts- und Urteilsfähig-keit imstande gewesen sein, die Tragweite seiner Entscheidung zu erfassen.
In welchem Verhältnis steht § 216 I StGB zu § 212 I StGB?
Konkurrenzen –> § 216 I verdrängt § 212 I im Wege der Gesetzeskonkurrenz
Ist die “körperliche Unversehrtheit” ein disponibles Rechtsgut? (Im Rahmen der Einwilligung: Disponibilität des Rechtsguts)
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein Individualrechtsgut und aus Art. 2 I GG – allgemeine Handlungsfreiheit – ergibt sich, dass O auf dieses Recht auch verzichten kann. Folglich ist es disponibel.
Voraussetzung für Verfügungsberechtigung eines Rechtsguts?
Man muss alleiniger Inhaber des Rechtsgutes sein
Wie wird die strfrechtliche Einwilligungsfähigkeit beurteilt? (Ganz im Gegensatz zum Zivilrecht)
Jedoch beurteilt sich die Einwilligungsfähigkeit nicht nach bestimmten Altersgrenzen oder nach den Regeln, die für die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit gelten. Bei der Einwilligung handelt es sich nicht um eine gegenseitige vertragliche Vereinbarung zwischen Täter und Opfer, sondern um eine einseitige Preisgabe des Rechtsgüterschutzes. Entscheidend ist daher die tatsächliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit desjenigen, der sich durch die Einwilligungserklärung des Rechtsschutzes entledigt. –> geistige und sittliche Reife
Wie wird die sittenwidrigkeit einer Tat gem. § 228 StGB bestimmt?
Ob die Tat sittenwidrig ist, bestimmt sich in erster Linie nach Art und Umfang der Rechts-gutsverletzung bzw. -gefährdung. Daneben ist aber auch der Tatzweck im Rahmen einer Ge-samtabwägung zu berücksichtigen. Je schwerwiegender die Körperverletzung oder je größer die Verletzungsgefahr und je geringer der Wert ist, der dem Tatzweck zukommt, desto eher ist ein Verstoß gegen die guten Sitten gegeben. Konkret lebensgefährliche Verletzungshand-lungen werden von der Rechtsprechung regelmäßig als sittenwidrig angesehen, es sei denn, sie erfolgen im Rahmen einer ärztlichen Behandlung mit Blick auf einen sogenannten positi-ven Tatzweck.
Bedeutung einer “Eskalationsgefahr”?
- Haftet körperlichen Auseinandersetzungen bei Anwesenheit von den Täter durch Anfeuerungsrufen bestätigenden weiteren Personen typischerweise an
- Keine Absprache eines Codewortes, das die Gefährlichkeit begrenzen könnte
–> Hindeuten auf Sittenwidrigkeit gem. § 228 StGB
Aufbauhinweis zu den Mordmerkmalen gem. § 211 StGB?
Aufbauhinweis: Bei § 211 II StGB muss zwischen tatbezogenen (2. Gruppe) und täterbezogenen (1. und 3. Gruppe) Mordmerkmalen differenziert werden. Die tatbezogenen Mordmerkmale werden inklusive ihrer subjektiven Komponenten im Rahmen des objektiven Tatbestands geprüft. Die täterbezogenen Mordmerkmale hingegen werden im subjektiven Tatbestand (nach Prüfung des Vorsatzes bzgl. des objektiven Tatbestands) geprüft.
Was bedeutet “zum Zeitpunkt der Tat”? (in Def. Arglosigkeit enthalten)
„zum Zeitpunkt der Tat“ meint bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs, d.h. bei Eintritt der Tat in das Versuchsstadium]
Aufbauhinweis zu Körperverletzungsdeliktprüfung bei vollendetem Totschlag und bei versuchtem Totschlag?
- Falls das Körperverletzungsdelikt geprüft wird, ist dieses allenfalls kurz anzusprechen (Bsp.: „Zugleich hat T eine Körperverletzung gem. § 223 I StGB begangen, denn der Körperverletzungserfolg ist ein notwendiges Durchgangsstadium zur Tötung. Diese tritt aber im Konkurrenzwege zurück“).
- Anders bei der nur versuchten Tötung: Hier besteht zwischen dieser und dem vollendeten Körperverletzungsdelikt Tateinheit (Klarstellungsfunktion), beide sind also voll zu prüfen.
Verhältnis § 211 I, II StGB zu § 212 I StGB iR. der Gesetzeskonkurrenz?
Nach herrschender Literaturmeinung verdrängt § 211 I, II StGB als Qualifikation den Grundtatbestand des § 212 I StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität).
Ist bedingter Tötungsvorsatz für “Verdeckungsabsicht” ausreichend, wenn Verdeckungserfolg ausschließlich durch den Tod des opfers erreichbar ist?
- Nein!
2. Zum Beispiel Tötung eines Zeugens –> Verdeckungsabsicht nur in Verbindung mit einem direkten Vorsatz möglich
Bejahung der Grausamkeit bei Quälenden Handlungen ohne Tötungsvorsatz, aber von Anfang an Willen, Opfer später zu töten? (“vorbereitende Quälereien”)
- Grausame Verhaltensweisen, die lediglich mit Körperverletzungsvorsatz begangen werden und denen eine selbst nicht mehr grausame Tötung folgt, reichen für die Bejahung der Grausamkeit nicht aus.
ABER:
Anders zu beurteilen sind Konstellationen, in denen der Täter das Opfer zunächst grausam quält, die eigentliche Tötungshandlung aber nicht grausam ist, er aber schon von Anfang an den Willen hat, das Opfer später zu töten –> „vorbereitende Quälereien“
Hier wird ein grausames Vorgehen mit der Begründung bejaht, dass bereits vor der eigentlichen Tötung liegende Misshandlungen, welche die „Tötungsart verschärfen“,
Ausdruck einer gefühllos-grausamen Gesinnung seien. Die Tötung bildet lediglich den „Schlusspunkt einer Entwicklung“.
Rolle einer “Spontantat” für sonstige niedrige Beweggründe?
- Es ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Täter seine gefühlsmäßigen Regungen gedanklich beherrscht hat
- Grds. verneinen der sonstigen niedrigen Beweggründe, außer ausführliche Begründung dafür erfolgt!
Angriff auf die “allgemeine Handlungsfreiheit” als notwehrfähiges Rechtsgut?
- Auch die allgemeine Handlungsfreiheit kann ein notwehrfähiges Rechtsgut darstellen.
- Geschützt ist zwar nicht die Freiheit, in jeder Lebenslage Beliebiges zu tun.
- Ein Schutz besteht aber vor sozial inadäquaten Zwängen, die im Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Zweck kein an-gemessenes Mittel darstellen, also verwerflich sind.
Auf welchen zwei Grundgedanken basiert die Notwehr und was bedeuten diese für den Angegriffenen? (Im Rahmen der Erforderlichkeit der Abwehrhandlung)
- Auf dem Schutzprinzip (Individualschutz) und dem Rechtsbewährungsprinzip (Verteidigung der Rechtsordnung insgesamt).
- Daher muss sich der Angegriffene nicht auf eine Flucht oder andere Ausweichmöglichkeiten verweisen lassen, sondern darf den Angriff niederschlagen.
- § 32 II ermächtigt ihn zur „Verteidigung“. Es gilt der Grundsatz: Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.
In welchen Schritten sollte die “Notwehrprovokation” geprüft werden?
- Die Notwehrprovokation sollte in zwei Schritten geprüft werden:
a) Zunächst wird untersucht, ob überhaupt eine solche vorliegt.
Hier stehen sich Rechtswidrigkeits- und Missbilligungslö-sung gegenüber.
b) Erst wenn das Vorliegen einer Notwehrprovokation bejaht wurde, ist in einem zweiten Schritt nach den rechtlichen Folgen zu fragen und zwischen der Absichtsprovokation und der sonst vorwerfbaren Provokation zu unterscheiden.
Wie ist eine Abwehrprovokation in Hinsicht auf das Notwehrrecht zu bewerten?
- Das Notwehrrecht darf in solchen Fällen nicht eingeschränkt werden
- Die Verantwortung für das Entstehen der Konfliktlage liegt allein beim Angreifer und den Angegriffenen trifft keine Rechtspflicht, einer gefährlichen Situation, die er nicht zu verantworten hat, auszuweichen.
- -> Bei der Vorbereitung der Abwehr eines erwarteten Angriffs darf der Verteidiger jedes Mittel wählen, das mit Sicherheit zur erfolgreichen Abwehr führt.
- -> Anderenfalls würde das Notwehrrisiko vom Angreifer auf den Angegriffenen verlagert werden.
Ist eine Verletzung der Ehre (zB. in Form einer Schimpftirade) ein notwehrfähiges Individualrechtsgut? (Im Rahmen der Notwehrlage)
- Ja!
2. Aber beachte: Gegenwärtigkeit? Hat Person schon wieder aufgehört zu beschimpfen?
Arten der Notwehrprovokation?
- Absichtsprovokation
- Abwehrprovokation
- sonstige vorwerfbare Weise der Provokation
Das 3-Stufen-Modell des abgestuften Notwehrrechts?
- Ausweichen
- Schutzwehrmaßnahmen
- Trutzwehrmaßnahmen
Wann liegt Notstand und nicht Notwehr vor?
Wenn eindeutig kein von einem Menschen asugehender Angriff auf die Gesundheit vorliegt, sondern zB. eine eigene Krankheit, aufgrund derer man einer anderen Person gewaltsam Blut abnimmt, um seine Gesundheit retten zu können.
Welche Güter sind Notstandsfähig?
Notstandsfähig sind alle Güter, die unter dem Schutz der Rechtsordnung stehen.
Welche Notstandsarten gibt es?
- “Aggressivnotstand”
- -> d.h. es wird in Interessen unbeteiligter Dritter eingegriffen. - “Defensivnotstand” –> wenn der Eingriff sich allein gegen Güter desjenigen richtet, von dem die Gefahr ausgeht.
- Spezielle Notstandsrecht –> Einwirkung auf Sachen: §§ 228, 904 (werden VOR § 34 geprüft!)
Was besagt der Grundsatz der Störverantwortlichkeit und welche Rolle spielt er für den Notstand?
- Nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 228 BGB sind beim Defensivnotstand deutlich weiterreichende Beeinträchtigungen zulässig.
- Im Rahmen der Interessenabwägung ist ein Überwiegen des geschützten Rechtsguts dann wesentlich früher zu bejahen, als in den Fällen des Aggressivnotstands.
- Oft wird es für ausreichend erachtet, wenn das Interesse an der Rettung des Schutzgutes nicht wesentlich weniger wiegt als das Interesse am Bestand des Eingriffsguts –> “Grundsatz der Störerverantwortlichkeit”
Ab wann wird ein Sehvermögensverlust als schwere Körperverletzung eingestuft?
- Die Körperverletzung müsste zur Folge gehabt haben, dass das Opfer das Sehvermögen auf mindestens einem Auge verliert.
- ABER: Wenn es auf einem Auge 98 % seiner Sehkraftverliert, dann steht diese Minderung des Sehvermögens auf 2% einem vollständigen Verlust gleich.
Bedeutung “erfolgsqualifizierter Delikte”?
- Bei einem erfolgsqualifizierten Delikt handelt es sich um eine sog. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination.
- Das heißt, dass für das Grunddelikt (hier § 223 I) Vorsatz notwendig ist, hinsichtlich der schweren Folge allerdings Fahrlässigkeit genügt (§ 18 StGB).
- Erfolgsqualifizierte Delikte werden nach § 11 II allerdings als Vorsatzdelikte behandelt .
- Die Prüfung der Fahrlässigkeit beinhaltet die bereits aus dem Fahrlässigkeitsdelikt bekannten Elemente (objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des Erfolgs).
- Im Rahmen der Schhuld muss die subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des Erfolgs geprüft werden
Wie stehen gefährliche Körperverletzung und schwere Körperverletzung in Konkurrenz zu einander?
- Es besteht “Idealkonkurrenz”
- Sie bilden eine Tateinheit gem. § 52 StGB
- Das vollendete Grunddelikt des § 223 I tritt hinter der vollendeten Qualifikation des § 224 im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität) .
Merke zum in dubio pro reo Grundsatz?
- Die Anwendung des „in-dubio“-Grundsatzes kommt immer dann in Frage, wenn sich dem Sachverhalt entnehmen lässt, dass sich dieses oder jenes nicht mehr aufklären lässt.
- Allerdings ist eine lebensnahe Auslegung des Sachverhalts immer vorrangig vorzunehmen, so dass man nicht zu vorschnell, „in dubio pro reo“ annehmen darf.
- Nicht in den Anwendungsbereich gehören überdies Rechtsfragen. Diese sind stets einer eindeutigen Lösung zuzuführen
Wie wird objektive Zurechenbarkeit gelöst, wenn Verletzung nicht durch Handlung direkt, sondern zB. durch Aufschlagen mit dem Kopf auf Asphalt in Folge von Handlung entsteht?
- Liegt das Szenario außerhalb jeder Lebenserfahrung?
2. Wenn nein, dann verneinen eines atypischen Kausalverlaufs und Bejahung der objektiven Zurechnung!
Muss man für den subjektiven Tatbestand der Qualifikation “einer das Leben gefährdenden Behandlung” gem. § 224 I Nr. 5 bei der Ausführung Tötungsvorsatz haben?
- Nach h.M. reicht bzgl. § 224 I Nr. 5 die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Lebensgefährlichkeit der Behandlung ergibt.
- Der Täter muss die Umstände also nicht selbst als lebensgefährdend bewertet haben.
Wie stehen § 222, 224 I ff., zu § 227 StGB?
- Sie treten hinter § 227 StGB auf Konkurrenzebene zurück!
Vorgehen von Abgrenzen: Tun - Unterlassen? (Vorprüfung vom Unterlassungsdelikt)
- Zur Abgrenzung von Tun und Unterlassen ist nach h.M. auf den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit abzustellen.
- ZB.: Vorwerfbares Handeln in Form des liegen lassens und nicht ärztliche Hilfe rufen, oder im aktiven Weggehen vom Geschehensort? –> Definitiv im nicht rufen von ärztlicher Hilfe!
Welchen Paragraphen bei Unterlassungsdelikt noch im Kopf haben?
§ 323c! –> Unterlassene Hilfeleistung
Wie stehen die Delikte verwirklichter Totschlag gem. §§ 212, 13 und gefährliche Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224, 13 und § 323c (Unterlassene Hilfeleistung) in Gesetzeskonkurrenz zu Mord durch Unterlassen gem. §§ 212, 211, 13 StGB?
- Sie treten im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität/Subsidiarität) hinter §§ 211, 13 StGB zurück!
Wie stehen Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 und Mord durch Unterlassen gem. §§ 211, 13 StGB zueinander?
- Sie stehen in Tateinheit!
Wie steht eine Straftat an einer Person im zB. 1. Tatkomplex und an einer anderen Person die unabhängig von der aus dem 1. Tatkomplex ist im Gesamtergebnis zueinander?
- Sie stehen zueinander in Realkonkurrenz!
Verhältnis in Gesamtergebnis von gefährlicher Körperverletzung, schwerer Körperverletzung, Körperverletzung mit Todesfolge und Mord durch Unterlassen?
- X ist daher strafbar wegen gefährlicher Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2 in Tateinheit (§ 52) mit schwerer Körperverletzung gem. § 226 I Nr. 1 Var. 1 in Tatmehrheit (§ 53) mit Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 in Tateinheit (§ 52) mit Mord durch Unterlassen gem. §§ 211, 13.
Merke zur Prüfung der Gebotenheit: Ist die Notwehr aufgrund sozialethischer Erwägungen einzuschränken? –> Das ist bei 4 klassischen Fallgruppen zu Bejahen!
- Krasses Missverhältnis zwischen verteidigtem Rechtsgut und drohendem Schaden (keine Ver-hältnismäßigkeitsprüfung)
- Angriffe von schuldlos Handelnden (Kinder, Geisteskranke, Volltrunkene) und von erkennbar Irrenden
- Angriffe im Rahmen von engen persönlichen (Garanten-)Beziehungen
- Schuldhafte Provokation der Notwehrlage
In solchen Fällen muss der Notwehrübende grds. folgendermaßen vorgehen (3-Stufenbau)
1) Angriff ausweichen
2) defensive Verteidigungshandlungen (Schutzwehr)
3) zuletzt offensive Verteidigung (Trutzwehr)
Was bedeutet das “Rechtsbewährungprinzip”?
Das Recht braucht dem unrecht nicht zu weichen.
Wann hat der Verteidiger iR. der Erforderlichkeit ein milderes Mittel zu wählen?
- Der Verteidiger darf grundsätzlich die wirksamste Verteidigungsmethode wählen, um den Angriff zu beenden.
- Er muss sich nicht auf weniger erfolgversprechende Verteidigungsmaß-nahmen verweisen lassen.
- Nur unter mehreren gleich wirksamen Methoden hat er die mildere zu wählen.
Was ist bei der Erforderlichkeit in Hinsicht auf den Gebrauch von “Schusswafen” zu beachten?
- Erforderlich ist grundsätzlich zunächst ein Androhen, dann ein Warnschuss und schließlich ein Schuss auf nicht lebenswichtige Körperteile.
- Dies gilt jedoch nicht, wenn nur ein sofortiger tödlicher Schuss eine effektive Verteidigungshandlung darstellt.
- Es gelten insoweit ebenso die obigen Grundsätze.
- Eine Abwägung der betroffenen Güter oder eine Prüfung der „Verhältnismäßigkeit“ ist im Übrigen nicht erforderlich (Ausnahme: fehlende Gebotenheit bei besonders „krassem Missverhältnis“ der betroffenen Güter).
Was bedeutet “Subsidiarität der Notwehr gegenüber staatlichen Schutz”?
- Wenn, wie im vorliegenden Fall, staatliche Hilfe jedoch präsent ist und gleich wirksam den Rechtsgüterschutz gewährleisten kann, ist der Schuss nicht das mildeste unter mehreren gleich wirksamen Mitteln.
- Es wäre also ausreichend gewesen, die Polizisten zu informieren und nicht selbst gegen den Einbrecher vorzugehen
Merke zur: Strafbarkeit des X gem. § 223 I durch einzelne Schläge während eines Raufhandels, bei dem sich einzelne Verletzungen nicht mehr zuordnen lassen?
A könnte sich durch die Ausführung einzelner Schläge während des Raufhandels wegen vor-sätzlicher Körperverletzung strafbar gemacht haben. Zwar bleiben bei einer kräftigen Schlä-gerei Verletzungen der Beteiligten typischerweise nicht aus, sodass die Voraussetzungen ei-ner Gesundheitsschädigung sowie einer körperlichen Misshandlung erfüllt wären. Doch ist unklar, wer konkret durch welche Handlungen eine andere Person körperlich misshandelt und geschädigt hat. Insofern ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen, welche Handlungen welchen Beteiligten (ggf. wechselseitig gem. § 25 II StGB) zugerechnet werden können. Eine Strafbarkeit gem. § 223 I StGB lässt sich daher nicht feststellen.
Wann ist Beteiligung an Schlägerei vorliegend gem. § 231 I Alt. 1 StGB?
Zur Bejahung der „Beteiligung“ ist kein Zusammenwirken erforderlich. Vielmehr reicht es aus, dass die Beteiligten anwesend sind und körperlich oder psychisch an der Schlägerei mitwirken.
Merke zu § 231 StGB?
Hinweis: § 231 ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Durch die objektive Bedingung der Strafbarkeit wird der denkbar weite Anwendungsbereich dieser Norm eingeschränkt. Dabei wird die objektive Bedingung der Strafbarkeit gängigerweise als Tatbestandsannex ge-prüft. Die schwere Folge muss eine der in § 226 genannten Folgen sein, die hier inzident geprüft werden. Anders als bei objektiven Tatbestandsmerkmalen muss sich der Vorsatz des Täters nicht hierauf beziehen; die schwere Folge muss nicht einmal vorhersehbar ge-wesen sein. Es ist auch nicht erforderlich, dass die schwere Folge rechtswidrig herbeige-führt worden ist. Notwehrhandlungen der an der Schlägerei Beteiligten gegeneinander schließen § 231 also nicht aus. Die schwere Folge muss auch nicht kausal auf einen Tatbei-trag eines einzelnen Beteiligten zurückzuführen sein, sondern nur auf dem Gesamtvorgang der Schlägerei beruhen. Das Opfer, bei dem die schwere Folge eintritt, muss kein an der Schlägerei Beteiligter sein. Vielmehr kommen auch schwere Folgen bei unbeteiligten Drit-ten, etwa einem streitschlichtenden Wirt, in Betracht.
Wie wird eine “dauernde Entstellung” gem. § 226 I Nr. 3 StGB als schwere Folge eingestuft?
- Hinsichtlich der dauernden Entstellung in erheblicher Weise ist dabei auf die Gesamterschei-nung des Verletzten abzustellen.
- Ob die Entstellung erheblich ist, bestimmt sich objektiv da-nach, ob die Beeinträchtigung des Verletzten mit den übrigen in § 226 genannten Entstellun-gen vergleichbar ist.
Wann ist eine “Entstellung in erheblicher Weise” gem. § 226 I Nr. 3 StGB nach h.M. NICHT von “Dauer”?
Nach h.M. ist dies nicht der Fall, wenn eine künstliche Beseitigung z.B. durch Operationen – auch Zahnprothesen – in Betracht kommt, soweit die Maßnahme mit Sicherheit durchgeführt wird oder üblich, ausführbar und zumutbar ist.
Was besagt § 60 S. 1 StGB?
- Das Absehen von Strafe
- Dafür müssen die Folgen der Tat so schwer sein, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre.
- Eine Strafe ist offensichtlich verfehlt, wenn sie unter keinem ihrer Leitgesichtspunkte eine sinnvolle Funktion hätte, wenn also die Funk-tion der Strafe allein durch den Schuldspruch erfüllt wird, d.h. der Täter sich selbst so schwer geschädigt hat, dass es einer weitergehenden Einwirkung auf ihn nicht bedarf und auch der Allgemeinheit ein Absehen von Strafe verständlich erscheint.
- -> zB. Sehverlust durch Schlägerei, also keine Bestrafung für Schlägerei!
Reicht für “gemeinschaftliches Begehen” einer Körperverletzung gem. § 224 I Nr. 4 StGB ein bloßes Zusammenwirken mehrerer Tatbeteiligter aus, oder ist mittäterschaftliche Tatbegehung iSd. § 25 II StGB erforderlich?
- Fraglich ist, ob ein bloßes Zusammenwirken mehrerer Tatbeteiligter ausreicht oder ob eine mittäterschaftliche Tatbegehung im Sinne des § 25 II erforderlich ist.
- Gem. § 28 II sind „Beteiligte“ Täter und Teilnehmer. Insofern kann dahinstehen, ob die anwesenden und applaudierenden „verfeindeten“ Fußballfans als (Mit-)Täter sind, da sie jedenfalls als Teilnehmer – mit Blick auf eine psychische Beihilfe, § 27 - zu qualifizieren sind.
Wie wird der Subjektive Tatbestand in bei der schweren Folge gem. § 226 formuliert?
H müsste vorsätzlich und hinsichtlich des Eintritts der schweren Folge mit Absicht oder sicherem Wissen gem. § 226 II gehandelt haben.
Wie stehen §§ 226 I und 226 II jeweils zu § 223 StGB?
- § 226 II ist eine “ganz normale” Qualifikation des § 223
2. § 226 I StGB ist eine Erfolgsqualifikation
Liegt ein “Angriff” im Rahmen der NOtwehr gem. § 32 vor, wenn ein entlaufener Hund angreift?
- Nein!
2. Es liegt kein menschlicher Angriff vor
Was besag der Grundsatz der “Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung”?
a) Und was haz das für eine Auswirkung auf Rechtfertigungsgründe im Strafrecht?
- Die zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe gelten auch im Strafrecht
a) Im Rahmen der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) müssen Sie bei der Prüfung einer etwaige Rechtfertigung daher gegenüber § 34 StGB vorrangig die §§ 228 ff., 904 BGB heranziehen,
Interessenabwägung im Rahmen des Defensivnotstands?
- Der Eingriff in das fremde Rechtsgut darf im Rahmen einer Interessenabwägung nicht außer Ver-hältnis zu der durch sie drohenden Gefahr stehen.
- Das geopferte Rechtsgut darf demnach nicht we-sentlich wertvoller als das gerettete Rechtsgut sein.
Unterscheidung: Aggressivnotstand und Defensivnotstand?
Beim Defensivnotstand geht die Gefahr von der Sache selbst aus, während beim Aggressivnotstand die Sache, auf die eingewirkt werden soll, völlig unbeteiligt ist. Die beiden Notstandsformen sind daher Ausdruck unterschiedlicher Prinzipien.
Subjektive Voraussetzung für Notstandslage?
- Ein subjektives Element:
a) Kenntnis von der Notstandslage
b) Handeln mit Rettungswillen
Wann muss der Verteidiger bei Notwehrhandlung zu milderem Mittel greifen?
Zu einem milderen Mittel muss der Verteidiger aber immer nur dann greifen, wenn es ex ante betrachtet zur Abwendung des Angriffs genauso geeignet erscheint.
2. Grundsätzlich darf der Verteidiger also das Verteidigungsmittel wählen, welches er ex ante am effektivsten halten durfte.
Wichtige Fallgruppen zur Einschränkung der Gebotenheit einer Notwehrhandlung?
- Krasses Missverhältnis zwischen verteidigtem Rechtsgut und drohendem Schaden
- Angriffe von Kindern, ersichtlich Irrenden und sonst schuldlos Handelnden
- Enge familiäre Beziehungen (str.)
- Notwehrprovokation
- (Art. 2 II lit. a EMRK – str.)
Unter welchem Prüfungspunkt wird die Notwehrprovokation geprüft?
Unter der Gebotenheit der Notwehrhandlung.
Wann ist Gewohnheitsrecht-Anwendung erlaubt?
Wenn es zugunsten des Täters ausgelegt wird?
Welche Rechtsgüter sind nicht disponibel?
- Rechtsgüter der Allgemeinheit
2. Das Leben
Wann verstößt eine Tat gegen die guten Sitten gem. § 228 StGB (zB. iRd. Einwilligung)?
- Die Tat verstößt gegen die guten Sitten, wenn sie nach allgemein gültigen moralischen Maßstäben mit dem eindeutigen Makel der Sittenwidrigkeit behaftet ist.
- Sittenwidrig ist nach gängiger Definition, was gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.
- Dabei ist in erster Linie zu bewerten, ob die Körperverletzung wegen des besonderen Gewichts des Rechtsgutsangriffs im Einzelfall, namentlich des Umfangs und der andauernden Wirkungen als unvereinbar mit den guten Sitten erscheint.
- Je größer die Gefahr und je geringer der Wert ist, der dem Tatzweck zukommt, desto eher ist ein Verstoß gegen die guten Sitten gegeben.
Handelt eine Mutter mit Freiheitsberaubung gem. § 239 I StGB, wenn sie ihrem Sohn 2 Stunden Hausarrest erteilt, weil er eine Fensterscheibe kaputt gemacht hat?
- Nein!
- Prüfungs Vorgehen:
II. Rechtswidrigkeit –> Das elterliche Erziehungsrecht könnte die Freiheitsberaubung aber rechtfertigen. Dies ist auch heu-te noch möglich, da § 1631 II BGB sich nur gegen körperliche Züchtigung richtet. Bei anderen Tat-beständen wie z.B. der Beleidigung (§ 185 StGB) oder der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) ist wei-terhin eine Rechtfertigung denkbar.
- Objektive Voraussetzungen
a) Erziehungslage/-anlass –> Fehlverhalten des Kindes?
b) Erziehungshandlung –> Die Maßnahme müsste zur Erreichung des Erziehungszwecks erforderlich und angemessen sein; die Erziehungsmaßnahme muss insbesondere in einem angemessenem Verhältnis zur Schwere der Verfehlung stehen, wobei die individuellen Verhältnisse des Kindes zu berücksichtigen sind. - Subjektive Voraussetzung –> Handeln in Kenntnis der objektiven Voraussetzungen und mit Erziehungswillen
Voraussetzungen der a.l.i.c.?
- Voraussetzung für die vorliegend in Betracht kommende vorsätzliche a.l.i.c. ist, dass der Täter zum Zeitpunkt der Herbeiführung der Schuldunfähigkeit Vorsatz sowohl bezüglich der Her-beiführung des Defektzustands als auch bezüglich der späteren Straftat hat
Was bedeutet die Prüfung eines § iVm. den Grundsätzen der a.l.i.c.?
Es wird auf den Zeitpunkt des Sich-Betrinkens abgestellt
Auswirkung auf vorsätzliche a.l.i.c., wenn man Tatplan erst betrunken fasst?
Allerdings hat sie im Zeitpunkt des Sich-Betrinkens die genaue Tatausführung noch nicht geplant. Den Baseballschläger hat sie erst im volltrun-kenen Zustand eingesteckt. Auch bezüglich des hinterlistigen Überfalls erwähnt der Sachver-halt keinen konkreten Tatplan im Zeitpunkt des Sich-Betrinkens. Insofern war von Ds Primär-vorsatz – den X zu verprügeln – die Begehung einer qualifizierten Körperverletzung gem. § 224 I nicht umfasst, sodass eine Zurechnung nach den Grundsätzen der vorsätzlichen actilibera in causa mangels Doppelvorsatzes ausscheidet. Ein Fall der fahrlässigen actio libera in causa kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Sachverhalt keine Angabe dazu enthält, ob D damit rechnen konnte, den Baseballschläger aufzufinden und zu gebrauchen.
Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 iVm. den Grundsätzen der a.l.i.c.nach dem Vorverlegungsmodell?
Ein Fahrzeug führt, wer es allein oder mitverantwortlich in Bewegung setzt oder hält und es unter Handhabung seiner techni-schen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum lenkt. Führen eines Fahrzeugs ist demnach nicht gleichbedeutend mit Verursachen der Be-wegung. Es beginnt erst mit dem Bewegungsvorgang des Anfahrens selbst. Dazu genügt nicht einmal, dass der Täter in der Absicht, alsbald wegzufahren, den Motor seines Fahrzeugs startet. Umso mehr muss eine Ausdehnung auf zeitlich vorgelagerte Handlungen nach der gesetzlichen Umschreibung der Tathandlung ausscheiden. Bei § 316 handelt es sich um ein eigenhändiges Tätigkeitsdelikt, nicht um ein Erfolgsdelikt: Den Tatbestand verwirklicht, wer eine bestimmte Handlung selbst vornimmt. Dementsprechend liegt im Sich-Berauschen in Fahrbereitschaft noch nicht der Beginn des Führens eines Fahrzeugs.
Im Zeitpunkt des Weinkonsums, der nach dem Vorverlegungsmodell als Tathandlung zu-grunde zu legen ist, befindet sich D zuhause und noch nicht in ihrem Auto. Sie führte daher zu diesem Zeitpunkt kein Fahrzeug im Straßenverkehr.
Hinweis zur a.l.i.c.?
Der BGH folgt wie oben erwähnt grundsätzlich dem Vorverlegungsmodell. Vor einigen Jahren hat dann jedoch der 4. Senat in einer aufsehenerregenden Entscheidung sämtliche Begründungsansätze der a.l.i.c. verworfen. Allerdings ging es dabei mit § 315c StGB um ein verhaltensgebundenes Delikt, bei dem die Tathandlung, anders als bei den reinen Erfolgsdelikten, näher umschrieben ist. Nur kurz darauf hat der 3. Senat für die rei-nen Erfolgsdelikte ausdrücklich an der Zulässigkeit der vorsätzlichen a.l.i.c. festgehalten. Dem hat sich auch der 2. Senat angeschlossen.
Auch nach dem Modell der mittelbaren Täterschaft ist eine Bestrafung nach den Grundsät-zen der a.l.i.c. nicht möglich, wenn es sich bei dem verhaltensgebundenen Delikt zugleich um ein eigenhändiges Delikt handelt, da ein solches nicht in mittelbarer Täterschaft began-gen werden kann.
Die anderen Begründungsmodelle der a.l.i.c. unterscheiden nicht zwischen Erfolgs- und Tätigkeitsdelikten. Demnach wäre § 316 ebenso zu behandeln wie § 223.
Bedeutung und Ausprägung des Gesetzlichkeitsprinzips?
- Art. 103 II GG –> nullum crimen, nulla poena sine lege für Vorhersehbarkeit des Bürgers
1. Das Bestimmtheitsgebot
2. Rückwirkungsverbot
3. Verbot des Gewohnheitsrechts
4. Analogieverbot
Welche Deliktsarten gibt es und wie lassen sie sich wiederum einteilen?
- vollendetes vorsätzliches Begehungsdelikt
- versuchtes vorsätzliches Begehungsdelikt
- fahrlässiges Begehungsdelikt
- vollendetes vorsätzliches Unterlassungsdelikt
- versuchtes vorsätzliches Unterlassungsdelikt
- fahrlässiges Unterlassungsdelikt
- Versuchs-Fahrlässigkeitskombinationen (nicht strafbar)
- Verbrechen
- Vergehen
a) Erfolgsdelikte
b) Tätigkeitsdelitke
a. Verletzungsdelikte
b. konkrete Gefährdungsdelikte
c. Abstrakte Gefährdungsdelikte
i. Dauerdelikte
ii. Zustandsdelikte
I) Allgemeindelikte
II) Sonderdelikte
III) Eigenhändige Delikte
Was sind mindestvoraussetzungen für eine Handlung?
- ein menschliches Verhalten
- ein äußerlich erkennbares Verhalten
- ein willensgetragenes Verhalten
- Dagegen keine Handlung:
a. Körperreaktionen infolge unwiderstehlicher Gewalt (vis absoluta)
b. Reflexbewegungen ohne willentlichen Steuerungsprozess
- Dagegen eine Handlung:
a) nötigender Gewalt (vis compulsiva)
Wie wird die objektive Zurechnung schematisch geprüft?
- Schaffen oder Erhöhen einer rechtlich missbiligten Gefahr
2. Verwirklichen gerade dieser Gefahr im tatbestandsmäßigen Erfolg (Gefahrenzusammenhang)
Woraus ergibt sich, dass der Vorsatz sich auf alle Merkmale des objektiven Tatbestands erstrecken muss?
- Aus § 16 I 1 StGB
2. Bereits Unkenntnis eines Merkmal schließt den Vorsatz aus –> Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit gem. § 16 I 2 StGB
Welche Vorsatzformen gibt es?
- Absicht (dolus directus 1. Grades) –> Wissens+Wollenskomponente sind gegeben
- Direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades) –> Wissenskomponente ist gegeben, aber eigentlich Will er den Erfolg nicht, nimmt ihn aber in Kauf
- Eventualvorsatz (dolus eventualis) –> Hält Verwirklichung ernstlich für möglich und nimmt dies billigend in Kauf
Was bedeutet die Simultaneität von objektivem und subjektivem Tatbestand?
- Gem. § 16 I 1 StGB muss der Täter bei Begehung der Tat, d.h. zum Tatzeitpunkt, Vorsatz gehabt haben.
- Zeitpunkt der Tat ist gem. § 8 StGB der Zeitpunkt der Tathandlung und nicht des Taterfolgs
Wann fehlt die Simultaneität?
- Dolus antecedens –> vorhergehender Vorsatz der bei Tathandlung aber nicht besteht
- Dolus subsequens –> nachträgliche Billigung reicht nicht aus
Was bedeutet der “dolus cumultativus”?
Der Täter hält es für möglich, mit seiner Handlung nicht nur einen, sondern mehrere Erfolge herbeizuführen und nimmt dies billigend in Kauf – sog. dolus cumulativus.
Was Umfasst Vorsatz des Täters alles?
- Tätereigenschaft, Tatobjekt, Tathandlung, Kausalität, Zurechenbarkeit
- Tatobjekt muss gattungsmäßig bestimmbar sein
- Kausalität muss in wesentlichen Zügen vorhergesehen sein
- Intensität des Wissens muss nicht durch explizite Überlegung bewusst gemacht werden sondern es reicht gedankliches Mitbewusstsein
Tatumstandsirrtum?
- Handeln ohne Vorsatz gem. § 16 I 1 StGB
- Verortet in § 16 II StGB
- Bestrafung allenfalls wegen Farhlässigkeit, § 16 I 2 StGB
Welche Ebenen sind im Hinblick auf mögliche Irrtümer zu unterscheiden?
- Die begriffliche Ebene
- Die Tatsachenebene
a) deskriptive Tatbestandsmerkmale (zB. Sache)
b) Normative Tatbestandsmerkmale zur Bezeichnung von rechtlichen Tatsachen(zB. “fremd”)
Was bedeutet die “Parallelwertung in der Laiensphäre”?
Täter muss bestehende Rechtslage auf die das normative Tatbestandsmermal des Straftatbestands Bezug nimmt, zumindest im Großen und Ganzern erkannt haben. –> korrekte rechtliche Bezeichnung braucht er nicht kennen
Irrtum über die Identität des Tatobjekts? –> Vorgehen?
- error in persone / vel objecto
1. tatbestandliche Gleichwertigkeit? - -> Wenn ja, dann Irrtum unbeachtlich
- tatbestandliche Ungleichwertigkeit?
- -> Tatumstandsirrtum
Umgehen mit einem Fehlgehen der Tat / “aberratio ictus”?
- Tatbestandliche Ungleichwertigkeit?
- -> Objektverletzung stellt Tatumstandsirrtum dar
- -> Bestrafung wegen farhlässigem Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt - Tatbestandliche Gleichwertigkeit?
A1 “Gattungslösung” mM. –> Unbeachtlicher Irrtum
A2 “Konkretisierungslösung” hM. –> Der Irrtum ist als Tatumstandsirrtum beachtlich!
–> fahrlässiges Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt - Beachte billigendes In Kauf nehmen hinsichtlich Irrtum an Verletzungsobjekt
- -> Vollendetes vorsätzliches Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
Wie wird mit einem Zusammentreffen von Fehlgehen der Tat und Identitätsirrtum umgegangen? (errore in persona vel objecto und aberratio ictus)
- Wird nach Regeln für Fehlgehen der Tat behandelt
- Allein ausschlaggebend auf wen sich im Moment des Handelns der Vorsatz konkretisiert hat /individualisiert
- Bestrafung wegen fahrlässigem Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
Wann ist Irrtum über Kausalverlauf nach hM. noch unwesentlich?
Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf dann unwesentlich, wenn sie sich noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt. (Rspr.)
–> Man ist also gut beraten, zumindest im Regelfall Abweichungen der Vorstellungen zum Kausalverlauf zum tatsächlichen Kausalver-lauf als unwesentlich zu bewerten, wenn man die Vorhersehbarkeit im objektiven Tatbestand bejaht hat.
Was bedeuten “deliktspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale” für die Prüfung?
- Werden neben dem Vorsatz geprüft und müssen gerade NICHT objektiv verwirklicht sein
- Bezugsgegenstand muss gerade nicht objektiv verwirklicht sein und es reich die bloße subjektive Absicht des Täters
–> “Delikte mit überschließender Innentendenz”
Was stellt eine Ausnahme der “objektiven Bedingung der Strafbarkeit” dar?
In manchen wenigen Vorsatzdelikten sind Bedingungen enthalten, die objektiv vorliegen müssen aber auf die sich der Vorsatz nicht zu erstrecken braucht
–> zB. Tod als Folge einer Schlägerei
Ist das Ungeborene Leben schon Mensch iSd. §§ 211 ff. StGB?
Nein!
Wie ist man strafbar, wenn man von Einsetzen der Eröffnungswehen auf das Ungeborene schädigend einwirkt?
- Auch wenn der Tod erst nach Geburt eintritt, NUR gem. § 218 StGB
- Außer man wirkt erneut auf Kind ein
Wann endete das Meinschein?
Der strafrechtliche Lebensschutz endet mit dem Tod des Menschen. Maßgeblich hierfür ist nach hM nicht der Stillstand des Herzens und der Atmung (= Herztod), sondern das endgültige Erlöschen aller Gehirnfunktionen (= Hirntod).
Wie wird die Teilnahme an der freiverantwortlichen Selbsttötung bestraft?
- Sie ist als Anstiftung oder Beihilfe NICHT strafbar
Als was ist der “Minder schwere Fall des Totschlags” gem. § 213 StGB einzustufen?
- Nach hM. nicht als Privilegierung, sondern als Strafzumessungsregel
- Prüfung im Anschluss an die Schuld
Unterscheidung der 3 Gruppen von Mordmerkmalen?
- Besonders verwerfliche Beweggründe
- Besonders verwerfliche Begehungsdelikte
- Besonders verwerfliche Handlungszwecke
–> Zurückgehen des § 211 StGB auf Nazis!!
Charakter der Mordmerkmale?
- Tatbezogene Merkmale: 2. Gruppe
- -> Prüfungs im OTB - Täterbezogene Merkmale: 1. und 3. Gruppe
- -> Prüfung im STB
Was besagt die Rechtsfolgenlösung?
Analog zu den gesetzlichen Milderungen wie §§ 13 II, 17 S. 2, 21 StGB sind der Strafrahmen des § 49 I Nr. 1 anzuwenden, wenn außergewöhnliche Umstände die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe als nicht schuldangemessen erscheinen lassen
(-) keine Grundlage im Gesetz
(-) Führt zu Strafen die unter Totschlag liegen
Wie sind die Mordmerkmale grundsätzlich auszulegen?
Restriktiv
Was besagt die “negative Typenkorrektur” und findet sie Anwendung?
- Mordmerkmale hätte nur eine Indizfunktion und § 211 wäre nicht anzuwenden wenn aufgrund besnderer Umstände nach einer Gesamtwürdigung von Tat und Täter die Verwerflichkeit trotz Vorliegen eines Mordmerkmals fehlt
- Findet keine Anwendung da Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot –> Freier Wertungsakt des Richters sonst möglich
Wann handelt der Täter zur Befriedigung des Geschlechtstriebs?
- Lustmord –> Geschlechtliche Befriedigung im Tötungsakt selbst
- Nekrophilie –> Sexuelle Lust an der Leiche befriedigen
- Täter wendet zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs Gewalt an und nimmt dabei Tod des Opfers billigend in Kauf
- -> zeitlich-räumlicher Zusammenhang nicht nötig
- -> Das sexuelle Begehren muss sich auf Tatopfer richten (zB. Töten eines 3. für Vergewaltigung reicht nicht aus)
Was ist für das Vorliegen von Habgier zu beachten?
- Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen muss nicht alleiniges Motiv sein, aber bewusstseinsdominanter Beweggrund
- hM.: egal ob Vermögenszuwachs oder Vermeidung von Aufwendungen
- (P) –> Erstreben eines zustehenden rechtlichen Vorteils
Können Gefühlsregungen niedrige Beweggründe begründen?
- Ja, solange sie Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täter sind
zB. Zorn, Fremdenhass etc. - Menschlich nachvollziehbares dagegen nicht
Muss sich der Täter der niedrigen Beweggründe für seinen Totschlag subjektiv bewusst sein?
- Ja, der Täter muss sich der Umstände die seinen Antrieb zur Tötung besonders verachtenswert erscheinen lassen bewusst sein
- -> er braucht die jedoch nicht als niedrig zu bewerten
Bei wem fehlt die Arglosigkeit aufgrund des Fehlens der Fähigkeit zum Argwohn?
- Babys und Kleinkinder bis ca. 3 Jahre
- Schwerkranke, die Umwelt nicht mehr wahrnehmen
- Bewusstlose, die Eintritt ihres Zustands nicht mehr abwenden können
Heimtücke bei Ausnutzen Arg- und Wehrlosigkeit schutzbereiter Dritter gegeben?
JA!
Heimtücke bei Schlafenden?
- ja!
2. Mitnehmen der Arglosigkeit in den Schlaf
Wann muss die Arglosigkeit für ein Vorliegen der Heimtücke gegeben sein?
- Im Zeitpunkt der Tat, d.h. beim unmittelbaren Ansetzen zur Tötung
- Vorbereitungsstadium reicht nicht aus
Heimtücke beim Entgegentreten in offener feindseliger Haltung?
- Keine Heimtücke!
Außer:
1. Zeitspanne zwischen Erkennen der Gefahr und unmittelbarem Angriff so kurz, dass Opfer keine Möglichkeit zur Abwehr bleibt.
2. Getöteter wurde zuvor unter Ausnutzung seiner Arglosigkeit planmäßig in Falle gelockt
Schließen vorangegangene Auseinandersetzungen die Arglosigkeit aus?
- Nein!
2. Wenn das Opfer zB. aufgrund einer zeitlichen Zäsur mit keinem weiteren Angriffen mehr rechnet
Welche Komponenten beinhaltet die Heimtücke?
- Arglosigkeit
- Wehrlosigkeit
- Ausnutzen
- Feindeslige Willensrichtung
Liegt bei vorangegangenen grausamen Verletzungshandlungen ein grausamer Mord vor?
- Nein!
2. Die grausame Tatausführung muss bestandteil der Tötungshandlung sein
Kann eine Tötung durch Unterlassen grausam sein?
Ja –> zB. Verhungern lassen eines Kleinkinds
Tötet man grausam wenn man eine per se besonders qualvolle Tötungsmethode wählt?
Ja!
Was ist nicht ausreichend, für das Vorliegen gemeingefährlicher Mittel?
- typischerweige gemeingefährliche Mittel, wenn in konkreter Tatsituation mit keiner Gemeingefahr verbunden
- Mittel, bei dem sich die Gefahr nur alternativ, nicht kumulativ bei mehreren Beteiligten realisieren kann
- Bloßes Ausnutzen einer bereits vorhandenen gemeingefährlichen Situation zur Tat
Reicht es für die Ermöglichungs- Verdeckungsabsicht aus, dass nur nach Vorstellung des Täters eine Straftat vorliegt?
Nach hM reicht es aus, dass es sich bei dem Geschehen lediglich nach der Vorstel-lung des Täters um eine Straftat handelt, also der Täter nur irrtümlich annimmt, sein Verhalten sei strafbar. Deshalb macht sich des Verdeckungsmordes auch der-jenige schuldig, der einen anderen zur Verdeckung einer OWi tötet, die er fälsch-lich für eine Straftat hält.
Liegt Ermöglichungs- Verdeckungsabsicht vor, wenn Täter irrtümlich glaubt, sein Verhalten sei keine Straftat?
- Nein!
Kann Verdeckungsabsicht vorliegen, wenn Täter sich bereits für erkannt hält und er lediglich entkommen will?
Nein! –>
Bleibt Verdeckungsabsicht auch bei einem bereits bestehendem Verdacht möglich?
Ja!
Genügt das bloße Erschweren der Üebrführung durch Beseitigen eines Belastungszeugen für das Vorliegen Ermöglichungs- Verdeckungsabsicht?
Nein!
Braucht bei Verdeckungs- Ermöglichugnsabsicht eine zeitliche Zäsur vorzuliegen?
Nach hM. Nein!
(-) Der Verdeckungstäter wird begünstigt, der sein Opfer am Anfang nicht nur mit Körperverletzungsvorsatz sondern zusätzlich mit bedingtem Tötungsvorsatz angreift
A2 –> Beginn des einheitlichen Tötungsgeschehens stehende versuchte Tötung sowie ggf. vollendete Körperverletzung als “andere Straftat” gelten
Kann § 213 StGB vorliegen, wenn Mordmerkmale bejaht sind?
Nach der hM. Nein!
Was ist der Grund für die Strafmilderung bei der Tötung auf Verlangen gem. § 216 StGB?
- nach der hM. 2 Faktoren:
1. Rechtsgutverzicht des Lebensmüden bewirkt Unrechtsminderung
2. Mitleidsmotivation des Täters führt zu Schuldminderung
Woraus folgt die Straflosigkeit der Selbsttötung?
Aus dem Schutzzweck des § 212 StGB –> “anderer Mensch”
Ist die Teilnahme an der freiverantwortlichen Selbsttötung straflos und wenn ja, wieso?
- Ja! zB. Ehemann besorgt Frau Gift
1. “Akzessorietät der Teilnahme” –> ohne vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gibt es keine strafbare Teilnahme
a) Beachte: Gilt nicht bei Farhlässigkeitsdelikten, da hier nach hM. das Einheitsprinzip gilt: Jeder, der sorgfaltswidrig und objektiv zurechenbar eine Ursache für den tatbestandlichen Erfolg setzt, gilt als Täter
- “Eigenverantwortlichkeitsprinzip” –> Eigenverantwortlichkeit des Suizidenten sperrt die Zurechnung des Todes
Welche Deliktsnatur hat die “geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung” gem. § 217 StGB?
- ein abstraktes Gefährdungsdelikt.
→ Somit kann der Suizident nicht rechtfertigend einwilligen. - Der Sache nach handelt es sich bei der Tathandlung um eine zur Täterschaft verselb-ständigte Unterstützungshandlung, die bereits im Vorfeld des Versuchs der „Haupt-tat“ (Selbsttötung) stattfindet.
- Absatz 2 normiert einen persönlichen Strafausschließungsgrund für nicht geschäfts-mäßig teilnehmende Angehörige und Nahestehende des Suizidenten.
Welche Arten der Sterbehilfe werden unterschieden?
- Aktive Sterbehilfe
- Indirekte Sterbehilfe
- Passive Sterbehilfe
Was ist aktive Sterbehilfe?
Aktive Sterbehilfe ist die einverständliche gezielte Tötung des unheilbar Kranken durch aktives Tun zum Zweck der Leidensbeendung.
Was ist indirekte Sterbehilfe?
Darunter versteht man das Verabreichen von schmerzlindernden Mittel, wodurch als nicht beabsichtigte, aber billigend in Kauf genommene Nebenfolge der Tod des unheilbar Kranken beschleunigt wird. Die indirekte Sterbehilfe gilt als zulässig. Problematisch ist freilich, dass es sich auch bei ihr an sich um eine Form der aktiven Sterbehilfe handelt; umstritten ist deshalb die Begründung:
Was ist passive Sterbehilfe?
Unter passiver Sterbehilfe versteht man das Sterbenlassen des unheilbar Kranken durch Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen wie künstli-che Ernährung, künstliche Beatmung o.ä. Dabei werden zwei Konstellationen unter-schieden:
- Sterbevorgang hat irreversibel eingesetzt: Hilfe beim Sterben
- Sterbevorgang hat nocht nicht eingesetzt, aber keine Aussicht auf Besserung: Hilfe zum Sterben
Wann ist die passive Sterbehilfe zulässig?
- Wenn die Garantenpflicht entfällt:
1. Kranke ist urteilsfähig und will aufgrund Patientenautonomie keine weitere Behandlung –> kein Recht zur Zwangsbehandlung
- Wenn Kranker nicht urteilsfähig, eventuell schriftlich fixierte Patientenverfügung bindendn, vgl. § 1901a I 2 BGB
a) Keine Patientenverfüugung, dann mutmaßlicher Wille des Kranken maßgeblich, § 1901a II BGB
- subjektive Präferenzen
- ansonsten intersubjektive Gesichtspunkte (vernünftiger Dritter und im Zweifel Schutz des Lebens) - Gilt unabhängig davon, ob Sterbevorgang bereits eingesetzt hat oder nicht, vgl. § 1901a III BGB
- Bei irreversibel eingesetzter Sterbephase muss Arzt keine sinnlosen Maßnahmen ergreifen
Deliktsnatur der Aussetzung gem. § 221 StGB?
- konkretes Gefährdungsdelikt zum Schutz des Lebens und der Gesundheit.
- Systematik des § 221 StGB?
- Nr. 1 ist ein Allgemeindelikt, das die Herbeiführung einer hilflosen Lage pönali-siert.
- Nr. 2 bildet ein Sonderdelikt. Sie stellt das Im-Stich-Lassen des Opfers in einer hilflosen Lage durch einen Garanten i.S. des § 13 StGB („obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist“) unter Strafe. - Qualifikationen:
- § 221 II Nr. 1 StGB –> Qualifikationstatbestand.
- § 221 II Nr. 2, III StGB –> zwei Erfolgsqualifikationen.
Wie kann ein “Versetzen” gem. § 221 StGB von statten gehen?
- Normalerweise durch Veränderung des Aufenthaltsorts
- Aber auch ohne Ortsveränderung möglich
- Wenn der Täter Garant iSd. § 13 StGB ist, kann das Versetzen auch durch Unterlassen erfolgen
Konkurrenzen innerhalb des § 221 StGB?
- Innerhalb des § 221 I StGB tritt Nr. 2 im Wege der Konsumtion zurück (der Täter versetzt das Opfer in eine hilflose Lage und lässt es dann als Garant – Garantenstel-lung aus Ingerenz – in dieser im Stich).
- § 221 II Nr. 2 StGB tritt hinter § 221 III StGB zurück.
- § 222 StGB tritt hinter die Erfolgsqualifikation des § 221 III StGB zurück.
- § 221 StGB wird in allen Ausprägungen von §§ 211, 212 StGB verdrängt (Ausnah-me: Tateinheit soll vorliegen, wenn die Tötungshandlung gerade im Verbringen des Opfers in eine hilflose Lage im Sinne des § 221 StGB besteht).
Allgemeines zum Schwangerschaftsabbruch, §§ 218 ff. StGB?
- verfassungsrechtliche Vorgaben –> Art. 1 I, 2 II GG: Verpflichtung das ungeborene Leben zu schützen
- -> daher SS Abbruch als Unrecht und damit rechtlich verboten
- -> Gesetzgeber kann in Frühphase der SS in Konflikten den Schwerpunkt auf die Beratung legen und sie für Austragung zu gewinnen
- -> vorgenommener SS Abbruch ist nicht gerechtfertigt nach beratungsregel ohne Feststellung einer Indikation
Systematik der §§ 218 ff. StGB?
- § 218 I StGB normiert den Grundtatbestand des Schwangerschaftsabbruchs, der nach § 218 IV 1 StGB auch im Versuch strafbar ist.
- § 218a I StGB stellt einen Tatbestandsausschließungsgrund dar; er nennt Um-stände, bei deren Vorliegen der Schwangerschaftsabbruch als nicht tatbestands-mäßig (gleichwohl aber als rechtswidrig) gilt.
- § 219 StGB regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Beratung zur Tatbe-standslosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs nach § 218a I StGB führt.
- § 218a II, III StGB enthält mehrere Rechtfertigungsgründe; aufgezählt werden die Indikationen, bei deren Vorliegen der Schwangerschaftsabbruch nicht rechtswid-rig ist.
- § 218 II StGB enthält eine Strafzumessungsregel für die besonders schweren Fäl-le, die durch Regelbeispiele konkretisiert werden.
- § 218 III StGB stellt eine Privilegierung für die Schwangere dar.
- §§ 218 IV 2, 218a IV 1 StGB sehen zwei persönliche Strafausschließungsgründe für die Schwangere vor.
Wann gilt der Schwangerschaftsabbruch als tatbestandslos gem. § 218a I StGB?
- Wenn:
1. die Frau ihn verlangt
2. dem Arzt durch eine Bescheinigung gem. § 219 II 2 StGB nachweist, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
3. er von Arzt vorgenommen wird
4. seit Empfängnis max. 12 Wochen vergangen sind
Was bedeutet der fragmentarische Charakter des Strafrechts für tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit?
Denn nicht jedes rechtswidrige Verhalten fällt auch unter einen Straftatbestand. Vielmehr erfasst das Strafrecht nur besonders gravierende Rechtsgüterverletzungen, also nur einen Teil des rechtswidrigen Handelns – sog. fragmenta-rischer Charakter des Strafrechts. Die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens kann sich nicht nur aus Strafvorschriften, sondern auch aus Vorschriften aus den anderen Teilbereichen der Rechtsordnung – Zivilrecht, sonstiges Öffentliches Recht – ergeben. Am Bsp.: Zahlt ein Käufer nicht den vereinbarten Kaufpreis, verhält er sich rechtswidrig, denn er verstößt hier gegen seine Rechtspflicht aus dem Kaufvertrag. Das macht dieses Verhalten aber – zumindest im Normalfall – noch nicht zu einer Straftat. Er handelt hier also zwar rechtswidrig, aber eben nicht (straf-)tatbestandsmäßig. Es gilt deshalb nur: Die Straftatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit. Keineswegs darf aber daraus der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Tatbestandslosigkeit die Rechtmäßigkeit indiziert. Insofern ist es zunächst ohne Weiteres möglich, den Schwangerschaftsabbruch in einem bestimmten Umfang zwar als nicht tatbe-standsmäßig, dennoch aber als rechtswidrig anzusehen. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich hier aus der Verletzung von Art. 1 I, 2 II GG.
Wann ist der Schwangerschaftsabbruch gerechtfertigt nach § 218a II, III StGB?
- Einwilligung der Frau
- Von Arzt vorgenommen
- Entweder medizinisch-soziale Indikation nach § 218a II StGB
- oder kriminologische Indikation nach § 218a III StGB und seit Empfängnis max. 12 Wochen vergangen sind
Konkurrenzen der §§ 218 ff. StGB?
- Bei Tötung einer Schwangeren verwirklicht der Täter §§ 211 ff. StGB in Tateinheit mit § 218 StGB.
- Bei der Fremdabtreibung verletzt der Täter zugleich die körperliche Integrität der Schwangeren. Damit verwirklicht er §§ 223 ff. StGB in Tateinheit mit § 218 StGB.
- Wird infolge der Abtreibungshandlung ein zunächst noch lebendes Kind geboren, das der Täter dann durch eine weitere Handlung tötet, macht er sich der versuchten Ab-treibung gem. §§ 218 I, IV 1, 22 StGB in Tatmehrheit mit §§ 211 ff. StGB strafbar.
Was besagt das “Prinzip der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung”?
ein und dasselbe Verhalten kann nicht zugleich erlaubt und verboten sein
Was für eine Art Norm sind Rechtfertigungsgründe?
Erlaubnisnormen die die Verbotsnormen aufheben und damit der Tatbestandsverwirklichung den Unrechtscharakter nehmen
- -> müssen nicht automatisch strafrechtlicher Natur sein
- -> können sich auch aus Gewohnheitsrecht ergeben zugunsten des Täters
Was sind offene Tatbestände?
- Normalerweise indiziert die Tatbestandsmäßigkeit einer Tat die Rechtswidrigkeit der Tat
- bei offenen Tatbeständen ist der Formulierung nach eine Vielzahl oerlaubter Verhaltensweisen erfasst und durch Gesetzgeber daher eine Definition der Rechtswidrigkeit beigefügt –> Nötigung § 240, Erpressung § 253 StGB
- -> Rechtswidrigkeit muss immer erörtert und positiv festgestelt werden!
Was sind zB. wichtige Rechtfertigungsgründe?
- die Notwehr, § 32 StGB, § 227 BGB
- der rechtfertigende Notstand, § 34 StGB
- die zivilrechtlichen Notstandsregelungen, §§ 228, 904 BGB
- die zivilrechtlichen Selbsthilferegelungen, §§ 229, 859 BGB
- die Einwilligung
- die mutmaßliche Einwilligung
- die rechtfertigende Pflichtenkollision
- die Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 StGB
- das Festnahmerecht, § 127 StPO
- das Erziehungsrecht, Art. 6 II GG, §§ 1626 I, 1631 BGB
- die Amtsrechte und dienstliche Weisungen
- die behördliche Genehmigung
- das Widerstandrecht, Art. 20 IV GG
Was besagen der objektive und subjektive Rechtfertigungstatbestand der Rechtfertigungsgründe?
- objektiver Rechtfertigungstatbestand: Der objektive Rechtfertigungstatbestand benennt die äußeren Umstände, die tatsächlich gegeben sein müssen, damit eine tatbestandliche Rechtsgutsverletzung ausnahmsweise kein Unrecht darstellt und so-mit der Erfolgsunwert der Tat entfällt (z.B. die Verletzung des Angreifers in Notwehr)
- subjektiver Rechtfertigungstatbestand: Die objektiv bestehende Rechtfertigungs-lage muss der Täter auch subjektiv erfassen (z.B. Kenntnis der Notwehrlage und der Erforderlichkeit der Verteidigung). Nur unter dieser Voraussetzung wird das Unrecht des deliktstatbestandlichen Handelns vollständig aufgehoben. Kennt der Täter die Rechtfertigungslage nicht, bleibt sein Verhalten nach seiner Vorstellung von der Tat auf die Verwirklichung von Unrecht gerichtet und damit wegen des Handlungs-unwertes strafwürdig.