Last Minute Zwischenprüfung Flashcards

1
Q

Äquivalenztheorie iR. der Kausalität im objektiven Tatbestand eines vollendeten vorsätzlichen Begehungsdelikts?

A

Ursächlich ist jede Bedingung, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele – sog. Conditio-sine-qua-non-Formel.

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2
Q

Welche Problemfälle der Kausalität gibt es?

A
  1. Atypische Kausalverläufe (+)
  2. Hypothetische Ersatzursachen (+)
  3. Beschleunigung des Erfolgseintritts (+)
  4. Fortwirkende Kausalität (+)
  5. Kumulative Kausalität (+)
  6. Alternative Kausalität
    → Streng genommen liegt hier nach der Äquivalenztheorie an sich keine Kausalität vor, da hier jeweils die Handlung des einen oder des anderen Täters hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele.
    Deshalb wird die Äquivalenztheorie für diese Fallgruppe dahingehend abgewan-delt, dass die Handlungen schon dann als kausal gelten, wenn sie nicht kumulativ weggedacht werden können.
  7. Abgebrochene/Überholende Kausalität
    - -> Die Ursächlichkeit einer früher gesetzten Bedingung entfällt, wenn ein späteres Ereignis völlig unabhängig von ihr eine neue Kausalreihe eröffnet, die ganz allein den Erfolg herbeiführt, d.h. die erste Kausalreihe „überholt“ und somit abbricht.
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3
Q

Wann besteht eine objektive Zurechnung der Handlung im Rahmen des OTB beim vollendeten vorsätzlichen begehungsdelikt?

A
  1. Schaffen oder Erhöhen einer rechtlich missbilligten Gefahr
    - -> Gefahrschaffung
  2. und gerade Verwirklichen dieser Gefahr im tatbestandlichen Erfolg
    - -> Gefahrenzusamenhang
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4
Q

Welche Problemfälle der “Gefahrschaffung” iR. der objektiven Zurechnung im OTB gibt es?

A
  1. Allgemeines Lebensrisiko (-)
  2. Erlaubtes Risiko (-)
    - -> zB. Autofahren
  3. Risikoverringerung (-)
    - -> Außer Täter wendet zwar bestehende schwere Gefahr ab, aber schafft neue, eigenständige, wenn auch geringere Gefahr (dann aber idR. Rechtfertigung, etc.)
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5
Q

Welche Problemfälle des Gefahrenzusammenhangs iR. der Objektiven Zurechnung im OTB gibt es?

A
  1. Atypische Schadensfolge (-)
    - -> zB. Bluter verblutet
  2. Geschehensabläufe außerhalb aller Lebenserfahrung (-)
  3. Fehlen des Schutzzweckzusammenhangs (-)
    - -> zB. Verkehrsschild sorgt nicht dafür, dass Unfall ausgelöst wird, nur weil man daher Abbremsen muss und zu dem ZP an späterer Unfallstelle ist, wo Kind über die Straße läuft
  4. Fehlen des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs (-)
    - -> Wenn der Erfolg auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre
    - -> zB. Trunkenheitsunfall auch nüchtern nicht zu verhindern
  5. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung (-)
    - -> Außer:
    a. Selbstgefährdung ist nicht freiverantwortlich
    b. Nicht Selbstgefährdung, sondern einverständliche Fremdgefährdung
  6. Eigenverantwortliches Dazwischentreten Dritter
    - -> Kein Gefahrenzusammenhang, wenn Dritter völlig neue Gefahr schafft
    - -> Aber Gefahrenzusammenhang, wenn Verhalten des Dritten spezifisch mit der Ausgangsgefahr verbunden ist
  7. Fälle der kumulativen Kausalität (-)
    - -> Nur Bestrafung aus Versuch
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6
Q

Prüfungsaufbau der objektiven Zurechnung?

A
  • Schaffung bzw. Erhöhung einer rechtlich missbilligten Gefahr: entfällt bei
    • allgemeinem Lebensrisiko
    • erlaubtem Risiko
    • Risikoverringerung
  • Realisierung dieser Gefahr im Erfolg (Gefahrenzusammenhang): entfällt bei
    • atypischen Schadensfolgen
    • Geschehensabläufen außerhalb aller Lebenserfahrung
    • Fehlen des Schutzzweckzusammenhangs
    • Fehlen des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs
    • eigenverantwortlicher Selbstgefährdung (nicht dagegen bei nur einverständlicher Fremdgefährdung)
    • eigenverantwortlichem Dazwischentreten Dritter (Ausnahme: das Verhalten des Dritten ist gerade mit der Ausgangsgefahr verbunden)
    • kumulativer Kausalität
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7
Q

Def. “Vorsatz”?

A

Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.

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8
Q

Welche Vorsatzformen werden unterschieden?

A
  1. Absicht = dolus directus 1. Grades
    - -> Wissen + Wollen
  2. direkter Vorsatz = dolus directus 2. Grades
    - -> Sieht voraus dass Folge zwangsläufig eintreten wird und nimmt dieses Tun daher in seinen Willen auf, auch wenn es ihm an sich unerwünscht ist
  3. Eventualvorsatz = dolus eventualis
    - -> nimmt billigend in Kauf, dass Folge eintreten KÖNNTE, auch wenn er es eigentlich nicht will
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9
Q

(P) –> Wie werden Eventualvorsatz und bewusste Fahrlässigkeit abgegrenzt?

A

I. Abgrenzung auf der Wissensseite (wird nur geprüft, wenn Eventualvorsatz wirklich mla problematisch, zB., wenn Täter auf Ausbleiben hofft!)
A1 “Möglichkeitstheorie” –> Eventualvorsatz = konkrete Möglichkeit der Rechtsgutverletzung erkannt und dennoch Handeln
(-) dehnt Vorsatzsstrafbarkeit zu sehr aus

A2 “Wahrscheinlichkeitstheorie” –> Eventualvorsatz = Hält Rechtsgutsverletzung für wahrscheinlich, d.h. mehr als möglich und weniger als überweigend wahrscheinlich
(-) auch wenig wahrscheinlich eingeschätzter Erfolg kann bewusst angestrebt werden und vom Vorsatz somit umfasst sien

A3 “normative Risikolehre” –> Eventualvorsatz = Bewusstes Entscheiden für Handeln, das mit einer in der Rechtsordnung geltenden Risikomacime unverträglich
(-) wieder zu weites Ausdehnen in Bereich der bewussten Fahrlässigkeit

II. Abgrenzung auf der Willensseite (Wenn Eventualvorsatz zwar problematisch, aber SV ergibt, dass Täter sich damit abfindet):

A1 “Ernstnahmetheorie” hL. –> Ecentualvorsatz = Täter hält Erfolg ernstich für möglich und findet sich um des von ihm erstrebten Zieles auch mit Tatbestandsverwirklichung ab

A2 “Billigungslösung” Rspr. –> Eventualvorsatz = wenn Täter den Erfolg für möglich hält und ihn auch billigend in Kauf

  • —> Eventualvorsatz = “Na wenn schon”
  • —> bewusste Fahrlässigkeit = Ernsthaftes und nicht bloß vages Vertrauen darauf, dass Erfolg nicht eintreten wird!
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10
Q

Wann muss der Täter Vorsatz haben und wie nennt man das?

A

Gem. § 16 I 1 –> bei Begehung der Tat
= Tatzeitpunkt = Gem. § 8 Tathandlung
—> “Simultaneität von objektivem und subjektivem Tatbestand”

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11
Q

Problemfälle der Simultaneität von objektivem und subjektivem Tatbestand? = Vorsatz nicht bei Tathandlung

A
  1. dolus antecedens
    - -> vorhergehender Vorsatz aber nicht mehr aktueller (-)
  2. dolus subsequens
    - -> nachträgliche Billigung des unvorsätzlich Verwirklichten (-)
  3. dolus cumultativus
    - -> Täter hält es für möglich, nicht nur eine sondere mehrere Erfolge mit Handlung herbeizuführen (+)
  4. dolus alternativsu (str.)
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12
Q

(P) –> Wie wird der Täter bei “dolus alternativus bestraft”, d.h. er weiß nicht sicher, welche von mehreren sich gegenseitig ausschließenden Erfolgen er mit seiner Handlung herbeiführen wird, nimmt aber jede Möglichkeit billigend in Kauf?

A

A1 “Vollendungslösung” –> vollendetes Delikt
(-) möglicherweise schwererer Versuch bleibt unbedacht

A2 “Schwerelösung” –> Bestrafen nur aus dem schwereren Delikt
(-) wiegt Versuchsunrecht schwerer, bleibt tatsächlich eingetretene Rechtsgutverletzung unberücksichtigt

A3 “Kumultativlösung” hM. –> zu bestrafen ist aus allen verwirklichten und versuchten Delikten in Tateinheit
(-) 2 Vorsatztaten zu Lasten des Täters, obwohl er nur eine verwirklichen wollte

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13
Q

Wann liegt ein Tatumstandsirrtum vor und welche Ebenen werden unterschieden?
I. Vorliegen
II. Ebenen

A

I. Vorliegen: Täter kennt bei Tatbegehung nicht alle Umstände, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören und handelt nach § 16 I 1 StGB one Vorsatz und kann allenfalls wegen Fahrlässigkeit bestraft werden, § 16 I 2 StGB

II. Ebenen:
1. Die begriffliche Ebenen (Ausdrücke und Begriffe)

  1. Die Tatsachenebene (Umstände der Wirklichkeit)
    a. desktriptive Tatbestandsmerkmale = natürliche Tatsachen
    b. normative Tatbestandsmerkmale = Bezeichnung von rechtlichen Tatsachen
    - -> Täter muss Merkmal im Großen und ganzen erfasst haben “Parallelwertung in der Laiensphäre”
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14
Q

Wovon ist der Tatumstandsirrtum zu unterscheiden?

A
  • -> Subsumtionsirrtum
    1. Dieser lässt den Vorsatz nicht entfallne und führt lediglich zu einem Verbotsirrtum, der allenfalls für die Schuld von Bedeutung ist, vgl. § 17 StGB
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15
Q

Wie ist beim “Irrtum über die Identität des Tatobjekts” zu unterscheiden?
–> “error in persona vel objecto”

A
  1. tatbestandliche Gleichwertigkeit
    - -> unbeachtlicher Motivirrtum lässt Vorsatz nicht entfallen
    - -> vollendetes vorsätzliches Delikt
  2. tatbestandliche Ungleichwertigkeit
    - -> Tatumstandsirrtum (+)
    - -> fahrlässiges Delikt am Verletzungsobjekt in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
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16
Q

Wie ist beim “Fehlgehen der Tat” im Rahmen der Irrtumslehre zu unterscheiden?
–> “aberratio ictus”

A
  1. tatbestandliche Ungleichwertigkeit
    - -> Tatumstandsirrtum (+)
    - -> fahrlässiges Delikt am Verletzungsobjektv in Tateinheit mit versuchtem Delikt am Zielobjekt
  2. tatbestandliche Gleichwertigkeit (str.)
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17
Q

(P) –> Liegt beim “Fehlgehen der Tat” bei tatbestandlich gleichwertigen Tatobjekten ein Tatumstandsirrtum vor?

A

A1 “Gattungslösung” mM. –> Tatumstandsirrtum (-), da gleiche Gattung
–> vollendetes vorsätzliches Delikt

A2 “Konkretisierungslösung” hM. –> Tatumstandsirrtum (+), da Vorsatz sich hier auf bestimmtes Zielobjekt konkretisiert hat und eben nicht auf Verletzungsobjekt

  • -> Fahrlässiges Delikt am Verletzungsobjekt und versuchtem am Zielobjekt
  • -> Beachte: bei billigem Inkauf nehmen nicht fahrlässiges Delikt, sonder vollendetes vorsätzliches Delikt am Verletzungsobjekt! versuch am Zielobjekt
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18
Q

(P) –> Liegt ein Tatumstandsirrtum vor, wenn Täter Angriff aus Ferne lenkt und tatsächlich betroffenes und Zielobjekt gleichwertig sind?

A

A1 “aberratio ictus-Lösung” –> Tatumstandsirrtum (+), da Erfolg nicht an Objekt, auf das sich Vorstellung des Täters konkretisiert hat

A2 “Error in persona-Lösung” hM. –> Tatumstandsirrtum (-)
–> mangels sinnlicher Wahrnehmung bezieht sich Vorsatz auf jedes Objekt, das den Programmvorgaben entspricht

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19
Q

Wie wird es behandelt, wenn Fehlgehen der Tat und Identitätsirrtum zusammenfallen?

A
  1. Entscheidend allein, dass Erfolg nicht an Objekt, das Täter bei Ausführung seiners Angriffs tatsächlich anvisiert hat und auf das sich Vorsatz konkretisiert hat
  2. Behandeln nach Regeln für Fehlgehen der Tat
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20
Q

Wann ist ein irrtum über den Kausalverlauf noch unwesentlich?

A
  1. Wenn sie sich noch in den Grenzen des anch allgemeinen Lebenserfahrungen Voraussehabren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt
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21
Q

(P) –> Wie wird der Irrtum über den Kausalverlauf bei zweiaktigem Geschehen behandelt?

A

A1 “Lehre vom dolus generalis” –> Beide Handlungen bilden ein einheitliches Gesamtgeschehen, das auch im zweiten Teil noch von einem Gesamttötungsvorsatz getragen wird.
(-) Vorsatz wird nur fingiert

A2 “Aufspaltungslösung” –> Getrenntes Betrachten beider Handlungen
–> Versuchtes Delikt in Tatmehrheit mit fahrlässigem Delikt
(-) Bedeutung Ersthandlung für Erfoglseintritt wird nicht genug berücksichtigt

A3 “Unwesentlichkeitslösung” hM. –> Maßgebliche Tathandlung ist die erste Handlung
1. OTB: Die erste Handlung ist ursächlich für den Erfolgseintritt. Der Erfolg kann auch objektiv zugerechnet werden, da ein solcher Gesche-hensverlauf nicht außerhalb der Lebenserfahrung liegt. Ferner schafft die zweite Handlung keine völlig neue Gefahr, sondern schließt an die durch die erste Handlung erzeugte Ausgangsgefahr an.

  1. STB: Zum Zeitpunkt der ersten Handlung liegt Vorsatz vor. Dass der Täter den Erfolg nicht wie geplant unmittelbar mit der ersten, sondern erst mit der zweiten Handlung bewirkt, stellt lediglich eine unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf dar.
    → Der Täter wird bestraft wegen vollendetem vorsätzlichen Delikt
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22
Q

Was sind Delikte mit überschießender Innentendenz?

A

Delikte, die im Subjektiven Tatbestand mehr verlangen, als im objektiven Tatbestand in Form von deliktspezifischen subjektiven Tatbestandsmerkmalen

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23
Q

Wann beginnt das Menschsein und wann endet es?

A

I. Beginn:
1. Zivilrechtlich: mit Vollendung der Geburt gem. § 1 BGB, d.h. Austritt aus dem Mutterleib

  1. Strafrechtlich hM.: Mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen

II. Ende:
1. Maßgeblich ist das endgültige Erlöschen aller Gehirnfunktionen

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24
Q

(P) –> Wie stehen § 212, 211, 216 StGB zueinander?

A
A1 "Abwandlungslösung" hL. -->
1. § 212 = Grundtatbestand
2. § 211 = Qualifikaiton
3 § 216 = Privilegierung
(+) Unrecht bei allen das gleiche, Spezialisierungen beeinflussen Unrecht nur quantitativ

A2 “Eigenständigkeitslösung” Rspr. –> Alles eigenständige Delikte
(+) Systematik
(+) § 211, 216 verweisen gerade nicht pauschal auf § 212 StGB

–> SEHR wichtig bei Teilnahme und besonderen persönlichen Merkmalen!

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25
Q

Welche Merkmale unterscheidet der Mord iSv. § 212 StGB?

A
  1. besonders verwerfliche Beweggründe (1. Gruppe),
    - -> STB
  2. besonders verwerfliche Begehungsweisen (2. Gruppe)
    - -> OTB
  3. besonders verwerfliche Handlungszwecke (3. Gruppe)
    - -> STB
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26
Q

Prüfungsaufbau des Mordes gem § 211 StGB?

A

1) objektiver Tatbestand
a) Töten eines anderen Menschen
b) Mordmerkmale der 2. Gruppe
- heimtückisch
- grausam
- gemeingefährliche Mittel
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz hinsichtlich 1a) und ggf. 1b)
b) Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe
- Mordlust
- Befriedigung des Geschlechtstriebs
- Habgier
- sonst niedrige Beweggründe
- Ermöglichungsabsicht
- Verdeckungsabsicht

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27
Q

Definitionen des Mordes gem. § 211 StGB?

  1. Mordlust
  2. Befriedigung des Geschlechtstriebs
  3. Habgier
  4. niedrige Beweggründe
  5. Heimtücke
    a. Arglosigkeit
    b. Wehrlosigkeit
    c. Ausnutzen
    d. Feindselige Willensrichtung
  6. Grausam
  7. Gemeingefährliches Mittel
  8. Ermöglichungsabsicht
  9. Verdeckungsabsicht
A
  1. Mordlust: Bei der Mordlust entspringt der Antrieb zur Tat allein dem Wunsch, einen anderen sterben zu sehen, d.h. die Tötung des Opfers als solche bildet den einzigen Zweck des Handelns.
  2. Befriedigung des Geschlechtstriebs: Lustmord/Nekrophilie/Anwendung von Gewalt für Geschlechtsverkehr und Tod des Opfers billigend in Kauf nehmen
  3. Habgier: Unter Habgier versteht man ein ungezügeltes und rücksichtsloses Gewinnstreben um jeden Preis.
  4. niedrige Beweggründe: Als niedrig gelten alle Tatantriebe, die nach allgemeiner rechtlich-sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, durch hemmungslose Eigensucht gekennzeichnet sind und deshalb besonders verachtenswert erscheinen.
    → Die Einstufung richtet sich nach einer Gesamtwürdigung, die die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit umfasst.
    –> Subjektive Kenntnis der Umstände
  5. Heimtücke: Heimtückisch tötet nach hM, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt.
    a. Arglosigkeit: Arglos ist, wer im Zeitpunkt der Tat mit keinem tätlichen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben rechnet.
    b. Wehrlosigkeit: Wehrlos ist, wer aufgrund seiner Arglosigkeit in seiner Verteidigung zumindest erheblich eingeschränkt ist. Die Wehrlosigkeit muss also gerade auf der Arglosigkeit beruhen.
    c. Ausnutzen: Der Täter erkennt die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die Lage der angegriffenen Person, d.h. er ist sich bewusst, einen infolge seiner Arglosigkeit schutzlosen Menschen zu überraschen.
    d. Feindselige Willensrichtung: Daran fehlt es, wenn der Täter zum vermeintlichen Besten des Opfers handelt.
  6. Grausam: Grausam tötet nach hM, wer dem Opfer aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung besondere Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die nach Stärke und Dauer über das für die Tötung unvermeidliche Maß hinausgehen.
  7. Gemeingefährliches Mittel: Gemeingefährlich ist nach hM ein Tatmittel, das der Täter in der konkreten Tatsituation nicht sicher zu beherrschen vermag, so dass sein Einsatz geeignet ist, über das oder die ausersehenen Opfer hinaus eine Mehrzahl unbeteiligter Dritter als Repräsentanten der Allgemeinheit an Leib oder Leben zu gefährden.
  8. Ermöglichungsabsicht: Es kommt dem Täter darauf an (dolus directus 1. Grades), mittels der Tötungshandlung die Begehung der anderen Tat zumindest zu beschleunigen oder zu erleichtern; dabei braucht er in dem Tod des Opfers keine zwingende Voraussetzung für das Gelingen dieser Tat zu sehen.
    → Ermöglichungsabsicht kann auch bei nur bedingtem Tötungsvorsatz vorliegen.
  9. Verdeckungsabsicht: Es kommt dem Täter darauf an (dolus directus 1. Grades), mittels der Tötungshandlung die Aufdeckung der Vortat oder bei bereits entdeckter Tat die Aufdeckung der Täterschaft zu verhindern.
    → Verdeckungsabsicht kann auch bei nur bedingtem Tötungsvorsatz vorliegen.
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28
Q

(P) –> Liegt Habgier vor, wenn Täter einen ihm zustehenden rechtlichen Vorteil erstrebt?

A

A1 “extensive Lösung” –> Ja, jede vorsätzliche Tötung zur Erzielung wirtschaflticher Vorteile

A2 “restriktive Lösung” –> Nein, Täter erstrebt hier keinen Zugewinn

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29
Q

Prüfungsaufbau der “Tötung auf Verlangen” gem. § 216 StGB?

A

1) objektiver Tatbestand
a) Töten eines anderen Menschen
b) ausdrückliches und ernstliches Verlangen des Getöteten
c) hierdurch zur Tötung bestimmt
2) subjektiver Tatbestand

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30
Q

(P) –> Ist eine Tötung auf Verlangen gem. § 216 StGB durch Unterlassen möglich?

A

A1 –> Ja, da im Zeitpunkt der Bewusstlosigkeit Pflicht zur HIlfe

A2 –> Nein, da das vorangegangene Tun eine nicht strafbare Teilnahme der eigenverantwortlichen Selbsttötung darstellt

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31
Q

Prüfungsschema der “geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung” gem. § 217 StGB?

A

1) objektiver Tatbestand
a) Gelegenheit zur Selbsttötung eines anderen gewähren, verschaffen oder vermitteln
b) Geschäftsmäßigkeit
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bzgl. des objektiven Tatbestands
b) Vorsatz bzgl. der Selbsttötung des anderen
c) Absicht bzgl. suizidfördernder Wirkung der Tathandlung
- -> Persönlicher Strafausschließungsgrund für Teilnehmer, § 217 II

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32
Q

Welche Arten der Sterbehilfe unterscheidet man?

A
  1. Aktive Sterbehilfe
    - -> einverständliche, gezielte Tötung des unheilbar Kranken durch aktives Tun zum Zweck der Leidensbeendung
    - -> nicht rechtfertigbar
  2. Indirekte Sterbehilfe
    - -> Verabreichen von schmerzlindernden Mitteln, wodurch as nicht beabsichtigte, aber biligend in Kauf genommene Nebenfolge der Tod des unheilbar Kranken beschleunigt wird
    - -> zulässig, Begründung aber str.
  3. Passive Sterbehilfe:
    - -> Sterbenlassen des unheilbar Kranken durch Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen
    a. Hilfe beim Sterben
    b. Hilfe zum Sterben
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33
Q

(P) –> Wieso ist die indirekte Sterbehilfe zulässig?

A

A1 –> nicht tatbestandsmäßig, da bereits keine Tötungshandlung

A2 hM. –> Rechtfertigung gem. § 34 StGB, da Patienteninteresse mit dem Willen in Würde zu Sterben, dem qualvollen Weiterleben und dann qualvoll Sterben entgegensteht

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34
Q

(P) –> Abgrenzung Tun und Unterlassen?

A

A1 “Energieeinsatzlösung” –> naturalistische
→ Ein positives Tun liegt vor, wenn der Täter ein Geschehen durch den Einsatz körperli-cher Energie in Gang setzt oder in eine bestimmte Richtung lenkt.
→ Ein Unterlassen liegt vor, wenn der Täter den Dingen ihren Lauf lässt und von der Mög-lichkeit des Eingreifens keinen Gebrauch macht.

A2 “Schwerpunktlösung” hM. –> Wertende Betrachtung mehrdeutiger Verhaltensweisen = wo liegt Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit?

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35
Q

(P) –> Liegt unerlaubte aktive Sterbehilfe oder erlaubte passive Sterbehilfe vor, wenn Lebenserhaltende Geräte ausgeschalten werden?
(-) = aktiv
(+) = passiv

A

A1 –> Aufwenden von Energie = aktives Tun (-)

A2 –> differenzieren zwischen Arzt und fremder Person:

a. Arzt wenn Pateientenwille ausschalten ist = (+)
b. Unbefugter Außenstehender = Abbrechen fremder Rettungsbemühungen durch aktives Eingreifen (-)

A3 hM. –> Ermittlung des Patientenwillen

  • -> Abbrechen durch alle erlaubt auch wenn aktives Tun
  • -> subjektives Bewusstsein nach Patientenwille zu Handeln muss vorliegen

—> Trotzdem Unterscheiden, ob aktives Tun oder Unterlassen, da bei Unterlassen bereits Tatbestand nicht erfüllt und bei aktivem Tun erst Rechtfertigung!

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36
Q

Welche Deliktsarten beinhaltet die Aussetzung gem. § 221 StGB?

A
  1. § 221 StGB = ein konkretes Gefährdungsdelikt
  2. Systematik § 221 I StGB:
    a. Nr. 1 = Allgemeindelikt das Herbeiführen einer hilflosen Lage pönalisiert
    b. Nr. 2 = Sonderdelikt
    - -> bedarf einer Garantenstellung
  3. Qualifikationen:
    a. § 221 II Nr. 1 StGB = Qualifikation
    b. § 221 II Nr. 2, III = Erfolgsqualifikation
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37
Q

Prüfungsschema der “Aussetzung”?

A

1) objektiver Tatbestand
a) Tathandlung:
- Versetzen eines anderen Menschen in eine hilflose Lage (Nr. 1)
- oder Im-Stich-Lassen eines anderen Menschen in einer hilflosen Lage trotz Ga-rantenstellung (Nr. 2)
b) Taterfolg: Eintritt einer konkreten Gefahr
- des Todes
- oder einer schweren Gesundheitsschädigung
c) Kausalität und objektive Zurechnung zwischen a) und b) (!!!!!!!)
2) subjektiver Tatbestand
- -> Qualifikation, § 221 II Nr. 1 StGB
- -> Erfolgsqualifikationen, § 221 II Nr. 2, III StGB

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38
Q

Definitionen zu der Aussetzung gem. § 221 StGB?

  1. hilflose Lage
  2. Versetzen
  3. Im-Stich-Lassen
  4. Verursachen einer konkreten Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung
A
  1. hilflose Lage: Situation in der Opfer sich nicht vor etwaigen Gefahren für sein Leben oder seine Gesundheit schützen kann, weil
    a. weder aus eigener Kraft in der Lage
    b. noch schutzbereite und -fähige Dritte zur Verfügung stehen
  2. Versetzen: Täter führt die hilflose Lage herbei, auch wenn er für bereits hilfloses Opfer neue Lage erzeugt
    - -> Als Garant auch durch Unterlassen möglich
  3. Im-Stich-Lassen: Garant unterlässt die ihm mögliche Hilfeleistung
    - -> Auch nicht Erscheinen von zB. Arzt fällt hierunter
  4. Verursachen einer konkreten Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung: Durch das Versetzen bzw. Im-Stich-Lassen in hilfloser Lage, muss Täter die entsprechende Gefahrenlage verursacht haben
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39
Q

(P) –> Wie wird es behandelt, wenn der zunächst schutzbereite und schutzfähige Garant sich plötzlich dazu entscheidet, dem hilfsbedürftigen Opfer nicht mehr zu helfen iR. der Aussetzung gem. § 221 StGB?

A

A1 –> Solange Garant schutzbereit und fähig ist, keine hilflose Lage. Durch Aufgabe der Bereitschaft, versetzt er Opfer durch Unterlassen in hilflose Lage
= §§ 221 I Nr. 1, 13 I StGB

A2 –> Opfer bereits in hilfloser Lage wenn es auf Beistand des Täters angewiesen ist. Durch Bereitschaftsaufgabe, lässt Täter Opfer in hilfloser Lage zurück
= § 221 I Nr. 2 StGB

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40
Q

Konkurrenzen der Aussetzung gem. § 221 StGB?

A
  1. § 221 I Nr. 2 tritt im Wege der Konsumtion zurück
  2. § 221 II Nr. 2 tritt hinter § 221 III zurück
  3. § 222 tritt hinter Erfolgsqualifikation des § 221 III zurück
  4. § 221 StGB wird in allen Ausprägungen von § 211, 212 verdrängt
    - -> Außer wenn Tateinheit von Tötungshandlung im Verbringen des Opfers in hilflose Lage besteht
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41
Q

Prüfungsaufbau des Schwangerschaftsabbruchs gem. § 218 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1. objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: Leibesfrucht
b) Abbrechen der Schwangerschaft
c) kein Tatbestandsausschluss gem. § 218a I StGB
2. subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
1. Rechtfertigung nach § 218a II StGB (medizinisch-soziale Indikation)
2. Rechtfertigung nach § 218a III StGB (kriminologische Indikation)
III) Schuld
IV) besonders schwerer Fall, § 218 II StGB (bei Fremdabtreibungen)
V) persönliche Strafausschließungsgründe, §§ 218 IV 2, 218a IV 1 StGB
–> Privilegierung, § 218 III StGB

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42
Q

Definitionen des Schwangerschaftsabbruchs gem. § 218 StGB?

  1. Schwangerschaft
  2. Abbrechen
A
  1. Schwangerschaft: Nidation bis Eröffnungswehen
  2. Abbrechen: Abtöten der Leibesfrucht
    - -> ZP ist maßgeblich
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43
Q

Konkurrenzen des Schwangerschaftsabbruchs gem. § 218 StGB?

A
  1. Bei Tötung einer Schwangeren: §§ 211ff. in Tateinheit mit § 218 StGB
  2. Bei Fremdabtreibung: § 223 ff in Tateinheit mit § 218 StGB
  3. Wird infolge der Abtreibungshandlung ein zunächst lebendes Kind geboren das dann getötet wird, dann versuchte Abtreibung gem. §§ 218 I, IV 1, 22 StGB in Tatmehrheit mit §§ 211 ff. StGB
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44
Q

Wichtige Rechtfertigungsgründe?

A
  • die Notwehr, § 32 StGB, § 227 BGB
  • der rechtfertigende Notstand, § 34 StGB
  • die zivilrechtlichen Notstandsregelungen, §§ 228, 904 BGB
  • die zivilrechtlichen Selbsthilferegelungen, §§ 229, 859 BGB
  • die Einwilligung
  • die mutmaßliche Einwilligung
  • die rechtfertigende Pflichtenkollision
  • die Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 StGB
  • das Festnahmerecht, § 127 StPO
  • das Erziehungsrecht, Art. 6 II GG, §§ 1626 I, 1631 BGB
  • die Amtsrechte und dienstliche Weisungen
  • die behördliche Genehmigung
  • das Widerstandrecht, Art. 20 IV GG
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45
Q

Wie ist der Rechtfertigungstatbestand aufgebaut?

A
  1. Objektiver Rechtfertigungstatbestand
  2. Subjektiver Rechtfertigungstatbestand
    = Kenntnis durch Täter von der objektiv bestehenden Rechtfertigungslage
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46
Q

Prüfungsaufbau der Notwehr gem. § 32 StGB?

A

1) Notwehrlage
- Angriff auf ein notwehrfähiges Rechtsgut
- Gegenwärtigkeit des Angriffs
- Rechtswidrigkeit des Angriffs
2) Notwehrhandlung
- Eingriff in Rechtsgüter des Angreifers
- Geeignetheit zur Angriffsabwehr
- Erforderlichkeit zur Angriffsabwehr
- Gebotenheit
3) Notwehrwille

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47
Q

Was sind notwehrfähige Rechtsgüter iS. der Notwehr gem. § 32 StGB?

A
  1. Individualrechtsgüter
    - -> Notwehrfähigkeit (+)
  2. Rechtsgüter der Allgemeinheit
    - -> Notwehrfähigkeit (-)
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48
Q

Definitionen der Notwehr gem. § 32 StGB?

  1. Angriff
  2. tatsächliches Bestehen der Bedrohungslage
  3. Gegenwärtigkeit des Angriffs
    a. unmittelbar Bevorstehen
    b. Fortdauern
A
  1. Angriff: Als Angriff gilt die drohende Verletzung eines notwehrfähigen Rechtsguts durch menschliches Handeln
  2. tatsächliches Bestehen der Bedrohungslage: muss TATSÄCHLICH auch vorliegen
    - -> In der Bedrohung mit der Scheinwaffe kann allerdings ein echter und nicht bloß scheinbarer Angriff liegen, wenn die Scheinwaffe eingesetzt wird, um die Willensentschließungsfreiheit des Opfers zu attackieren.
  3. Gegenwärtigkeit des Angriffs: Der Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch fortdauert.
    a. unmittelbar Bevorstehen: Übergehen des Angreifers zum eigentlichen Angriff ohne weitere Zwischenakte
    - -> Dauergefahren sind kein gegenwärtiger Angriff
    - -> Präventivmaßnahmen werden nicht erfasst
    b. Fortdauern: Solange Angriff, bis er aufgegebn, fehlgeschlagen oder in endgültigen Schaden umgeschlagen ist
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49
Q

(P) –> Verhalten ist rechtswidrig, wenn es durch Rechtfertigungsgrund erlaubt ist. Wann ist dieser Angriff rechtswidrig im Rahmen der Notwehr gem. § 32 StGB?

A

A1”Duldungslösung” –> Der Angriff ist rechtswidrig, wenn der Betroffene ihn nicht zu dulden braucht, weil der Angreifer über keine besondere Eingriffsbefugnis verfügt.
→ Auch ein nicht sorgfaltswidriges Verhalten kann rechtswidrig sein.
–> zB. irrtümliche vorrübergehende Festnahme

A2 “Pflichtwidrigkeitslösung” –> Der Angriff ist nur rechtswidrig, wenn der Angreifer gegen eine rechtliche Verhaltensnorm verstößt, also pflichtwidrig handelt. Auf die Schuldhaftigkeit des Angriffs kommt es dagegen nicht an.
–> sorgfaltsgemäßes Handeln, begründet kein rechtswidriges Eingreifen

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50
Q

Was ist sich zur Geeignetheit, Erforderlichkeit der Notwehrhandlung gem. § 32 StGB zu merken?

A
  1. Geeignetheit: Alles, außer von vornherein völlig aussichtslose Maßnahmen
  2. Erforderlichkeit: relativ mildeste Mittel
    –> nicht weniger effektive Mittel
    prinzipiell auch Maßnahmen die sofortige und endgültige Beendigung bewirken
    –> muss sich nicht Verhältnismäßigkeit überlegen
    –> Besonderheit: lebensgefährliche Mittel =
    (1) Androhen
    (2) Nicht lebenswichtige Körperregionen
    (3) Lebenswichtige Körperregionen
    –> Außer: 3 Schritte sind unzumutbar
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51
Q

Was bedeutet die Subsidiarität gegenüber staatlicher Gefahrenabwehr iR. der Notwehr gem. § 32 StGB?

A

→ Kann der Angriff durch einen präsenten, dafür zuständigen Amtsträger abgewehrt werden, gilt die Verteidigung durch eine Privatperson als nicht erforderlich.

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52
Q

Was bedeutet die Nothilfe und was ist bei ihr zu beachten?

A
  1. Sie ist iR. der Notwehr gem. § 32 StGB auch für die Verteidigung eines anderen im selben Umfang wie die eigene Verteidigung erlaubt
  2. Verbot der aufgedrängten Nothilfe, wegen akzessorischem Charakter
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53
Q

(P) –> Können sich Amtsträger auf § 32 StGB berufen, wenn ihr Verhalten zwar nach staatlichem Gefahrabwehrrecht nicht zulässig ist, jedoch unter Notwehrgesichtspunkten gerechtfertigt ist?

A

A1 “polizeirechtliche Lösung” –> § 32 StGB nicht anwendbar, da sonst strenge Voraussetzungen durch § 32 unterlaufen werden
(-) Wortlaut des § 32 StGB unterscheidet nicht

A2 “strafrechtliche Lösung” hM. –> § 32 auch auf Amtsträger anwendbar, da § 32 auch hoheitliche Eingriffsgrundlage enthält die polizeirechtliche Regelungen ergänzt

A3 “Aufspaltungslösung” –> Differenzieren zwischen polizeirechtlicher und strafrechtlicher Bewertung, d.h. disziplinarrechtliche Ahndung bleibt möglich, trotz strafrechtlicher Rechtfertigung

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54
Q

In welchen Fällen findet eine sozialethische Einschränkung des Notwehrrechts gem. § 32 StGB statt?
I. klassische Fallgruppen
II. weitere, aktuell diskutierte Fallgruppen

A

I. klassische Fallgruppen

  1. die extrem unverhältnismäßige Verteidigung
  2. der Angriff im Zustand fehlender Schuld –> Drei-Stufen-Modell
  3. enge persönliche Beziehungen zwischen Angreifer und Angegriffenem –> Drei-Stufen-Modell
  4. der provozierte Angriff –> diff./str.

II. weitere, aktuell diskutierte Fallgruppen

  1. die tödliche Notwehr zur Verteidigung von Sachgütern
  2. die sog. Rettungsfolter
  3. die Verteidigung gegen Nötigungen und Erpressungen
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55
Q

Wie ist der Aufbau des Drei-Stufen-Modells iR. der Notwehr gem. § 32 StGB?

A
  1. Ausweichen
  2. Defensive Schutzwehr
  3. maßvolle Trutzwehr
    - -> Ggf. auch Hinnehmen, leichterer Beeinträchtigungen
    - -> Sofortige Trutzwehr nur, wenn Angegriffener sonst erhebliches Verletzungsrisiko eingeht
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56
Q

(P) –> Wann gilt ein angriffsauslösendes Verhalten als Provokation?

A

A1 “Missbilligungslösung” rspr. –> Das Vorverhalten braucht nicht rechtswidrig zu sein; es genügt, wenn es sozialethisch zu missbilligen ist – zumindest sofern die Moralwidrigkeit einen gewissen Schweregrad aufweist.

A2 “Rechtswidrigkeitslösung” hL. –> Vorverhalten muss rechtswidrig sein, da sonst Wertungsmäßiger Widerspruch es durch bestimmte Rechtsfolgen so zu behandeln, als wäre es rechtlich verboten

—-> Provokationszusammenhang muss gegeben sein, d.h. aus Sicht eines Dritten muss es nachvollziehbare Reaktion auf Vorverhalten darstellens

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57
Q

(P) –> Welche Arten von Notwehrprovokationen werden unterschieden und wie sind ihre rechtlichen Folgen?

A

I. Absichtsprovokation
A1 “Unzulässigkeitlösung” hL. –> Vollständiges Entfallen des Notwehrrechts, da es nicht um Selbstschutz geht

A2 “Drei-Stufen-Lösung”

I. Die sonst vorwerfbare Provokation = Der Provokateur führt die Notwehrlage zwar nicht zielgerichtet, gleichwohl aber auf eine andere (rechtlich) zu beanstandende Weise mit herbei.

  • -> Drei-Stufen-Lösung, wegen Mitverantwortung
  • -> Sofortige lebensgefährliche Trutzwehr bleibt jedoch zulässig
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58
Q

(P) –> Gibt es ein tötliches Notwehrrecht zur Verteidigung von Sachen?

A

hM. –> NEIN!

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59
Q

(P) –> Ist eine Rettungsfolter durch Amtsträger erlaubt iR. der notwehr gem. § 32 StGB?

A

A1 “Abwägungslösung” –> zulässig, da Pflicht des Amtsträgers die Menschenwürde des Angreifers zu schützen mit der, die des Angegriffenen zu schützen = Abwägung

A2 “Eingriffsverbotslösung” hL. –> Nicht zulässig, da Verbot des Menschenwürdeeingriffs absolut ist

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60
Q

(P) –> Ist eine Rettungsfolter durch Private zulässig iR. der Notwehr gem. § 32 StGB?

A

A1 “Eingriffsverbotslösung” –> Nein, da Menschenwürde absolut

A2 “Abwägungslösung” –> Abwägung, da Art. 1 I GG sich auch nur an Staat und nicht an Private richtet

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61
Q

(P) –> Ist eine Notwehrhandlung bei Verteidigung gegen Nötigung oder Erpressung zulässig iR. der Notwehr gem. § 32 StGB? (“Chantage”)

A

A1 –> Nein, da Angriff nicht Gegenwärtig

A2 “hM. –> Fortdauernde Beeinträchtigung der Willensentschließung sorgt für weiteren psychischen Druck, sodass Angriff gegenwärtig ist

  • -> Zumutbarkeit, die Polizei zu rufen
  • -> Aber, Abwägung und evtl. Notwehr (+)
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62
Q

(P) –> Kann man Erpresser “heimtückisch” ermorden?

A

hM. –> Nein! Erpressender muss immer mit Gegenwehr rechnen und ist somit nicht arglos

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63
Q

(P) –> Reicht iR. der Notwehr gem. § 32 StGB bei der “Kenntnis der notwehrbegründenden Umstände” die bloße Kenntnis aus?

A

A1 “voluntative Lösung” hM. –> Nein, Handeln mit Verteidigungsabsicht ist notwendig und nicht überwiegend andere Motive

A2 “kognitive Lösung” –> Ausreichen der notwehrbegründenden Umstände

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64
Q

(P) –> Welche Folge hat das Ausüben der Notwehrhandlung mit Fehlen der Verteidigungsabsicht?

A

A1 “Vollendungslösung” –> Vollendetes Delikt

A2 “Versuchslösung” hM. –> Versuchte rechtswidrige Tat, da Erfolgsunwert fehlt

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65
Q

Welche Situation wird als “Notstand” bezeichnet?

A

Situation, in der gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut, nur durch Beeitnrächtigung eines anderen Rechtsguts (Eingriffsguts) abgewendet werden kann

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66
Q

Welche Situationen unterscheidet man beim Notstand?

A
  1. Rechtfertigender Notstand gem. § 34 StGB
    - -> Rettung des gefährdeten Schutzgutes vor Bestand des Eingriffsguts
    a. Aggressivnotstand = Eingriff in Güter eines Dritten
    - -> Solidaritätsprinzip
    - -> Überwiegendes Interesse ist notwendig!
    - -> § 904 BGB = Vorrang
    b. Defensivnotstand = Eingriff in Güter des Angreifenden
    - -> Grundsatz der Störverantwortlichkeit
    - -> Interesse darf nur nicht völlig unverhältnismäßig sein
    - -> § 228 BGB = Vorrang
  2. Entschuldigender Notstand gem. § 35 StGB
    - -> Rettung des gefährdeten Schutzgutes kein Vorrang vor Bestand es Eingriffsgutes
    - -> Rettung des Schutzgutes okay, wenn Verzicht persönlich nicht zumutbar sit
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67
Q

Prüfungsaufbau des rechtfertigenden Notstands gem. § 24 StGB?

A

1) Notstandslage
- Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut
- Gegenwärtigkeit der Gefahr
2) Notstandshandlung
- Geeignetheit zur Gefahrenabwehr
- Erforderlichkeit zur Gefahrenabwehr
- wesentliches Überwiegen des geschützten Interesses (Interesse an der Rettung des gefährdeten Schutzgutes) gegenüber dem beeinträchtigten Interesse (Interesse am Bestand des Eingriffsgutes)
- Angemessenheit
3) Notstandswille

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68
Q

Welche Rechtsgüter sind notstandsfähig gem. § 34 StGB?

A
  1. Individualrechtsgüter (+)

2. Rechtsgüter der Allgemeinheit (+) –> Unterschied zu Notwehr gem. § 32 StGB

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69
Q

Definitionen des rechtfertigenden Notstands gem. § 34 StGB?

  1. Gefahr
  2. Gegenwärtigkeit
    a. Augenblicksgefahr
    b. Dauergefahr
  3. Geeignetheit und Erforderlichkeit der Gefahrenabwehrmaßnahme
    a. Geeignetheit
    b. Erforderlichkeit
  4. Angemessenheit der Tat zur Gefahrenabwehr gem. § 34 S.2
A
  1. Gefahr: Zustand, in dem aufgrund besonderer Risikofaktoren der Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens droht. Die konkrete Möglichkeit eines Schadenseintritts ist ausreichend.
    - -> Bedrohungslage muss wirklich vorliegen
  2. Gegenwärtigkeit: Als gegenwärtig gilt eine Gefahr, sobald sie sich später nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr sicher abwenden lässt.
    a. Augenblicksgefahr: Gefahrenlage mit Befürchtung alsbaldigen Schadenseintritts
    b. Dauergefahr: Es besteht eine Gefahrenlage, bei der sich der Schaden zwar nicht notwendig in allernächster Zeit realisieren muss, aber jederzeit die Möglichkeit des Eintretens einer Rechtsgutsverletzung besteht
    - -> großer Unterschied zu § 32 StGB!
  3. Geeignetheit und Erforderlichkeit der Gefahrenabwehrmaßnahme:
    a. Geeignetheit: Erscheint nicht ganz unwahrscheinlich für die Schadensverhinderung
    b. Erforderlichkeit: relativ mildeste Mittel
    - -> Anders als bei Notwehr: Ggf. muss Notstandstäter der Gefahr ausweichen oder staatliche oder private Hilfe herbeiholen
    - -> zB. beim dauerhaften Familientyrannen
  4. Angemessenheit der Tat zur Gefahrenabwehr gem. § 34 S.2:
    Fallgruppen fehlender Angemessenheit sind:
    • die Sperrwirkung rechtlicher Verfahren
    • die Unantastbarkeit bestimmter Freiheitsrechte –> Menschenwürde, Freiheitsberaubung, erhebliche Körperverletzung
    • der Nötigungsnotstand
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70
Q

Was ist beim Verhältnis Notwehr und Notstand zu beachten?

A
  1. Notwehr hat beim Defensivnotstand Vorrang gegenüber Notstand
  2. Wenn Notwehr und gleichzeitig Notstand wegen Aggressivnotstand (=Eingriff in Eigentum eines Dritten), dann Prüfen beides gegenüber den jeweiligen Personen
  3. Wenn Notwehrlage gegeben, aber trotzdem keine Notwehr vorliegend, dann auch kein Notstand möglich
  4. Wenn keine Notwehrlage gegeben, dann kann Notstand trotzdem gegeben sein, da es für diesen nur eine Gefährdung braucht und der Maßstab weiter ist und er somit vorliegen kann!
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71
Q

Welche Abwägungsfaktoren gibt es beim rechtfertigenden Notstand gem. § 34 StGB bzgl. des wesentlich Überwiegenden Interesses des geschützten Rechtsgutes?

A
  1. der allgemeine Rang der betroffenen Rechtsgüter
  2. das Ausmaß des potentiellen Schadens
  3. die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts
  4. die Größe der Rettungschance
  5. die persönlichen Präferenzen der Betroffenen
  6. die Autonomie des Inhabers des Eingriffsgutes
  7. die Verantwortlichkeit für das Entstehen der Notstandslage
  8. das Bestehen besonderer Gefahrtragungspflichten
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72
Q

Ist das Leben einer Abwägung iR. des rechtfertigenden Notstands gem. 3 34 StGB zugänglich?

A

Nein! Nie!
–> Nicht mal um viele Menschen zu retten und Person sogar schon totgeweiht ist, da nicht einzusehen ist wieso gerade er auf Rettungschance verzichten soll und auch totgeweihtem Leben kommt kein geringerer Wert zu

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73
Q

(P) –> Kann im Defensivnotstand auch eine Tötung des Gefahrurhebers gerechtfertigt sein iRd. § 34 StGB?

A

A1 “hM.” –> Nein

A2 –> Anders als im Aggressivnotstand, kann ausnahmsweise eine solche gerechtfertigt sein.

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74
Q

Welche Gefahrtragungspflichten gibt es, die ein Berufen auf den rechtfertigenden Notstand gem. § 34 StGB ausschließen könnten?

A
  1. Berufliche Tätigkeit –> Feuerwehrmann, Polizei
  2. Garantenstellung –> Eltern

—-> Allerdings auch Abwägung ob konkrete Gefahr aufgrund außerordentlicher Schwere unter Gefahrtragungspflicht fällt

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75
Q

Wie werden die Einwilligung und das tatbestandsausschließende Einverständnis abgegrenzt?

A
  1. Bestimmte Delikte haben den Charakter, dass gerade das Handeln gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutsinhabers die deliktische Eigenschaft begründen –> Einverständis schließt dies aus
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76
Q

Prüfungsaufbauder Einwilligung?

A

1) Verfügungsbefugnis
2) Einwilligungsfähigkeit
3) ausdrückliche oder konkludente Erklärung spätestens bei Beginn der Tat
4) keine wesentlichen Willensmängel
5) Handeln in Kenntnis der Einwilligung

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77
Q

Definitionen zu den Prüfungspunkten der Einwilligung?

  1. Einwilligungsfähigkeit
  2. Einwilligungserklärung
  3. Keine wesentlichen Willensmängel
A
  1. Einwilligungsfähigkeit: tatsächliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit
  2. Einwilligungserklärung:
    a. Form: spätestens bei Beginn der Tat zumindest konkludent
    b. frei widerruflich
    c. bei vorsätzlichen Erfolgsdelikten: Bezug der Einwilligung auf Handlung + Erfolg
  3. Keine wesentlichen Willensmängel:
    a. Zwang
    b. Irrtum
    aa) Rechtsgutbezogene Fehlvorstellung ist stets wesentlich
    bb) Einwilligungsmotivirrtum = dif./str.
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78
Q

(P) –> Ist bei einer Fehlvorstellung über das Einwilligungsmotiv iR. der Einwilligung ein wesentlicher Willensmangel vorliegend?

A

A1 “Rechtsgutlösung” –> Nicht-rechtsgutsbezogene Irrtümer sind stets unbeachtlich.

A2 “Zwecklösung” –> Auch zweckbezogene Irrtümer sind beachtlich

A3 “Zurechnungslösung” hM. –> Fehlvorstellung führt dann zu wesentlichem Willensmangel, wenn sie dem Täter etwa durch Täuschung zugerechnet werden kann

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79
Q

Prüfungsaufbau der mutmaßlichen Einwilligung?

A

1) Verfügungsbefugnis
2) Einwilligungsfähigkeit
3) keine Möglichkeit zum Einholen einer Einwilligung vor der Tat
4) mutmaßliche Zustimmung des Rechtsgutsinhabers
5) Handeln in Kenntnis der mutmaßlichen Einwilligung

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80
Q

Prüfungsaufbau der einfachen Körperverletzung, § 223 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) Tathandlung:
- körperliche Misshandlung
- oder Gesundheitsschädigung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
ggf. Unwirksamkeit der Einwilligung nach § 228 StGB
III) Schuld
IV) Strafantragserfordernis, § 230 StGB
--> Qualifikationen, §§ 224, 225 I, III, 226 II, 340 StGB
--> Erfolgsqualifikationen §§ 226 I, 227 StGB
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81
Q

Def. “körperliche Misshandlung” oder “Gesundheitsschädigung” gem. § 223 StGB?

A
  1. Körperliche Misshandlung: Als solche gilt nach hM jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt
  2. Gesundheitsschädigung: Darunter versteht man nach hM das – auch nur vorüber-gehende – Hervorrufen, Steigern oder Verlängern eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden krankhaften Zustandes.
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82
Q

(P) –> Wann erfüllt der ärztliche Heileingriff eine einfache Körperverletzung gem. § 223 StGB?

A

A1 “Tatbestandslösung” –> Unter bestimmten Voraussetzungen schon nicht Erfüllen des Tatbestands
a1 “Erfolgslösung” –> Keine Körperverletzung bei Heilung oder Besserung: “Gesamterfolg”
a2 “Lösung des kunstgerechten Eingriffs” –> ärztliche Maßnahme ist medizinisch indiziert und lege artis druchgeführt

A2 “Rechtfertigungslösung” hM. –> Erfüllt stets Tatbestand der Körperverletzung
–> Möglichkeit der Rechtfertigung nur durch Einwilligung oder mutmaßliche Einwilligung des Patienten möglich

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83
Q

Prüfungsaufbau der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 StGB?

A

1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) Tathandlung:
- körperliche Misshandlung
- oder Gesundheitsschädigung
c) Qualifikationsmerkmale:
- durch die Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen
- oder mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs
- oder mittels eines hinterlistigen Überfalls
- oder mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich
- oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
2) subjektiver Tatbestand

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84
Q

Def. “Die Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen” gem. § 224 StGB?

  1. Gift
  2. Andere gesundheitsschädliche Stoffe
A
  1. Gift: Gift ist jeder organische oder anorganische Stoff, der unter bestimmten Bedin-gungen wie Schlucken, Einatmen oder Aufnahme über die Haut durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit erheblich zu beeinträchtigen vermag.
  2. Andere gesundheitsschädliche Stoffe: Darunter versteht man solche Substanzen, die mechanisch oder thermisch wirken.
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85
Q

Def. “mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs” gem. § 224 StGB?

  1. Waffe
  2. gefährliches Werkzeug
  3. Mittels
A
  1. Darunter versteht man eine Waffe im technischen Sinn. Als solche gelten alle gebrauchsbereiten Werkzeuge, die nach der Art ihrer Anfertigung nicht nur geeignet, sondern auch allgemein dazu bestimmt sind, Menschen durch ihre mechanische oder chemische Wirkung zu verletzen.
  2. anderes gefährliches Werkzeug: Darunter fällt jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art und Weise seiner konkreten Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.
  3. Mittels: Muss unmittelbar Einwirken, d.h. Kausalkette genügt nicht
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86
Q

Def. “Mittels eines hinterlsitigen Überfalls” gem. § 224 StGB?

  1. Überfall
  2. Hinterlistig
A
  1. Überfall: Darunter versteht man einen für das Opfer überraschenden, unerwarteten Angriff, auf den es sich nicht rechtzeitig einzustellen vermag.
  2. Hinterlistig ist der Überfall, wenn der Täter planmäßig in einer auf Verdeckung gerichteten Weise vorgeht, um gerade dadurch dem Angegriffenen die Abwehr unmöglich zu machen oder zu erschweren.
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87
Q

Def. “Mit einem anderen beteiligten gemeinschaftlich” gem. § 224 StGB?

A

Es müssen mindestens zwei Personen bei der Ausführung der Körperverletzung einverständlich zusammenwirken und so die Gefährlichkeit des Angriffs für das Opfer erhöhen.
→ Erforderlich ist, dass wenigstens zwei Personen am Tatort anwesend sind und eine aktive Rolle spielen.
–> Angegriffener muss nicht mal von 2. Person wissen

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88
Q

(P) –> Wann liegt eine Körperverletzung “Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung” gem. § 224 StGB vor?

A

A1 “enge Lösung” –> Mittels einer lebensgefährdenden Behandlung wird die Körperverletzung nur begangen, wenn der Täter durch die Tathandlung eine konkrete Lebensgefahr für das Opfer herbeiführt

A2 “weite Lösung” hM. –> Eine das Leben gefährdende Behandlung liegt bereits dann vor, wenn die Verletzungshandlung den konkreten Umständen nach objektiv generell geeignet ist, das Leben des Opfers in Gefahr zu bringen.

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89
Q

Was für eine Deliktsart ist § 226 II StGB?

A

Eine einfache und keine Erfolgsqualifikation

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90
Q

Prüfungsaufbau “die Misshandlung von Schutzbefohlenen” gem. § 225 StGB?

A

1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer:
- Minderjähriger
- oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person
b) besondere Schutzbeziehung
c) Tathandlung:
- Quälen
- roh Misshandeln
- Gesundheitsschädigung durch Verletzung der Sorgepflicht
2) subjektiver Tatbestand
- Vorsatz
- Böswilligkeit im Falle der Verletzung der Sorgepflicht
- -> Qualifikationen, § 225 III StGB

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91
Q

Definitionen der “Misshandlung von Schutzbefohlenen” gem. § 225 StGB?

  1. Quälen
  2. roh Misshandeln
  3. Böswilligkeit der Vernachlässigung der Sorgepflicht
A
  1. Quälen: Quälen ist die Zufügung länger dauernder oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden. Darunter fällt nicht nur die körperliche, sondern auch die rein seelische Peinigung. § 225 StGB besitzt einen hybriden Charakter.
    → Soweit es um körperliche Misshandlungen und Gesundheitsschädigungen geht, handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand zu § 223 StGB.
    → Soweit es um seelische Beeinträchtigungen, die grds. nicht unter § 223 StGB fallen, geht, enthält er einen eigenständigen Grundtatbestand und bildet insoweit ein echtes Sonderdelikt.
  2. roh Misshandeln: Darunter versteht man die erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens aus einer gefühllosen, gegen die Leiden des Opfers gleich-gültigen Gesinnung.
  3. Böswilligkeit der Vernachlässigung der Sorgepflicht: Sie liegt vor, wenn der Täter aus verwerflichen Motiven (Sadismus, Geiz, Rache) seinen Fürsorgepflichten nicht nachkommt. Dabei braucht sich der Beweggrund nicht gegen das Opfer zu richten; es reicht ein Handeln aus Selbstsucht.
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92
Q

(P) –> Wann verstößt die Einwilligung in die Körperverletzung gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und ist somit sittenwidrig und nicht rechtfertigbar?

A

A1 “Zwecklösung” –> Die Körperverletzung ist sittenwidrig, wenn mit ihr ein rechtlich oder sittlich missbilligenswerter Zweck verfolgt wird.

A2 “Schwerelösung” hM. –> Die Körperverletzung ist sittenwidrig, wenn sie mit einer konkreten Lebensgefahr verbunden ist oder die konkrete Gefahr eines besonderen Schweregrads (vergleichbar jenem aus § 226 StGB) aufweist.

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93
Q

Welche Fallgruppen sind durch Einwilligung gem. § 228 StGB nie sittenwidrig bzw. trotzdem sittenwidrig?

A
  1. Ärztliche Eingriffe
    - -> nie sittenwidrig
  2. Verletzungen im Sport
    - -> Außer vorsätzliche oder grob fahrlässige Regelverstöße
  3. Doping
    - -> nur sittenwidrig, wenn Todesgefahr
  4. körperliche Auseinandersetzung
    - -> sittenwidrig wegen Eskalationsgefahr
  5. Knabenbeschneidigung
    - -> mit Einwilligung der Eltern oder Person selbst nicht sittenwidrig
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94
Q

Konkurrenz der Körperverletzungsdelikte mit Tötungsdelikten?

A
  1. idR. Zurücktreten

2. Außer bei versuchtem Tötungsdelikt, da stehen sie in Tateinheit

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95
Q

Welche Deliktsart ist “die Beteiligung an einer Schlägerei” gem. § 231 StGB?

A

Ein abstraktes Gefährdungsdelikt

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96
Q

Prüfungsaufbau der “Beteiligung an einer Schlägerei” gem. § 231 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Schlägerei oder von mehreren verübter Angriff
b) Sich-Beteiligen
2) subjektiver Tatbestand
3) objektive Bedingung der Strafbarkeit (!!!!!!!)
a) Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzung
b) Verursachung durch die Schlägerei bzw. den Angriff
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld

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97
Q

Definitionen zur “Beteiligung an einer Schlägerei” gem. § 231 StGB?

  1. Schlägerei
  2. von mehreren verübter Angriff
  3. Sich-Beteiligen
  4. Objektive Bedingung der Strafbarkeit
A
  1. Schlägerei: Eine Schlägerei ist eine mit gegenseitigen Körperverletzungen verbundene Auseinandersetzung (nicht notwendig mit den Händen), an der mindestens drei Personen aktiv mitwirken.
    - -> Verliert eigenschaft mit Entfernen einer Person
    - -> aktives köreprliches Mitwirken ist zum dazuzählen notwendig
  2. von mehreren verübter Angriff: Darunter versteht man die in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung durch mindestens zwei Personen. Gegenseitige Tätlichkeiten sind hier nicht erforderlich.
  3. Sich-Beteiligen: An der Schlägerei oder dem von mehreren verübten Angriff beteiligt sich, wer am Tatort anwesend ist und am Fortgang der Auseinandersetzung aktiv Anteil nimmt; eines Mitschlagens oder Mitangreifens bedarf es nicht.
  4. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Die Tat ist nur strafbar, wenn durch die Schlägerei bzw. den von mehreren verübten Angriff der Tod oder die schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) eines Menschen verursacht wurde.
    - -> auch wenn weder Farhlässigkeit noch Vorsatz
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98
Q

Wann kann eine Beteiligung an einer Schlägerei gem. § 231 StGB gerechtfertigt bzw. entschuldigt sein?

A

Nur, wenn Täter für gesamte Dauer seiner Mitwirkung gerechtfertigt oder entschudigt ist! Teilakte genügen nicht

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99
Q

Welche Schuldausschließungsgründe und welche Entschuldigungsgründe gibt es?

A

I. Schuldausschließungsgründe: Sie erfassen die Fälle fehlender Schuldzurechnungsfähigkeit:

  1. Schuldunfähigkeit, §§ 19, 20 StGB, § 3 JGG
  2. unvermeidbarer Verbotsirrtum, § 17 S. 1 StGB

II. Entschuldigungsgründe: Sie regeln die Sachverhalte, in denen aufgrund einer außergewöhnlichen Konflikt- und Motivationslage eine Bestrafung des Täters unangemessen erscheint:

  1. der Notwehrexzess, § 33 StGB
  2. der entschuldigende Notstand, § 35 StGB
  3. der übergesetzliche entschuldigende Notstand
  4. die entschuldigende Gewissensentscheidung
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100
Q

Welche Komponenten enthält die Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung gem. § 20 StGB?

A

I. Biologische Komponente = biologisch anormaler Zustand

  1. Krankhafte seelische Störung
  2. tiefgreifende Bewusstseinsstörung
  3. Schwachsinn
  4. Schwere andere seelische Abartigkeit

II. Psychologische Komponente = Täter muss aufgrund biologisch annormalem Zustandes folgendes haben:

  1. Fehlen der Einsichtsfähigkeit
  2. Fehlen der Steuerungsfähigkeit
    - -> Sonst nur Zustand vermindeter Schuldfähigkeit gem. § 21 StGB
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101
Q

Welche Faustregel gibt es für die Schuld bei Alkoholrausch?

A
  1. Bis 1,9 ‰ (bei Tötungsdelikten 2,1 ‰) ist der Täter zumeist voll schuldfähig.
  2. Ab 2,0 ‰ (bei Tötungsdelikten 2,2 ‰) liegt es nahe, dass der Täter i.S. des § 21 StGB vermindert schuldfähig ist.
  3. Ab 3,0 ‰ (bei Tötungsdelikten 3,3 ‰) liegt es nahe, dass der Täter i.S. des § 20 StGB schuldunfähig ist.
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102
Q

(P) –> Wie wird die actio libera in causa bestraft?

A

A1 “Vollrausch-Lösung” –> Eine Bestrafung würde der Vollrauschtatbestand, § 323a StGB, ermöglichen. Dieses Delikt sanktioniert allerdings nicht die Rauschtat, sondern nur die Gefährlichkeit des Sich-Berauschens als solchem; die Rauschtat bildet hier nur eine objektive Bedingung der Strafbarkeit. Wegen der Strafobergrenze von maximal fünf Jahren sieht die hM § 323a StGB zur Ahndung der Tat als nicht ausreichend an.

A2 “Actio-libera-in-causa-Lösung” –> Der Täter soll trotz seiner Schuldunfähigkeit wegen der verwirklichten Rauschtat bestraft werden können, weil diese Tat zwar in ihrem Vollzug unfrei, aber in ihrem Entstehungsgrund frei, d.h. voll verantwortlich, war.

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103
Q

Welche Varianten der a.l.i.c. gibt es?

A
  1. Die vorsätzliche a.l.i.c. –> vorsätzliches Delikt

2. Die fahrlässige a.l.i.c. –> fahrlässiges Delikt

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104
Q

(P) –> Wie wird die Strafbarkeit aus a.l.i.c. mit der Formulierung des § 20 “bei Begehung der tat” begründet?

A

A1 “Ausnahmemodell” –> Nach der Ausnahmetheorie scheidet die Berufung auf § 20 StGB ausnahmsweise aus, wenn der Täter den Zustand der Schuldunfähigkeit vorsätzlich herbeigeführt hat. Dies wäre auch eine Ausnahme zu dem Koinzidenzprinzip, nach dem alle Deliktsmerkmale zumindest ein Mal während der Tatausführung gemeinsam vorliegen müssen.

A2 “Ausdehnungsmodell” –> Danach sei das Merkmal „bei Begehung der Tat“ in § 20 StGB auf den Zeitpunkt der Rauschherbeiführung auszudehnen.
(-) GEGEN A1 und A2: Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG und § 1 StGB bzw. des eindeutigen Wortlauts des § 20 StGB abzulehnen.

A3 “Vorverlegungsmodell” –> Danach ist Tathandlung bereits die Herbeiführung des Rauschzustands. Die Prüfung des subjektiven Tatbestandes und der Schuld werden damit auch auf den Zeitpunkt der Herbeiführung des Zustandes der Schuldunfähigkeit vorverlagert.

A4 “Modell der mittelbaren Täterschaft” –> Die Werkzeugtheorie knüpft an § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB an und betrachtet den Täter als Werkzeug seiner selbst. Setzt bereits zur Tat an, wenn er Geschehen aus der Hand gibt.
(-) Gegen diese Ansicht spricht jedoch bereits der Wortlaut von § 25 I Alt. 2 StGB („anderer“)

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105
Q

Prüfungsschema der actio libera in causa?

A
A) Strafbarkeit nach § … StGB
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
→ unmittelbare Ausführungshandlung als Tathandlung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
1) § 20 StGB
2) a.l.i.c.
- Ausnahme- und Ausdehnungsmodell: Schuld (+)
- Vorverlegungsmodell und Modell der mittelbaren Täterschaft: Schuld (-)
B) nach Vorverlegungsmodell und Modell der mittelbaren Täterschaft: Strafbarkeit nach § … StGB i.V.m. vorsätzlicher a.l.i.c.
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
→ Sich-Berauschen als Tathandlung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
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106
Q

Prüfungsschema “Notwehrexzess” gem. § 33 StGB?

A

III. Schuld

  1. Notwehrexzess
    a) Überschreitung der Grenzen der Notwehr
    b) Aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken
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107
Q

Welche Formen des Notwehrexzess gem. § 33 StGB gibt es?

A
  1. Intensiver Notwehrexzess = Verteidiger geht in bestehender Notwehrlage über zulässiges Maß hinaus
    - -> § 33 StGB unstreitig anwendbar
  2. Extensiver Notwehrexzess = Täter handelt, obwohl Notwehrlage noch nicht vorliegt
    - -> str.
  3. Personaler Notwehrexzess = Täter verletzt aus Verwirrung Dritten
    - -> § 33 StGB nicht anwendbar
  4. Putativnotwehr/Putativnotwehrexzess = Täter nimmt irrtümlich eine in Wirklichkeit nicht bestehende Notwehrlage an
    - -> § 33 StGB nicht anwendbar
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108
Q

(P) –> Ist § 33 anwendbar beim extensiven Notwehrexzess, wenn die Notwehrlage noch nicht, oder nicht mehr besteht?

A

A1 “weite Lösung” –> § 33 StGB ist beim extensiven Notwehrexzess anwendbar. Die Not-wehrgrenzen können nicht nur im Maß, sondern auch zeitlich überschritten werden.

A2 “enge Lösung” hM. –> 33 StGB ist beim extensiven Notwehrexzess nicht anwendbar. Ohne einen gegenwärtigen Angriff gibt es kein Notwehrrecht, dessen Grenzen überschritten werden können. Zudem fehlt hier die von § 33 StGB vorausgesetzte Unrechtsminderung, weil objektiv kein Rechtsgut vor Schaden bewahrt werde.

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109
Q

Worauf muss der Notwehrexzess beruhen?

A

Auf einem asthenischen Affekt = Auf Gefühlen der Schwäche beruhenden Gemütsregung

(Sthenischer Affekt = Gefühle der Stärke, wie Wut)

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110
Q

(P) –> Ist der Notwehrexzess beim Provokateur möglich?

A

A1 “Planmäßigkeitslösung” Rspr. –> Anwendung des § 33 StGB ausgeschlossen, wenn Täter sich planmäßig in tätliche Auseinandersetzung begiebt
–> Grund für Exzess liegt hier in vor Eintritt der Notwehrlage gefassten sthenischen Affekt

A2 “Wortlautlösung” hL. –> § 33 StGB ist uneingeschränkt anwendbar (außer Notwehrrecht ist durch Absichtsprovokation vollständig entfallen)
–> Es kommt nur auf Motivlage zum Zeitpunkt der Notwehrlage an

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111
Q

Prüfungsaufbau des entschuldigenden Notstands gem. § 35 StGB?

A

1) Notstandslage
- Gefahr für Leben, Leib, Freiheit
- Gegenwärtigkeit der Gefahr
- Täter selbst, Angehöriger oder nahestehende Person
2) Notstandshandlung
- Geeignetheit zur Gefahrenabwehr
- Erforderlichkeit zur Gefahrenabwehr
- keine Zumutbarkeit der Gefahrenhinnahme
• keine Selbstverursachung der Gefahr
• keine Gefahrtragungspflicht aus besonderem Rechtsverhältnis
• keine weiteren Zumutbarkeitsgründe
3) Notstandswille

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112
Q

Wo liegen die Unterschiede zwischen dem rechtfertigenden Notstand gem. § 34 StGB und dem entschuldigenden Notstand gem. § 35 StGB?

A

Entschuldigender Notstand gem. § 35 StGB:

  1. Notstandsfähige Rechtsgüter sind nicht alle rechtlich geschützten Individualrechtsgüter, sondern nur die aufgezählten
    - -> körperliche Fortbewegungsfreiheit wird auch erfasst
  2. Gegenwärtige Gefahr ist bei beiden gleich
  3. Personelle Hinsicht: Die Gefahr muss dem Täter selbst, einem Angehörigen oder nahestehender Person drohen, nicht nur wie bei § 34 sich selbst oder (irgendeinem) anderen
    - -> Nahe steht dem Täter ein Mensch, dem er gegenwärtig in einer auf Dauer angelegten und auf Gegenseitigkeit beruhenden Weise persönlich eng verbunden ist.

–> Entschuldigender Notstand lässt einen weiteren Begriff als § 34 StGB zu!

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113
Q

Welche persönlichen Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe gibt es und wo werden sie geprüft?

A

–> Prüfung im Anschluss an die Schuld

  1. Persönliche Strafausschließungsgründe
  2. Persönliche Strafaufhebungsgründe
  3. Irrtümer
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114
Q

Sind Vorbereitungshandlungen strafbar?

A

Nein!

Nur ausnahmsweise wie zB. bei der Verabredung zum Verbrechen gem. § 30 II StGB

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115
Q

Welche “Begehungsstadien” gibt es?

A
  1. Vorbereitungshandöung
  2. Versuch –> Beginnt mit unmittelbarem Ansetzen nach Vorstellung des Täters
  3. Vollendung –> Verwirklichung aller OTB
  4. Beendigung
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116
Q

Prüfungsaufbau des versuchten vorsätzlichen Begehungsdelikts?

A

Vorprüfung
- keine Vollendung
- Strafbarkeit des Versuchs
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Tatentschluss (subjektiver Tatbestand)
- Tatbestandsvorsatz
- ggf. sonstige deliktspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale
2. unmittelbares Ansetzen (objektiver Tatbestand)
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. ggf. Strafausschließungs-/Strafaufhebungsgründe
insb. Rücktritt vom Versuch
V. ggf. Strafantrag, weitere Strafverfolgungsvoraussetzungen/-hindernisse

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117
Q

Def. “Tatentschluss” iR. des Versuchs?

A

Wenn er Vorsatz hinsichtlich der Verwirklichung aller Merkmale des objektiven Tatbestands besitzt und ggf. auch die sonstigen deliktspezifischen subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt.

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118
Q

Wovon ist der Tatentschluss abzugrenzen?

A
  1. Von der Tatgeneigtheit –> Endgültige Entscheidung liegt noch nicht vor, ob er Tat überhaupt begehen möchte
  2. Dagegen liegt ein Tatentschluss vor, auch bei bewusst unsicherer Tatsachengrundlage, oder wenn Täter Tat von Bedingungseintritt abhängig macht
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119
Q

(P) –> Wann setzt der Täter unittelbar zur Tat an wenn die Abgrenzung zur straflosen Vorbereitungshandlung nicht klar ist?

A

A1 “Gefährdungstheorie” –> Versuchsbeginn und nicht bloß eine straflose Vorbereitungshandlung liegt vor, wenn nach der Vorstellung des Täters von der Tat durch die Handlung das betroffene Rechtsgut bereits konkret gefährdet wird.
Kritik: Das Gefährdungskriterium ist zu unbestimmt. Beginnend mit der ersten Vorbereitungshandlung ist das betroffene Rechtsgut einer sich ständig steigernden Gefahr ausgesetzt.

A2 “Theorie der Feuerprobe” –> Versuchsbeginn liegt vor, wenn der Täter aus seiner Sicht die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ überschritten hat.
Kritik: Diese Auffassung ist zu stark subjektiv akzentuiert. Der Täter kann sich auch schon bei bloßen Vorbereitungshandlungen „jetzt geht’s los“ sagen.

A3 “Sphärentheorie” –> Versuchsbeginn liegt vor, wenn der Täter in die Opfersphäre eingedrungen ist sowie zwischen Tathandlung und angestrebtem Erfolgseintritt ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.
Kritik: Die Sphärenmodell überzeugt in den Fällen nicht, in denen der Täter bereits gehandelt hat, der Erfolg aber erst zu einem erheblich späteren Zeitpunkt oder an einem ganz anderen Ort eintreten soll.

A4 “Zwischenaktstheorie” h.L. –> Versuchsbeginn liegt vor, wenn das Verhalten des Täters nach seiner Vorstellung vom Tatablauf ohne weitere wesentliche Zwischenakte direkt in die eigentliche Tatbestandsverwirklichung einmünden soll. Zu fragen ist also, ob nach der Vorstellung des Täters noch wesentliche Zwischenschritte erforderlich sind oder nicht.

A5 “Kombinationslösung” Rspr. –> Versuchsbeginn liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ überschreitet und eine Handlung vollzieht, die nach seinem Tatplan in ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenakte unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung führen oder in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen sollen.

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120
Q

Was bildet den Bezugspunkt für das unmittelbare Ansetzen des Täters iR. des Versuchs?

A

Nur die Vorstellung des Täters, § 22 StGB

–> Es kommt nicht auf tatsächlichen Sachverhalt an

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121
Q

Welche Problemfälle beim unmittelbaren Ansetzen iR. der Abgrenzung von straffreier Vorbereitungshandlung und strafbarem Versuch gibt es?

A
  1. Verabredung zur späteren Tat: idR. kein Versuchsbeginn
    - -> § 30 II falls Verbrechen
  2. Ausforschen bzw. Schaffen einer Tatmöglichkeit –> idR. steht Ausführungshandlung noch nicht unmittelbar bevor, sodass straflose Vorbereitungshandlung
  3. Auflauern: Versuchsbeginn erst, wenn das Losschlagen nach dem Tatplan unmittelbar bevorsteht
  4. Haustür-Fälle: Das Klingeln an der Haustür bildet den Versuchsbeginn, wenn das Opfer nach der Vorstellung des Täters sogleich öffnen wird und im unmittelbaren Anschluss daran angegriffen werden soll.
  5. Schusswaffengebrauch: Der Versuch beginnt hier mit dem Ziehen oder Anlegen der Waffe. Entsichern und Abdrücken stellen keine wesentlichen Zwischenakte mehr dar. Anders verhält es sich allerdings, wenn die Waffe erst noch geladen werden muss
  6. Eintritt äußerer Bedingungen: Macht der Täter die Ausführung noch vom Eintritt einer äußeren Bedingung abhängig, ist zu differenzieren:
    - Handelt es sich bei der äußeren Bedingung nicht um ein bestimmtes Verhalten eines anderen, sondern einen sonstigen Umstand, auf dessen Eintreten der Täter gleichsam automatisch reagiert, kann der Versuch schon vor Bedingungseintritt beginnen.
    - Handelt es sich bei der äußeren Bedingung dagegen um ein bestimmtes Verhalten eines anderen, beginnt der Versuch i.d.R. erst mit der Reaktion des Täters auf den Bedingungseintritt.
  7. Distanzdelikte: str.
  8. Versuch der Qualifikaiton/Regelbeispiel: Frühestens, wenn Täter mit seinem Verhalten auch zur Verwirklichung des Grundtatbestands unmittelbar angesetzt hat
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122
Q

(P) –> Wann setzt der Täter bei Distanzdelikten unmittelbar an zur Tat?

A

A1 “Handlungslösung” –> Der Versuch beginnt spätestens, wenn der Täter alles getan hat, was er zur Tatbestandsverwirklichung tun muss.

A2 “Gefährdungslösung” –> Der Versuch beginnt erst, wenn sich das Opfer in den Wir-kungskreis des Tatmittels begibt und der Erfolgseintritt nahe gerückt ist, so dass das betroffene Rechtsgut konkret gefährdet wird

A3 “Herrschaftslösung” hM. –> Der Versuch beginnt, wenn der Täter den weiteren Geschehensablauf aus der Hand gibt, ihn also aus seinem Herrschaftsbereich entlässt (z.B. das Sich-Entfernen nach dem Platzieren der scharfen Bombe).

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123
Q

(P) –> Wann beginnt der Versuch bei der a.l.i.c.?

A

A1 “Ausnahmemodell und Ausdehnungsmodell” –> Diese Auffassungen lassen die Tatbestandsebene unberührt. Der Versuch beginnt daher (wie sonst auch) erst dann, wenn der Schuldun-fähige zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

A2 “Vorverlegungsmodell und Modell der mittelbaren Täterschaft” –> Diese Auffassungen verlegen den Anfang der Tatbestandsverwirklichung nach vorn. Der Versuch beginnt danach bereits dann, wenn der Täter sich durch das Sich-Berauschen in den Zustand der Schuldunfähigkeit versetzt.

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124
Q

Welche Versuchsarten unterscheidet man und welche sind strafbar?

A
  1. Tauglicher Versuch = objektiv betrachtet nicht von vornherein ungeeignet für Tatbestandsverwirklichung
    - -> strafbar
2. Untauglicher Versuch = objektiv betrachtet, entgegen der Vorstellung des Täters von vornherein untauglich
= auch strafbar
a. Objekt
b. Mittel
c. Täter
--> Siehe Irrtümer!
  1. Grob unverständiger Versuch
    - -> Gericht kann von Strafe absehen gem. § 23 III
  2. Grob abergläubischer Versuch: zB. Woodoo
    - -> kein Versuchsunrecht, da bereits kein “richtiger Versuch” vorliegt
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125
Q

Prüfungsaufbau des Rücktritts gem. § 24 I StGB?
I. Rücktritt des Einzeltäters
II. Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten

A

I. Rücktritt des Einzeltäters, § 24 I StGB

1) Kein fehlgeschlagener Versuch
2) Rücktrittshandlung
a) beim unbeendeten Versuch: Aufgabe der weiteren Tatausführung
b) beim beendeten Versuch:
- Verhindern der Tatvollendung, oder
- ernsthaftes Sich-Bemühen um eine Verhinderung der Tatvollendung
3) Freiwilligkeit des Rücktritts

II. Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten, § 24 II StGB

1) Kein fehlgeschlagener Versuch
2) Rücktrittshandlung
- Verhindern der Tatvollendung, oder
- ernsthaftes Sich-Bemühen um eine Verhinderung der Tatvollendung
3) Freiwilligkeit des Rücktritts

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126
Q

(P) –> Wann gilt eine Versuchseinheit als zeitlich abgeschlossen?

A

A1 “Einzelaktstheorie” –> Jede auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Handlung ist isoliert zu betrachten. Ein Fehlschlag liegt deshalb schon dann vor, wenn der Täter einen einzelnen aus seiner Sicht erfolgsgeeigneten Ausführungsakt vollzieht und dann dessen Scheitern erkennt. Dass er nach seiner Vorstellung womöglich noch weitere erfolgsgeeignete Handlungsmöglichkeiten besitzt, spielt keine Rolle.

A2 “Tatplantheorie” –> Ein Fehlschlag liegt dann vor, wenn der Täter das – u.U. aus mehreren Akten bestehende – Handlungsprogramm eines bestimmten Tatplans durchlaufen hat und dann dessen Scheitern erkennt. Dass er nach seiner Vorstellung noch weitere Handlungsmöglichkeiten besitzt, ist wiederum unerheblich.

A3 “Lehre von der Gesamtbetrachtung und dem Rücktrittshorizont” hM. –> Das auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Verhalten des Täters ist in seiner Gesamtheit zu betrachten. Entscheidend ist dabei die Vorstellung des Täters nach Vornahme der letzten Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont).
- Glaubt er, die Tat im unmittelbaren Fortgang des Geschehens mit den bereits eingesetzten oder neuen zur Hand liegenden Mitteln noch vollenden zu können, liegt kein Fehlschlag vor.

Merke: Nach hM kann sich der Rücktrittshorizont auch ändern – sog. korrigierter Rücktrittshorizont.
→ Glaubt der Täter nach seiner letzten Ausführungshandlung zwar zunächst, die Tat nicht mehr vollenden zu können, ändert aber unmittelbar darauf bei fortbestehender Tatsituation seine Auffassung, ist der Versuch nicht fehlgeschlagen.

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127
Q

Was bedeutet der “korrigierte Rücktrittshorizont”?

A

Der Rücktrittshorizont kann sich auch ändern:

  1. Glaubt der Täter nach seiner letzten Ausführungshandlung zwar zunächst, die Tat nicht mehr vollenden zu können, ändert aber unmittelbar darauf bei fortbestehender Tatsituation seine Auffassung, ist der Versuch nicht fehlgeschlagen.
    - -> d.h. Rücktritt bleibt möglich
  2. Umgekehrt gilt allerdings auch: Glaubt der Täter nach seiner letzten Ausführungshandlung zwar zunächst, die Tat noch vollenden zu können, gelangt aber unmittelbar darauf bei fortbestehender Tatsituation zu der Auffassung, dass ihm die Vollendung nicht mehr möglich ist, ist der Versuch fehlgeschlagen.
    - -> Rücktritt ist ausgeschlossen
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128
Q

Wann liegt ein Fehlschlag der Tat bei Sinnlosigkeit der weiteren Tatausführung vor?

A
  1. Identitätsirrtum (Erkennt nach Versuchsbeginn, dass Opfer das falsche ist und macht nicht weiter)
  2. Wertlosigkeit (Findet bei Einbruch nur Kleingeld)
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129
Q

Wie tritt der Täter vom unbeendeten Versuch zurück und wann ist ein Versuch unbeendet?

A
  1. § 24 I 1 Alt. 1 –> Aufgeben der weiteren Tatausführung
    - -> Bezugspunkt ist wieder der Rücktrittshorizont
    - -> Unbeendet = Täter glaubt noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung getan zu haben
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130
Q

(P) –> Tritt der Täter zur genüge zurück vom unbeendeten Versuch, wenn er mit seiner Straftat verfolgtes eigentliches Handlungsziel schon durch den bloßen Versuch erreicht hat? (Denkzettel) –> Außertatbestandliche Zielerreichung

A

A1 “Handlungsziellösung” –> Aufgeben i.S. von § 24 I 1 Alt.1. StGB bedeutet mehr als bloßes Aufhören. Es erfordert vielmehr das Nichtweiterverfolgen des Handlungszieles. Wer sein Ziel aber bereits erreicht hat, kann nichts mehr aufgeben.

A2 “Tatbestandslösung” hM. –> Der Begriff der Tat i.S.v. § 24 I 1 StGB bezieht sich allein auf die jeweilige tatbestandsmäßige Handlung mit dem tatbestandlichen Erfolg. Aufgeben muss der Täter daher nur die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes. Außerdeliktische Ziele sind dabei unerheblich. Zudem erscheint es auch im Hinblick auf den Opferschutz vorzugswürdig, dem Täter die Rücktrittsmöglichkeit hier nicht abzuschneiden.

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131
Q

Was muss der Täter für den Rücktritt vom beendeten Versuch tun und wann git dieser als beendet?

A
  1. entweder die Vollendung der Tat verhindern, § 24 I 1 Alt. 2 StGB,
  2. oder zumindest – wenn die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet wird (z.B. beim un-tauglichen Versuch) – sich ernsthaft um eine Verhinderung der Vollendung bemühen, § 24 I 2 StGB.
  3. Der Versuch gilt als beendet, wenn Täter alles getan zu haben glaubt, was er nach seiner Vorstellung zur Vollendung der Tat tun muss = Gefahrbewusstsein reicht aus und besteht auch dann, wenn Täter sich keinerlei Gedanken über Folgen seines Tuns macht
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132
Q

(P) –> Was muss der Täter zum Verhindern der Tatvollendung beim beendeten Versuch im Rahmen des Rücktritts unternehemn gem. § 24 I 1 Alt. 2 StGB?

A

A1 “Optimalitätslösung” –> Die Handlung des Täters muss für das Ausbleiben des Erfolges nicht nur ursächlich sein, sondern aus Sicht des Täters auch die ihm bestmögliche Rettungsmaßnahme darstellen. Der Täter, der bewusst nur eine weniger sichere Maßnahme ergreift (sog. „halbherziger“ Rücktritt), lässt wissentlich ein Restrisiko bestehen. In einem solchen Fall liegt nur ein unzureichender Teilrücktritt vor. Dass sich das Restrisiko nicht realisiert, ist nämlich Zufall und kann dem Täter daher nicht zu-gutekommen.

A2 “Kausalitätslösung” hM. –> Für das „Verhindern“ der Tatvollendung ist es nicht erfor-derlich, dass der Täter die ihm bestmögliche Rettungsmaßnahme ergreift. Es genügt, wenn er objektiv das Ausbleiben des Erfolges zurechenbar verursacht und subjektiv mit Verhinderungswillen handelt.

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133
Q

Wie kann der Täter durch “ernsthaftes Sich-Bemühen” zurücktrete, wenn er selbst nicht ursächich für die Rettung geworden ist gem. § 24 I 2 StGB?

A

Er muss mit Verhinderungswillen die ihm aus seiner Sicht bestmögliche, d.h. sicherste Rettungsmaßnahme ergreifen.

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134
Q

Wie kann der Beteiligte vom beendeten Versuch erfolgreich zurücktreten?

A
  1. entweder die Vollendung der Tat verhindern, § 24 II 1 StGB,
  2. oder sich ernsthaft um eine Verhinderung der Vollendung bemühen
    - wenn die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet wird, § 24 II 2 Alt. 1 StGB,
    - oder unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird (so dass ihm die Vollendung nicht mitzugerechnet werden kann), § 24 II 2 Alt. 2 StGB.

–> Anders als bei Einzeltäter, reicht bloßes Aufgeben nicht aus

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135
Q

Welche Irrtümer gibt es?

A
  1. Tatumstandsirrtum (siehe frühere Karteikarte, iR. des STB) gem. § 16 I StGB
  2. Verbotsirrtum = Fehlen des Unrechtsbewusstseins, siehe § 17 S.2 StGB
    a. Fehlen des Unrechtsbewusstseins: Dem Täter muss die Einsicht fehlen, Unrecht zu tun. Nach hM besitzt er diese Einsicht bereits dann, wenn er sein Verhalten als rechtlich verboten erkennt, d.h. es für möglich hält, Unrecht zu verwirklichen, und dies billigend in Kauf nimmt
    b. Unvermeidbarkeit: Der Verbotsirrtum ist nur dann unvermeidbar, wenn der Täter trotz Einsatzes all seiner individuellen Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten die Unrechtmäßigkeit seines Handelns nicht zu erkennen vermag.
  3. Erlaubnisirrtum = Fall des Verbotsirrtums (Irrtum über die Rechtswidrigkeit)
    - -> Täter verkennt Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes
  4. Erlaubnistatumstandsirrtum § 16 I StGB = Täter hält irrig Umstände für gegeben, die bei Vorliegen die Tat rechtfertigen würden –> str.
  5. “Doppelirrtum” = Unterfall des Erlaubnistatumstandsirrtums
  6. Irrtum über Entschuldigungsgründe
    a. Entschuldigungsirrtum = Der Täter verkennt die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Entschuldigungsgrundes oder glaubt an das Bestehen eines von der Rechts-ordnung nicht anerkannten Entschuldigungsgrundes. Der Entschuldigungsirrtum ist nach hM stets irrelevant, der Täter also strafbar.
    b. Entschuldigungstatumstandsirrtum = Der Täter hält irrtümlich Umstände für gegeben, die im Falle ihres tatsächlichen Vorliegens die Tat entschuldigen würden. Eine Regelung findet sich nur in § 35 II StGB für den entschuldigenden Notstand. Diese Vorschrift ist nach hM jedoch auf die anderen Entschuldigungsgründe analog anzu-wenden. Danach gilt:
    - War der Irrtum unvermeidbar, wird der Täter nicht bestraft.
    - War der Irrtum vermeidbar, wird der Täter zwar bestraft; allerdings ist seine Strafe gem. § 35 II 2 StGB obligatorisch zu mildern.
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136
Q

(P) –> Was sind die rechtlichen Konsequenzen eines Erlaubnistatumstandsirrtums?

A

A1 “strenge Schuldtheorie” –> Unrechtsbewusstsein ist wie § 17 StGB zeigt kein Bestandteil des Vorsatzes, sondern Element der Schuld
–> Daher richten nach Kriterien des Verbotsirrtums

A2 “eingeschränkte Schuldtheorie” –> Gleichbehandlung mit Verbotsirrtum nicht überzeugend, da bei § 17 StGB der Täter nicht über die rechtichen Bedingungn irrt, er handelt daher wie beim Tatumstandsirrtum an sich rechtrstreu –> Anwendung des § 16 I StGB wie beim Tatumstandsirrtum
–> Anwendungsbegründung wiederum str.

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137
Q

(P) –> Begründung der Anwendung des § 16 I StGB beim Erlaunistatumstandsirrtum?

A
A1 "Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen" --> Die Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe sind sog. negative Tatbestandsmerkmale eines „Gesamtunrechtstatbestandes“. Sie bezeichnen Umstände, die nicht vorliegen dürfen, damit eine Tat Unrecht darstellt. Da diese Umstände zum Gesamtunrechtstatbestand gehören, muss der Vorsatz des Täters sich auch auf sie beziehen. Nimmt der Täter aber irrtümlich rechtfertigende Umstände an, fehlt ihm die erforderliche Kenntnis vom tatsächlichen Nicht-Vorliegen rechtfertigender Umstände.
→ § 16 I 1 StGB ist direkt anwendbar.
Prüfungsaufbau sähe so aus:
1. OTB
a) positive TB-Merkmale
b) negative TB-Merkmale
2. STB
a) Vorsatz hinsichtlich 1a)
b) Vorsatz hinsichtlich 1b)

A2 “vorsatzunrechtsausschließende eingeschränkte Schuldtheorie” –> Qualitative Gleichwertigkeit der Irrtümer

  • -> Es entfällt zwar nicht der Tatbestandsvorsatz ieS., wohl aber der Handlungsunwert und damit das Vorsatzunrecht
  • -> § 16 I 1 StGB analog

A3 “rechtsfolgeverweisende eingeschränkte Schuldtheorie” –> Zwar lässt die irrige Annahme rechtfertigender Umstände sowohl den Tatbestandsvorsatz unberührt als auch dessen Unrecht weiter bestehen. Allerdings besitzt der Vorsatz eine Doppelfunktion als:
- Tatbestandsvorsatz auf der Ebene der Tatbestandsmäßigkeit,
- Vorsatzschuld auf der Ebene der Schuld, durch die zum Ausdruck kommt, dass den Vorsatztäter wegen des bewussten Abfallens von der Rechtsordnung i.d.R. eine höhere Schuld trifft als den Fahrlässigkeitstäter.
Nimmt nun der Täter irrtümlich rechtfertigende Umstände an, darf ihm kein Vorsatzschuldvorwurf gemacht werden, weil bei ihm (ebenso wie bei einem im Tatumstandsirrtum Handelnden) das für Vorsatztaten typische bewusste Abfallen von der Rechtsordnung fehlt. Der Erlaubnistatumstandsirrtum ist daher in seinen Rechtsfolgen (= keine Bestrafung aus Vorsatzdelikt) dem Tatumstandsirrtum gleichzustellen.
→ § 16 I 1 StGB ist in seinen Rechtsfolgen analog anwendbar.

  • —> Streit entscheidend wenn Teilnehmer vorhanden! zB. Assistent irrt den Chef über Einwilligung des Patienten und dieser führt OP durch!
  • -> Chef ist Entschuldigt durch Erlaubnistatumstandsirrtum
  • -> Assistent wäre nach A1 und A2 wegen Fehlen einer vorsätzlichen Haupttat nicht strafbar, aber bei A3 wird nur die Rechtsfolge analog angewendet, daher ist Beihilfestrafbarkeit möglich!!
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138
Q

Erklärung des Prüfungsaufbau des Erlaubnistatumstandsirrtums?

A

nach der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen in der Rechtswidrigkeit (als Teil-bereich des Gesamtunrechtstatbestands),

  • nach der vorsatzunrechtsausschließenden eingeschränkten Schuldtheorie wegen des Weg-falls des Handlungsunwerts und damit des Vorsatzunrechts ebenfalls in der Rechtswidrigkeit,
  • und nach der rechtsfolgeverweisenden eingeschränkten Schuldtheorie sowie der strengen Schuldtheorie in der Schuld.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

  • -> Entweder man prüft den Erlaubnistatumstandsirrtum an der Stelle, an die er nach der Auf-fassung hingehört, der man sich im Ergebnis anstellt.
  • -> Oder man macht, nachdem man in der Rechtswidrigkeit festgestellt hat, dass der Täter objek-tiv nicht gerechtfertigt ist, gleichsam zwischen Rechtswidrigkeit und Schuld einen eigenstän-digen Prüfungspunkt „Erlaubnistatumstandsirrtum“. Diese Variante bietet immerhin den Vor-teil, dass sie das Ergebnis des Theorienstreits in der Klausur nicht schon vorwegnimmt. Sie wird deshalb auch hier gewählt. Freilich zahlt man den „Preis“, dass man aus dem klassischen Deliktsaufbau „Tatbestandsmäßigkeit – Rechtswidrigkeit – Schuld“ ausbrechen muss. Wem das missfällt, der kann in der Klausur auch bei der ersten Variante bleiben, d.h. den Erlaub-nistatumstandsirrtum dort prüfen, wo er nach der von ihm befürworteten Lösung hingehört. Begründet werden muss der Prüfungsaufbau in der Klausur nicht (wohl aber natürlich die Lösung).
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139
Q

Prüfungsaufbau des Erlaubnistatumstandsirrtums?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
2) subjektiver Tatbestand: Tatbestandsvorsatz (+)
II) Rechtswidrigkeit: objektiv (+), da keine Rechtfertigungslage
III) Erlaubnistatumstandsirrtum
1) Voraussetzungen: Bestehen einer Rechtfertigungslage auf der Grundlage der Tatsachenvorstellung des Täters
→ Abgrenzung zum Erlaubnisirrtum
2) Rechtsfolgen
• strenge Schuldtheorie: § 17 StGB
• eingeschränkte Schuldtheorie
- Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen: § 16 I 1 StGB direkt
- vorsatzunrechtverneinende eingeschränkte Schuldtheorie: § 16 I 1 StGB analog
- rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie: Rechtsfolgen des § 16 I 1 StGB

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140
Q

Was ist ein sog. “Doppelirrtum”?

A

Der Täter unterliegt zugleich einem Tatsachenirrtum und einem Erlaubnisirrtum – sog. Doppelirrtum. Der Doppelirrtum ist als Verbotsirrtum nach § 17 StGB zu behandeln. Der Täter kann nicht dadurch privilegiert sein, dass zu seinem Erlaubnisirrtum noch ein Tatsachenirrtum hinzutritt.
→ Eine Anwendung von § 16 I 1 StGB analog kommt nur in Betracht, falls der Täter nach dem geltenden Recht tatsächlich gerechtfertigt wäre, wenn seine unzutreffende Tatsachenvorstellung der Wirklichkeit entspräche. Ist das nicht der Fall, bleibt stets nur § 17 StGB.

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141
Q

Wie unterscheidet man das straflose Wahndelikt vom strafbaren untauglichen Versuch?

A
  1. untauglicher Versuch: Beim untauglichen Versuch nimmt der Täter irrtümlich Umstände an, die im Falle ihres tatsächlichen Vorliegens den gesetzlichen Tatbestand erfüllen würden.
    → Der Täter unterliegt hier einem umgekehrten Tatumstandsirrtum.
  2. Wahndelikt: Beim Wahndelikt hält der Handelnde dagegen sein Verhalten in Verkennung der Strafrechtsregeln irrtümlich („wahnhaft“) für strafbar.
    → Der Täter unterliegt hier einem umgekehrten Verbotsirrtum. Er subsumiert sein Verhalten also unter eine Verbotsnorm, die entweder nur in seiner Einbildung existiert oder die er infolge falscher Interpretation zu seinen Ungunsten normativ überdehnt.
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142
Q

Welche Fallgruppen des Wahndelikts gibt es?

A
  1. der umgekehrte direkte Verbotsirrtum: Der Handelnde nimmt irrtümlich an, sein Verhalten verstoße gegen eine Strafvorschrift, die es in Wirklichkeit nicht gibt.
    Bsp.: Der fremdgehende Ehegatte nimmt an, Ehebruch sei strafbar.
  2. der umgekehrte Subsumtionsirrtum: Der Handelnde überdehnt den Tatbestand zu seinen Ungunsten.
    Bsp.: Jemand hält die bloße Gebrauchsanmaßung, die er begeht, für Diebstahl.
  3. der umgekehrte Erlaubnisirrtum: Der Handelnde hält sein tatsächlich gerechtfertigtes Verhalten irrtümlich für strafbar, weil er einen anerkannten Rechtfertigungsgrund nicht kennt bzw. zu seinen Ungunsten verengt.
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143
Q

(P) –> Wie werden die rechtlichen Folgen von selbstbelastenden Vorfeldirrtümern behandelt?
(Der Handelnde irrt im „Vorfeld“ des strafrechtlichen Tatbestandes, indem er irrtümlicherweise eine tatsächlich nicht bestehende Rechtslage annimmt und damit nach seiner Vorstellung ein strafrechtliches Tatbestandsmerkmal verwirklicht, das auf diese Rechtslage Bezug nimmt.)

A

A1 “Überdehnungslösung” –> Mit jedem selbstbelastenden Irrtum, der auf einer Verkennung von Rechtsnormen im Vorfeld beruht, überdehnt der Handelnde zugleich den strafrechtlichen Tatbestand zu seinen Ungunsten, indem er ihn auf einen Sachverhalt anwendet, der tatsächlich nicht unter ihn fällt.
→ Vorfeldirrtümer begründen damit stets ein Wahndelikt.

A2 “strafrechtliche Lösung” –> Der Handelnde versteht das strafrechtliche Tatbestandsmerkmal als solches durchaus richtig. Er unterliegt damit im Hinblick auf dessen Bedeutung keiner begrifflichen Fehlvorstellung. Vielmehr stellt er sich irrtümlich einen Umstand – nämlich eine bestimmte Rechtslage – vor, die, wenn sie tatsächlich gegeben wäre, den Tatbestand erfüllen würde.
→ Vorfeldirrtümer begründen damit stets einen untauglichen Versuch.

A3 “Umkehrlösung” hM. –> Aus den Regelungen zum Tatumstandsirrtum und zum Verbotsirrtum ist der Umkehrschluss zu ziehen.
→ Stellt die Unkenntnis der tatsächlich bestehenden Rechtslage im Vorfeld einen Irrtum über einen Tatumstand i.S. des § 16 I StGB dar, begründet die irrige Annahme der tatsächlich nicht bestehenden Rechtslage einen untauglichen Versuch.
→ Bildet die Unkenntnis der tatsächlich bestehenden Rechtslage im Vorfeld dagegen lediglich einen Verbotsirrtum, begründet die irrige Annahme der tatsächlich nicht bestehenden Rechtslage lediglich ein Wahndelikt.

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144
Q

Welche Beteiligungsformen gibt es?

A

I. Täterschaft

  1. Unmittelbarer Täter gem. § 25 I Alt. 1 StGB
  2. Mittelbarer Täter (begeht Straftat nicht selbst, aber durch jemand anderes als Werkzeug) gem. § 24 I Alt. 2
  3. Mittäter (Gemeinschaftliche Begehung) gem. § 25 II StGB

II. Teilnahme

  1. Der Anstifter gem. § 26 StGB
  2. Der Gehilfe gem. § 27 StGB
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145
Q

(P) –> Wie werden Täterschaft und Teilnahme abgegrenzt?

A

A1 “Tatherrschaftslehre” hL. –>

  1. Unterschied bereits objektiv
  2. Täterschaft bedeutet Tatherrschaft und das ist das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs
  3. Die Formen der Tatherrschaft sind
    - die “Handlungsherrschaft” bei der unmittelbaren Täterschaft,
    - die “Steuerungsherrschaft” in Form der Willens- oder Wissensherrschaft bei der mittelbaren Täterschaft
    - und die “funktionelle Mitherrschaft” in Form arbeitsteiligen Zusammenwirkens bei der Mittäterschaft.

A2 “subjektive Theorie” Rspr. –>

  1. Unterschied primär in subjektiver Hinsicht
  2. Maßgeblich sind Willensrichtung und innere Einstellung des Handelnden
  3. Täter hat Täterwille = Will Tat als eigene
  4. Teilnehmer hat Teilnehmerwille = will Tat als fremde veranlassen oder fördern
  5. Die subjektive Einstellung des Täters zur Tat ist dabei anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln.
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146
Q

Worin besteht das Wesen der Mittäterschaft?

A

Das Wesen der Mittäterschaft besteht in einem arbeitsteiligen Handeln und einer funktionellen Rollenverteilung. Jeder Beteiligte ist hier also als gleichberechtigter Partner Mitträger

  • eines gemeinsamen Tatentschlusses (gemeinsamer Tatplan)
  • und einer gemeinschaftlichen Tatbestandsverwirklichung (gemeinsame Tatausführung).

–> Mittäterschaft wird stets tatbestandsbezogen bestimmt = möglich, dass jemand im Hinblick auf eine Tat Mittäter ist und auf eine andere nicht “teilweise Mittäterschaft”

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147
Q

Prüfungsaufbau der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
- ggf. Tätereigenschaft
- bei der Tathandlung:
a) vollständige eigenhändige Verwirklichung: falls (-)
b) wechselseitige Zurechenbarkeit der Tatbeiträge des jeweils anderen Beteiligten nach § 25 II StGB
(1) gemeinsamer Tatplan
(2) gemeinsame Tatausführung
2) subjektiver Tatbestand
- Tatbestandsvorsatz (nach hL inklusive Tatherrschaftswille)
- ggf. besondere subjektive Tatbestandsmerkmale
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld

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148
Q

Definition des gemeinsamen Tatplans iR. der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB?

A
  1. Gemeinschaftliche Tatbegehung muss ausdrücklich oder konkludent vereinbart worden sein
  2. Ursprünglicher Tatplan kann während der Ausführung modifiziert werden ABER nur durch Einvernehmen
  3. Mittäterexzess ist nicht zurechenbar
  4. Abweichungen mit denen zu rechnen ist, sind unwesentlich
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149
Q

(P) –> Wie wird es im Rahmen der Mittäterschaft behandelt, wenn dem Mittäter einem für ihn unbeachtlicher Identitätsirrtum unterläuft? (zB. Erschießen der falschen Person)

A

A1 “Exzesslösung” –> Der Identitätsirrtum begründet einen nicht zurechenbaren Exzess, wenn die getroffene Person nicht dem Personenkreis angehört, auf den sich der Tat-plan bezieht (z.B. Schießen nur auf etwaige Verfolger)

A2 “Unbeachtlichkeitslösung” hM. –> Der Identitätsirrtum ist auch für die weiteren Mittäter unbeachtlich. Die Möglichkeit eines Identitätsirrtums ist im Tatplan angelegt, überschreitet diesen also nicht – sog. Risiko der Planverwirklichung.

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150
Q

(P) –> Wie wird es im Rahmen der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB bei der Zurechnung der Tatbeiträge behandelt, wenn ausversehen ein Mittäter schwer verletzt wird? (Identitätsirrtum)

A

A1 “Straflosigkeitslösung” –> Eine Zurechnung nach § 25 II StGB kommt hier nicht in Betracht, da die Selbstverletzung nicht strafbar ist.

A2 “Versuchslösung” –>

  1. Zwar kein tatbestandlicher Erfolg
  2. Aber Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs in Mittäterschaft
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151
Q

Wie wird es im Rahmen der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB behandelt, wenn ein Beteiligter vom Plan der gemeinsamen Tatbegehung wieder Abstand nimmt?

A
  1. Aufgabe nach Versuchsbeginn: Grds. voll zurechenbar
    - -> Straffreiheit nur unter Voraussetzungen des § 24 II StGB
  2. Aufgabe vor Versuchsbeginn: dif.
    a. Andere erlangen Kenntnis = keine Zurechnung da kein gemeinsamer Tatplan zum Tatzeitpunkt
    b. Keine Kenntnis der anderen = Zurechnung, da Verabredung zur gemeinsamen Tat ohne einen ausdrücklichen oder konkludenten Widerruf bestehen bleibt
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152
Q

(P) –> Bis zu welchem Zeitpunkt ist eine sukzessive Mittäterschaft gem. § 25 II StGB noch möglich?

A

A1 “Beendigungslösung” Rspr. –> Ein gemeinsamer Tatentschluss kann auch noch nach Vollendung der Tat bis zur Beendigung gefasst werden. Zuvor verwirklichte Tatbestandsmerkmale sind dann rückwirkend zurechenbar.

A2 “Vollendungslösung” hL. –> Ein gemeinsamer Tatentschluss kann nur bis zur Vollendung der Tat gefasst werden, denn mit diesem Zeitpunkt ist die Begehung der Tat abgeschlossen.
–> Ausnahme bei Dauerdelikten: Auch noch nach Vollendung gemeinsamer Tatentschluss möglich

—–> Nach Beendigung is unstreitig keine Mittäterschaft mehr möglich

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153
Q

(P) –> Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, damit ein Beitrag objektiv als Teil einer gemeinschaftlichen Tatausführung gilt und damit eine Zurechnung der Tatbeiträge anderer möglich ist iR. der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB?

A

A1 “Tatherrschaftslehre” –> Erforderlich ist ein wesentlicher Tatbeitrag, der sich mit den anderen Tatbeiträgen funktional ergänzt und so die gemeinsame Tatbestandsverwirklichung ermöglicht.

A2 “subjektive Theorie” –> Objektiv genügt jeder nicht völlig untergeordnete Beitrag, der die Tatbestandsverwirklichung fördert.

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154
Q

In welchen Fällen liegt nach hM. auch Mittäterschaft gem. § 25 II StGB vor?

A
  1. Alternative Mittäterschaft = Die Beteiligten vereinbaren die Erbringung alternativer Tatbeiträge, von denen von vornherein nur einer den Erfolg bewirken kann, jedoch nicht feststeht, welcher dies sein wird. (zB. Auflauern auf Opfer an verschiedenen Orten)
  2. Additive Mittäterschaft = Die Beteiligten erbringen mehrere gleichrangige Tatbeiträge, die zwar für sich betrachtet nicht alle den Erfolg bewirken, aber insgesamt die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts erhöhen. (zB. Erschießungskommando)
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155
Q

(P) –> Reicht ein Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium für die Mittäterschaft gem. § 25 II StGB aus?

A

A1 “strenge Tatherrschaftslehre” –> Erforderlich ist eine Mitwirkung im Ausführungsstadium. Zwar braucht der Beteiligte nicht notwendig am Tatort anwesend zu sein, doch muss er mit den anderen Beteiligten so in Verbindung stehen, dass er sie – z.B. telefo-nisch – dirigieren und koordinieren kann. Anderenfalls kann er auf den Tatablauf keinen Einfluss mehr nehmen und besitzt somit auch keine Tatherrschaft.
Kritik: Es erscheint nicht angemessen, den Organisator einer Tat, der den Tatablauf wesentlich mitgestaltet hat, lediglich aufgrund seiner Abwesenheit bei der Ausführung nur als Anstifter und damit als eine „Randfigur“ des Geschehens zu behandeln.

A2 “gemäßigte Tatherrschaftslehre” –> Auch ein Tatbeitrag im Vorbereitungsstadium kann die Mittäterschaft begründen. Das setzt indes voraus, dass das „Beteiligtenminus“ bei der Tatausführung durch das „Plus“ bei der Vorbereitung, d.h. durch ein besonderes Gewicht des Tatbeitrages für die Tatverwirklichung, ausgeglichen wird.

A3 “subjektive Theorie” –> Der Tatbeitrag kann auch als Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung erfolgen. Erforderlich ist nur, dass der Täter durch seinen Beitrag Einfluss auf die Tatausführung, d.h. das „Ob“, „Wann“ und „Wo“ nehmen kann oder zumindest nehmen will.

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156
Q

(P) –> Wann beginnt der Versuch bei der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB?

A

A1 “Einzellösung” –> Der Versuchsbeginn ist für jeden einzelnen Mittäter gesondert danach zu bestimmen, ob er zu seinem Tatbeitrag schon unmittelbar angesetzt hat.
(-) Wird Wesen der Mittäterschaft nicht gerecht, da es in der wechselseitigen Zurechenbarkeit besteht
(+) Zurechnung des Handelns eines anderen setzt einen eigenen Tatbeitrag voraus

A2 “Gesamtlösung” hM. –> Der Versuchsbeginn wird für alle Mittäter einheitlich bestimmt. Er liegt vor, sobald nur einer von ihnen im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat. Hierfür spricht, dass die Mittäter im Wege bewussten und gewollten Zusammen-wirkens eine Tat begehen wollen, die sich einheitlich vollzieht und bei der sich ein jeder die Beiträge der jeweils anderen zurechnen lassen muss.

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157
Q

(P) –> Kann einem der Versuchsbeginn des vermeintlichen Mittäters gem. § 25 II StGB zugerechnet werden?

A

Zu differenzieren:
I. Kann ihm vorgestelltes unmittelbares Ansetzen des Mittäters als eigener Versuchsbeginn zugerechnet werden?
–> Der vermeintliche Mittäter handelt in Wirklichkeit gar nicht, sondern nur in der Vorstellung des Täters: Auch beim untauglichen Versuch bedarf es einer echten Ausführungshandlung. Fehlt sie, kann sie nicht einfach durch die bloße Vorstellung einer solchen Handlung ersetzt werden. Es existiert also in diesem Fall keine Handlung, die zugerechnet werden könnte. Ein unmittelbares Ansetzen liegt daher nicht vor.

II. Vermeintlicher Mittäter vollzieht wirklich eine Handlung, die aber nur in Vorstellung des Täters den Beginn der Versuchsausführung darstellt
A1 “Rspr.” –> Aus der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs folgt, dass eine Zurechnung mög-lich sein muss. Es genügt, dass der Täter (Skinner) sich vorstellt, die in Frage kommende Handlung des vermeintlichen Mittäters (Willie) sei zur Tatbestandsverwirklichung geeig-net. Zwar reicht es nicht aus, wenn der vermeintliche Mittäter (Willie) überhaupt nicht handelt und der Täter dies nur irrig annimmt (so wie im Ausgangsfall). Handelt er aber wie hier tatsächlich, ist für eine Zurechnung nach § 25 II StGB nicht erforderlich, dass die-se Handlung nach der Vorstellung des Handelnden selbst (also Willie) den Beginn einer Tatbestandsverwirklichung darstellt, sondern es genügt, dass mit diesem Verhalten aus Sicht des Täters (Skinner) die Schwelle zum Versuchsbeginn überschritten wird.

A2 “hL.” –> Zugerechnet werden kann nach § 25 II StGB immer nur ein tatbestandliches Verhal-ten. Tatbestandlich ist aber nur ein solches Verhalten, das nach der Vorstellung des Handelnden selbst (Willie) den Beginn einer Tatbestandsverwirklichung darstellt; er muss also mit Tatentschluss handeln. Da ein solches tatbestandliches Verhalten nicht vorliegt, muss das unmittelbare Ansetzen verneint werden.

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158
Q

Prüfungsaufbau der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB?

A

A) Strafbarkeit des Tatmittlers
B) Strafbarkeit des Hintermannes als mittelbarer Täter
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
- ggf. Tätereigenschaft
- bei der Tathandlung: Zurechenbarkeit der Handlung des Tatmittlers nach § 25 I Alt. 2 StGB
–> zurechenbare Verursachung der Tatbestandsverwirklichung
–> durch tatbeherrschende Steuerung des Tatmittlers (nach hL)
2) subjektiver Tatbestand
- Tatbestandsvorsatz (nach hL inklusive Tatherrschaftswille)
- ggf. besondere subjektive Tatbestandsmerkmale
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld

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159
Q

(P) –> Wann scheidet eine mittelbare Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB durch eigenverantwortliches Handeln, d.h. frei von irrtum oder Zwang, des Vordermanns aus? (zB. Ehefrau will Mann los werden und sagt sie nehmen beide eine Pille um sich umzubringen weil ihr Leben so schlecht ist, aber sie nimmt gar keine tödliche und er schon)

A

A1 “Exkulpationslösung” –> Die Freiverantwortlichkeit fehlt nur, wenn der Vordermann keinen Vorsatz besäße bzw. nach §§ 20, 35 StGB entschuldigt wäre, wenn er nicht sich selbst, sondern einen anderen schädigen würde.

A2 “Einwilligungslösung”hM. –>
1. Die Freiverantwortlichkeit fehlt schon dann, wenn beim Vordermann eine Einwilligung an einem wesentlichen Willensmangel scheitern würde, wenn er nicht sich selbst, sondern ein anderer ihn schädigte
2. Rolle des Irrtums in der Einwilligungsdogmatik ist umstritten:
a1 “Rspr.” –> Nur rechtsgutbezogene Irrtümer sind beachtlich
a2 “Zwecklösung” –> auch zweckbezogene Irrtümer sind beachtlich
a3 “Zurechnungslösung” –> Fehlvorstellungen führen zu einem wesentlichen Willensmangel, wenn sie dem Täter, etwa weil er den Einwilligenden getäuscht hat, zugerechnet werden können.

—-> Zweck- und Zurechnungslösung sorgen für mittelbare Täterschaft der Frau!

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160
Q

(P) –> Liegt mittelbare Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB vor, wenn der Vordermann allein deshalb nicht tatbestandsmäßig handelt, weil ihm die für ein Sonderdelikt erforderliche Tätereigenschaft fehlt? –> “qualifikationslos-doloses Werkzeug”
(zB. X droht Zwangsvollstreckung und er bittet Y den Fernseher aus seinem Haus zu schaffen, dabei ist Y nicht mal Vollstreckungsschuldner)

A

A1 “strenge Tatherrschaftslehre” –> Der Hintermann ist kein mittelbarer Täter, denn das Geschehen wird hier allein vom Vordermann beherrscht. Allerdings sind Sonderdelikte i.d.R. sog. Pflichtdelikte, bei denen jeder Verursachungsbeitrag des sonderpflichtigen Hintermannes als Pflichtverletzung seine unmittelbare Täterschaft begründet.
–> X ist unmittelbarer Täter durch Veranlassung

A2 “gemäßigte Tatherrschaftslehre” hL. –> Der Hintermann ist mittelbarer Täter. Die Tatherrschaft ist wertend zu bestimmen. Hier begründet das Fehlen der Tätereigenschaft beim Vordermann dessen Unterlegenheit in einem normativen Sinne sowie das Vorliegen der entsprechenden Eigenschaft beim Hintermann dessen rechtlich beherrschende Stellung.
→ Xist wegen Vereitelns der Zwangsvollstreckung in mittelbarer Täterschaft nach §§ 288, 25 I Alt. 2 StGB strafbar.

A3 “subjektive Theorie” –> Der Hintermann ist mittelbarer Täter. Besitzt er die erforderliche Tätereigenschaft, reicht sein Interesse an der Tat zur Bejahung der mittelbaren Täterschaft aus.
→ Auch nach dieser Ansicht hat sich X wegen Vereitelns der Zwangsvollstre-ckung in mittelbarer Täterschaft nach §§ 288, 25 I Alt. 2 StGB strafbar gemacht.

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161
Q

Was zeichnet die mittelbare Täterschaft gerade aus?

A
  1. Unterlegene Stellunt des Tatmittlers gegenüber dem mittelbaren Täter
  2. Benutzen des Tatmittlers als sein menschliches Werkzeug
  3. spiegelbildlich dazu die überlegene Stellung des mittelbaren Täters, der die unterlegene Stellung des Tatmittlers für seine Zwecke ausnutzt und das Geschehen entwe-der kraft überlegenen Wissens (i.d.R. durch Täuschung erlangt) oder kraft überlegenen Willens (i.d.R. durch Zwang geschaffen oder durch eine erhebliche Willensschwäche des Tatmittlers begründet) beherrscht und steuert.
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162
Q

Wie ist der Hintermann beim vorsatzlos handelnden Tatmittler zu behandeln?

A
  1. Vordermann handelt nicht vorsätzlich: Hintermann trotzdem mittelbarer Täter
  2. Vordermann hat zwar Vorsatz, aber ihm fehlt die bei einigen Delikten erforderliche Absicht = absichtslos-doloses Werkzeug
    - -> Hintermann immer noch mittelbarer Täter
    - -> zB. Wegnahme für Hintermann und daher Fehlen der Zueignungsabsicht
  3. Vordermann handelt ohne nötigenden Zwang oder Täuschung durch Hintermann in voller Kenntnis aller Umstände und ihm fehlt Absicht aus anderen Gründen –> str.
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163
Q

(P) –> Wie ist der Hintermann iR. der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB zu behandeln, wenn der Vordermann ohne nötigenden Zwang oder Täuschung durch den Hintermann in voller Kenntnis aller Umstände handelt, ihm die Absicht somit aus anderen Gründen fehlt, die nichts mit Verhalten des Hintermanns zu tun hat?

A

A1 “strenge Tatherrschaftslehre” –> Der Hintermann ist kein mittelbarer Täter, da das Geschehen allein vom Vordermann beherrscht wird.

A2 “gemäßigte Tatherrschaftslehre” hL. –> Der Hintermann ist mittelbarer Täter. Wertend betrachtet begründet das Fehlen der Absicht beim Vordermann dessen normative Überlegenheit und das Vorliegen dieser Absicht beim Hintermann dessen rechtlich beherrschende Stellung.

A3 “subjektive Theorie” –> Der Hintermann ist mittelbarer Täter. Liegt die Absicht bei ihm vor, gibt wiederum sein Tatinteresse den Ausschlag.

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164
Q

Wann liegt ein gerechtfertigtes oder nicht-schuldhaftes Handeln des Tatmittlers vor iR. der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I At. 2 StGB?

A
  1. Gerechtgertigtes Handeln des Tatmittlers: Der Hintermann ist ferner mittelbarer Täter, wenn er den Vordermann gezielt in eine Situation bringt, in der dessen Tatbestandsverwirklichung gerechtfertigt ist.
  2. nicht-schuldhaftes Handeln des Tatmittlers: Handelt der Vordermann ohne Schuld bzw. ist er entschuldigt, bedarf es einer Abgrenzung zur Anstiftung, da diese zwar ein vorsätzliches und rechtswidriges, aber kein schuldhaftes Verhalten voraussetzt (sog. limitierte Akzessorietät).
    → Kennt der Hintermann die Umstände, die die Schuld ausschließen oder die den Vordermann entschuldigen, und nutzt er diese planvoll lenkend zur Tatbegehung aus, „überlagert“ seine Steuerungsherrschaft die Handlungsherrschaft des Vordermanns, so dass er mittelbarer Täter ist.
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165
Q

Wann ist eine mittelbare Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB trotz volldeliktisch handelndem Tatmittler möglich?

A
  • -> Täter hinter dem Täter trotz voll verantwortlich handelndem Vordermann:
    1. Ausnutzen der Organisationsherrschaft = hierarchisch strukturierte Machtapperate
    a. Befehlsgewalt
    b. beliebige Austauschbarkeit
    c. Rechtsgelöstheit
  1. Ausnutzen eines vermeidbaren Verbotsirrtums
  2. Ausnutzen eines Irrtums über den konkreten Handlungssin der Tat
    a. Irrtum über die Unrechtsqualifizierung: str.
    b. Irrtum über die Unrechtsquantifizierung: str.
    c. der manipulierte Identitätsirrtum
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166
Q

(P) –> Lässt sich der Gedanke der Organisationsherrschaft im Rahmend er mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB auf Wirtschaftsunternehmen übertragen?

A

A1 “hL.” –> Nein, da Rahmen der Rechtsordnung und keine beliebige Austauschbarkeit

A2 “Rspr.” –> Ja,

  1. Ausnutzen regelhafter Abläufe in hierarchisch gegliederter Organisation
  2. das Bestehen eines hinlänglich deutlichen räumlichen, zeitlichen und hierarchischen Abstands zwischen dem Hintermann und dem die Tat unmittelbar ausführenden Mitarbeiter.
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167
Q

(P) –> Wie wird Hintermann iR. der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB bewertet, wenn der Vordermann sich durch ihn im Irrtum über die Unrechtsqualifizierung der Tat befindet?

A

A1 “Teilnahmelösung” –> Der Hintermann ist lediglich Teilnehmer, denn der das tatbestandliche Unrecht kennende Vordermann wird allein durch die bloße Unkenntnis qualifizierender Umstände noch kein unfreies Werkzeug.

A2 “Täterschaftslösung” hM. –> Der Hintermann ist mittelbarer Täter. Zwischen seinem Wissen und Wollen und dem Wissen und Wollen des unmittelbaren Täters besteht ein erhebliches Unwertgefälle, das bei wertender Betrachtungsweise die Tat als Werk des überschauenden und lenkenden Hintermannes erscheinen lässt.

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168
Q

(P) –> Wie wird Hintermann behandelt, wenn sich Vordermann wegen ihm in einem manipulierten Identitätsirrtum befindet iR. der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB? = Hintermann schhiebt dem unmittelbaren Täter ein anderes Opfer unter, das dieser wie geplant aufgrund unbeachtlichen Identitätsirrtums verletzt

A

A1 “Teilnahmelösung” –> Der Hintermann ist nur Teilnehmer (hier: Gehilfe). Allein der unmittelbare Täter beherrscht das Geschehen; sein Irrtum ändert daran nichts.

A2 “Täterschaftslösung” hM. –> Der Hintermann ist Täter, denn die Tatbegehung an dem konkreten Opfer wird durch das Ausnutzen des Irrtums des unmittelbaren Täters von ihm gezielt gesteuert.

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169
Q

(P) –> Wie wird der Hintermann behandelt iR. der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB, wenn dem Tatmittler ein für ihn unbeachtlicher Identitätsirrtum, den der Hintermann nicht vorhergesehen und nicht gewollt hat, unterläuft?

A

A1 “aberatio-ictus–Lösung” hM. –> Der unbeachtliche Identitätsirrtum des Tatmittlers ist für den Hintermann eine aberratio ictus. Es kann keinen Unterschied machen, ob sich der Täter eines fehlgehenden mechanischen Werkzeugs bedient oder ob es beim Einsatz eines menschlichen Werkzeuges zum Fehlgehen der Tat kommt.
→ Der Hintermann wird bestraft wegen fahrlässigem Delikt am tatsächlichen Opfer in Tateinheit mit versuchtem Delikt in mittelbarer Täterschaft am vorgestellten Opfer.

A2 “differenzierende Lösung” –> Es kommt darauf an, von wem das Opfer individualisiert wurde.
→ Hat der Hintermann dem Tatmittler die Identifikation überlassen, trägt er das Verwechslungsrisiko, so dass der Irrtum auch für ihn einen unbeachtlichen Identi-tätsirrtum darstellt.
→ Hat der Hintermann das Opfer selbst individualisiert und der Tatmittler irrt gleichwohl, ist dieser Irrtum für ihn eine aberratio ictus.

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170
Q

Wie wird dem Hintermann ein Exzess des Tatmittlers iR. der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB angerechnet?

A

Tut der Tatmittler mehr oder anderes als vom Hintermann vorhergesehen und gewollt, liegt ein Exzess vor, der beim Hintermann einen Tatumstandsirrtum nach § 16 I 1 StGB begründet (es sei denn, es handelt sich um eine unwesentliche Abweichung, die keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt).

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171
Q

(P) –> Wann beginnt der Versuch bei der mittelbaren Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB?

A

A1 “Gesamtlösung” –> Der Versuchsbeginn liegt erst vor, wenn der Tatmittler zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt oder wenn sich diese Tatbestandsverwirklichung an das Handeln des mittelbaren Täters zumindest ohne wesentliche weitere Zwischenakte anschließen soll. Das Verhalten des Hintermannes und des Tat-mittlers sind als Gesamthandlung zu sehen; §§ 22, 25 I Alt. 2 StGB müssen wie folgt kombiniert werden: Eine Straftat versucht, „wer durch die Handlung eines anderen zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.“
(-) Die Gesamtlösung verkennt, dass sich die mittelbare Täterschaft anders als die Mittäterschaft gerade nicht als eine vom gemeinsamen Tatentschluss getragene ge-meinschaftliche Begehung darstellt, sondern vielmehr als alleinige Tat des Hinter-mannes.

A2 “Einzellösung” –> Für den Versuchsbeginn ist allein das Handeln des mittelbaren Täters relevant; §§ 22, 25 I Alt. 2 StGB müssen wie folgt kombiniert werden: Eine Straftat versucht, „wer durch seine eigene Handlung unmittelbar ansetzt zur Verwirklichung des Tatbestandes durch einen anderen.“
a1 “strenge Einzellösung” –> Das unmittelbare Ansetzen liegt bereits mit dem Beginn oder dem Abschluss des Einwirkens auf das Werkzeug vor.
(-) Diese Auffassung trägt dem Unmittelbarkeitserfordernis des § 22 StGB nicht ausreichend Rechnung, denn sie bejaht einen Versuchsbeginn auch in Fällen, in denen der Hintermann das Geschehen noch in der Hand behält und auch noch keine Gefahr besteht.
a2 “weite modifizierte Einzellösung” –> Der Versuchsbeginn liegt erst vor, wenn auf der Grundlage der Vorstellung des mittelbaren Täters entweder bereits eine unmittelbare Gefährdung für das betroffene Rechtsgut besteht oder der Hintermann das Geschehen aus der Hand gibt, es also aus seinem Herrschaftsbereich entlässt.
a3 “enge modifizierte Einzellösung” hM. –> Das Aus-der-Hand-Geben genügt nur, wenn nach der Vorstellung des mittelbaren Täters mit einer alsbaldigen Tatausführung durch den Tatmittler zu rechnen ist.
(-) Da für den Versuchsbeginn allein das Verhalten des mittelbaren Täters maßgeblich ist, kann es keine Rolle spielen, wie viel Zeit bis zur Tatausführung durch den Tatmittler noch verstreichen soll.

A4 “Gefährdungslösung” –> Der Versuchsbeginn liegt vor, wenn das geschützte Rechtsgut nach der Vorstellung des mittelbaren Täters konkret gefährdet ist. Zu welchem Zeitpunkt er und sein Tatmittler gehandelt haben, spielt dagegen keine Rolle.
(-) Die Gefährdungslösung entkoppelt das Merkmal der Unmittelbarkeit vom Merkmal des Ansetzens. Nach der Formulierung „unmittelbar ansetzt“ in § 22 StGB bezieht sich aber das Unmittelbarkeitserfordernis auf die tatbestandliche Handlung und nicht auf einen davon unabhängigen Gefahreneintritt.

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172
Q

(P) –> Wann liegt bei Fallenstellungs-Konstellationen der Versuchsbeginn vor und wann handelt es sich hierbei um mittelbare Täterschaft gem. § 25 I Alt. 2 StGB?

A

A1 “hL” –> Die Fallenstellungskonstellationen bilden eine Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft, in der der Hintermann die Tat durch das Opfer als Werkzeug gegen sich selbst begehen will. Es gelten daher die üblichen Regeln des Versuchsbeginns bei der mittelbaren Täterschaft (also je nach der für richtig gehaltenen Auffassung die Kriterien der Gesamtlösung, Einzellösung usw.)

A2 “Rpsr.” –> Es ist zu differenzieren:

  • Steht für den Täter fest, dass das Opfer erscheinen und das selbstschädigende Verhalten vornehmen wird, setzt der Täter bereits mit dem Abschluss seiner Tathandlung unmittelbar an.
  • Hält der Täter dagegen das Erscheinen des Opfers lediglich für möglich, aber noch für ungewiss, liegt ein Versuchsbeginn erst dann vor, wenn das Opfer tatsächlich erscheint und auch Anstalten macht, das erwartete selbstschädigende Verhalten tatsächlich vorzunehmen.

(-) Es besteht keine gesetzliche Grundlage dafür, den Versuch je nach Vorsatzform einmal früher und einmal später beginnen zu lassen.

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173
Q

Was ist sich zu der Teilanahme zu merken?

A
  1. Es hat akzessorische Natur, da es einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat bedarf
  2. Haupttäter muss jedoch nicht schuldhaft handeln und die Akzessorietät daher limitiert
  3. Haupttat muss nicht vollendet sein
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174
Q

Unterschied zwischen versuchter Teilnahme und Teilnahme am Versuch?

A
  1. Bestrafung als Anstifter oder Gehilfe setzt zwingend Haupttat und Beitrag dazu voraus
  2. Versuchte Anstiftung gem. § 30 I StGB ist nur zu Verbrechen strafbar
  3. Die versuchte Beihilfe ist nie strafbar
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175
Q

Prüfungsaufbau der Anstiftung gem. § 26 StGB?

A
A) Strafbarkeit des Haupttäters
B) Strafbarkeit des Anstifters
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
- vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
- Bestimmen
2) subjektiver Tatbestand
- Vorsatz hinsichtlich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat
- Vorsatz hinsichtlich des Bestimmens
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
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176
Q

Definitionen iR. der Anstiftung gem. § 26 StGB?

  1. Bestimmen zur vorsätzlichen, rechtsiwdrigen Haupttat
  2. Doppelter Ansitfervorsatz
A
  1. Bestimmen: Bestimmen des Haupttäters zu dessen vorsätzlicher rechtswidriger Tat. Darunter versteht man das Hervorrufen des Tatentschlusses, d.h. ein Handeln, das für das Fassen des Tatentschlusses zumindest mitursächlich ist.
    - -> omnimodo facturus kann nicht mehr angestiftet werden
    - -> Es bedarf eines offenen geistigen Kontakts zur Ansitftung
  2. Doppelter Ansitfervorsatz:
    Vorsatz zu:
    a. Begehung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat durch bestimmte Person
    b. Bestimmen dieser Person zur Tatbegehung
    –> konkret individualisierbares Geschehen
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177
Q

(P) –> Liegt ein Bestimmen iR. der Anstiftung gem. § 26 StGB vor, wenn Beteiligter den Täter aufstiftet? = Veranlassen zur Begehung der Tat in qualifizierter Form

A

A1 “Beihilfelösung” –> Das Hervorrufen des Tatentschlusses zur Verwirklichung der Qualifikation reicht für ein „Bestimmen“ i.S. des § 26 StGB nicht aus, da die Qualifi-kation im Verhältnis zum Grunddelikt unselbständig ist. Zur Begehung des Grunddelikts ist der Täter aber schon fest entschlossen. Der Aufstifter kann daher nur wegen psychischer Beihilfe bestraft werden. Anders verhält es sich nur in den Fällen, in denen es sich bei dem veranlassten „Mehr“ um eine verselbständigten Abwandlung handelt (z.B. Raub statt Diebstahl).

A2 “Anstiftungslösung” hM. –> Durch den Aufstifter wird der Unrechtsgehalt der Tat wesentlich erhöht. Er haftet deshalb als Anstifter.
Der Rspr. zufolge ist eine Anstifterstrafbarkeit sogar dann möglich, wenn der Aufstifter lediglich auf der Ebene desselben Tatbestandes eine deutliche Unrechts-erhöhung bewirkt (z.B. eine einfache Körperverletzung durch Faustschläge statt harmloserer Ohrfeigen

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178
Q

(P) –> Liegt ein Bestimmen iR. der Anstiftung gem. § 26 StGB vor, wenn Beteiligter den Täter abstiftet?

A

Der Beteiligte veranlasst den zur Verwirklichung der Qualifikation Entschlossenen dazu, lediglich das Grunddelikt zu begehen.
→ Eine Anstiftung scheidet aus, da der Wille zur Verwirklichung der Qualifikation den Tatentschluss zur Begehung des Grunddelikts beinhaltet, der Täter also insoweit ein omnimodo facturus ist.
→ Eine psychische Beihilfe scheidet i.d.R. ebenfalls aus, da die Tatbegehung aufgrund der Risikoverringerung dem Abstifter nicht zugerechnet werden kann, dieser die Tat also nicht gefördert hat. Anders verhält es sich allerdings wohl dann, wenn er den Täter in der Begehung des Grunddelikts bestärkt.

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179
Q

(P) –> Wie wird es iR. der Anstiftung gem. § 26 StGB behandelt, wenn beim Haupttäter ein für ihn unbeachtlicher Identitätsirrtum vorliegt, den der Anstifter weder vorhergesehen noch gewollt hat?

A

A1 “Unbeachtlichkeitslösung” Rspr. –> Der Identitätsirrtum, der den Vorsatz des Täters unberührt lässt, ist auch beim Anstifter unbeachtlich. Der Anstifter bestimmt den Täter dazu, denjenigen zu verletzen, den er als Opfer identifiziert. Eine dem Täter unterlaufene Personenverwechselung stellt zudem nur eine unwesentliche Abweichung des Kausalverlaufes dar, da sie sich in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt.
(-) Erkennt der Täter seinen Irrtum und begeht dann eine weitere Tat, diesmal am richtigen Tatobjekt, führt diese Auffassung in ein Dilemma:
→ Entweder wird der Beteiligte wegen dieser zweiten Tat erneut als Anstifter be-straft, obwohl er nur Vorsatz hinsichtlich einer Tat hatte.
→ Oder der Beteiligte wird wegen dieser zweiten Tat nicht als Anstifter bestraft, ob-wohl es sich um genau die Tat handelt, zu der er den Haupttäter angestiftet hat und auch anstiften wollte.
→ Diese Problematik lässt sich noch weiter auf die Spitze treiben, wenn der Täter erst beim dritten, vierten, fünften, sechsten usw. Versuch den Richtigen trifft (sog. Blutbadargument).

A2 “aberratio-ictus-Lösung” –> Der unbeachtliche Identitätsirrtum des Haupttäters stellt für den Anstifter eine aberratio ictus dar. Umstritten ist allerdings, welche Rechtsfolge dies nach sich zieht:
a1 –> Der Anstifter wird wegen Anstiftung zum versuchten Delikt am vorgestellten Opfer (ggf. in Tateinheit mit fahrlässigem Delikt am tatsächlichen Opfer) be-straft, denn im Angriff auf das „falsche“ Opfer liegt zugleich einen Angriff auf das „richtige“ Opfer.
(-) Der Täter greift nur eine Person an, nämlich diejenige, die er im Tatzeitpunkt nicht nur verletzen will, sondern auch tatsächlich verletzt.

a2 –> Der Anstifter wird wegen versuchter Anstiftung (ggf. in Tateinheit mit fahr-lässigem Delikt am tatsächlichen Opfer) bestraft.

A3 “differenzierende Lösung” –> Es kommt darauf an, von wem das Opfer individualisiert wurde.
→ Hat der Anstifter dem Haupttäter die Identifikation überlassen, trägt er das Verwechslungsrisiko, so dass der Irrtum auch für ihn einen unbeachtlichen Identitäts-irrtum darstellt.
→ Hat der Anstifter das Opfer selbst individualisiert und der Haupttäter irrt gleich-wohl, ist dieser Irrtum für ihn eine aberratio ictus.

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180
Q

(P) –> Wir Beteiligter als Anstifter behandelt, wenn er einen anderen zur Tatbegehung veranlasst, der tatsächlich bösgläubig ist, den er aber irrtümlich für gutgläubig hält. Er handelt also objektiv als Anstifter und subjektiv als mittelbarer Täter?

A

A1 “Versuchslösung” –> Der Tatveranlasser kann nicht wegen Anstiftung bestraft werden, da er keine vorsätzliche Tat des unmittelbar Ausführenden will, ihm also der Vorsatz hinsichtlich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat fehlt. In Betracht kommt deshalb nur eine versuchte Deliktsbegehung in mittelbarer Täterschaft.
(-) Diese Lösung behandelt den Tatveranlasser so, als habe er an der vollendeten Rechtsgutsverletzung nicht mitgewirkt.

A2 “Anstiftungslösung” hM. –> Der Tatveranlasser ist wegen Anstiftung zur vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat strafbar. Der fehlende Anstiftervorsatz kann durch den weitergehenden, qualitativ schwerer wiegenden Tatherrschaftswillen ersetzt werden. Anders verhält es sich nur dort, wo das Gesetz ausnahmsweise das Handeln als mittelbarer Täter mit geringerer Strafe bedroht als die Anstiftung (z.B. § 160 StGB ggü. § 154 StGB).

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181
Q

(P) –> Wird Beteiligter als Anstifter behandelt, wenn er einen anderen zur Tatbegehung veranlasst, der tatsächlich gutgläubig ist, den er aber irrtümlich für bösgläubig hält. Er handelt also objektiv als mittelbarer Täter und subjektiv als Anstifter?

A

A1 “Anstiftungslösung” –> Der Tatveranlasser kann nicht wegen mittelbarer Täterschaft bestraft werden, da ihm der Täterwille bzw. das Tatherrschaftsbewusstsein fehlt. Möglich ist aber eine Bestrafung wegen vollendeter Anstiftung zur Haupttat. Täterschaft ist gegenüber der Teilnahme die höhere Beteiligungsebene. Wer objektiv auf der höheren Ebene handelt, subjektiv dagegen nur auf der niedrigeren, muss sein Verhalten zumindest auf dieser niedrigeren Ebene erfassen lassen.
(-) Diese Auffassung verstößt gegen den Wortlaut des § 26 StGB, der das objektive Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat verlangt

A2 “Versuchslösung” hM. –> In Betracht kommt hier nur eine versuchte Anstiftung, die allerdings gem. § 30 I StGB lediglich bei Verbrechen strafbar ist.

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182
Q

Prüfungsaufbau der Beihilfe gem. § 27 StGB?

A
A) Strafbarkeit des Haupttäters
B) Strafbarkeit des Gehilfen
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
- vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
- Hilfe leisten
2) subjektiver Tatbestand
- Vorsatz hinsichtlich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat
- Vorsatz hinsichtlich des Hilfeleistens
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
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183
Q

Definition der Beihilfe gem. § 27 StGB?

  1. Hilfeleisten
  2. doppelter Gehilfenvorsatz
A
  1. Hilfeleisten: Als solches gilt jeder Tatbeitrag, durch den die Haupttat ermöglicht, erleichtert, beschleunigt oder verstärkt wird.
    - -> Tatbeitrag muss bis zur Vollendung der Tat wirken, aber Förderung in irgendeiner Weise genügt
  2. Doppelter Gehilfenvorsatz:
    Vorsatz bezüglich
    a. Begehung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat durch eine bestimmte Person,
    b. Hilfeleisten zu dieser Tat
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184
Q

Welche Formen der Beihilfe gibt es?

A
  1. Psychische Beihilfe –> kommunikativer Akt

2. Physische Beihilfe –> Tätiges Mitwirken

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185
Q

(P) –> Bis zu welchem Zeitpunkt ist das Hilfeleisten iR. der Beihilfe gem. § 27 StGB noch nach begonnener Tatausführung möglich?

A

A1 “Beendigungslösung” Rspr. –> Ein Hilfeleisten kann auch noch nach Vollendung der Tat bis zur Beendigung erfolgen, da die Rechtsgutsverletzung erst zu diesem Zeit-punkt endgültig wird, ein Tatbeitrag also insoweit noch Wirksamkeit entfalten kann. Danach ist der Freund im Bsp. der Beihilfe zum Diebstahl schuldig

A2 “Vollendungslösung” hL. –> Ein Hilfeleisten kann nur bis zur Vollendung der Tat erfolgen, denn mit diesem Zeitpunkt ist die Begehung der Tat abgeschlossen

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186
Q

Unterschied zwischen “Vorstellung des Beteiligten von der Tat”: bei Anstiftung und bei Beihilfe?

A

Die Vorstellung des Gehilfen von der Haupttat muss nicht gleichermaßen konkret sein wie die des Anstifters. Es genügt, wenn sie den wesentlichen Unrechtsgehalt der Tat erfasst. Einer Konkretisierung nach Tatobjekt, Tatzeit und Tatort bedarf es nicht.

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187
Q

(P) –> Wie wird eine neutrale Beihilfe bewertet? (= an sich berufstypische alltägliche Handlung, aber Person weiß dass sie damit Straftat ermöglicht, zB. Verkaufen einer Axt)

A

A1 “Zurechnungslösung” –> Berufstypische alltägliche Handlungen sind kein „Hilfeleisten“, da die Tatbegehung dem Beteiligten aufgrund der Sozialadäquanz seines Verhaltens bzw. der Einhaltung des erlaubten Risikos nicht zugerechnet werden kann.
(-) Handlung sind nicht als solche neutral, sondern müssen stets in ihrem Kontext gesehen werden. Ohne eine solche Einordnung sind nämlich auch sonstige Beihilfehandlungen für sich genommen „neutral“. Wer einem anderen privat eine Axt überlässt, kann das ebenso wie ein Werkzeughändler aus völlig legitimen Gründen tun. Er hat es aber zu unterlassen, wenn ihm ein deliktischer Zusammenhang bekannt wird. Weshalb an dieser Stelle berufliches gegenüber sonstigem Handeln privilegiert wer-den sollen, ist nicht ersichtlich.

A2 “Vorsatzlösung” hM. –> Es kommt auf das Wissen des Beteiligten an:

  • Verfügt er über die sichere Kenntnis, dass er mit seinem Handeln die Begehung einer Straftat fördert, verliert dieses seinen neutralen Charakter und wird zur Beihilfe.
  • Hält er dagegen die Begehung einer Straftat nur für möglich, liegt eine Beihilfe nur vor, wenn die Deliktsbegehung objektiv wahrscheinlich ist und er dieses Risiko zu-treffend erkannt hat. Erforderlich ist in einem solchen Fall also ein sog. deliktischer Sinnbezug: Aufgrund konkreter Anhaltspunkte gibt es außer einer geplanten Tatbegehung für das Interesse des Täters an der Handlung des Beteiligten kei-nen vernünftigen Grund.
188
Q

(P) –> Wie wird die nicht strafbare Teilnahme ander Selbsttötung von der “Tötung auf Verlangen” abgegrenzt?

A

A1 “allgemeine Tatherrschaftslösung” –> Es gelten die allgemeinen Täterschaftskriterien. Wer nach diesen Kriterien als Mittäter gilt, ist nicht bloß Teilnehmer einer Selbsttötung, sondern Täter einer strafbaren Fremdtötung.
→ Selbsttötung und Fremdtötung schließen einander nicht zwingend aus.
(-) Mittäterschaft setzt nach § 25 II die gemeinschaftliche Begehung einer Straftat voraus. Die Selbsttötungshandlungen des Suizidenten fallen aber unter keinen Straf-tatbestand und können deshalb auch nicht über § 25 II StGB zugerechnet werden.

A2 “modifizierte Tatherrschaftslösung” –> Die allgemeinen Täterschaftskriterien müssen hier modifiziert werden. Entscheidend ist, wer die Herrschaft über den unmittel-bar lebensbeendenden Akt bzw. den „point of no return“ besitzt:
→ Selbsttötung u. Fremdtötung schließen einander zwingend aus.
→ Hat der Suizident selbst die Herrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt, ist das Verhalten des Mitwirkenden lediglich eine straflose Teilnahme an Selbsttötung.
→ Besitzt dagegen der Mitwirkende die Herrschaft über den unmittelbar lebensbe-endenden Akt, stellt sein Verhalten eine strafbare Fremdtötung dar.

189
Q

(P) –> Wie wird es behandelt, wenn der Täter ein Mordmerkmal (zB. Habgier) erfüllt und der Teilnehmer dasselbe?

A

A1 “Rspr.” –> Der Täter wird bestraft wegen Mordes, der Teilnehmer wegen Teilnahme am Mord

A2 “hL.” –> Der Täter wird bestraft wegen Mordes, der Teilnehmer wegen Teilnahme am Mord

190
Q

(P) –> Wie wird es behandelt wenn der Täter ein Mordmerkmal (zB. Habgier) erfüllt, der Teilnehmern aber nicht und zu welchem weiteren Problem führt dies?

A

A1 “Rspr.” –> Der Täter wird bestraft wegen Mordes, der Teilnehmer somit wegen Teil-nahme am Mord. Da er jedoch selbst kein Mordmerkmal erfüllt, ist seine Strafe gem. § 49 StGB zu mildern.
Hinweis: Dies führt zu einem ersten Problem, das sich aus der Eigenständigkeitsthese des BGH ergibt: Durch die Strafmilderung wird in einem solchen Fall der Anstifter zum Mord nämlich geringer bestraft als der Anstifter zum Totschlag:
- Bei der Anstiftung zum Totschlag beträgt der Strafrahmen fünf bis fünfzehn Jahre.
- Bei der Anstiftung zum Mord mit der Milderung des § 49 I Nr. 1 StGB beträgt der Straf-rahmen dagegen drei bis fünfzehn Jahre.
Die Rspr. löst diese Problematik, indem sie der Strafuntergrenze des § 212 StGB eine Sperrwirkung zuerkennt, d.h. diese Strafuntergrenze darf nicht unterschritten werden.

A2 “hL.” –> Der Täter wird bestraft wegen Mordes, der Teilnehmer nur wegen Teilnahme am Totschlag

191
Q

(P) –> Wie wird es behandelt, wenn der Täter keine Mordmerkmale erfüllt, der Teilnehmer jedoch schon (zB. Habgier)?

A

A1 “Rspr.” –> Der Täter wird bestraft wegen Totschlags, der Teilnehmer wegen Teilnahme am Totschlag. Für eine Teilnahme am Mord fehlt die teilnahmefähige Haupttat.
Hinweis: Hier zeigt sich der zweite Mangel der Selbständigkeitsthese der Rspr. Sie kann das beim Teilnehmer vorliegende Mordmerkmal in dieser Konstellation nur bei der Straf-zumessung berücksichtigen – was freilich nichts daran ändert, dass die Strafe hinter der für eine Teilnahme am Mord zurück bleibt.

A2 “hL.” –> Der Täter wird bestraft wegen Totschlags, der Teilnehmer wegen Teilnahme am Mord

192
Q

(P) –> Der Täter erfüllt ein Mordmerkmal (zB Habgier), der Teilnehmer ein anderes (zB. andere niedrige Beweggründe)?

A

A1 “Rspr.” –> Der Täter wird bestraft wegen Mordes, der Teilnehmer wegen Teilnahme am Mord. Weil er selbst ein Mordmerkmal erfüllt, kommt ihm auch keine Straf-milderung nach § 49 StGB zugute, auch wenn das besondere persönliche Merkmal, welches die Strafbarkeit des Täters begründet, bei ihm nicht vorliegt und damit die Voraussetzungen von § 28 I StGB eigentlich gegeben sind.
Hinweis: Hierbei handelt es sich um das dritte Problem der Selbständigkeitsthese der Rspr: Die Ablehnung einer Strafmilderung ist mit der Grundannahme des BGH vom eigen-ständigen Deliktscharakter nicht vereinbar, denn danach hätte hier über § 28 I StGB die Strafe des Teilnehmers zwingend gemildert werden müssen.

A2 “hL.” –> Der Täter wird bestraft wegen Mordes, der Teilnehmer wegen Teilnahme am Mord.
Hinweis: Vor einigen Jahren äußerte der 5. Senat in einem obiter dictum erstmals Zweifel an der bisherigen ständigen Rspr. zum Verhältnis von Mord und Totschlag Allerdings hat diese Ent-scheidung keine Nachfolger gefunden. Und im Rahmen einer Fachtagung von BGH-Richtern und Vertretern der Strafrechtswissenschaften ist von Seiten der Rspr. signalisiert worden, dass der BGH derzeit nicht beabsichtige, seinen Standpunkt zu revidieren. Es ist also davon auszugehen, dass die hier erörterte Thematik bis auf Weiteres aktuell bleiben wird.

193
Q

Welche Formen der mittelbaren Teilanhme an der Haupttat gibt es?

A
  1. Anstiftung zur Anstiftung: Wer einen anderen dazu anstiftet, den Haupttäter zu dessen Tat zu bestimmen (sog. Kettenanstiftung), wird wegen Anstiftung zur Haupttat bestraft, denn er hat mittelbar den Tatentschluss beim Haupttäter hervorgerufen.
  2. Beihilfe zur Anstiftung: Wer einem anderen dazu Hilfe leistet, den Haupttäter zu dessen Tat zu bestimmen, wird wegen Beihilfe zur Haupttat bestraft, denn er hat nicht – auch nicht mittelbar – den Tatentschluss beim Haupttäter hervorgerufen, sondern die Tat durch die Unterstützung des Anstifters lediglich mittelbar gefördert.
  3. Anstiftung zur Beihilfe: Wer einen anderen dazu anstiftet, dem Haupttäter zu dessen Tat Hilfe zu leisten, wird wegen Beihilfe zur Haupttat bestraft, denn er hat die Tat hierdurch mittelbar gefördert.
  4. Beihilfe zur Beihilfe: Wer einem anderen Hilfe leistet, dem Haupttäter zu dessen Tat Hilfe zu leisten, wird wegen Beihilfe zur Haupttat bestraft.
194
Q

Was ordnet § 28 StGB an?

A

Eine Akzessorietätlockerung

195
Q

Welche Arten der besonderen Persönlichen Merkmale gibt es und was sind ihre Rechtsfolgen?

A

I. Strafbegründende b.p.M. –> Ein besonderes persönliches Merkmal wirkt strafbegründend, wenn ohne sein Vorliegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes durch den Täter nicht straftatbestandsmäßig ist. Es muss sich also um ein Merkmal eines Grundtatbestandes handeln. (zB. Amtsträgereigenschaft)
1. Rechtsfolgen gem. § 28 I StGB:
→ Der Teilnehmer wird, unabhängig davon ob er selbst das besondere persönliche Merkmal erfüllt, stets aus demselben Delikt bestraft wie der Täter. Insoweit bleibt die Teilnahme hier strikt akzessorisch; eine Verschiebung des Tatbestandes, aus dem der Teilnehmer bestraft wird, erfolgt nicht.
→ Erfüllt der Teilnehmer anders als der Täter das Merkmal nicht, ist allerdings seine Strafe nach § 49 I StGB zu mildern. Es erfolgt also eine Verschiebung des Straf-rahmens, aus dem die konkrete Strafe zu entnehmen ist.

II. Strafschärfende/-mildernde/Strafausschließende b.p.M. –> Ein besonderes persönliches Merkmal wirkt strafschärfend bzw. strafmildernd, wenn es in einer Qualifikation oder Privilegierung enthalten ist. (zB. Amtsträgereigenschaft bei der Strafvereitelung im Amt)
1. Rechtsfolgen gem. § 28 II StGB
→ Es kommt für die Teilnehmerstrafbarkeit immer nur darauf an, ob der Teilneh-mer das besondere persönliche Merkmal erfüllt. Ob es beim Täter vorliegt oder nicht, spielt keine Rolle.
→ Erfüllt der Teilnehmer das besondere persönliche Merkmal, wird er stets aus der Qualifikation bzw. Privilegierung bestraft
→ Erfüllt der Teilnehmer das besondere persönliche Merkmal nicht, wird er stets nur aus dem Grunddelikt bestraft.
→ Anders als bei den strafbegründenden besonderen persönlichen Merkmalen er-folgt hier also nicht lediglich eine Verschiebung des Strafrahmens, sondern ggf. bereits eine Verschiebung des Tatbestandes, aus dem der Teilnehmer bestraft wird.

196
Q

(P) –> Welche Art von b.p.M. sind die Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe?

A

A1 –> Stellt der Mord ein eigenständiges Delikt dar, sind die Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe strafbegründender Natur. Anzuwenden ist somit § 28 I StGB.

A2 –> Bildet der Mord eine Qualifikation des Totschlags, sind die Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe strafschärfender Natur. Anzuwenden ist somit § 28 II StGB.

197
Q

Prüfungsaufbau der Teilnahme bei den Mordmerkmalen der 1. und 3. Gruppe?

A

A. Strafbarkeit des Haupttäters
B. Strafbarkeit des Teilnehmers
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. objektiver Tatbestand
- vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
- Teilnahmehandlung (Bestimmen oder Hilfeleisten)
2. subjektiver Tatbestand
- Vorsatz hinsichtlich der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat
- Vorsatz hinsichtlich der Teilnahmehandlung
3. Vorliegen besonderer persönlicher Merkmale
- Feststellung, wer welche subjektiven Mordmerkmale erfüllt hat
- Lösung nach Rspr.
- Lösung nach hL
- bei unterschiedlichen Resultaten Streitentscheid
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

198
Q

Prüfungsaufbau der versuchten Anstiftung gem. § 30 I 1 Alt. 2?

A

0) Vorprüfung
- keine erfolgreiche Anstiftung
- Strafbarkeit der versuchten Anstiftung
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) Tatentschluss (subjektiver Tatbestand)
- Vorsatz hinsichtlich der vorsätzlichen und rechtswidrigen Begehung eines Ver-brechens
- Vorsatz hinsichtlich des Bestimmens
2) unmittelbares Ansetzen zum Bestimmen (objektiver Tatbestand)
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) ggf. Strafausschließungs-/Strafaufhebungsgründe
insb. Rücktritt vom Versuch der Beteiligung

199
Q

(P) –> wann wird zu der versuchten Anstiftung unmittelbar angesetzt?

A

A1 “Handlungslösung” –> Der Beteiligte setzt zur Anstiftung unmittelbar an, sobald er seine Anstiftungshandlung vorzunehmen beginnt.

A2 “Zugangslösung” –> Der Beteiligte setzt zur Anstiftung unmittelbar an, sobald seine Auf-forderung dem Anzustiftenden so zugegangen ist, dass dieser sie zur Kenntnis neh-men kann.

A3 “Entlassungslösung” hM. –> Der Beteiligte setzt zur Anstiftung unmittelbar an, sobald er seine Aufforderung aus seinem Herrschaftsbereich entlässt.

Vertiefungshinweis: Bei bestimmten Delikten qualifiziert das Vorliegen eines besonderen per-sönlichen Merkmals die Tat vom Vergehen zum Verbrechen.
Bsp.: die Gewerbsmäßigkeit bei § 260a StGB
Umstritten ist, wer bei der versuchten Anstiftung dieses Merkmal erfüllen muss.
a1 “Anstifterlösung” (hL) –> Der Anstifter muss das besondere persönliche Merkmal erfüllen. Ent-scheidend ist allein, ob er im Falle der erfolgreichen Anstiftung wegen Anstiftung zu einem Verbrechen zu bestrafen wäre. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Tat, zu der angestif-tet werden soll, für den Täter ein Verbrechen darstellt. Die Tatbestandsverschiebung, die nach § 28 II StGB für die vollendete Anstiftung gilt, muss auch für die versuchte Anstiftung gelten.
a2 “Täterlösung” (Rspr) –> Der Täter muss das besondere persönliche Merkmal erfüllen. Ent-scheidend ist allein, ob die Tat, zu der angestiftet werden soll, für ihn ein Verbrechen dar-stellt. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob im Falle der erfolgreichen Anstiftung der Anstif-ter wegen Anstiftung zu einem Verbrechen zu bestrafen wäre.

200
Q

Prüfungsaufbau der Verbrechensverabredung gem. § 30 II StGB?

A

0) Vorprüfung
- keine mittäterschaftliche Tatbegehung
- Strafbarkeit der Verbrechensverabredung
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
- feste Vereinbarung
- der Begehung eines Verbrechens
- in Mittäterschaft
2) subjektiver Tatbestand
- Vorsatz hinsichtlich der Tat
- Vorsatz hinsichtlich der mittäterschaftlichen Beteiligung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) ggf. Strafausschließungs-/Strafaufhebungsgründe
insb. Rücktritt vom Versuch der Beteiligung

201
Q

Prüfungsaufbau des Rücktritts von der versuchten Anstiftung gem. § 31 I Nr. 1, II StGB?

A

1) kein fehlgeschlagener Anstiftungsversuch
2) Rücktrittshandlung
a) beim unbeendeten Anstiftungsversuch: Aufgabe der weiteren Anstiftungsbemühungen, § 31 I Nr. 1 Alt. 1 StGB
b) beim beendeten Anstiftungsversuch:
- Verhindern der Tatbegehung § 31 I Nr. 1 Alt. 2 StGB, oder
- ernsthaftes Sich-Bemühen um eine Verhinderung der Tatbegehung, § 31 II StGB
3) Freiwilligkeit des Rücktritts

202
Q

Prüfungsaufbau des Rücktritts von der Verbrechensverabredung gem. § 31 I Nr. 3, II StGB?

A

1) keine fehlgeschlagene Verbrechensverabredung
2) Rücktrittshandlung
- Verhindern der Tatbegehung § 31 Nr. 3 StGB, oder
- ernsthaftes Sich-Bemühen um eine Verhinderung der Tatbegehung, § 31 II StGB
3) Freiwilligkeit des Rücktritts

203
Q

Wann ist ein Delikt wegen Fahrlässigkeit strafbar?

A

Wenn es gem. § 15 StGB im Gesetz ausdrücklich unter Strafe gestellt wird.

204
Q

Welche Grade der Fahrlässigkeit unterscheidet das StGB?

A
  1. Einfache Fahrlässigkeit: Sie erfasst jedes sorgfaltswidrige Verhalten, das in vor-hersehbarer Weise eine Rechtsgutsverletzung bewirkt.
    a. unbewusste Fahrlässigkeit –> Erkennt Gefahr für Rechtsgut nicht
    b. bewusste Fahrlässigkeit –> Erkennt Möglichkeit der Rechtsgutverletzung durch Verhalten, vertraut aber pflichtwidrig darauf, dass sie ausbleiben wird
  2. Leichtfertigkeit: Sie erfasst nur solche Verhaltensweisen, die die gebotene Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzen und bei denen sich die Gefahr der Rechtsguts-verletzung geradezu aufdrängt.
205
Q

Prüfungsaufbau des fahrlässigen Begehungsdelikts gem. § 15 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
- ggf. Tätereigenschaft
- Tatobjekt
- Tathandlung
- Taterfolg
- Kausalität zwischen Handlung und Erfolg
- objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des Taterfolges
- objektive Zurechnung (insb. Pflichtwidrigkeits- und Schutzzweckzusammenhang)
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
- Schuldfähigkeit
- subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des Taterfolges
- sonstige Schuldausschließungs- und Entschuldigungsgründe

206
Q

Definitionen iR. des Fahrlässigkeitsdelikts?

  1. Objektiv sorgfaltswidriges Verhalten
  2. Objektive Zurechnung
A
  1. Objektiv sorgfaltswidriges Verhalten: Objektiv sorgfaltswidrig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. § 276 II BGB).
    Art und Maß der erforderlichen Sorgfalt bestimmen sich nach hM gemäß den Anforde-rungen, die ein besonnener und gewissenhafter Mensch in der konkreten Lage und der sozialen Rolle des Täters bei einer Betrachtung der Gefahrenlage ex ante zu erfüllen hat (also etwa der ordentliche Arzt, Architekt, Autofahrer, Bademeister, Betreiber einer Fabrik, Fußgänger, Hundehalter).
  2. Objektive Zurechnung:
    • der Schutzzweckzusammenhang,
    • der Pflichtwidrigkeitszusammenhang –> Erfolg wäre bei rechtmäßigem Alternativverhalten nicht eingetreten
    • die Berücksichtigung der Verantwortungsbereiche.
207
Q

Problemfälle iR. des Schutzzweckzusammenhangs beim Fahrlässigkeitsdelikts?

A
  1. Spätfolgen: nicht erfasst wegen allgemeinem Lebensrisiko

2. Schockschäden: Nicht erfasst

208
Q

(P) –> Wie wird der Pflichtwidrigkeitszusammenhang beim Fahrlässigkeitsdelikt behandelt, wenn ein Erfoglseintritt bei pflichtgemäßem Verhalten zwar nicht feststeht, aber möglich erscheint?

A

A1 “Risikoerhöhungslehre” –>Für den Pflichtwidrigkeitszusammenhang genügt jede signi-fikante Risikosteigerung infolge des Sorgfaltspflichtverstoßes. Ist die Wahrschein-lichkeit des Erfolgseintritts bei sorgfaltsgerechtem Verhalten deutlich geringer, spielt es keine Rolle, dass der Erfolg auch hier hätte eintreten können.
(-) Diese Auffassung verstößt gegen den in-dubio-Grundsatz und verwandelt fahr-lässige Verletzungsdelikte in bloße Gefährdungsdelikte

A2 “Vermeidbarkeitslösung” hM. –> Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang entfällt bereits dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Erfolg auch bei sorg-faltsgemäßem Verhalten möglicherweise hätte eintreten können. Eine bloß minimale statistische Wahrscheinlichkeit genügt dafür allerdings nicht.

209
Q

Wie wird das “rechtmäßige Alternativverhalten” im Rahmen des Fahrlässigkeitsdelikts behandelt nach hM.?

A

Nach der hL muss man das pflichtwidrige Verhalten – das Fahren im betrunkenen Zustand – hinwegdenken und fragen, ob es zu dem Unfall auch gekommen wäre, wenn Homer nüchtern gewesen wäre. Da dies hier der Fall ist, würde sie den Pflicht-widrigkeitszusammenhang verneinen. Zum gegenteiligen Ergebnis gelangt allerdings die Rspr. Entscheidend sei bei Trunkenheitsfahrten nämlich nicht, ob sich der Unfall bei gleicher (grds. sorgfaltsgemäßer) Geschwindigkeit auch ereignet hätte, wenn der Fahrer nüchtern gewesen wäre. Vielmehr komme es darauf an, wie langsam ein be-trunkener Fahrer fahren müsste, um trotz herabgesetzter Wahrnehmungs- und Reak-tionsfähigkeit der kritischen Verkehrssituation noch Rechnung tragen zu können und ob es auch bei dieser verringerten Geschwindigkeit zu dem Unfall gekommen wäre. Unterstellt man, dass Homer hier im Falle einer im Hinblick auf sein Alkoholisie-rungsgrad gebotenen Geschwindigkeitsreduzierung auf 25 – 30 km/h Maulwurf nicht angefahren hätte, liegt nach der Rspr. der Pflichtwidrigkeitszusammenhang vor. Homer wäre somit der fahrlässigen Körperverletzung schuldig.

210
Q

Abgrenzung der Fahrlässigkeit nach Verantwortungsbereichen?

A
  1. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung: Die Zurechenbarkeit entfällt, wenn das Opfer sich aus freien Stücken selbst gefährdet, es also selbst die Gefährdungsherrschaft besitzt. Dagegen bleibt der Gefahrenzusammenhang nach hM bestehen, wenn sich das Opfer lediglich einer Gefahr aussetzt, die ihm durch das Handeln eines anderen droht, die Gefährdungsherrschaft also bei diesem anderen liegt – einverständliche Fremdgefährdung.
  2. Freiverantwortliche Selbsttötung: Wer fahrlässig an einer Selbsttötung mitwirkt, macht sich ebenso wenig strafbar wie derjenige, der sich an einer solchen vorsätzlich beteiligt. Die Eigenverantwortlichkeit des Suizidenten sperrt wiederum die Zurechnung des Todes.
  3. Eigenverantwortiches Dazwischentreten Dritter: Die Zurechenbarkeit entfällt nach hM ebenfalls, wenn ein Dritter vorsätzlich oder fahrlässig in das Geschehen ein-greift und durch diese Zweithandlung eine völlig neue Gefahr schafft, die sich dann im Erfolg realisiert. Anders verhält es sich dagegen, wenn das Verhalten des Dritten spezifisch mit der Ausgangsgefahr verbunden ist.
211
Q

(P) –> Wie ist die einverständliche Fremdgefährdung rechtlich zu behandeln?

A

A1 –> Gleichstellen mit eigenverantwortlicher Selbstgefährdung
(-) Gefährdungsherrschaft hier eben nicht bei Opfer sondern allein beim Täter
A2 “hM.” –> Einverständliche Fremdgefährdung lässt die Zurechenbarkeit des Erfolges unberührt
In Betracht kommt allerdings eine Rechtfertigung nach den Grundsätzen der Einwilligung

212
Q

(P) –> Sterbewilliger lenkt die unmittelbar lebensbeendende Handlung durch eine Täuschung, vollzogen wird sie jedoch durch andere Person?

A

A1 “Umkehrschlusslösung” hM. –> Der Beteiligte macht sich nicht nach § 222 StGB strafbar, wenn seine Handlung als vorsätzliche gedacht eine nicht strafbare Teilnahme am Suizid wäre. Dann ist er umgekehrt wegen fahrlässiger (Fremd-)Tötung zu bestrafen, wenn sein Verhalten als vorsätzliches gedacht nicht straflos wäre, sondern eine Tötung auf Verlangen nach § 216 StGB darstellen würde.
→ Hätte der Beteiligte vorsätzlich gehandelt, wäre sein Tun als Tötung auf Verlangen zu bewerten. Damit wirkt er nicht an einer Selbsttötung mit, sondern begeht fahrlässig ei-ne Fremdtötung.
(-) Anders als im Falle des hypothetisch angenommenen vorsätzlichen Handelns des Beteiligten liegt die Herrschaft über das Geschehen hier nicht allein bei ihm, sondern kraft Irrtumsherrschaft auch beim Sterbewilligen.

A2 “Lösung der mittelbaren Täterschaft” –> Aufgrund seiner Irrtumsherrschaft begeht der Sterbewillige eine Selbsttötung in „mittelbarer Täterschaft“ durch den Beteiligten als sein Werkzeug. Der tatbestandliche Erfolg kann dem Beteiligten deshalb nach dem Eigenver-antwortlichkeitsprinzip nicht zugerechnet werden.
→ Der Beteiligte ist als Werkzeug des Sterbewilligen nicht Täter einer nach § 222 StGB strafbaren Fremdtötung, sondern lediglich Mitwirkender einer Selbsttötung und bleibt deshalb straffrei.

213
Q

Was ist bei der Einwilligung beim Fahrlässigkeitsdelikt zu beachten?

A
  1. Billigung des tatbestandlichen Erfolges ist nicht erforderlich, da oft Vertrauen auf Ausbleiben des erfolges
  2. Es genügt, dass Opfer in die Gefährdung seiner Rechtsgüter einwilligt = Risikoeinwilligung
  3. Verfügungsbefugnis nicht bei:
    a. konkreter Lebensgefahr
    b. konkreter Gefahr eine schweren Gesundheitsschädigung
214
Q

(P) –> Wie wird der Notwehrwille beim Fahrlässigkeitsdelikt behandelt?
(zB. X will Y gerade Töten ohne dass Y dies weiß, aber mit seiner Waffe herumspielt und ausversehen auf X schießt)

A

A1 “subjektive Lösung” –> Der Verteidiger muss in Kenntnis der notwehrbegründenden Umstände handeln (genereller Notwehrwille).
→ Der Verteidiger ist gerechtfertigt, wenn er die Notwehrlage kennt. Dass er keinen Willen zur Vornahme der konkreten Verteidigungshandlung besitzt, spielt keine Rolle.
Bsp.: Rechtfertigung im Falle des versehentlichen Anschießens des Angreifers in einer vom Erforderlichkeitskriterium noch gedeckten Weise beim Drohen mit der Waffe.
→ Der Verteidiger ist nicht gerechtfertigt, wenn er das Bestehen der Notwehrlage nicht erkannt hat.

A2 “objektive Lösung” –> Der Verteidiger braucht keinen Notwehrwillen. Es gibt keine versuchte Fahrlässigkeit; jede Fahrlässigkeitstat bedingt den Eintritt eines Erfolgsunrechts. Dieses entfällt bei objektiv gegebener Rechtfertigungslage aber. Der verbleibende Handlungsunwert allein genügt wie auch sonst im Falle eines folgenlos blei-benden Sorgfaltspflichtverstoßes nicht, um eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit zu begründen.
→ Liegen die objektiven Voraussetzungen der Notwehr vor, ist der Verteidiger stets gerechtfertigt.

215
Q

Definition der “subjektiven Sorgfaltspflichtverletzung” iR. des Fahrlässigkeitsdelikts?

A

Subjektiv sorgfaltswidrig handelt, wer nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten imstande ist, die objektive Sorgfaltspflicht zu erkennen, danach zu handeln und den Erfolgseintritt vorherzusehen.

216
Q

Prüfungsschema der actio libera in causa?

A
A) Strafbarkeit nach § … StGB
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
→ unmittelbare Ausführungshandlung als Tathandlung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
1) § 20 StGB
2) a.l.i.c.
- Ausnahme- und Ausdehnungsmodell: Schuld (+)
- Vorverlegungsmodell und Modell der mittelbaren Täterschaft: Schuld (-)
B) nach Vorverlegungsmodell und Modell der mittelbaren Täterschaft: Strafbar-keit nach § … StGB i.V.m. vorsätzlicher a.l.i.c.
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
→ Sich-Berauschen als Tathandlung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
217
Q

Woraus setzen sich Erfolgsqualifikationen zusammen?

A

Aus einem

  1. Vorsätzlichem Grunddelikt
  2. Wenigstens fahrlässig hervorgerufene besondere Folge gem. § 18 StGB
218
Q

Prüfungsaufbau des erfolgsqualifizierten Delikts?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver und subjektiver Tatbestand des Grunddelikts
2) besondere Folge
3) Kausalität zwischen Tat und besonderer Folge
4) objektive Zurechnung
- Zurechnung der schweren Folge nach allgemeinen Zurechnungsregeln (insb. Berücksichtigung der Verantwortungsbereiche)
- tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang
5) wenigstens Fahrlässigkeit hinsichtlich der besonderen Folge (objektive Sorg-faltspflichtverletzung – i.d.R. durch die Begehung des Grunddelikts indiziert – bei objektiver Erkennbarkeit des Gefahrzusammenhangs und objektiver Vorherseh-barkeit der besonderen Folge)
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
- insb. subjektive Erkennbarkeit des Gefahrzusammenhangs und subjektive Vor-hersehbarkeit der besonderen Folge

219
Q

Was ist beim Versuch + Rücktritt der Erfolgsqualifikation zu unterscheiden?

A
  1. versuchte Erfolgsqualifikation: Der Täter hat bei Begehung des Grunddelikts auch Vorsatz hinsichtlich der Verwirklichung der besonderen Folge; ihr Eintritt bleibt jedoch aus
    a. Aus der Formulierung in § 18 StGB, dem Täter müsse hinsichtlich der besonderen Folge „wenigstens“ Fahrlässigkeit zur Last fallen, folgt, dass die qualifizierende Folge auch vorsätzlich verwirklicht werden kann. Damit ist zugleich eine versuchte Erfolgs-qualifikation möglich.
    b. Rücktritt: Nach hM ist der Rücktritt unter den Voraussetzungen des § 24 StGB hier unproblematisch möglich, und zwar unabhängig davon, ob das Grunddelikt sich noch im Versuchsstadium befindet oder bereits vollendet ist (so dass der Täter von diesem freilich nicht mehr zurücktreten kann).
  2. erfolgsqualifizierter Versuch: Das Grunddelikt wird nicht vollendet; der Täter führt die besondere Folge indes bereits durch sein unmittelbares Ansetzen herbei.
    - -> Gem. § 11 II StGB sind Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen wie vorsätzliche Taten zu behandeln, so dass nach hM auch ein erfolgsqualifizierter Versuch (zumindest bei Strafbarkeit des Versuchs des Grunddelikts) möglich ist.
    b. Rücktritt: Nach hM bleibt der Rücktritt trotz Eintritt der besonderen Folge auch hier möglich:
    - -> Der Täter kann, solange der tatbestandliche Erfolg noch nicht eingetreten ist, gem. § 24 StGB vom Grunddelikt zurücktreten.
    - -> Da indes die Erfolgsqualifikation das Vorliegen des zumindest versuchten Grund-delikts voraussetzt, muss nach hM der Rücktritt vom Versuch des Grunddelikt auch auf die Erfolgsqualifikation durchschlagen.
220
Q

Prüfungsaufbau der schweren Körperverletzung gem. § 226 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) vorsätzliche Körperverletzung nach §§ 223 – 225 StGB
2) besondere Folge
- § 226 I Nr. 1: Verlust bestimmter körperlicher Funktionsfähigkeiten
- § 226 I Nr. 2: Verlust oder dauernde Gebrauchsunfähigkeit eines wichtigen Körpergliedes
- § 226 I Nr. 3 Var. 1: dauernde Entstellung in erheblicher Weise
- § 226 I Nr. 3 Var. 2: Verfallen in Siechtum, Lähmung etc.
3) Kausalität zwischen Körperverletzung und besonderer Folge
4) objektive Zurechnung
- Zurechnung der schweren Folge nach allgemeinen Zurechnungsregeln (insb. Berücksichtigung der Verantwortungsbereiche)
- tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang
5) wenigstens Fahrlässigkeit hinsichtlich der besonderen Folge
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld

221
Q

Definitionen des “Verlust bestimmter körperlicher Funktionsfähigkeiten” iR der schweren Körperverletzung gem. § 226 StGB?

  1. Verlust
  2. Fortpflanzungsfähigkeit
A
  1. Verlust: Er vor, wenn das Opfer eine der genannten Fähigkeiten im Wesentlichen (d.h. nicht notwendigerweise vollständig) einbüßt, der Ausfall für längere Zeit be-steht und eine Heilung zumindest auf unbestimmte Zeit nicht absehbar ist.
    Fraglich ist, ob der Verlust zu verneinen ist, wenn sich der Defekt durch einen zumutbaren operativen Eingriff beseitigen lässt.
    –> Nein, Mit dem Körper nur vorübergehend verbundene Hilfsmittel beseitigen die Einbuße unstreitig nicht.
  2. Fortpflanzungsfähigkeit: Es genügt, dass sie potenziell besteht; es kommen also auch Kinder als Opfer in Betracht.
    - -> Die Fortpflanzungsfähigkeit besteht nicht mehr bei Frauen nach dem Klimakterium; bei älteren Männern ist je nach dem Einzelfall zu entscheiden
222
Q

Definitionen des “Verlust oder die dauernde Gebrauchsunfähigkeit wichtiger Körperglieder” iR der schweren Körperverletzung gem. § 226 StGB?

  1. Glied
  2. Wichtigkeit
  3. Verlust
  4. Dauernde Gebrauchsunfähigkeit
A
  1. Glied: Unter einem Glied versteht man ein Körperteil mit abgeschlossener Funktion und besonderer Funktion im Gesamtorganismus. Nach hM muss dieser Körperteil zu-dem auch nach außen in Erscheinung treten, d.h. innere Organe wie etwa Niere und Milz werden nicht erfasst.
    - -> Glieder müssen durch Gelenke mit Körper oder anderem Körperteil verbunden sein
  2. Wichtigkeit: Wichtig ist ein Körperglied, wenn sein Verlust zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Körpers in seinen regelmäßigen Verrichtungen führt. –> str.
  3. Verlust: Als verloren gilt das wichtige Glied, wenn es vom Körper völlig abgetrennt und nicht wieder erfolgreich angefügt wurde.
    → Der Ersatz durch eine Prothese hebt den Verlust nicht auf.
  4. Dauernde Gebrauchsunfähigkeit: Eine dauernde Unbrauchbarkeit liegt vor, wenn das Glied seine Funktion auf unabsehbare Zeit eingebüßt hat.
    - -> Funktionsbeeinträchtigung nicht ausreichend
223
Q

(P) –> Wann ist ein Körperglied wichtig iR. der schweren Körperverletzung gem. § 226 I StGB?

A

A1 “generalisierende Lösung” –> Maßgeblich ist allein die Bedeutung des entsprechen-den Gliedes für jedermann.
Bsp.: Bejaht für den Daumen und den rechten Zeigefinger, verneint für den linken Mittelfinger und den rechten Ringfinger.

A2 “teilweise individualisierende Lösung” hM. –> Zu berücksichtigen sind auch individuelle körperliche Besonderheiten.
Bsp.: Linkshänder oder Rechtshänder, Gebrauch der Fußzehen als Fingerersatz bei feh-lenden Händen.

A3 “individualisierende Lösung” –> Zu berücksichtigen sind auch sonstige individuelle Verhältnisse des Verletzten.
Bsp.: Die berufliche Tätigkeit als Konzertpianist bei Verlust eines Fingergliedes.
(-) Die sozialen Folgen der Tat wie z.B. eine Berufsunfähigkeit liegen außerhalb des Schutzzwecks der Norm und sind lediglich bei der Strafzumessung zu berücksichtigen

224
Q

Definitionen der “Dauernden Entstellung in Erheblicher Weise” iR der schweren Körperverletzung gem. § 226 StGB?

  1. Erhebliche Entstellung
  2. Dauerhaftigkeit
A
  1. Erhebliche Entstellung: Eine Person gilt als erheblich entstellt, wenn ihr äußeres Erscheinungsbild durch eine körperliche Verunstaltung so wesentlich beeinträchtigt wird, dass sie dadurch beträchtliche psychische Nachteile im Verkehr mit anderen zu gewärtigen hat.
    - -> braucht nicht stets sichtbar zu sein
  2. Dauerhaftigkeit: Unabsehbare Zeit
    Fraglich ist, inwieweit hier die Dauerhaftigkeit entfällt, wenn sich die Entstellung durch einen zumutbaren kosmetischen Eingriff beseitigen lässt. Die frühere Rspr. hat das bejaht. Nach der entgegengesetzten neueren Rspr. zu § 226 I Nr. 1, 2 muss das dagegen wohl verneint werden.
225
Q

Definitionen des “Verfallen in Siechtum, Lähmung etc.” iR der schweren Körperverletzung gem. § 226 StGB?

  1. Siechtum
  2. Lähmung
  3. geistige Krankheit
  4. geistige Behinderung
A
  1. Siechtum: Darunter versteht man einen chronischen Krankheitszustand ohne absehbare Heilungschance, der den Gesamtorganismus in Mitleidenschaft zieht und eine allgemeine Hinfälligkeit zur Folge hat.
  2. Lähmung: Eine solche ist die erhebliche Beeinträchtigung zumindest eines Körperteils, die sich auf die Bewegungsfähigkeit des gesamten Körpers nachteilig auswirkt; eine Lähmung einzelner Gliedmaßen kann dafür ausreichen.
  3. geistige Krankheit: jede krankhafte seelische Störung
  4. geistige Behinderung: Darunter fällt jede einer Geisteskrankheit an Gewicht gleichstehende Beeinträchtigung der intellektuellen Fähigkeiten.
226
Q

Prüfungsaufbau der Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) vorsätzliche Körperverletzung nach §§ 223 – 226a StGB
2) Tod des Opfers als besondere Folge
3) Kausalität zwischen Körperverletzung und Tod
4) objektive Zurechnung
- Zurechnung des Todes nach allgemeinen Zurechnungsregeln (insb. Berück-sichtigung der Verantwortungsbereiche)
- tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang
5) wenigstens Fahrlässigkeit hinsichtlich des Todes
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld

227
Q

(P) –> Wann liegt der tatbestandsspezifische Gefahrenzusammenhang zwischen Körperverletzung und Tot vor, sodass § 227 StGB einschlägig ist?

A

A1 “Letalitätslehre” –> Der spezifische Gefahrenzusammenhang muss zwischen dem vor-sätzlich verwirklichten Körperverletzungserfolg und der besonderen Folge bestehen, d.h. es muss sich im Tod gerade eine Gefahr realisieren, die von der Art und Schwere des Körperverletzungserfolges herrührt.
(+) Die tatbestandsspezifische Gefahr der vorsätzlichen Körperverlet-zungshandlung besteht allein in der Verursachung des angestrebten Körperverlet-zungserfolges, so dass sich eine typische Körperverletzungsgefahr nur realisiert, wenn dieser Körperverletzungserfolg die Todesursache bildet.

A2 “Handlungslösung” hM. –> Der spezifische Gefahrenzusammenhang kann auch direkt zwischen der Körperverletzungshandlung und der besonderen Folge bestehen.
(+) Die Erfolgslösung verkürzt den Schutzzweck der §§ 223 ff. StGB. § 227 StGB benennt in einem Klammerzusatz als möglichen Grundtatbestand auch den §
224 StGB, der es in Abs. 1 Nr. 5 als Qualifikationsgrund ansieht, wenn der Täter die Körperverletzung „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ begeht. Damit drückt das Gesetz selbst die Vorstellung aus, dass bereits mit der Körperverletzungs-handlung als solcher spezifische Lebensgefahren verbunden sein können, vor denen der Einzelne geschützt werden soll.
→ Das Zuschlagen mit der entsicherten Pistole auf den Hinterkopf des Opfers fällt un-ter § 224 I Nr. 5 StGB, weil es die Gefahr begründet, dass das Opfer nicht bloß eine Schlagverletzung erleidet, sondern ihm durch einen sich lösenden Schuss noch ei-ne weitere, todbringende Schussverletzung zugefügt wird. Nicht im Hinblick auf die gewollte Körperverletzung, die Schlagverletzung, ist die Tatbegehung hier also lebensgefährlich, sondern im Hinblick auf eine durch sie mögliche weitere Ge-sundheitsschädigung, nämlich die Schussverletzung. Wird aber eine solche Sach-verhaltskonstellation, bei der sich die Lebensgefahr nicht auf den gewollten Kör-perverletzungserfolg bezieht, ebenfalls vom Tatbestandsmerkmal der lebensge-fährlichen Behandlung in § 224 I Nr. 5 StGB erfasst, gibt es keinen Grund mehr, § 227 StGB zu verneinen, wenn sich diese Gefahr dann tatsächlich realisiert. Der spezifische Gefahrenzusammenhang kann somit auch ohne eine Vermittlung durch den gewollten Körperverletzungserfolg allein zwischen der Körperverletzungs-handlung und dem Tod des Opfers als besonderer Folge bestehen.

228
Q

(P) –> Bedingt der tatbestandsspezifische Gefahrenzsuammenhang auch einen Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Körperverletzung und besonderer Folge iR. der Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 StGB?

A

A1 “enge Auffassung” –> Zwischen Körperverletzung und besonderer Folge muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Sonst verwirklicht sich nicht mehr die dem Grund-tatbestand eigentümliche Gefahr.
→ Der Unmittelbarkeitszusammenhang fehlt, wenn das Handeln eines Dritten oder des Opfers selbst dazwischentritt.

A2 “weite Auffassung” h.M. –> Die besondere Folge kann auch durch das Handeln eines Dritten oder des Opfers vermittelt sein, wenn dieses in der Körperverletzung seinen Grund hat, so dass sich im Ergebnis die der Körperverletzung eigentümliche Gefahr realisiert. Allerdings entfällt der Gefahrenzusammenhang, wenn das Verhalten des Opfers bzw. des Dritten freiverantwortlich war.
(-) faktisches Aufgeben der Forderung nach einem spezifischen Gefahrenzusammenhang
(-) Abstellen nur noch im ergebnis auf allgemeine Zurechnungserwägungen der Farhlässigkeit

A3 “differenzierende Lösung” –>

  • Handelt das Opfer oder der Dritte unfrei und ist dies gerade auf die Körperverletzung zu-rückzuführen, realisiert sich eine Gefahr, die speziell in der Gesundheitsschädigung angelegt ist.
  • Resultiert die Unfreiheit des Opfers oder des Dritten dagegen aus irgendwelchen anderen Umständen, liegt der spezifische Gefahrzusammenhang nicht vor.
229
Q

(P) –> Kann es bei der “Körperverletzung mit Todesfolge” gem. § 227 StGB einen erfolgsqualifizierten Versuch geben?

A
  • Hängt davon ab, welche Anforderungen an den spezifischen Gefahrenzusammenhang gestellt werden

A1 “Erfolgslösung” –> Da der spezifische Gefahrenzusammenhang zwischen dem Körperverletzungserfolg und der besonderen Folge bestehen muss, kann es bei § 227 StGB keinen erfolgsqualifizierten Versuch (= das Grunddelikt wird nicht vollendet, der Tä-ter führt die besondere Folge bereits durch sein unmittelbares Ansetzen herbei) ge-ben.

A2 “Handlungslösung” –> Da der spezifische Gefahrenzusammenhang auch direkt zwischen der Körperverletzungshandlung und der besonderen Folge bestehen kann, ist ein erfolgsqualifizierter Versuch möglich.

230
Q

Welche Unterlassungsdelikte unterscheidet man?

A
  1. Echte

2. Unechte –> Garant

231
Q

Prüfungsaufbau des vollendeten vorsätzlichen Unterlassungsdelikts?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
- ggf. Tätereigenschaft
- Tatobjekt
- Taterfolg
- Tathandlung: Unterlassen der zur Erfolgsabwendung erforderlichen und gebotenen Handlung trotz Handlungsmöglichkeit = phsyisch-reale Möglichkeit
(→ hier ggf. Abgrenzung Tun/Unterlassen)
- Kausalität zwischen Unterlassen und Erfolg
- objektive Zurechnung
- Garantenstellung
- Entsprechung des Unterlassens mit einem Tun
2) subjektiver Tatbestand
ggf. objektive Bedingungen der Strafbarkeit als Tatbestandsannex
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld

232
Q

(P) –> Wie wird ein Tun von einem Unterlassen unterschieden?

A

A1 “Energieeinsatzlösung” –> Tun und Unterlassen sind rein naturalistisch voneinander zu unterscheiden.
→ Ein positives Tun liegt vor, wenn der Täter ein Geschehen durch den Einsatz kör-perlicher Energie in Gang setzt oder in eine bestimmte Richtung lenkt.
→ Ein Unterlassen liegt vor, wenn der Täter den Dingen ihren Lauf lässt und von der Möglichkeit des Eingreifens keinen Gebrauch macht.

A2 “Schwerpunktlösung” hM. –> Bei mehrdeutigen Verhaltensweisen kann die Abgrenzung nicht rein naturalistisch, sondern normativ nur vorgenommen werden
–> Entscheidend ist, wo der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt

233
Q

(P) –> Wie werden Tun und Unterlassen beim Abbrechen von Rettungsbemühungen abgegrenzt?

A
  1. Abbrechen fremder Rettungsbemühungen:
    a) Vereitelt der Täter fremde Rettungsbemühungen durch sein aktives Eingreifen, ist dies stets als Tun zu werten.
    b) Vereitelt der Täter die fremden Rettungsbemühungen dagegen durch bloßes Untätigbleiben, handelt es sich um ein Unterlassen.
  2. Abbrechen eigener Rettungsbemühungen
    a) Erfolgt der Abbruch, bevor er alles zur Rettung Erforderliche getan und das Opfer eine realisierbare Rettungschance erhalten hat, liegt der Schwerpunkt nach hM auf dem Unterlassen der weiteren Rettungsbemühungen
    b) Erfolgt der Abbruch der Abbruch dagegen erst, nachdem das Opfer eine realisierbare Rettungschance erhalten hat, liegt der Schwerpunkt auf der aktiven Entfaltung von Gegenaktivitäten und damit auf einem Tun.
234
Q

(P) –> Wie wird ein Unterlassen bewertet, wenn ein Handlungsfähiger schuldhaft seine Handlungsunfähigkeit zum Tatzeitpunkt herbeiführt und wie nennt sich das?

A
  1. “omissio libera in causa”

A1 “Unmöglichkeitslösung” –> Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem die konkrete Ret-tungshandlung erforderlich wird. Zu diesem Zeitpunkt fehlt dem Nicht-Handelnden die Handlungsmöglichkeit.
→ Ein tatbestandliches Unterlassen liegt nicht vor.

A2 “Vorverlegungslösung” hM. –> Eine mit § 20 StGB vergleichbare Regelung, die anord-net, dass es auf die Handlungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Erforderlichkeit der konkreten Rettungshandlung ankommt, existiert nicht. Damit spricht nichts dagegen, es ausreichen zu lassen, dass die Handlungsfähigkeit zu einem früheren Zeitpunkt bestanden hat. Einen Garanten trifft nämlich auch die Pflicht, seine Handlungsfähigkeit im Hinblick auf die Abwehr vorhersehbarer Gefahren zu erhalten.
→ Ein tatbestandliches Unterlassen liegt vor.

235
Q

(P) –> Wie bestimmt sich die Kausalität beim Unterlassen?

A

A1 “Risikoverringerungslehre” –> Ein Unterlassen ist für den tatbestandlichen Erfolg bereits dann ursächlich, wenn die Vornahme der unterlassenen Handlung das Risiko des Erfolgseintritts vermindert hätte.
(-) Die Risikoverringerungslehre verstößt gegen den in-dubio-Grundsatz und verwandelt Verletzungsdelikte in bloße Gefährdungsdelikte

A2 “abgewandelte condicio-Formel” hM. –> Ein Unterlassen ist nur dann kausal, wenn das unterlassene Verhalten nicht “hinzugedacht” werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Das bedeutet beweisrechtlich:
→ Wäre der Erfolg bei Vornahme der unterlassenen Handlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten, gilt das Unterlassen als kausal.
→ Wäre der Erfolg möglicherweise trotz Vornahme der unterlassenen Handlung eingetreten, muss das Unterlassen aufgrund des in-dubio-Grundsatzes als nicht kausal angesehen werden.

236
Q

Welche Grundtypen der Garantenstellung lassen sich unterscheiden?

A
  1. Beschützergarant
    - aus familiärer Verbundenheit
    - aus enger persönliche Lebensbeziehung
    - aus Gefahrengemeinschaft
    - aus tatsächlicher Übernahme
    - aus Amtsträger- oder Organstellung
  2. Überwachungsgarant
    - aus Verkehrssicherungspflicht
    - aus Aufsichtspflicht
    - aus vorangegangenem gefährlichen Tun (Ingerenz)
    a. Notwehr: Die Verletzung des Angreifers in Notwehr begründet nach hM keine Ga-rantenstellung aus Ingerenz.
    b. Aggressivnotstand: Anders verhält es sich dagegen nach hM bei der Verletzung eines anderen im Aggressivnotstand. Wer die Solidarität eines anderen in An-spruch nimmt, um eine Gefahr von sich abzuwenden, muss zumindest alles tun, um den Schaden für den anderen so gering wie möglich zu halten.
    c. Dauerzustand: Denjenigen, der in gerechtfertigter Weise einen Dauerzustand herbeiführt (z.B. das Einsperren des Randalierers), trifft als Garant die Pflicht, die-sen Zustand wieder zu beseitigen, sobald der Rechtfertigungsgrund entfallen ist, da ab diesem Zeitpunkt die Aufrechterhaltung des Dauerzustandes rechtswidrig wird. Hier kann ausnahmsweise auch die durch Notwehr gerechtfertigte Tat eine Garantenstellung aus Ingerenz begründen.
    d. Produkthaftung: Wer ein Produkt auf den Markt bringt, ist nach hM auch dafür verantwortlich, dass sich erst später erkannte Gefahren für den Verbraucher nicht realisieren (nach aA folgt dies nicht aus Ingerenz, sondern aus einer Verkehrssi-cherungspflicht).
237
Q

Was ist sich zur Entsprechungsklausel iR. des Unterlassungsdelikts zu merken?

A

Nach § 13 I StGB a.E. muss schließlich das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzli-chen Tatbestandes durch ein Tun entsprechen – sog. Entsprechungsklausel.
→ Bei reinen Erfolgsdelikten ist die Nichtabwendung des Erfolges durch einen Garan-ten stets gleichwertig zur aktiven Erfolgsherbeiführung.
→ Bei verhaltensgebundenen Erfolgsdelikten (z.B. grausam töten in § 211 StGB) muss im Einzelnen geprüft werden, ob das Geschehenlassen denselben sozialen Sinn-gehalt aufweist wie das positive Tun – sog. Modalitätsäquivalenz.

238
Q

Wie ist eine rechtfertigende Pflichtenkollision zu bewerten und wann liegt sie vor iR. des Unterlassungsdelikts?

A

–> Den Täter treffen mindestens zwei rechtliche Handlungspflichten, die er jedoch in der konkreten Situation nur alternativ, aber nicht kumulativ zu erfüllen vermag (Bsp.: der Vater kann von seinen beiden ertrinkenden Kindern nur eines retten).
Gerechtfertigt, wenn:
1. wenn er bei verschiedenrangigen Pflichten die höherrangige Pflicht erfüllt,

  1. und bei gleichrangigen Pflichten zumindest einer der Pflichten nachkommt
239
Q

Was stellt noch einen besonderen Entschuldigungsgrund für ein Unterlassungsdelikt dar?

A

–> Die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens

  1. wenn der Garant durch ihre Vornahme eigene billigenswerte Interessen in erheblichem Umfang preisgeben müsste
  2. und diese Interessen hinter den Interessen, die durch die Handlungspflicht geschützt werden, wertungsmäßig nicht zurückstehen.
240
Q

Prüfungsaufbau des versuchten Unterlassungsdelikts?

A

0) Vorprüfung
- keine (zurechenbare) Vollendung
- Strafbarkeit des Versuchs
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) Tatentschluss (subjektiver Tatbestand)
- Tatbestandsvorsatz hinsichtlich
–> Tatobjekt und Taterfolg
–> Unterlassen trotz Handlungsmöglichkeit
–> Kausalität und objektive Zurechnung
–> Garantenstellung
–> Entsprechung des Unterlassens mit einem Tun
- ggf. sonstige deliktspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale
2) unmittelbares Ansetzen (objektiver Tatbestand)
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) ggf. Strafausschließungs-/Strafaufhebungsgründe
insb. Rücktritt vom Versuch

241
Q

(P) –> Wann setzt der Täter im Rahmen des versuchten Unterlassungsdelikts bereits unmittelbar zu Tat an?

A

A1 “extensive Lösung” –> Der Täter setzt stets schon dann unmittelbar an, wenn er die ers-te Rettungsmöglichkeit nicht ergreift
(-) Der Unterlassende würde auch in Fällen bestraft, in denen noch gar keine kon-krete Gefahr für das geschützte Rechtsgut besteht.

A2 “restriktive Lösung” –> Der Täter setzt stets erst dann unmittelbar an, wenn er die letz-te Rettungsmöglichkeit verstreichen lässt.
(-) Der Zeitpunkt des Versuchsbeginns wird mit dem Zeitpunkt des letztmögli-chen Rücktritts vom Versuch verwechselt.

A3 “modifizierte Gefährdungslösung” hM. –> Der Versuchsbeginn ist auf die gleiche Wei-se wie beim Begehungsdelikt zu bestimmen:
→ Der Täter setzt unmittelbar an, wenn er nicht handelt, obwohl nach seiner Vorstellung von der Tat das Rechtsgut unmittelbar gefährdet und der Erfolgseintritt damit nahe gerückt ist.
→ Besteht nach seiner Vorstellung noch keine unmittelbare Gefährdung, setzt der Täter gleichwohl unmittelbar an, wenn er die Möglichkeit des rettenden Eingriffs aus der Hand gibt und dem Geschehen damit seinen Lauf lässt.
Bsp.: Das Flugzeug soll zwar erst in ein paar Tagen wieder starten; der Flugzeugmechaniker befindet sich aber ab heute Abend im Urlaub.

242
Q

Wann liegt eine Beteiligung am Unterlassungsdelikt vor?

A
  1. mehrere Unterlassende: Unterlassen mehrere Garanten die ihnen gebotene und mögliche Handlung, gilt i.d.R. jeder als unmittelbarer Täter.
    - -> Einer gegenseitigen Zurechnung des Unterlassens nach § 25 II StGB bedarf es norma-lerweise nicht, so dass ein gemeinsamer Tatentschluss hier nicht erforderlich ist. An-ders verhält es sich ausnahmsweise, wenn die Unterlassenden die Handlungspflicht nur gemeinsam erfüllen können; hier muss das Unterlassen auf einem gemeinsamen Tatentschluss beruhen – mittäterschaftliches Unterlassen.
  2. Teilnahme am Unterlassungsdelikt durch aktives Tun: Auch zu einem Unterlas-sen kann man aktiv anstiften oder Hilfe leisten. Erfolgt diese Teilnahme durch einen Nichtgaranten, ist allerdings nach hM dessen Strafe gem. § 28 I StGB zu mildern, da es sich bei der Garantenstellung um ein besonderes persönliches Merkmal handelt, das die Strafbarkeit des Täters begründet.
243
Q

(P) –> Ist in Sonderkonstellationen ausnahmsweise ein Rücktritt vom versuchten Unterlassungsdelikt auch durch bloßes Untätigbleiben möglich?

A

A1 “Einzelaktstheorie” –> Vom Standpunkt der Einzelakttheorie ist das unstreitig zu verneinen. Nach diesem Ansatz ist der Versuch des Totschlags durch Unterlassen in dem Augenblick fehlgeschlagen, in dem der Täter erkennt, dass sein Nichteingreifen, anders als ursprünglich geglaubt, zur Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges doch nicht genügt

A2 “Gesamtbetrachtungslehre” hM. –> Für eine Rücktrittsmöglichkeit spricht: § 13 StGB soll es ermöglichen, den Unterlassenden so zu behandeln, als habe er den tatbestandlichen Erfolg durch aktives Tun herbeigeführt. Aus dieser Gleichstellungsfunktion folgt wertungsmäßig ein Schlechterstellungsverbot: Der Unterlassende darf nicht schlechter als der aktiv Handelnde behandelt werden. Im Falle eines aktiven Tuns anstelle des Unterlassens in der hier erörterten Konstellation stünde dem Täter der Rücktritt indes prinzipiell offen.

A3 –> Nach einer aA handelt es sich bei einer nachfolgenden Tatbestandsverwirklichung durch aktives Tun nicht mehr um dieselbe Tat, weil das aktive Tun gegenüber dem Unterlassen einen wesentlichen höheren Unrechtsgehalt aufweist.

244
Q

(P) –> Wie wird es gelöst, wenn ein handlungspflichtiger unf fähiger Garant nicht gegen die aktive Begehung einer Straftat durch einen anderen einschreitet?

A

A1 “Gehilfenlösung” –> Der Unterlassende ist stets nur Gehilfe, da er das Geschehen hier nicht in seiner Hand hält. Die Tatherrschaft liegt in Form der Handlungsherrschaft al-lein beim aktiv handelnden Täter.
(-) Das Tatherrschaftskriterium schließt eine Täterschaft des Unterlassenden nicht aus, denn je nach der konkreten Sachlage kann dieser das Geschehen durch sei-ne Handlungsmacht durchaus mit ablaufen lassen oder hemmen.

A2 “Pflichtenlösung” –> Der Unterlassende ist stets Täter. Unterlassungsdelikte sind Pflichtdelikte, bei denen das Unterlassen des Garanten als Pflichtverletzung seine unmittelbare Täterschaft begründet.
(-) Es überzeugt nicht, das Tatherrschaftskriterium zur Bestimmung der Täter-schaft im Bereich der Unterlassungsdelikte aufzugeben.

A3 “Tatherrschaftslösung” hL. –> Es ist nach Tatherrschaftskriterien zu differenzieren:
→ Der Unterlassende ist Täter, wenn er erheblichen Einfluss auf den Begehungstä-ter besitzt oder diesen sonst leicht aufhalten könnte.
→ Der Unterlassende ist Gehilfe, wenn er kaum Einfluss auf den Begehungstäter hat und diesen nur schwer stoppen könnte.

A4 “subjektive Theorie” Rspr. –> Maßgeblich sind die Willensrichtung und die innere Ein-stellung des Unterlassenden:
→ Der Unterlassende ist Täter, wenn er ein eigenes Tatinteresse besitzt.
→ Der Unterlassende ist Gehilfe, wenn er sich nur dem Willen des Begehungstäters unterordnet.

245
Q

Prüfungsaufbau des Fahrlässigen Unterlassungsdelikts?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
- ggf. Tätereigenschaft
- Tatobjekt
- Taterfolg
- Unterlassen der zur Erfolgsabwendung erforderlichen und gebotenen Handlung trotz Handlungsmöglichkeit
- Kausalität zwischen Unterlassen und Erfolg
- objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit des Tater-folges
- objektive Zurechnung
- Garantenstellung
- Entsprechung des Unterlassens mit einem Tun
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
- insb. subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des Taterfolges

246
Q

Welche Delikte unterscheidet man bei den Delikten für den Schutz des Eigentums?

A
  1. Zueignungsdelikte –> Schutz vor Anmaßung der nur dem Eigentümer zustehenden Verwendungsmöglichkeit
  2. Schädigungsdelikte –> Schutz des Eigentums vor einer dem Willen des Berechtigten zuwiderlaufenden Zustandsveränderung
247
Q

Prüfungsaufbau des Diebstahls gem. § 242 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt: fremde bewegliche Sache
b) Tathandlung: Wegnahme
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht rechtswidriger Zueignung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) besonders schwerer Fall, § 243 StGB
V) Strafantrag in den Fällen der §§ 247, 248a StGB
--> Qualifikationen, §§ 244, 244a StGB
248
Q

Def. “bewegliche fremde Sache” iSd. § 242 StGB?

  1. Sache
  2. Beweglich
  3. Fremd
A
  1. Sache: Sache ist jeder körperliche Gegenstand (vgl. auch § 90 BGB).
    körperlich = Begrenzung, selbstständiges Dasein, Hervortreten aus Umwelt
  2. beweglich: Eine Sache ist beweglich, wenn sie tatsächlich fortbewegt werden kann. Darunter fallen auch solche Sachen, die durch Ausbau erst beweglich gemacht werden.
  3. Fremd: Eine Sache ist fremd, wenn sie zivilrechtlich zumindest auch im Eigentum eines anderen steht.

–> Merke: Selbes gilt für fremde Sache iSv. § 303 StGB, außer Beweglichkeit!

249
Q

Was ist sich zu einer “fremden Sache” iSd. Diebstahls gem. § 242 StGB zu merken?

A
  1. Herrenlose Sachen sind nicht fremd
    - -> zB. Eigentum an dem Eigentümer gem. § 959 das Eigentum aufgegeben hat
  2. menschlicher Leichnahm und ggf. künstliche Teile dessen sind nicht fremd
  3. Verlorene oder vergessene Sachen sind fremd
  4. Sachen die nicht richtig Übereignet wurden und somit im Alleineigentum des Wegnehmenden stehen, sind nicht fremd
  5. Im Todesfall geht Eigentum auf Erben über gem. § 1922 I BGB
250
Q

Def. “Wegnahme” iSv. § 242 StGB?

  1. Wegnahme
  2. Gewahrsam
    a. Tatsächliche Sachherrschaft
    b. Natürlicher Herrschaftswille
A
  1. Wegnahme: Unter einer Wegnahme versteht man den Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht unbedingt tätereigenen Gewahrsams.
  2. Gewahrsam: Gewahrsam ist nach hM die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft eines Menschen über eine Sache unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung.

a. Tatsächliche Sachherrschaft: Jemand besitzt die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, wenn er nach der Verkehrsanschauung unter normalen Umständen über die Sache verfügen kann und seiner Herrschaft keine Hindernisse entgegenstehen.
Subjektiv setzt die Sachherrschaft das Vorliegen eines natürlichen Beherrschungswillens voraus

b. Natürlicher Herrschaftswille: Subjektiv setzt die Sachherrschaft das Vorliegen eines natürlichen Beherrschungswillens voraus.
- -> Kinder + Geisteskranke
- -> Schlafende und Bewusstlose
- -> Genereller Herrschaftswille genügt (zB. im Supermarkt)

251
Q

Def. “Bruch fremden Gewahrsams” + “Begründung neuen Gewahrsams”?

A
  1. Der Täter bricht fremden Gewahrsam, wenn er diesen ohne oder gegen den Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers aufhebt.
    - -> Billigung des Gewahrsamsinhabers ist tatbestandsausschließendes Einverständnis
    - -> Einverständnis brauch anders als Einwilligug nicht nach ausßen erklärt werden
  2. Der Täter begründet neuen Gewahrsam, wenn er oder ein Dritter die tatsächliche Sachherrschaft ungehindert ausüben kann und der bisherige Gewahrsamsinhaber nicht mehr über die Sache zu verfügen vermag, ohne die Verfügungsmacht des Täters oder des Dritten zuvor wieder zu beseitigen.
    - -> kleine Sache = genügen von Gewahrsamsenklave
    - -> größere Sachen = Verlassen des räumlichen Herrschaftsbereichs des bisherigen Gewahrsamsinhabers
252
Q

Schlagwörter die sich zum Gewahrsam iR. des § 242 StGB zu merken sind?

A
  1. Gewahrsamslockerung
  2. Genereller Herrschaftswille
  3. räumlicher Herrschaftsbereich
  4. Gewahrsamsklave
253
Q

Problemfälle des Gewahrsams iSv. § 242 StGB?

A
  1. Mehrere Gewahrsamsinhaber
    a) gleichberechtigter Mitgewahrsam –> kein Hierarchieverhältnis
    b) Gestufter Mitgewahrsam
    - -> Hierarchieverhältnis
    - -> Wegnahme bei Bruch übergeordneten Gewahrsams
    - -> Ausnahme: Kassierer = Bis zur Abrechnung Alleingewahrsam über Kasseninhalt
  2. Verschlossene Behältnisse
    a) Ortsfestes Behältnis –> Alleingewahrsam bei Schlüsselinhaber
    b) Bewegliches Behältnis –> Alleingewahrsam bei Verwahrer
  3. Verlorene Sache
    a) Außerhalb eines räumlich abgrenzbaren Herrschaftsbereichs –> gewahrsamslos und somit Unterschlagung
    b) Innerhalb räumlich abgrenzbarem Herrschaftsbereich –> gewahrsam und somit Diebstahl
  4. Vergessene Sache
    - -> Grds. Wissen wo sich Sache befindet = Gewahrsam
    - -> Wenn Zurückbleiben im Gewahrsamsbereich eines anderen, erwirbt dieser Mitgewahrsam
254
Q

Problemfälle des “Gewahrsamsbruchs” iSv. § 242 StGB?

A
  1. Beobachtung
    - -> Begründet kein tatbestandsausschließendes Einverständnis
  2. Bedingtes Einverständnis
    - -> Nach hM muss diese Bedingung wegen der faktischen Natur des Einverständnisses an äußerlich erkennbare Vorgänge oder Verhältnisse und nicht an Absichten, Rechtslagen o.Ä. anknüpfen. Bei der automatisierten Waren- und Geldausgabe ist dies i.d.R. die ordnungsgemäße Bedienung des Automaten. D.h.:
    - -> technische Manipulation begründet Gewahrsamsbruch
    - -> ordnungsgemäßes Bedienen bricht keinen fremden Gewahrsam
    - -> Selbstbedienungskassen/tanken: Einverständnis nur, wenn ordnungsgemäße Bedienung zB. durch Fake Karte, aber nicht bei Einscannen und Bezahlen billigerer Ware als die tatsächlich mitgenommene
  3. Diebesfalle –> bedingtes Einverständnis mit Gewahrsamsbruch und somit nur versuchter Diebstahl mit Unterschalgung
255
Q

(P) –> Liegt beim Verwenden einer gefälschten Codekarte für einen Automaten ein Gewahrsamsbruch iSd. § 242 StGB vor?

A

A1 “hM.” –> Da technisch korrekte Bedienung, liegt kein Gewahrsamsbruch vor

A2 “aA.” –> Nur ordnungsgemäßes Bedienen, wenn Zugangsmittel benutzt wird, das der Aussteller freigegeben hat
–> Verwenden gefälschter Codekarten entspricht Einwurf von Falschgeld in Warenautomaten

256
Q

Problemfälle der Begründung neuen Gewahrsams?

A
  1. Selbstbedienungsläden: Waren bleiben bis zum Passieren der Kasse in Gewahrsam des Geschäftsinhabers
    - -> Auch wenn Verstecken unter Waren oder in anderer Verpackung zum Schmuggeln
    - -> Anders: Gewahrsamsklave, auch wenn sie gegen Wegnahme besonders gesichert sind = neuer Gewahrsam bereits mit Gewahrsamsklave begründet
  2. Beobachtung: Die Beobachtung der Tat hindert den Gewahrsamswechsel nach hM nicht; Diebstahl ist kein heimliches Delikt.
257
Q

Bedeutung des Prüfungspunkts “Die Absicht rechtswidriger Zueignung” iSv. § 242 StGB? + Def. Zueignung

A
  1. Die erstrebte Zueignung braucht objektiv nicht verwirklicht zu sein
    = Diebstahl verlangt im STB mehr als im OTB
    –> Delikt mit “überschießender Innentendenz”
  2. Unter Zueignung versteht man die zumindest vorübergehende Inbesitznahme der Sache wie eine eigene (Aneignung) unter dauerhafter Verdrängung des Eigentümers aus seiner Sachherrschaftsposition (Enteignung).
    - -> Verdrängung rein faktisch!
258
Q

Woraus setzt sich die Zueignungsabsicht iSv. § 242 StGB zusammen und welchen Grad des Vorsatzes muss der Täter besitzen?

A

Aus einer Aneignungs- und einer Enteignungskomponente.
→ (Aneignungsabsicht): Der Täter muss die Absicht (i.S. von dolus directus 1. Grades) haben, die Sache sich oder einem Dritten zumindest vorübergehend anzueignen = Unterschied zur Unterschlagung!!

→ (Enteignungsvorsatz): Der Täter muss (zumindest) billigend in Kauf nehmen, dass der Eigentümer aus seiner Eigentümerstellung faktisch dauerhaft verdrängt wird .

259
Q

Was kann Gegenstand der Zueigngungsabsicht sein iSv. § 242 StGB?

A
  1. Die Sache selbst

2. Der in ihr verkörperte wirtschaftliche Wert = Sachwert

260
Q
  1. Def. “Aneignungsabsicht” iSv. § 242 STGB?

2. Def. “Enteignungsvorsatz” iSv. § 242 StGB?

A

Die Aneignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter anstrebt, die Sache selbst oder den in ihr verkörperten Wert zumindest vorübergehend
- entweder seinem eigenen Vermögen (Selbstaneignung)
- oder dem Vermögen eines Dritten (Drittaneignung)
einzuverleiben.

  1. Der Enteignungsvorsatz liegt vor, wenn der Täter billigend in Kauf nimmt, dass der Eigentümer faktisch aus seiner Eigentümerstellung dauerhaft verdrängt wird, ihm also die Sache selbst oder der in ihr verkörperte Wert dauerhaft entzogen wird.
261
Q

Liegt Aneignungsabsicht in den Fällen der “bloßen Sachentziehung” vor?

A

Nein!

Täter nimmt die Sache lediglich weg um sie dann zu zerstören.

262
Q

Abgrenzung Drittaneignungsabsicht vs. Selbstaneigungsbasicht?

A

Wenn Täter gegenüber Drittem als Eigentümer auftritt = Selbstaneignungsabsicht!

263
Q

(P) –> Liegt Selbstaneignungsabsicht vor, wenn Täter über Sache gegenüber Drittem anonym verfügen will?

A

A1 “Drittaneignungslösung” –> Es liegt Drittaneignungsabsicht vor, da der Täter sich hier nicht nach außen erkennbar an die Stelle des Berechtigten setzen will.

A2 “Selbstaneignungslösung” –> Es liegt Selbstaneignungsabsicht vor, da es für die vor-hergehende Anmaßung der eigentümerähnlichen Stellung, die in der heimlichen Zu-wendung liegt, keine Rolle spielt, ob man sie nach außen kundtut.

264
Q

Wann liegt unstreitig Drittaneignungsabsicht vor?

A
  1. unmittelbare Täterschaft: Täter veranlasst 3. sich die Sache zu nehmen
  2. Mittäterschaft
  3. Fremdbesitzwille: Diebstahl für anderen
265
Q

Problemfälle der Aneignungsabsicht?

A
  1. Wegnahme von Behältnissen –> Unterscheidung zwischen Inhalt und Behältnis
    - -> Ausnahme: Aneignungsabsicht erstreckt sich auch auf Behältnis, wenn es als notwendiges Transportmittel dient
  2. Autodiebstahl
    - -> Zumeist dürfte die Aneignungsabsicht sich nur auf das Fahrzeug selbst und nicht auf die darin befindlichen Sachen beziehen (wobei ein späterer Sinneswan-del dann § 246 I StGB verwirklicht; § 242 scheidet aus, da der Täter zu diesem Zeit-punkt schon Gewahrsam hat).
  3. Inpfandnahme
    - -> Wer eine Sache nur wegnimmt, um sie als Druckmittel zur Durch-setzung einer Forderung einzusetzen (eigenmächtige „Inpfandnahme“), hat keine An-eignungsabsicht, da er weder die Sache noch den ihr verkörperten Sachwert seinem Vermögen einverleiben will. (Anders verhält es sich, wenn der Täter entschlossen ist, die Sache unberechtigt eigenmächtig zu verwerten. Ein solcher Entschluss liegt auch dann vor, wenn der Täter die Verwertung vom Verhalten des Schuldners abhängig macht. Denn hierbei handelt es sich um eine objektive Bedingung, auf deren Eintritt der Täter keinen Einfluss besitzt und die seinen Vorsatz unberührt lässt. Es handelt sich um einen Fall des festen Tatentschlusses auf bewusst unsicherer Tatsachengrundlage.)
  4. Flucht in Gefängniskleidung –> A1 “hM.” –> unvermeidliche Nebenfolge
    A2 “aA.” –> Aneignungsabsicht (+), da Täter Kleidung benötigt umd nicht zu frieren und damit sehrwohl ankommen auf vorübergehende Aneingung
266
Q

Was ist sich zum Enteignungsvorsatz iSv. § 242 StGB zu merken?

A
  1. Kein Enteignungsvorsatz und damit keine Zueignungsabsicht besteht, wenn der Täter Rückgabe- bzw. Rückführungswillen besitzt.
    - -> Nicht Vorhanden, wenn Täter es dem bloßen Zufall überlassen will
  2. Der Enteignungsvorsatz ist allerdings gegeben, wenn der Täter zwar die Sache, nicht aber den in ihr verkörperten Sachwert (vollständig) zurückführen will.
    - -> Auch dann der Fall, wenn intendierter Gebrauch zu einer wesentlichen Wertminderung führt
267
Q

Problemfälle des Enteignungsovrsatzes iSv. § 242 StGB?

A
  1. Legitimationspapiere
    –> Qualifizierte Legitimationspapiere gem. § 808 BGB, an deren Inhaber mit befreiender Wirkung geleistet werden kann, z.B. das Sparbuch, verkörpern das in ihnen bezifferte Guthaben.
    → Wer ein solches Legitimationspapier vorübergehend wegnimmt, um sich das Gutha-ben bzw. einen Teil davon auszahlen zu lassen, handelt hinsichtlich dieses Sachwer-tes mit Enteignungsvorsatz.
  2. Ausweispapiere:
    - -> Ausweispapiere wie der Personalausweis oder der Reisepass ver-körpern keinen wirtschaftlichen Wert; sie sind nach einem unbefugten Gebrauch in ih-rer Funktion als Identifikationspapier unbeeinträchtigt.
    - -> vorübergehende Wegnahme = bloße Gebrauchsanmaßung
  3. Codekarten: Codekarten wie die ec-Karte verkörpern kein Guthaben; sie eröffnen als „Automatenschlüssel“ lediglich die faktische Zugriffsmöglichkeit auf ein Konto und das darauf ausgewiesene Guthaben. (Anders verhält es sich bei Geldkarten.)
    - -> vorübergehende Wegnahme = Gebrauchsanmaßung
  4. Dienstgegenstände: vorübergehende Wegnahme = kein Enteignungsvorsatz
  5. Finderlohn: Nimmt jemand einem Finder die gefundene Sache weg, um sie dem Eigentümer gegen die versprochene Belohnung zurückzugeben, liegt kein Enteignungsvorsatz vor, denn der Eigentümer soll die Sache ohne Werteinbuße zurückerhalten. Der Finderlohn ist kein in der Sache verkörperter Wert.
  6. Entzug des Neuwerts: Bei neuen Sachen wie Büchern oder Tonträgern, die der Täter vorübergehend entwendet, kommt es darauf an, ob ihnen durch den geplanten Gebrauch der Neuwert entzogen würde.
    → Könnte die Sache nicht mehr als neu verkauft werden (z.B. wegen Gebrauchsspuren), liegt Vorsatz zum Entzug des Neuwertes vor. = Enteignungsvorsatz
  7. Länger andauernder Sachentzug: Enteignungsvorsatz, wenn aus Sicht eines unabhängigen Dritten eine Ersatzbeschaffung unvermeidbar war
  8. Spritztouren: dif.
    a. Spritztour führt zu Wertminderung = Enteignung
    b. Rückführung sol dem Zufall überlassen werden = Enteignungsvorsatz
    c. Wieder zurückstellen in Anschluss an Spritzout = kein Enteignungsvorsatz
  9. Rückveräußerung an den Eigentümer str.
268
Q

(P) –> Liegt Enteignungsvorsatz iSd. § 242 StGB vor, wenn der Täter eine Sache wegnimmt, um sie dem Eigentümer als angeblich eigene Sache zum Kauf anzubieten?

A

A1 “Betrugslösung” –> Dem Eigentümer soll weder die Sache noch der in ihr verkörperte Wert dauerhaft entzogen werden. Die Wegnahme ist hier daher nur eine – als Ge-brauchsanmaßung – straflose Vorbereitungshandlung zum Betrug gegenüber dem Eigentümer.

A2 “Diebstahlslösung” hM. –> Der Eigentümer soll die Sache nicht unter Anerkennung, sondern nur unter Leugnung seines Eigentums zurückerhalten. Die beabsichtigte „Eigentumsübertragung“ setzt aber notwendig voraus, dass dem bisherigen Eigentümer seine Eigentumsposition an der Sache zuvor faktisch entzogen wird. (Ein späterer Betrug tritt dann ggf. als Sicherungsbetrug hinter den Diebstahl zurück.)

269
Q

Wie ist bei der “Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung” iSv. § 242 StGB vorzugehen?

A
  1. Objektive Rechtswidrigkeit = Täter hat keinen fälligen und einredefreien Anspruch
  2. Vorsatz hinsichtlich dessen

a. Stückschuld: Zueignung nicht rechtswidrig
b. Gattungsschuld: Zueignung rechtswidrig, wegen Verletzung Auswahlrecht des Verkäufers

270
Q

(P) –> Gilt bei Geldschulden eine Ausnahme zu dem Grundsatz dass Zueignung bei Gattungsschuld rechtswidrig ist?

A

A1 “Wertsummenlösung” –> Geld ist ein Wertsummenträger, bei dem es keine qualitati-ven Unterschiede gibt und das Auswahlrecht des Gattungsschuldners somit sinnlos ist.

A2 “Gattungsschuldenlösung” hM. –> Geldschulden sind Gattungsschulden, so dass der Schuldner das Recht hat, die zur Erfüllung der Schuld bestimmten Geldscheine selbst auszuwählen.

271
Q

Prüfungsaufbau des “besonders schweren Fall des Diebstahls” gem. 3 243 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit nach § 242 StGB
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) Besonders schwerer Fall nach § 243 StGB
1) Vorliegen eines Regelbeispiels gem. § 243 I 2 Nr. 1 – 7 StGB
2) Vorsatz bezüglich des vorliegenden Regelbeispiels analog §§ 15, 16 I 1 StGB
3) kein Ausschluss nach § 243 II StGB
4) Gesamtwürdigung der Tatumstände (Vorliegen eines atypischen Falles)
- kein besonders schwerer Fall trotz gegebenem Regelbeispiel
- unbenannter schwerer Fall trotz Nichtvorliegens eines Regelbeispiels

272
Q

Definitionen zum § 243 I Nr. 1 StGB = Einbruchs-, Einstiegs, Nachschlüssel- und Verweildiebstahl?

  • ->
    1. Gebäude
    2. Dienst- und Geschäftsräume
    3. Anderer umschlossener Raum
    4. Einbrechen
    5. Einsteigen
    6. Eindringen mit einem falschen Schlüssel/nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug
    7. Sich-Verborgen-Halten
    8. Zur Ausführung der Tat
A
  1. Gebäude: Ein Gebäude ist ein durch Wände und Dach begrenztes und mit dem Erdboden zumindest durch eigene Schwere fest verbundenes Bauwerk, das den Eintritt von Menschen gestattet und Unbefugte fernhalten soll.
  2. Dienst- und Geschäftsräume: Darunter versteht man Gebäudeteile, die zum Aufenthalt und zur Ausübung beruflicher oder sonstiger geschäftlicher Tätigkeit bestimmt sind.
  3. Anderer umschlossener Raum: Ein umschlossener Raum ist jedes Raumgebilde, das (auch) zum Betreten durch Menschen bestimmt und mit Vorrichtungen zur Abwehr des Eindringens versehen ist.
  4. Einbrechen: inbrechen ist das gewaltsame Öffnen einer dem Zutritt entgegenstehen-den Umschließung.
    → nicht unerhebliche Kraftentfaltung vorliegen, etwa das bloße Zurückschieben eines Riegels reicht nicht aus
  5. Einsteigen: Als solches bezeichnet man das Hineingelangen in die geschützte Räumlichkeit durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung unter Überwindung von Hindernissen und Schwierigkeiten.
    → Das bloße Hineingreifen und Herausholen von Sachen genügt hier nicht; der Täter muss zumindest mit einem Körperteil in dem Raum einen Stützpunkt gewonnen haben, der ihm die Wegnahme ermöglicht.
  6. Eindringen mit einem falschen Schlüssel/nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug: Ein Eindringen liegt vor, wenn der Täter ohne oder gegen den Willen des Berechtigten zumindest mit einem Teil seines Körpers in die Räumlichkeit gelangt.
    –> Ein Schlüssel ist falsch, wenn ihn der Berechtigte zur Tatzeit überhaupt nicht, nicht mehr oder noch nicht zur Öffnung des betreffenden Schlosses bestimmt hat.
    → Falsch ist nicht nur ein nachgemachter Schlüssel, sondern auch ein solcher, dem der Berechtigte die frühere Widmung wieder entzogen hat.
  7. Sich-Verborgen-Halten: Der Täter versteckt sich in der geschützten Räumlichkeit.
  8. Zur Ausführung der Tat: Der Täter muss das Einbrechen, Einsteigen etc. zur Bege-hung des Diebstahls vornehmen, d.h. der Diebstahlsvorsatz muss bereits zu diesem Zeitpunkt gegeben sein.
273
Q

Definitionen zum § 243 I Nr. 2 StGB = Diebstahl besonders gesicherter Sachen?

  • ->
    1. verschlossenes Behältnis
    2. andere Schutzvorrichtung
    3. besondere Sicherung gegen Wegnahme
A
  1. verschlossenes Behältnis: Ein Behältnis ist eine zur Aufnahme von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde, das (anders als der umschlossene Raum) nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden.
    - -> Verschlossen ist das Behältnis, wenn es gegen ordnungswidrigen Zugriff von außen besonders gesichert ist.
  2. andere Schutzvorrichtung: Darunter versteht man alle sonstigen Vorkehrungen und technischen Mittel, die (auch) dem Zweck dienen, die Wegnahme der Sache zumindest zu erschweren.
  3. besondere Sicherung gegen Wegnahme: Das verschlossene Behältnis bzw. die andere Schutzvorrichtung muss dem Zweck dienen, die Sache gegen eine Wegnahme besonders zu sichern.
    –> Bei Verpackungen etc. kommt es darauf an, ob sie nur dem Transport dienen oder besondere Sicherung zumindest mitbezwecken
    → Vorrichtungen, die erst die Sicherung der Beute verhindern sollen, bezwecken keine besondere Sicherung gegen die Wegnahme
    → Bei Geld- und Warenautomaten muss auf die Sicherungsmechanik von außen eingewirkt werden.
    → Verwendet der Täter zur Überwindung der Schutzvorrichtung den dazu bestimmten Schlüssel/Code, bejaht die hM das Regelbeispiel gleichwohl, wenn er den Schlüs-sel/Code unbefugt – insb. durch eine Straftat – erlangt hat (anders dagegen, wenn er befugtermaßen über den Schlüssel/Code verfügt).
    → § 243 I 2 Nr. 2 StGB ist auch erfüllt, wenn der Täter das verschlossene Behältnis zunächst mitnimmt, um es dann später in aller Ruhe aufbrechen zu können.
274
Q

Def. § 243 I Nr. 3 StGB = gewerbsmäßiger Diebstahl?

A

Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will; das ist auch bei der ersten in dieser Absicht begangenen Tat der Fall.

275
Q

Def. § 243 I Nr. 4 StGB = Kirchendiebstahl?

A

Die Sachen müssen unmittelbar dem Gottesdienst oder der religiösen Verehrung dienen.

276
Q

Def. § 243 I Nr. 5 StGB = Diebstahl von Kulturgütern?

A

Die bedeutenden Sachen müssen allgemein zugänglich oder ausgestellt sein.

277
Q

Def. § 243 I Nr. 6 = Ausnutzen fremder Notlage?

A

Hilflos ist, wer dem Gewahrsamsbruch nicht wirksam zu begegnen vermag.

278
Q

Def. § 243 I Nr. 7 StGB = Waffen- und Sprengstoffdiebstahl?

A

Das Regelbeispiel soll das aus Sicht des Gesetzgebers erhöhte Unrecht des Diebstahls der aufgeführten gefährlichen Tatobjekte erfassen und zudem typische Vorbereitungshandlungen terroristischer Kriminalität bekämpfen.

279
Q

Merkmale der Geringewertigkeitsklausel gem. § 243 II StGB?

A
  1. objektiver Verkehrswert ist maßgebend!
  2. Wertgrenze = 50 Euro
  3. Beute mehrere Gegenstände = Gesamtwert entscheidend
  4. Gegenstände ohne objektiv messbaren Verkehrswert = nie geringwertig
  5. Als nicht geringwertig gelten auch Gegenstände die vom Schutzzweck der Norm erfasst werden (Kulturgüter)
  6. objektive Geringwertigkeit genügt nicht, Diebstahlvorsatz des Täters muss sich auf geringwertige Sache beziehen
280
Q

(P) –> Vorsatzwechsel zwischen Versuch und Vollendung der Diebstahlstat gem. § 243 StGB von wertvoller auf geringwertige Sache?

A

A1 “Trennungslösung” –> Da es zur Wegnahme der nicht geringwertigen Sache nicht kommt, begeht der Täter insoweit nur einen versuchten Diebstahl im besonders schweren Fall. Vollendet wird mit der Wegnahme der geringwertigen Sache lediglich ein einfacher Diebstahl.

A2 “Einheitlichkeitslösung” hM. –> Es liegt eine einheitliche Tat mit einem durchgehenden Diebstahlsvorsatz vor. Grds. vollendet er die Tat, die er bei Verwirklichung des Regelbeispiels begehen will. § 243 II StGB ist nicht anwendbar, weil ihm zunächst der Wille zur Wegnahme einer geringwertigen Sache fehlt.

281
Q

(P) –> Vorsatzwechsel iR. der Diebstahlstat gem. § 243 StGB von geringwertiger auf nicht geringwertige Sache?

A

A1 “Trennungslösung” –> Da es zur Wegnahme der geringwertigen Sache nicht kommt, liegt insoweit nur ein versuchter einfacher Diebstahl vor. Dieser tritt allerdings hin-ter dem vollendeten einfachen Diebstahl zurück, den der Täter mit der Wegnahme der nicht geringwertigen Sache begeht. Letztere ist kein besonders schwerer Fall des Diebstahls, weil der Täter das Regelbeispiel nicht im Zusammenhang mit ihr, sondern nur im Zusammenhang mit der versuchten Wegnahme der geringwertigen Sache verwirklicht.
→ Der Täter wird bestraft wegen vollendeten einfachen Diebstahls.

A2 “Einheitlichkeitslösung” hM. –> Es liegt wiederum eine einheitliche Tat mit durchgehendem Diebstahlsvorsatz vor. Der Täter vollendet die Tat, die er bei Verwirkli-chung des Regelbeispiels begehen will. § 243 II StGB ist nicht anwendbar, weil die weggenommene Sache objektiv nicht geringwertig ist.
→ Der Täter wird bestraft wegen vollendeten Diebstahls in einem besonders schweren Fall. Auch nach hM liegt allerdings keine einheitliche Tat mit durchgehendem Diebstahls-vorsatz vor, wenn der Täter den bei Verwirklichung des Regelbeispiels zunächst gefassten Vorsatz infolge Fehlschlags oder zwecks Rücktritts endgültig aufgibt und dann später einen neuen Diebstahlsentschluss hinsichtlich eines anderen Tatobjekts fasst.
→ Der Täter wird bestraft wegen versuchten Diebstahls (im besonders schweren Fall, wenn er bei Verwirklichung des Regelbeispiels eine nicht geringwertige Sache stehlen wollte) in Tatmehrheit mit vollendetem einfachen Diebstahl.

282
Q

Was für eine Tat liegt vor, wenn Täter bei Verwirklichung des Regelbeispiels gem. § 243 StGB den zunächst gefassten Vorsatz infolge Fehlschlags oder zwecks Rücktritts endgültig aufgibt und dann später einen neuen Diebstahlsentschluss hinsichtlich eines andere Tatobjekts fasst?
(zB. Täter findet die gedachte wertvolle Sache nicht und macht dann Nickerchen um danach geringwertige Sache zu klauen)

A

Auch nach hM liegt allerdings keine einheitliche Tat mit durchgehendem Diebstahlsvorsatz vor, wenn der Täter den bei Verwirklichung des Regelbeispiels zunächst ge-fassten Vorsatz infolge Fehlschlags oder zwecks Rücktritts endgültig aufgibt und dann später einen neuen Diebstahlsentschluss hinsichtlich eines anderen Tatobjekts fasst.
→ Der Täter wird bestraft wegen versuchten Diebstahls (im besonders schweren Fall, wenn er bei Verwirklichung des Regelbeispiels eine nicht geringwertige Sache stehlen wollte) in Tatmehrheit mit vollendetem einfachen Diebstahl.

283
Q

Versuchskonstellationen im Zusammenhang mit § 243 StGB?

A
  1. Versuchter Diebstahl und Vollendung des Regelbeispiels = versuchter Diebstahl in einem besonders schweren Fall
  2. vollendeter Diebstahl und versuchtes Regelbeispiel = vollendeter einfacher Diebstahl (es gibt kein versuchten schweren Fall)
284
Q

(P) –> Wie wird eine Straftat bewertet, wenn der Diebstahl UND das Regelbeispiel nur versucht sind?

A

A1 “Vollendungslösung” –> Die Indizwirkung des Regelbeispiels besteht nur, wenn es vollständig verwirklicht worden ist.
–> versuchter einfach Diebstahl

A2 “Versuchslösung” hM. –> Regelbeispiele sind – da tatbestandsähnlich – weitgehend wie Tatbestandsmerkmale zu behandeln. Aus § 23 II StGB ergibt sich, dass die versuchte Tat – sofern strafbar – grds. genauso bestraft wird die die vollendete Tat. Wird das Grunddelikt auch im Versuch bestraft, muss das für das Regelbeispiel da-her entsprechend gelten.
→ versuchter Diebstahls in einem besonders schweren Fall.

285
Q

Def. “Diebstahl mit Waffen” iSd. § 244 I Nr. 1a Var. 1 StGB?

  1. Waffe
  2. Beisichführen
A
  1. Waffe: Gemeint ist die Waffe im technischen Sinne, d.h. ein Gegenstand, der seiner Konstruktion nach dazu geeignet und bestimmt ist, auf mechanischem oder chemischem Weg erhebliche Verletzungen herbeizuführen.
    Die Waffe muss funktionsfähig und einsatzbereit sein, da nur dann die erhöhte abs-trakte Gefährlichkeit besteht, die § 244 Nr. 1a StGB pönalisieren soll. Somit scheiden defekte Waffen, Scheinwaffen und ungeladene Waffen aus – letztere nach hM aller-dings nicht, wenn sie mit wenigen Handgriffen sofort einsatzbereit gemacht werden können, also die Munition griffbereit mitgeführt wird.
  2. Beisichführen: Der Täter führt die Waffe bei sich, wenn er über sie während des Tathergangs schnell und ungehindert verfügen kann.
    a. In räumlicher Hinsicht: braucht der Täter die Waffe nicht in der Hand zu halten oder am Körper zu führen; ausreichend ist, dass sie sich griffbereit in seiner unmittelbaren Nähe befindet.
    b. In zeitlicher Hinsicht: muss der Täter die Waffe nicht während der gesamten Tat bei sich führen; es genügt, dass sie ihm zu irgendeinem Zeitpunkt während der Tatbegehung zur Verfügung steht.
    c. (p) –> Beisichführen nach Vollendung bis Beendigung?
    a1 “hM.” –> Ja
    a2 “aA.” –> Nein, Regelung des § 252 StGB werde unterlaufen, der ein solches Nachtatverhalten nur unter besonderen Voraussetzungen strafschärfend berücksichtige

d. (p) –> Muss Beisichführen tatbedingt sein?
a1 “hM.” –> Nein, auch das Mitführen durch einen Berufswaffenträger fällt darunter
a2 “aA.” –> Einschränkung: Der vom Gesetzgeber vermutete Gefährlichkeitszusammenhang sei bei einem Berufswaffenträger nicht ohne weiteres gegeben.
(-) Gefährlichkeit sei hier keinesfalls gemindert, denn auftretende Schwierigkeiten können den Berufswaffenträger wie jeden anderen auch zum Gebrauch der Waffe verleiten.
e. (p) –> Bei-Sich-Führen einer gestohlenen Waffe möglich?
a1 “hM” –> Ja, auch wenn man sie bei Tat stiehlt
a2 “aA” –> Nein, die Waffe könne mit dem Tatobjekt nicht identisch sein, da der Täter sie bei dem Diebstahl mitführen müsse;
(+) außerdem verliere das Regelbeispiel des § 243 I 2 Nr. 7 StGB seine Funktion, wenn der Waffendiebstahl unter § 244 I Nr. 1a StGB falle. (-) § 244 I Nr. 1a StGB erfasst nur den Diebstahl der einsatzbereiten Waffe, so dass für § 243 I 2 Nr. 7 StGB sehr wohl ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt.

—–> Subjektiver Tatbestand: Gebrauchsvorsatz ist nicht notwendig, es genügt dass Täter hinsichtlich des Mitführens dolus eventualis besitzt

286
Q

Was ist für den STB des Diebstahls mit einer Waffe gem. § 244 I Nr. 1a Var. 1 StGB wichtig?

A

§ 244 I Nr. 1a StGB setzt keinen Gebrauchsvorsatz voraus; es genügt, wenn der Täter hinsichtlich des Mitführens dolus eventualis besitzt.

287
Q

(P) –> Was ist unter Diebsthal mit “einem anderen gefährlichen Werkzeug” iSv. § 244 I Nr. 1a Var. 2 StGB zu verstehen?

A

A1 “subjektive Zwecklösung” –> Entscheidend ist die subjektive Zweckbestimmung durch
den Täter; ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, den der Täter im Bedarfsfall
so verwenden will, dass er im Falle seines tatsächlichen Einsatzes die Voraussetzungen
des § 224 I Nr. 2 StGB erfüllen würde.
(+) Gesetzgeberwille
(-) § 244 I nr. 1a StGB verlangt anders als Nr 1b gerade keine Verwendungsabsicht; qualifizierend soll - unabhängig von vorherigen Zweckbestimmungen - vielmehr bereits die in der bloßen Verfügbarkeit liegende Gefährlichkeit des Tatmittels sein

A2 –> “objektive Beschaffenheitslösung” Rspr. –> Maßgeblich ist das abstrakte Verletzungspotenzial.
Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der aufgrund seiner
objektiven Beschaffenheit ähnlich einer Waffe abstrakt geeignet ist, erhebliche Verletzungen
herbeizuführen.
(+) Gesetzsystematik
(-) Zu weite Ausdehnung des Tatbestandes

A3 “objektive Kombinationslösung” hL. –> Zusätzlich zum abstrakten Verletzungspotenzial
kommt es noch auf die objektive Zweckbestimmung an. Ein gefährliches Werkzeug
ist jeder Gegenstand
- der aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit ähnlich einer Waffe geeignet ist,
erhebliche Verletzungen herbeizuführen
- und der aus Sicht eines objektiven Dritten nach den gegebenen Umständen nur
zur gefährlichen Verwendung bestimmt sein kann.
(+) Vermeidet zu weite Ausdehnung des Tatbestandes
(-) diffuse Spekulation über den mutmaßlichen Verwendungswillen

288
Q

Def. “der Diebstahl mit sonstigen Werkzeugen oder Mitteln” iSv. § 244 I Nr. 1b StGB?

  1. sonstige Werkzeuge oder Mittel
  2. Besichführen
  3. Verwendungsabsicht
A
  1. sonstige Werkzeuge oder Mittel: Solche sind nach hM insb. die Gegenstände, die zur
    Anwendung von Gewalt oder zur Drohung mit Gewalt taugen, aber nicht unter § 244
    I Nr. 1 StGB fallen, also nach ihrer objektiven Beschaffenheit (Rspr.) oder nach ihrer
    geplanten Verwendung (aA) nicht geeignet erscheinen, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.
    –> erfasst werden auch objektiv ungefährliche Scheinwaffen
    –> Gegenstand muss aus Sicht eines objektiven Dritten nach seinem äußeren Erscheinungsbild zumindest den Eindruck erwecken, zur Realisierung der Drohung geeignet zu sein
  2. Beisichführen: Der Täter braucht den Gegenstand nicht von vornherein zum Zweck
    der Tat mitzubringen. Es reicht aus, wenn er ihn am Tatort vorfindet und sich dann
    eine sofortige Zugriffsmöglichkeit verschafft.
  3. Verwendungsabsicht: Subjektiv muss der Täter das Werkzeug oder Mittel in der Absicht
    bei sich führen, damit im Bedarfsfall den Widerstand eines anderen gegen die
    Wegnahme bzw. (nach hM) die Beutesicherung zu verhindern oder zu überwinden.
    → Da es zu einer tatsächlichen Verwendung nicht gekommen zu sein braucht, bildet §
    244 I Nr. 1b StGB ein Delikt mit überschießender Innentendenz.
289
Q

(P) –> Ist ein Teilrücktritt vom Diebstahl mit sonstigem Werkzeug oder Mittel gem. § 244 I Nr. 1 StGB möglich?

A

A1 “Vollendungslösung” Rspr. –> Tritt der Täter vom Versuch des Grunddelikts nicht zurück, sondern
vollendet dieses, so ist auch § 244 I Nr. 1 StGB vollständig verwirklicht, sobald der Täter
zu irgendeinem Zeitpunkt die Waffe bzw. das Werkzeug (ggf. mit Verwendungsabsicht) bei sich
geführt hat.

A2 “Rücktrittslösung” hL. –> Es entspricht dem Gedanken der tätigen Reue, den vor Vollendung des
Grunddelikts erfolgenden freiwilligen Abbruch abstrakt gefährlicher qualifizierender Verhaltensweisen
als Teilrücktritt zu behandeln, solange es bei den abstrakten Gefahren geblieben
ist.

290
Q

Def. “der Bandendiebstahl”, § 244 I Nr. 2 StGB?

  1. Bande
  2. Als Mitglied
  3. Mitwirken als Bandenmitglied in verschiedenen Konstellationen
A
  1. Bande: Eine Bande ist ein Zusammenschluss mehrerer Personen, die sich mit dem
    ernsthaften Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige,
    im Einzelnen noch unbestimmte Straftaten eines bestimmten Deliktstyps
    (hier: Diebstahl und Raub) zu begehen.
    –> Mind. 3 Personen
    –> Hierarchie ist nicht erforderlich
    –> Beruhen auf konkludenter bandenabrede
    –> Gehilfeneigenschaft genügt
    –> Begehung des 1. Diebstahls genügt
  2. als Mitglied: Der Bandendiebstahl ist ein Sonderdelikt; als tauglicher Täter kommt
    nur das Bandenmitglied in Betracht. Als Bandenmitglied gilt, wer in die Organisation
    der Bande eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der
    Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt.
    –> Bandenfremde nie Bandendiebstahl
    –> Beihilfe zum
    Bandendiebstahl ist möglich
    –> Bandenmitgliedschaft = besonderes persönliches Merkmal iSd. § 28 II StGB
  3. Mitwirken als Bandenmitglied
    a) Allein = kein Bandendiebstahl
    b) Zusammen mit Mitglied vor Ort = Bandendiebstahl
    c) Allein im Zusammenwirken mit anderem nicht am Tatort anwesenden Bandenmitglied = str.
    d) Wegnahme erfolt durch Bandenfremden in Zusammenwirken mit nicht am Tatort anwesenden Bandenmitgleid = str.
291
Q

(P) –> Liegt Mitwirken eines anderen Bandenmitglieds iSv. § 244 I Nr. 2 StGB vor, wenn Bandenmtiglied im Zusammenwirken mit einem anderen nicht am Tatort anwesenden Bandenmitglied stiehlt?

A

A1 “restriktive Lösung” –> Ein Mitwirken liegt nur vor, wenn das andere Bandenmitglied
mit dem Täter zur Tatzeit am Tatort zusammenwirkt, da nur in diesem Fall
die erhöhte Ausführungsgefahr (gesteigerte Effektivität der Wegnahme) besteht,
die zusammen mit der erhöhten Organisationsgefahr den Strafgrund des
Bandendiebstahls bildet. Zudem wird sonst der Unterschied zu den Bandendelikten,
die auf das Mitwirkungserfordernis verzichten – z.B. Bandenhehlerei, § 260
I Nr. 2 StGB – eingeebnet.

A2 “extensive Lösung” hM. –> Die Mitwirkung kann auf beliebige Weise erfolgen, da
die Ausführungsgefahr auch durch andere Handlungen wie z.B. eine sorgfältige
Planung gesteigert werden kann.

292
Q

(P) –> Liegt Bandendiebstahl iSv. § 244 I Nr. 2 StGB vor, wenn Wegnahme durch Bandenfremden erfolgt im Zusammenwirken mit einem anderen nicht am Tatort anwesenden Bandenmitglied in mittäterschaftlicherweise mit ebenfalls nicht am Tatort anwesenden Bandenmitglied?

A

A1 “restriktive Lösung”–> Da keine zwei Bandenmitglieder zur Tatzeit am Tatort zusammenwirken,
liegt kein Mitwirken vor.

A2 “extensive Lösung” hM. –> Das Handeln eines Bandenmitglieds vor Ort ist nicht erforderlich.
Zur Begründung der erhöhten Ausführungsgefahr genügt es, dass zwei

293
Q

Was ist sich zum “Wohnugnseinbruchdiebstahl” iSv. § 244 I Nr. 3 StGB zu merken?

A
  1. Unterfall des in § 243 I 2 Nr. 1 StGB geregelten Einbruchdiebstahls
  2. § 244 I Nr. 3 wertet ihn vom bloßen Regelbeispiel zu einer Qualifikaiton auf
  3. Def.: Als Wohnung gelten alle Räumlichkeiten, die einem oder mehreren Menschen als Unterkunft
    dienen. Der Wohnungsbegriff ist dabei allerdings z.T. enger zu verstehen als bei §
    123 StGB
    –> offene Zubehörflächen gehören nicht zur Wohnung
    –> Leerstehende Wohnräume werden auch nicht erfasst
  4. Die Geringwertigkeitsklausel des § 243 II StGB ist nicht anwendbar
294
Q

Wie sind die Konkurrenzen des § 244 StGB geregelt?

A
  1. Hat der Täter mehrere Tatbestände des § 244 StGB verwirklicht – z.B. einen Wohnungseinbruchsdiebstahl,
    bei dem er eine Waffe bei sich führt – so liegt nach hM nur ein einheitlicher
    qualifizierter Diebstahl vor.
  2. Treffen allerdings ein Diebstahl mit Waffen oder ein Wohnungseinbruchsdiebstahl
    mit einem schweren Bandendiebstahl zusammen, so greift § 244a StGB als lex specialis
    ein.
295
Q

Wann wird der Bandendiebstahl gem. § 244 I Nr. 2 StGB zu einem “schweren Bandendiebstahl” und somit einem Verbrechen iSv. § 2 44a StGB qualifiziert?

A
  1. entweder eines der Regelbeispiele des § 243 I 2 StGB ist erfüllt
  2. oder einer der anderen Qualifikationstatbestände des § 244 I StGB
296
Q

Prüfungsaufbau “Die Unterschlagung” gem. § 246 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt: fremde bewegliche Sache
b) Tathandlung: rechtswidrige Zueignung
- Zueignungswille
- Manifestation des Zueignungswillens (nach hM)
- Rechtswidrigkeit der Zueignung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) Subsidiarität (!!!!!!)
V) Strafantrag in den Fällen der §§ 247, 248a StGB
--> Qualifikation, § 246 II StGB
297
Q

Unterschied Unterschlagung vs. Diebstahl?

A
  1. Unterschlagung begnügt sich nicht mit bloßer Absicht einer rechtswidrigen Zueignung, sondern verlangt einen tatsächlichen Zueignungsakt
  2. Objektiv besteht dieser Zueignungsakt in einer Manifestation des Zueignungswillens
  • -> Bei Diebstahl wird Absicht der rechtswidrigen Zueignung im STB geprüft
  • -> Bei Unterschlagung wird rechtswidrige Zueignung im OTB geprüft
298
Q

Zusammensetzung des Zueignungswillens iR. der Unterschlagung gem. § 246 StGB?

A
  1. Aneignungsvorsatz: Der Täter muss (mindestens) billigend in Kauf nehmen, dass er
    die Sache sich oder einem Dritten zumindest vorübergehend aneignet, d.h. die Sache
    seinem oder dem Vermögen des Dritten wenigstens temporär einverleibt.
    → Anders als bei § 242 ist nach hM keine Aneignungsabsicht i.S. von dolus directus 1.
    Grades erforderlich; es genügt dolus eventualis.
  2. Enteignungsvorsatz: Der Täter muss (wie bei § 242 StGB) zumindest billigend in Kauf
    nehmen, dass der Eigentümer faktisch aus seiner Eigentümerstellung dauerhaft verdrängt
    wird.
299
Q

(P) –> Wann ist eine Zueigngung iR. der Unterschlagung gem. § 246 StGB objektiv verwirklicht?

A
  1. Würde mann die vorübergehende Aneignung der Sache unter dauerhafter Enteignung des Eigentümers verlangen, wäre der Vollendungszeitpunkt vielfach zu weit hinausgeschoben
  2. Die hM vertritt hier die Manifestationslösung: –> “Eine Zueignung liegt schon dann vor,
    wenn sich der Zueignungswillen nach außen manifestiert, d.h. im Handeln des Täters
    aus Sicht eines objektiven Dritten sein Aneignungs- und Enteignungswillen zum Ausdruck
    kommt.”
300
Q

Definitionen der “objektiven Zueignung” iR. der Unterschlagung gem. § 246 StGB?

  1. Vorliegen der Zueignung
  2. Zueignungswille
A
  1. Vorliegen der Zueignung: “Eine Zueignung liegt schon dann vor,
    wenn sich der Zueignungswillen nach außen manifestiert, d.h. im Handeln des Täters
    aus Sicht eines objektiven Dritten sein Aneignungs- und Enteignungswillen zum Ausdruck
    kommt.”
  2. Zueignungswille: Der Zueignungswille manifestiert sich in einer Änderung der Besitzlage, die dem Eigentümerinteresse
    zuwiderläuft, d.h. in einer
    a. unzulässigen Besitzbegründung – Täter als Nichtberechtigter
    b. unzulässigen Aufrechterhaltung des Besitzes – Täter als Nicht-mehr-Berechtigter
    c. Überschreitung des Besitzrechts – Täter als Nicht-so-Berechtigter
301
Q

Probleme der Mainfestation des Zueignungswillens iR. der Unterschlagung gem. § 246 StGB?

A
  1. Objektiv neutrales Verhalten str.
  2. Unterlassen der geschuldeten Rückgabe: Nein, da dies auch auf bloßer Nachlässigkeit beruhen kann
  3. Fundgegenstände: dif.
    a. Inbesitznahme: idR. noch keine Manifestation, da sie sich nicht vom Verhalten des ehrlichen Finders unterscheidet, außer erkennbares Verhalten wie nicht ehrlicher Finder
    b. Nichtanzeige des Fundes: Entgegen § 965 BGB auch noch keine Manifestation wegen Nachlässigkeit
    c. Nichtablieferung des Fundes: Entgegen §§ 967, 968 I BGB idR. Manifestation des Zueignungswillens
  4. Eigenmächtige Verpfändung: Nur wenn nicht sicher ist, dass er sie wieder zurückgibt
  5. Verbindung/Vermischung: Wenn aus Sicht eines 3. klar ist, dass Verwenden nur für eigene Zwecke
  6. Unbefugtes Geldabheben am Geldautomaten: Wer unbefugt eine fremde Geldkarte
    zum Geldabheben am Automaten verwendet, begeht zwar mangels Gewahrsamsbruchs
    keinen Diebstahl, wohl aber nach hM eine Unterschlagung des abgehobenen
    Geldes, da eine Übereignung nur an den Berechtigten erfolgen soll.
  7. Verschleierung von Fehlbeträgen: str.
  8. Veräußerung ohne Besitz bzw. Sachherrschaft: Veräußert der Täter an einen
    Dritten eine fremde Sache, die weder in seinem Besitz noch im Besitz des Dritten steht,
    unter Vorspiegelung einer Eigentümerstellung, liegt keine Zueignung vor, da hier keine
    den Eigentümerinteressen zuwiderlaufende Änderung der Besitzlage erfolgt; die Verfügungsmacht
    des Eigentümers bleibt vielmehr unangetastet
    –> Ggf. Betrugsstrafbarkeit
302
Q

(P) –> Gilt objektiv neutrales Verhalten iR. der Unterschlagung gem. § 246 StGB als Manifestation der Zueignungsabsicht?

A

A1 “Rspr.” –> Verfügt der Täter nachgewiesenermaßen über Zueignungswillen, kann auch
ein an sich neutrales Verhalten diesen Willen manifestieren – sog. weite Manifestationstheorie

A2 “hL.” –> Ein äußerlich ordnungsgemäßes Verhalten erlaubt keinen Rückschluss auf einen
Zueignungswillen, kann diesen also auch nicht manifestieren. So lange sich der
Täter im Rahmen seiner Rechte und Pflichten bewegt, scheidet deshalb eine Zueignung
aus.
→ Dies ist wohl auch der Kern der von Teilen des Schrifttums propagierten sog. engen
Manifestationstheorie, derzufolge das Verhalten des Täters seinen Zueignungswillen
verlässlich, sicher bzw. eindeutig zum Ausdruck bringen muss.
Damit soll klargestellt werden, dass mehrdeutige und neutrale Handlungen als
Manifestationsakte nicht ausreichen.

303
Q

(P) –> Liegt die Manifestation eines Zueignungswillens iSd. § 246 StGB vor, wenn der Täter vereinnahmte Gelder sofort in die Kasse legt, aber zur Verschleierung von Fehlbeträgen ihren Erhalt nicht Verbucht?

A

A1 “Täuschungslösung” –> Durch das Unterlassen des Verbuchens täuscht der Täter zwar
über die Herkunft und den Zeitpunkt der Übereignung des Geldes. Da er das Geld
aber sofort in die Kasse legt, maßt er sich keinen Eigenbesitz an und eignet es sich
somit nicht zu.

A2 “Zueignungslösung” hM. –> Um sein Verschleierungsziel zu erreichen, muss der Täter
die Gelder dem Eigentümer zunächst entziehen, um sie diesem sodann sogleich wieder
als „sein“ Geld zur Erfüllung seiner Ersatzpflicht neu zu übertragen.

304
Q

Was ist sich zur “Drittzueignung” im Rahmen der Unterschlagung gem. § 246 StGB zu merken? = Manifestation des Drittzueignungswillens

A
  1. Der Selbstzueignung ist die Drittzueignung gleichgestellt
  2. Eine Manifestation des Drittzueignungswillens liegt vor, wenn der Täter eine Handlung vollzieht, die es dem Dritten ermöglicht, sich die Sache unter dauerhafter Enteignung des Eigentümers zumindest vorübergehend anzueignen
    - -> Gut- oder bösgläubigkeit des Dritten spielt keine Rolle
    - -> Mitwirkung oder Einverständnis des Dritten ist nicht erforderlich
305
Q

(P) –> kann einem bereits erfolgten Zueignungsakt hinsichtlich einer fremden Sache noch ein weiterer Zueignungsakt (Bsp. Aussortieren von Wein = Unterschlagung und danach noch Verkaufen dessen auf ebay) durch dieselbe Person nachfolgen? –> “Wiederholte Zueignung”

A

A1 “Konkurrenzlösung” –> Grds. kann man sich eine bereits zugeignete Sache auch nochmals
zueignen, so dass die spätere Zueignung den Tatbestand des § 246 StGB erfüllt. Allerdings
tritt sie im Konkurrenzwege als mitbestrafte Nachtat zurück, es sei denn, die
vorausgegangene Zueignung bleibt – z.B. wegen Unzurechnungsfähigkeit oder Verjährung
– straflos.
–> jedoch träte
die zweite Unterschlagung hinter der ersten Unterschlagung als mitbestrafte Nachtat
zurück.
(+) Relevant für Beihilfe zur 2. Unterschlagung und Vermeiden von Strafbarkeitslücken
(-) Verjährungsfristen für Vortat wird faktisch aufgehoben

A2 “Tatbestandslösung” hM. –> Hat sich der Täter die fremde Sache bereits durch ein strafbares
Eigentums- oder Vermögensdelikt zugeeignet, kann er (sofern er nicht zwischenzeitlich
die Verfügungsgewalt wieder verloren hat) sich die Sache nicht nochmals zueignen,
so dass das spätere Verhalten schon den Tatbestand des § 246 StGB nicht erfüllt.
Verwendung ist nur Ausfluss der bereits erfolgen Zueignung
(+) die in der ersten Zueignung liegende Anmaßung einer eigentümerähnlichen Verfügungsgewalt umfasst auch alle künftigen Verwendungen der Sache

306
Q

(P) –> Hat Geschäftsherr nocht Mitgewahrsam, wenn Fernfahrer mit Geschäftsauto Sache entwendet?

A
  1. Ankommen nach hM ob Arbeitgeber die Fahrtroute aufgrund einer gewissen Nähe und Überwachung überblickt
    - -> Entfallen des Mitgewahrsams bei Fernfahrten
307
Q

Unterschied Diebstahl vs. Unterschlagung bei Toten?

A

Diebstahl ist bei Toten nicht möglich, bei Unterschlagung schon.
–> versuchter Diebstahl jedoch möglich, wenn davon ausgegangen wird, dass Person noch lebt

308
Q

Was bedeutet die Subsidiarität der Unterschlagung?

A
  1. Formelle Subsidiarität = wenn die Tat in einer anderen Vorschrift mit schwerer Strafe bedroht ist, tritt Unterschlagung zurück
  2. Gilt auch für “nur” versuchten Diebstahl (zB. nach Vorstellung des Täters ist Person nur bewusstlos und sie beklaut sie = versuchter Diebstahl)
  3. Gilt nur für Delikte die gleichzeitig mit Unterschlagung begangen werden = “Handlungseinheit”
309
Q

(P) –> Auf welche anderen Vorschriften als Diebstahl bezieht sich die Subsidiaritätsklausel iR. der Unterschlagung gem. § 246 StGB?
(zB. tritt Unterschlagung subsidiär hinter Totschlag zurück? Wenn X zB. Y erschlägt und sich danach entschließt ihm die Brieftasche wegzunehmen?)

A

A1 “extensive Lösung” Rspr. –> Erfasst werden alle schwereren Delikte, mit denen der
Täter die Unterschlagung in Handlungseinheit verwirklicht hat, da der Wortlaut des §
246 StGB insoweit keine Einschränkung enthält.

A2 “restriktive Lösung” hL. –> Erfasst werden nur andere Eigentums- und Vermögensdelikte.
„Tat“ meint die rechtswidrige Zueignung der fremden Sache. Es kommt daher
darauf an, ob gerade dieses tatbestandsmäßige Zueignungsunrecht in einer anderen
Vorschrift mit schwererer Strafe bedroht ist.
(+) Wird Auffangfunktion des § 246 StGB gerecht
(+) Wird Klarstellungsfunktion der Idealkonkurrenz gerecht

310
Q

Was ist sich zum “Anvertrautsein” iSv. § 246 II StGB zu merken?

A
  1. Qualifikationstatbestand, für den Fall, dass Täter die Sachherrschaft mit der Maßgabe eingeräumt
    wurde, sie im Sinne des Berechtigten auszuüben.
    → Ein besonderes Treuverhältnis wie bei § 266 StGB ist nicht erforderlich.
    → Das Anvertrautsein ist ein besonderes persönliches Merkmal i.S. des § 28 II StGB.
311
Q

(P) –> Liegt ein “Anvertrautsein” iSd. § 246 II StGB vor, bei verbotenen und sittenwidrigen Zwecken?

A

Der Zweck, zu dem die Sache übergeben wird,
spielt also grds. keine Rolle.
2. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn der Anvertrauende nicht mit dem Eigentümer
identisch ist und gegen dessen Interessen handelt.

312
Q

Prüfungsaufbau des 2unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs” gem. § 248b StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt: Kraftfahrzeug oder Fahrrad
b) Ingebrauchnehmen
c) gegen den Willen des Berechtigten
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) Subsidiarität
V) Strafantrag, § 248b III StGB
313
Q

Definitionen zum “unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs” gem. § 248b StGB?

  1. Kfz
  2. Ingebrauchnehmen
  3. Gegen den Willen des Berechtigten
  4. Subsidiarität
A
  1. Kfz: Legaldefinition in Abs. 4
  2. Ingebrauchnehmen: Darunter versteht man die bestimmungsgemäße Verwendung
    des Fahrzeugs als Beförderungsmittel zum Zweck der Fortbewegung.
    –>
  3. Gegen den Willen des Berechtigten: Als Berechtigter gilt derjenige, dem das Recht
    zur Verfügung über den Gebrauch des Fahrzeugs zusteht. Gegen dessen Willen erfolgt
    die Ingebrauchnahme, wenn sie nicht vom (mutmaßlichen) Einverständnis gedeckt ist.
    –> Eigentümer kann auch Täter sein
    –> Irrtümliche Annahme von Einverständnis ist vorsatzausschließender Tatumstandsirrtum
    –> Rückfahrt zum Berechtigten erfolgt normalerweise nicht gegen den Willen
  4. Subsidiarität: Hinsichtlich der Subsidiaritätsklausel gilt das zu § 246 StGB Gesagte
    entsprechend:
    a1 “extensive Lösung” –> Erfasst werden alle schwereren Delikte, mit denen der Täter den
    § 248b StGB in Handlungseinheit verwirklicht hat, da der Wortlaut der Vorschrift
    insoweit keine Einschränkung enthält.

a2 “restriktive Lösung” hM. –> Erfasst werden nur schwerere Delikte mit gleicher/ähnlicher
Angriffsrichtung (z.B. §§ 242, 246 II).

—-> Umgekehrt gilt für den Verbrauch von Kraft- und Schmierstoffen, dass er von § 248b
StGB mit abgegolten wird, eine Bestrafung nach §§ 242, 246 StGB scheidet deshalb hier
im Konkurrenzwege aus (Fall der Konsumtion).

314
Q

(P) –> Liegt eine Ingebrauchnahme eines Kfz iR. des § 248b StGB vor, wenn sich an eine zunächst befugte Ingebrauchnahme ein unbefugter Weitergebrauch anschließt?

A

A1 “restriktive Lösung” –> § 248b StGB ist nicht erfüllt; ein Ingebrauchhalten ist schon begrifflich
keine Ingebrauchnahme.

A2 “differenzierende Lösung” –> Eine Ingebrauchnahme liegt bei einer unbefugten Weiterfahrt
im Anschluss an eine Fahrtunterbrechung vor.

A3 “extensive Lösung” –> Auch die fortgesetzte Benutzung stellt eine Ingebrauchnahme
dar. Es macht wertungsmäßig keinen Unterschied, ob dem unbefugten Gebrauch
eine zulässige Nutzung vorangegangen ist oder nicht.
(+) Ansonsten erhebliche Wertungswidersprüche –> nur schwer einsichtig, weshalb zwar bei einer von Anfang an unzulässigen Nutzung
grds. auch eine nur kurze Gebrauchsanmaßung strafbar sein soll, anderenfalls
aber auch längerfristige Gebrauchsanmaßungen ungeahndet bleiben.

315
Q

Prüfungsaufbau der Sachbeschädigung gem. § 303 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt: fremde Sache
b) Tathandlungen:
- Beschädigen (§ 303 I Var. 1 StGB)
- Zerstören (§ 303 I Var. 2 StGB)
- Verändern des Erscheinungsbildes (§ 303 II StGB)
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) Strafantrag, § 303c StGB
--> Qualifikationen, §§ 305, 305a, 306 StGB
316
Q

Unterschied “fremde Sache” gem. § 242 und § 303 StGB?

A
  1. Es gilt das gleiche

2. Bei § 303 muss Sache aber nicht beweglich sein

317
Q

Definitionen der Sachbeschädigung gem. § 303 StGB?

  1. Beschädigen
  2. Zerstören
A
  1. Beschädigen: Ein Beschädigen ist jede körperliche Einwirkung auf die Sache, durch
    die
    - ihre stoffliche Unversehrtheit
    - oder ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit
    mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird.
    –> Auch Brauchbarkeitsminderungen
    –> Auch bereits schadhafte Sachen
    –> keine Sachbeschädigung bei ordnungsgemäßer Reperatur
    –> nicht erfasst sind bloße Sachentziehung und Nutzungsentziehung
  2. Zerstören: Zerstören ist jede körperliche Einwirkung auf die Sache, durch die diese
    vernichtet wird oder ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit vollständig verliert.
318
Q

Was stellt § 303 II StGB dar?

A

Eine Auffangklausel wie zB. bei Graffitis die entfernbar sind, oder die unbefugte Reperatur

–> Mangel an Substanzverletzung oder Brauchbarkeitsminderung iSv. Abs. I StGB

319
Q

Prüfungsaufbau “Nötigung” gem. § 240 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) Tatmittel:
- Gewalt
- Drohung mit einem empfindlichen Übel
c) Tathandlung und –erfolg: Nötigen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
1) Fehlen von Rechtfertigungsgründen
2) Verwerflichkeit gem. § 240 II StGB
III) Schuld
IV) besonders schwerer Fall, § 240 IV StGB
320
Q

Welche Gewaltbegriffe iR. der Nötigung gem.. 240 StGB unterscheidet man im Laufe der Zeit?

A
  • Unterscheiden in 3 Phasen:
    1. “Klassischer Gewaltbegriff”: Nach dem zunächst geltenden klassischen Gewaltbegriff ist Gewalt eine durch körperliche Kraftentfaltung erfolgende Einwirkung auf den Körper eines anderen, um dessen Willensentschließungs- bzw. Willensbetätigungs-freiheit zu beeinträchtigen. Weder an die körperliche Kraftentfaltung noch an die Ein-wirkung auf den Körper dürfen dabei aber zu hohe Anforderungen gestellt werden.
    → Die Kraftentfaltung braucht nicht nennenswert zu sein; es genügt ein geringer körperlicher Aufwand
    → Die Einwirkung auf den Körper braucht nicht unmittelbar zu erfolgen; es genügt, wenn sie mittelbar gegen den Körper gerichtet ist.
    → Eine rein psychische Einwirkung reicht dagegen nicht aus. (zB. Sitzblockade durch die Auto nicht weiter fahren kann)
  1. “Vergeistigter Gewaltbegriff” –> Danach ist Gewalt die physische oder physisch empfundene psychische Einwirkung auf einen anderen, um dessen Willensentschließungs- bzw. Willensbetä-tigungsfreiheit zu beeinträchtigen.
    → Ob eine körperliche Kraftentfaltung vorliegt, ist ohne Bedeutung.
    → Die physische Zwangswirkung braucht vom Opfer nicht notwendig wahrgenommen zu werden.
    → Psychisch wirkender Zwang genügt, wenn das Opfer ihm gar nicht, nur mit erhebli-cher Kraftentfaltung oder nur in unzumutbarer Weise begegnen kann.
    (-) Da bereits der Begriff der Nötigung ein Zwangsmoment enthält, muss die Gewalt als bestimmtes Nötigungsmittel mehr sein als bloße Zwangsausübung. Das BVerfG hat in der erweiternden Auslegung des Gewaltbegriffs im Zusammenhang mit den sog. Sitzblockaden einen Verstoß gegen Art. 103 II GG gesehen
  2. “neoklassischer Gewaltbegriff” hM. –> Die Rspr. des BVerfG hat zu einer Rückbe-sinnung auf das Erfordernis der körperlichen Zwangswirkung geführt. Nunmehr gilt als Gewalt jeder körperlich wirkende Zwang durch eine körperliche Tätigkeit, der dazu dienen soll, die freie Willensentschließung oder Willensbetätigung eines anderen zu beeinträchtigen.
    Erscheinungsformen der Gewalt sind:
    - vis absoluta: Sie liegt vor beim Ausschalten einer Willensbildung
    - vis compulsiva: Sie ist gegeben beim Erzwingen einer Willensbetätigung durch den von der Gewaltanwendung ausgehenden körperlich vermittelten Motivationsdruck.
321
Q

Welches sind Problemfälle der Gewalt iSd. § 240 StGB?

A
  1. heimliches Beibringen von BtM –> aufgrund körperlichen Wirkweise Gewalt
  2. Sitzblockaden –> Differenzieren (siehe nächste KK)
  3. Straßenverkehr –> Ein überraschendes Abbremsen direkt vor einem dicht folgenden Fahrzeug stellt Gewalt dar, da das eigene Fahrzeug hier eine physische Barriere bildet.
    „Drängeln“ im Straßenverkehr durch dichtes Auffahren und Betätigen der Lichthupe ist dagegen nur Gewalt, wenn es zu einer physisch spürbaren Angstreaktion führt.
  4. Bedrohen mit Schusswaffen –> nur Gewalt, wenn körperlich wirkende Schreckreaktion erfolgt
  5. Gewalt gegen Schlafende und Bewusstlose –> Gewalt kann vorliegen, da Betroffene die körperliche Zwangswirkung nicht notwendig wahrnemen muss
  6. Gewalt gegen Dritte –> Gewalt ist möglich, wenn auf Opfer ein körperlich wirkender Zwang ausgeübt wird
  7. Gewalt gegen Sachen –> Auch Gewalt möglich, wenn dadurch auf das Opfer ein körperlich wirkender Zwang ausgeübt wird
322
Q

Definitionen “Drohung mit einem empfindlichem Übel” iR. der Nötigung gem. § 240 StGB?

  1. Drohung
  2. empfindliches Übel
A
  1. Drohung: Das auf Einschüchterung des Opfers gerichtete Inaussichtstellen eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt.
  2. empfindliches Übel: Als solches gilt jeder Nachteil, dessen Ankündigung geeignet erscheint, in der konkreten Situation einen besonnenen Menschen zu dem vom Täter erstrebten Verhalten zu bestimmen.
    → Das Übel ist nicht empfindlich, wenn von dem Bedrohten erwartet werden kann, dass er der Bedrohung in besonnener Selbstbehauptung standhält. (zB. Drohung die Freundschaft zu beenden, wenn Frau nicht mit ihm schläft)
    → Die Übelseigenschaft wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Täter dem Bedrohten den Nachteil zufügen darf – Drohung mit einem erlaubten Verhalten.
    –> Nötigungsadressat und Übelsadressat brauchen nicht identisch zu sein
323
Q

(P) –> Liegt Gewalt iSd.der Nötigung gem. § 240 StGB bei Sitzblockade vor?

A
  • Differenzieren zwischen:
    1. Friedliche Sitzblockaden, bei denen sich die Verkehrsbehinderung ausschließlich aus der körperlichen Anwesenheit der Blockierer ergibt, sind, solange die „lebende Barriere“ physisch ohne größere Probleme überwunden werden könnte, keine Ge-walt, da die Zwangswirkung hier nur psychischer Natur ist.
  1. Werden allerdings bei einer Sitzblockade die zuerst angehaltenen Fahrzeuge als physische Barriere benutzt, um weitere Verkehrsteilnehmer aufzuhalten, handelt es sich um Gewalt. Denn da diese Barriere nicht oder nur unter Inkaufnahme erheb-licher Schäden überwunden werden kann, liegt eine körperliche Zwangswirkung vor (sog. Zweite-Reihe-Rspr.).
  2. Gewalt liegt ebenfalls vor, wenn die Blockierer zusätzliche physisch wirkende Maß-nahmen ergreifen, um das Durchbrechen der Blockade zu verhindern.
  3. Schließlich ist Gewalt auch gegeben, wenn die Blockierer allein aufgrund ihrer großen Zahl physisch nicht überwunden werden können
324
Q

Was ist sich zu der “Drohung” iSd. § 240 StGB zu merken?

A

→ Ob der Täter die Drohung ernst gemeint hat oder sie tatsächlich verwirklichen kann, spielt keine Rolle. Erfasst wird also grds. auch die leere Drohung. Nach hM genügt es, dass sie den Anschein der Ernstlichkeit erwecken, d.h. das Opfer sie ernst nehmen soll. Begründung: Die kommunikative Bedeutung des Täterverhaltens kann nicht davon abhängen, wie der Adressat es versteht, sondern nur, wie der Täter es gemeint hat.
→ In den Sitzblockade-Fällen ist erörtert worden, ob – wenn schon keine Gewalt vor-liegt – so doch zumindest eine Drohung mit einem empfindlichen Übel – dem Übel, sich überrollen zu lassen – vorliegt. Das ist indes deshalb zu verneinen, weil die Blockierer hier keinen Einfluss auf den Eintritt des Übels haben; die Tatherrschaft hierüber liegt nämlich allein beim Opfer.
→ Eine gegenwärtige Übelszufügung kann allein unter das Merkmal der Gewalt fallen; in ihr kann aber ggf. die konkludente Androhung einer weiteren künftigen Übelszufügung liegen.
Bsp.: In einem Faustschlag liegt u.U. zugleich die Ankündigung, weiterzuschlagen, wenn das Opfer sich nicht in einer bestimmten Art und Weise verhält.
→ Keine Drohung ist die bloße Warnung, bei der der Warnende auf ein künftiges Übel aufmerksam macht, auf dessen Eintritt er keinen Einfluss hat und auch nicht zu haben vorgibt

325
Q

(P) –> Kann auch das Unterlassen einer Handlung ein empfindliches Übel iSd. § 240 StGB darstellen?

A
  • Es ist zu differenzieren:
    1. Drohung, ein rechtlich gebotenes Verhalten zu unterlassen: Hierbei handelt es sich um das Inaussichtstellen eines empfindlichen Übels, da das Opfer hier einen „Anspruch“ auf die Vornahme der Handlung besitzt.
    2. Drohung, ein rechtlich verbotenes Verhalten zu unterlassen: Das Ausbleiben eines rechtlich unzulässigen Vorteils ist nach hM kein empfindliches Übel.
    3. Drohung, ein rechtlich erlaubtes, aber nicht gebotenes Verhalten zu unterlassen: Die rechtliche Beurteilung dieser Konstellation ist umstritten.

A1 “Vorteilslösung” –> Die Verweigerung einer Leistung, auf die der andere keinen An-spruch besitzt, beeinträchtigt nicht dessen Freiheit und ist damit kein Nachteil. Durch die ihm eingeräumte Wahlmöglichkeit wird seine Freiheit sogar erweitert; er erhält also letztlich einen Vorteil.

A2 “Nachteilslösung” –> Das empfindliche Übel besteht darin, dass das Opfer nunmehr zwischen zwei Nachteilen zu wählen genötigt ist. Dass der Täter nicht zur Vornahme der Handlung verpflichtet ist, berechtigt ihn noch nicht dazu, diese mit unangemessenen Bedingungen zu verknüpfen.

A3 “differenzierende Lösung” hM. –> Es ist zu differenzieren.

  • -> Unterlassen führt zu erheblicher Verschlechterung der Situation = Drohung mit empfindlichem Übel
  • -> Unterlassen führt zu Fotbestehen der bisherigen nachteiligen Situation = Keine Drohung mit empfindlichen übel
326
Q

Was bedeutet das “Nötigen zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen” iSd. § 240 StGB und was ist sich dazu zu merken?

A
  1. Nötigen bedeutet, dem Betroffenen durch das eingesetzte Nötigungsmittel ein Handeln, Dulden (hierunter fällt nach hM auch das durch vis absoluta erzwungene Geschehenlassen) oder Unterlassen aufzuzwingen.
  2. Der Nötigungserfolg ist eingetreten, wenn der Betroffene sich unter dem Einfluss des Nötigungsmittels (Gewalt/Drohung) in der angestrebten Weise zu verhalten beginnt.
    → Keine vollendete, sondern allenfalls eine versuchte Nötigung liegt vor, wenn das Opfer das erstrebte Verhalten nicht aufgrund des Nötigungsmittels, sondern aus anderen Gründen vollzieht.
327
Q

Was ist sich zur Rechtswidrigkeit der Nötigung gem. § 240 I StGB zu merken?

A
  1. § 240 I StGB bildet aufgrund seiner (zu) weiten Fassung nach hM einen ergänzungsbedürftigen („offenen“) Tatbestand, dessen Verwirklichung noch nicht die Rechtswidrigkeit der Tat indiziert.
    –> Rechtswidrigkeit hängt häufig von Gesamtbewertung der Tat ab
    → Die gesetzliche Grundlage für diese Gesamtbewertung findet sich in § 240 II StGB: Danach
    gilt die Tat nur als rechtswidrig, wenn die Gewaltanwendung oder die Übelsandrohung
    zu dem angestrebten Zweck als verwerflich – d.h. nach hM als sozialethisch
    in besonders hohem Maße missbilligenswert – anzusehen ist. Unter dem Zweck
    versteht die hM dabei in erster Linie nur das Nahziel des Täters, d.h. das Verhalten, zu
    dem das Opfer genötigt werden soll; die damit verfolgten Fernziele sind i.d.R. nur bei
    der Strafzumessung zu berücksichtigen.
    Auch wenn die hM zumeist nur auf das Nahziel abstellt, gibt es allerdings doch Fälle, in
    denen sie zur Begründung der Verwerflichkeit das Fernziel heranzieht.
  2. Prüfugnsaufbau:
    a. Vorliegen allgemeiner Rechtfertigungsgründe, denn
    Tat, die durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckt ist, kann nicht „verwerflich“
    sein.
    b. Liegt kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund vor, schließt sich dann die Prüfung der
    Verwerflichkeit gem. § 240 II StGB an.
328
Q

Wie wird die “Verwerflichkeit” iSd. § 240 II StGB festgestellt bzw. geprüft?

A

3 Schritte:
1. Zunächst
prüft man, ob bereits der Zweck für sich betrachtet die Verwerflichkeit begründet.
Ist das nicht der Fall,
2. fragt man weiter, ob sich die Verwerflichkeit aus dem Mittel ergibt.
Wird auch dies verneint, ist schließlich zu prüfen, ob sich die Verwerflichkeit aus dem
Verhältnis zwischen Mittel und Zweck ergibt.
(1) Verwerflichkeit des Zwecks: Ist der angestrebte Zweck rechtswidrig, ist die Verwerflichkeit
stets gegeben.
(2) Verwerflichkeit des Mittels: Ist zwar der angestrebte Zweck erlaubt, das eingesetzte
Mittel aber rechtswidrig, liegt die Verwerflichkeit zumeist ebenfalls vor (Ausnahme:
die Beeinträchtigung ist lediglich geringfügig).
(3) Verwerflichkeit des Verhältnisses von Mittel und Zweck: Ist sowohl der angestrebte
Zweck als auch das dazu eingesetzte Mittel für sich betrachtet erlaubt, muss die
Mittel-Zweck-Relation gleichwohl als verwerflich bewertet werden, wenn Mittel und
Zweck in keinerlei innerem Zusammenhang stehen – Inkonnexität von Mittel und
Zweck.

329
Q

(P) –> Ist das Erzwingen von Gesetzestreuem Verhalten verwerflich iSd. § 240 II StGB?

A

Das Erzwingen von gesetzestreuem Verhalten außerhalb anerkannter Rechtfertigungsgründe
ist stets verwerflich, da es den Vorrang rechtsförmiger Verfahren und
staatlicher Zwangsmittel missachtet.
–> Kann aber durch zB. § 32 StGB bei krassem Auffahren mit schneller Geschwindigkeit gerechtfertigt sein, wenn Beifahrer Angst hat

330
Q

(P) –> Ist das “gewaltsame Versperren von Verkehrsverbindungen” iSd. § 240 II StGB “verwerflich”?

A
  1. Keine Verwerflichkeit liegt vor, wenn es sich bei der Blockade um die unvermeidbare
    Nebenfolge einer rechtmäßigen Ausübung der Grundrechte der Meinungsund
    Versammlungsfreiheit handelt.
  2. Hingegen ist die Verwerflichkeit i.d.R. zu bejahen, wenn die Aktion gerade auf die
    Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit anderer abzielt. Freilich sind bei der Gesamtwürdigung
    Umfang, Intensität und Dauer sowie dem BVerfG zufolge ggf. auch
    die Bedeutung des mit der Blockade verfolgten Anliegens – wie etwa der Protest
    gegen bestimmte gesellschaftliche Missstände – zu berücksichtigen.
    –> Der BGH hat Fernziele verneint: es komme allein auf das Nahziel – das Verhindern des
    Betretens bzw. Verlassens – der Kaserne an. Vorteil: Das Urteil über die Strafbarkeit
    wird so von politischen Bewertungen und persönlichen Einstellungen des
    Gerichts freigehalten. Kritik: Der BGH berücksichtigt in anderen Fällen ohne weiteres
    vom Nahziel unterscheidbare rechtlich missbilligte Fernziele. Bsp.: Der
    schon erörterte Fall des Professors, der die Doktorandin zur Rückkehr ins Labor
    nötigt, um seine sexuellen Annäherungsversuche fortsetzen zu können. Wenn
    aber rechtlich missbilligte Fernziele zur Bejahung der Verwerflichkeit herangezogen
    werden, müssen umgekehrt auch rechtlich anerkennenswerte Fernziele
    zur Verneinung der Verwerflichkeit führen können.
    –> Das BVerfG befürwortet dagegen eine Gesamtabwägung, in die auch die Fernziele
    einzubeziehen sind. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Verwerflichkeit
    jedenfalls dann naheliegt, wenn – wie hier – das Nahziel (die Blockade) zur
    Verwirklichung des Fernziels (Abzug aus Afghanistan) ungeeignet ist. Etwas anderes
    soll sich dem BVerfG allerdings daraus ergeben können, dass das Nahziel
    als Mittel symbolischer Kommunikation dient, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit
    auf das entsprechende Problem zu lenken und so bewusstseinsbildend
    zu wirken. In der OLG-Rspr. sind vor diesem Hintergrund Blockaden bis zu
    einer Dauer von einer halben Stunde als nicht verwerflich angesehen worden.
331
Q

Irrtumsprobleme in Hinblick auf die Verwerflichkeit iSd. § 240 II StGB?

A
  1. Irrtum über die Bewertungsgrundlagen: Sieht der Täter sein Verhalten irrtümlich als erlaubt
    an, weil er unzutreffend Umstände für gegeben hält, bei deren tatsächlichem Vorliegen
    seine Tat nicht verwerflich wäre, befindet er sich in einem Erlaubnistatumstandsirrtum.
    → Anzuwenden ist § 16 I StGB (direkt, analog oder von den Rechtsfolgen her).
  2. Fehlbewertung: Sieht der Täter – so wie Bsp. – sein Verhalten irrtümlich als erlaubt an, weil
    er es unzutreffend als nicht verwerflich bewertet, befindet er sich in einem Erlaubnisirrtum,
    der einen Fall des Verbotsirrtums darstellt.
    → Anzuwenden ist § 17 StGB.
332
Q

Was für ein Delikt ist “die Bedrohung” iSd. § 241 StGB?

A

ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das den individuellen Rechtsfrieden
schützt.

333
Q

Was ist die 1. “Bedrohungsvariante” gem. § 241 I StGB

und was die 2. “Vortäuschungsvariante” gem. § 241 II StGB?

A
  1. Sie erfasst das Inaussichtstellen eines Verbrechens
    gegen das Opfer oder eine ihm nahestehende Person, auf dessen Begehung der
    Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt.
    → Es genügt, dass die Drohung (ebenso wie bei § 240 StGB) den Anschein der Ernstlichkeit
    erweckt.
  2. Hierunter fällt die falsche Warnung vor einem
    gegen das Opfer oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechen. Im
    subjektiven Tatbestand ist hier direkter Vorsatz erforderlich, d.h. der Täter muss sicher
    wissen, dass ein solches Verbrechen in Wirklichkeit nicht bevorsteht.
334
Q

Prüfungsaufbau “Freiheitsberaubung” gem. § 239 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) Tathandlung: Berauben der Freiheit
- durch Einsperren
- oder auf andere Weise
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
--> Qualifikation, § 239 III Nr.1 StGB
--> Erfolgsqualifikationen, § 239 III Nr. 2, IV StGB
335
Q

(P) –> Kommt eine Freiheitsberaubung bei Personen in Betracht, denen der Fortbewegungswille vorübergehend fehlt?

A

A1 “Aktualitätslösung” –> 239 StGB dient allein dem Schutz der aktuellen Fortbewegungsfreiheit;
denn bei Fehlen eines aktuellen Fortbewegungswillens wird die Autonomie
des Einzelnen nicht verletzt.
→ Kann der Betroffene keinen aktuellen Fortbewegungswillen bilden oder verfügt
er faktisch nicht über einen solchen, wird er seiner Freiheit nicht beraubt (in Betracht
kommt hier nur ein Versuch).

A2 “Potenzialitätslösung” hM. –> § 239 StGB schützt auch die potenzielle Fortbewegungsfreiheit.
→ Der Freiheit beraubt sein kann auch derjenige, der sich im Augenblick der Tat gar
nicht fortbegeben will.

A3 “Aktualisierbarkeitslösung” –> Die potenzielle Fortbewegungsfreiheit ist nur bei solchen
Personen geschützt, die einen aktuellen Fortbewegungswillen zumindest bilden
könnten.
→ Bei Schlafenden und Bewusstlosen ist diese Möglichkeit i.d.R. nicht gegeben, so
dass eine Freiheitsberaubung ausscheidet. Nach einer differenzierenden Ansicht
soll es für die Freiheitsberaubung aber genügen, dass sich die Möglichkeit,
dass der Betroffene während der Dauer der Tat erwacht, nicht mit Sicherheit ausschließen
lässt.
→ Hier kommt es darauf an: Nach der ersten Ansicht hätte sich E wiederum nur
wegen versuchter Freiheitsberaubung strafbar gemacht, da H aufgrund seines
Schlafes außerstande war, einen Fortbewegungswillen zu bilden. Nach der letzten
Ansicht war nicht auszuschließen, dass H erwacht und das Schlafzimmer verlassen
möchte. Damit käme diese Auffassung zu einer vollendeten Freiheitsberaubung.
→ Keine Freiheitsberaubung läge nach der differenzierenden Ansicht etwa bei einem
Bewusstlosen vor, bei dem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
feststeht, dass er innerhalb des Tatzeitraumes nicht hätte erwachen können.

336
Q

Definitionen “Berauben der Freiheit durch Einsperren oder auf andere Weise” gem. § 239 StGB?

  1. Berauben
  2. Durch Einsperren
  3. oder auf andere Weise
A
  1. Berauben: Beraubt ist eine Person ihrer Fortbewegungsfreiheit dann, wenn sie daran
    gehindert ist, einen bestimmten Ort zu verlassen.
  2. Durch Einsperren: Das Opfer wird eingesperrt, wenn der Täter es durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines Raumes hindert. Unüberwindbar brauchen diese Vorkehrungen nicht zu sein.
  3. oder auf andere Weise: Darunter fällt jedes andere Tun oder Unterlassen, durch das dem Opfer seine Fortbewegungsfreiheit genommen wird.
    → Ein bloßes Erschweren genügt nur dann, wenn die Überwindbarkeit der Barriere im Hinblick auf Leib oder Leben unzumutbar gefährlich ist.
337
Q

Prüfungsaufbau der “Nachstellung” gem. § 238 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Unbefugtes Nachstellen, d.h.
- Verwirklichung einer oder mehrerer der Tatmodalitäten der Nrn. 1 – 5
- in beharrlicher Weise
- ohne Einverständnis oder sonstige Befugnis
b) Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung
c) Kausalität und objektive Zurechnung
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) Strafantragserfordernis, § 238 IV StGB
–> Qualifikation, § 238 II StGB
–> Erfolgsqualifikation, § 238 III StGB

338
Q

Definitionen iR. der Nachstellung gem. § 238 StGB?

  1. unbefugtes Nachstellen
  2. Aufsuchen räumlicher Nähe
  3. Beharrlichkeit
A
  1. unbefugtes Nachstellen: Ein solches liegt vor, wenn der Täter eine oder mehrere der Tatmodalitäten der Nrn. 1 – 5 in beharrlicher Weise ver-wirklicht.
  2. Aufsuchen räumlicher Nähe: Ein solches liegt vor, wenn der Täter sich gezielt dem Opfer physisch annähert.
  3. Beharrlichkeit: Besondere Hartnäckigkeit und gesteigerte Gleichgültigkeit
339
Q

Wie ist die “Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung” iR. der Nachstellung gem. § 238 StGB zu ermitteln?

A
  1. Es genügt die Eignung. Ob es zu dieser Beeinträchtigung auch tatsächlich kommt oder nicht, ist hingegen irrelevant. Nicht erforderlich ist daher, dass das Opfer tatsächlich auf das Nachstellen reagiert. (Eignungsdelikt)
  2. Die Eignung ist anhand eines objektivierenden Maßstabs aus Sicht des Opfers zu beur-teilen. Zu betrachten sind dabei sämtliche Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad des psychischen Drucks, den der Täter mit seinem Verhalten erzeugt, sowie die Häu-figkeit, Kontinuität und Intensität der Nachstellungshandlungen. Verändert das Opfer tat-sächlich seine Lebensgestaltung, stellt das lediglich ein Indiz für die entsprechende Eig-nung der Nachstellungshandlungen dar.
    → Bei objektiv nicht nachvollziehbaren, gravierenden Änderungen der Lebensgestaltung durch das Opfer kann die Eignung daher gleichwohl entfallen.
    Die Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, zu deren Herbeiführung die Tathandlungen geeignet sind, müssen auch schwerwiegend sein.
  3. Die Nachstellung muss geeignet sein, erhebliche Änderungen im Leben des Opfers zu verursachen, die über durchschnittliche und zumutbare Belastungen deutlich und ob-jektiv messbar hinausgehen.
340
Q

Welche Qualifikationen des § 238 StGB gibt es und was ist ihr Charakter?

A
  1. § 238 II StGB: Es handelt sich um eine als Gefährdungsdelikt ausgestaltete Qualifika-tion, d.h. der Täter muss mit dem entsprechenden Gefährdungsvorsatz handeln.
  2. § 238 III StGB: Abs. 3 bildet dagegen eine Erfolgsqualifikation, d.h. hinsichtlich der Todesfolge genügt gem. § 18 StGB Fahrlässigkeit.
341
Q

Prüfungsaufbau Betrug gem. § 263 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Täuschung über Tatsachen (Vorspiegelung falscher oder Entstellung bzw. Un-terdrückung wahrer Tatsachen)
b) dadurch Erregen oder Unterhalten eines Irrtums
c) dadurch Vermögensverfügung
d) dadurch Vermögensschaden
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht rechtswidriger Bereicherung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) besonders schwerer Fall, § 263 III StGB
V) Strafantrag in den Fällen der §§ 247, 248a StGB, § 263 IV StGB
–> Qualifikation, § 263 V StGB

342
Q

Was ist (trotz Formulierung) die Tathandlung des § 263 StGB?

A

Die Täuschung über Tatsachen.

343
Q

Definitionen iR. des Betrugs gem. § 263 StGB?

  1. Tatsachen
  2. Täuschung
  3. Irrtum
  4. Erregen
  5. Unterhalten
  6. Vermögesverfügung
A
  1. Tatsachen: Tatsachen sind nach hM alle dem Beweis zugänglichen Sachverhalte (Geschehnisse, Zustände) der Vergangenheit oder Gegenwart.
  2. Täuschung: Unter einer Täuschung versteht man eine Irreführung über Tatsachen durch eine unzutreffende Tatsachendarstellung gegenüber einem anderen.
  3. Irrtum: Unter einem Irrtum ist nach hM jede der Wirklichkeit nicht entsprechende Vorstellung eines Menschen über Tatsachen zu verstehen.
  4. Erregen: Einen Irrtum erregt, wer eine bisher noch nicht bestehende Fehlvorstellung durch die Täuschung mitverursacht.
  5. Unterhalten: Einen Irrtum unterhält, wer eine bereits bestehende Fehlvorstellung bestärkt
    oder ihre Aufklärung verhindert bzw. erschwert.
344
Q

Was ist sich zu den “Tatsachen” iSd. § 263 StGB zu merken?

A
  1. Erfasst werden als sog. innere Tatsachen auch psychische Zustände.
  2. Keine Tatsachen sind zukünftige Sachverhalte. Gleiches gilt für Prognosen, da sie sich auf künftige Sachverhalte beziehen.
    –> Wohl aber können einer Prognose Tatsachen zugrunde liegen oder sich sonst auf sie beziehen.
  3. Bei Werturteilen ist zu differenzieren:
    - Werturteile als solche wie etwa die Bezeichnung eines Gegenstandes als „schön“, „gefällig“, „wundervoll“ sind keine Tatsachen.
    - Als Tatsachen anzusehen sind dagegen die dem Werturteil ggf. zugrunde liegen-den und in ihm implizit enthaltenen Sachverhalte – der sog. Tatsachenkern.
    –> Ferner ist es eine Tatsache, ob ein bestimmtes Werturteil getroffen worden ist oder nicht.
  4. Keine Tatsachenbehauptung, sondern ein Werturteil ist die Beurteilung des Bildes als „Meisterwerk“. Sehr wohl eine Tatsachenbehauptung stellt dagegen die Aussage darüber dar, dass eine andere Person ein solches Werturteil getroffen hat.
  5. Reklamehafte Anpreisungen sind grds. reine Werturteile.
    Bspe.: „Kein Waschmittel wäscht so sauber wie…“; „Deutschlands beliebtestes Würstchen“
    Anders verhält es sich allerdings im Hinblick auf Sachumstände, mit denen diese Anpreisungen ggf. gerechtfertigt werden.
  6. Bei der Äußerung von Rechtsauffassungen gilt:
    –> Die rechtliche Bewertung als solche ist als Werturteil keine Tatsache.
    –> Die zur Begründung ggf. vorgebrachten Sachumstände dagegen sind Tatsachen
  7. Unter einer Vermögensverfügung versteht man jedes tatsächliche Tun, Dulden oder Unterlassen
    des Getäuschten, das bei ihm selbst oder einem Dritten unmittelbar zu einer
    Vermögensminderung führt. Der Begriff der Vermögensverfügung ist also nicht zivilrechtlich,
    sondern rein faktisch zu verstehen.
345
Q

Wann liegt eine “ausdrückliche Täuschung” iSd. § 263 StGB vor?

A

Eine ausdrückliche Täuschung liegt vor, wenn der Täter (mit Täuschungsbewusstsein) verbal, gestisch oder schriftlich explizit eine falsche Tatsachenbehauptung aufstellt.

346
Q

Was ist eine “konkludente Täuschung” iSd. § 263 StGB?

A

Erklärungen müssen nicht notwendig explizit sein, sondern können auch konkludent er-folgen, indem sie mit einem bestimmten Verhalten implizit, d.h. unausgesprochen mitab-gegeben werden – sog. schlüssig Miterklärtes. Eine konkludente Täuschung liegt dem-zufolge vor, wenn der Täter durch sein Verhalten implizit eine falsche Tatsachenbehaup-tung aufstellt.
→ Welchen Erklärungswert ein Verhalten hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt es nach hM auf den objektiven Empfängerhorizont unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung an.
→ Wer eine vertragliche Verpflichtung eingeht, erklärt damit konkludent zur Erfüllung fähig und willens zu sein.
–> Eine Täuschung durch konkludentes Tun liegt also vor, wenn der Täter zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon weiß, dass er seine vertraglichen Pflichten nicht zu erfül-len vermag. Probleme können aber entstehen, wenn bei einem Dauerschuldverhältnis die Zahlungsunfähigkeit beim Schuldner noch nicht zu Beginn, sondern erst später ein-tritt.
–> Nach der Verkehrsanschauung erfolgt die konkludente Erklärung über die Leistungs-fähigkeit allein bei Vertragsschluss und nicht nochmals bei der späteren Annahme. Im weiteren Gebrauch der Mietsache nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit liegt hier so-mit nach hM keine Täuschung durch konkludentes Tun.

347
Q

Was ist sich zur “konkludenten Täuschung” iSd. § 263 StGB zu merken?

A
  1. Wer eine Leistung einfordert, behauptet damit konkludent das Vorliegen der an-spruchsbegründenden Tatsachen, wenn damit ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt wird.
  2. Beim Abschluss von Rechtsgeschäften werden wechselseitig die Umstände konklu-dent miterklärt, die den jeweiligen Geschäftstyp kennzeichnen und von den Beteiligten deshalb zur Geschäftsgrundlage gemacht werden.
  3. Preisforderungen enthalten dagegen i.d.R. keine konkludente Erklärung über die An-gemessenheit oder Üblichkeit des Preises. Wer einen überhöhten Preis fordert oder einen zu niedrigen Preis anbietet, täuscht daher nicht. Eine Ausnahme besteht nur bei Leistungen, für die durchgehend feste Tarife oder Preise bestehen.

Weitere Bspe.: (1) Im Angebot einer Sache zum Kauf liegt die Erklärung des Verkäufers, zur Veräußerung befugt zu sein. (2) Die Hingabe eines Schecks enthält die Zusicherung, dass ge-genwärtig alle Voraussetzungen vorliegen, damit er bei Vorlage eingelöst wird. (3) Wer ein Sparbuch zum Abheben eines Geldbetrages vorlegt, erklärt damit, dass er zur Abhebung be-rechtigt ist. (4) Mit dem Vorzeigen der Ware an der Kasse wird im Selbstbedienungsladen an-geboten, den Kaufvertrag entsprechend der invitatio ad offerendum abschließen zu wollen – was etwa bei Manipulationen am Preisschild nicht mehr zutrifft. (5) Teilnehmer an einer Aus-schreibung erklären mit der Abgabe ihres Angebots, dass dieses ohne eine vorherige Preis-absprache zwischen den Bietern zustande gekommen ist und damit aufgrund der Konkur-renzsituation entsprechend knapp kalkuliert wurde.

348
Q

Welche Garantenstellungen sind besonders relevant für “die Täuschung durch Unterlassen” iSd. § 263 StGB?

A
  1. gesetzlichen Informationspflichten
  2. Ingerenz
  3. Vertragliche Hauptpflichten
  4. Vertragliche Nebenpflichten aufgrund der Inanspruchnachem besonderen Vertrauens
    - -> Langjährige Geschäftsbeziehungen

Merke:
Dabei gilt: Ein besonderes Vertrauensverhältnis entsteht nicht bei jeder Vertrags-beziehung – so etwa nicht bei Bargeschäften des täglichen Lebens.
→ Hier handelt es sich um ein Bargeschäft des täglichen Lebens. Der Käufer muss den Verkäufer daher nicht auf ein zu viel herausgegebenes Wechselgeld aufmerk-sam machen.
Auch die lange Dauer der Vertragsbeziehung allein begründet noch kein besonderes Vertrauensverhältnis.
→ Mieter sind deshalb regelmäßig nicht verpflichtet, eine erst nach der Anmietung eingetretene Zahlungsunfähigkeit mitzuteilen.
Entscheidend ist, dass die Verantwortung für ein Nichtwissen nach den Gepflogen-heiten des Geschäftsverkehrs nicht allein bei dem Vertragspartner liegen soll.
→ Der Kunde darf darauf vertrauen, dass ein Gebrauchtwagen kein Unfallwagen ist, wenn der Verkäufer dies verschweigt.

349
Q

Was ist sich zum “Irrtum” iSd. § 263 StGB zu merken?

A
  1. Irren kann sich nur ein Mensch; eine „Täuschung“ von Automaten fällt nicht unter § 263 StGB.
  2. Erforderlich ist eine positive Fehlvorstellung, d.h. schlichtes Nichtwissen reicht nach hM nicht aus (nach aA soll schon die bloße Tatsachenunkenntnis hinreichen).
  3. Es genügt ein sachgedankliches Mitbewusstsein, d.h. ein nicht reflektiertes Be-gleitwissen, das bestimmte Umstände als selbstverständlich voraussetzt.
    - -> Ausreichend ist dabei die aus bestimmten Tatsachen abgeleitete Vorstellung „alles ist in Ordnung“.
  4. Kein sachgedankliches Mitbewusstsein liegt allerdings vor, wenn der Betreffende gar keinen Anlass hat, sich über die entsprechenden Tatsachen überhaupt Gedanken zu machen.
    - -> Zahlt der Käufer mit einer Kreditkarte, braucht sich der Verkäufer keine Gedanken über die Bonität zu machen, da der Kreditkartenaussteller hier eine Zahlungsgarantie gibt.
  5. Bloße Zweifel schließen nach hM einen Irrtum nicht aus. Es genügt, dass der Ge-täuschte es für möglich hält, dass die unzutreffende Tatsachenbehauptung zutrifft – zumindest wenn er ihre Wahrheit für wahrscheinlicher hält als ihre Unwahrheit.
350
Q

Was ist sich zum “Unterhalten eines Irrtums” iSv. § 263 StGB zu merken?

A

→ Das bloße Ausnutzen eines vorhandenen Irrtums genügt nicht, solange den Täter
nicht eine diesbezügliche Aufklärungspflicht trifft.
–> zB. Verkäufer lässt Käufer im Glauben es handele sich um das neueste Model (Bestätigen wäre jedoch schon Unterhalten)

351
Q

Welchen Zweck hat das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der “Vermögensverfügung” gem. § 263 StGB?

A

Es soll die Merkmale des Irrtums und des Vermögensschadens miteinander verknüpfen und damit dem Charakter des Betruges als Selbstschädigungsdelikt Rechnung tragen

352
Q

Was ist sich zur “Vermögensverfügungs” iSv. § 263 StGB zu merken?

A
  1. Getäuschter und Verfügender müssen identisch sein, nicht dagegen Verfügender und
    Geschädigter. Möglich ist daher auch ein sog. Dreiecksbetrug.
  2. Als Vermögensminderung gilt jeder Abfluss eines Vermögenswertes. Inwieweit diese
    Minderung durch einen Zuwachs kompensiert wird, ist erst eine Frage des Vermögensschadens.
  3. Unmittelbarkeit der Vermögensminderung bedeutet, dass das irrtumsbedingte Verhalten
    des Getäuschten ohne deliktische Zwischenschritte des Täters die Vermögensminderung
    bewirken muss. Eine Vermögensverfügung fehlt deshalb, wenn die Täuschung
    dem Täter lediglich die Möglichkeit zur nachfolgenden Fremdschädigung wie
    die Wegnahme der Sache eröffnet.
  4. Hinsichtlich der Frage, ob es eines Verfügungsbewusstseins (= Wissen um vermögensbezogenen
    Auswirkungen des eigenen Verhaltens) bedarf, ist nach hM zu differenzieren: Sachbetrug vs. Forderungsbetrug
  5. Der Irrtum muss für die Vornahme der Vermögensverfügung mitursächlich sein. An
    diesem Kausalzusammenhang fehlt es, wenn der Getäuschte die Vermögensverfügung
    ausschließlich aus anderen Gründen vornimmt. Hypothetische Ersatzursachen sind allerdings
    wie sonst auch unbeachtlich.
353
Q

Wie ist hinsichtlich des Verfügungsbewusstseins iR. der Vermögensverfügung iSv. § 263 StGB vorzugehen?

A
  • Differenzieren zwischen Sachbetrug vs. Forderungsbetrug
  1. Sachbetrug: Verfügungsbewusstsein erforderlich, um die
    selbstschädigende Vermögensverfügung von der fremdschädigenden Wegnahme
    unterscheiden zu können
  2. Außerhalb des Sachbetrugs (zB. Forderungsbetrug): Verfügungsbewusstsein ist entbehrlich. Würde man auch hier ein Verfügungsbewusstsein
    verlangen, fielen solche Verhaltensweisen aus dem Anwendungsbereich des § 263
    StGB heraus. Indes gibt es keinen Grund, dem Verfügenden den strafrechtlichen
    Schutz hier zu versagen
    Bsp.: Der Getäuschte unterschreibt eine Warenbestellung in der täuschungsbedingten Fehlvorstellung,
    damit nur einen Werbeprospekt anzufordern..
354
Q

Abgrenzung von Sachbetrug und Trickdiebstahl?

A

Hinsichtlich der Gewahrsamserlangung an einer Sache kann sich der Täter nicht zugleich
wegen Betrugs und Diebstahls strafbar machen – beide Delikte stehen in einem Ausschlussverhältnis.

  1. Betrug = Selbstschädigungsdelikt
    –> der Gewahrsamswechsel muss wegen
    des Erfordernisses der Vermögensverfügung mit dem Willen des Berechtigten erfolgen.
    ——> Ein Sachbetrug liegt vor, wenn der Berechtigte irrtumsbedingt den Gewahrsam an der
    Sache übertragen will.
    Bsp.: Der Juwelier übereignet dem vermeintlichen Kunden Schmuckstücke, die dieser mit
    Falschgeld bezahlt.
  2. Diebstahl = Fremdschädigungsdelikt
    –> der Gewahrsamswechsel hat wegen
    des Erfordernisses der Wegnahme gegen bzw. ohne den Willen des Berechtigten
    zu erfolgen.
    —–> Ein Trickdiebstahl liegt vor, wenn der Berechtigte irrtumsbedingt dem Täter lediglich
    die Möglichkeit einräumt, später eigenmächtig auf die Sache zuzugreifen.
    Bsp.: Der Juwelier legt Schmuckstücke auf den Ladentisch, damit der vermeintliche Kunde sich
    diesen näher anschauen kann; in einem unbeobachteten Moment ergreift dieser die Schmuckstücke
    und verlässt den Laden.
355
Q

Problemfälle der Abgrenzung von Trickdiebstahl und Sachbetrug?

A
  1. Anprobe-Fälle: Wer in einem Geschäft unter dem Vorwand der Anprobe ein Kleidungsstück
    mitgehen lässt, begeht einen Diebstahl, da das Ladenpersonal mit der Aushändigung
    der Kleidung keinen Gewahrsam übertragen will.
  2. Beschlagnahme-Fälle: Wer – sich als Hoheitsträger ausgebend – eine Sache „beschlagnahmt“,
    begeht einen Diebstahl. Der Gewahrsamsinhaber duldet den Gewahrsamswechsel
    hier nicht aufgrund einer eigenen Willensentscheidung, sondern er setzt
    sich lediglich nicht gegen die Wegnahme zur Wehr, weil er glaubt, angesichts des vermeintlich
    hoheitlichen Zwangs ohnehin keine Wahl zu haben.
  3. Supermarkt-Fälle: Wer in Selbstbedienungsläden Waren an der Kasse so vorbeischmuggelt,
    dass der Kassierer sie nicht in den Blick bekommt, begeht einen Diebstahl,
    da dem Kassierer in Bezug auf diese Waren das Verfügungsbewusstsein fehlt.
  4. Täter versteckt Waren in der Verpackung anderer Waren –> str.
  5. Tankstellen-Fälle: Wer an einer Selbstbedienungstankstelle ohne Zahlungsbereitschaft
    tankt und dann ohne zu zahlen davonfährt, begeht einen Betrug, da der Gewahrsamswechsel
    irrtumsbedingt mit dem Willen des Tankstellenpersonals erfolgt. (Bekommt
    allerdings das Tankstellenpersonal entgegen der Vorstellung des Täters von
    dem Tankvorgang nichts mit, fehlt der Irrtum, so dass der Täter nur des versuchten
    Betruges schuldig ist.)
  6. Wechselgeld-Fälle: Wer unter dem Vorwand Geld wechseln zu wollen, den großen
    Schein zunächst auf den Tisch legt und ihn dann zusammen mit dem Wechselgeld wieder
    einsteckt, begeht i.d.R. einen Betrug. Denn hinsichtlich des zu wechselnden Scheines
    liegt in dem Auf-den-Tisch-Legen noch keine Eigentumsübertragung. Deshalb ist
    dieser noch dem Vermögen des Täters zuzuordnen und für diesen nicht fremd. Und
    hinsichtlich des Wechselgeldes erfolgt der Gewahrsamswechsel mit Verfügungswillen.
356
Q

(P) –> Liegt Diebstahl oder Betrug vor, wenn der Täter die Waren in der Verpackung anderer Waren versteckt?

A

A1 “Betrugslösung” –> Der Täter begeht einen Betrug, weil der Kassierer hier irrtumsbedingt
über das gesamte Paket, wie es ihm in den Blick kommt, verfügt.

A2 “Diebstahlslösung” hM. –> Der Täter begeht einen Diebstahl, weil sich der Verfügungswille
nur auf die vorgezeigten und registrierten, aber nicht auf die versteckten
Waren bezieht (anders soll es sich dagegen wohl verhalten, wenn der Täter den Verpackungsinhalt
austauscht; dann werde die „Verpackung samt Inhalt“ irrtumsbedingt
übergeben und es liege ein Betrug vor)

357
Q

(P) –> Wann erfolgt beim Tanken Eigentumsübergang, sodass es sich bei Benzin um eine “fremde Sache” handelt, oder nicht? (Abgrenzung Betrug-Diebstahl)

A

A1 –> die Übereignung des Benzins erfolgt schon zum Zeitpunkt des Einfüllens
des Kraftstoffes.
–> Unterschlagung

A2 “hM.” –> Nach wohl hM erfolgt die Übereignung – vergleichbar dem Kauf in Selbstbedienungsläden
– erst bei Zahlung des Kaufpreises an der Kasse.
–> Diebstahl

358
Q

Liegt Diebstahl oder Betrug vor, wenn der Täter eine momentane Abwesenheit des Tankstellenpersonals heimlich ausnutzt?

A

Mangels einverständlicher Gewahrsamsübertragung –> Diebstahl!

359
Q

Wie wird Täter bestraft, wenn er während Tankvorgangs fähig und willig ist zu zahlen, aber es dann doch nicht tut?
–> Betrug oder Diebstahl oder Unterschlagung?

A

Nach hM. liegt hier Unterschlagung vor.

360
Q

Was ist ein Dreiecksbetrug?

A

Verfügender und Geschädigter brauchen nicht identisch zu sein
→ Der Verfügende wird hier vom Täter gleichsam als gutgläubiges Werkzeug zur Schädigung
eines Dritten benutzt.

361
Q

Wie werden “Diebstahl in mittelbarer Täterschaft” vs. “Dreiecksbetrug” abgegrenzt und welches Problem ergibt sich hieraus?

A
  • Verortung der Abgrenzung im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Vermögensverfügung im § 263 StGB: Verfügung liegt nicht vor
  • Dann Strafbarkeit des Getäuschten wegen Diebstahls verneinen wegen Tatumstandsirrtums
  • Dann Prüfung der Strafbarkeit des Täuschenden Wegen Diebstahls in mittelbarer Täterschaft nach §§ 242, 25 I Alt. 2 StGB
  • Will man den Diebstahl in mittelbarer Täterschaft bejahen und ist die Zeit knapp, kann man in der
    Klausur auch auf die vorhergehende Prüfung des § 263 StGB verzichten. Allerdings hat das zur
    Konsequenz, dass man die Abgrenzung dann beim Tatbestandsmerkmal der Wegnahme (bei der
    Prüfung, ob sich der Getäuschte nach § 242 StGB strafbar gemacht hat) prüfen muss, was Klausurbearbeitern
    manchmal gewisse Schwierigkeiten bereitet.
  1. Dreiecksbetrug –> liegt vor, wenn Verfügender und Geschädigter in einem besonderen
    Näheverhältnis zueinander stehen und damit gleichsam eine (fiktive) Zurechnungseinheit
    bilden.
  2. Ein Diebstahl in mittelbarer Täterschaft liegt vor, wenn ein solches besonderes Näheverhältnis
    fehlt und der Verfügende damit gleichsam von außen her in das Vermögen
    des Geschädigten eingreift.

(P) –> Wann liegt ein solches “Näheverhältnis” vor?Die hM vertritt
hier die sog. Lagertheorie (hM): Danach bedarf es weder einer tatsächlichen noch
einer zumindest subjektiv angenommenen Befugnis zur Sachüberlassung. Vielmehr
reicht es aus, dass der Verfügende sich normativ im „Lager“ des Geschädigten befindet
und dadurch dessen Vermögen näher steht als ein beliebiger Dritter, so etwa bei Hausangestellten,
Dienstboten, sonstigen Gewahrsamshütern. Liegt ein solches Gewahrsamsverhältnis
vor.
→ Glaubt der Verfügende, er handele als faktischer Repräsentant des Vermögensinhabers,
liegt ein Betrug vor.
→ Überschreitet er dagegen bewusst seine „Hüterposition“, fungiert er als Werkzeug eines
Diebstahls in mittelbarer Täterschaft

362
Q

(P) –> Was ist der “Vermögensbegriff” iR. der Vermögensverfügung beim Betrug gem. § 263 StGB?

A

A1 “rein ökonomischer Vermögensbegriff” –> Das Vermögen ist die Summe aller geldwerten
Güter einer Person, über die sie faktisch verfügen kann, und zwar unabhängig
davon, ob sie ihr rechtlich zustehen oder ob sie rechtlich anerkannt sind.
→ Die rechtliche Zuordnung oder die rechtliche Schutzwürdigkeit der Güter spielt
keine Rolle, in Betracht kommt alles, was im legalen oder illegalen Wirtschaftsleben
gehandelt werden kann.

A2 “juristische-ökonomischer Vermögensbegriff” hM. –> Das Vermögen ist die Summe aller
geldwerten Güter einer Person, die unter dem Schutz der Rechtsordnung stehen
bzw. nicht rechtlich missbilligt werden.
→ Im ersten Schritt stimmt der juristisch-ökonomische Vermögensbegriff mit dem
ökonomischen Vermögensbegriff überein, da er wie dieser zunächst von einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise ausgeht.
→ Im zweiten Schritt wird diese wirtschaftliche Betrachtungsweise allerdings zur Vermeidung
von Wertungswidersprüchen mit dem Zivilrecht einer gewissen rechtlichen
Begrenzung unterzogen.

363
Q

Welche Güter einer Person gelten als “geldwerte Güter” im Sinne des Vermögensbegriffs iR. der Vermögensverfügung beim Betrug gem. § 263 StGB?

A
  1. Das Eigentum (sofern Marktwert)
  2. Vermögensrechte aller Art
  3. Der Besitz (soern Marktwert)
  4. Anwartschaftsrechte
  5. Tatsächliche Exspektanzen, sofern sie schon so konkretisiert sind, dass sie mit Wahrscheinlichkeit einen Gewinn erwarten lassen und deshalb nach der Verkehrsauffassung bereits jetzt einen messbaren Marktwert besitzen
    - -> Nicht hinreichend konkretisierte Gewinnaussichten werden nicht erfasst
  6. Die Arbeitskraft eines Menschen als Arbeitsleistung, die üblicherweise nur gegen Entgelt erbracht wird
364
Q

Bei welchen Gütern einer Person ist die Zugehörigkeit zum Vermögen iR. der Vermögensverfügung/Vermögensbegriff beim Betrug gem § 263 StGB umstritten?

A
  1. Beim unberechtigten Besitz
  2. Bei nichtigen, aber den Umständen nach fafktisch realisierbaren Forderungen
  3. Bei zu verbotenen bzw. sittenwidrigen Zwecken eingesetzten geldwerten Gütern
    Bspe.: Der Täter lässt sich einen Vorschuss für die Ausführung eines Auftragsmordes zahlen,
    den er in Wirklichkeit gar nicht zu begehen gedenkt. Unter Vorspiegelung einer tatsächlich
    nicht bestehenden Zahlungsbereitschaft beauftragt der Täter den Profikiller mit der Ausführung
    eines Mordes.
365
Q

(P) –> Gehören zu “verbotene bzw. sittenwidrigen Zwecken eingesetzte” Geldwerte Güter zum Vermögen einer Person iSd. Betrugs gem. § 263 StGB?

A

→ Nach dem ökonomischen Vermögensbegriff kommt es nur auf den wirtschaftlichen
Wert dieser Güter an, sie sind daher allesamt Bestandteile des Vermögens.
→ Nach dem juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff gehören nichtige Forderungen
sowie Güter, die als solche rechtlich missbilligt werden, nicht zum geschützten
Vermögen.
Ob auch der unberechtigte Besitz und Güter, die als solche zwar nicht rechtlich miss-billigt, aber zu einem rechtlich missbilligten Zweck eingesetzt werden, aus dem ge-schützten Vermögen herausfallen, ist zwischen den Vertretern des juristisch-ökonomi-schen Vermögensbegriffs streitig.

A1 “Schutzlosigkeits-Lösung” –> Vermögenswerte, die zu illegalen Zwecken eingesetzt werden, zählen nicht zum geschützten Vermögen
(+) Anderenfalls entsteht ein Widerspruch zur zivilrechtlichen Wer-tung des § 817 S. 2 BGB, der dem Leistenden den Rechtsschutz hier gerade versagt.
(+) Eine Bestrafung des Täuschenden nach § 263 StGB führte hier dazu, dass das Vertrauen in eine täuschungsfreie Abwicklung auch rechtlich untersagter Geschäfte stabilisiert würde; das aber ist kriminalpolitisch kontraproduktiv.
(+) Die zu verbotenen Zwecken eingesetzten Güter unterliegen der Einziehung; das zeigt, dass sie nicht schutzwürdig sind.
(+) Der Verfügende schädigt sich bewusst selbst, da er weiß, dass er rechtlich keinen Anspruch auf die Gegenleistung besitzt

A2 “Betrugs-Lösung” –> Güter, die nicht als solche rechtlich missbilligt werden, zählen zum geschützten Vermögen.
(+) Der Besitz am Geld als solchem wird nicht rechtlich missbilligt und steht damit unter dem Schutz der Rechtsordnung
(+) Die Verfolgung illegaler Zwe-cke durch den Getäuschten darf kein Freibrief für den Schädiger sein, sich diese prinzipiell rechtlich geschützten Vermögenswerte zu eigenem Nutzen zu verschaf-fen. Die Strafrechtsordnung muss auch für das Verhalten von Straftätern unterei-nander gelten, da anderenfalls ein inakzeptabler rechtsfreier Raum entstünde
(+) Auch § 817 S. 2 BGB steht dem nicht entgegen; diese Norm bezieht sich nur auf bereicherungsrechtliche Ansprüche. Nicht berührt werden hingegen andere zivilrechtliche Ansprüche, etwa der dingliche Herausgabeanspruch aus § 985 BGB oder der Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, so dass die Anwendung des § 263 StGB durchaus mit den Wertungen des Zivilrechts vereinbar ist.

366
Q

Wie ermittelt man den “Vermögensschaden” iR. der Vermögensverfügung iSv. § 263 StGB?

A

Die Vermögensverfügung muss einen Vermögensschaden verursachen. Ein Vermögens-schaden liegt nach hM vor, wenn der Wert des Vermögens nach der Vermögensverfügung gegenüber dem Wert vor der Verfügung einen negativen Saldo aufweist, d.h. wenn die Vermögensminderung nicht durch einen unmittelbaren Vermögenszuwachs voll aus-geglichen wird – sog. Prinzip der Gesamtsaldierung. Es stellt sich also die Frage, ob der Vermögensinhaber unmittelbar als Gegenleistung etwas von mindestens gleichem Wert erhält.

367
Q

Was ist sich zur Vermögensminderung zu merken iR. des Betrugs gem. § 263 StGB?

A
  1. Es muss eine Vermögensminderung eintreten; das Ausbleiben einer bloßen Vermögensmehrung genügt nicht.
  2. Auch die Zweckverfehlung begründet bei wirtschaftlich ausgeglichenen Austausch-geschäften keinen Vermögensnachteil.
  3. Der Vermögenszuwachs kann auch im Erwerb einer werthaltigen Forderung bestehen.
    Bsp.: Anspruch auf Zins und Tilgung für die Gewährung eines Kredits
    Außer Betracht bleiben allerdings gesetzliche Ersatzansprüche (Schadensersatz, Be-reicherung), Anfechtungs- und Gewährleistungsrechte, die dem Opfer als Folge der Täuschung erwachsen, da sie lediglich eine nachträgliche Schadenswiedergutmachung ermöglichen.
368
Q

Wann kann ausnahmsweise ein Vermögensschaden gegeben sein, trotz wirtschaftlicher Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung iR. des Betrugs gem. § 263 StGB? = “individueller Schadenseinschlag”

A
  1. Wenn der Erwerber die angebotene Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann. Als andere zumutbare Verwendung zählt auch, dass der Erwerber das Erlangte ohne größere Schwierigkeiten zu Geld machen kann.
  2. Wenn der Erwerber durch die irrtumsbedingt eingegangene Verpflichtung zu vermögensschädigen-den Maßnahmen genötigt wird.
  3. Wenn der Erwerber infolge der irrtumsbedingt eingegangenen Verpflichtung nicht mehr über die Mit-tel verfügt, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- oder Lebensführung unerlässlich sind.

—> Individuelelr Schadenseinschlag = Geschäft wäre zwar nicht für andere vermögensschädigend, aber führt bei Betroffenen aufgrund persönlicher Umstände sehr wohl zu einem Schaden

369
Q

Wie wird der Vermögensschaden bei unentgeltlichen Vermögenshingaben ermittelt iR. des Betrugs gem. § 263 StGB? (zB. Spenden, Bettel, Schenkungsprinzip)

A

Nach hM kommt es hier darauf an, ob der mit der Vermögenshingabe verfolgte nichtwirtschaftliche Zweck erreicht wird – dieser bildet gleichsam die „Gegenleistung“, der die Vermö-gensminderung auszugleichen vermag. Der Empfänger „schuldet“ also die zweckgerich-tete Verwendung des ihm Zugewendeten.

370
Q

Wann liegt eine schadensgleiche Vermögensgefährdung iR. des Betrugs gem. 3 263 StGB vor?

A

Bsp.: Der selbständige Handwerker S befindet sich in Geldnöten. Deshalb bittet er sei-nen Freund G um ein Darlehen in Höhe von 1.000 €. Er sichert G zu, dass er das Darlehen in vier Wochen zurückzahlen werde, da er bis dahin von einem Kunden einen größeren Geldbetrag erwarte. Tatsächlich rechnet S nicht damit, seiner Verpflichtung nachkommen zu können, da er weiß, dass der Kunde seinerseits zahlungsunfähig ist. Da G den Verspre-chungen des S glaubt, gibt er ihm die 1.000 €. Erwartungsgemäß kann S bei Fälligkeit die 1.000 € nicht zurückzahlen.
–> S hat den G über seine gegenwärtige Überzeugung getäuscht, den Kredit zurückzahlen zu können. Dadurch hat er bei G auch einen Irrtum erzeugt, der ursächlich geworden ist für die Auszahlung des Kredits als Vermögensverfügung. Zu welchem Zeitpunkt ist der Be-trug aber vollendet, d.h. wann hat G einen Vermögensschaden erlitten? Erst im Zeitpunkt der Fälligkeit, als S den Kredit nicht zurückzahlt, oder womöglich bereits vorher?

Ein schadensgleicher Vermögensschaden liegt vor,

  1. Wenn die Gefahr des tatsächlichen Vermögensverlustes nach den Umständen des Einzelfalles so naheliegend und groß ist,
  2. dass diese Gefährdung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits zu einer Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage führt.

→ Gewährt jemand täuschungsbedingt dem Täter einen Kredit, den dieser in Wirklichkeit höchstwahrscheinlich nicht zurückzahlen kann und sind auch keine ausreichenden Si-cherheiten bestellt, tritt der Vermögensschaden nicht erst mit dem Ausfall des Kredits bei Fälligkeit ein, sondern schon mit seiner Auszahlung, weil die Rückzahlungsforde-rung, die der Kreditgeber hierfür erwirbt, aufgrund des Kreditausfallrisikos wirtschaft-lich so wenig wert ist, dass sie die Vermögensminderung nicht ausgleicht.
→ Realisiert sich die Vermögensgefährdung dann tatsächlich in einem endgültigen Ver-mögensverlust, also fällt bspw. der Kredit tatsächlich aus, handelt es sich lediglich um eine nachträgliche Schadensvertiefung.
→ Bleibt der endgültige Vermögensverlust wider Erwarten doch aus, stellt dies nur eine nachträgliche Schadenswiedergutmachung dar.
→ Das Delikt ist also vollendet, obwohl im Ergebnis gar nichts zu passieren scheint. Gleichwohl ist dies in der Logik des Gesamtsaldierungsprinzips angelegt. Denn für das Darlehen erhält G als Gegenleistung einen Rückzahlungsanspruch. Ob dieser Rückzah-lungsanspruch die Vermögensminderung durch die Auszahlung des Darlehens auszu-gleichen vermag, hängt von seinem wirtschaftlichen Wert ab. Und dieser bemisst sich insb. nach der Bonität des Kreditnehmers sowie dem Wert der bestellten Sicherhei-ten. Dass G mit der Darlehensauszahlung tatsächlich schon geschädigt ist, zeigt eine weitere Überlegung: Was wäre, wenn G die Forderung weiterveräußern würde? Dann
unterstellt, die Ausfallrisiken sind mittlerweile bekannt – nicht ihren Nominalwert, sondern wegen dieser Risiken nur einen entsprechend geringeren Preis er-zielen. Das aber bedeutet, dass der Wert seines Vermögens tatsächlich gemindert ist.
→ Der Gefährdungsschaden kann schon mit bloßem Abschluss eines Vertrages eintreten, wenn der eingegangenen Verpflichtung kein wirtschaftlich äquivalenter Anspruch gegenübersteht – sog. Eingehungsbetrug.
–> schadensgleiche Vermögensgefährdung im Darlehensfall ist genau genommen nicht erst mit der Auszahlung des Darlehens, sondern bereits mit dem Abschluss des Darlehensvertrages eingetreten.

371
Q

Welche Arten der Ermittlung des Vermögensschadens iR. des Betrugs gem. § 263 StGB gibt es?

A
  1. Der individuelle Schadenseinschlag
  2. Der Schaden bei unentgeltlichen Vermögenshingabe
  3. Die schadensgleiche Vermögensgefährdung
  4. Der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten
372
Q

Welche Rolle spielt die Rückwirkungsfiktion des § 142 I BGB für das Strafrecht im Rahmen des Betrugs?

A
  1. Keine
  2. Im Strafrecht gilt die Strafbarkeit des Täters zum Tatzeitpunkt und kann nicht vom späteren Verhalten des Opfers abhängig gemacht werden
373
Q

Wie wird der Schaden bei einer schadensgleichen Vermögensgefährdung berechnet iR. des Betrugs gem. § 263 StGB?

A
  1. Der Gefährdungsschaden muss anhand wirtschaftlich nachvollziehbarer Maßstäbe konkret festgestellt und in der Höhe beziffert werden.
  2. Normative Gesichtspunkte können eine Rolle spielen, dürfen die wirtschaftliche Be-trachtung aber nicht überlagern oder verdrängen. (Gemeint ist damit wohl, dass zwar normative Überlegungen bspw. zur fehlenden rechtlichen Schutzwürdigkeit einer geldwerten Position herangezogen werden können, um einen Vermögensschaden zu verneinen, es aber nicht möglich ist, einen bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht be-stehenden Vermögensschaden rein normativ zu begründen.)
374
Q

(P) –> Werden die Grundsätze der Schadensgleichen Vermögensgefährdung auch in den Fällen des Sportwettenbetrugs angewendet, wenn es nicht zu einer Gewinnauszahlung kommt iR. des Betrugs gem. § 263 StGB?
–> Wetten auf manipulierte Wettkämpfe, bei denen trotz Manipulation das gewünschte Ergebnis nicht erzielt wird

A
  1. In Betracht kommt hier zunächst eine schadensgleiche Vermögensgefährdung in Höhe des möglichen Wettgewinnes abzüglich des Wetteinsatzes. Eine solche ist allerdings zu verneinen, da es durch den Abschluss der jeweiligen Wette lediglich zu einer abstrakten Gefähr-dung gekommen ist; eine konkrete Gefährdung liegt dem BGH zufolge nicht vor, wenn der Eintritt wirtschaftlicher Nachteile beim Wettanbieter von zukünftigen Ereignissen abhängt, die sich einer Einflussnahme trotz der Manipulation immer noch in ganz wesentlichem Umfang entziehen
  2. Der BGH hat hier allerdings zunächst einen sog. Quotenschaden angenommen. Dieser sollte in der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der durch die Manipulationsmaßnahmen erhöhten Gewinnchance und dem dafür gezahlten, nur einer geringeren Gewinnaussicht entsprechenden Wetteinsatz bestehen. M.a.W.: Der Täter hat sich durch seine Manipulation eine höhere Gewinnchance verschafft, diese jedoch nicht quotengerecht bezahlt. Problematisch ist hier freilich die vom BVerfG mittlerweile geforderte Bezifferbarkeit des Schadens.
  3. Nunmehr stellt der BGH auf die wirtschaftlich messbare höhere Verlustgefahr ab. Indem der Wettende durch die Manipulationsmaßnahmen seine Erfolgswahrscheinlichkeit erhöht, steigert er den Geldwert seines Anspruchs gegen den Wettanbieter, ohne dass dessen Anspruch auf den Wetteinsatz das erhöhte Haftungsrisiko noch kompensiert. Ob sich dieser Schaden leichter beziffern lässt als der Quotenschaden, ist freilich fraglich.

–> Nach BGH also Betrug, trotz Nichtausschüttung des Gewinns

375
Q

Liegt ein Vermögensschaden beim gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten vor iSd. Betrugs gem. § 263 StGB?

A

Der gutgläubige Käufer einer gestohlenen oder anderweitig abhanden gekommenen Sache erleidet unstreitig einen Vermögensschaden, da er nach § 935 I BGB kein Eigentum an dieser Sache erwirbt. Das gilt unabhängig davon, ob der von ihm gezahlte Kaufpreis dem Marktpreis entspricht oder – und sei es erheblich – darunter liegt.

376
Q

(P) –> Liegt ein Vermögensschaden iSd. Betrugs gem. § 263 StGB vor, wenn der Käufer die Sache vom Nichtberechtigten erwirbt, aber nach der Gutglaubensvorschrift des § 932 BGB gleichwohl Eigentümer wird?
(zB. Borgen von Gegenstand und dann Weiterveräußern an Gutgläubigen)

A

A1 “Makeltheorie” RG. –> Dem gutgläubig erworbenen Gegenstand haften ein sittlicher Makel an. Deshalb ist der gutgläubig erworbene Gegenstand im Vergleich zu einer vom Berechtigten erworbenen Sache wirtschaftlich weniger wert. Somit liegt ein „echter“ Vermögensschaden vor.
(-) ein angeblich sittlicher Makel begründet noch keinen wirtschaftlichen Nachteil, Nur ausnahmsweise kann sich ein merkantiler Minderwert aus sonstigen konkreten wirtschaftlichen Nachteilen ergeben – etwa, wenn die Ware für den Erwer-ber, der sie in seinem Geschäft weiterveräußern möchte, wegen ihrer Herkunft faktisch unverkäuflich ist.

A2 “besonderes Prozessrisiko” frühere Rspr –> Früher bejahte der BGH eine schadensgleiche Vermögensge-fährdung, wenn der gutgläubige Erwerber nach den Umständen des Einzelfalles damit rechnen muss, dass ihm der frühere Eigentümer das Eigentum streitig macht und ein solcher Angriff auf seine Rechtsposition zumindest nicht aussichtslos wäre

A3 “aktuelle Rspr.” –> Nach der Rspr. des BVerfG setzt die Annahme einer schadens-gleichen Vermögensgefährdung voraus, dass der Gefährdungsschaden in der Höhe beziffert und seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise dargelegt wird. Es ist aber, so nunmehr der BGH, nicht erkennbar, nach welchen wirtschaftlich nachvollziehbaren Maßstäben ein bezifferbarer Vermögensschaden allein in dem Bestehen eines zivilrechtlichen Prozessrisikos liegen könnte. Daher ist § 263 StGB hier regelmäßig zu verneinen.

377
Q

Wie kann der “Vermögensschaden” beim “Erfüllungsbetrug” gem. § 263 StGB entstehen?

A

Opfer nimmt “irrtumsbedingt”

  1. Entweder eine Leistung, die nicht die vereinbarte Qualität aufweist, als Erfüllung an,
  2. oder leistet mehr, als es rechtlich zu leistne verpflichtet
378
Q

Welche Varianten des Erfüllungsbetrugs sind zu unterscheiden?

A
  1. “Echter” Erfüllugnsbetrug –> Täter täuscht Opfer erst beid er Erfüllung (zB. Begleichung einer Schuld mit Flaschgeld)
  2. “Unechter” Erfüllungsbetrug –> Der Täter täuscht das Opfer schon bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäft; diese Täuschung wirkt in der Erfüllungsphase noch fort. (zB. Annahme einer Kiste mit billigem Rotwein)
379
Q

(P) –> Besteht ein Vermögensschaden im Sinne des “echten” Erfüllungsbetrugs, wenn Leistung und Gegenleistung objektiv betrachtet wirtschaftlich äquivalent sind?

A
  1. Nach hM liegt ein Vermögensschaden vor.
  2. Mit dem Vertragsabschluss hat der Gläubi-ger hier einen höherwertigen Erfüllungsanspruch erlangt, der Bestandteil seines Vermögens geworden ist.
  3. Der Wertvergleich ist daher hier stets zwischen der vertraglich geschuldeten und der tatsächlich erbrachten Leistung vorzunehmen;
  4. der Erfüllungsschaden besteht folglich in der Differenz zwischen dem Wert des Vertragsanspruchs und dem Wert der erbrachten Leistung.
380
Q

(P) –> Besteht ein Vermögensschaden im Sinne des “unechten” Erfüllungsbetrugs, wenn Leistung und Gegenleistung objektiv betrachtetn wirtschaftlich äquivalent sind?

A

A1 “Einheitsbetrachtung” hM. –> Zunächst liegt hier kein Eingehungsbetrug vor, da ungeachtet der Täuschung das Verpflichtungsgeschäft ausgeglichen ist. Dass die Ware ihren Preis wert ist, spricht aber auch gegen einen Erfüllungsschaden (Einheitsbetrachtung von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft). Denn wirtschaftlich betrachtet bleibt lediglich eine erhoffte Vermögensmehrung aus, das Vermögen des Käufers erfährt aber keine Minderung. Anders als beim echten Erfüllungsbetrug wird hier auch kein höherwertiger Erfüllungsanspruch Bestandteil des Vermögens.

A2 “aA.” –> Es liegt ein Erfüllungsschaden vor. Dem Täter kann nicht zugutekommen, dass er bereits im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts getäuscht hat.

381
Q

Besonderheit des Betrugs im Rahmen des subjektiven Tatbestands?

A

Neben dem Vorsatz verlangt § 263 StGB als besonderes subjektives Tatbestandsmerkmal die Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (sog. Bereicherungsabsicht).
–> Delikt mit “überschießender Innentendenz”

382
Q

Was bedeutet “Absicht” iSd. “Bereicherungsabsicht” im Rahmen des Betrugs gem. § 263 StGB?

A
  1. Dolus directus 1. Grades
    - -> Bereicherung muss Hauptziel oder notwendiges Zwischenziel sein
    - -> Nicht ausreichend ist es, wenn die Bereicherung eine zwar unvermeidbare, aber an sich unerwünschte Nebenfolge darstellt
383
Q

Was bedeutet “Stoffgleichheit” im Rahmen des Betrugs?

A
  1. Um dem Charakter des Betruges als Vermögensverschiebungsdelikt Rechnung zu tragen, muss der erstrebte Vorteil die Kehrseite des Schadens bilden, mit ihm „stoffgleich“ sein.
  2. Das bedeutet, dass er unmittelbar auf derselben Vermögensverfügung beruhen muss wie der Schaden.
    - -> Belohnungen durch Dritte, Folgeschäden oder aus anderen mittelbaren Schäden oder sonstigen erst mittelbar erlangten Vorteilen, scheidet aus.
384
Q

(P) –> Wie wird vorgegangen, wenn zB. ein Zeitschriftenverkäufer einem ein Abbo verkauft und ihn über die tatsächliche Eigenschaft der Zeitschrift täuscht, um Provision zu erhalten iR. des Betrugs gem. § 263 StGB?

A
  1. Auf den ersten Blick scheint es an der Stoffgleichheit zu fehlen, da die Vermittlungsprovision nicht die Kehrseite des Schadens der Abonnenten ist, sondern ihm aus dem Vermögen der Vertreibsfirma zufließen soll.
  2. ABER: Es fehlt zwar Absicht der stoffgleichen Selbstbereicherung, jedoch “Absicht stoffgleicher Fremdbereicherung”
  3. Notwendiges Zwischenziel für die Erlangung der Provision ist zunächst die Bereicherung der Firma durch die Bezugsverpflichtung
  4. Hinsichtlich dieser Drittbereicherung liegt Vorsatz vir
  5. Mit Geltendmachung des Provisionsanspruchs macht sich Person ein zweites Mal wegen Betrugs strafbar, weil Tatsache unterschlagen wird, dass die Bezugsverpflichtungen nach § 123 BGB anfechtbar sind und Provisionsanspruch somit gar nicht fällig ist. –> Schaden tritt mit Provisionsauszahlung ein + Vorliegen der Absicht rechtswidriger Selbstbereiherung
  6. Tateinheit der beiden Betruge
385
Q

Def. “Rechtswidrigkeit” der Absicht des Vermögensvorteils, gem. § 263 StGB?

  1. Vermögensvorteil
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Absicht
A
  1. Als solcher zählt jede Verbesserung der Vermögenslage (Vermehrung der Aktiva, Verminderung der Passiva).
  2. Wer einen fälligen und einredefreien Anspruch durch die Täuschung durchsetzt, erstrebt eine rechtmäßige und keine rechtswidrige Bereicherung; er macht sich deshalb nicht wegen Betrugs strafbar.
  3. Geht der Täter aufgrund der Verkennung der zivilrechtlichen Rechtslage irrtümlich davon aus, über einen fälligen und einrede-freien Anspruch zu verfügen, befindet er sich in einem vorsatzausschließenden Tatumstandsirrtum. (Nach aA fehlt hier bereits der Vorsatz hinsichtlich des Zufügens eines Vermögensschadens, weil auf der Grundlage der Tätervorstellung der erschlichene Vermögensbestandteil dem Opfer gar nicht zusteht
386
Q

Was ist ein “Sicherungsbetrug” +

(P) –> Wie stehen Sicherungsbetrug und Diebstahl im Konkurrenzverhältnis?

A
  1. Bsp.: T klaut ein Fahrrad seines Freundes und dieser sieht ihn Tage danach damit herumfahren und spricht ihn empört an. T versichert ihm jedoch glaubhaft, dass das Fahrrad ihm gehöre und nur so genauso aussähe.
  2. Verhältnis Sicherungsbetrug und Diebstahl:
    Folgt der Betrug einem anderen Vermögensdelikt nach und dient dabei nur der Sicherung oder Verwertung des bereits Erlangten, so tritt dieser sog. Sicherungsbetrug hinter dem ersten Delikt als mitbestrafte Nachtat zurück.
387
Q

Def. zum Regelbeispiel § 263 III Nr. 1 StGB?
Var. 1: Für die Gewerbsmäßigkeit
Var. 2: Bandenbetrug

A

Var. 1: Es gilt dasselbe wie bei § 243 I 2 Nr. 3 StGB

Var. 2: Anders als beim Bandendiebstahl ist keine Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds erforderlich

388
Q

Def. zum Regelbeispiel § 263 III Nr. 2 StGB?
Var. 1: Vermögensverlust großen Ausmaßes
Var. 2: Für eine große Anzahl von Menschen

A

Var. 1:

  1. setzt eine tatsächliche Einbuße im Wert von mindestens 50.000 € voraus;
  2. eine schadensgleiche Vermögensgefährdung reicht nicht aus.
  3. Eine Addition von Einzelschäden ist hier nur möglich, wenn sie dasselbe Opfer betreffen.

Var. 2:
A1 “hM.” –> Mindestens 10 Personen
A2 –> Mindestens 20 Personen

389
Q

Def. “Befinden einer Person in wirtschaftlicher Not” gem. dem Regelbeispiel § 263 III Nr. 3 StGB?

A

Eine Person befindet sich in wirtschaftlicher Not, wenn sie lebenswichtige Aufwendungen nicht mehr ohne fremde Hilfe bestreiten kann

390
Q

Def. “Versicherungsbetrug” gem. dem Regelbeispiel § 263 III Nr. 5 StGB?

A

Ein Versicherungsfall wird vorgetäuscht, wenn ein tatsächlich nicht bestehender Anspruch auf die Versicherung gegenüber der Brand- oder Schiffs-unfallversicherung geltend gemacht wird.

391
Q

Was ist sich zu den Regelbeispielen des Betrugs noch zu merken?

A
  1. Die Geringwertigkeitsklausel aus § 243 II StGB
  2. Sowie die Antragserfordernisse gelten entsprechend
    - -> § 263 IV StGB!
392
Q

Def. “die unrichtige Gestaltung eines Programms” iR. des Computerbetrugs gem. § 263a Var. 1 StGB?

  1. Programm
  2. Daten
  3. unrichtig
A
  1. Programm: Jede in Form von Daten fixierte Anweisung an den Computer.
  2. Daten: Codierte Informationen, die aufgrund einer semantischen Konvention durch Zeichen oder Funktionen syntaktisch dargestellt werden.
  3. unrichtig: Alt unrichtig gilt die Programmgestaltung nach hM immer dann, wenn das Programm die aus dem Verhältnis zwischen den Beteiligten zueinander abzuleitende Aufgabe nicht zutreffend bewältigt, mithin Ergebnisse erzielt, die der materiellen Rechtslage widersprechen = objektive Unrichtigkeit (zB. so programmiert, dass aufs falsche Konto überwiesen wird)
393
Q

Def. “Die Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten” iR. des § 263a Var. 2 StGB?

  1. Verwendung
  2. Unrichtig
  3. Unvollständig
A
  1. Verwendung: Daten werden verwendet, wenn sie in einen beginnenden oder bereits laufenden Datenverarbeitungsprozess eingegeben werden.
  2. Unrichtig: Die Daten sind unrichtig, wenn die in ihnen codierte Information nicht der Wirklichkeit entspricht. (zB. Altern, Name etc)
  3. Unvollständig: Die Daten sind unvollständig, wenn die Tatsachen, über die sie in codierter Weise Informationen vermitteln sollen, nicht in dem für den Zweck der Datenverarbeitung maßgeblichen Umfang hinreichend erkennbar sind.
394
Q

(P) –> Liegt eine Verwendung unrichtiger Daten iSd. § 263a I Var. 2 vor, wenn jemand im automatisierten Mahnverfahren (§ 689 I 2 ZPO) aufgrund unzutreffender Tatsachenbehauptung einen Mahnbescheid gegen einen anderen erwirkt?
+ (P) des unmittelbaren Ansetzens bei Meinung von BGH?

A

A1 –> Nein, da schon die bloße Behauptung eines bestehenden Anspruchs den Erlass des Mahnbescheides rechtfertigt. Schließlich prüfe auch ein Rechtspfleger im nichtautomatisierten Verfahren nicht den Wahrheitsgehalt der Angaben.

A2 “BGH” –> Ja, Auch für das Mahnverfahren gelte die Wahrheitspflicht des § 138 ZPO, so dass der Täter einen Mahnbescheid nur auf zutreffender Tatsachengrundlage erwirken dürfe. Der auf der Grundlage falscher Tatsachenbehauptungen erlassene Mahnbescheid stelle somit eine Verfügung des Gerichts unter Verwendung unrichtiger Daten dar, die dem Täter zuzurechnen sei.
–> Beachte aber dann hinsichtlich Vermögensschädigung bedarf es noch eines Vollstreckungsbescheides gem. § 699 ZPO bedarf, damit Vermögensschaden eintritt
–> Daher kommt Versuchsstrafbarkeit in betracht.
Wiederum (P) –> unmittelbares Ansetzen
A1 “Rspr” –> Bereits bei Beantragung des Mahnbescheides
A2 “a.A.” –> der Täter brauche als wesentlichen Zwischenschritt noch einen Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheides stellen müsse; daher liege der Versuchsbeginn auch erst vor, wenn er dies tue.

395
Q

(P) –> Wann gilt die “Verwendung von Daten” als “unbefugt” iSd. § 263a I Var. 3 StGB?

A

A1 “subjektivierende Lösung” –> Unbefugt ist eine Datenverwendung, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Berechtigten (= derjenige, der das Recht zur Verwendung der Daten besitzt), widerspricht.
(-) Diese Lösung wandelt den Computerbetrug um zu einem untreueähnlichen Delikt, indem sie jede abredewidrige Verwendung von Daten pönalisiert.

A2 “computerspezifische Lösung” –> Unbefugt ist eine Datenverwendung, bei der die Befug-nis zur Datenverwendung durch einen Code überprüft wird und der Täter diesen Code unberechtigt verwendet und so den entgegenstehenden Willen des Berechtigten in computerspezifischer Weise überwindet.

A3 “betrugsspezifische Lösung” hM. –> Unbefugt ist eine Datenverwendung, die im Falle ihrer Vornahme gegenüber einer Person als Täuschung anzusehen wäre – sog. Täuschungsäquivalenz.
(+) Wird Wertgleichheit zwischen Betrug und Computerbetrug am besten gerecht, da § 263a StGB gerade die durch den technischen Fortschritt bei § 263 StGB entstandene Schutzlücke schließen

–> zB. “Bankautomatenmissbrauch” –> Verwenden des Codes für Karte (beides Befand sich in geklauter Brieftasche)

Merke! –> Erlangt der Täter die Codekarte und die Geheimnummer allerdings nicht durch eine Wegnahme oder eine Nötigung, sondern durch eine Täuschung, will der BGH auf der Grundlage der betrugsspezifischen Lösung ein „unbefugtes Verwenden“ verneinen.

  • -> Begründung: Werde die richtige Geheimnummer und die echte Codekarte verwendet, mache sich der fingierte Bankangestellte, der nur dieselben Aspekte prüfe wie der Geldautomat, keine Gedanken über die materielle Berechtigung des Abhebenden; dessen Berechtigung gelte mit der Eingabe der echten Codekarte und der zugehörigen Geheimnummer als hinreichend festgestellt. (Prob-lem: Diese Argumentation trifft an sich ebenso auf die Fälle zu, in denen der Täter Karte und Nummer durch Wegnahme oder Nötigung erlangt hat; hier will der BGH aber nach wie vor das unbe-fugte Verwenden bejahen.) Der BGH bejaht dann allerdings eine Strafbarkeit wegen Betruges: Die Herausgabe von Codekarte und Geheimnummer als Vermögensverfügung verursache unmittelbar einen Vermögensschaden i.S. einer schadensgleichen Vermögensverfügung, da es nur noch vom Zufall abhänge, ob ein endgültiger Vermögensverlust eintrete.
  • -> Geschädigter ist immer die Bank
396
Q

(P) –> Liegt ein “unbefugtes Verwenden” iSd. § 263a I Var. 3 StGB vor, wenn Freundin den neuen Freund bittet, 300Euro von Konto abzuheben und dieser hebt 500Euro ab und und behält 200Euro ein?

A

A1 “Subjektivierende Lösung” –> Ja, Für die genaue Begründung kommt es freilich darauf an, wen man als Berechtigten ansieht.

  • Stellt man auf die Bank ab, ist die Unbefugtheit zu bejahen, weil die AGB der Banken regelmäßig die Überlassung der Codekarte unter Bekanntgabe der Geheimnummer an Nichtberechtigte untersagen.
  • Sieht man als Berechtigten den Kontoinhaber an, folgt die Unbefugtheit, daraus, dass der Kontoinhaber in einer solchen Konstellation mit der Eingabe des höheren Betrages nicht einverstanden ist.

A2 “computerspezifische Lösung” –> Einerseits war F von R zur Eingabe der PIN autorisiert. Andererseits untersagen, wie soeben erwähnt, die AGB der Banken regelmäßig die Überlassung der Codekarte unter Bekanntgabe der Geheimnummer an Nichtberechtigte. Der Schutzzweck des bankvertraglichen Kartenüberlassungsverbotes ist allerdings ein anderer als der des § 263a I 3 StGB, so dass der Verstoß gegen dieses Verbot die Verwendung des Codes wohl nicht unbefugt macht.

A3 “betrugsspezifische Lösung” –> Umstrittenes Ergebnis:
a1 “hM” –> Kein unbefugtes Verwenden. Die Beauftragung zur Abhebung des Geldes ist als Erteilung einer Bankvollmacht zu werten. Da der Täter aber gegenüber einem Bankangestellten keine konkludente Erklärung über die Befugnisse im Innenverhältnis zum Auftraggeber abgeben würde, wenn er sich auftragswidrig einen Mehrbetrag auszahlen ließe, stellt die Bedienung des Bankautomaten in einem solchen Fall kein täuschungsäquivalentes Verhalten dar.
a2 –> unbefugtes Verwenden liegt vor, da der Berechtigte mit Übergabe von Codekarte und Geheimnummer keineswegs alle Befugnisse auf den Nichtberechtigten überträgt, so dass der konkrete Einzelauftrag nicht nur im Innenverhältnis, sondern auch im Außenverhältnis die Grenzen absteckt. Einen Bankangestellten würde der Täter damit sehr wohl konkludent über seine Befugnis täuschen.

Merke –> § 263a wird unstreitig nicht verwirklicht, wenn Person im Rahmen des Auftrages handelt, da Bank dann nach subjektiven Theorie zwar nicht einverstanden, aber es liegt kein Vermögensschaden vor da Bank durch Einwilligung gegen Kontoinhaber Anspruch auf Erstattung der Einwendungen erwirbt

397
Q

(P) –> Liegt “unbefugtes Verwenden” iSv. § 263a I Var. 3 StGB vor, wenn Person Dispokredit von seinem Girokonto bereits voll ausgeschöpft hat, aber gleichwohl mit Codekarte am Automaten seiner Bank weiter Geld abhebt?

A

A1 “subjektivierende Lösung” –> Es liegt wiederum ein unbefugtes Verwenden vor, weil es T nach den AGB seiner Bank nicht gestattet ist, den die Vermögensverschiebung auslösenden Geldbetrag einzutippen und zu bestätigen.

A2 “computerspezifische Lösung” –> Es liegt abermals kein unbefugtes Verwenden vor, da die Eingabe der PIN berechtigt erfolgt ist.

A3 “betrugsspezifische Lösung” –> Str.
a1 “hM.” –> Nein, (Täuschungsäquivalenz) bei fremden Bankautomaten werde in der Tat nur der Verfügungsrahmen geprüft. Damit bleibe hier allenfalls eine Strafbarkeit nach § 266b StGB
a2 “a.A” –> Ja, die Prüfung erstrecke sich auch darauf, ob die Karte gesperrt sei. Damit bestehe kein Anlass, die Täuschungsäquivalenz zu verneinen.

398
Q

Def. “die sonstige unbefugte Einwirkung auf den Ablauf” gem. § 263a I Var. 4 StGB?

A

Die 4. Var. bildet eine Auffangklausel, die eine Bestrafung von noch verbleibenden, von den anderen Varianten nicht erfassten strafwürdigen Manipulationen ermöglichen soll.
–> zB. Leerspielen eines Geldautomatens durch Verwendung rechtswidrig erlangter Kenntnisse

399
Q

Def. “Die Beeinflussung des Datenverarbeitungsvorgangs” iSd. § 263a I a.E. StGB?

A

Der Datenverarbeitungsvorgang gilt als beeinflusst, wenn eine der im Gesetz genannten Tathandlungen in den Verarbeitungsvorgang des Computers Eingang findet, seinen Ablauf irgendwie mitbestimmt und eine Vermögensverschiebung auslöst.

400
Q

Was ist sich zu § 265 StGB zu merken?

  1. Deliktsart
  2. STB und OTB
  3. Konkurrenz
A
  1. Deliktsart
    - -> abstraktes Gefährdungsdelikt, da es nicht zu einer konkreten Vermögensgefährdung zu kommen braucht
  2. STB und OTB
    a) OTB: es genügt, dass der Täter eine versicherte Sache beschädigt, zerstört, in ihrer Brauchbarkeit beeinträchtigt, beiseite schafft oder einem anderen überlässt.
    b) STB: Handeln in Absicht, sich oder einem anderen Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen. Nicht erforderlich ist, dass die Leistung durch die Versicherung auch tatsächlich erbracht wird; § 265 StGB ist ein Delikt mit überschießender Innentendenz. Ferner spielt es keine Rolle, ob der Begünstigte einen Anspruch auf die erstrebte Versicherungsleistung besitzt oder nicht.
  3. Konkurrenz: Subsidiär zu § 263 StGB
401
Q

Def. “Automatenmissbrauch” iSv. § 265a I Var. 1 StGB?

  1. Automaten
  2. Erschleichen von Leistungen
A
  1. Automaten: Automaten sind nach hM insb. Geräte, die eine entgeltliche Dienstleistung erbringen, sog. Leistungsautomaten (z.B. Musikboxen, Spielautomaten, Decoder für Pay-TV-Dienste, Ferngläser an Aussichtspunkten). Ob auch Warenautomaten (z.B. Getränke-Automaten) vom Tatbestand umfasst sind, ist umstritten.
  2. Erschleichen von Leistung: Ein Erschleichen liegt vor, wenn der Mechanismus, der die Entgeltlichkeit der Inanspruchnahme sichert, ordnungswidrig betätigt wird.
    - -> Nicht tatbestandsmäßig handelt dagegen derjenige, der den Automaten technisch korrekt bedient oder nur einen bereits bestehenden technischen Defekt ausnutzt.
402
Q

Def. “Missbrauch eines Telekommunikationsnetzes” gem. § 265a I Var. 2 StGB?

A

Auch hier liegt ein Erschleichen wiederum nur vor, wenn der Täter in ordnungswidriger Weise die techni-schen Schutzvorkehrungen umgeht.
–> Privatgespräch mit Arbeitstelefon ist nicht “Erschleichen”

403
Q

Def. “Beförderungserschleichung” gem. § 265a I Var. 3 StGB?

A

Der Rspr. zufolge stellt das „normale“ Schwarzfahren in Bus und Bahn ein Erschleichen dar, da der Täter durch sein äußerlich unauffälliges Verhalten den Anschein erweckt, ein ehrlicher Benutzer zu sein. (Eine aA verlangt dagegen das Ausschalten und Umgehen von Kontroll- und Sicherungsmaß-nahmen – etwa das Springen über eine Zugangsschranke in der U-Bahn-Station.)
→ Das Erschleichen ist zu verneinen, wenn der Benutzer die Beförderungsleistung offen und eindeutig als Schwarzfahrer in Anspruch nimmt.

404
Q

Prüfungsaufbau Computerbetrug gem. § 263a StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tathandlung
- unrichtige Gestaltung des Programms (1. Var.)
- Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten (2. Var.)
- unbefugte Verwendung von Daten (3. Var.)
- sonstige unbefugte Einwirkung auf den Ablauf (4. Var.)
b) dadurch Beeinflussung des Ergebnisses einer Datenverarbeitung (insb. Auslö-sung einer Vermögensverschiebung)
c) dadurch Vermögensschaden
2. subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht rechtswidriger Bereicherung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) besonders schwerer Fall, § 263a II i.V.m. § 263 III StGB
V) Strafantrag in den Fällen der §§ 247, 248a StGB, § 263 IV StGB
–> Qualifikation, § 263a II i.V.m. § 263 V StGB

405
Q

Def. “Zutrittserschleichung” gem. § 265a I Var. 4 StGB?

  1. Veranstaltungen
  2. Erschleichen
A
  1. Veranstaltungen: Veranstaltungen sind bspw. Theater- und Opernaufführungen, Konzerte, Sportereignisse. Als Einrichtungen zählen u.a. Museen, Schwimmbäder, Zoos und Parkhäuser.
  2. Erschleichen: Für das Erschleichen ist hier das Ausschalten oder Umgehen von Kontrollmaßnahmen erforderlich.
406
Q

Prüfungsaufbau “Raub” gem. § 249 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) fremde bewegliche Sache
b) Wegnahme
c) Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel
- Gewalt gegen eine Person
- oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
d) zeitlicher Zusammenhang von Nötigungsmittel und Wegnahme (nach aA finale Verknüpfung zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme)
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz inklusive finaler Verknüpfung zwischen Nötigungsmittel und Weg-nahme (nach aA finale Verknüpfung schon im objektiven Tatbestand zu prüfen)
b) Absicht rechtswidriger Zueignung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
–> Qualifikationen, § 250 I, IIStGB
–> Erfolgsqualifikation, § 251 StGB

407
Q

(P) –> Brauchen Nötigung und Wegnahme im Rahmen des Raubes gem. § 249 StGB im objektiven Tatbestand miteinander verknüpft zu sein und wo soll dies geprüft werden?

A

A1 “finale Knüpfung” hM. –> Nein, Nötigung soll nach der subjektiven Zwecksetzung des Täters als Mittel der Wegnahme dienen
–> Prüfung erst im subjektiven Tatbestand

A2 “aA.” –> Ansprechen schon im OTB

408
Q

Was ist die besonderheit des Raubes?

A
  1. Selbstständige Abwandlung
  2. Zweitaktiges Delikt:
    a) Diebstahl
    b) Qualifizierte Nötigung
409
Q

Def. “Die Gewalt gegen eine Person” iR. des Raubes gem. § 249 StGB + was ist sich zu merken?

A
  1. Jeder körperlich wirkende Zwang durch eine unmittelbare oder mittelbare Einwirkung auf einen anderen, der dazu dienen soll, die freie Willensentschließung oder Willensbetätigung eines anderen zu beeinträchtigen.
    - -> scheinbar enger als § 240 StGB str.
410
Q

Was ist sich zu “Die Gewalt gegen eine Person” iR. des Raubes gem. § 249 zu merken?

A

–> scheinbar enger als § 240 StGB str.

  1. Bei § 249 genügt psyichisch wirkende Gewalt nicht, es bedarf eines unmittelbaren Einwirkens
  2. Kraftentfaltung braucht nicht nennenswert sein (so wie bei § 240)
  3. Gewalt kann auch gegen Schlafende und Bewusstlose geübt werden
  4. Gewalt gegen Sachen genügt, wenn hierdurch körperlich wirkender Zwang ausgeübt wird
  5. Bedrohen mit Schusswaffe ist Gewalt gem. Rspr. wenn körperlich wirkende Schreckreaktion folgt (aA. = Drohungsvariante)
  6. Keine Gewalt vorliegend, wenn Täter durch listiges, schnelles und geschicktes Zugreifen erwarteten Widerstand nicht überwinden, sondern ihm zuvorkommen will
    - -> Gewalt setzt voraus, dass die körperliche Kraftentfaltung die Beeinträchtigung der Willens- und Entschließungsfreiheit bezweckt. Fehlt dieser Bezug, muss die Gewaltvariante verneint werden.
411
Q

Def. “Die Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben” iR. des Raubes gem. § 249 StGB?

  1. Drohung
  2. gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben
A
  1. Drohung: Unter einer Drohung versteht man wie bei § 240 StGB das auf Einschüchterung des Opfers gerichtete Inaussichtstellen eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt.
    - -> Ernstmeinen oder tatsächliches Verwirklichenkönnen spielt keine Rolle
    - -> Anschein der Ernstlichkeit genügt nach hM (Aa. –> Opfer muss sie tatsächlich ernst nehmen)
  2. gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben: Das in Aussicht gestellte Übel muss bei § 249 StGB in einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben bestehen
    - -> angedrohte Gefahr muss mehr als nur unerheblich sein
    - -> kann auch Leib oder Leben eines beliebigen Dritten betreffen
    - -> Täter kann auch mit Unterlassen drohen
412
Q

Was ist sich zu der Verknüpfung von Nötigungsmittel und Wegnahme iR. des Raubes gem. § 249 StGB zu merken

A
  1. “finale Verknüpfung” hM. –> Einsatz des Nötigungsmittels soll subjektiv den Zweck verfolgen, die Wegnahme zu ermöglichen
  2. Zeitlich müssen die Nötigungsmittel vor oder während der Wegnahme eingesetzt werden (Bei Nachfolge § 252 StGB)
  3. Wegnahme darf nicht als bloße Begleittat gelegentlich der Nötigung erfolgen
413
Q

Welche Problemfälle des Finalzusammenhangs beim Raub gem. § 249 StGB im Rahmen der Verknüpfung von Wegnahme und Nötigungsmittel gibt es?

A
  1. Fortdauern des Einsatzes –> Finalzusammenhang besteht, wenn Täter das Nötigungsmittel zunächst ohne Wegnahmevorsatz einsetzt, es dann aber aufgrund eines neuen Entschlusses auch als Mittel zur Wegnahme aufrecht erhält oder wiederholt anwendet
  2. Ausnutzen der Wirkung
    - -> Der Finalzusammenhang fehlt, wenn der Täter das Nötigungsmittel ohne Wegnahmevorsatz einsetzt und erst nach Abschluss des Einsatzes lediglich dessen fortdauernde Wirkung zur Wegnahme ausnutzen will.
  3. Gewaltanwendung durch nachfolgendes Unterlassen –> str.
  4. Vorbereitung der Wegnahme
    - -> Kein Finalzusammenhang, da Wirkung des Nötigungsmittels zum Zeitpukt der Wegnahme nicht mehr fortdauert
414
Q

(P) –> Gibt es “Gewaltanwendung durch nachfolgendes Unterlassen. wenn Täter die Wirkung des Nötigungsmittels trotz entsprechender Möglichkeit nicht beseitigt, weil er diese zur Wegnahme ausnutzen will” iR. des Raubes gem. § 249 StGB bei der Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme?

A

A1 “Unterlassungslösung” hM. –> Der Täter ist als Garant aus Ingerenz verpflichtet, die fortdauernde Zwangswirkung zu beseitigen. Indem er dies nicht tut, setzt er seine Gewaltanwendung durch Unterlassen fort, so dass der Finalzusammenhang besteht.

A2 “Lösung der fehlenden Modalitätenäquivalenz” –> Die Wegnahme unter Ausnutzung einer pflichtwidrig nicht beseitigten Zwangslage kann nicht mit dem Einsatz aktiver Gewalt auf eine Stufe gestellt werden; es fehlt damit die von § 13 I StGB geforderte Entsprechung des Unterlassens mit einem Tun. Zudem führt die Unterlassungskon-struktion zu Wertungswidersprüchen. Der besonders brutal vorgehende Täter, der sein Opfer bewusstlos geschlagen hat und insoweit die Zwangssituation nicht aufheben kann, wird weiterhin nur wegen Diebstahls bestraft, der weniger brutal agierende Täter dagegen wegen Raubes.

415
Q

Wann setzt der Täter beim Raub zum Versuch unmittelbar an?

A

Wenn er unmittelbar zur qualifizierenden Nötigung ansetzt, ansonsten lediglich Diebstahlsversuch

416
Q

Wie stehen Diebstahl, Nötigung und Raub in Gesetzeskonkurrenz?

A

§§ 240, 242 ff StGB treten hinter § 249 StGB als lex specialis zurück. Ist der Diebstahl al-lerdings vollendet, der Raub dagegen nur versucht, ist zur Klarstellung Tateinheit anzunehmen.

417
Q

Bis zu welchem Zeitpunkt ist beim Raub iSd. § 249 StGB noch “sukzessive Mittäterschaft” und “sukzessive Beihilfe” möglich?

  1. Vor Abschluss der Nötigungshandlung
  2. Nach Abschluss der Nötigungshandlung
A
  1. Vor Abschluss der Nötigungshandlung
    - -> Solange die qualifizierte Nötigungshandlung noch nicht abgeschlossen ist, sind Mittäterschaft und Beihilfe unproblematisch möglich.
  2. Nach Abschluss der Nötigungshandlung –>
    a) Mittäterschaft: str., ob eine Mittäterschaft noch möglich ist, wenn die qualifizierte Nötigung bereits vollzogen, die Wegnahme aber noch nicht vollendet ist.
    b) Beihilfe: Beihilfe ist unstreitig möglich, solange die Wegnahme noch nicht vollzogen ist
418
Q

(P) –> Ist eine Mittäterschaft iR. des Raubes gem. § 249 StGB noch möglich, wenn die qualifizierende Nötigung bereits vollzogen ist, die Wegnahme aber noch nicht vollendet ist?

A

A1 “Tatherrschaftslösung” hL. –> Mittäterschaft setzt Tatherrschaft voraus. Wer aber erst nach Abschluss der Nötigungshandlung hinzutritt, kann diesbezüglich nicht über Tatherrschaft (und auch nicht über den entsprechenden Tatherrschaftswillen) verfügen.
–> Der Betreffende wird wegen mittäterschaftlichen Diebstahls in Tateinheit mit Beihilfe zum Raub bestraft. (Die Beihilfe zum Raub bleibt deshalb möglich, weil sie keine Tatherrschaft verlangt, sondern sich mit einem Fördern begnügt. Fördern kann man die Tat aber auch, indem man allein die Wegnahme ermöglicht oder erleichtert.)

A2 “Zurechnungslösung” Rspr. –> Wer in Kenntnis und Billigung des bisher Geschehenen mitzuwirken beginnt, ist mit der Gesamttat einverstanden und muss sich diese deshalb einheitlich zurechnen lassen.
→ Der Betreffende wird bestraft wegen mittäterschaftlichen Raubes.

419
Q

(P) –> Kommt die Mittäterschaft oder zumindest die Beihilfe noch nach der Vollendung der Wegnahme in Betracht iR. des Raubs gem. § 249?

A

A1 “Beendigungslösung” Rspr. –> Mittäterschaft und Beihilfe sind auch noch nach Vollendung
der Tat bis zu ihrer Beendigung (= Sicherung der Beute) möglich, da die
Rechtsgutsverletzung erst zu diesem Zeitpunkt endgültig wird, ein Tatbeitrag also
insoweit noch Wirksamkeit entfalten kann.

A2 “Vollendungslösung” hL. –> Mittäterschaft und Beihilfe können nur bis zur Vollendung
der Wegnahme erfolgen, denn mit diesem Zeitpunkt ist die Begehung der Tat
abgeschlossen.

420
Q

Welche Qualifikationstatbestände gibt es iR. des “schweren Raubes” gem. § 250 I StGB und was ist sich zu ihnen zu merken?

A
  1. § 250 I Nr. 1a –> entspricht den Voraussetzungen des § 244 I Nr. 1a StGB
  2. § 50 I Nr. 1b–> Die Voraussetzungen entsprechen denen des § 244 I Nr. 1b StGB
    - -> auch Scheinwaffen
  3. § 250 I Nr. 1c –> schwere Gesundheitsschädigung =
    - alle erfolgsqualifizierenden besonderen Folgen des § 226 I StGB,
    - alle gesundheitlichen Schäden mit vergleichbarem Schweregrad wie etwa der Verlust
    wichtiger innerer Organe,
    - sowie nach hM auch Verletzungsfolgen unterhalb dieses Schweregrades, wenn die
    Gesundheit ernstlich, einschneidend oder nachhaltig betroffen ist, also z.B. zur Wiederherstellung
    der Gesundheit intensivmedizinische Maßnahmen oder umfangreiche
    und langwierige Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich sind.
  4. § 250 I Nr. 2 –> Voraussetzungen entsprechen denen des § 244 I Nr. 2 StGB (Bandendiebstahl)
421
Q

Definitionen des “Raubs unter Verwendung einer Waffe” gem. § 250 II Nr. 1 Var. 1?

  1. Waffe
  2. Verwendung
A
  1. Waffe: Der Waffenbegriff entspricht dem aus §§ 244 I Nr. 1a, 250 I Nr. 1a StGB.
  2. Verwenden: Der Täter verwendet die Waffe, wenn er sie als Mittel der Gewaltanwendung
    oder als Drohmittel gebraucht. Im Falle der Drohung setzt das voraus, dass der
    Bedrohte die Waffe auch wahrnimmt.
    –> objektiv gefährliche Eigenschaft
    –> Das griffbereite Mitführen der Munition genügt hier (im Unterschied zu § 250
    I Nr. 1a StGB) nicht, denn dass der Täter die Pistole durch das Laden in Sekundenschnelle
    als objektiv gefährliche Waffe verwenden könnte, bedeutet eben nicht,
    dass er sie als solche auch tatsächlich verwendet.
422
Q

Wie steht § 250 II StGB zu § 249 StGB?

A

Es sind weitere Qualifikationstatbestände.

423
Q

Liegt ein Verwenden einer Waffe iSv. § 250 II Nr. 1 Var. 1 StGB vor, wenn der Täter die Waffe nach Vollendung des Raubes einsetzt?

A
  1. Setzt der Täter die Waffe nach Vollendung aber noch vor Beendigung der Raubtat
    die Waffe mit dem Ziel einer weiteren Wegnahme ein, so genügt dies für ein Verwenden
    bei der Tat auch dann, wenn es zu der erstrebten weiteren Wegnahme nicht
    kommt.
    (+) es ist eine einheitliche Tat und nicht zwei Taten, wodurch die Waffe zur Intensivierung des Angriffs auf das Eigentums dient
  2. Das bloße Beisichführen wird allerdings nicht schon deshalb zum Verwenden als
    Drohmittel, weil das Opfer die Waffe wahrnimmt und bereits dadurch eingeschüchtert
    wird.
424
Q

(P) –> Wie wird der Begriff des “gefährlichen Werkzeugs” iR. des § 250 II Nr. 1 Var. 2 beim Raub unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs verstanden?

A

–> Weitere Auslegung des Begriffs

  1. § 250 II Nr. 1 Var. 2 StGB ist in jedem Fall erfüllt, wenn der verwendete Gegenstand ein
    gefährliches Werkzeug i.S. von §§ 244 I Nr. 1a, 250 I Nr. 1a StGB darstellt (d.h. einen
    Gegenstand, der der Rspr zufolge nach seiner objektiven Beschaffenheit ähnlich einer
    Waffe geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen).
  2. § 250 II Nr. 1 Var. 2 StGB kann aber auch erfüllt sein, wenn der verwendete Gegenstand
    nicht unter § 244 I Nr. 1a, 250 I Nr. 1a StGB fällt.
    - Wird der Gegenstand als Gewaltmittel eingesetzt, bildet er auch ein gefährliches
    Werkzeug, wenn er nach der Art der konkreten Verwendung geeignet ist erhebliche
    Verletzungen herbeizuführen.
    → Die Gefährlichkeit des Werkzeugs wird hier wie bei § 224 I Nr. 2 StGB konkretverwendungsbezogen
    bestimmt.
  3. Wird der Gegenstand als Drohmittel eingesetzt, bildet er auch ein gefährliches
    Werkzeug, wenn die Realisierung dieser Drohung objektiv möglich ist und zu erheblichen
    Verletzungen führen kann.
  4. Die Drohung mit Scheinwaffen fällt dagegen nicht unter § 250 II Nr. 1 Var. 2 StGB
    (sondern nur unter § 250 I Nr. 1b StGB). Anderenfalls würde die gesetzliche Systematik
    unterlaufen, die in § 250 I Nr. 1 StGB gerade zwischen gefährlichen Werkzeugen
    und sonstigen Werkzeugen unterscheidet und dann in § 250 II Nr. 1 StGB
    nur die Verwendung gefährlicher Werkzeuge und eben nicht auch die Verwendung
    sonstiger Werkzeuge unter nochmals erhöhte Strafe stellt.
425
Q

Welche weiteren Varianten des “schweren Raubes” gem. § 250 II StGB gibt es und was sind ihre Eigenschaften?

A

• § 250 II Nr. 2: Diese Regelung qualifiziert den Bandenraub nochmals, wenn der Täter
oder ein anderer Beteiligter (bei dem es sich nicht um ein Bandenmitglied zu handeln
braucht) bei der Tat zudem eine Waffe bei sich führen.
• § 250 II Nr. 3a: Eine körperlich schwere Misshandlung liegt vor, wenn die körperliche
Unversehrtheit oder das körperliche Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt werden –
so etwa bei der Zufügung besonders starker Schmerzen.
• § 250 II Nr. 3b: Der Täter oder ein weiterer Beteiligter muss einen anderen – nicht
notwendig das Raubopfer – durch die Tat in die konkrete Gefahr des Todes bringen.

426
Q

Wie ist die Konkurrenzlage innerhalb der Tatbestände des § 250 StGB?

A

Erfüllt der Täter mehrere Tatbestände des § 250 StGB, gilt Folgendes:
- Die Tatbestände des Abs. 1 treten hinter die des Abs. 2 zurück.
- Bei mehreren Tatbeständen des Abs. 1 bzw. des Abs. 2 liegt nach hM nur ein einziger
schwerer Raub vor

427
Q

Wer muss “Betroffener” iSd. “Raubes mit Todesfolge” gem. § 251 StGB sein?

A
  1. Der Tod braucht nicht beim Opfer des Raubes einzutreten; betroffen
    kann auch jeder Unbeteiligte sein.
  2. Tatbeteiligte scheiden dagegen als taugliches Opfer aus. Dies leitet man aus § 250 I
    Nr. 1c, II Nr. 3 StGB ab, da die dort auf Opferseite genannte „andere Person“ kein auf
    Täterseite genannter „anderer Beteiligter“ sein kann.
428
Q

Was ist “Anknüpfungspunkt” iR. des Raubes mit Todesfolge gem. § 251 StGB?

A
  1. Der Tod muss aus der Anwendung der raubspezifischen Nötigungsmittel
    resultieren.
  2. Es reicht nach hM nicht aus, dass der Tod als Folge der Wegnahme eintritt, da ein
    solcher tödlicher Verlauf genauso beim Diebstahl möglich und damit nicht raubspezifisch
    ist.
  3. Tritt der Tod nicht als unmittelbare Folge der Tat, sondern erst vermittelt durch das
    Handeln des Opfers oder eines Dritten ein, liegt der Gefahrenzusammenhang nur
    vor, wenn dieses Handeln gerade in der Nötigung seinen Grund hat.
429
Q

(P) –> Zu welchem Zeitpunkt muss die Todesursache iR. des Raubes mit Todesfolge gem. § 251 StGB gesetzt werden?

A

A1 “Beendigungslösung” Rspr. –> Todesursache kann auch noch nach Raubvollendigung bist zur Beendigung erfolgen, da die Phase der Beutesicherung nicht weniger gefährliche sit, als die Wegnahmephase. Typische Begleitumstände eines Raubes sind auch Konfrontationen mit dem Opfer oder Dritten in der Beutesicherungs und Fluchtphase, sodass die sich daraus ergebenden Gefahren von § 251 StGB mit umfasst werden
(-) § 251 verlangt die Todesverursachung durch den Raub und nicht gelegentlich des Raubes
(-) Die Grenzen zum räuberischen Diebstahl gem. § 252 verschwimmen, da dieser gerade die Fälle regeln soll, in denen die qualifizierenden Nötigungsmittel erst nach Wegnahme zum Zweck der Beutesicherung eingesetzt werden
(+) Als Raub gilt das gesamte Tatgeschehen bis zur Beendigung, so dass der Tod hier sehr wohl durch den Raub verursacht wird

A2 “Vollendungslösung” hL. –> Die Todesursache muss im Ausführungsstadium, d.h. im
Zeitraum zwischen Versuch und Vollendung des Raubes gesetzt werden.
→ Todesverursachende Handlungen nach Vollendung der Tat sind nicht als Raub
mit Todesfolge strafbar

430
Q

Definitionen + zu Merkendes iR. des Raubes mit Todesfolge gem. § 251 StGB?

  1. Leichtfertigkeit
  2. Vorsatz
  3. Konkurrenzen
A
  1. Leichtfertigkeit –> Leichtfertigkeit entspricht der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht;
    sie liegt vor, wenn sich dem Täter die Möglichkeit des Erfolgseintritts geradezu aufdrängen
    muss.
  2. Vorsatz –> Handelt der Täter hinsichtlich der schweren Folge nicht lediglich leichtfertig,
    sondern sogar vorsätzlich, schließt das § 251 StGB nicht aus, denn der Tatbestand verlangt
    wenigstens Leichtfertigkeit, ist also folglich auch dann erfüllt, wenn Vorsatz vorliegt.
  3. Konkurrenzen –> Handelt der Täter hinsichtlich des Todes vorsätzlich, tritt § 251 StGB
    nach hM nicht hinter die §§ 211, 212 StGB zurück; vielmehr ist aus Klarstellungsgründen
    Tateinheit anzunehmen.
431
Q

(P) –> Liegt Wegnahme und somit Raub mit Todesfolge gem. § 251 StGB vor, wenn der Täter die fremde bewegliche Sache erst an sich nimmt, nachdem das Opfer an der Gewaltanwendung verstorben ist?

A

A1 “Versuchslösung” –> Es liegt keine Wegnahme vor, denn zum Zeitpunkt der Gewahrsamsbegründung
durch den Täter war die Sache infolge des bereits eingetretenen Todes des
Opfers gewahrsamslos, so dass der Täter keinen fremden Gewahrsam gebrochen hat.
–> Der Täter ist strafbar wegen versuchten Raubes mit Todesfolge (erfolgsqualifizierter
Versuch) in Tateinheit mit vollendeter Unterschlagung

A2 “Vollendungslösung” Rspr. –> Es liegt eine Wegnahme vor, denn maßgeblich sind die
Gewahrsamsverhältnisse bei Vornahme der Raubhandlung, d.h. dem Einsatz der Nötigungsmittel.
Zu diesem Zeitpunkt besaß das Opfer noch Gewahrsam, den der Täter
dann gebrochen hat.
→ Der Täter ist strafbar wegen vollendeten Raubes mit Todesfolge
(-) Keine saubere Argumentation des BGH: Er spricht nur von den Gewahrsamsverhältnissen bei der Raubhandlung, der Raub ist jedoch zweiaktiges Delikt, das sich aus zwei Tathandlungen zusammensetzt, sodass es auch auf die Gewahrsamsverhältnisse zum Zeitpunkt der Gewahrsamsbegründung ankommt
(-) Zudem stellt sich die Frage, worin dann eigentlich genau der Gewahrsamsbruch besteht, offenbar im Töten des bisherigen Gewahrsamsinhabers, denn dadurch wird der Gewahrsam beseitigt

432
Q

Welche beiden Erfolgsqualifikationen sind iR. des versuchten Raubes mit Todesfolge gem. § 251 so wie bei jeder Erfolgsqualifikation zu unterscheiden?

A
  1. versuchte Erfolgsqualifikation: Der Täter hat bei Begehung des Raubes auch Vorsatz
    hinsichtlich des Todes als besonderer Folge; sein Eintritt bleibt jedoch aus.
    –> Aus der Formulierung, dem Täter müsse hinsichtlich der besonderen Folge „wenigstens“
    Leichtfertigkeit zur Last fallen, folgt – wie soeben schon gesagt –, dass die qualifizierende
    Folge auch vorsätzlich verwirklicht werden kann. Damit ist zugleich eine
    versuchte Erfolgsqualifikation möglich.
    → Der Täter wird also im Beispiel verurteilt wegen vollendeten Raubes in Tateinheit
    mit versuchtem Raub mit Todesfolge (in Tateinheit mit versuchtem Mord aus
    Habgier).
  2. erfolgsqualifizierter Versuch: Der Raub wird nicht vollendet; der Täter führt die besondere
    Folge indes bereits durch sein unmittelbares Ansetzen herbei.
    –> Gem. § 11 II StGB sind Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen wie vorsätzliche Taten
    zu behandeln, so dass nach hM auch ein erfolgsqualifizierter Versuch (zumindest bei
    Strafbarkeit des Versuchs des Grunddelikts) möglich ist.
    → Der Täter wird also bestraft wegen versuchten Raubes mit Todesfolge.
433
Q

Wie ist der Rücktritt jeweils von den Erfolgsqualifikationen des “versuchten Raubes mit Todesfolge” möglich?

A
  1. Rücktritt von der versuchten Erfolgsqualifikation: Nach hM ist der Rücktritt unter
    den Voraussetzungen des § 24 StGB hier unproblematisch möglich, und zwar unabhängig
    davon, ob das Grunddelikt sich noch im Versuchsstadium befindet oder bereits vollendet
    ist (so dass der Täter von diesem freilich nicht mehr zurücktreten kann).
  2. Rücktritt vom erfolgsqualifizierten Versuch: Nach hM bleibt der Rücktritt trotz Eintritt
    der besonderen Folge auch hier möglich:
    → Der Täter kann, solange der tatbestandliche Erfolg noch nicht eingetreten ist, gem.
    § 24 StGB vom Grunddelikt zurücktreten.
    → Da aber die Erfolgsqualifikation das Vorliegen des Grunddelikts voraussetzt, muss
    der Rücktritt vom Grunddelikt auch auf die Erfolgsqualifikation durchschlagen.
434
Q

Prüfungsaufbau Raub mit Todesfolge gem. § 251 StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) Raub nach §§ 249, 250 StGB
2) Tod eines anderen Menschen als besondere Folge
3) Kausalität zwischen Raub und Tod
4) objektive Zurechnung
- Zurechnung des Todes nach allgemeinen Zurechnungsregeln (insb. Berücksichtigung
der Verantwortungsbereiche)
- tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang
5. wenigstens Leichtfertigkeit hinsichtlich des Todes
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld

435
Q

Prüfungsaufbau räuberischer Diebstahl gem. § 252 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) bei einem Diebstahl
b) auf frischer Tat betroffen
c) Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel
- Gewalt gegen eine Person
- oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Besitzerhaltungsabsicht
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
--> Qualifikationen, § 250 I, II StGB
--> Erfolgsqualifikation, § 251 StGB
436
Q

(P) –> Muss für Strafbarkeit wegen räuberischen Diebstahls gem. § 252 StGB die person Täter sein?

A

A1 “Teilnehmerlösung” Rspr. –> Täter des § 252 StGB kann auch der Teilnehmer des Dieb-stahls sein, sofern er dann unmittelbaren Besitz an der gestohlenen Sache erlangt hat.

A2 “Täterlösung” hL. –> Täter des § 252 StGB kann nur der (Mit-)Täter des Diebstahls sein, da die Vergleichbarkeit zum Raub („… ist gleich einem Räuber zu bestrafen“) nur gege-ben ist, wenn der Betreffende ebenso wie beim Raub beide Deliktskomponenten – die Nötigung und den Diebstahl – täterschaftlich verwirklicht.

437
Q

Definitionen zum räuberischen Diebstahl gem. § 252 StGB?

  1. bei einem Diebstahl
  2. Auf frischer Tat betroffen
  3. Die Besitzerhaltungsabsicht
A
  1. bei einem Diebstahl:
    - -> Diebstahl muss vollendet sein aber darf noch nicht beendet sein
  2. Auf frischer Tat betroffen: Auf frischer Tat betroffen ist der Täter nach hM, wenn er bei oder alsbald nach Vollendung der Wegnahme am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe von einem anderen wahrgenommen, bemerkt oder schlicht angetroffen wird.
    –> enger-zeitlicher Zusammenhang
    → Ist der Täter am Tatort oder dessen unmittelbarer Nähe betroffen worden, ist § 252 StGB auch dann erfüllt, wenn die Nötigungsmittel erst im Verlauf einer Flucht zum Einsatz kommen. Dabei kann dem BGH zufolge die Person, gegen die sie eingesetzt werden, auch erst später bei der Verfolgung hinzugekommen sein.
  3. Die Besitzerhaltungsabsicht: § 252 StGB enthält als besonderes subjektives Tatbestandsmerkmal die Absicht (i.S. von dolus directus 1. Grades) sich im Besitz (i.S. der tatsächlichen Sachherrschaft) der gestohlenen Sache zu erhalten.
438
Q

(P) –> Muss iR. des räuberischen Diebstahls gem. § 252 StGB beim “Auf frischer Tat betreffen” der Dritte den Täter wahgenommen haben?

A

A1 “restriktive Lösung” –> Betreffen ist aus der Perspektive des Dritten zu bestimmen und bedeutet „antreffen“, „ertappen“, „bemerken“.
→ Nimmt der Dritte den Täter nicht wahr, „betrifft“ er ihn auch nicht.

A2 “extensive Lösung” –> Betreffen kann auch aus Sicht des Täters bestimmt werden als „zusammentreffen“, „begegnen“.
→ Es wird auch der Täter „betroffen“, der durch schnelles Zuschlagen oder einen anderen Überraschungsangriff dem von ihm befürchteten Bemerktwerden zuvorkommt.
→ Ob der Dritte tatsächlich bereit ist, zum Schutz des bisherigen Gewahrsamsinhabers einzuschreiten, spielt keine Rolle; § 252 StGB verlangt nur die Besitzerhaltungsabsicht und nicht, dass die Tat auch objektiv für eine Besitzerhaltung ursächlich wird.

439
Q

Was ist sich zur “Besitzerhaltungsabsicht” iR. des räuberischen Diebstahls gem. § 252 StGB zu merken?

A
  1. Braucht objektiv nicht verwirklicht zu sein (Delikt mit überschießender Innentendenz)
  2. Objektiv muss sich Sache aber noch im Gewahrsam des Täters befinden: Ein solcher Besitz soll in Form eines mittelbaren Eigenbesitzes allerdings auch dann noch bestehen, wenn der Täter die Sache seinem Gehilfen übergeben hat und dann gegen den Dritten vorgeht, um diesen mittelbaren Eigenbesitz zu verteidigen.
  3. Die Besitzerhaltungsabsicht braucht nicht der einzige Beweggrund für den Einsatz der Nötigungsmittel zu sein. Die Besitzerhaltungsabsicht ist also nicht etwa deshalb zu ver-neinen, weil es dem Täter auch darum geht, seine Flucht sicherzustellen.
  4. Keine Besitzerhaltungsabsicht liegt allerdings vor, wenn der Täter nur noch seine Flucht ermöglichen bzw. sich der Festnahme oder Überführung entziehen will. Das ist selbst dann der Fall, wenn der Täter die Sache zwar behalten will, jedoch nur noch deshalb, um nicht überführt zu werden.
  5. Die aus Sicht des Täters drohende Besitzentziehung muss nach hM gegenwärtig sein oder unmittelbar bevorstehen; es genügt nicht, wenn der Täter lediglich eine künf-tige Entziehung des Besitzes zu verhindern beabsichtigt.
  6. Der Täter muss sich selbst im Besitz der Sache erhalten wollen; die Absicht, einem Dritten den Gewahrsam zu erhalten, genügt nicht (wohl aber die Absicht, sich selbst im Besitz zu erhalten, um diesen dann später auf einen Dritten zu übertragen).
    Bei der Mittäterschaft genügt es allerdings, wenn der eine Mittäter die vom anderen Mittäter ausgeübte und ihm nach § 25 II StGB zurechenbare Sachherrschaft sichern will.
  7. Die Besitzentziehung muss nach hM (aus Sicht des Täters) zugunsten des bisherigen Gewahrsamsinhabers drohen. Will der Täter die deliktische Besitzerlangung eines Dritten abwenden, fällt dies nicht unter § 252 StGB.
440
Q

Was sind Qualifikationen des räuberischen Diebstahls gem. § 252 StGB?

A

Aus der Formulierung „ist gleich einem Räuber zu bestrafen“ wird geschlossen, dass die Qualifikationstatbestände der §§ 250, 251 StGB auch für den räuberischen Diebstahl gel-ten.

441
Q

Konkurrenzen des räuberischen Diebstahls gem. § 252 StGB?

A
  • Handelt es sich bei der Vortat um einen Raub, tritt § 252 StGB nach dem Gedanken der mitbestraften Nachtat hinter § 249 StGB zurück.
  • Ist der räuberische Diebstahl allerdings stärker nach §§ 250, 251 StGB qualifiziert als der Raub, wird der Raub von dem qualifizierten räuberischen Diebstahl verdrängt.
  • Sind hingegen Raub und räuberischer Diebstahl gleich qualifiziert, geht wieder der Raub vor.
442
Q

Prüfungsaufbau des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gem. § 316a StGB?

A

I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Verüben eines Angriffs auf Leib, Leben oder Entschlussfreiheit
b) des Führers oder eines Mitfahrers eines Kfz
c) unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht zur Begehung eines Raubes, eines räuberischen Diebstahls oder einer räuberischen Erpressung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) minder schwerer Fall, § 316a II StGB
–> Erfolgsqualifikation, § 316a III StGB

443
Q

Definition des räuberischen Angriff auf Kraftfahrer gem. § 316 StGB?

  1. Das Verüben eines Angriffs auf Leib, Leben oder Entschlussfreiheit
  2. Der Führer oder Mitfahrer eines Kraftfahrzeuges
    (1) Führer
    a. verkehrsbedingter Halt
    b. nicht verkehrsbedingter Halt
    (2) Mitfahrer
  3. Das Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs
    a. vollständige Kontrolle über Opfer vor Fahrt
    b. Angriff auf Opfer erst unmittelbar vor Fahrt begonnen und dann während Fahrt fortgesetz
    c. haltende Fahrzeuge
A
  1. Das Verüben eines Angriffs auf Leib, Leben oder Entschlussfreiheit: Als Angriff zählt jede Bedrohung der genannten Güter durch Dritte, Mitfahrer oder den Fahrer selbst. Der Angriff kann sowohl innerhalb des Fahrzeugs als auch außerhalb er-folgen.
  2. Der Führer oder Mitfahrer eines Kraftfahrzeuges: Als Führer eines Kraftfahrzeugs gilt, wer ein Kfz in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist. Bei haltenden Fahrzeugen differenziert die hM:
    a. verkehrsbedingter Halt: Bei einem verkehrsbedingten Halt (z.B. Anhalten an der ro-ten Ampel) ist der Fahrer stets mit der Bewältigung eines Verkehrsvorgangs beschäf-tigt; daher spielt es hier für die Führereigenschaft keine Rolle, ob der Fahrer den Motor weiterlaufen lässt oder ihn vorübergehend ausschaltet.
    b. nicht verkehrsbedingter Halt: Bei einem nicht verkehrsbedingten Halt (z.B. Anhalten in einer Parkbucht) ist dagegen zu unterscheiden:
    i. Der Fahrer bleibt Führer, solange er sich im Fahrzeug aufhält und der Motor läuft; der laufende Motor zeigt i.d.R. an, dass noch ein betrieblicher Vorgang stattfindet.
    ii. Fahrer, die den Motor abstellen und/oder sich – und sei es nur vorübergehend – außerhalb des Fahrzeuges aufhalten, gelten hingegen nicht mehr als Kfz-Führer.
    (2) Mitfahrer: Mitfahrer ist jeder, der sich in einem Fahrzeug befindet, das von einem Kfz-Führer ge-führt wird.
  3. Das Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs: Der Täter nutzt die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs aus, wenn er sich eine Gefahrenlage zunutze macht, die dem fließenden Straßenverkehr eigentümlich ist. Diese Gefahrenlage findet etwa ihren Ausdruck in der Beanspruchung des Fahrers durch das Steuern des Fahrzeuges, so dass hier bei Angriffen eine Gegenwehr erschwert ist und er leichter Opfer eines räuberischen Angriffs werden kann.
    (P) –>
    a. vollständige Kontrolle über Opfer vor Fahrt = kein Ausnutzen
    b. Angriff auf Opfer erst unmittelbar vor Fahrt begonnen und dann während Fahrt fortgesetz = Ausnutzen
    c. haltende Fahrzeuge = Ankommen ob Konzentration sich auf Führen des Fahrzeugs richtet oder auf andere Sache
444
Q

Prüfungsaufbau der Erpressung gem. § 253 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Einsatz von Nötigungsmitteln:
- Gewalt
- Drohung mit einem empfindlichen Übel
b) Nötigen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung
c) Vermögensverfügung (nach hL)
d) Vermögensnachteil
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht rechtswidriger Bereicherung
II) Rechtswidrigkeit
1) Fehlen von Rechtfertigungsgründen
2) Verwerflichkeit gem. § 253 II StGB
III) Schuld
IV) besonders schwerer Fall, § 253 IV StGB
--> Qualifikation, § 255StGB
445
Q

Prüfungsaufbau der räuberischen Erpressung gem. § 255 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel:
- Gewalt gegen eine Person
- oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
b) Nötigen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung
c) Vermögensverfügung (nach hL)
d) Vermögensnachteil
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht rechtswidriger Bereicherung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
--> Qualifikationen, § 250 I, II StGB
--> Erfolgsqualifikation, § 251 StGB
446
Q

Definitionen iR. der Erpressung/räuberischen Erpressung?

  1. Tatmittel einfache Erpressung
  2. Tatmittel bei der räuberischen Erpressung
  3. Nötigen zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen
A
  1. Tatmittel: Tatmittel sind wie bei § 240 StGB Gewalt und die Drohung mit einem empfindlichen Übel.
    - -> Kein empfindliches Übel ist die Drohung mit dem Unterlassen eines rechtlich verbotenen Verhaltens
  2. Tatmittel bei der räuberischen Erpressung: Tatmittel sind wie bei § 249 StGB als qualifizierte Nötigungsmittel Gewalt gegen eine Person oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben.
  3. Nötigen zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen: Der Täter muss dem Opfer durch das eingesetzte Nötigungsmittel ein Handeln, Dulden oder Unterlassen aufzwingen.
447
Q

(P) –> Muss in dem Tun, Dulden oder Unterlassen, das der Täter dem Opfer aufnötigt, eine Vermögensverfügung leigen iR. der räuberischen Erpressung gem. § 255 StGB?

A

A1 “Rspr.” –> Es genügt jedes beliebige Tun, Dulden und Unterlassen, das zu einem Vermögensnachteil führt.
(+) Wortlaut von § 253 StGB verlangt keine Vermögensverfügung
- Fordert man eine Vermögensverfügung, wird als Gewalt nur noch die vis compul-siva, nicht aber die besonders intensive vis absoluta erfasst. Für eine solche vom Gewaltbegriff des § 240 StGB abweichende Begriffsbestimmung gibt es keinen sys-tematischen Grund.
- Das Erfordernis der Vermögensverfügung führt zu Schutzlücken: Alle abgenötigten Vermögenseinbußen, die weder auf Verfügungen beruhen noch die Voraussetzun-gen des Raubes erfüllen wie hier die abgenötigte Gebrauchsanmaßung, wären nur noch nach § 240 StGB (und ggf. § 248b StGB) strafbar.
→ §§ 253, 255 StGB erfassen alle in Bereicherungsabsicht mit (qualifizierten) Nöti-gungsmitteln herbeigeführten Vermögensschädigungen.
→ Danach ist M der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig. (§ 240 StGB und § 248b StGB treten hinter § 255 StGB zurück.)
→ Der Raub bildet einen Spezialfall der räuberischen Erpressung, so dass § 249 als lex specialis § 255 StGB auf Konkurrenzebene verdrängt.

A2 “hL.” –> Das abgenötigte Tun, Dulden oder Unterlassen muss eine Vermögensverfügung darstellen (sog. Verfügungslösung).
(+) Versteht man § 255 StGB gegenüber § 249 StGB als die allgemeinere Regelung, wird letzterer überflüssig, da dann jeder Raub zugleich eine räuberische Erpressung ist. Zudem ist es systematisch unstimmig, dass § 255 als allgemeinere Vorschrift auf § 249 StGB als speziellere Vorschrift zurückverweist („gleich einem Räuber“).
- Indem die Rspr die mit qualifizierten Nötigungsmitteln abgenötigte Gebrauchsan-maßung über § 255 StGB wie einen Raub bestraft, unterläuft sie die Privilegierung der bloßen Gebrauchsanmaßung, die der Wegnahme einer Sache in Zueignungs-absicht wertungsmäßig gerade nicht gleichsteht.
→ Danach ist es kein Mangel, dass M nicht nach § 255 StGB bestraft werden kann, sondern im Gegenteil folgerichtig. M ist somit nur der Nötigung in Tateinheit mit unbefugtem Gebrauch eines Fahrzeugs in Tateinheit mit Körperverletzung schul-dig.
- Das Erfordernis der Vermögensverfügung ermöglicht eine klare Abgrenzung von § 255 StGB und § 249 StGB: Danach ist die (räuberische) Erpressung anders als Raub und Diebstahl kein Fremdschädigungsdelikt, sondern wie der Betrug ein Selbst-schädigungsdelikt. So wie die selbstschädigende Vermögensverfügung bei § 263 StGB erschlichen wird, wird sie bei §§ 253, 255 StGB erzwungen.
→ Raub und räuberische Erpressung schließen einander bereits auf Tatbestands-ebene wechselseitig aus.

448
Q

(P) –> Wie werden Raub und räuberische Erpressung abgegrenzt?

A

A1 “Rspr.” –> Für die Abgrenzung zwischen der räuberischen Erpressung als genereller Regelung und dem Raub als vorrangiger Spezialregelung kommt es auf das äußere Erscheinungsbild des Geschehens an:

  • Lässt sich der Täter die Sache geben, liegt nur eine räuberische Erpressung vor.
  • Nimmt der Täter die Sache weg, handelt es sich um Raub (der die gleichfalls vorlie-gende räuberische Erpressung verdrängt)

A2 “hL.” –> Entscheidend ist die innere Willensrichtung beim Genötigten. Eine räuberische Erpressung und kein Raub liegt vor, wenn das Opfer eine Vermögensverfügung in Form einer willentlichen Gewahrsamsübertragung vornimmt.
- Nimmt der Täter die Sache weg, handelt es sich mangels einer willentlichen Ge-wahrsamsübertragung stets um Raub.
- Lässt sich der Täter die Sache geben, kommt es darauf an:
⇨ Geht das Opfer davon aus, dass seine Mitwirkung erforderlich ist, damit der Tä-ter Gewahrsam erlangt, so stellt das abgenötigte Verhalten eine willentliche Gewahrsamsübertragung dar und begründet damit eine räuberische Erpressung.
Bsp.: Der Täter fordert das Opfer unter Androhung lebensgefährlicher Gewalt dazu auf, die Sache aus einem geheimen Versteck, das er nicht kennt, zu holen und ihm zu überge-ben.
⇨ Nimmt das Opfer an, dass der Täter den Gewahrsam auch ohne seine Mitwirkung zu erlangen vermag, fehlt es mangels einer durchhaltbaren Verhaltensalternative an einer willentlichen Gewahrsamsübertragung, so dass trotz des äußerlichen Gebens in Wirklichkeit eine Wegnahme und damit Raub vorliegt.
→ S wird damit, da P glaubt, wenn er dem Täter seine Geldbörse nicht gibt, werde dieser sie sich ohnehin nehmen, wegen Raubes bestraft.
Der Begriff der Vermögensverfügung wird von der hL erpressungsspezifisch ausge-legt. Es ist anders als bei § 263 StGB nicht erforderlich, dass die Vermögensverschiebung freiwillig erfolgt.

449
Q

In welchem Fall wird die Abgrenzung Raub und räuberische Erpressung relevant?

A

Relevant wird der Streit über die richtige Abgrenzung damit nur in folgendem Fall: Der Täter lässt sich die Sache geben; dieses Gebenlassen stellt aber keine Vermögensverfügung dar (so wie im Fall 83). Hier empfiehlt es sich, mit § 249 StGB zu beginnen, da dieser aus Sicht der Rspr. das speziellere Delikt darstellt und aus Sicht der hL sein Vorliegen die §§ 253, 255 StGB ausschließt. Bei der Wegnahme ist dann die Abgrenzung Raub/räuberische Erpressung zu diskutieren: aus Sicht der Rspr wegen des Gebenlassens Wegnahme (-); aus Sicht der hL mangels Vermögensver-fügung (+). Für die weitere Prüfung kommt es dann auf Folgendes an:

  • Folgt man der hL und bejaht den Raub, braucht dann die räuberische Erpressung wegen des wechselseitigen Ausschlussverhältnisses nicht mehr geprüft zu werden.
  • Verneint man den Raub, weil man der Rspr. folgt, ist anschließend die räuberische Erpressung zu prüfen und wegen des Gebenlassens zu bejahen.
  • Verneint man den Raub, weil man zwar die Wegnahme mit der hL bejaht hat, dann aber die Zueignungsabsicht fehlt, ist anschließend ebenfalls die räuberische Erpressung zu prüfen, je-doch wegen der fehlenden Vermögensverfügung zu verneinen (konsequent bleiben!).
450
Q

(P) –> Liegr räuberische Erpressung oder Raub vor, wenn der fremdschädigende Eingriff durch das Opfer ermöglicht wird?

A

A1 “Rspr.” –> Das erzwungene Geben des Opfers führt noch nicht zu einer Vermögensminderung, sondern erst das Nehmen des Täters.
→ Der Täter ist wegen Raubes zu bestrafen.

A2 “hL.” –> Eine Vermögensverfügung setzt voraus, dass die Handlung des Opfers eine unmittelbar vermögensmindernde Wirkung hat. Das ist bei der bloßen Eröffnung eines Zugangs zum Vermögen nicht der Fall.
→ Der Täter ist wegen Raubes zu bestrafen.

A3 “aA.” –> Eine Vermögensverfügung liegt vor, wenn die Handlung des Opfers zu einer schadensgleichen Vermögensgefährdung führt. Das ist der Fall, wenn dem Zugriff durch den Täter keine relevanten Hindernisse mehr entgegenstehen.
→ Der Täter ist wegen räuberischer Erpressung zu bestrafen.
(-) Diese Lösung stimmt nicht mit der Behandlung von Gewahrsamslockerungen bei § 263 StGB überein

A4 “aA.” –> Für das Vorliegen der Vermögensverfügung kommt es nur darauf an, ob das Opfer seine Mitwirkung für erforderlich hält. Einer unmittelbar vermögensmindernden Wirkung bedarf es anders als beim Betrug nicht.
→ Der Täter ist wegen räuberischer Erpressung zu bestrafen.

451
Q

(P) –> liegt räuberische Erpressung vor, wenn Täter EC Karten Geheimnummer erpresst?

A

Für den Fall der Preisgabe der Geheimnummer einer fremden ec-Karte hat auch der BGH eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bejaht, die unmittelbar aus dem Geben des Opfers resultiert und damit nach dem BGH-Ansatz eine Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung begründet.
Allgemein führt diese Auffassung zu einem früheren Vollendungszeitpunkt:
- Nach der Raublösung ist die Tat erst vollendet, wenn der Täter die fremde Sache auch wegnimmt. Bis dahin befindet sich die Tat noch im Versuchsstadium. Deshalb kann der Täter, wenn er freiwillig auf die Wegnahme verzichtet, noch strafbefreiend zurücktreten. (Es bleibt dann nur die Strafbarkeit wegen Nötigung.)
- Der Erpressungslösung zufolge ist die Tat dagegen schon mit der Ermöglichung des fremd-schädigenden Zugriffs und der aus ihr unmittelbar resultierenden schadensgleichen Vermögensgefährdung vollendet. Ein Rücktritt durch den Verzicht auf die Wegnahme scheidet hier daher aus.
Noch deutlicher wird die Vorverlegung der Strafbarkeit, wenn der Täter lediglich einfache, aber keine qualifizierten Nötigungsmittel einsetzt. In Betracht kommt dann einerseits § 242 StGB, andererseits § 253 StGB:
- Nach hM liegt, solange der Täter zur Wegnahme der fremden Sache nicht unmittelbar angesetzt hat, nicht einmal ein versuchter Diebstahl vor (sondern nur vollendete Nötigung).
- Der aA zufolge ist die Erpressung dagegen wiederum schon beim Eintreten der schadensgleichen Vermögensgefährdung, d.h. mit Ermöglichung des fremdschädigenden Zugriffs, vollendet.

452
Q

Was ist sich zum Vermögensnachteil iR. der räuberischen Erpressung gem. § 255 StGB zu merken?

A
  1. Selber Begriff wie bei § 263 StGB
  2. Positionen die nicht in Schutzbereich des § 263 StGB fallen, werden auch nicht von §§ 253, 255 StGB geschützt
  3. schadensgleiche Vermögensgefährdung ist ausreichend
  4. Dreieckserpressung möglich (setzt Näheverhältnis voraus, ansonsten nur Diebstahl in mittelbarer Täterschaft)
  5. Der Vermögensnachteil muss durch die qualifizierte Nötigung verursacht sein
  6. Sicherungserpressung ist keine Epressung, da Vermögensnachteil bereits durch Vortat eingetreten ist (Durch Betrug erlangter Vorteil)
  7. Kausalzusammenhang jedoch gegeben, wenn Nötigung bei wirtschaftlicher Betrachtugnsweise zu einer messbaren Schadensvertiefung führt
453
Q

Was für eine Delitksart ist § 253 StGB?

A

Delikt mit überschießender Innentendenz

454
Q

Welche Qualifikationen hat die räuberische Erpressung gem. § 255 StGB?

A

§§ 250, 251 StGB wegen der Formulierung “Ist gleich einem Räuber zu bestrafen”

455
Q

(P) –> In welchem Verhältnis stehen §§ 253, 263 StGB zueinander, wenn die Drohung auf einer Täuschung beruht?

A

A1 “Tatbestandslösung” –> Die Täuschung dient allein dazu, die Drohung zu ermöglichen
und bildet daher einen wesentlichen Bestandteil von ihr. Darüber hinaus kommt ihr
keine eigenständige Bedeutung zu, so dass der Täter nur den Tatbestand der (räuberischen)
Erpressung und nicht auch den des Betruges verwirklicht.

A2 “Konkurrenzlösung” –> Zwar ist neben dem Tatbestand der Erpressung auch der Tatbestand
des Betruges erfüllt, mangels eigenständigen Unrechtsgehalts tritt § 263 StGB
hier aber im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter §§ 253, 255 StGB zurück.

456
Q

Prüfungsaufbau “erpresserischer Menschenraub” gem. § 239a StGB?

A
A) Entführungs-/Bemächtigungsalternative
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) Tathandlung
- Entführen (1. Var.)
- Sich-Bemächtigen (2. Var.)
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht zu einer Erpressung
- unter Ausnutzung der Sorge des Opfers um sein Wohl (1. Var.)
- oder unter Ausnutzung der Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers
(2. Var.)
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
B) Ausnutzungsalternative
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) 1. Tathandlung: Entführen oder Sich-Bemächtigen
c) 2. Tathandlung: Erpressung unter Ausnutzung der geschaffenen Lage
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht rechtswidriger Bereicherung
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
457
Q

Definitionen der “Bemächtigungsalternatie” im Rahmen des erpresserischen Menschenraubs gem. § 239a StGB?

  1. Entführen
  2. Sich-Bemächtigen
A
  1. Entführen: Das Opfer wird entführt, wenn es gegen seinen Willen durch eine Veränderung
    des Aufenthaltsortes in eine hilflose Lage verbracht wird. Eine hilflose Lage
    besteht, wenn das Opfer der Herrschaftsgewalt des Täters ausgesetzt ist, dieser also
    eine physische Machtposition über das Opfer ausübt.
  2. Sich-Bemächtigen: Der Täter bemächtigt sich des Opfers, wenn er
    - eine physische Herrschaft über das Opfer durch List, Drohung oder Gewalt erwirbt
    Bspe.: Fesseln, Einsperren, Bedrohen mit einer Pistole – nach hM reicht eine Scheinwaffe
    - oder eine zu Schutzzwecken bestehende Verfügungsmacht (z.B. die Aufsicht über
    ein Kleinkind) dazu ausnutzt, das Opfer seinem Einfluss nach Belieben zu unterwerfen.
    → Eine Ortsveränderung ist beim Sich-Bemächtigen anders als beim Entführen nicht
    erforderlich.
458
Q

Wie wird der epresserische Menschenraub gem. § 239a StGB von der räuberischen Erpressung abgegrenzt?

A
  1. Der Anwendungsbereich wird in Zwei-Personen-Verhältnisse eingeschränkt, indem der zweite Akt ins subjektive vorverlagert ist und zwischen den Teilakten ein funktionaler Zusammenhang besteht:

Der Täter muss:

  1. Die durch das Sich-Bemächtigen geschaffene Zwangslage (1. objektiv zu verwirklichender Akt)
  2. Zu einer weiteren Nötigung ausnutzen wollen (2. nahc Vorstellung des Täters noch zu verwirklichender Akt) = funktionaler Zusammenhang

–> Die Auszunutzende Zwangslage bedarf einer der Entführungslage vergleichbare Stabilität = stabile Zwischenlage

–> Ansprechen im Subjektiven Tatbestand

459
Q

Wann ist § 239a StGB nicht erfüllt?

A
  1. wenn das Sich-Bemächtigen und die Nötigung zur Vermögensverfügung zusammen-fallen, also in einem Akt vollzogen werden,
  2. oder wenn nach dem Tatplan das Opfer die geforderte Vermögensleistung erst nach Beendigung und nicht mehr während der Zwangslage erbringen soll.
460
Q

Prüfungsaufbau der “Geiselnahme” gem. § 239b StGB?

A

A) Entführungs-/Bemächtigungsalternative
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) Tathandlung
- Entführen (1. Var.)
- Sich-Bemächtigen (2. Var.)
2) subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Absicht zu einer Nötigung durch Drohung mit
- dem Tod (1. Var.)
- einer schweren Körperverletzung (2. Var.)
- einer Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer (3. Var.)
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
B) Ausnutzungsalternative
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Tatopfer: ein anderer Mensch
b) 1. Tathandlung: Entführen oder Sich-Bemächtigen
c) 2. Tathandlung: Nötigung durch Drohung mit
- dem Tod (1. Var.)
- einer schweren Körperverletzung (2. Var.)
- einer Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer (3. Var.)
unter Ausnutzung der geschaffenen Lage
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit

461
Q

Prüfungsaufbau der “Untreue” gem. § 266 StGB?

A
I) Tatbestandsmäßigkeit
1) objektiver Tatbestand
a) Missbrauchsvariante (nach hM lex specialis)
aa) Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis
bb) Missbrauch der Befugnis
cc) Vermögensbetreuungspflicht (nach hM)
dd) Vermögensnachteil
b) Treubruchvariante
aa) Vermögensbetreuungspflicht
bb) Verletzung der Pflicht
cc) Vermögensnachteil
2) subjektiver Tatbestand
II) Rechtswidrigkeit
III) Schuld
IV) besonders schwerer Fall, § 266 II i.V.m. § 263 III StGB
V) Strafantrag, § 266 II StGB, in den Fällen der §§ 247, 248a StGB
462
Q

Definitionen zur Missbrauchsvariante, § 266 I Alt. 1 im Rahmen der Untreue gem. § 266 StGB?

  1. Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis
  2. Missbrauch
  3. Vermögensbetreuungspflicht
  4. Vermögensnachteil
A
  1. Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis: Der Täter muss die Befugnis besitzen, rechtswirksam zu Lasten fremden Vermögens Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäfte vorzunehmen. Ergeben kann sich eine solche Befugnis aus
    a. Gesetz
    b. Behördlichem Auftrag
    c. Rechtsgeschäft
    → Keine Befugnis besteht in den Fällen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht; hier kommt nur die Treubruchvariante in Betracht.
  2. Missbrauch: Ein Missbrauch der Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis liegt vor, wenn der Täter im Rahmen seines rechtlichen Könnens im Außenverhältnis die Grenzen des im Innenverhältnis festgelegten rechtlichen Dürfens überschreitet – d.h. wenn er intern pflichtwidrig, aber extern wirksam handelt.
    → Untreuehandlungen rein tatsächlicher Art, bei denen der Täter nicht seine Rechts-macht einsetzt, fallen nicht unter die Missbrauchs-, sondern allein unter die Treubruchvariante.
  3. Vermögensbetreuungspflicht: Nach hM setzt auch die Missbrauchsvariante das Be-stehen einer Vermögensbetreuungspflicht voraus, denn das Tatbestandsmerkmal „… und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat…“ bezieht sich auf beide Tatvarianten des § 266 StGB.
    → Die Missbrauchsvariante bildet danach nur einen Spezialfall der Treubruchvariante.
    → Die Untreue stellt ein Sonderdelikt dar; Täter kann nur der Inhaber einer Vermögensbetreuungspflicht sein. Bei dieser handelt es sich somit um ein strafbegründendes besonderes persönliches Merkmal gem. § 28 I StGB.
    Gegenstand einer Vermögensbetreuungspflicht ist die Geschäftsbesorgung für einen anderen in einer nicht ganz unbedeutenden Angelegenheit mit einem Aufgabenkreis von einigem Gewicht und einem gewissen Grad von Verantwortlichkeit.
    → Die Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen muss eine Hauptpflicht (= typischer und wesentlicher Inhalt der Geschäftsbesorgung) darstellen, bloße Nebenpflichten genügen nicht.
    → Die Geschäftsbesorgung muss Spielraum für eigenverantwortliche Entscheidun-gen geben sowie eine gewisse Selbständigkeit und Bewegungsfreiheit belassen. Daran fehlt es, wenn die übertragene Tätigkeit in allen Einzelheiten vorgezeichnet ist und Raum für eigene Beurteilungen nicht besteht
  4. Vermögensnachteil: Durch die Pflichtverletzung muss der Täter demjenigen, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Vermögensnachteil zufügen; tritt der Vermögensnachteil bei einer anderen Person ein, genügt das nicht. Der Begriff des Vermögensnachteils entspricht dem Begriff des Vermögensschadens in § 263 StGB.
463
Q

Definitionen zur Treubruchvariante, § 266 I Alt. 2 im Rahmen der Untreue gem. § 266 StGB?

  1. Vermögensbetreuungspflicht
  2. Pflichtverletzung
  3. Vermögensnachteil
A
  1. Vermögensbetreuungspflicht:
    Bei der Treubruchvariante kann sich das Treuever-hältnis nach hM auch aus einer rein faktischen Übernahme ergeben, d.h. erfasst werden auch Rechtsverhältnisse, die
    a. rechtlich unwirksam sind
    b. die bereits beendet sind, aber noch nachwirkende Treupflichten enthalten
    c. Nach hM kann auch ein zu gesetzeswidrigen Zwecken begründetes und deshalb nichtiges Innenverhältnis eine faktische Vermögensbetreuungspflicht begründen – sog. „Ganovenuntreue“. Begründung: Es gibt kein ungeschütztes Vermögen; auch zwischen „Ganoven“ gilt die Rechtsordnung.
    Keine Pflichtverletzung stellt es allerdings dar, wenn jemand eine gesetzes- oder sittenwidrige Abrede lediglich nicht ausführt, da es eine Pflicht zur Erfüllung gesetzes- oder sittenwidriger Abreden nicht geben kann.
  2. Pflichtverletzung: Der Treubruch umfasst jede Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht, d.h. jedes im Aufgabenkreis des Täters liegende Verhalten zu Lasten des betreuenden Vermögens, das nicht mehr vom rechtlichen Dürfen im Innenverhältnis gedeckt ist.
    → Als Pflichtverletzung kommt nicht nur ein rechtsgeschäftliches, sondern auch ein bloß faktisches Verhalten in Betracht.
  3. Vermögensnachteil: Es gilt das bei der Missbrauchsvariante Gesagte entsprechend
464
Q

Wie ist “Kredituntreue” im Rahmen der Untreue gem. § 266 StGB zu behandeln?

A
  1. Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht: Zwar sind Risikogeschäfte, bei denen die Gefahr eines Fehlschlags besteht, im Wirtschaftsleben nicht unüblich und damit so-zial adäquat. Allein ihr Misslingen lässt daher noch keinen Rückschluss auf eine Pflichtverletzung zu. Hier hat S indes nicht die im Geschäftsverkehr gängigen Maßstäbe ein-gehalten, so dass sie gegen ihre Vermögensbetreuungspflicht verstoßen hat.
  2. Vermögensnachteil: Im Hinblick auf den Vermögensnachteil ist zu beachten, dass dieser nach hM nicht erst eintritt, wenn der Kredit tatsächlich ausfällt, sondern bereits dann, wenn die Vermögensminderung infolge der Kreditzusage durch den dafür erlangten Anspruch auf Zins und Tilgung nicht ausgeglichen wird, weil die Rückzahlung über das allgemeine Kreditrisiko hinaus gefährdet ist, der Rückzahlungsanspruch also aufgrund der besonderen Ausfallrisiken bei wirtschaftlicher Betrachtung minderwertig ist.
    → Realisiert sich das Ausfallrisiko dann tatsächlich, so dass es zu einem endgültigen Vermögensverlust kommt, handelt es sich lediglich um eine nachträgliche Schadensvertiefung. (Art des Vermögensnachteils = str.)
465
Q

(P) –> Welche Art des Vermögensnachteils liegt vor, wenn es bei der Kredituntreue zu einer nachträglichen Schadensvertiefung kommt durch die Realisierung des Ausfallrisikos?

A

A1 “hL” –> Schadensgleiche Vermögensgefährdung

A2 “Rspr.” –> es liegt nicht nur eine schadensgleiche Gefährdung, sondern ein „echter“ Vermögensnachteil vor, weil sich aus der Saldierung der ausbezahlten Darlehenssumme mit dem infolge des erhöhten Ausfallrisikos verringerten wirtschaftlichen Wert der Rückzahlungsforderung ergibt, dass das Vermögen des Kreditgebers tatsächlich gemindert ist: Dem Vermögensabfluss steht kein gleichwertiger Zufluss gegenüber. Relevant wird diese Kontroverse beim Vorsatz, worauf muss sich dieser erstrecken?

a1 “frühere Rspr.” –> vertreten, dass (auf der Grundlage der über-kommenen Klassifizierung des Vermögensnachteils) sich in den Fällen der schadensgleichen Vermögensgefährdung der Vorsatz auch allein auf die Vermögensge-fährdung beziehen muss. Der Täter braucht nur die Umstände zu kennen und zu billigen, die die Minderwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs im Vergleich zu der ausgereichten Darlehensvaluta begründen. Er muss es also zumindest für möglich halten und es billigend in Kauf nehmen, dass der Anspruch aufgrund eines erhöhten Ausfallrisikos wirtschaftlich betrachtet weniger wert ist. Dagegen muss sich der Vorsatz nicht auf den Eintritt des endgültigen Schadens (d.h. hier den tatsächli-chen Ausfall des Kredits) erstrecken.
→ Der Vorsatz entfällt danach also nicht deshalb, weil der Täter darauf vertraut, dass der endgültige Schaden nicht eintreten, d.h. der Kredit nicht ausfallen wird.

a2 “neue Rspr.” –> In jüngeren Entscheidungen hat der 2. Strafsenat allerdings entschieden, dass die Untreue in den Fällen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung einer Einschränkung im subjektiven Tatbestand bedarf. Deshalb sei ein bedingter Vorsatz nur anzunehmen, wenn der Täter nicht nur die konkrete Gefahr eines Schadenseintritts, sondern auch die Verwirklichung dieser Gefahr billige.

a3 “hM.” –> Es handele sich nur um ein Scheinproblem. Erstens liege ein echter Vermögensnachteil vor, da der erlangte Anspruch im Vergleich zu dem aufgewendeten Vermögen minderwertig sei; die Be-zeichnung als „schadensgleiche Vermögensgefährdung“ sei missverständlich und entbehrlich. Und zweitens handele der Täter, der die Umstände kennt, die die Minderwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs begründen, nicht bloß mit dolus eventualis, sondern mit direktem Vorsatz.

466
Q

(P) –> Begründet die Einrichtung eines verdeckten Kontos im Rahmend er Untreue gem. § 266 StGB bereits einen Vermögensnachteil, wenn Person zwar im Interesse der Firma handelt, diese aber keien Kenntnis hat?

A

A1 “frühere Rspr.” –> Im Fall „Kanther“ hatte der BGH eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bejaht. Denn eine solche Verschleierung und Verlagerung begründe die konkrete, vom Berechtigten nicht mehr zu kontrollierende und nur noch im Belieben der Täter stehende Möglichkeit eines endgültigen Vermögensverlustes.

A2 “neue Rspr.” –> Seit der Siemens-Entscheidung ist der BGH der Ansicht, dass das Einrichten der verdeckten Kasse nicht nur eine schadensgleiche Vermögensgefährdung,