LD) Literarisches Lesen & Verstehen Flashcards
Pragmatisch-informatorische Lesart
Die pragmatisch-informatorische Lesart konzentriert sich auf die klare Übermittlung von Informationen
→ Hier würde sie den Fokus auf die Handlung legen, dass Ronja in einer stürmischen Nacht geboren wurde und Lovis beim Gebären sang.
„Literarische” Lesart
Die “literarische” Lesart hingegen betrachtet den Text als Kunstwerk und achtet auf Stil, Symbolik und emotionale Nuancen.
In diesem Fall könnte sie die poetische Darstellung der Naturgewalten, die die Unholde vertreiben, und die Symbolik des Gesangs von Lovis als künstlerische Elemente hervorheben, die dazu dienen, eine Atmosphäre zu schaffen und Charaktere tiefer zu gestalten.
Literarizität und Poetizität (Jürgen Link 2000) vier Strukturmerkmale literarischer Texte
Vier Strukturmerkmale literarischer Texte:
- Autofunktionalität (-> Auf sich selbst bezogen kein pragmatischen Nutzen (Poetische sprachfunktion ))
- Verfremdung (-> Abwendung von Alltagssprache (Andersartigkeit))
- Vorherrschen der Konnotation
- Vorherrschen der Symbolik
→ Ambiguität (Mehrdeutigkeit)
Was muss man ‚können’, um literarische Texte verstehend zu lesen / zu rezipieren?
Für das Lesen literarischer Texte benötigt man literarische Rezeptionskompetenz
→ Die Fähigkeit, literarische Texte nicht nur oberflächlich zu verstehen, sondern auch künstlerische Elemente zu erkennen und
tiefgehend zu interpretieren, wird als literarische Rezeptionskompetenz bezeichnet.
Dies umfasst die Wahrnehmung von Bedeutungsebenen, emotionale Resonanz und die Berücksichtigung kultureller Kontexte.
[Kurzdefinition] Lesekompetenz (reading literacy)
= Fähigkeit und Bereitschaft zu lesen
[Kurzdefinition] Literarische Kompetenz
= Fähigkeit und Bereitschaft literarisch gestaltete (fiktive) Welten in allen medialen Darstellungs- bzw. Erscheinungsformen zu verstehen, für sich zu nutzen, zu genießen und mit anderen dazu in den Austausch zu gehen
Was bedeutet der Zusammenhang der Literarischen Rezeptionskompetenz für den Umgang mit Literatur in der Schule?
Literarische Rezeptionskompetenz zielt auf das Verstehen ästhetikfähiger Medien **
…sie […] ist mit dem Ziel verbunden,
Individuation
„Schülerinnen und Schüler an eine lustvolle, befriedigende, unterstützende und bereichernde Rezeption von Literatur heranzuführen
Sozialisation
sie zu einem medienbezogenen Dialog mit anderen einzuladen und dazu zu befähigen
Enkulturation
sowie sie am Prozess gesellschaftlicher Selbstverständigung über Literatur teilhaben zu lassen (Abraham/Kepser 2005, 55)
[[Gedächtnisstütze]] „ästhetikfähige Medien” und schulisches Lernen
Ein herausforderungsreicher Zusammenhang!!
In der Schule lernen Kinder nicht nur aus Büchern, sondern auch aus Dingen wie Kunst, Musik und Filmen - also aus verschiedenen kreativen Ausdrucksformen. Das hilft ihnen, die Welt auf verschiedene Weisen zu verstehen. Es ermutigt sie auch dazu, Schönheit und künstlerischen Ausdruck zu schätzen. Das Lernen geht über bloße Fakten hinaus und umfasst auch Gefühle, Kreativität und die Fähigkeit, klug mit verschiedenen Arten von Medien umzugehen.
„Der Gegenstand Literatur [ist] […] nicht objektiv zu erfassen” (Clemens Kammler 2006)
Die meisten Deutschlehrer/innen sind sich einig, dass es nicht ausreicht, einzelne testbare Elemente des sprachlich-literarischen Lernens unabhängig voneinander zu beschreiben, da dies die komplexe Natur des Lernens nicht angemessen widerspiegelt (Ulf Abraham 2007).
Generell gibt es in der Fachdiskussion Skepsis darüber, ob es wirklich möglich ist, das Verstehen literarischer Texte zuverlässig in Kompetenzmodellen abzubilden, trotz der Bemühungen, die in diese Richtung unternommen werden (Kaspar H. Spinner 2008).
Was tut/kann man, wenn man einen literarischen Text ‘versteht’? (Was ist für den kompetenten Umgang mit Literatur also zu lernen?)
→d.i. Frage nach dem ‘Kompetenzmodell’
Gegenstandsspezifisches Problem beim Erfassen (und Modellieren) literarischen Verstehens:
Ambiguität (Offenheit und Mehrdeutigkeit) literarischer Texte
Literarästhetische Erfahrungsqualitäten des Umgangs mit Literatur, die auf die Identitäts- und Persönlichkeitsbildung gerichtet sind.
Modellierungsversuch zu einem „Kanon von Kompetenzen”:
11 Aspekte als eine Ausformulierung der grundlegenden Fähigkeiten, die beim Umgang mit Literatur gefordert und ausgebildet werden
11 Aspekte Literarischen Lernens / 11 Aspekte literarischer Rezeptionskompetenz
→ Strukturierungsvorschlag zur Systematisierung nicht nur des literarischen Lernens, sondern auch der entsprechenden Lern- und Kompetenzbereiche
Im Zentrum eines kompetenzorientierten Literaturunterrichts sollten - laut Spinner (2006) 11 „Aspekte literarischen Lernens” stehen…
… weil diese Aspekte das abbilden, was ein kompetenter Leser/ eine kompetente Leserin ästhetisch-fiktionaler Literatur „kann”.
11 „Aspekte literarischen Lernens (nach Spinner)
- Beim Lesen und Hören Vorstellungen entwickeln
- Subjektive Involviertheit und genaue Wahrnehmung miteinander ins Spiel bringen
- Sprachliche Gestaltung aufmerksam wahrnehmen
- Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen
- Narrative und dramaturgische Handlungslogik verstehen
- Mit Fiktionalität bewusst umgehen
- Metaphorische und symbolische Ausdrucksweise verstehen
- Sich auf die Unabschließbarkeit von Sinnbildungsprozessen einlassen
- Mit dem literarischen Gespräch vertraut werden
- Prototypische Vorstellungen von Gattungen/ Genres gewinnen
- Literaturhistorisches Bewusstsein entwickeln
Aspekt 1: Beim Lesen und Hören Vorstellungen entwickeln
Literarische Texte sind darauf angelegt, dass Leser das Geschriebene in ihrer Vorstellung lebendig werden lassen. Wenn sich die Kinder bei den gedruckten Buchstaben oder beim Zuhören nichts vorstellen können, bleibt der Text für sie ohne Aussage und Wirkung. Die Fähigkeit, beim Lesen Vorstellungen zu entwickeln, ist keineswegs selbstverständlich, sondern muss unterstützt werden. Schon in Vorlesesituationen kann das geschehen, wenn in kurzen Unterbrechungen Impulse gegeben werden wie “Kennst du das auch: Angst haben” (wenn es in einer Geschichte um Angst geht) oder “Wie könnte die Geschichte weitergehen” (z.B. kurz vor dem Höhepunkt) oder durch die Anregung, ein Bild zu einer Geschichte zu malen. Bilderbücher unterstützen schon bei kleinen Kindern durch die Verbindung von Text und Bild die Vorstellungsbildung, wobei stimmungsmäßige Intensität von Bildern besonders wirksam ist.
Aspekt 2: Subjektive Involviertheit und genaue Wahrnehmung miteinander ins Spiel bringen
Zum literarischen Lesen gehört das subjektive Angesprochensein. In Geschichten findet man Eigenes widergespiegelt; “Ja, genau das habe ich auch erlebt”, “So möchte ich auch einmal sein”, “Nein, das würde ich niemals tun” – das sind Gedanken, die den Kindern und Jugendlichen beim Lesen und Hören von Geschichten durch den Kopf gehen. Literarisches Lesen ist so immer auch ein Prozess des Selbstverstehens, eine Auseinandersetzung mit eigenen Wünschen, mit Leid, mit Wut, mit moralischen Konflikten. Auffällig ist, dass in der neueren Kinderliteratur die psychologische Ebene immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Zentrale Themen sind in diesem Zusammenhang z.B. die Überwindung von Minderwertigkeitsgefühlen, Mobbing, moralische Konflikte, Verarbeitung von Trennungserfahrungen (Scheidung, Tod). Das Lesen übt vor allem dann nachhaltige Wirkung aus, wenn Geschichten nicht nur als Spiegel und Resonanzraum wahrgenommen werden, sondern auch durch Irritation das Nachdenken anregen. Das setzt ein aufmerksames Lesen voraus.