9. Fertigkeiten Flashcards
Fertigkeiten
= „erlernte und erworbene Anteile des Verhaltens, die durch Übung oder Erfahrung verbessert und verändert werden können“
(Stenzel et al., 2013)
= „spezifische Kombination aus kognitiven, emotionalen und/oder behavioralen Strategien zur Bewältigung potenziell belastender
Situationen” (Stenzel et al., 2015)
Fertigkeiten, die (noch) nicht da sind, müssen gelernt werden und kommen nicht „von alleine“
Wie war das mit dem Fahrradfahren Lernen?
Was hat Ihnen nicht so richtig geholfen?
- Nur darüber sprechen
- Feedback geben über Defizit
- Viel Informationen über Fahrräder geben
- Biographische Aufarbeitung, auch unter der Mehrgenerationen-Perspektive
- Mit dem 28“ Rad anfangen
- Druck ausüben
Wie war das mit dem Fahrradfahren Lernen?
Was hat Ihnen geholfen?
- Unsicherheit und Gefühl des Ungewohnten annehmen
- Langsam aufbauend Kompetenz steigern, Stützende Hilfen
- Erfolgserlebnisse früh einbauen
- Nicht Perfektion anstreben, sondern Kompetenz aufbauen, bis Zuversicht besteht, allein weiter machen zu können
Beispiele von psychologisch-relevanten Kompetenzen und Fertigkeiten
• Entspannungsfähigkeit
• Soziale Kompetenz, Kommunikationskompetenz
• Achtsamkeit
• Problemlösefertigkeiten
• Emotionsregulation (Bsp. Ärger, Niedergeschlagenheit, Angst)
• Stressbewältigung
Konzepte stammen aus unterschiedlichen Forschungstraditionen und sind ungleich breit definiert.
Defizite können im Rahmen psychischer Erkrankungen auftreten
und deren Entstehung und Aufrechterhaltung negativ beeinflussen
Wie kommt es zu Fertigkeitsdefiziten ? (Rief & Stenzel, in Psychotherapeut, 2016)
- Temperament
(z. B. behavioural inhibition, Impulsivität) - Ungünstige Beziehungs- und Bindungserfahrungen
- Traumatisierung, erlernte Hilflosigkeit
- –> Unterdrückung von Neugier Entmutigung
- Fehlende Anregung/ Stimulation
- Fehlende positive Lernerfahrung
- Fertigkeitsdefizit
Fertigkeiten und Psychopathologie
• Psychische Störungen sind mit Fertigkeitsdefiziten assoziiert (Stenzel et al., 2013)
• Defizite bei verschiedenen psychischen Störungen, z.B.:
– Soziale Kompetenz: z. B. Depressionen, Soziale Phobie
(z. B. Ingram & Price, 2001; Segrin, 2000)
– Problemlösen: z. B. Depressionen, Persönlichkeitsstörungen (z. B. Becker-Weidman et al., 2010; McMurran et al., 2007)
– Emotionsregulation, Entspannungsfähigkeit: z. B. Depressionen,
Angststörungen, Somatoforme Störungen, Essstörungen,
Borderline
(z. B. Berking & Wupperman, 2012; Svaldi et al., 2012)
Historische Entwicklung Fertigkeiten
• Der Ansatz nach Salter (1949)
– Aussprechen von Gefühlen üben
– Konkordanz Mimik - Verbaler Inhalt üben
– Widerspruch und verbalen Angriff üben
– „Ich“-Gebrauch
– Lob annehmen
– Spontanen Ausdruck von Emotionen üben (nicht nur geplant)
Trainings zur Vermittlung von Fertigkeiten: Überblick (Auswahl)
• Selbstsicherheitstrainings
(z.B. ATP, Ullrich & Ullrich de Muynck, 1978)
• Soziales Kompetenztraining, Kommunikationstrainings (z.B. GSK, Hinsch & Pfingsten, 2015; Güroff 2016)
• Training emotionaler Kompetenzen (z.B. TEK, Berking, 2010)
• Stressbewältigung und Entspannung (z.B. Meichenbaum; Kaluza)
• Problemlösetraining (DZurilla & Goldfried, 1971), Problem-Solving-Therapy (PST, D
Zurilla & Nezu 2012)
Messung von Fertigkeiten
- Das Interview zur operationalisierten Fertigkeitsdiagnostik (OFD) (Stenzel et al. 2010)
- Unsicherheitsfragebogen
Das Interview zur operationalisierten Fertigkeitsdiagnostik (OFD) (Stenzel et al. 2010)
breit Fertigkeiten: Problemlösen soziale Kompetenz Stressbeweltigungung Emotionsregulation Entspannung Selbstwirksamkeit selbststwert Kompetenzprofil erstellen
Unsicherheitsfragebogen (Ullrich & Ullrich de Muynck)
• U1: Angst vor Misserfolg und Kritik
„Wenn jemand meine Arbeit kritisiert, kriege ich gar nichts mehr zustande“
• U2: Kontaktangst
„Es fällt mir schwer, jemandem zu sagen, dass ich ihn mag“
• U3: Fordern können
„Wenn mir jemand ins Wort fällt, fordere ich ihn auf, mich ausreden zu lassen“
• U4: Nicht „Nein“ sagen können
„Bei Meinungsverschiedenheiten bin ich immer der erste, der nachgibt“
• U5: Schuldgefühle
„Ich habe immer das Gefühl, andere Leute zu belästigen, wenn ich sie um einen Gefallen bitte“
• U6: Anständigkeit
„Einem sehr zuvorkommenden Verkäufer kaufe ich immer etwas ab“
PROBLEMLÖSETRAINING
Therapeutische Techniken zur Verbesserung der Selbsteffizienz eines Individuums, eines Paares oder einer Gruppe im Umgang mit Problemen.
Problemlösetraining - Ziele
• adäquate Problemwahrnehmung
• Produktion von potenziell effektiven Reaktionsmöglichkeiten auf eine problematische Situation
• Maximierung der Wahrscheinlichkeit von Auswahl und Umsetzung der effektivsten Reaktionsmöglichkeit(en) unter den verschiedenen Herangehensweisen
➢ ein systematisches Vorgehen in der Überwindung gegenwärtiger Probleme des Patienten anzuwenden
➢ Selbstbewusstsein und Kontrollüberzeugung angesichts von Problemen stärken
➢ Pat. mit einer Methode vertraut zu machen, mit der zukünftige Probleme selbstständig bewältigt werden können
Ursprung:
Problemlösen nach D‘Zurilla & Goldfried (1971)
- Allgemeine Orientierung (“Probleme sind normal und sollen aufgegriffen werden”; Challenge vs. Threat)
- Beschreiben des Problems
- Erstellen von Alternativen (vgl. auch Brain Storming): Keine Bewertung, nur Sammeln (ungewöhnliche Lösungen suchen, wie würde jemand anderes das Problem angehen, etc.)
- Treffen einer Entscheidung
- Umsetzung und Evaluation
Ansatz wurde vielfältig weiterentwickelt, aktuell existieren zahlreiche Formen des Problemlösetrainings
Problemlösetraining – Vorbereitung I
Überblick über Probleme und Ziele schaffen
• Probleme möglichst konkret und verhaltensnah erfassen versus unspezifisch vorgebrachte Klagen, z. B. „Ich habe immer Ärger mit anderen Menschen“
– Exploration
– Verhaltensanalysen
– Tagebücher
– Probleme zu Therapiebeginn schriftlich festhalten
• Ziele zu Therapiebeginn erfassen und schriftlich festhalten
– „Was hätten Sie in dieser Situation gerne anders?“
– „Was würden Sie sich in dieser Situation konkret wünschen?“ – „Wie würden sie sich in dieser Situation gerne Verhalten?“
Problemlösetraining – Vorbereitung II
Ressourcen erfassen: persönliche Stärken und externe
Faktoren (Umwelt, soziale Unterstützung, etc.)
• Welche früheren Erfahrungen hat Pat. mit Problemen, insbesondere mit solchen, die den aktuellen ähnlich sind?
• Stellt sich Pat. Problemen versus Vermeidung und Flucht (z. B. Alkohol, Drogen, Medikamente)?
• Hat Pat. bereits Lösungsmöglichkeiten angedacht?
• Wie stark wird Pat. durch Symptome in Folge des Problems im Lösungsverhalten behindert (Depression, Ängste, etc.)?
• Welche Unterstützung erfährt Pat. in sozialer Umwelt? Vertrauenspersonen, zur Besprechung von Problemen vorhanden?
• Wie sind potentiell problemerleichternde oder -verstärkende Lebensbedingungen ausgeprägt: Finanzen, Arbeit, Beziehung, Wohnung?
• Weitere professionelle Hilfe (Sozialarbeiterinnen, JuristInnen, Ärzt*Innen, Geistliche, …)?
Problemlösetraining – Vorbereitung III
Ist ein Problemlösetraining indiziert?
- Pat. muss – mit Therapeutenunterstützung– in der Lage sein, seine Probleme zu konkretisieren, da dies die Voraussetzung für die Entwicklung und Umsetzung von Lösungsschritten ist.
- Die Veränderungswünsche und Ziele müssen realistisch sein. Sie dürfen weder unangemessen und unerreichbar noch übertrieben ehrgeizig sein.
- Es liegt aktuell keine schwere akute psychiatrische Störung (z.B. psychotisches Erleben): Patient soll für seine Handlungen Verantwortung übernehmen
Problemlösetraining – Der Prozess
Struktur
- Problem- und Zieldefinition
- Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten
- Bewertung von Lösungsmöglichkeiten
- Entscheidung über die beste(n) Lösungsmöglichkeit(en) 5. Planung der Umsetzung der Lösungsmöglichkeit(en)
- Rückblick und Bewertung der Lösungsmöglichkeit(en)
- Problem- und Zieldefinition
Zerlegung in Teilprobleme:
Beispiel: Schwierigkeiten im Studium:
• Pat. hat in den Pausen keinen Kontakt zu MitstudentInnen
• Pat. kann MitstudentInnen nicht um Unterstützung bitten
• Pat. kann Forderungen im Rahmen von Referatsvorbereitungen nicht ablehnen
• Pat. ist abends zu erschöpft für eine aktive Freizeitgestaltung, da sie/er regelmäßig zu viel lernt
Ziele sollten realistisch, möglichst konkret und verhaltensnah
beschrieben werden, auf einzelne Teilprobleme ausgerichtet, z.B.:
• Einmal am Tag in einer der Pause ein ca. fünfminütiges Gespräch mit einer Mitstudentin führen
• Täglich am gemeinsamen Mittagessen teilnehmen
- Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten
Brainstorming: alle (auch absurde) Ideen sammeln
Hilfestellung geben:
• Ggf. grobe Ideen äußern und Pat. konkretisieren lassen
• Auch extreme „provokante“ Ideen einwerfen wenn Pat. zu konventionell bleibt
• Oft fällt die Generierung von Lösungsmöglichkeiten leicht, da Pat. durch detaillierte Problembeschreibung schon weitergekommen ist
- Bewertung von Lösungsmöglichkeiten
z.B. mittels Zwei-Spalten-Technik:
• Spalte 1: Vorteile einer Lösung
• Spalte 2: Nachteile einer Lösung
➢ Subjektiven Bedeutung und Wichtigkeit der jeweiligen Vor- und Nachteile bzw. Konsequenzen kennzeichnen (Punktwerte, Plus- und Minuszeichen)
➢ Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Vor- und Nachteile erfassen
➢ Ggf. Informationen einholen, geleitetes Entdecken, Hypothesenprüfen….(vgl. Kognitive Therapie)
- Entscheidung über die beste(n) Lösungsmöglichkeit(en)
Welche Möglichkeit(en) bringen nach der
In Anlehnung an Kaiser & Hahlweg, 2018
Bewertung den besten Gesamtgewinn ?
- Planung der Umsetzung der Lösungsmöglichkeit(en)
- Was ist zu tun? Wo, mit wem, wann, wie oft? Vorbereitungen?
- Lösungen für Hindernisse und wahrscheinliche Umsetzungsschwierigkeiten?
- Was sind konkrete (Teil)schritte bei der Umsetzung?
- Techniken: Brainstorming, geleitetes Entdecken, Rollenspiele, Durchlaufen der Lösung in sensu.
- SchriftlicherHandlungsplan,Dokumentationder Umsetzung z.B. mittels Tagebuch