4. Soziales Handeln und soziale Ordnung III Flashcards
Folgeprobleme für soziales Handeln
Orientieren an anderen ist nur möglich, wenn man andere auch verstehen kann
—> Thomas-Theorem
Differenzierungsform/Ordnungstypus nach Georg Simmel
Soziale Kreise
= mehr oder minder freiwillig eingegangene und relativ stabile personale Interaktionsbeziehungen
Simmel: Welche Arten von sozialen Kreisen gibt es?
- konzentrische Kreisbildungen
= man wird in seine Kreise hineingeboren
—> in traditionalen Gesellschaften
z.B. mittelalterliche Ständegesellschaft - Kreuzungen der Kreise und Zuweisung verschiedener Rollen
= man hat „formale“ Freiheit und kann wählen
—> in modernen Gesellschaften
z.B. heutige Schichtgesellschaft
Rollenbegriff nach Simmel
- die Persönlichkeit des Individuums ist aus der gemeinsamen Schnittmenge der Kreise konstituiert
(z. B. Studentin, Tochter, Freundin) - um ein gesellschaftliches Wesen zu bleiben,
—> muss sich das Individuum in diesen Kreisen bewegen
—> muss das Individuum Rollen annehmen (z.B. typisches Studentenverhalten annehmen)
—> muss das Individuum Rollenkonflikte aushalten (z.B. Lehrer des eigenen Kindes)
In welchen Dimensionen kann Differenzierung, nach Niklas Luhmann, Folgen haben?
- die Gleichartigkeit oder Ungleichartigkeit der Teile/Elemente
- die Gleichrangigkeit oder Nicht-Gleichrangigkeit der Teile/Elemente
Welche möglichen gesellschaftlich realisierten Differenzierungsformen gibt es nach Niklas Luhmann?
- Stratifikatorisch differenzierte (hochkulturelle) Gesellschaften
= Nicht-Gleichrangig und nicht gleichartig - Funktional differenzierte (moderne) Gesellschaften
= Gleichrangig und nicht gleichartig - Segmentär differenzierte (archaische) Gesellschaften
= Gleichrangig und gleichartig
Luhmann: segmentäre Differenzierung
= Gleichheit gesellschaftlicher Teilsysteme
= dominiert in frühen Gesellschaften
z.B. Stammeskulturen:
—> keine dauerhafte Form der Hierarchie (Rang)
—> keine ausdifferenzierten Teilbereiche, d.h. keine feste Aufgabenverteilung (Art)
Luhmann: stratifikatorische Differenzierung
= rangmäßige Ungleichheit der Teilsysteme (Schichten, Stände, klare Hierarchien in allen Lebensbereichen)
= dominiert in feudalen bzw. ständisch organisierten Gesellschaften
z.B. Ständegesellschaften
—> es gibt eine Hierarchie wie Adel, Bauer, Klerus (Rang)
—> es gibt Teilbereiche, d.h. der Bauer hat andere Funktionen/Tätigkeiten als der König (Art)
Luhmann: Funktionale Differenzierung
= sowohl Ungleichheit (Differenz, Autonomie) als auch Gleichheit (keine Hierarchie)
der gesellschaftlichen Teilsysteme
= das zentrale Strukturmuster „moderner“ Gesellschaften
Was sind die Folgen der Komplexität sozialer Konstellationen?
Die Unüberschaubarkeit (subjektiv) und die Unübersichtlichkeit (objektiv) sozialer Situationen.
—> Pluralität von Situationsdefinitionen (Thomas-Theorem)
—> Komplexität bedeutet interaktiv, d.h. in intersubjektiven sozialen Kontexten:
DOPPELTE KONTINGENZ
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Erwartungen
—> Erwartungserwartungen
—> Bahnungen (Folgen für die Auswahl des Handelns)
—> Kontingenz
—> doppelte Kontingenz
Luhmann: Was bedeutet Kontingenz?
Kontingenz meint die Möglichkeit, dass etwas eintritt oder eben nicht eintritt, oder dass es grundsätzlich anders sein könnte, als es ist.
—> Menschen hegen Erwartungen und Erwartungserwartungen
—> Situation ist abhängig von vorangegangenen Handlungen
Luhmann: Konsequenzen der Kontingenz
soziale Situationen entziehen sich meist der unmittelbaren Steuerbarkeit durch Einzelne
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Zwei Aspekte/konstitutive Begrenzungen:
- individuell: begrenztes Reflexionspotential, eingeschränktes Wissen, pragmatische Dringlichkeit
- sozial: Interaktions- und Kompositionseffekte qua Wechselwirkungskonstellationen und
Handlungsverkettungen
—> soziale Situationen sind doppelt kontingent
Ist die doppelte Kontingenz problematisch für die Soziologie?
Nein, sie ist konstitutiv
Worauf wirkt sich die doppelte Kontingenz im Alltag aus?
- Anschlussfähigkeit von Handlungen und Deutungen
- Wahrscheinlichkeit wechselseitigen Verstehens
- Erwartbarkeiten im sozialen Verkehr (Interaktionen)
Worauf wirkt sich die doppelte Kontingenz in der Wissenschaft (Soziologie) aus?
- Beantwortung der Frage nach sozialer Integration
2. Beantwortung der Frage nach sozialer Ordung (Stabilität)
Aus welcher Perspektive können Routinen, Wiederholungen, Regelmäßigkeiten, Prozesse, Strukturen, Formen des sozialen Lebens betrachtet werden?
DOPPELPERSPEKTIVE
- objektiv sedimentiert
= als gesellschaftliche Strukturen etabliert - subjektiv habitualisiert
= als individuelle Routinen abgespeichert
—> jeweils handelt es sich also um tradierte Regeln und Regelmäßigkeiten sozialen Verkehrs,
also gesellschaftlicher Prozesse
Aus wessen Perspektive argumentiert Georg Simmel in Bezug auf Fremdheit?
Perspektive der Gesellschaft
Was ist, laut Simmel, konstitutiv für die Gesellschaft?
Wechselwirkungen
„Gesellschaft existiert da, wo mehrere Individuen in Wechselwirkungen treten. Diese Wechselwirkungen bedeuten, dass aus den individuellen Trägern eine Einheit, eben eine Gesellschaft wird.“
Simmel: Gast
jemand der heute kommt und morgen geht
Simmel: Fremder
jemand der heute kommt und morgen bleibt
= Teil der Gruppe
—> Wechselwirkungen mit Gruppenmitgliedern
—> Beziehung zum Fremden ist besonders
Worauf legt Simmel den Fokus in Bezug auf den Fremden?
der Fremde als „Proportion von Nähe und Entferntheit“
—> Ambivalenzen
Simmel: Inwiefern ist der Fremde ambivalent?
- zeitlich
= „Gelöstheit“ und „Fixiertheit“
—> könnte jederzeit wieder gehen - sozial
= Nähe und Distanz: „Der Ferne nah“ - räumlich
= „Beweglichkeit“: „gelegentlich mit jedem … mit keinem organisch“
—> man teilt mit ihm Allgemeines, das man mit jedem Menschen teilt
Simmel: Welche Eigenschaften hat der Fremde als Konsequenz der Ambivalenzen?
ODER
Wie wird der Fremde von der Gruppe wahrgenommen?
- „Objektivität“
—> hat Überblick über viele Gruppen ABER „potenzielle Iloyalität“, weil er die Gruppe
hinterfragt - „Freiheit“, kognitiv und pragmatisch
- „Typizität“ der Wahrnehmung des Fremden
—> wird nicht als Individuum wahrgenommen, sondern typisiert
Aus wessen Perspektive argumentiert Alfred Schütz in Bezug auf Fremdheit?
Perspektive des Fremden