Wissenschaftstheorie Flashcards
Was sind Ontologie und Epistemologie, und wie unterscheiden sie sich?
Ontologie: Seinslehre, beschäftigt sich mit der Frage, was die Wirklichkeit ist. Beispiel: Leib-Seele-Problem.
Epistemologie: Erkenntnistheorie, untersucht, wie man die Wirklichkeit erkennen kann. Beispiel: Unterschied zwischen Induktion und Deduktion.
Was sind Induktion und Deduktion im Kontext wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung?
Induktion: Schlussfolgerung von spezifischen Beobachtungen auf allgemeine Theorien.
Deduktion: Ableitung spezifischer Vorhersagen aus allgemeinen Theorien.
Was ist der Logische Positivismus, und was sind seine zentralen Annahmen?
Geht von der Möglichkeit eines direkten Zugriffs auf die Wirklichkeit aus, die durch Beobachtung, Messung und Experiment erschlossen werden kann.
Theorien müssen empirisch überprüfbar sein und auf Beobachtungen zurückgeführt werden.
Wie unterscheidet sich der Kritische Rationalismus vom Logischen Positivismus?
Kritischer Rationalismus: Theorien sind nur vorläufige Vermutungen, die durch Falsifikation widerlegt werden können. Sichere Erkenntnis ist unmöglich, es gibt nur fallible Hypothesen.
Logischer Positivismus: Fokus auf Verifikation durch empirische Beobachtung.
Was versteht man unter Falsifikation und dem empirischen Gehalt von Theorien?
Falsifikation: Theorien müssen so formuliert sein, dass sie durch Beobachtungen widerlegt werden können.
Empirischer Gehalt: Eine Theorie hat einen hohen empirischen Gehalt, wenn sie viele mögliche Beobachtungen verbietet und dadurch leicht falsifizierbar ist.
Was ist ein Paradigmenwechsel nach Thomas Kuhn?
Ein Paradigmenwechsel bezeichnet den Übergang von einem wissenschaftlichen Paradigma zu einem anderen, ausgelöst durch die Ansammlung von Anomalien, die das alte Paradigma nicht erklären kann. Dies führt zu einer wissenschaftlichen Revolution.
Was ist die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme nach Lakatos?
Theorien bestehen aus einem „harten Kern“ und einem „Schutzgürtel“ von Hilfshypothesen. Theorien werden nicht sofort verworfen, wenn sie falsifiziert werden, sondern es werden zunächst Hilfshypothesen angepasst.
Was ist der Bayesianismus und wie unterscheidet er sich von der Falsifikation?
Bayesianismus verwendet Wahrscheinlichkeiten, um den Grad der Überzeugung in eine Theorie anzupassen, basierend auf neuen Beobachtungen. Im Gegensatz zur Falsifikation, die Theorien als wahr oder falsch klassifiziert, ermöglicht der Bayesianismus eine graduelle Anpassung der Überzeugung.
Was ist der Unterschied zwischen dem nomothetischen und idiographischen Ansatz?
Nomothetisch: Zielt auf allgemeingültige Gesetze ab, typisch für Naturwissenschaften.
Idiographisch: Konzentriert sich auf die Analyse einzigartiger, spezifischer Fälle, typisch für Geisteswissenschaften.
Was sind besondere Herausforderungen der Psychologie im Vergleich zu den Naturwissenschaften?
Latente Variablen: Psychologische Konstrukte wie Intelligenz oder Gedächtnis sind nicht direkt beobachtbar und müssen operationalisiert werden.
Reaktivität: Die Erwartungen und Hypothesen der Teilnehmer
können deren Verhalten beeinflussen, was zu verfälschten Ergebnissen führen kann.
Was passiert, wenn Anomalien in der Wissenschaft auftreten?
Anomalien, die nicht durch das bestehende Paradigma erklärt werden können, führen oft zu wissenschaftlichen Krisen. Wenn diese Krisen nicht gelöst werden können, kann dies zu einer wissenschaftlichen Revolution und einem Paradigmenwechsel führen.
Was besagt der Methodologische Anarchismus von Paul Feyerabend?
Feyerabend kritisiert die Vorstellung von festen wissenschaftlichen Methoden und behauptet, dass Wissenschaft chaotisch verläuft. Er vertritt die Ansicht, dass es kein universell gültiges Regelsystem gibt und dass „anything goes“ gelten sollte.
Warum ist die Falsifizierbarkeit nach Popper so wichtig für wissenschaftliche Theorien?
Falsifizierbarkeit ist ein Kriterium, das es ermöglicht, Theorien wissenschaftlich zu überprüfen. Eine Theorie ist nur dann wissenschaftlich, wenn sie so formuliert ist, dass sie prinzipiell durch Beobachtungen widerlegt werden kann.
Welche Kritik gibt es am Falsifikationismus?
Problem der Zusatzannahmen: Hypothesenprüfung erfordert oft Zusatzannahmen, die selbst nicht direkt überprüft werden können.
Probabilistische Hypothesen: Viele Hypothesen in der Psychologie sind nicht deterministisch, sondern wahrscheinlichkeitstheoretisch, was die Falsifikation erschwert.
Wie definiert Lakatos wissenschaftlichen Fortschritt?
Wissenschaftlicher Fortschritt erfolgt durch „progressive Problemverschiebungen“, bei denen eine alte Theorie durch eine neue mit höherem empirischen Gehalt ersetzt wird. Degenerative Problemverschiebungen hingegen „flicken“ nur bestehende Theorien ohne echten Fortschritt.
Was ist der Unterschied zwischen der ontologischen und der epistemischen Sichtweise auf Mechanismen in der Wissenschaft?
Ontologische Sichtweise: Der Mechanismus entspricht der wahren Struktur der Realität.
Epistemische Sichtweise: Der Mechanismus ist ein Modell, das das Phänomen ausreichend beschreibt, ohne notwendigerweise die wahre Struktur der Realität widerzuspiegeln.
Was sind die zentralen Grundfragen der Wissenschaftstheorie?
- Wie kommt Wissenschaft zu rational und intersubjektiv begründetem Wissen?
- Was zeichnet wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse aus?
- Was ist wissenschaftlicher Fortschritt und wie kann er erreicht werden?
- Welchen Status haben Theorien und Daten, und in welchem Verhältnis stehen sie zueinander?
Was sind Modus ponens und Modus tollens in der Logik?
Modus ponens: Wenn A, dann B. A ist wahr, also ist B wahr. Beispiel: Wenn es regnet, wird die Straße nass. Es regnet, also wird die Straße nass.
Modus tollens: Wenn A, dann B. B ist nicht wahr, also ist A nicht wahr. Beispiel: Wenn es regnet, wird die Straße nass. Die Straße ist nicht nass, also hat es nicht geregnet.
Was ist das Induktionsproblem nach Karl Popper?
Das Induktionsproblem besagt, dass Induktion kein sicheres Wissen erzeugt, da man niemals alle möglichen Fälle beobachten kann. Beispielsweise kann man nicht sicher wissen, dass alle Schwäne weiß sind, nur weil alle beobachteten Schwäne weiß waren.
Was bedeuten Prior und Posterior im Kontext des Bayes’schen Ansatzes?
Prior: Die anfängliche Wahrscheinlichkeit einer Hypothese, bevor neue Daten berücksichtigt werden.
Posterior: Die aktualisierte Wahrscheinlichkeit einer Hypothese nach Berücksichtigung neuer Daten.
Wie unterscheidet sich der bayesianische Ansatz von der klassischen Falsifikation?
Der bayesianische Ansatz bewertet den Grad der Überzeugung in eine Theorie anhand von Wahrscheinlichkeiten und aktualisiert diese Überzeugungen kontinuierlich mit neuen Daten, anstatt Theorien als vollständig verifiziert oder falsifiziert zu betrachten.
Warum ist Falsifikationismus ein zentrales Konzept im kritischen Rationalismus von Popper?
Falsifikationismus ermöglicht es, wissenschaftliche Theorien zu testen und zu widerlegen. Theorien müssen so formuliert sein, dass sie durch empirische Beobachtungen falsifiziert werden können, was ein fundamentales Kriterium für wissenschaftlichen Fortschritt darstellt.
Was sind wissenschaftliche Revolutionen nach Kuhn?
Wissenschaftliche Revolutionen sind Phasen, in denen ein bestehendes Paradigma durch ein neues ersetzt wird, weil das alte Paradigma durch Anomalien in eine Krise geraten ist und nicht mehr alle Phänomene erklären kann.
Welche Kritikpunkte gibt es am logischen Positivismus?
Induktionsproblem: Induktive Schlüsse liefern keine sicheren Erkenntnisse.
Theoriefreie Beobachtung: Beobachtungen sind nie vollständig theoriefrei und daher nicht rein objektiv.
Durchgehende Axiomatisierung: Selten möglich und oft zu formalistisch.
Was passiert in der Wissenschaft, wenn Anomalien auftreten?
Anomalien sind empirische Befunde, die nicht mit der bestehenden Theorie oder dem Paradigma übereinstimmen. Sie führen in der Regel nicht sofort zur Verwerfung einer Theorie, sondern zu deren Anpassung oder zur Formulierung neuer Hilfshypothesen.
Was bedeutet Feyerabends „Anything goes“ im methodologischen Anarchismus?
„Anything goes“ besagt, dass es in der Wissenschaft keine festen Regeln oder Methoden gibt, die universell angewendet werden können. Forschung verläuft oft chaotisch, und wissenschaftliche Innovation entsteht häufig durch unkonventionelle Ansätze und Methoden.
Was versteht Lakatos unter progressiver und degenerativer Problemverschiebung?
Progressive Problemverschiebung: Eine neue Theorie ersetzt eine alte, indem sie mehr erklärt und einen höheren empirischen Gehalt hat.
Degenerative Problemverschiebung: Eine alte Theorie wird durch Hilfsannahmen „geflickt“, ohne dass echter wissenschaftlicher Fortschritt erzielt wird.