VL9: Motivation als rationale Kalkulation Flashcards
Definieren Sie, was mit dem Begriff Motiv gemeint ist.
Der Begriff Motiv ist Affektbezogen (Vorlieben für bestimmte Klassen von Anreizen) und wird von Eigenschaften der Person (trait) beeinflusst, sowie von zeitlichen, stabilen, bereichsübergreifenden Wahrnehmungs- und Bewertungsdispositionen.
Es wird durch motivthematisch passende, situative Anreize angeregt und von spezifischen emotionalen Reaktionen und Handlungstendenzen ausgelöst.
Motiv ≠ Trieb/Bedürfniszustand
„Tendenz, beliebige Situationen unter einem bestimmten Blickwinkel zu betrachten und zu
deuten und bestimmte Elemente der Situation als Chance, Gefahr oder Herausforderung
zu erleben“
Wie ist die Bedürfnispyramide nach Maslow (1943) aufgebaut? Unterschieden Sie auf der Basis dieses Modells zwischen Defizitmotiven und unstillbaren Bedürfnissen.
Maslows Bedürfnispyramide ist in fünf Klassen hierarchischer Motive unterteilt, wobei die Spitze „Selbstaktualisierung“ darstellt, was erst realisiert werden kann, wenn die unter ihr stehenden Bedürfnisse befriedigt sind. Die unterste Stufe sind „physiologische Bedürfnisse“, danach folgen „Sicherheit“, „soziale Bedingungen“ und „Wertschätzung und Anerkennung“, welche alle Defizitmotive darstellen. Diese können befriedigt werden. Die oberste Stufe „Selbstaktualisierung“, gehört zu den unstillbaren Bedürfnissen (dazu gehört auch teilweise „Wertschätzung und Anerkennung“) , welche dauerhafte Bestätigung und Verbesserung verlangen.
Bis auf wenige Ausnahmen haben die unteren Ebenen Vorrang vor den oberen (bei dauerhafter Gefährdung).
Was versteht man unter direkter und indirekter Messung von Motiven? Nennen Sie jeweils ein Beispiel für ein direktes und ein indirektes Messverfahren.
Bei einer direkten Messung wird versucht die Motive durch direktes Erfragen des vermeintlichen Wissen einer Person der eigenen Motive herauszufinden, beispielsweise anhand eines Fragebogens. Indirekte Messverfahren bestehen aus Reizvorlagen, durch die Motive angeregt werden sollen. Die Motivstruktur wird anhand der Reaktionen abgelesen. Ein Beispiel hierfür wäre der thematische Apperzeptionstest (TAT), auch eine Form des Projektilen Tests. Hierbei sollen Probanden Geschichten zu mehrdeutigen Bildern schreiben. Anhand dessen werden die Motive auf komplexe Art ausgewertet.
Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile direkter und indirekter Verfahren der Motivmessung.
Direkte Verfahren:
Vorteile:
- geringer Interpretationsraum
- geringer Aufwand
- Keine geschulten Personen zur Auswertung nötig
Nachteile:
- vermeintliches Wissen um eigene Motive muss nicht stimmen
- Keine direkte „Einsicht“ in motivationale Hintergründe
- (Sozial) erwünschte Antworttendenzen
- Strak durch Testsituation bestimmt
Indirekte Verfahren:
Vorteile:
- unterbewusste Motive können enthüllt werden
- Tieferer Einblick in eigene Bedürfnisse
- Hohe Interrater-Reliabilität
Nachteile:
- mehrdeutige Interpretationsoffene Situationen
- Fehlerhafte Auswertung der Motivstruktur
- Komplex und aufwändig
- Nur durch geschulte Personen durchzuführen
- Psychometrische Eigenschaften umstritten
- „Inhibition-Effekt“
- Schwache Re-test-Reliabilität und interne Konsistenz
Was ist ein projektiver Test?
Ein projektiver Test ist ein indirektes Messverfahren, wobei Motive als hochautomatisierte Wahrnehemungs- und Reaktionstendenzen gesehen werden. Sie sollen starken Einfluss auf die Deutung von mehrdeutigen Vorlagen und selbstgenerierte Antworten haben. Die Testperson soll vor allem Inhalte aufnehmen, die zu ihren Motiven passen und soll diese bei der Deutung in die Reizvorlage hinein projizieren. Zu projektiven Tests gehören beispielsweise TAT, PSE, MMG und der operante Motivtest.
Nennen Sie jeweils die zentralen Kriterien, die nach dem Auswertungsschlüssel von Winter (1991) für den TAT als Indikatoren der Leistungs-, Macht- und Anschlußmotivation kodiert werden.
Leistungsmotiv:
Wenn Adjektive genannt werden, die eine Leistung oder Handlung positiv bewerten (z.B. gut, besser, am besten)
Wenn ein Gewinn oder erfolgreiches Messen an anderen erwähnt wird und dabei Leistung im Vordergrund steht (nicht Aggression oder Macht)
Zwei Komponenten: Hoffnung auf Erfolg (HE), Furcht vor Misserfolg
Machtmotiv:
Starke oder machtvolle Aktionen, die auf Personen, Gruppen oder Nationen wirken (Angriffe, Drohungen, usw.)
Informationen über andere sammeln oder andre überprüfen
Versuche zu beeinflussen, überzeugen, überreden, beweisen
Bestreben, andere zu beeindrucken (Ansehen, Prestige); Ausdruck positiver Emotionen, die damit verbunden sind
Anschlussmotiv:
Hinweise auf das Schließen, Beibehalten oder Wiederherstellen einer Freundschaft oder freundlichen Beziehung zwischen Personen oder Gruppen
Ausdruck von freundlichen oder intimen Gefühlen zu anderen Personen oder Gruppen
Traurigkeit oder andere negative Gefühle über Trennung oder Zerstörung einer Beziehung, Wunsch diese wieder herzustellen
Gemeinsame Aktivitäten, wenn Wärme und Freundlichkeit darin zu erkennen sind
Wie könnten experimentelle Aufgaben aussehen, die jeweils das
a) Anschlussmotiv
b) Machtmotiv
c) Leistungsmotiv aktivieren?
a) Physiologische Korrelate: Teilnehmerinnen auf hohe oder niedrige Präferenz für enge und warmherzige Interaktionen mit anderen Menschen untersuchen; soziale Ausschlusserfahrung im Labor induzieren
b) Experiment zu „Power stress“: hoch und niedrig machtmotivierte Teilnehmer nehmen Rolle als Vorgesetzter ein, es wird Video eines Mitarbeiters mit dominantem/nachgiebigem Verhalten gezeigt, Messung des negativen Affekts (via Mimik) des Teilnehmers
c) (?)
Beschreiben und skizzieren Sie die Selbststabilisierungszyklen in der Leistungsmotivation für erfolgs- und misserfolgsmotivierte Personen nach dem Selbstbewertungsmodell von Heckhausen.
Erfolgszuversichtliche Personen
Ursachenzuschreibung:
Erfolg -> Intervalle, stabile Faktoren (z.B. Fähigkeit)
Misserfolg -> Variable Faktoren (z.B. mangelnde Anstrengung, Pech)
2. Selbstbewertung:
Erfolg -> Stolz, Freude
Misserfolg -> Weniger Ärger, bliebt optimistisch
3. Handlung:
Aufsuchen von Leistungssituationen
4. Zielsetzung:
Realistische Zielsetzung (mittlere Schwierigkeit)
Ergebnis: Der Zyklus stabilisiert sich durch positive Attributionen und Selbstbewertung, was zu verstärkter Motivation und mehr Erfolg führt.
Misserfolgsängstliche Personen
Ursachenzuschreibung:
Erfolg -> External (Glück, geringe Schwierigkeit)
Misserfolg -> Internate, stabile Faktoren (mangelnde Fähigkeit)
2. Selbstbewertung:
Erfolg -> wenig Freunde, Stolz
Misserfolg -> Scham
3. Handlung:
Vermeiden von Leistungssituationen
4. Zielsetzung:
Unrealistische Zielsetzung (zu leichte oder zu schwere Aufgaben)
Ergebnis: Negative Attributionen und Selbstbewertung verstärken die Angst vor Misserfolg und das Vermeidungsverhalten, wodurch ein Teufelskreis entsteht.
s.h. Abbildung Pages
Was sind günstige und ungünstige Attributionsasymmetrien von Leistungsergebnissen nach dem Selbstbewertungsmodell von Heckhausen? Geben Sie eine detaillierte Beschreibung.
Günstige Attributionssymmetrien
Erfolge werden infernal und stabil attribuiert:
- Beispiel: „Ich habe Erfolg, weil ich fähig bin.
- Ergebnis: Erfolge steigern das Selbstwertgefühl (Stolz, Freude)
Misserfolge werden external oder variabel attribuiert:
- Beispiel: „Ich hatte Pech“ oder „Ich war schlecht vorbereitet“
- Ergebnis: Misserfolge beeinträchtigen das Selbstwertgefühl nicht dauerhaft, da sie nicht auf unveränderliche persönliche Defizite zurückgeführt werden.
Effekt: Führt zu einer positiven Selbsteinschätzung, motiviert die Person, neue Herausforderungen anzunehmen und fördert die Anstrengungsbereitschaft.
Ungünstige Attributionssymmetrien
Erfolge werden external oder instabil attribuiert:
- Beispiel: „Ich hatte Glück“ oder „Die Aufgabe war leicht“
- Ergebnis: Erfolge steigert das Selbstwertgefühl kaum, da sie nicht auf die eigene Fähigkeit zurückgeführt werden.
Misserfolge werden internal und stabil attribuiert:
- Beispiel: „Ich bin unfähig“
- Ergebnis: Misserfolge senken das Selbstwertgefühl stark und verstärken Gefühle von Scham und Hilflosigkeit
Effekt: Führt zu einer negativen Selbsteinschätzung, Vermeidung von Leistungssituationen und geringerer Anstrengungsbereitschaft.