VL6: Einführung Motivation & Triebe Flashcards
Welche Beobachtungen der klassischen Lerntheorie haben dazu geführt, dass das Triebkonzept in die Lerntheorie eingeführt wurde?
- Unterschiede im Lernverhalten:
• Satte Versuchstiere lernten langsamer als hungrige
• Satte Versuchstiere zeigten seltener gelerntes Verhalten als hungrige - Einfluss motivationaler Zustände:
• Studie mit Columbia Obstruction Box zeigte, dass die Bereitschaft von Tieren, ein elektrisches Gitter zu überqueren, mit zunehmender Deprivationsdauer stieg
• Dies belegte den Einfluss motivationaler Zustände auf das Verhalten - Erklärung für Verhaltensunterschiede:
• Triebzustände wurden als Erklärung eingeführt, warum sich erlernte Reiz-Reaktions-Assoziationen nicht immer gleich im Verhalten ausdrücken
Wie werden primäre Triebzustände in der Lerntheorie aufgefasst und wie werden sie operationalisiert?
Auffassung:
- Triebe werden als „unspezifische “Energie” zur Ausführung von Verhalten verstanden
- Sie resultieren aus spezifischen Bedürfniszuständen, sind aber nicht identisch mit diesen
- Triebe haben eine motivationale Komponente: Triebsreduktion wirkt verstärkend, Triebsteigerung bestrafend
Operationalisierung:
- Triebstärke wird durch die Dauer der Deprivation manipuliert
(z.B. 3h vs. 22h Nahrungsentzug bei Ratten)
- Verschiedene Arten von Deprivation (z.B. Futter- oder Wasserentzug) werden verwendet, um Triebzustände zu erzeugen
- Die Stärke des Triebs wird durch die Löschungsresistenz eines gelernten Verhaltens gemessen
(d.h. wie lange ein Verhalten fortgeführt wird, obwohl es nicht mehr verstärkt wird)
Welche Implikationen ergeben sich aus der multiplikativen Verknüpfung von Trieb und Habit in der Theorie von Hull?
Erläutern Sie auch, wofür beide Komponenten (Trieb; Habit) stehen.
In Hulls Triebtheorie ergeben sich folgende Implikationen aus der multiplikativen Verknüpfung von Trieb und Habit:
Grundkonzept:
- Verhaltensstärke = Trieb × Habit
Implikationen:
• Beide Komponenten sind notwendig für Verhalten:
- Ohne Trieb oder ohne Habit wird kein Verhalten ausgeführt
• Verstärkender Effekt:
- Hoher Trieb verstärkt den Effekt eines starken Habits
- Starker Habit verstärkt den Effekt eines hohen Triebs
• Vorhersagbarkeit:
- Ermöglicht quantitative Vorhersagen über Verhaltensstärke
• Experimentelle Bestätigung:
- Studie von Perin (1942) zeigte Interaktion zwischen Triebstärke (Hunger) und Habitstärke (Anzahl Verstärkungen) auf Löschungsresistenz
Komponenten:
- Trieb (drive): Unspezifische “Energie” zur Verhaltensausführung
- Habit (Gewohnheit): Durch Verstärkungslernen erworbenes Verhalten
Durch welche experimentelle Evidenz konnte das Postulat der multiplikativen Verknüpfung von Trieb und Habit belegt werden? Schildern Sie Aufbau und Ergebnisse der Studie von Perin (1942).
Die experimentelle Evidenz für die multiplikative Verknüpfung von Trieb und Habit in Hulls Theorie stammt hauptsächlich aus der Studie von Perin (1942):
Experimentelles Design:
- Lernphase: Ratten lernten einen Hebel zu drücken, um Futter zu bekommen
- Extinktionsphase: Hebeldrücken gab kein Futter mehr
- Unabhängige Variablen:
• Gewohnheit (habit): Anzahl der Verstärkungen
• Triebstärke (drive): Dauer der Deprivation (3h vs. 22h)
- Abhängige Variable: Anzahl der Reaktionen bis zur Extinktion
Ergebnisse:
- Löschungsresistenz nahm mit steigender Habitstärke zu
- Unterschied zwischen hungriger und weniger hungriger Gruppe zeigte sich besonders deutlich bei hoher Habitstärke
Dies unterstützt die multiplikative Verknüpfung von Trieb und Habit, da der Effekt des Triebs bei stärkerer Gewohnheit größer war
Schildern Sie die Untersuchung von Webb (1949) zum Nachweis, dass Triebe unspezifisch Verhalten energetisieren (Aufbau, Befunde, Bedeutung). Inwiefern sind die Befunde problematisch für den Nachweis unspezifischer Effekte?
Die Untersuchung von Webb (1949) sollte zeigen, dass Triebe unspezifisch Verhalten energetisieren, indem verschiedene Arten der Deprivation das gleiche Verhalten verstärken.
Aufbau der Studie
- Lernphase: Ratten lernten, einen Hebel zu drücken, um Futter zu erhalten.
- Extinktionsphase: In dieser Phase führte das Hebeldrücken nicht mehr zur Futtergabe, und das Verhalten sollte allmählich auslaufen.
• Unabhängige Variable: Die Art der Deprivation wurde variiert - a) Wasser, b)
Nahrung, c) keine Deprivation
• Abhängige Variable: Die Anzahl der Hebeldrücke in der Extinktionsphase diente als Maß für die Löschungsresistenz, also die Stärke des Verhaltens, obwohl es nicht mehr verstärkt wurde.
Befunde
Webb fand heraus, dass Ratten bei Nahrungsentzug eine doppelt so hohe Löschungsresistenz zeigten wie bei Wasserentzug. Das Verhalten wurde also spezifisch durch die Art der Deprivation beeinflusst, statt eine allgemeine, unspezifische
Verhaltensenergetisierung zu zeigen.
Bedeutung und Problematik der Befunde:
Diese Ergebnisse sind problematisch für die Idee, dass Triebe unspezifisch Verhalten aktivieren. Statt einer allgemeinen energetisierenden Wirkung scheinen verschiedene Triebe spezifische Verhaltensmuster zu verstärken, was gegen Hulls Konzept des unspezifischen Triebs spricht und zeigt, dass Verhalten bedürfnisabhängig variiert
Was sind Triebreize (SD) laut Hull? Inwiefern können Triebreize spezifische Effekte der Verhaltensenergetisierung erklären?
Laut Hull sind Triebreize (SD) die spezifischen Empfindungsqualitäten, die mit verschiedenen Bedürfniszuständen einhergehen. Zum Beispiel fühlt sich Hunger anders an als Durst. Diese Triebreize:
• Werden Teil der Situationskomponente des Habits (gelernten Verhaltens)
• Ermöglichen dem Organismus zwischen verschiedenen Bedürfniszuständen zu unterscheiden
• Aktivieren Verhaltensweisen, die in der Vergangenheit in ähnlichen Situationen verstärkt wurden
Triebreize erklären spezifische Verhaltensenergetisierung, indem sie:
• Das “passende” Verhalten für den jeweiligen Bedürfniszustand auslösen (z.B. Trinken bei Durst)
• Verhindern, dass der unspezifische Trieb wahllos alle gelernten Verhaltensweisen aktiviert
Eine Verbindung zwischen dem Bedürfniszustand und früher verstärktem Verhalten herstellen
Nennen Sie ein Untersuchungsbeispiel für einen Anreizeffekt. Warum lassen sich diese Anreizeffekte mit der ursprünglichen Theorie von Hull nicht erklären?
Ein Beispiel für einen Anreizeffekt ist der Crespi-Effekt, benannt nach der Studie von Crespi (1942):
• Ratten wurden trainiert, für unterschiedliche Futtermengen zu laufen
• Nach 20 Durchgängen wurde die Futtermenge verändert:
- Gruppe mit viel Futter bekam nun wenig
- Gruppe mit wenig Futter bekam nun viel
Ergebnis: Die Laufgeschwindigkeit der Ratten änderte sich innerhalb von 1-2 Durchgängen drastisch, entsprechend der neuen Futtermenge.
Dieser Anreizeffekt kann mit Hulls ursprünglicher Theorie nicht erklärt werden, weil:
1. Die Triebstärke konstant gehalten wurde
2. Die Habitstärke sich nicht so schnell ändern sollte (lange Lernerfahrung)
Hulls einfaches Trieb x Habit Modell konnte diese sofortige Verhaltensänderung nicht erklären. Dies führte zur Erweiterung von Hulls Modell um eine Anreizkomponente.