VL12: Sprache und Denken Flashcards
Was besagt die Hypothese des linguistischen Determinismus (Sapir-Whorf- Hypothese)?
Die Hypothese des linguistischen Determinismus nimmt an, dass Sprache determiniert oder beeinflusst, wie man die Welt wahrnimmt und denkt:
„we dissect nature along lines laid down by our native language“
Was wir sehen, hören oder anderweitig erfahren, ist zum größten Teil so beschaffen wie es ist, weil die sprachlichen Gewohnheiten unserer Gemeinschaft bestimmte
Interpretationswahlen prädisponieren.
Was ist der “great Eskimo vocabulary hoax” und in welchem Zusammenhang steht er zur Sapir-Whorf-Hypothese?
Die Inuit haben 4 verschiedene Wörter für „Schnee“. Es gibt natürlich auch in anderen Sprachen verschiedene Begriffe für Schnee, jedoch kennt man in England beispielsweise Schnee nur unter dem Begriff „snow“. Das könnte daran liegen, dass Schnee in England deutlich seltener ist, als am Nordpol. Die Umwelt und andere Faktoren scheinen unser Vokabular mitzubestimmen.
Im Zusammenhang mit der Sapir-Whorf-Hypothese lässt sich daher schlussfolgern, dass die Wahrnehmung von Schnee der Inuit sich stark von der der Engländer unterscheidet, da die Inuit mehr Wörter zur Differenzierung der verschiedenen Schneearten kennen.
Welche Rolle spielen Farbwahrnehmung und Farbwörter in der Forschung zum
Zusammenhang zwischen Sprache und Denken? Welche Methoden wurden
verwendet und was zeigen die empirischen Studien?
Menschen können mehrere Millionen Farben unterscheiden, aber die Anzahl der individuellen Farbwörter ist viel geringer als die Anzahl der wahrnehmbaren Farben.
A)Sprachen unterscheiden sich in der Anzahl der Grundfarbwörter. Alle Sprachen haben Begriffe für schwarz und weiß. Wenn eine Sprache drei Farbbegriffe besitzt, dann ist das dritte immer „rot“. Das vierte wäre entweder „grün“ oder „gelb“.
B) Sprecher:innen von 20 verschiedenen Sprachen bekamen 329 farbige Chips nach dem Munsell-System und sollten nun entscheiden: Welche Chips passen zu einem Farbwort und welcher Chip beschreibt das Farbwort am besten? Hierbei konnte anhand der Ergebnisse festgestellt werden, dass die Zuordnung von Wort und Farbe sich in allen Sprachen im gleichen Spektrum bewegt.
Was versteht man unter basic color terms (Grundfarbwörter) und Fokalfarben?
Grundfarbwörter (schwarz, weiß, rot, grün, gelb, blau, braun, lila, rosa, orange, grau) sind Farbwörter, welche nicht zusammengesetzt und breit verwendbar sind (z.B. gelb im Gegensatz zu blond) und deren Bedeutung sich nicht aus Bestandteilen ableiten lässt (z.B. blau vs bläulich, gelb vs zitronengelb). Sie sind psychologisch salient, also kommen häufig in der Sprache vor und werden in vielen Situationen verwendet.
Fokalfarben: „Color categorization is not random and the foci of basic color terms are similar in all languages“. Fokalfarben kann man also als Fixpunkte verstehen, an denen sich andere Farben orientieren. Sie sind jene Farbtöne, die von Sprechern einer Sprache als beste oder klarste Vertreter einer bestimmten Farbkategorie empfunden werden.
Rot: Ein klares, gesättigtes Rot (z. B. Feuerwehrrot)
Wie beeinflussen die in einer Sprache vorhandenen Farbwörter Gedächtnisprozesse?
Sprachliche Enkodierung beeinflusst die Gedächtnisleistung erheblich. Studien zeigen, dass Sprecher von Sprachen mit begrenzten Farbkategorien Farben schlechter unterscheiden können, die für Sprecher anderer Sprachen distinkt sind. Beispielsweise verwechselten monolinguale Zuni-Sprecher (deren Sprache Orange und Gelb nicht unterscheidet) diese Farben häufiger als Englischsprachige. Sprecher verwenden oft Farbwörter, um sich Farben zu merken, was die Gedächtnisleistung unterstützt. Allerdings sind Fokalfarben (psychologisch auffällige Farben) universell leichter zu erinnern, auch wenn es keine spezifischen Farbwörter gibt.
Welchen Einfluss haben sprachlich-gebundene Zählsysteme auf Denken und kognitive Prozesse?
Sprachen mit begrenzten Zählsystemen (z. B. Pirahã, die nur „eins“, „zwei“ und „viele“ verwenden) schränken die numerische Kognition ein. Untersuchungen zeigen, dass Sprecher solcher Sprachen Schwierigkeiten haben, größere Mengen exakt zu repräsentieren. Dies deutet auf einen starken Zusammenhang zwischen Sprache und numerischer Kognition hin. Dennoch gibt es auch Kritik, da andere indigene Stämme mit etwas differenzierteren Zählsystemen ähnlich abschneiden, was auf zusätzliche kulturelle oder ökologische Einflüsse hinweisen könnte.
Wie kann man untersuchen, ob sich die Artikulation von Konsonanten systematisch auf die Bewertung von Phantasiewörtern auswirkt? Beschreiben Sie Motivation, Aufbau und Ergebnisse der Untersuchung von Topolinski und Kolleg:innen (2014).
Motivation: Topolinski et al. (2014) wollten untersuchen, ob die Bewegung der Zunge beim Aussprechen von Konsonantenlauten (inward vs. outward) unbewusst die Bewertung von Phantasiewörtern beeinflusst.
Aufbau:
- Konsonantenlaute wurden basierend auf ihrer Position im Mund in inward (z. B. Balugor) und outward (z. B. Ragulob) Bewegungen kategorisiert.
- Die Hypothese war, dass inward-Bewegungen eine positive Assoziation hervorrufen, da sie an Nahrungsaufnahme erinnern (approach), während outward-Bewegungen negative Assoziationen hervorrufen könnten (avoid).
- Versuchspersonen sollten Phantasiewörter bewerten.
Ergebnisse:
- Wörter mit inward-Bewegungen wurden systematisch positiver bewertet als solche mit outward-Bewegungen. Dies unterstützt die Hypothese, dass orale Bewegungen unbewusst emotionale Bewertungen beeinflussen können.