VL13: Spracherwerb Flashcards
Welche Stufen unterscheidet man beim (früh)kindlichen Spracherwerb?
→ Vegetative sounds (Bäuerchen etc.) / 0-6 Wochen
→ Laughter / 16 Wochen
→ Vocal play (Sprachähnliche Laute, aber noch keine Silben) / 16 Wochen - 6 Monate
→ Babbling (Brabbeln von einfachen Silben, Konsonant + Vokal) / 6-10 Monate
→ Single-word utterances („Mama“ & „Papa“ - das erste Wort) / 10-18 Monate
→ Two-word utterances („Hundi bellen“) / ca. 18 Monate
→ Telegraph speech („Mami nimm Sack“) / ca. 2 Jahre
→ Full sentences (stark vergrößertes Vokabular, ganze Sätze, Berücksichtigung grammatikalischer Regeln) / ca. 2 Jahre 6 Monate
Wie funktioniert das conditioned head turn paradigm zur Erforschung des Spracherwerbs bei Kleinkindern?
Beim „conditioned head turn paradigm“ werden ältere Kleinkinder darauf konditioniert, den Kopf zu drehen, sobald sie eine Veränderung in den präsentierten Lauten wahrnehmen.
Trainingsphase: Die Kinder hören erst verschiedene Laute z.B. ba, ba, da, da …
Wenn nun eine Lautveränderung (ba → da) passiert, erfolgt eine positive Verstärkung. In diesem Fall erscheint ein Spielhase.
Konditionierungsphase: Es werden nun verschiedene Laute in zufälliger Abfolge abgespielt. Die positive Verstärkung erfolgt nur, wenn die Kinder bei einer Lautveränderung den Kopf drehen → gradueller Aufbau der Verhaltensweise.
Testphase: Es werden neue laute präsentiert, zum Beispiel Phoneme die es in der Muttersprache des Kindes nicht gibt (bei japanischen Kindern z.B. ra / la).
Das Alter der Kinder wird variiert (6-8 Monate, 8-10 Monate, 10-12 Monate). Die abhängige Variable ist hierbei eine konditionierte Reaktion des Kindes auf die Phonemveränderung.
Die Studie ergab, dass Kleinkinder bis ca. 8 Monate zwischen Lauten diskriminieren, die in ihrer Muttersprache nicht vorkommen. Im Zuge des eigenen Spracherwerbs scheinen Kinder diese Fähigkeit zu verlieren und können die Laute, wie Erwachsene Sprecher, nicht mehr unterscheiden.
Wie funktioniert das high amplitude sucking paradigm zur Erforschung des Spracherwerbs bei Kleinkindern?
Neugeborene können die Intensität ihres Saugens und die Saugrate steuern. Untersucht wurde diese Habituation, indem eine Apparatur, wie z.B. ein Tonband, am Schnuller des Babys befestigt wurde. Über die Saugintensität kann das Baby das Tonband anschalten, welches Töne spielt (z.B. ba). Das Baby saugt nun so lange, bis es gelangweilt vom Ton ist.
Test: Wenn ein habituiertes Baby einen neuen Ton hört und daraufhin seiner Saugrate intensiviert, nimmt man an, dass das Baby zwischen altem (habituiertem) und neuem Ton unterscheidet (z.B. ba vs da).
Was versteht man unter “language-universal infant sensitivities”?
Das bezeichnet die Fähigkeit von Kleinkindern, akustische Laute zu unterscheiden, auch wenn diese in der später gelernten Muttersprache nicht vorkommen - und Erwachsene Sprecher der Sprache diese nicht unterscheiden können.
Beispiel: Japanische Kleinkinder (6-12 Monate) können zwischen „r“ und „l“ unterscheiden - japanische Erwachsene nicht oder nur begrenzt.
Was sind charakteristische Fehler beim kindlichen Spracherwerb?
Lernen von singular vs Plural: Typischerweise unterscheiden Kleinkinder nicht zwischen Singular und Plural. Im englischen lernen sie dann Plural durch -s zu bilden (cars,dogs,…).
Übergeneralisierung: Die Regel, man bildet Plural durch Singular und -s wird eine zeitlang fälschlich übergeneralisiert (foots, mouses, childs,…). Pluralregeln für unregelmäßige Wörter müssen dann individuell gelernt werden.
Vergangenheitsform: Im englischen enden die meisten Verben in der Vergangenheit auf -ed, jedoch nicht alle. Im Deutschen enden viele Verben auf -te, aber auch nicht alle. Kinder generalisieren auch hier und fügen an alle ihnen unbekannte Verben ein -ed oder -te an.
Inwiefern kann man aus charakteristischen Fehlern beim kindlichen Spracherwerb
Rückschlüsse darauf ziehen, ob Spracherwerb regelbasiert/assoziativ erfolgt?
Welche Befunde gibt es dazu und inwiefern sprechen sie für oder gegen regelbasierten/assoziativen Spracherwerb?
Evidenz dafür, dass Sprache regelbasiert erworben wird, ist die Übergeneralisierung. Das ist ein Phänomen, bei dem Kinder grammatische Regeln übergeneralisieren wie beispielsweise unregelmäßige Vergangenheitsform im Englischen oder Deutschen. Im englischen fügen Kinder an alle Verben ein -ed und im Deutschen ein -te an, obwohl es noch einige unregelmäßige Verben gibt. Das zeigt, dass Kinder die Regel abstrahieren.
Weitere Beispiele sind die Fähigkeit neue grammatikalische Konstruktionen zu generieren oder Fehler zu machen, die auf falschen Regelableitungen beruhen.
Gegen das regelbasierte Sprachenlernen spricht der assoziative Spracherwerb. Hier geht es darum, dass oft benutze Wörter zu weniger Fehlern führen, als selten genutzte. Kinder sagen beispielsweise seltener „goed“ weil viel öfter „went“ genutzt wird. Kinder passen also die Sprachproduktion an den Input an.
Insgesamt kann man sagen, dass die Übergeneralisierung häufig als Evidenz für regelbasierten Spracherwerb genutzt wird und unregelmäßige Vergangenheitsformen assoziativ gebildet werden (also über Lernerfahrungen).
Was versteht man unter Äquipotentialität (equipotentiality)?
Unter der Äquipotentialität versteht man die Idee, dass bei der Geburt beide Gehirnhälften noch nicht spezialisiert sind und die Lateralisierung erst durch Reifeprozesse (maturation) stattfindet. → kritische Phase für Spracherwerb?
Was ist die critical period hypothesis des Spracherwerbs? Welche Befunde gibt es dazu und inwiefern stützen oder widerlegen sie die Hypothese?
Es ist die Idee, dass es eine zeitlich begrenzte Phase in der ontogenetischen Entwicklung gibt, in der Menschen eine (erste) Sprache erwerben (müssen). Ein späterer Spracherwerd kann nicht das gleiche Niveau erreichen (Grammatik, Aussprache etc.).
Der Spracherwerb ist teilweise auch später möglich, selbst wenn der linguistische Input lange depriviert wurde. Des weiteren findet die Lateralisierung über einen längeren Zeitraum satt und Befunde deuten auf eine schwache Lateralisierung bei der Geburt hin. Zudem ist die neuroyale Plastizität zum Teil auch noch bei Erwachsenen gegeben, da sich Erwachsene ja auch weitestgehend von einem Schlaganfall erholen können.