VL7: Biopsychologische Persönlichkeitstheorien Flashcards
Grundsätzliche Annahmen psychobiologischer Ansätze
-Persönlichkeitseigenschaften liegen empirisch nachweisbare und manipulierbare neurobiologische Systeme zugrunde
-solche Systeme steuern Verarbeitung von und Reaktion auf Reize
-individuelle Differenzen in vielen Fähigkeiten und Eigenschaften maßgeblich durch rel. genetische Differenzen zu erklären
(Intelligenz am stärksten erblich: 70% Heritabilität;; Temperament/Emot. Labilität: 30-50%)
-Hauptmethode: Zwillingsstudien
-Erklärung individueller Differenzen durch hirnanatomische bzw. hirnphysiologische und neurochemische Prozesse und durch unterschiedliche genetische “preparedness”
- individuelle Unterschiede in neurobiologischen Systemparametern teilweise genetisch bedingt, können aber durch Plastizität verändert werden (Plastizität)
- empirische Befunde stützen: neuropsychologische Fehlfunktionen (Eysenck, Gray) und extrem ausgeprägte Temperamentfaktoren (Cloninger, Eysenck) begünstigen Entwicklung psych. Störungen, wenn bereits problematische Umweltfaktoren und ungünstiges Erziehungsverhalten der Eltern oder traumatische Ereignisse
Hans Jürgen Eysenck
- Eigenschaftstheoretiker
- seine Deskriptive Persönlichkeitstheorie: PEN-Theorie
- Psychotizismus-Theorie
- Aktivierungstheorie der Persönlichkeit (für Extraversion und Neurotizismus)
PEN-Theorie (Eysenck)
Auf Ebene 4 der Eigenschaftshierarchie: Intelligenz und 3 Persönlichkeitsfaktoren:
(P) Psychotizismus vs. psych. Gesundheit, soz. Angepasstheit
(E) Extraversion vs. Introversion (vgl. Jung)
(N) Neurotizismus vs. emotionale Stabilität
Vergleich mit Jung:
- gleich: extraversion beschreibt Umgang mit Menschen
- verschieden: Jung sah Zusammenhang mit psych. Störungen; Eysenck übernahm Begriff Neurotizismus und benutzte ihn eigenständig
Theorie des Psychotizismus (Eysenck)
Je ausgepräger, desto:
- aggressiver
- egozentrischer
- gefühlskälter
- mehr Neigung zu Verhaltensweisen, wie sie in extremer Form bei psychotischen Patienten vorkommen
Wenit ausgearbeitet:
- positive Korrelation mit dem Serotoninspiegel
- positive Korrekation mit dem Testosteronspiegel
Serotonin
- Neurotransmitter
- Affektsteuerung, Hemmung von Angst
Effekte durch niedrigen Spiegel:
- Depression
- instabiles, impulsives Verhalten
- Essstörungen, Heißhunger
- Sucht
Effekt durch hohen Spiegel:
-Reduktion vom Angstempfinden
Testosteron
- Sexualhormon
- Affektsteuerung
Effekt durch hohen Spiegel:
- Aggression
- Impulsivität
- geringe Frustrationstoleranz
- Typ-A-Verhalten (Wettbewerbsorientierung, Dominanzstreben, Feindseligkeit)
Extraversion und Introversion nach Eysenck
-Wurzeln bei Hippokrates (Typen: Choleriker, Sanguiniker, Phlegmatiker, Melancholiker)
-Introversion-Extraversion und Emot. Labilität-Emot. Stabilität als Kontinuum
(Bei Jung: können koexistieren, je nach Situation)
Theorie der Extraversion (Deskriptive Persönlichkeitstheorie nach Eysenck)
Extravertierte:
- zu Menschen zuwenden
- unbekümmert
- neugierig
- abenteuerlustig
- risikobereit
- lieben Abwechslung
- expressiv
- impulsiv
Introvertierte:
- gerne allein
- vorsichtig
- bedächtig
- meiden Aufregung und Abenteuer
- bevorzugen Beständigkeit
- sind still und nachdenklich
Und als Erklärung, warum: Aktivierungstheorie der Persönlichkeit (BPPT) - Aufsteigendes Retikuläres Aktivierungssystem (ARAS)
Aktivierungstheorie der Persönlichkeit (BPPT) - Extraversion (Eysenck)
- Aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem (ARAS) (in Formatio Reticularis) bestimmt Niveau des kortikalen Arousals
- ARAS stimuliert durch einkommende sensorische Reize und vom Kortex zurückgehende Impulse bei Problemlöseaktivitäten
- mit zunehmender Erregung steigt Arousal bis zum Punkt marginaler Hemmung (ab da Senkung der Hemmung)
- habituell: Arousal-Niveau (arousability) Extravertierter (E+) (Ansprechbarkeit des ARAS) bereits niedriger als das Introvertierter (E-)
- situativ: E+ erreichen Punkt transmarginaler Hemmung später als E-
Transmarginale Hemmung = Organische Reaktion auf Überschreitung des hedonischen Tonus
Hedonischer Tonus = als optimal empfundenes Erregungsniveau (Abweichungen unangenehm und leiten Regulationsprozesse ein)
Je introvertierter, desto schneller hedonischer Tonus erreicht
->habituell erhöhtes Arousal-Niveau
->Reize werden vermieden, da schnell hedonischer Tonus überschritten
und andersrum…
Theorie des Neurotizismus (Deskriptive Persönlichkeitstheorie nach Eysenck)
Wenn ausgeprägt:
- emotional labil (unausgeglichen, Stimmungsschwankungen)
- leicht irritierbar
- ängstlich
- selbstunsicher
Neigung zu psychosomatischen Beschwerden (Diathese):
- Schlafstörungen
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen
- Muskelverspannungen
- Magenschmerzen
- > Stressreaktionen
Aktivierungstheorie der Persönlichkeit (BPPT) - Neurotizismus (Eysenck)
- limbisches System bestimmt als zweites, eher unspezifisches Aktivierungssystem die Aktiviertheit eines Organismus (Activation)
- Aktiviertheit im limbischen System v.a. durch emotionale Reize (v.a. bedrohliche)
- ist das Arousal hoch, wird ebenfalls Aktiviertheit aufgebaut (anatomische Nähe des Visceral Brain Systems (VBS) bzw. linkischen Systems und dem ARAS)
- > Überlagerungen führen zu atypischem Verhalten
- habituell: emot. stabile Personen (N-) haben eine höhere Aktivierungsschwelle als emot. labile Personen (N+) (geringere Ansprechbarkeit des limbischen Systems bei N-) (mehr Reize, bevor “unruhig”)
- situativ: in emot. belastenden Situationen ist Erregungsniveau (Ansprechbarkeit) labiler Introvertierte (E-N+) höher als das labiler Extravertierter (E+N+)
Wenn emot. labil, dann stärkere Reaktionen auf Reize (höhere Activation-Reagibilität)
->stärkere Stressreaktionen
Empirische Belege zu Eysencks Aktivierungstheorie der Persönlichkeit & DPT
- Introvertierte bevorzugen aktiv weniger stimulierende Reize
- Substanzen mit sedierender Wirkung (zB Alkohol) verändern Verhalten in extravertierte Richtung, gleichzeitige Senkung der Neurotizismus-Werte
- DPT anhand Fragebogen nachgewiesen
Wie erklärt Eysenck individuelle Differenzen ?
- unterschiedliche Ansprechbarkeit (arousability) des ARAS und des limbischen Systems
- sozialisationsbedingte Lernprozesse
Wie erklärt Eysenck psychische Probleme ?
Im Zusammenhang mit hohen Ausprägungen von Neurotizismus und Psychotizismus
Bewertung Hans Jürgen Eysencks
Pro:
-Studien zu Gesunden und psychisch Kranken
-exakte Beschreibung der kausalen Prozesse
-transparente Operationalisierungen
aber auch Messprobleme
-empirische Fundierung
Contra:
- mangelnde Unabhängigkeit von Extraversion und Neurotizismus (keine spezifischen Strukturen)
- Eindimensionalität der Arousal-Theorie
- > Retikuläre Formation ist in noradrenerge, cholinerge, serotonerge und dopaminerge Systeme differenziert; Eysenck nicht konkret genug auf Mechanismen eingegangen
Jeffrey Gray
- Schüler Eysencks
- übernahm Eysencks Psychotizismus-Theorie, aber nicht weiter relevant
- Persönlichkeitsunterschiede durch Unterschiede in abgrenzbaren Hirnsystemen
- Systeme unterschiedlich sensitiv für Belohnung und Bestrafung (BIS-BAS-FFS)
Reinforcement Sensitivity Theory (Jeffrey Gray)
- Extravertierten Neurotizisten liegen Impulsivität und BAS-Sensivität zugrunde (Verhaltensaktivierung)
- Introvertierten Neurotizisten liegen Ängstlichkeit und BIS-Sensitivität zugrunde (Verhaltenshemmung, Erregungssteigerung)
- Systeme: BIS-BAS-FFS
- BIS und BAS als Gegenspieler
Noradrenalin
- Neurotransmitter
- Aktivierung, Vigilanz, Aufmerksamkeitssteuerung
- bei hohem Spiegel: Angst, Panik, ADHS
- bei geringem Spiegel: Depression, Burnout, Magersucht
Dopamin
- Neurotransmitter
- Motorik, Motivation, pos. Stimmung
- bei hohem Spiegel: Sucht
- bei geringem Spiegel: Depression, Antriebsarmut, ADHS, Parkinson, Angst?
Behavioral Inhibition System (BIS)(Jeffrey Gray)
- Bestrafungssensitivität
- Hippocampales System bzw. Septohippocampales System
- Produktion von: Noradrenalin, Serotonin
- wird aktiviert durch gelernte Hinweisreize (und unbekannte Reize) auf Bestrafung (positive Bestrafung) und Nicht-Belohnung (negative Bestrafung)
- führt zu Verhaltenshemmung, Erregungssteigerung und erhöhte Wachsamkeit (Vigilanz)
- Begleitemotion ist Angst
- durch Anxiolytika (Angsthemmer) gedämpft
Behavioral Approach System (BAS)
- Belohnungssensitivität (spricht auf Reize an, die positive Konsequenzen ankündigen)
- Dopaminfreisetzung in der Substantia Nigra und im Ventralen Tegmentum
- wird aktiviert durch gelernte Hinweisreize auf Belohnung (pos. Verstärkung) und Nicht-Bestrafung (neg. Verstärkung)
- führt zu Verhaltensaktivierung
- Begleitemotionen sind positiv: Glück, Hoffnung, Erleichterung
-neg. Korrelation zwischen Dopamin-Rezeptordichte und BAS (Regulation ?)
Fight-Flight-(Freezing)System (FFS bzw. FFFS) (Jeffrey Gray)
- kann nicht durch Anxiolytika gedämpft werden
- anatomische Basis: zentraler Höhlengrau und medialer Hypothalamus
- aktiviert durch unkonditionierte Reize für Bestrafung (pos. Bestrafung) und Nicht-Belohung (neg. Bestrafung)
- führt zu Kampfhaltung (Fight) bzw. Erstarrungs- (Freeze) oder Fluchtreaktion (Flight)
- Begleitemotion ist Panik
-Interaktion zwischen FFS und Art der Bedrohung (real vs. potentiell und vermeidbar vs. unvermeidbar)
Empirische Belege zu Jeffrey Grays Reinforcement Sensitivity Theory
-Extravertierte (BAS sensibel) lernen besser bei Belohnung; Introvertierte (BIS sensibel) lernen besser bei Bestrafung
-Extravertierte berichten nach Induktion pos. Emotionen stärkere Emotionen als Introvertierte; Introvertierte dagegen stärkere neg. Emotionen bei Induktion negativer Emotionen
(Imbalancen deuten auf unterschiedliche Sensitivität)
-Studien mit Ableitungen peripherer Maße am Gehirn (ereigniskorrelierte Hirnrindenpotentiale) ergeben kein eindeutiges Bild
Wie erklärt Jeffrey Gray individuelle Differenzen ?
-durch unterschiedliche Ansprechbarkeit von BIS und BAS (Extravertierte -> hohe BAS; Introvertierte -> hohe BIS)
(Bei neurotischen: Systeme reagieren früher und stärker)
-individuelle Lerngeschichte/Sozialisation