VL6: Eigenschaftstheorien (Deskriptive Eigenschaftskonzepte) Flashcards
Def. Eigenschaft
-zum Wesen einer Person oder Sache gehörendes Merkmal;
charakteristische Teilbeschaffenheit oder persönliche, charakterliche Eigentümlichkeit
-Sammelbegriff für ähnlich erscheinendes Verhalten (Zusammenfassung von Verhaltensweisen)
->d.h. zeitlich stabil und transsituativ konsistent
->Warum gibt es Eigenschaften (i.S.v. Zusammenfassung von Verhaltensweisen)?:
–Sparsamkeit der Verhaltensbeschreibung
–Basis für Verhaltensvorhersage
Unterschied absolute Stabilität und relative Stabilität
Absolut:
- konsistente Unterschiede zwischen Personen über Zeit hinweg
- gleich bleibende Ausprägung über Zeit hinweg
Relativ:
-konsistente Unterscheide zwischen Personen über Zeit hinweg
-sich verändernde (oszillierende) Ausprägungen über Zeit hinweg
(State oszilliert um Trait)
Unterschied absolute und relative Konsistenz
Absolut (transsituative Verhaltenskonsistenz):
- konstante Unterschiede
- gleich bleibende Ausprägung
Relativ:
- konstante Unterschiede
- oszillierende Konsistenz (Abhängigkeit von Situation)
Verhaltensmodell des Eigenschaftsparadigmas
- Eigenschaften erzeugen stabile Beziehungen zwischen Situationen und den Reaktionen von Personen (Asendorpf, 2004)
- Abgrenzung vonm klassischen Behaviorismus: Black Box enthält Konstrukte, die interindividuelle Unterschiede in Reaktionen auf Situationen erklären (=Eigenschaften)
Alltagssprachlicher vs. wissenschaftlicher Eigenschaftsbegriff
In Wissenschaft:
- Exakte Begriffbestimmung, zB über Definition oder Messung
- empirisch abgesicherte Indikatoren in wissenschaftlichen Untersuchungen
- Nomologische Netzwerke (=Aussagen/Gesetze über Beziehungen zwischen manifesten Merkmalen, latenten Konstrukten und Beobachtbarem oder weiteren latenten Konstrukten)
Alltag:
- unscharfe Definitionen, gemeinsame Basis für vorausgesetzt (eigene Hypothese auf andere übertragen), lokal, nicht allgemeingültig
- durch Beobachtungen im Alltag
- implizite Persönlichkeitstheorien von “Laien”
Statistische Methode zur Bestimmung von Ähnlichkeiten
- Korrelation: Maß für Ähnlichkeit zwischen zwei Elementen (hohe Korrelation beweist nicht Existenz einer Eigenschaft)
- Faktorenanalyse: Maß für Ähnlichkeit von mehreren Elementen
Hierarchische Eigenschaftsmodelle - Grundidee
Ebene 4: Typus bzw. Sekundärfaktor, Domänenfaktor
Ebene 3: Eigenschaft bzw. Traits bzw. Primärfaktor, Facettenfaktor
Ebene 2: Gewohnheiten bzw. Habits
Ebene 1: Verhalten R in spezifischen Situationen S
- nach oben hin Abstraktionsprozess
- > Gewinn: Konsistenz und Stabilität individueller Unterschiede, Persönlichkeitsunterschiede besser beschreibbar, zeitliche Stabilität von Eigenschaften vs. Verhaltensweisen
- > Einbußen: Verhalten nicht mehr so gut vorhersagbar
- je höher in Ebene, desto höher relative Konsistenz und Stabilität
- Korrelation als Kriterium für Zusammengehörigkeit von Elementen einer Ebene
- > Kriterium für Zusammenfassung als Element einer höheren Ebene (Faktorenanalyse nötig)
Gordon Allport (1897-1967)
- Pionier des eigenschaftstheoretischen Ansatzes
- Traits als neurophysiologisch verankerte Strukturen, die die Wahrnehmung steuern
- > Funktionale Äquivalenz: Eigenschaft ->Verhalten, welches Rückschluss auf Eigenschaft zulässt
- psycholexikalischer Ansatz: viele Adjektive auf 4500 Eigenschaftsbegriffe reduziert
- Basis für Cattells 16-Faktoren-Modell zur Beschreibung der Persönlichkeit
Raymond Cattell (1905-1998) - Spezifikationsgleichung zur Beschreibung von Verhalten/Eigenschaften
V= f(P,S) #vergleichbar mit Lewin
Person P:
-Fähigkeiten (wie gut jmd. etwas tut)
-Temperamentseigenschaften (wie eine Person etwas tut)
-Dynamische Eigenschaften (warum jmd. etwas tut): Primärtriebe (ergs) (angeborene Bedürfnisse), Gefühls-/”Haltungs”dispositionen (sentiments),
Einstellungen (als Filter; nicht sozialpsychologische Einstellung)
Situation S:
- Rollen
- States
- Stimmungen
- > in der Person durch Situation geprägt;
emot. Hintergrund in Wechselwirkung mit Situation
> Verhalten ist gewichtete Summe aller Komponenten, aber woher Gewichte ? Durch Beobachtung !
Datenquellen zur Messung der Personen- und Situationsvariablen nach Raymond Cattell
-Life-Daten (L-Daten): Fremdbeschreibung, “objektive” Daten wie Noten, Straftaten, Ehrenämter…
-Questionnaire-Daten (Q-Daten): Selbstbeschreibung anhand von Fragebogen
-Test-Daten (T-Daten):
Daten, die nicht oder nur in eine bestimmte Richtung verfälscht werden konnen (zB Intelligenztestdaten, Hautleitfähigkeit), “objektive Persönlichkeitstests” (nicht von Laien durchschaubar)
Trait
Transsituativ konsistentes, zeitlich stabiles Merkmal; Eigenschaft
State
Zustand; transsituativ konsistentes, zeitlich instabiles Merkmal (Stimmungen, Gefühle)
->hängt von Kontext, Situationen und Traits ab
Transmodale Konsistenz
Konsistenz über verschiedene Modalitäten wie Denken, Fühlen und Verhalten (konsistente Unterschiede in Modalitäten zw. Personen)
Transmethodale Konsistenz
Konsistenz über verschiedene Messmethoden hinweg
->IRL unmöglich
Zwei Arten von Traits nach Allport
Traits als Standpunkte, von denen wir aus die Welt interpretieren
Unterscheidung in:
- common traits (allgemein): Eigenschaften, anhand derer sich alle bzw. die meisten Menschen einer Kultur beschreiben und unterscheiden lassen
- individual traits (individuell): Eigenschaften, die genau eine Person kennzeichnen
Unterscheidung von Traits nachdem, wie sehr sie das Erleben und Verhalten einer Person beeinflussen (nach Allport)
Kardinale Eigenschaften (cardinal traits): -steuern Erleben und Verhalten in vielen Situationen (zB Paranoia)
Zentrale Eigenschaften (central traits): -dienen der Beschreibung der Mehrheit der Menschen; 5-10 Eigenschaften
Sekundäre Eigenschaften (secondary traits):
-steuern auch Erleben und Verhalten, aber in einem geringeren Maße und nur in wenigen Situationen im Vergleich zu cardinal traits
16-Faktoren-Modell der Persönlichkeit
Hierarchisches Modell mit 16 Primärfaktoren (12 Q- und L-Daten, 4 Q-Daten, 4 Sekundärfaktoren (Zsmfassung von Primärfaktoren))
Das Fünf-Faktoren-Modell (FFM) der Persönlichkeit (auch OCEAN-Modell genannt)
-aktuell einflussreichstes Eigenschaftsmodell
- Tupes & Christal (1961) analysierten 12 Primärfaktoren und konnten über Datensätze hinweg nur fünf Faktoren extrahieren
- Goldberg (1981) gab Namen “Big Five” und konnte Fünf-Faktoren-Struktur bestätigen
- Costa & McCrea (1985): aktuelle Konzeption mit fünf Domänenfaktoren mit je sechs Facettenfaktoren
Openness to experience Conscientiousness (Gewissenhaftigkeit) Extraversion Agreeableness Neuroticism
NEO-Personality-Inventory-Revised (NEO-PIR) (1992) als Methode zur Erfassung der “Big Five”
- Erfassung von Domänen- und Facettenfaktoren der “Big Five” von Costa und McCrea
- Einordnung der Summenscores in Normwerte (zB Prozentränge)
HEXACO-Modell
Ergebnis psycholexikalischer Studien anderer Sprachen
Hexa=altgriech. Präfix für 6
(H) Honesty-Humility: Ehrlichkeit, Bescheidenheit
(E) Emotionality: Furchtsamkeit, Ängstlichkeit, Abhängigkeit, Sentimentalität
(X) Extraversion: soziales Selbstvertrauen, Geselligkeit
(A) Agreeableness: Nachsichtigkeit, Sanftmut, Kompromissbereitschaft, Geduld
(C) Conscientiousness: Organisiertheit, Fleiß, Perfektionismus, Besonnenheit
(O) Openness to experience: Sinn für Ästhetik, Wissbegierde, Kreativität
Bewertung des Eigenschaftsansatzes
Pro:
- ökonomische Beschreibung zentraler Aspekte der Persönlichkeit
- zentral für diagnostische Fragestellung
- elementar für empirische Forschung
Contra:
- vermeintliche Nähe zu Alltagsbegriffen
- selten Annahmen zur Genese von Eigenschaften
- nicht immer abgesicherte Messqualität
- Zahl und Art der Eigenschaften ungeklärt
- Verhaltenswirksamkeit von Eigenschaften ist gering
- konkreter Wirkmechanismus der Eigenschaften auf Informationsverarbeitung ungeklärt neuere prozessorientierte Ansätze
- nehmen biologische Grundlage an, führen diese nicht weiter aus außer Eysenck
Wie kommt es zu interindividuellen Unterschieden in Verhalten und Persönlichkeit nach Eigenschaftansatz ?
-Genetik und zum gleichen Teil Erziehung, Sozialisation und andere Umweltfaktoren
Wie kommt es zu Persönlichkeitsstörungen nach dem Eigenschaftsansatz ?
- durch Eigenschaften, die Vulnerabilität/Diathese (=Bereitschaft zur Krankheit/Anfälligkeit für psych. Störungen) erhöhen (zB Psychotizismus, Neurotizismus)
- Diathese-Stress-Modell: Interaktion Person- und Umweltvariablen verantwortlich für Genese psychischer Störungen, v.a. Stress und Neurotizismus
- extremale Ausprägung der normalen Persönlichkeit ?