VL5 Kompetenzen Flashcards
Was bedeutet individuelle Kompetenz vs. rechtliche Kompetenz?
Individuell: Sachverstand, Fähigkeit (Zu was bin ich fähig?)
Rechtlich/juristisch: Zuständigkeit im sozialen Zusammenleben (“seine Kompetenzen überschreiten”)
Kompetenz in den Sozialwissenschaften und der Pädagogik
Bildungsreform (1965):
Kompetenz und Kompetenzaufbau in Bildungseinrichtungen als Gegenentwurf zur “klassischen Bildung”:
Kompetenz hängt nicht von reinem Wissen ab, sondern von der eigenen Handlungsfähigkeit
Kompetenzaufbau beinhaltet eine gesellschaftliche Relevanz (zusätzlich zur Vertiefung des Individuums)
Bologna Prozess und Begriffe: Learning outcomes, assessment, Performance –> Was kommt am Ende (des Bildungsprozesses) dabei rum? Was müssen wir tun, damit das erwünschte Outcome erreicht wird?
Kompetenzorientierung vs. Fachorientierung von Bildung
Kompetenzorientierung = Umsetzung des Wissens in Handlungen muss sichergestellt werden
Fächerorientierung = Vermittlung des Wissens; Umsetzung wird impliziert
Chomsky zur Sprachkompetenz (Sprachentwicklung)
Sprachkompetenz ist nicht Reiz-Reaktions-gesteuert
Beobachtungen sprechen gegen behavioristische Prinzipien: Kinder wenden Sprachregeln bei Ausnahmen an, obwohl sie diesem Wort noch nicht ausgesetzt waren (weil es ja falsch ist).
–> Kinder extrahieren selbstständig Regeln und wenden sie auf neue Wörter an
McClelland (1927-1998) zu Kompetenz
Es geht nicht um Intelligenz (trait) als Prädiktor, sondern um die Fähigkeit mit der Umgebung effektiv umzugehen.
Kompetenz ist die Befähigung zur effektiven Handlung in einer speziellen Situation (beruflich oder privat).
McClellands Ideen zur Kompetenz auf psychologischer Ebene
Intelligenz/IQ:
Intelligenzmessung diene weniger der validen Messung “wahrer Kompetenz”, sondern der Reproduktion gesellschaftlicher Machtverhältnisse.
IQ und Schulnoten als schlechte Prädiktoren für späteren Erfolg
Gegen die Idee der angeborenen Intelligenz:
“Es ist schwierig, wenn nicht unmöglich, eine menschliche Eigenschaft zu finden, die nicht durch Training oder Erfahrung verändert werden könnte.”
IQ-Test sind nicht allgemein und messen kein angeborenes Konstrukt.
–> Die Fähigkeit, Aufgaben zu lösen, muss valide gemessen werden.
Kompetenzmessung muss situations- und verhaltensbezogen ausgerichtet sein.
McClellands Ideen zur Kompetenz auf pragmatischer Ebene
Gerechtere Beurteilung bei beruflicher Eignung:
- Individuelle Passgenauigkeit soll getestet werden
- Analyse von Aufgabenanforderungen und Zusammenfassung nach übergeordneten psychologischen Aspekten
(Nach den Eigenschaften und Fähigkeiten testen, die später im Beruf benötigt werden.)
McClellands Ideen zur Kompetenz auf gesellschaftlicher Ebene
Förderung der Leistungsbereitschaft als übergeordnetes Ziel der schulischen Arbeit; Leistungsmotiv als Grundlage für die Entwicklung einer Nation
–> McClellands als Begründer der Motivationspsychologie
Anpassungsorientierte Perspektive:
Pädagogisches Ziel sollte an gesellschaftliche Bedingungen angepasst werden –> siehe Idee der beruflichen Nutzbarkeit
Wie kann die anpassungsorientierte Perspektive auf pädagogische Ziele von McClelland kritisiert werden?
Wenn pädagogische Maßnahmen rein auf den Aufbau des gesellschaftlichen Nutzen ausgerichtet sind, wird dann nicht die individuelle Bildung und Freimachung (Mündigkeit) vernachlässigt?
Brauchen wir nicht Gesellschaftsmitglieder, die dieses Spannungsfeld zwischen Individualität und gesellschaftlichen Erwartungen aushalten?
4 Kompetenz-Cluster von McClelland
- Kommunikationsfähigkeit
- Geduld/ Antwortverzögerung (eigene Impulse nicht sofort verfolgen)
- Fähigkeit zur angemessenen Zielsetzung (Kennenlernen der eigenen Person in unserer Gesellschaft)
- Persönlichkeitsentwicklung hin zur Handlungsinitiative
Unter welchen drei Gesichtspunkten ist Mündigkeit als Kompetenz zu interpretieren?
Selbstkompetenz = Fähigkeit für sich selbstverantwortlich handeln zu können
Sachkompetenz = Fähigkeit für einen Sachbereich urteils- und handlungsfähig zu sein und damit zuständig sein zu können (wissensbasiert)
Sozialkompetenz = Fähigkeit, für sozial, gesellschaftlich und politisch relevante Sach- und Sozialbereiche urteils- und handlungsfähig (also zuständig) zu sein
Mündigkeit nach Roth
Selbstbestimmung –> Kritikfähigkeit –> Produktivität –> Mündigkeit
- Entwicklung von kognitiven und affektiven (emotional, motivational) Lernzieltaxonomien
- Internalisierung: Automatisierung und Verfestigung von Wissen und Handlungsnormen
- Betont die Lernbarkeit und Lehrbarkeit von Kompetenz in der Tradition der Aufklärungspädagogik
Wie wird die Kompetenz in der Bildungsforschung (ab 2000) gesehen?
+ Kompetenz nach Weinert (2001)
Kompetenz = Brückenschlag zwischen allgemeiner Bildung und beruflicher Qualifikation
Spannungsfeld zwischen humanistisch-idealistischer Bildungsauffassung und funktional-ökonomischer Bildungsauffassung
Kompetenz als personale Leistungsdisposition ist nur im Kontext sinnvoll interpretierbar.
Weinert:
schließt in Kompetenzdefinition fast alles ein
+ verfügbare/erlernbare kognitive Fähigkeiten
+ volitionale & soziale Bereitschaften & Fähigkeiten zum Problemlösen in
+ variablen Situationen
- körperliche Voraussetzungen
- emotionale Vor- & Transzendenz
–> nicht viel wird ausgeschlossen –> wenig hilfreich oder präzise
–> Kompetenzen sind erlernbar und Angeborenes wird nichts stark gewichtet!!
Ausgangspunkt der Kompetenzforschung
Klassifizierung der Handlungssituationen nach
- gestellten Anforderungen
- Kompetenzkriterien
- Kompetenzindikatoren
Kognitive Multidimensionalität wird abgebildet
Leistungsfähigkeit variiert domänenspezifisch
Kompetenz als Prädiktor + “Bausteine” von Kompetenz
Kompetenz hat höhere prognostische Validität für akademische Outcomes als globale IQ Maße und beruht auf dem Aufbau differenzierten Wissensbasis in langfristig angelegten Lernprozessen.
Kompetenz =
breite Erfahrung +
tiefes Sachverständnis +
Automatisierte Handlungsroutinen +
Aufmerksamkeit +
Werthaltungen +
Motivation
Woraus besteht die professionelle Lehrerkompetenz?
- Professionswissen (Pädagogisches Wissen, Fachwissen, Fach-didaktisches Wissen, Organisationswissen, Beratungswissen)
- Motivationale Orientierung
- Überzeugungen/ Werthaltungen
- Selbstregulative Fähigkeiten
–> Jeder Teil wird operationalisiert und messbar gemacht.
–> Üblicherweise zu viel Beschäftigung mit Professionswissen
Taxonomie der Lernziele nach Bloom (Übersicht)
Modell, um Leistungen zu beschreiben und zu klassifizieren
Kennen/Wissen
Verstehen
Anwendung
Analysieren
Synthetisieren
Evaluieren
–> Lernziele zu jedem Schritt
–> Offen: Bei welchem Schritt haben wir Kompetenz erreicht?
Blooms Taxonomie - Wissen
Kennen/ Erinnern von konkreten Informationen eines Fachgebiets
- auch Methoden, wie mit Informationen gearbeitet wird
- auch Wissen von gängigen Verallgemeinerungen und Abstraktionen
Typisches Lernziel: Kriterien des wissenschaftlichen Arbeitens kennen, beschreiben und deren wichtigsten Konsequenzen aufzählen
Blooms Taxonomie - Verstehen
Zusammenhänge; Bedeutung, die einzelne Informationen zueinander haben
–> Informationen in eigenen Sätzen wiedergeben (Transformation)
–> fremde Texte im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt interpretieren
–> Voraussagen treffen
Typisches Lernziel: Bedeutung wissenschaftlicher Aussagen und Verfahren erkennen und beschreiben sowie Voraussage über deren Anwendbarkeit treffen
Blooms Taxonomie - Anwenden
Wissen auf konkrete Fälle beziehen –> Wie kann das Verstandene hier hilfreich zu einer Lösung des Problems eingesetzt werden?
Typisches Lernziel: Anwendung wissenschaftlicher Aussagen und Verfahren auf konkrete, praktische Problemstellungen
Blooms Taxonomie - Analysieren
- Situation auf wesentliche Elemente hin untersuchen
- Elemente, Beziehungen zwischen Elementen, ordnende Prinzipien identifizieren
Typisches Lernziel: Implizite Annahmen in Fachartikel benennen, Art der Argumentation herausfinden, Fehler in Argumentationen aufzeigen, Grundtendenzen einer Herangehensweise einschätzen
Blooms Taxonomie - Synthetisieren
Kreativ Neukombination vorhandener Informationen
- Herstellen von etwas Einzigartigem
- Entwerfen eines Handlungsplans
- Ableiten einer Folge abstrakter Beziehungen
Lernziele: Artikel über ein wissenschaftliches Projekt verfassen, Vortrag für bestimmte Zielgruppe vorbereiten, Planen eines effizienten Fertigungsprozesses
Blooms Taxonomie - Evaluation
Kompetenzen der darunterliegenden Stufen fließen mit ein + Treffen von reflektierten (begründeten) Werturteilen
Typische Lernziele: Logische Fehler in einer Begründung nachweisen, Sachverhalt nach kulturellen Normen beurteilen, wissenschaftliche Arbeit bewerten
Bloom - psychomotorische Lernzieltaxonomie
Imitation = Nachahmung von beobachteten Bewegungen und Handlungsabläufen
Manipulation = Ausführen bestimmter Bewegungen nach Instruktion
Präzisierung = Größere Genauigkeit beim Ausführen der Bewegung
Handlungsgliederung = Koordination verschiedener Bewegungsabläufe
Naturalisierung = intuitives Anwenden
Bloom - affektive (motivational, emotional) Lerntaxonomie
Imitation = Erkennen, dass bestimmte Dinge oder Verhaltensweisen von Mitmenschen bewertet werden
Wertbeantwortung = Handeln nach erkannten bzw. bekannten Wertvorstellungen
Wertung = Dingen und Handlungen einen (emotionalen) Wert beimessen
Wertordnung = Aufbau eines individuellen Wertesystems, Hierarchisierung eigener Überzeugungen
Verinnerlichung = Integration des Wertes in die eigene Persönlichkeit
Was beinhaltet das Kompetenzmodell HQR (Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse)?
Wissen und Verstehen: Fachkompetenz
Einsatz, Anwendung & Erzeugung von Wissen: Methodenkompetenz, Fachkompetenz
Kommunikation und Kooperation:
Sozialkompetenz, Personale Kompetenz
Wissenschaftliches Selbstverständnis/ Professionalität:
Selbstkompetenz, Personale Kompetenz;
Ich-Perspektive: Wie bin ich als Psycholog*in?
–> Grundlage für alle Fächer und Lehrpläne
Kritik am Kompetenzbegriff
Kompetenz als “Container-Begriff”
- alle möglichen (Fach-)Richtungen können ihre Inhalte da “hineinpacken”
Pädagogisch-wissenschaftlich unscharf/ zu eng
- auf Weinerts Definition bezogen: zweckgerichtete Fähigkeiten des Denkens zum Problemlösen, Motivation, Wille und soziale Einstellungen
–> Unterordnung des Individuellen und der gesellschaftlichen Bedingungen (Anpassungsperspektive)
Inwiefern enthält die Kompetenzdefinition eine hierarchische Organisation?
Die Komponente der kognitiven Fähigkeiten des Problemlösens steht über der Motivation, dem Willem, der sozialen Einstellung, da diese global einheitlich, ökonomisch verwertbar ist (ahistorisch).
Was wird bei der Definition des Kompetenzbegriffs vernachlässigt (besonders in Bezug auf schulische Bildung)?
Vernachlässigt die Auseinandersetzung mit dem Inhalt (Sinn für Individuum) und zielt auf Verwertbarkeit
–> schulischer Anspruch ist breiter: Kompetenzen sind “ethisch neutral”, aber neben Sachfragen müssen auch Wertfragen geklärt werden –> kritisches Urteilsvermögen und Moralität müssen in schulischer Bildung enthalten sein