S&K - Kapitel 18 (Erwachsenen- & Weiterbildung) Flashcards
Warum wird Erwachsenenbildung benötigt?
Rasante Entwicklungsprozesse und persönliche Entwicklung führt zu immer wieder neuen (Entwicklungs-)Aufgaben
Herausforderung, die eigene Bildung- und Berufsbiografie individuell und in eigener Verantwortung zu gestalten
Definition Erwachsenenbildung und Abgrenzung nur Weiterbildung
Erwachsenenbildung = Fortsetzung oder Wiederaufnahme von organisiertem Lernen nach schulischen/ beruflichen Erstausbildung mit heterogenen Zielgruppen
Weiterbildung = organisiertes Lernen in unterschiedlichen Einrichtungen und Institutionen; betriebliche Qualifizierungen und Trainings; Seminare und Kurse (öffentliche & private Träger); Angebote von Einrichtungen des zweiten Bildungswegs; Fernstudien
Erwachsenenbildung kann eher als Oberbegriff verstanden werden, oft werden beide Begriffe aber auch synonym verwendet. Bei der Weiterbildung handelt es sich vorwiegend um berufliche Bildungsmassnahmen.
Teilbereiche der Erwachsenenbildung nach Weinberg
- Ebene: Weiterbildung vs. nicht-institutionalisierte Erwachsenenbildung
- Ebene unter Weiterbildung: berufliche Weiterbildung/ Fortbildung/ Umschulung vs. allgemeine Erwachsenenbildung/ Grundbildung/ politische Bildung
Aus welchen Perspektiven lässt sich Erwachsenenbildung beschreiben/betrachten?
als soziale Realität - Epoche der Aufklärung
als ein spezielles akademisches Studienfach - Akademisierung der Erwachsenenbildung im universitären Feld (seit 1960er Jahre)
als wissenschaftliche Disziplin - einhergehend mit Akademisierung
Merkmale der Erwachsenen- & Weiterbildung
- eng mit sozialen, kulturellen, regionalen & ökonomischen Bedingungen sowie gesellschaftlicher Dynamik verbunden
- fliessende Übergänge zur sozialen Arbeit, Arbeitsmarkt- & Sozialpolitik, Organisationsentwicklung, Schulen & Hochschulen\
- Themen und Inhalte beziehen sich auf alle Aspekte gesellschaftlichen Handelns
Prinzipien der Weiterbildungsforschung
Praxisorientierung: enger Bezug zu praktischem Anliegen der Weiterbildung
Handlungsorientierung: charakteristisches Merkmal der Entwicklung von wissenschaftlich begründeten Handlungsstrategien & Produkten, wissenschaftlicher Begleitung und Evaluation
Partizipation: Praxis- und Handlungsorientierung legen nahe, dass die Forschungsziele, Verfahren und die Anwendung der Forschungsergebnisse in Kooperation mit den Weiterbildungseinrichtungen erarbeitet werden
Aufgaben der Erwachsenen- & Weiterbildung
Qualifizierende Aufgaben:
- berufliche Weiterbildung motivierter erwachsener Lerner
- meist ausgelöst durch arbeitsorganisatorische Veränderungen, technischen Wandel und Produkt- bzw. Dienstleistungsinnovationen
- keine Garantie auf Sicherheit des Arbeitsplatzes oder Karriereerfolg/ -fortschritte
Sozial integrierende Aufgaben:
- aktuelle Tendenzen der Individualisierung erfordern die Entdeckung & Förderung der Potenziale & Fähigkeiten einzelner Individuen
- zu berücksichtigen sind dabei individuelle Unterschiede, soziale & kulturelle Heterogenität und Persönlichkeit
- ggf. Berücksichtigung von Persönlichkeit durch Lernen in Gruppen –> selbstständiges Steuern & Kontrollieren von Gruppeninteraktionen und Wissensaustausch
- Verantwortlichkeit für Lernerfahrung und Weiterentwicklung liegt jedoch stets beim erwachsenen Lerner
Kulturell bildende Aufgaben:
- Menschen mit unterschiedlichen Lebensgeschichten, Nationalitäten, kulturellen Milieus lernen zusammen –> Möglichkeit die zwischenmenschliche Toleranz und das gegenseitige Verständnis zu erhöhen (grenzüberschreitende Solidarität)
Historische Entwicklung der Erwachsenenbildung – Wurzeln in der Aufklärung // Akademisierung & Professionalisierung
Wurzeln in der Aufklärung:
- 17. & 18. Jh.: “Aufklärung für alle” - über Wissenschaft und Kultur: Bekämpfung des Aberglaubens, Aufklärung der Bauern & Handwerker, wissenschaftsgestützte Lebensführung, Verbreitung nützlicher Kenntnisse
- sozialgeschichtliche Wurzeln im Kampf des Bürgertums gegen den Feudalismus & im Kampf des Proletariats gegen das kapitalistische Bürgertum
-> bürgerlich-liberale Bürger- bzw. Volksbewegung & Arbeiterbildung
- Wende zum 20. Jh.: betriebliche Weiterbildung als weitere Säule der Erwachsenenbildung
Akademisierung & Professionalisierung:
- 1960er: Akademisierungstendenzen & Etablierung der Erziehungswissenschaft –> Erwachsenenbildung als eigenständige Disziplin der Erziehungswissenschaft
- Meilensteine: Einrichtung eines Studiengangs Erwachsenenbildung; Gründung des Arbeitskreises universitärer Erwachsenenbildung; Einrichtung der Sektion Erwachsenenbildung unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE)
- Diskurs über Professionalisierung und Professionalität
- Ausdifferenzierung von Praktikern und Forschern
- Schulenberg (1972): Haupttätigkeit in der Erwachsenenbildung ist nicht primär das Unterrichten, sondern das Leiten, Beraten sowie Entwickeln und Organisierung von Lernprozessen
Aktuelle Entfernung von disponierenden/ planenden Tätigkeiten und unterrichtenden/ beratenden/ lehrenden Tätigkeiten –> Kritik: Der Berufsbereich der Erwachsenenbildung differenziert sich immer stärker aus und es wird nicht immer dafür gesorgt, dass sich die zunehmend segmentierten Teilbereiche hinreichend aufeinander beziehen.
Output-orientierte Weiterbildungsforschung
Erste Bemühungen des Statistischen Bundesamts und von Eurostat um eine europaweite Datenerhebung zum Output des Weiterbildungssystems
Forschungsinitiativen mit dem Ziel, einen Transfer von PISA-Verfahren auf die Weiterbildung zu erproben
Diskussionen über geeignete Indikatoren und Benchmarks
Trend der Internationalisierung; Finanzierungsstrukturen, spezifische Teilnehmergruppen als Themen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung
Konsens: Bedarf an weiteren Methoden zur Beschreibung & Erklärung der Weiterbildungsteilnahme & und der Kompetenzentwicklung neben quantitativ-empirischen Verfahren
Wie passt die pädagogische Psychologie in die Erwachsenenbildung? Wie prägte die pädagogische Psychologie die Erwachsenenbildung?
Reflexive Wende in 1970er Jahren: Die (Pädagogische) Psychologie löst die Soziologie als primäre Bezugswissenschaft (der Erwachsenenbildung) ab.
–> Fokus auf Entwicklungsbedingungen in den Lebenswelten, individuelle Erfahrungen und Lernvoraussetzungen der Erwachsenen
–> Autonomie der Erwachsenen im Lernprozess; Problematisieren der traditionellen Hierarchie zwischen Dozenten und Lernenden
–> Bildungsinhalte orientiert an Lebenswelt der Erwachsenen, Identitätsbildung, Bewältigung der anstehenden Entwicklungsaufgaben
Welche Theorien, Themen & Befunde der (pädagogischen) Psychologie spielen für die Erwachsenenbildung eine grosse Rolle?
- Veränderungen allgemeiner kognitiver & sozialer Fähigkeiten
- psychologische Dispositionen des Lehrens & Lernens im mittleren und höheren Erwachsenenalter
- Lern- & Gedächtnisforschung: Lernpotenzial & kognitive Leistungsfähigkeit im Erwachsenenalter & höherem Alter
- intrinsische (Bildung-)Motivation
- Lern- und Entwicklungsaufgaben des mittleren & höheren Erwachsenenalters im Spannungsfeld zwischen Beruf und Alltag
- Interesse an verschiedenen Formen selbstgesteuerten Lernens –> Bewältigung der rapiden Wissenszunahme & -veränderung in postindustrieller Wissensgesellschaft durch neue didaktische Konzepte
Mehrebenenkonzept zur sozial-ökologischen Entwicklungsforschung von Bronfenbrenner (1981, 1994) – Makroebene - ökonomische Faktoren
Die Makrobene aggregiert die globalen gesellschaftlichen Beziehungen mit ihren Normen, Werten und Traditionen als Einflussfaktoren der Weiterbildung.
Ökonomische Faktoren:
In der Weiterbildung gibt es viele heterogene & nur grob zu bestimmende Finanzierungsströme: z.B., innerbetriebliche Ausgaben für Weiterbildung; direkte staatliche Aufwendungen & Subventionen; Gebühren, Beitrage & Entgelte.
Die Systematisierung der ökonomischen Faktoren im Bereich der Weiterbildung erfordert ein aktives Finanzmanagement. Dieses beinhaltet eine Finanzplanung (auf Basis eines Rechnungswesens) sowie eine Finanzsteuerung (Controlling). Grundlage der Finanzsteuerung wiederum ist eine arbeitsökonomisch tragbare Kosten- und Leistungsrechnung, die zu einer verantwortungsbewussten Preispolitik beiträgt. Das Ziel der Finanzsteuerung ist das Abbilden von Daten über Kostenentstehung und -höhe sowie das Liefern von konkreten Informationen für weitere Planungen und Entscheidungen (Regelung der internen Budgetierung).
Fuer die zu erbringenden Leistungen (dokumentiert in Zielvereinbarungen) erhalten die Organisationseinheiten ein vorab festgelegtes Budget, über das sie freu verfügen können (unter der Einhaltung von festgelegten Regeln).
Mehrebenenkonzept zur sozial-ökologischen Entwicklungsforschung von Bronfenbrenner (1981, 1994) – Makroebene - politische Faktoren
Subjekt- & identitätstheoretische Begründung:
- politische Bildung als wichtiger Einflussfaktor auf die Entwicklung subjektiver politischer Kompetenz –> notwendiger Bestandteil der demokratischen politischen Kultur
- politische Bildung schreibt nicht vor, wie die Lernenden politisch denken oder ihre politische Freiheit leben sollen
Modernisierungsprozesse:
- Diagnose und theoretische Verortung von gesellschaftlichen Entwicklungen ist für die politische Bildung unabdingbar
–> Veränderungen von Milieus, Sozialbedingungen & Modernisierungstendenzen hinsichtlich Institutionen, die Entwicklung der Generations- & Geschlechterverhältnisse & Lebensentwürfe, die sich auf die politische Bildung auswirken
Demokratie, Aufklärung & Teilhabe:
- politische Bildung als Teil einer gelingenden und handlungsorientierten Lebensführung
- stabile Aufgabe der politischen Bildung: Reflektion der sozialen, kulturellen, ökonomischen Verhältnisse (im jeweiligen Zeitbezug) & Bearbeitung der gesellschaftlichen & politischen Herausforderungen
- Herausforderungen der politischen Bildung: Belegen ihrer öffentlichen Bedeutung & ihres Marktwerts; Beitrag zur Aufklärung & Demokratieentwicklung plausibel machen; Modernisierung der Didaktik
Mehrebenenkonzept zur sozial-ökologischen Entwicklungsforschung von Bronfenbrenner (1981, 1994) – Makroebene - kulturelle Bildung
3 Bildungsziele nach Schlutz (2011) - in Abhängigkeit von biografischen, sozialen & historischen Verhäktnissen:
Kompensatorische Grundbildung:
- Nachholmöglichkeit von Grundbildung und Schulabschlüssen sowie Alphabetisierung –> beruflich & privat existenziell
–> Wahrung der Bildungs- & Lebenschancen
–> Entfaltung der gesellschaftlichen Begabungsreserven im demografischen Wandel
Kommunikations- & Schlüsselfähigkeiten:
- informationtechnische Bildung
- soziale Kompetenz
- Fremdsprachenerwerb –> kulturelle Beteiligung & interkulturelle Kommunikation
- sprachenpolitisches Ziel “1+2” = Muttersprache und 2 Fremdsprachen
Allgemeinwissen & Alltagskompetenzen:
- insbesondere die Bereiche Person/Familie, Umwelt, Gesundheit, Kultur & Politik
- gehört zu den zentralen Säulen des Volkshochschulprogramms
- Im Bereich der kulturellen Bildung expandieren besonders der Fremdsprachen- und Gesundheitssektor.
- Nachfrage geht von Vermittlung von Bildungswissen und Popularisierung von Wissenschaftsthemen über zu alltags- und anwendungsnahen Themen im Hinblick auf Lebensführung und -gestaltung.
Mehrebenenkonzept zur sozial-ökologischen Entwicklungsforschung von Bronfenbrenner (1981, 1994) – Exoebene
Einflussfaktoren auf der Ebene regionaler Strukturen und Netzwerke sowie die daraus interorganisationalen Kooperationen, z.B., regionale Netzwerke von Schulen und Weiterbildungseinrichtungen
–> Bedarf an Netzwerkanalysen in der empirischen Forschung: Barrieren & Gelingensbedingungen kooperativen Handelns in sozialen & organisatorischen Netzwerken
1970er: Forderung eines regional ausgewogenen Spektrums an allgemeinen & beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten
–> bis heute nicht erreicht: ungleiche Weiterbildungsdichte in den Ländern & Kreisen der Bundesrepublik