VL12 Erhebungsmethoden lV: Tests Flashcards
Welche zwei großen Klassen von psychometrischen Tests gibt es und wodurch
unterscheiden sie sich?
Es gibt Leistungstests und Persönlichkeitstests
- Leistungstests: setzen (kognitive) Merkmale in Beziehung zu einem objektiven Gütestandard. Diese Tests bewerten die Fähigkeiten oder das Wissen einer Person in einem bestimmten Bereich, wie z.B. mathematische Fähigkeiten oder verbales Verständnis. Sie messen objektiv die Leistung einer Person im Vergleich zu einem bestimmten Standard.
- Persönlichkeitstests: zielen auf die Erfassung stabiler Eigenschaften ab. Diese Tests erfassen verschiedene Aspekte der Persönlichkeit einer Person, wie z.B. Introversion vs. Extraversion oder Gewissenhaftigkeit. Sie zielen darauf ab, persönliche Merkmale, Verhaltensweisen und Einstellungen zu erfassen und zu quantifizieren. Im Gegensatz zu Leistungstests gibt es bei Persönlichkeitstests oft keine “richtigen” oder “falschen” Antworten, sondern sie dienen eher dazu, individuelle Unterschiede zu messen und zu beschreiben.
Welche möglichen Verfälschungen und Gegenmaßnahmen gibt es bei Tests?
Leistungstests:
Erraten der richtigen Antwort. Gegenmaßnahme z.B. Ratekorrekturen
Stereotype-Threat. Gegenmaßnahme: Aufklärung über diese Verzerrung
Persönlichkeitstests:
das Bemühen um positive Selbstdarstellung (➝ Reaktivität)
sozialer Erwünschtheit
schematische Antworttendenzen der untersuchten Personen (Ja-Sage Tendenz, Nein-Sage-Tendenz, konstant neutral, usw.; Grundproblem: Keine Varianz innerhalb der Person)
Gegenmaßnahmen:
1. Ausbalancierte Antwortvorgaben: Unterschiedlich gepolte Items.
2. Aufforderung zu korrektem Testverhalten
Explizite Aufforderung, wahrheitsgemäß zu antworten ➝Anonymität und Datenschutz
hervorheben etc.
3. Randomized-Response-Technik
Wie funktioniert die Randomized-Response-Technik und bei welchen Arten von Fragen ist sie sinnvoll?
Methodisch basiert die Technik auf der Vorgabe einer zufallsbasierten Regel für unehrliche und ehrliche Antworten– auf individueller Ebene kann nicht gesagt werden, ob jemand die Wahrheit sagt, aber auf Stichprobenebene können Schätzungen vorgenommen werden. Die Randomized-Response-Technik ist eine Methode zur Erhebung sensitiver Informationen, bei der Teilnehmer auf eine Weise antworten, die ihre individuellen Antworten verschleiert. Hier ist, wie es funktioniert:
Jeder Teilnehmer macht die Beantwortung der Frage abhängig davon ob er Kopf oder Zahl bei einer Münze würfelt. Bei Kopf wird immer einfach mit Ja beantwortet, bei Zahl muss die Vp ehrlich antworten.
- Die Teilnehmer wissen nicht, welche Antwort tatsächlich auf die sensitive Frage übertragen wird. Die Auswahl erfolgt zufällig basierend auf einer vorher festgelegten Wahrscheinlichkeitsverteilung.
- Durch diese Methode wird die Vertraulichkeit der individuellen Antworten gewahrt, da niemand außer dem Teilnehmer selbst weiß, welche Antwort tatsächlich auf die sensitive Frage übertragen wird.
Auf Basis der Stichprobe kann die Verfälschung geschätzt werden:
=> Wenn eine Stichprobe, die die RRT anwendet (ehrliche Stichprobe), andere Ergebnisse erzielt als eine Stichprobe, die dies nicht tun (unehrliche Stichprobe), liegen Verfälschungstendenzen in der unehrlichen Stichprobe vor
Die Randomized-Response-Technik ist besonders sinnvoll bei Fragen zu sensiblen Themen, bei denen die Befragten möglicherweise nicht ehrlich antworten möchten, aus Angst vor sozialen Konsequenzen oder Urteilen. Beispiele für solche Fragen sind Fragen zu illegalen Aktivitäten, unethischem Verhalten, sexuellen Vorlieben oder Drogenkonsum. Indem die Technik die Vertraulichkeit der Antworten gewährleistet, kann sie dazu beitragen, ehrlichere und genauere Daten zu solchen Themen zu erhalten.
Was sind evozierte Potentiale und Bereitschaftspotentiale?
Evozierte Potenziale= Kurzzeitige (<1s) Reaktionen auf innere oder äußere Reize, die einen komplexen Verlauf mit interpretierbaren Höhe- und Tiefpunkten aufweisen. Je nach Ausschlag in positive (P) oder negative (N) Richtung und zeitlichem Intervall nach Beginn eines Reizes werden charakteristische Komponenten von evozierten Potenzialen identifiziert (z.B. P300, N100).
Es sind elektrische Signale im Gehirn, die als Reaktion auf bestimmte sensorische Reize auftreten. Diese Reize können visuell, auditiv oder somatosensorisch sein. Evozierte Potenziale werden typischerweise durch Elektroden auf der Kopfhaut gemessen und können helfen, die Verarbeitung sensorischer Informationen im Gehirn zu verstehen.
Bereitschaftspotenziale= Elektrophysiologisches Signal, das willkürlichen Bewegungen (z.B. Fingerbewegung) vorausgeht; wird z.B. mit Handlungsvorbereitung in Verbindung gebracht. Es sind elektrische Signale im Gehirn, die auftreten, bevor eine bewusste Handlung ausgeführt wird. Sie sind ein Hinweis darauf, dass das Gehirn unbewusste Vorbereitungen trifft, bevor eine Handlung bewusst initiiert wird. Bereitschaftspotenziale werden oft mit der Willensfreiheit und der Frage nach der Kontrolle des Bewusstseins über Handlungen in Verbindung gebracht.
Was sind die Vor- und Nachteile von Datenerhebungen im Internet?
Vorteile:
- Erleichterung und Effizienzsteigerung (quantitativer Aspekt)
Große Stichproben möglich
Geringer Zeitaufwand
Wegfall von Versuchsleitungseffekten
Kostengünstig im Vergleich zu traditionellen Umfrageunternehmen
Diversifizierung der Stichproben
Vergleiche mit traditionellen (Labor-basierten) Studien zeigen häufig ähnliche Befunde - Neuartige Forschungsmöglichkeiten und -themen ergeben sich (qualitativer Aspekt)
Erweiterung des Gegenstandsbereichs
Verringerung des Reaktivitätsproblems
Bessere Erreichbarkeit von Stichproben mit spezifischen Merkmalen
Nachteile:
Gefährdungen der Güte der Untersuchung durch:
Kontrolle über die Bedingungen der Datenerhebung
Ebenfalls keine repräsentativen Stichproben
Potentiell geben Teilnehmende mehr Information Preis als gewollt (IP-Adresse etc.)
Erschwerte Prüfung des Verständnisses wichtiger Informationen (Instruktions- oder Aufmerksamkeitstests als Gegenmaßnahme)
Bots
Es müssen Mechanismen eingebaut werden, die doppelte Teilnahme verhindern
Teilnehmende kommunizieren z.T. in Foren untereinander (z.B. https://turkopticon.ucsd.edu/)
Mögliche Ausnutzung durch Auftraggeber durch geringe Entlohnung (manche Websites erzwingen deswegen Mindestlohn, z.B. Prolific)
Vor allem in Onlinestudien besteht Gefahr, dass Proband:innen nicht ehrlich antworten, sondern nur „durchklicken“, um schnell die Entlohnung zu erhalten
—> Bedroht die Validität der Studie und erhöht Fehlervarianz