V12: Geschlechtsunterschiede Flashcards
Wie entwickeln sich Geschlechtsrollen und -stereotype?
Geschlechtsentwicklung: Biologisch, genetisch und hormonell gesteuert.
Erwerb von Geschlechtsstereotypen: Kinder lernen früh, welche Merkmale und Verhaltensweisen „männlich“ oder „weiblich“ gelten.
Geschlechtskonstanz: Das Verständnis, dass Geschlecht ein unveränderliches Merkmal ist
Was besagen die biologischen Erklärungsansätze zu Geschlechtsunterschieden?
Chromosomale Einflüsse: X-rezessiv vererbte Merkmale (z.B. Farbblindheit) betreffen Männer häufiger, da sie nur ein X-Chromosom haben.
Hormonelle Einflüsse: Pränatale Hormone beeinflussen das spätere Sexual- und Sozialverhalten; Pubertätshormone beeinflussen die kognitive Entwicklung.
Hirnlateralität: Die Annahme, dass Männer und Frauen unterschiedliche Gehirnhemisphären stärker nutzen, ist wissenschaftlich umstritten.
Was sagen psychoanalytische Erklärungsansätze zu Geschlechtsunterschieden?
Ödipuskomplex (Freud): Kinder entwickeln in der phallischen Phase (3-6 Jahre) unterschiedliche Identifikationsmuster basierend auf ihrem Geschlecht.
Penisneid: Freud argumentiert, dass Mädchen stärkere Minderwertigkeitsgefühle und Eifersucht entwickeln.
Kritik: Moderne Theorien weisen darauf hin, dass Geschlechtsidentität bereits vor der phallischen Phase entwickelt wird und Gleichaltrige eine größere Rolle spielen.
Was sagt der Lernthoeretischer Ansatzt zu Geschlechterunterschieden?
Lerntheoretische Ansätze
- Geschlechtstypisches Verhalten wird durch Lernen entwickelt.
- Verhalten ist situationsspezifisch, kontinuierlich und veränderbar.
Bekräftigungstheorie
- Hypothese differentieller Erwartungen: Unterschiedliche Erwartungen für Jungen und Mädchen
- Hypothese differentieller Bekräftigungen: Geschlechtstypisches Verhalten wird verstärkt
- Hypothese differentieller Bekräftigungseffekte: Verstärkungsmuster führen zu mehr geschlechtstypischem Verhalten
Kritik an der Bekräftigungstheorie
- Erfasst nicht alle Lernprozesse.
- Geschlechtstypisches Verhalten auch ohne Verstärkung.
- Einfluss des Geschlechts des Interaktionspartners.
Imitationstheorie
- Beobachtung männlicher und weiblicher Modelle beeinflusst Verhalten.
- Symbolische Modelle (z.B. Medien) spielen ebenfalls eine Rolle.
Kritik an der Imitationstheorie
- Gleichgeschlechtliche Modelle werden eher nachgeahmt (Hypothese der selektiven Nachahmung).
- Empirische Belege für viele Annahmen fehlen.
- Einfluss von Erwachsenen wird oft überschätzt.
Wie erklären kognitive, kulturelle und biologische Ansätze Geschlechtstypisierung?
Kognitive Entwicklungstheorie (Kohlberg, 1966)
- Geschlechtskonstanz: Kinder erkennen, dass Geschlecht unveränderlich ist.
- Selbstbild wird den Geschlechtsstereotypen angepasst, um kognitive Konsistenz zu erreichen.
Kulturpsychologische Ansätze
- Geschlechtsunterschiede variieren interkulturell durch ökologische Bedingungen.
Evolutionsbiologische Ansätze
- Geschlechtstypisches Verhalten und Präferenzen sind genetisch bedingt.
- Unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien für Männer und Frauen beeinflussen Verhalten.
Integratives Prozessmodell
- Biologische, soziale und individuelle Faktoren wirken zusammen.
- Passive Elemente: Verstärkung und Bestrafung.
- Aktive Elemente: Imitation und Präferenz für geschlechtstypische Umwelten.
Welche Geschlechtsunterschiede gibt es in der Persönlichkeit?
Persönlichkeitsunterschiede (Schmitt et al., 2008)
- Neurotizismus: d = .40 (Frauen höher).
- Extraversion: d = .10 (Männer leicht höher: Durchsetzungsfähigkeit, Selbstbewusstsein, Risiko).
- Verträglichkeit: d = .15 (Frauen höher: Gutherzigkeit, Gewissenhaftigkeit).
- Offenheit: d = -.05 (keine nennenswerten Unterschiede).
Moderatoren und Variabilität
- Kultur und Herkunft beeinflussen die Größe der Geschlechtsunterschiede.
- Männer zeigen größere Variabilität in Persönlichkeitsmerkmalen
- In der Kindheit erkennbar und bis ins Erwachsenenalter stabil.
Gibt es Geschlechtsunterschiede in der Intelligenz?
Allgemeine Intelligenz
- Frühe Studien (Terman, 1916) zeigen keine Unterschiede.
- Lynn & Irwing (2004): Geringer Vorteil für Männer, der mit dem Alter zunimmt.
- Nyborg (2005): Jungen haben einen Vorsprung, aber größere Varianz.
-> Inkonsistenz
Spezifische kognitive Fähigkeiten
- Frauen: Stärker in verbalen Fähigkeiten.
- Männer: Besser in visuell-räumlichen Aufgaben und Allgemeinwissen.
- Männer zeigen mehr Leistungsvarianz.
Wie erklären sich inkonsistente Befunde bei Geschlechtsunterschieden?
Entwicklungseffekte
- Mädchen haben bis zur Pubertät einen Entwicklungsvorsprung, den Jungen später aufholen.
- Mathematische Fähigkeiten: Unterschiede zeigen sich erst nach der Pubertät zugunsten der Jungen.
Stichproben und Instrumente
- Die Art der Stichprobe und das Messinstrument beeinflussen die Ergebnisse. Unterschiedliche Methoden führen zu variierenden Befunden.
Wie beeinflusst die Methodik Geschlechtsunterschiede in der Intelligenz?
Manifeste vs. latente Variablen
- Manifeste Variablen: Messfehler können die Ergebnisse verzerren.
- Latente Variablen: Eliminieren Messfehler, liefern präzisere Daten und testen Messinvarianz (Fairness der Tests zwischen Geschlechtern).
Beispiel (Steinmayr et al., 2010)
- Auf manifester Ebene: Vorteile der Jungen in verschiedenen Intelligenzbereichen.
- Auf latenter Ebene: Vorteile der Mädchen in verbaler Intelligenz.
Wie wichtig ist Testfairness bei der Messung von Geschlechtsunterschieden?
Invarianz der Messung:
- Sicherstellt, dass Unterschiede in Testergebnissen tatsächlich Fähigkeitsunterschiede widerspiegeln, nicht Unterschiede in der Testkonstruktion.
Testfairness: -> Notwendigkeit:
- Testitems sollten für alle Gruppen gleich fair sein, sodass Personen mit gleichem Fähigkeitsniveau unabhängig vom Geschlecht gleiche Chancen haben, die Fragen zu beantworten.
Differential Item Functioning (DIF)
- Untersuchung, ob Testitems systematisch ein Geschlecht bevorzugen, was zu verzerrten Ergebnissen führen kann.
Ergebnisse der DIF-Analyse
- Viele Wissenstest-Items bevorzugten Jungen. Die Eliminierung von DIF-belasteten Items reduzierte die Effektstärke des Geschlechtsunterschieds deutlich (von d = .78 auf d = .32).