Unterlassen 2.0 Flashcards
Was sind echte Unterlassensdelikte ?
Delikte, die sich im bloßen Unterlassen einer von Gesetzes wegen geforderten Handlung erschöpfen.
323c, 138, 123 Alt. 2, 221 I Nr 2
Es wird ein Handeln verlangt! Derjenige ist gesetzlich aber nicht zur Erfolgsabwendung verpflichtet.
Was sind unechte Unterlassensdelikte ? (§ 13)
Straftaten, bei denen der Unterlassende als Garant zur Erfolgsabwendung verpflichtet ist. Und wobei das Unterlassen wertungsmässig der Verwirklichung des TB durch aktives Tun entspricht.
Hier ist Milderungsmöglichkeit gegeben, § 13 II
Abgrenzung Handeln - Unterlassen in Klausur
- Lehre vom Energieeinsatz (-)
- im Zweifel immer Tun (-)
- wenn Kausalität gegeben, also Kausalverlauf in Gang gesetzt, dann positives Tun
- BGH anwenden im Endeffekt: wo liegt der Schwerpunkt des strafrechtlich relevanten Handelns ? (dann anhand von Indizien entscheiden)
vllt kurz die anderen Theorien ansprechen, aber im Regelfall auf den Schwerpunkt abstellen.
Vereitelung durch aktives Eingreifen in fremde Rettungshandlungen ? (Durch Zwang oder Täuschung)
= stets aktives Tun
Nur Unterlassen, wenn erforderliche Hilfe durch bloßes Untätigbleiben verweigert wird (A gibt dem B nicht die zur Rettung notwendigen Materialien) (Garantenstellung ? wenn -, dann (323c)
Abbruch eigener Rettungsbemühungen?
Frage hier: Liegt noch ein Unterlassen oder schon ein Tun vor?
- Fremde Rettungsbemühungen werden aktiv unterbrochen = Tun
- Auf Bitten anderer wird keine Hilfe angeboten = unterlassene Hilfeleistung (weil keine Garantenstellung)
- Abbruch eigener Rettungsbemühungen : str : A1 differenziert danach, ob Rettung Opfer schon konkret erreicht hat; A2 danach, ob Opfersphäre schon berührt wurde.
—> Wertungsfrage ! Entscheidend ist, ob Handlung eher einem Nichtstun gleichsteht, oder ob dem Opfer schon konkrete Rettungsmöglichkeit eröffnet wurde, die aktiv zerstört wurde.
Diese Problematik bei Sterbehilfe (passiver): Behandlungsabbruch
?! Verstehe ich leider immer noch nicht
- Rspr und hL früher durch Arzt als Unterlassen und damit straffrei, mangels Garantenpflicht
- durch Angehörige oder Dritte war es dann aktives Tun
Seit 25.6.2010 (Fall Putz) BGH: Ärztliche Maßnahmen können auch als aktives Tun eingestuft werden; bei Behandlungsabbruch aber wohl straflos wegen Einwilligung des Patienten
Bei Unterlassen scheitert Strafbarkeit aber weiterhin an Garanten-Behandlungspflicht, weil Ausmaß vom Willen des Patienten abhängt.
Kommt im Endeffekt nicht mehr auf Einordnung an, weil Einwilligung maßgeblich ist.
Tatbestand unechte Unterlassensdelikte
- Eintritt des Erfolgs
- Unterlassen der gebotenen (erforderlichen) und möglichen (physisch-realen) Handlung
- Kausalität (modifizierte Formel „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele“ = Quasi-Kausalität)
- Objektive Zurechnung (Pflichtwidrigkeitszusammenhang) = ob tb Erfolg gerade auf Pflichtwidrigkeit des Unterlassens beruht
- Garantenstellung
Unterlassen ist also nicht Nichtstun, sondern Nichtvornahme einer bestimmten rechtlich geforderten Tätigkeit !
Pflichtwidrigkeitszusammenhang ?
Wie bei Fahrlässigkeit: Rechtmäßiges Alternativverhalten
(Strenger ist die Risikoverringerungslehre) Spiegelbild !!
Ob der tatbestandsmäßige Erfolg gerade auf der Pflichtwidrigkeit des Unterlassens beruht.
Nur zu bejahen, wenn die Vornahme der gebotenen Rettungshandlung in der konkreten Situation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Vermeidung des tb Erfolgs geführt hätte.
Entfällt, wenn Erfolg auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre; oder Eintritt nicht ausgeschlossen werden kann (in dubio pro reo)
AA ist Risikoverringerungslenhre
Grundlagen der Garantenpflicht
Einleitung :
- Obhuts- und Beschützergarant: aus besonderen Rechtssätzen, enger Verbundenheit, Lebens- oder Gefahrengemeinschaft, freiwillige Übernahme, Amtsträger oder Organ von JP
- Überwachungs- und Kontrollgarant: Verkehrssicherungspflichten, Pflicht zur Beaufsichtigung Dritter, Ingerenz, Inverkehrbringen von Produkten
(Früher eingeteilt in: Vertrag, Gesetz, Ingerenz, enge Lebensbeziehungen)
—> wichtig in Klausur: auf alle Umstände eingehen, die Garantenstellung begründen könnte und alle möglichen auch ansprechen!
Nur Rechtspflicht, keine allgemein sittliche Pflicht! Genau genau und konkret abwägen
Die Beschützergaranten:
- gesetzlich (Ehegatten, Eltern für Kinder, Betreuer; aus BGB; Verwandte gerader Linie, Geschwister, Verlobte): enge natürliche Verbundenheit
Hier kann die Reichweite der Schutzpflicht jedoch von Fall zu Fall verschieden sein! (Häusliche Gemeinschaft nicht unbedingt notwendig; bei getrennt lebenden Ehegatten bedeutet rechtliche Bindung noch keine Garantenstellung; aber auch nicht alleine entscheidend, ob Vertrauensverhältnis tatsächlich existiert.
Bei Geschwistern jedenfalls bei häuslicher Gemeinschaft; ) —> kranke Einzelfallabwägung, schauen, ob eine Rechtspflicht zum Einschreiten auferlegt werden muss und SV auswerten
- Lebens- und Gefahrengemeinschaft (Vertrauensverhältnis) (eheähnliche Lebensgemeinschaft, Bergsteiger; nicht jedoch bloße Zufallsgemeinschaft; bei WG Einzelfall)
- Vertrag (Vertrauensverhältnis oder enge und dauerhafte Geschäftsbeziehung)
- freiwillige Übernahme (Babysitter, Arzt, Bergführer, Bademeister) = faktische Übernahme maßgeblich; maßgeblich, ob aufgrund des berechtigten Vertrauens andere Maßnahmen unterbleiben!; Gastwirt muss sich um Volltrunkenen kümmern; Taxifahrer auch möglich!
- Stellung als Amtsträger oder Organ einer JP (Lehrer, Polizisten, Sozialarbeiter)
Die Überwachergaranten:
- Verkehrssicherungspflicht (zB Grundstückseigentümer, Hausbesitzer)
- Pflicht zur Beaufsichtigung Dritter (in StVA/ Psychiatrie)
- Geschäftsherrenhaftung ist noch sehr str, aber wohl hM aus Befehls- und Organisationsherrschaft nimmt Garantenstellung an! (Spannungsfeld Eigenverantwortlichkeit, ausufernde Strafbarkeit und Organisationsherrschaft); kann aber Beschützergarantenstellung aus Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegen Straftaten gegen andere Angestellte geben
- -> teilweise korrespondieren Vermögensbetreuungspflicht und Garantenpflicht, also zB Aufsichtsrat!
außerdem muss Delikt betriebsbezogen sein und nicht nur bei Gelegenheit stattfinden.
- Erwachsene sind für ihr Tun selbst verantwortlich im Grundsatz (Ehegatten, Eltern und volljährige Kinder und andersrum)
- Ingerenz (pflichtwidriges gefährdendes Vorverhalten) (genau schauen, ob Vorverhalten geeignet ist; nicht bei Notwehr und rechtmäßigem Verhalten)
- Inverkehrbringen von Produkten (eig schon Verkehrssicherungspflicht)
Vorsatz im unechten Unterlassensdelikt
- umfasst Wille zum Untätigbleiben in Kenntnis aller objektiven Tatbestandsmerkmale und in dem Bewusstsein, dass Abwendung möglich ist; und Kenntnis der Umstände der Garantenstellung
- Irrtum über Garantenstellung ist Tatbestandsirrtum, § 16; Irrtum über Garantenpflicht ist Gebotsirrtum, § 17 (hier ist man aber großzügiger mit der Vermeidbarkeit als beim Verbotsirrtum)
Achtung: Garantenstellung ist besonderes persönliches Merkmal iSd § 28 I = begründet Strafbarkeit
daher kommt für Teilnehmer Strafmilderung nach § 28 I in Betracht!!!
–> dh Teilnahme ist möglich, auch wenn Teilnehmer kein Garant ist, aber dann eben Strafmilderung
Zumutbarkeitsprüfung erfolgt auf…
…Schuldebene.
–> Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens. (nur in krassen Ausnahmefällen abzulehnen)
Merkposten:
Versuchsbeginn beim Unterlassen
- erste Rettungsmöglichkeit (nein, weil zu weit nach vorne verlagert, Rechtsgut ggf noch nicht gefährdet)
- letzte Rettungsmöglichkeit (nein, weil Rücktrittsmöglichkeit abgeschnitten)
–> wenn Rechtsgut konkret gefährdet und untätig bleibt ODER wenn Möglichkeit des Eingreifens aus den Händen gegeben und Geschehen seinen Lauf lässt