Strafzumessung Flashcards
Stunde 04 + 05 (fertig)
Worum geht es beim Strafzumessungsvorgang?
Wie kommt man von der Tat, die begangen wurde, zu dem, was als RF ausgeurteilt wird?
Strafzumessung im weiteren Sinne
umfasst die Wahl der konkreten Strafe (GS vs. FS)
Strafzumessung im engeren Sinne
betrifft nur die Höhe der FS bzw. der Tagessatzanzahl
Welche Strafzwecke gibt es?
Absolute Straftheorien:
- Vergeltung
- Schuldausgleich
Relative Straftheorien:
- generalpräventiv: Abschreckung der Gesellschaft bzw. Festigung des Normbewusstseins in der Gesellschaft; Verteidigung der RO
- spezialpräventiv: Einwirken auf den Täter
Was sind Beispiele für Widersprüche bei der Realisierung der Strafzwecke
- Milchschnitten-Fälle: dauernde WH bagatellhafter Straftaten (Ladendiebstahl von unter 1€); Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit
- Altfälle von schweren Straftaten, z.B. Straftaten aus der NS-Zeit: (Täter haben in jungen Jahren aus systemischen Gründen Taten begangen (Beteiligung an systemischen Tötungen) und waren dann nach einem Systemwechsel rechtstreu für 50 Jahre)
=> Schuldausgleich vs. Verteidigung der RO
Was folgt daraus?
Eine Antinomie der Strafzwecke: Die Strafzwecke können in unterschiedliche Richtungen wirken.
Welche Frage stellt sich daher?
Wie stehen die Strafzwecke zueinander? In welchem Verhältnis stehen Vergeltung und Prävention? Was ist das Vorrangige?
Was bietet Antworten?
Strafzumessungstheorien
Was ist Gegenstand der Strafzumessungstheorien?
Sie besagen, in welchem Verhältnis die Strafzwecke zueinander stehen. Sie sagen etwas über die Berücksichtigung von Tatschuld (vergeltenden Elementen) einerseits und präventiven Elementen andererseits aus.
Was besagt die Spielraumtheorie?
Einer bestimmten Schuld, die verwirklicht worden ist entspricht nicht nur eine exakte Strafe als Punktstrafe (“für diese Tat gibt es immer genau 3 Jahre FS”) sondern es gibt immer eine Bandbreite (Spielraum) von Strafen, die (noch und schon) schuldangemessen sind. Innerhalb der Bandbreite von Strafen, die schuldangemessen sind, können präventive Gesichtspunkte mitberücksichtigt werden (müssen keine general- oder spezialpräventiven Gesichtspunkte berücksichtigt werden, geht man an das untere Ende der Bandbreite; müssen diese jedoch bei der gleichen Schuld berücksichtigt werden, geht man an das obere Ende).
Was umfasst die Bandbreite?
Den Bereich zwischen “schon schuldangemessen” bis “noch schuldangemessen”
Was besagt die Stellenwerttheorie?
Die Höhe der Strafe muss von der Schuld abhängig sein. Das Maß der Schuld gibt den Stellenwert vor. Die präventiven Gesichtspunkte können nur über die Frage nach der Art der Strafe entscheiden (Bewährung ja oder nein). Die Höhe der FS ergibt sich aus der Schuld und die Frage der Bewährungsfähigkeit aus präventiven Gesichtspunkten.
Was besagt die Lehre von der Tatproportionalität?
Die präventiven Gesichtspunkte haben mit der Strafzumessung nichts zu tun. Die Strafe muss proportional zur Tat sein. Die Tat muss gewichtet werden und dazu muss eine proportionale Strafe gefunden werden. Dort spielen die präventiven Gesichtspunkte nicht hinein.
Was ist die Grundlage/ Ausgangspunkt der Strafzumessung?
die Schuld, § 46 I 1 StGB
Wie erfolgt die Strafzumessung?
- Bestimmung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens
- Bestimmung und Gewichtung der strafzumessungsrelevanten Umstände (Anhaltspunkt ist § 46 II StGB: wesentliche Gesichtspunkte, die für die Abwägung herangezogen werden können)
- Festsetzung der konkreten Strafe
Wie können die Abwägungsgesichtspunkte aus § 46 II 2 StGB, die für die Strafzumessung berücksichtigt werden müssen, eingeteilt werden?
objektive, die das Unrecht betreffen und subjektive, die die Schuld/ persönliche Vorwerfbarkeit betreffen; Verhalten vor und nach der Tat
Was meint in § 46 I 1 StGB “namentlich”?
beispielhaft (es folgt eine nicht abschließende Aufzählung)
Welches Problem folgt aus der nicht abschließenden Aufzählung in § 46 II 2 StGB?
Es können Punkte angeführt werden, die nicht durch das Gericht bei der Strafzumessung berücksichtigt wurden oder es kann gerügt werden, das bestimmte Gesichtspunkte zwar berücksichtigt wurden, jedoch nicht hinreichend (sie hätten stärker ins Gewicht fallen müssen). Bezüglich des Urteils kann dies gerügt werden (vgl. Rechtsmittel im Strafzumessungsrecht).
Warum sind die Revisionsgerichte zurückhaltend bei der Überprüfung der Abwägungsgesichtspunkte und deren Gewichtung?
Weil die Strafzumessung Sache des Tatgerichts ist.
Wessen Sache ist die Strafzumessung?
Die des Tatgerichts
Was ist das Tatgericht?
Dasjenige, das den Angeklagten während der Hauptverhandlung erlebt hat und aufgrund dieses Eindrucks ein Urteil über die Person des Angeklagten fällt
Wie kann die Strafzumessung (Berücksichtigung der Abwägungsgesichtspunkte) formuliert werden?
a. Herausarbeitung/ Bestimmung der einzelnen Abwägungsgesichtspunkte
b. Gewichtung der einzelnen Punkte
c. “Nach nochmaliger Abwägung aller Umstände und nach nochmaliger Betrachtung des Gesamtbildes/ nach nochmaliger Berücksichtigung aller Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, …”
d. Festsetzung der konkreten Strafe
Aus welchen zwei Teilen besteht die Strafzumessung?
- gesetzesanwendender Teil: Bestimmung des Strafrahmens, Berechnung von Strafrahmenverschiebungen
- wertender Teil: nach Abwägung aller Umstände wird in dem zur Verfügung stehenden Strafrahmen eine konkrete strafe festgesetzt (Domäne des Tatichters)
Schritt 1: Strafrahmenbestimmung
Was ist der Ausgangspunkt der Strafrahmenbestimmung?
Der Regelstrafrahmen
Was ist der Regelstrafrahmen?
Der gesetzliche Strafrahmen, der für den verwirklichen TB durch die entsprechende Vorschrift des BT, festgesetzt ist, ggf. in Verbindung mit einer Vorschrift aus dem AT (§§ 38 II, 40 I 2).
Was ist der Regelstrafrahmen bei § 227?
nicht unter 3 Jahren: Mindeststrafe 3 Jahre FS
Höchststrafe: 15 Jahre, § 38 II StGB
Wie bestimmt sich die Unter- bzw. Obergrenze des Regelstrafrahmens, wenn diese nicht im BT geregelt ist?
- § 38 II (zeitige FS)
- § 40 I 2 (GS)
Wie bestimmt sich die Höhe der Strafe bei einer GS?
Nach ANZAHL der Tagessätze (nicht: nach der Höhe der Tagessätze)
Was sind Sonderstrafrahmen?
Strafschärfungen und Strafmilderungen für besonders schwere oder minderschwer Fälle.
Es handelt sich um eigene Tatbestände, die einen eigenen anderen Regelstrafrahmen haben, z.B. §§ 213, 243 (+ unbenannte Regelbeispiele), 250 III StGB + unbenannt andere Fälle (“Bei minder schweren Fällen…”).
Hierunter fallen nicht Qualifikationen (§§ 224, 251 StGB).
Wie unterscheiden sich besonders schwere/ minderschwere Fälle von Qualifikationen?
besonders schwere Fälle betreffen nicht den TB, sondern die RF
Was passiert bei minderschweren Fällen?
Der Strafrahmen verschiebt sich.
Formal sind die VSS eines TB erfüllt. Es liegen jedoch auf Seiten des Täter oder Opfers schuld- und unrechtsmindernde Gesichtspunkte vor. Der Regelstrafrahmen erscheint unangemessen hoch. Der Strafrahmen wird daher herabgesetzt.
Bsp.: Es wird ein minderschwerer Fall des § 250 I angenommen auf der Grundlage mehrerer Argumente (eines alleine reicht nicht aus):
- der Einsatz von Scheinwaffen fällt unter Nr. 1b
- Mitverschulen des Opfers
- besonders geringe Beute
Wie unterscheiden sich § 250 und § 249 hinsichtlich der Mindeststrafe?
Mindeststrafe bei § 250 I: 3 Jahre (keine Bewährung)
Mindeststrafe bei § 250 II: 5 Jahre
Mindeststrafe bei minderschweren Fällen: 1 Jahr (Bewährung möglich)
Beim qualifizierten Raub in einem minderschweren Fall ist die Mindeststrafe geringer als bei einem normalen Raub (nicht unter einem Jahr = 1 - 15 Jahre)
Was ist ein besonders schwerer Fall?
schuld- oder unrechtssteigernd; liegen Gesichtspunkte vor, die von einem TB (und nicht von einer Qualifikation) erfasst sind und diesen Fall nach oben hervorstechen lassen?
Was sind Beispiele für besonders schwere Fälle?
Bsp.:
- Regelbeispiele: § 243, § 263 III, § 267 III, § 266 III
- unbenannte besonders schwere Fälle (werden nicht in den Regelbeispielen aufgezählt)