Maßregeln der Besserung und Sicherung Flashcards

Stunde 11 (fertig)

1
Q

Was haben wir im Strafrecht für ein System hinsichtlich der RFen?

A

Ein dualistisches RF-System: Strafen einerseits und Maßregeln der Besserung und Sicherung (allein Präventionsgedanke) andererseits

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2
Q

Was setzt die Strafe voraus?

A

Die Schuld.

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3
Q

Was ist noch über die Schuld zu sagen?

A

Die Schuld ist die VSS dafür, das überhaupt bestraft werden kann. Sie ist ebenfalls die Grundlage für den Umfang der ausgesprochenen Strafe/ Strafzumessung (Strafzumessungsschuld, § 46 I 1).

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4
Q

Was ist die Aufgabe der Strafe?

A

Vergeltung
Sie ist das schärfste Schwert des Staates aufgrund eines rechtskräftig festgestellten Schuldvorwurfs. Strafe setzt Schuld voraus (Schuldprinzip). Die Schuld ist auch für die Strafzumessung maßgeblich, § 46 I 1 StGB (Schuld als Grundlage der Strafzumessung).
Die Strafe ist vergangenheitsorientiert (retrospektive Ausrichtung).
Daneben hat sie nur “auch-präventive” Zwecke (Prävention ist nie die einzige Aufgabe).

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5
Q

Was ist die Aufgabe einer Maßregel?

A

Zielrichtung der Maßregel: präventive Ausrichtung
Allein der Präventionsgedanke (Sicherungsinteresse der Gesellschaft) ist ausschlaggebend. Bei den Maßregeln der Besserung und Sicherung wird Schuld nicht vorausgesetzt, d.h. eine Anordnung ist bei schuldfähigen, schundunfähigen und vermindert schuldfähigen Tätern möglich.
Mit der Maßregel soll nicht gestraft werden. Es gibt zwar eine Anlasstat, aber diejenigen haben nichts gemacht, was man ihnen schuldhaft vorwerfen kann (für das, was sie getan haben, trifft sie keine Schuld bzw. indem sie ihre Strafe bereits verbüßt haben, ist ihre Schuld bereits erschöpft (Anordnung einer Maßregel über das Maß der Strafzumessungsschuld hinaus wenn diese bereits ausgeglichen ist)).

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6
Q

Welche Rolle spielt die Schuld bei bei den Maßregeln?

A

Die Maßregel ist nicht durch die Schuld limitiert. D.h. sie kann auch verhängt werden, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat und sie kann zusätzlich zu einer Strafe, die die Schuld des Täters vollständig erschöpft, ausgesprochen werden.

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7
Q

Was ist bei stationären Maßnahmen zu beachten?

A

Bei allen eingreifenden staatlichen Maßnahmen muss der VHMK-Grundsatz beachtet werden.
Bei Maßregeln ist der VHMK-Gedanke in besonderer Weise zu beachten: Sicherungsinteresse der Allgemeinheit vs. Freiheit des Einzelnen
Grund: Es handelt sich um Eingriffe in Rechtspositionen von Personen, die für das, was sie gemacht haben, nicht verantwortlich sind bzw. über das Maß dessen, wofür sie verantwortlich sind, hinaus. Ihnen wird ein Sonderopfer im Sicherungsinteresse der Rechtsgemeinschaft auferlegt.
Es handelt sich um einen erheblichen Eingriff, denn Personen werden eingesperrt nicht für das, was sie getan haben, sondern für das, was sie tun könnten (damit sie für die Allgemeinheit keine Gefahr darstellen). Letzten Endes wissen wir jedoch nicht, ob sie tatsächlich eine Tat begehen würden.

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8
Q

Wo ist der Grundsatz der VHMK geregelt?

A

§ 62 StGB
(exponierte Stellung noch vor den einzelnen Maßregeln)

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9
Q

Welche Maßregeln der Besserung und Sicherung gibt es?

A
  • ambulant
  • stationär
  • Katalog in § 61 StGB
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10
Q

Was ist der Anknüpfungspunkt für die Verhängung der Maßregel?

A

Eine rechtswidrige Tat (= Anlasstat), § 11 I Nr. 5 StGB.
Es geht nicht um die Bestrafung für diese Tat, sondern damit die Maßregel greift, wird eine Straftat benötigt. Als Indiz für die Gefahr wird die Verwirklichung eines Straftatbestandes vorausgesetzt.
Die Maßregel wird im Urteil angeordnet.

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11
Q

Was setzt die Anordnung der Maßregel voraus?

A

Eine Gefährlichkeitsprognose (psychiatrischer oder psychologischer Gutachter).
Hier gilt nicht der Grundsatz in dubio pro reo.

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12
Q

Was muss bei der VHMK berücksichtigt werden?

A
  • die begangenen Taten
  • die zukünftigen Taten
  • der Grad der Gefahr (Grad der Wahrscheinlichkeit)
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13
Q

Können mehrere Maßregeln nebeneinander verhängt werden?

A

Ja, wenn es nicht möglich ist, durch eine Maßregel allein einen bestimmten Zweck zu erreichen.
Verbindung von Maßregeln, § 72 StGB

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14
Q

Welche Maßregeln gibt es im Ermittlungsverfahren?

A

Sicherungsmaßnahmen, sodass der spätere Maßregelvollzug möglich ist.
- § 111a StPO (vorläufige Maßnahme zur Entziehung der Fahrerlaubnis
- § 126a StPO (einstweilige Unterbringung statt U-Haft)

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15
Q

Wo ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus geregelt?

A

§ 63 StGB

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16
Q

Was sind die VSS für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB?

A
  • Anlasstat (§ 11 I Nr. 5 StGB: eine rechtswidrige Tat ist nur eine solche, die einen Straftatbestand verwirklicht)
  • positiv und sicher festgestellte (in dubio pro reo hinsichtlich der Schuldfähigkeit) Schuldunfähigkeit (§ 20) oder verminderte Schuldfähigkeit (§ 21) zum Zeitpunkt der Tat
  • Beruhen auf länger währendem psychischen Defekt
  • negative Gefährlichkeitsprognose
  • Vernehmung eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung, § 246a StPO
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17
Q

Was bedeutet in dubio pro reo hinsichtlich der Schuldunfähigkeit des Täters?

A

Kann ich nicht mit der erforderlichen Gewissheit iSd § 261 StPO sagen, dass der Täter schuldfähig ist, muss ich § 20 StGB anwenden. Dies heißt jedoch noch nicht notwendig, dass § 63 StGB zur Anwendung kommt.

18
Q

Was muss hinsichtlich der Schuldfähigkeit vorliegen, sodass der Täter nicht bestraft werden darf?

A

Hinreichend § 20 StGB.
Bei § 21 StGB kann der Täter bestraft werden. Es erfolgt eine Strafmilderung gem. § 49 I StGB.
Kann der Gutachter den § 20 StGB nicht ausschließen, kann damit § 21 StGB zumindest hinreichend positiv festgestellt werden.

19
Q

Was ist ein länger währender psychischer Defekt?

A

Der Zustand der Schuldunfähigkeit muss auf eine Diagnose zurückgehen, die bestätigt, dass er sich auf eine längere Zeit im Zustand der Schuldunfähigkeit befindet.
Arg.: Nur dann kommt es zu der Gefahr und die negative Gefährlichkeitsprognose ist zu bejahen.
Das Handeln im Affekt in einer Extremsituation und die einmalige Trunkenheit ohne Alkoholerkrankung genügen nicht.

20
Q

Wann ist die negative Gefährlichkeitsprognose zu bejahen?

A

Die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat ergibt, dass infolge seines Zustandes (der eine gewisse Zeit währt) erhebliche rechtswidrige Taten drohen, die für das Opfer erhebliche seelische oder körperliche Schäden mit sich bringen und er deswegen für die Allgemeinheit (nicht nur für einen Angehörigen )gefährlich ist.

21
Q

Wie wird die Einbeziehung eines Sachverständigen verfahrensrechtlich abgesichert?

A

§ 246a StPO

22
Q

Was ist die RF des § 63 StGB?

A

Kein Ermessen, sondern die zwingende Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (stationäre Maßnahme).

23
Q

Wo ist die Vollstreckung und die Dauer der Maßnahme geregelt?

A

§ 67d StGB

24
Q

Wo ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt geregelt?

A

§ 64 StGB

25
Q

Was sind die VSSen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB?

A
  • sicher feststehender Hang, im Übermaß berauschende Mittel zu sich zu nehmen
  • Anlasstat, § 11 I Nr. 5 StGB (Schuldfähigkeit hier aber unbeachtlich)
  • im Rausch oder wegen Hanges zu berauschenden Mitteln
  • negative Gefährlichkeitsprognose
  • Vernehmung eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung, § 246a StPO (wenn Unterbringung “erwogen”)
  • Erfolgsaussicht der Behandlung
26
Q

Was bedeutet “Hang”?

A

Die den Täter treibende Neigung zu einem übermäßigen Genuss von Rauschmitteln.
Auf die Vergangenheit gerichtet.
Es gilt in dubio pro reo.

27
Q

Was bedeutet “im Rausch oder wegen Hanges zu berauschenden Mitteln”?

A

Man ist während der Begehung der Tat berauscht oder man begeht die Tat (zwar nicht im Rausch aber) aus Gründen der Beschaffungskriminalität.

28
Q

Wie verhält es sich mit der Schuldfähigkeit?

A

Die Tat muss im Rausch oder wegen des Hanges zum Rausch begangen werden, ein Fall des § 20 StGB muss aber nicht vorliegen.
Der Täter wurde entweder als schuldfähig befunden und verurteilt oder er wurde nicht verurteilt weil aufgrund des Rausches im konkreten Moment die Schuldunfähigkeit festgestellt wurde oder jedenfalls nicht auszuschließen ist. Wurde der Täter verurteilt, kann er über das Maß, das seiner Schuld entspricht, hinaus untergebracht werden.

29
Q

Was umfasst die negative Gefährlichkeitsprognose iSd § 64?

A

Es werden erhebliche rechtswidrige Taten benötigt, diese sind jedoch nicht genauer spezifiziert. Es wird keine Gefährdung der Allgemeinheit benötigt.

30
Q

Wie verhält es sich, wenn das Gericht es für völlig ausgeschlossen hält, dass die Entziehungskur erfolgreich ist?

A

Die Entziehungskur kann dann nicht angeordnet werden, weil die Erfolgsaussicht notwendige Voraussetzung für die Anordnung ist (vgl. BVerfGE: Die Maßnahme wäre nicht geeignet, einen Zweck zu verfolgen und daher unverhältnismäßig).

31
Q

Was ist die RF des § 64 StGB?

A

Gebundenes Ermessen (“soll-Vorschrift” = wenn keine Besonderheiten vorliegen, bedeutet “soll”, so viel wie “muss”).
Anordnung einer stationären Maßnahme.

32
Q

Worin unterscheiden sich § 63 und § 64 StGB?

A

§ 63: Das Gericht muss die Maßnahme anordnen; die Unterbringung ist unbegrenzt, es müssen jedoch regelmäßig Überprüfungen stattfinden (Vermutung der Unverhältnismäßigkeit bei mehr als 6 Jahren)
§ 64: Das Gericht soll die Maßnahme anordnen; die Unterbringung ist auf 2 Jahre begrenzt (§ 67d StGB)

33
Q

Wo ist die Vollstreckung der freiheitsentziehenden Maßnahmen geregelt?

A

§ 67 StGB

34
Q

Wie verhält es sich mit der Reihenfolge von FS und freiheitsentziehender Maßnahme gem. § 63 und § 64?

A

Grundsatz: Vorwegvollzug der Maßregel (einschließlich eines vikariierenden Systems); eine Anrechnung erfolgt bis zur Höhe von 2/3 der Strafe (= 2/3 der Strafe gelten als verbüßt, sodass die Möglichkeit der Strafrestaussetzung gem. § 57 StGB besteht)
Ausnahme: Vorwegvollzug der Strafe, § 67 II (beträgt die Strafe mehr als 3 Jahre, könnte durch die Maximaldauer der Entziehungskur die 2/3-Marke der FS nicht erreicht werden und die Reststrafe könnte im Anschluss an die Entziehungskur nicht zur Bewährung ausgesetzt werden; daher soll ein teil der FS vorweg verbüßt werden)

35
Q

Warum soll der Täter, wenn möglich, nach dem Maßregelvollzug nicht in den Strafvollzug (zurück)?

A
  • fehlende Möglichkeit im Strafvollzug auf den Täter einzugehen
  • Zusammentreffen mit Straftätern nach erfolgreicher Therapie (Subkulturen, Drogen)
  • Gefahr des Rückfalls in die Sucht und des Wiederauflebens psychischer Erkrankungen
  • auf den Täter sollen die Angebote des Strafvollzugs erst dann treffen, wenn er so weit therapiert ist, dass er diese wahrnehmen kann
  • der Strafvollzug mit seinen Resozialisierungsangeboten kann nur erfolgreich genutzt und sein Ziel erreicht werden, wenn eine entsprechende Behandlung stattgefunden hat
36
Q

Was ist ein vikariierendes System?

A

eine teilweise Anrechnung der Maßregel auf die FS, § 67 I, IV StGB

37
Q

Wo liegt die Obergrenze für die freiheitsentziehende Maßnahmen?

A

Beim psychiatrischen Krankenhaus gibt es keine feste Obergrenze.
Bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beträgt sie 2 Jahre, § 67d StGB.

38
Q

Gibt es eine “Maßregel auf Bewährung”?

A

Ja, es gibt die Möglichkeit der Aussetzung der Vollstreckung zugleich mit der Anordnung, § 67b StGB
(wenn das Ziel auch durch ambulante Maßnahmen erreicht werden kann). Es erfolgt damit der sofortige Eintritt von Führungsaufsicht, § 67b II StGB.

39
Q

Was passiert, wenn eine stationäre Maßnahme verhängt wird, deren Vollstreckung ausgesetzt wird?

A

Kraft Gesetzes tritt Führungsaufsicht (= eine ambulante Maßnahme) ein.

40
Q

Worum handelt es sich bei § 68 II StGB?

A

Um eine RF-Verweisung

41
Q

Wie lang ist die Dauer der freiheitsentziehenden Maßregeln?

A

§ 67d
Entziehungsanstalt: maximal 2 Jahre
Ausnahme: § 67d I 3 iVm § 67 IV
Für die Sicherungsverwahrung und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gibt es keine Höchstfrist, aber es gibt Pflichten zur Prüfung durch die Klinik, ob die Gefahr noch besteht (Fortschreibung der Prognose) bzw. Zeitpunkte, bei denen die Unverhältnismäßigkeit droht (§ 67e: Pflicht zur Prüfung durch das Gericht, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann) und Regelvermutung der UnVHMK nach 6 Jahren (§ 67d VI 2 StGB: Es muss positiv belegt werden, dass die weitere Vollstreckung der Unterbringung nicht unverhältnismäßig ist)

42
Q

Wie kann man die Natur der Unterbringungsanordnung im psychiatrischen Krankenhaus beschreiben?

A

als prognoseabhängige präventive Entscheidung