Staatsorganisationsrecht 2 Flashcards

1
Q

Staat

A

auf einem abgrenzbaren Gebiet der Erdoberfläche seßhafte, mit einer herrschenden Gewalt versehene und durch sie zu einer Einheit zusammengefasste Vielheit von Menschen (nach Georg Jellinek)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Praktische Konkordanz

A

Güterabwägung da, wo es zur Kollision zwischen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern kommt, sodass Verfassungsgüter jeweils zur optimalen Wirksamkeit gelangen => Verhältnismäßigkeit:
o Geeignetheit: Einschränkung von A zur Verwirklichung von B überhaupt geeignet?
o Erforderlichkeit: Gibt es kein milderes Mittel als die Einschränkung von A, um B zu verwirklichen?
o Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne: für kleine Gewinne bei der Verwirklichung von B dürfen keine über Gebühr großen Verluste bei B zu verzeichnen sein

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Funktionen des Parlaments

A
  • Gesetzgebung: mit Budgetrecht als Königsrecht (durch Verpflichtungen und Gewährleistungen darf sich das Parlament nicht dauerhaft seinerGestaltungsmöglichkeiten berauben, vgl. ESM)
  • Kontrolle: va gegenüber der Exekutive
  • Kreation: Bildung weiterer Verfassungsorgane
  • Repräsentation und Öffentlichkeit: primäres Forum politischer Auseinandersetzung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Voraussetzungen an Parteien

A
  • innere Orga gemäß demokratischen Grundsätzen
  • ernsthaftes Anstreben zu Wahlmitwirkung
  • hinreichender Mitgliederbestand, gewisse Festigkeit, gewisse Organisation
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Definiton “Partei” (Degenhart)

A

Parteien iSd Art. 21 GG sind Personenvereinigungen, deren Zweck es ist, im Sinne bestimmter politischer Ziele an der Vertretung des Volkes in den Parlamenten von Bund und Ländern mitzuwirken

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Parteienprivileg

A

Parteien dürfen nicht anders behandelt werden, solange sie nicht vom BVerfG offiziell als verfassungswidrig eingestuft werden

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

freiheitlich-demokratische Grundordnung

A

umfasst gem. BVerG die Menschenrecht des GG, die Grundprinzipien der Staatsorganisation (va Demokratieprinzip) und der politischen Willensbildung (Mehrparteiensystem, Chancengleichheit)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Wahlrechtsgrundsatz: Allgemeinheit

A

steht allen Deutschen (bei Kommunalwahlen auch Europäer, vgl. Art 28 I 3) zu und schützt Zugang zur Wahl (aktiv und passiv) – Mindestalter nach 38 II 18 Jahre: soll grundsätzlich erforderliches Maß an Vernunft, Reife und Verantwortungsbewusstsein für Wahlentscheidung garantieren – Ausschluss von Auslandsdeutschen (§ 12 BWahlG: Erhalt der Kommunikationsfunktion der Wahl zwischen Wähler und politischen Verhältnissen) – Ausschluss aus Gründen die Person betreffend (§ 13 BWahlG) bei Personen, bei denen ein verantwortungsvolles Entscheiden gerechtfertigterweise nicht mehr zu erwarten ist (Zwangspflegeschaft als Bsp, aber auch ! strafrechtliche Verurteilte)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Wahlrechtsgrundsatz: Unmittelbarkeit

A

Ohne dazwischenliegende Instanzen wird entschieden, wer gewählt wird – Wähler muss klar vor der Wahl erkennen können, wer zur Wahl steht, und wie sich die Stimmabgabe auswirkt - Listenwahl: starre Listen zulässig, wenn klar ist, welche Reihenfolge besteht (nicht mehr abänderbar)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Wahlrechtsgrundsatz: Freiheit

A

kein auch nur mittelbarer Zwang oder Druck zulässig – erstreckt sich auch auf das Wahlvorschlagsrecht – Wahlrechtspflicht? Streitbar – Abwägung zwischen unzulässiger Parteinahme der Verfassungsorgane vs. zulässiger Information der Bürger (BP bezeichnet NPD als Spinner; aber: BP hat weitem Gestaltungsspielraum, weiter als bspw BReg)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Wahlrechtsgrundsatz: Gleichheit

A

o Zählwertgleichheit: jede Stimme zählt gleich viel
o Erfolgswertgleichheit: jede Stimme muss die gleiche Erfolgswahrscheinlichkeit im gegebenen Wahlsystem haben (bei Mehrheitswahl: Wahlkreise müssen auch annähernd gleich groß sein)
o 5% Hürde: Abwägung mit der Handlungsfähigkeit (stabile Regierungsmehrheiten) und Gefahr der Zersplitterung des Parlaments; nicht zulässig, wenn Zersplitterung wegen mangelnder Handlungsmöglichkeit keine Gefahr (EU-Parlament; Kommunen: hier muss die Gefahr konkret belegt werden, da die Aufgaben der Kommunen eher der Verwaltung; sind keine Parlamente im staatsrechtlichen Sinne) – aber gilt nicht für Parteien, die mind. 3 Direktmandate errungen haben (§ 6 III A BWG)
o Überhangmandate: grd. Zulässig (obwohl größerer Erfolgswert dieser Stimmen), da Ziel der personalisierten Wahl hoch steht – aber: wird seit 2013 durch Ausgleichsmandate kompensiert – ab nächster Wahl keine Überhangmandate mehr, da gleich in einem nächsten Schritt Ausgleichsmandate miteingerechnet werden
• Exkurs: seit 2013 besteht ein zweiter Berechungsschritt, nach den Überhangmandaten. Danach wird der Bundestag soweit vergrößert, bis der Anteil aller Mandate einer Partei (also plus Überhang) ihrem bundesweiten Zweitstimmenanteil entspricht. Andere Parteien erhalten dann ggf. Ausgleichsmandate durch diese Vergrößerung
o Thema Familienwahlrecht: nicht Zählwertgleich – Verfassungsänderung? Demokratische Gleichheit der wahlberechtigten Staatsbürger dürfte zu den essenziellen Elementen einer demokratischen Ordnung gem. Art. 20 zählen und daher nach Art. 79 III nicht abänderbar sein
o Gleichheit KEIN Prinzip bei Europawahlen, vielmehr Prinzip der degressiven Proportionalität: kleine Länder entsenden verhältnismäßig mehr Abgeordnete (Staatengleichheit: Vertreten wird nicht das europäischen Volk, sondern die Nationalstaaten)

Prüfung der Gleichheit: Verstößt eine Wahlrechtsnorm gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 38 I GG?

  1. Ist die Wahlrechtsgleichheit beeinträchtigt, insbesondere der Erfolgswert der Stimmen unterschiedliche?
  2. Ist dieser Erfolgsunwert zwingend im geltenden Wahlsystem angelegt (vgl. verg. Überhangmandate)?
  3. Kann die Ungleichheit durch Gründe aus der Verfassung heraus legitimiert werden?
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Wahlrechtsgrundsatz: Geheimheit

A

darf keinem anderen bekannt werden – Problem Briefwahl: Vertraulichkeit kann nicht in ähnlichem Maße gewährleistet werden; aber Abwägung mit Erhöhung der Allgemeinheit der Wahl durch Zugang zu beeinträchtigten Wählergruppen rechtfertigt die Maßnahme – auch eidesstattliche Versicherung, dass er den Stimmzettel persönlich und unbeeinflusst ausgefüllt hat

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Wahlrechtsgrundsatz: Öffentlichkeit (konstruiert aus Art. 38 iVm Art. 20 I, II)

A

Transparenz des Wahlaufstellungsverfahrens, der Durchführung und der Auszählung sowie Bekanntgabe – Wahlentscheidung kann offenbart werden (durch einzelnen Wähler), dadurch darf aber die Freiheit der anderen bei der Wahl nicht beeinträchtigt werden - Schwierigkeit mit Internetwahlen: wenn Wahlverfahren öffentlich nachvollziehbar gemacht wird (denn das muss es im Sinne des Öffentlichkeitsgebotes sein), dann dürfte die Geheimheit der Wahl gefährdet sein)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Wesentlichkeitstheorie des BVerfG

A

grundrechtswesentliche Entscheidungen müssen vom Parlament getroffen werden

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Materieller Rechtsstaat

A

nicht nur formell durch rechtmäßige Verwaltung, unabhängige Gerichte und Gewaltenteilung – materieller Zusatz: unmittelbar verbindliche Grundrechte und allgemein-rechtsstaatliche Grundsätze (Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit) -> staatsfreier Bereich individueller Freiheit

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Rechtssicherheit

A

Rechtsklarheit und Vertrauensschutz
• Klarheit der Normen
• Bestimmtheit der Normen
• Rechtssystem insgesamt: klar, übersichtlich, widerspruchsfrei
• Kontinuität gesetzgeberischen Handelns, Schutz des Vertrauens der Bürger in die Rechtsordnung

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
17
Q

Formeller Rechtsstaat

A

• Gewaltenteilung (Art 20 II 2)
• Vorrang des Gesetzes (Art 20 III) Bindung der Verwaltung an das geltende Recht; kein Verstoß gegen Gesetze
• Vorbehalt des Gesetzes: staatliches Handeln und Verwaltung erfordern eine gesetzliche Grundlage (Rückbindung an Volkswillen: Demokratieprinzip bestimmt Rechtsstaatsprinzip mit)
• Verbote oder Gebote
• Problem: staatliche Informationstätigkeit (gezielte Produktwarnungen
• Unabhängigkeit der Gerichte (Art 19 IV, 2 I iVm Rechtsstaatsprinzip Art 97)
• Bestehen einer Verfassungsgerichtsbarkeit (Art 93)
LVerfG nur für Landesrecht zuständig; BVerfG kann sowohl Landes- als auch Bundesrecht prüfen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
18
Q

Maßnahmengesetz

A

in Gesetzesform getroffene konkrete Maßnahme (bspw. Haushaltsgesetz, Enteignung,…)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
19
Q

formeller Gesetzesbegriff

A

jede staatliche Anordnung, die von den für die Gesetzgebung zuständigen Organen in dem nach der Verfassung vorgesehenen Verfahren in der demgemäßen Form erlassen wird (zentrale staatliche Handlungsform)

20
Q

Ungeschriebene Bundeskompetenzen

A

aus der Natur der Sache („Begriffsnotwendig“) (Nationalhymne); Sachzusammenhang („Regelung geht in die Breite“, bspw. Wahlwerbung von Parteien; aber: sehr zurückhaltend zu verwenden, da es sich um eine explizite Kompetenzverschiebung handelt - andere Rechtsmaterien werden berührt!); Annexkompetenzen („Regelung geht in die Tiefe“; Regelung der Annexmaterie für sinnvolle Regelung der Hauptmaterie nötig, bspw. Bundeswehreinsatz im Luftverkehr (Annex) zur Sicherung der Luftsicherheit (Haupt) => strikt subsidiär zu geschriebenen Zuweisungsregeln! (zudem unklar, ob „Annex“ ein Unterfall des „Sachzusammenhangs“)

21
Q

Völkerrecht

A

das Recht, welches die hoheitlichen Beziehungen der Völkerrechtssubjekte regelt - Völkerrechtliche Rechtsquellen:
• Vr Verträge (EMRK, Wirtschaftsvölkerrechtliche Verträge, …)
• Völkergewohnheitsrecht
• Allgemeine Rechtsgrundsätze (pacta sunt servanda; lex specialis derogat legem generalem; lex posterior derogat legem anteriorem

22
Q

Exekutive

A

(negativ definiert als) Tätigkeit des Staates oder eines sonstiges Trägers staatlicher Gewalt, die nicht legislativ oder judikativ sind

23
Q

Justizgewährleistungsanspruch

A

Anspruch des Einzelnen, zur umfassenden Wahrung seiner Rechte ungehindert die staatlichen Gerichte in Anspruch nehmen zu können und von diesen eine Entscheidung in der Sache treffen zu lassen (Art. 101 ff. GG)

24
Q

Eingriff (ieS)

A

jede hoheitliche Maßnahme, die die Freiheit des Bürgers final und unmittelbar rechtlich beschränkt

25
Q

Streit: Gesetzesvorbehalt auch bei rein begünstigendem staatlichen Handeln (Leistungsverwaltung)

A

• Lehre vom Totalvorbehalt: Vorbehalt besteht absolut
• H.M: nicht erforderlich, da Verwaltung auch flexibel handeln können soll (aber zumindest der Ansatz hierfür muss im Haushaltsplan festgelegt sein)
o Desweiteren: wo der Staat laut GG zu Neutralität und Nichteinmischung verpflichtet ist (Presse, Religion, tw. Kunst), darf dieses Gebot nicht auf dem Weg der Förderung umgangen werden – hier gelten Förderungsmaßnahmen als Eingriffsmaßnahmen (gesetzl. Grundlage daher erforderlich)
o Außerdem ergeben sich aus reinen Leistungsverwaltungsmaßnahmen keine Rechte des Bürgers auf diese Leistungen (da keine rechtliche Grundlage iS eines Gesetzes vorliegt)

26
Q

Wesentlichkeitsvorbehalt (aus Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip)

A

In grundlegenden Bereichen (hauptsächlich: GR) muss der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen – für GR von wesentlicher Bedeutung, dh weiter als direkter GR-Eingriff

Abgrenzung zum Gesetzesvorbehalt: Wesentlichkeit stellt inhaltliche Anforderung (die wesentlichen Fragen muss der Gesetzgeber im Gesetz selbst bereits entschieden haben)

27
Q

Satzung (Schema)

A
  1. Verleihung der Satzungsautonomie per Gesetz (bei Eingriffsermächtigung: gesetzliche Grundlage, die verfassungskonform ist)
  2. Rechtmäßigkeit der Satzung
    a. Formelle Rechtmäßigkeit
    aa. Zuständigkeit
    bb. Verfahren
    cc. Form
    b. Materielle Rechtmäßigkeit
    aa. Einhaltung des Rahmens der gesetzlich verliehenen Satzungsautonomie
    bb. Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht
28
Q

Echte Rückwirkung

A

Gesetzgeber greift in nachträglich in Tatbestände ein, die in der Vergangenheit begonnen und abgewickelt wurden (Rückwirkung von Rechtsfolgen)

29
Q

Unechte Rückwirkung

A

Gesetz betrifft Geschehen, dass in der Vergangenheit begonnen hat, aber noch nicht abgeschlossen ist (tatbestandliche Rückanknüpfung)

30
Q

Art. 103 I: Anspruch auf rechtliches Gehör

A

Grundrechtsgleiches Recht und Rechtsstaatsgebot, beinhaltet:
• Informations- und Aufklärungspflichten des Gerichten
• Recht auf Äußerung der Beteiligten (Unmittelbarkeit genügt, nicht unbedingt Mündlichkeit)
• Berücksichtigungspflicht des Gerichts
• Begründungserfordernis des Gerichts
• Anforderungen aus Rechtsstaatsprinzip: Gebot des fairen Verfahrens (allgemeines Prozessgrundrecht: Verfahren so zu gestalten, dass nicht widersprüchlich, nicht vorhersehbar, ggf. Recht auf Beschränkung der Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens, bei Strafprozess: Unschuldsvermutung, Schuldprinzip, Recht auf Verteidigung, Schweigerecht, Gebot der Wahrheitsermittlung) – Spannungsfeld der Absprachen im Strafprozess: Funkionstüchtigkeit der Strafrechtspflege vs. Aushebelung rechtsstaatlicher Verfahrensgarantien (einschränkende Voraussetzungen durch das BVerfG, wie Prüfung des Geständnisses auf reine Formelhaftigkeit hin)

31
Q

Staatsziele

A

offen gefasste Verfassungsnormen, die den Staat verpflichten, auf die Verwirklichung bestimmter Ziele hinzuwirken – Vorbehalt des Möglichen: normative Qualität bleibt hinter den Verfassungsprinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie oder der Bundesstaatlichkeit

32
Q

Staatsziel: Sozialstaatlichkeit

A

o Grundlagen des sozialen Rechtsstaats
• Art. 20 I: sozialer Bundesstaat; Art. 28 I 1: sozialer Rechtsstaat
• Abgrenzung zum liberalen Rechtsstaat (alleiniges Anliegen ist hier die Abgrenzung eines gesellschaftlichen Freiraumes ggü dem Staat); Gewährleistung eines status negativus (Schutz vor Eingriffen)
• Soziale Sicherung und soziale Gerechtigkeit (offene Ziele, Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers)
• Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 I iVm Art. 20 I): materielle Voraussetzungen, die für physische Existenz wichtig sind, + Mindestmaß an Teilnahmemöglichkeit am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben
o Positive Bindungswirkung des Sozialstaatsprinzips:
• Risiken absichern, sozialen Ausgleich herstellen, Schutz des Schwächeren gewähren
• Stern: „sozialstaatlicher Imprägnierung der Wirtschaft“
• Grds. Entstehen aus dem Sozialstaatsprinzip keine Leistungsansprüche des Bürgers gegen den Staat; aber: Bürger hat Anspruch auf die Gewährung von gesetzlichen Ansprüchen!
• Gesetzgeber hat großen Gestaltungsspielraum; es gilt allgemein der Vorbehalt der vorrangigen Selbsthilfe
• Gesetzliche Ausgestaltung darf nicht mit dem Normbestand der Sozialstaatlichkeit selbst verwechselt werden, da diese entwicklungsoffen bleiben muss!
• Im Kernbereich aber existiert eine unmittelbare Schranke gegen Eingriffe des Gesetzgebers (Garantie des Existenzminimums; Bereiche sozialer Sicherung in der Sozialversicherung)
• Aber: keine Bestandsgarantie auf individuelle, einzelne Leistungen (aber natürlich Garantie von Ansprüchen aus Eigenleistung aus Art. 14 I (Eigentum!) bspw. aus Beitragszahlungen; Anwartschaften aus gesetzlicher Rentenversicherung)
• Eingriff zur Verwirklichung sozialpolitischer Ziele in die Rechte Einzelner möglich, jedoch:
• Muss durch öffentliches Interesse gerechtfertigt sein
• Abwägung des öffentlichen Interesses gegen die Belange des Betroffenen
• „Sozial“ keine undifferenzierte Billigkeitsformel, sondern Rückgriff auf differenzierte Inhalte notwendig
o Verhältnis von Rechtsstaat und Sozialstaat:
• Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Gleichheit
• Sozialstaat: plant und sorgt für Dasein der Bürger vor
• Rechtsstaat: Freiraum gegen planenden und sorgenden Staat (und dafür nötige Eingriffe) soll geschützt werden

33
Q

Staatsziel: Umweltschutz

A

o Art. 20a (1994 eingefügt): Schutz der natürlichen (im Ggs. Zu sozialen oder ökonomische, sprich geschaffenen) Lebensgrundlagen und der biologischen Vielfalt
o Schutz eines artgerechten Lebens aller Tier- und Pflanzenarten
o Schutz von: Luft, Wasser, Boden, Pflanzen- und Tierwelt, klimatischen Bedingungen, Unversehrtheit einer Landschaft
o Keine subjektiven Rechte daraus ableitbar, eher als Programmnorm
o Schutzgebot:
• Unterlassen schädigender Eingriffe
• Abwehr drohender Gefahren
• Vorsorgen gegen eventuelle Risiken
o Kompensationsprinzip:
• Eingriffe in natürliche Lebensgrundlagen sind weitestgehend auszugleichen
o Richtet sich primär an Gesetzgeber
o 20a führt nicht direkt zur Unzulässigkeit umweltbelastender Eingriffe; sondern zur Verpflichtung, umweltbelastende Eingriffe in Abwägung mit konkurrierenden Belastungen zu begrenzen
o Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers hinsichtlich der Umsetzung; Staatsziel Umweltschutz kann Eingriffe in Grundrechte rechtfertigen
o Für Exekutive: keine selbstständige Eingriffsgrundlage (ersetzt nicht gesetzliche Ermächtigung!); Bedeutung für Auslegungsmaßstab (was sind „öffentliche Interessen“ oder „öffentliche Belange“?)

34
Q

Staatsziel: Tierschutz

A

o 20a seit 2002: Verpflichtung zum Schutz der Tiere (zuständigen Organen kommt aber weiter Gestaltungsspielraum zu!)
o Grundrechte können eingeschränkt werden (Religionsfreiheit; Berufsfreiheit)
o Auslegung: durch gesetzliche Regelung (TierSchG) – aber nicht umfassende Erfassung des 20a! -> Verletzung einfachen Rechts (TierSchG) kann auch eine Verletzung der Verfassung darstellen, wenn die betroffenen Bereiche zum Kern der Norm gehören!

35
Q

Arten von Mehrheit im Bundestag

A

• Grundsatz der Mehrheit: Mehrheit als einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen gem. Art. 42 I 2 (Ausnahmen beachten! -> qualifizierte Mehrheiten:)
• Mitgliedermehrheit Art 121: Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl
o Kanzlermehrheit Art. 63 II, III
o Konstruktives Misstrauensvotum Art. 67 I
o Vertrauensfrage Art. 68 I 1
o Zurückweisung eines Einspruches des BRats Art 77 IV 1
• Qualifizierte Mitgliedermehrheit: qualifizierte Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl !
o 2/3 der gesetzlichen Mitgliederzahl
o bspw. Verfassungsänderung, Art 79 II
• Qualifizierte Abstimmungsmehrheit: qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen
o Ausschluss der Öffentlichkeit, Art. 42 I 2 (2/3 Mehrheit; auf Antrag eines Zehntels)
o Qualifizierte Mehrheit: mehr als 50% der Stimmen (dann zu bestimmen: der abgegebenen oder der gesetzlichen)
• Doppelt qualifizierte Abstimmungsmehrheit: Art. 77 IV 2, 2/3 Mehrheit der abgegeben Stimmen und dabei mind. ½ der gesetzlichen Mitgliederzahl

36
Q

Auflösung des Bundestages

A

Kein Selbstauflösungsrecht (um Machtvakuum zu vermeiden - nur unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitige Auflösung möglich)
• Keine absolute Mehrheit bei Wahl des BK:
-> Ernennung des mit relativer Mehrheit gewählten Art 63
-> Auflösung und Neuwahlen aus Art 39
• Rücktritt des BK oder Amt des BK endet auf andere Weise
• Gescheiterte Vertrauensfrage aus Art. 68 I – unterscheide: echte vs. unechte Vertrauensfrage (letztere laut BVerfG als „auflösungsgerichtete Vertrauensfrage“ nur gerechtfertigt, wenn „der Wiederherstellung einer ausreichend parlamentarisch verankerten Bundesregierung dient“ – aber: Entscheidung mit zwei Sondervoten, daher sehr strittig – Einschätzung: wird BReg/BK zugestanden)

37
Q

“Die” Bundesregierung

A

Handeln

  1. der Bundesregierung als Kollegialorgan oder
  2. des Bundeskanzlers oder
  3. der Bundesminister

Wenn nicht weiter im GG-Artikel konkretisiert: „Bundesregierung“ meint Kollegialorgan

38
Q

Streit: Ablehnung der Ernennung eines Bundesministers durch den Bundespräsidenten aus Gründen des Staatswohls (fehlende Verfassungstreue)?

A

(-) Prüfungsrecht beschränkt sich auf rechtliche Voraussetzungen
(+) Amtseid, ungeschriebene rechtliche Voraussetzung (Degenhart: bei Grenzfall der schweren Zweifel an der Verfassungstreue des möglichen BM)

39
Q

Problembereich: Koalitionsvertrag

A
  1. Gemeinsames Regierungsprogramm
  2. Rechtlich bindend?
    • Früher wurde angenommen ja
    • Später: nein, nicht bindende politische Absprache
    • Problem: Inhalt entzieht sich der Verfügungsbefugnis der Parteien (wie: Bestimmung der BM-Kandidaten; Gesetzespläne)
    o Problem: Bestimmung des Inhalts über Mitgliederbefragung einer Partei?
    • Pro: keine Verbotsvorschrift im GG oder PartG; Beitrag zur Stärkung innerparteilicher Demokratie; Ergebnis wegen 38 I 2 auch nicht verbindlich (Abg. nicht an Weisungen und Aufträge gebunden); rein parteiinterne Angelegenheit
    • Contra: aber als Auftrag an Abg. intendiert; faktisch bindend; Entwertung der Entscheidung; keine Legitimation auf staatlicher Ebene; Entparlamentarisierung der politischen Willensbildung; faktische Schwächung des freien Mandats
40
Q

unechte Vertrauensfrage

A

Einschätzung der politischen Lage ist Sache der politisch handelnden Organe, ob politische Instabilität so weit gediehen ist bzw. solche Unsicherheit herrscht, dass diese mit Vertrauensfrage festgestellt werden muss bzw dadurch behoben wird, dabei: BReg muss noch keine Abstimmungen verloren haben, bereits das Drohen von Niederlagen kann ausreichen (BVerfG prüft diesen „ungeschriebenen Tatbestand“ daher nur eingeschränkt auf Plausibilität; BReg hat Einschätzungsprärogative – BVerfG kann Einschätzung nur beanstanden, wenn ihr objektiv Tatsachen klar widersprechen) – zudem bei Überprüfung durch BVerfG zu berücksichtigen: wenn BT nach unechter Vertrauensfrage aufgelöst wird, dann haben bereits drei Verfassungsorgane – BReg, BP und BT – dies gebilligt!
• Aber Grenze: BT hat kein Selbstauflösungsrecht (aus Historie: 1994 in der Gemeinsamen Verfassungskommission war dies behandelt und ausdrücklich abgelehnt worden) -> parlamentarische Demokratie des GG ist keine „Referendumsdemokratie“

41
Q

-Beschlussverfahren der Bundesregierung

A

Nicht im GG geregelt, aber in der GO der Berg
-> muss so ausgestaltet sein, dass Beschlüsse der Regierung als Kollegialorgan tatsächlich zurechenbar sind:
• Hinreichende Information der Regierungsmitglieder
• Mitwirkung einer hinreichend großen Anzahl an der Entscheidung (Quorum)
• Mehrheit der Stimmen bei der Beschlussfassung

42
Q

Gegenzeichnungspflicht, Art. 58 S. 1 GG

A

Bezieht sich auf Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten durch Bundesminister oder durch Bundeskanzler. Nur dann sind diese gültig.
-> Str.: was ist genau darunter zu verstehen?
• eA: alle amtlichen und politisch bedeutsamen Erklärungen (auch Reden, Interviews)
• Problem: wie soll die Gegenzeichnung konkret erfolgen? Aber: BP kann auch informell tätig werden, aus dem Schutzzweck der Norm (einheitliche Regierung) ergibt sich also eine umfassende Gegenzeichnungspflicht
• P: Gültigkeit als Kriterium bei Reden nicht sinnvoll anwendbar
• aA nur rechtlich verbindliche Akte
• aA nach außen wirkende, schriftförmige Entscheidungen
• contra: telos geht weiter; auch nachträgliche mündliche Billigung möglich
o Gegenzeichnung: bei Richtlinien obliegt sie dem BK, bei ressortbezüglichen Punkten dem BM
o Formlos möglich: schriftlich, mündlich, konkludent
o Verfassungsorgantreue: ungeschriebene Verpflichtung der Verfassungsorgane, sich in ihrer wechselseitigen Beziehung von Rücksicht leiten zu lassen
o Mit Gegenzeichnung: Übernahme der politischen Verantwortung!

43
Q

Streit: Materielles Prüfungsrecht des Bundespräsidenten

A

• Uneindeutig Wortlaut: „Vorschriften des GG“ könnten auch materielle sein
• Auch uneindeutiger Wortlaut des Art. 56 (Amtseid) „GG wahren und verteidigen“ sagt nichts über Pflichtenumfang aus -> macht Auslegung erforderlich
• Contra: Gewaltenteilung, Art. 20 II (aber: alle Gewalten sind verpflichtet, GG zu wahren)
• Pro: Wahrung der verfassungsgemäßen Ordnung: Art. 1 III, 20 III; Würde des Amtes
• Nicht entscheidend: Amtseid (Zirkelschluss: GG zu wahren sagt noch nichts über den Umfang seiner Pflichten), Präsidentenanklage
-> Vermittelnd, wohl hM: Kompetenzfrage (da alle Gewalten GG wahren sollen – Verantwortlichkeit ist hier bei Inhalt der Gesetze primär bei der Legislative zu suchen) -> Gesetzgeber hat Einschätzungsprärogative, aber BP darf bei wohl evidenten Verfassungsverstößen Ausfertigung verweigern!
• Sicher nicht zulässig: rein politisches Prüfungsrecht; Vereinbarkeit mit Unionsrecht (s. Wortlaut)

44
Q

Begnadigungsrecht des Bundespräsidenten, Art. 60 II

A

Befugnis, im Einzelfall eine rechtskräftig erkannte Strafe ganz oder teilweise zu erlassen, sie umzuwandeln oder auszusetzen (BVerfG)
- „Im Einzelfall“: keine abstrakt-generelle Regelungen, wie Generalamnestien oder Verfahrensniederschlagung
- Problem: Gnade vor Recht?
• hM: nach freiem Ermessen des BP, aber Grenze des Willkürverbots (zudem: Gegenzeichnung für Akte des BP aus Art. 58 beachten)
- „für den Bund“: Bundesgericht erstinstanzlich oder nach Art. 96 IV auch Landesgericht für Bundesgerichtsbarkeit

45
Q

Bundestreue und bundesfreundliches Verhalten

A
  • BVerfG (ungeschriebener Verfassungssatz): Bund und Länder dürfen ihre Kompetenzen nicht ohne die gebotene und ihnen zumutbare Rücksichtnahme auf das Gesamtinteresse des Bundesstaats und der Belange der Länder wahrnehmen
  • Zusammenarbeit, Kooperation, Rücksichtnahme, gegenseitige Information
  • Kompetenzschranke: widersprüchliche Regelungen von Bund vs. Ländern zulasten des Bürgers sind zu vermeiden
46
Q

Bundesauftragsverwaltung, Art. 85

A
  • Ausdrücklicher Kompetenztitel im GG erforderlich
  • Dann Bundesauftragsverwaltung
  • Weisungsgebundenheit der Länder, Rechts- und Fachaufsicht durch Bund
  • Weisung sind an die obersten Landesbehörden zu richten
  • Wahrnehmungskompetenz bei Länder
47
Q

Reichweite der Zustimmungspflicht des Bundesrates bei Gesetzesvorlagen

A

Gesetzgebungstechnische Einheit: für Gesetz insgesamt
-> Einheitsthese: Gesetz ist insgesamt zustimmungspflichtig, wenn es eine zustimmungspflichtige Regelung enthält
Pro: Praktikabilität (kann nur zustimmen oder ablehnen, daher Annahme der Einheit sinnvoll)
Pro: Rechtssicherheit: im Verfahren muss klar sein, über was genau beschieden wird
-> Aber möglich: Aufspaltung des Gesetzes im Initiativstadium in einen zustimmungspflichtigen und einen nicht zustimmungspflichtigen Teil
• Problem: Änderungsgesetze (Abstellen auf das Änderungsgesetz selbst, nicht auf das zu ändernde Gesetze bzw dessen Inhalt – gilt auch, wenn das zu ändernde Gesetz ursprünglich zustimmungspflichtig war)
-> Änderungsgesetz insgesamt zustimmungspflichtig, wenn es zustimmungspflichtige Vorschriften enthält oder wenn genau die Vorschriften geändert werden, die ursprünglich die Zustimmungspflicht bei dem zu ändernden Gesetz auslösten (keine Zustimmungspflicht zum Änderungsgesetz, wenn nur Vorschriften geändert werden, die keine Zustimmungspflicht auslösten)
• Problem/Meinung: BR muss an allen Änderungen beteiligt werden, weil er ursprgl. mit seiner Zustimmung ja auch das gesamte Gesetz zu verantworten hat –
Contra (BVerfG): BR keine zweite Kammer; keine Gleichberechtigung mit BT bei Gesetzgebung; vielmehr nur bei Zustimmung Genehmigung einer „Ausnahme“ von Art. 83 – auch: gesetzgebungstechnische Einheit: jedes Gesetz (eben auch Änderungsgesetz) ist separat seinem (eigenen) Inhalt nach zu beurteilen
-> aber: Zustimmungspflicht gilt dann, wenn zwar die eigentlich zustimmungspflichtigen Elemente nicht verändert werden, aber indirekt so in ihrer Bedeutung oder Tragweite wesentlich geändert werden, dass dies von der usprgl. Genehmigung des BR nicht mehr gedeckt ist