Staatsorganisationsrecht 2 Flashcards
Staat
auf einem abgrenzbaren Gebiet der Erdoberfläche seßhafte, mit einer herrschenden Gewalt versehene und durch sie zu einer Einheit zusammengefasste Vielheit von Menschen (nach Georg Jellinek)
Praktische Konkordanz
Güterabwägung da, wo es zur Kollision zwischen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern kommt, sodass Verfassungsgüter jeweils zur optimalen Wirksamkeit gelangen => Verhältnismäßigkeit:
o Geeignetheit: Einschränkung von A zur Verwirklichung von B überhaupt geeignet?
o Erforderlichkeit: Gibt es kein milderes Mittel als die Einschränkung von A, um B zu verwirklichen?
o Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne: für kleine Gewinne bei der Verwirklichung von B dürfen keine über Gebühr großen Verluste bei B zu verzeichnen sein
Funktionen des Parlaments
- Gesetzgebung: mit Budgetrecht als Königsrecht (durch Verpflichtungen und Gewährleistungen darf sich das Parlament nicht dauerhaft seinerGestaltungsmöglichkeiten berauben, vgl. ESM)
- Kontrolle: va gegenüber der Exekutive
- Kreation: Bildung weiterer Verfassungsorgane
- Repräsentation und Öffentlichkeit: primäres Forum politischer Auseinandersetzung
Voraussetzungen an Parteien
- innere Orga gemäß demokratischen Grundsätzen
- ernsthaftes Anstreben zu Wahlmitwirkung
- hinreichender Mitgliederbestand, gewisse Festigkeit, gewisse Organisation
Definiton “Partei” (Degenhart)
Parteien iSd Art. 21 GG sind Personenvereinigungen, deren Zweck es ist, im Sinne bestimmter politischer Ziele an der Vertretung des Volkes in den Parlamenten von Bund und Ländern mitzuwirken
Parteienprivileg
Parteien dürfen nicht anders behandelt werden, solange sie nicht vom BVerfG offiziell als verfassungswidrig eingestuft werden
freiheitlich-demokratische Grundordnung
umfasst gem. BVerG die Menschenrecht des GG, die Grundprinzipien der Staatsorganisation (va Demokratieprinzip) und der politischen Willensbildung (Mehrparteiensystem, Chancengleichheit)
Wahlrechtsgrundsatz: Allgemeinheit
steht allen Deutschen (bei Kommunalwahlen auch Europäer, vgl. Art 28 I 3) zu und schützt Zugang zur Wahl (aktiv und passiv) – Mindestalter nach 38 II 18 Jahre: soll grundsätzlich erforderliches Maß an Vernunft, Reife und Verantwortungsbewusstsein für Wahlentscheidung garantieren – Ausschluss von Auslandsdeutschen (§ 12 BWahlG: Erhalt der Kommunikationsfunktion der Wahl zwischen Wähler und politischen Verhältnissen) – Ausschluss aus Gründen die Person betreffend (§ 13 BWahlG) bei Personen, bei denen ein verantwortungsvolles Entscheiden gerechtfertigterweise nicht mehr zu erwarten ist (Zwangspflegeschaft als Bsp, aber auch ! strafrechtliche Verurteilte)
Wahlrechtsgrundsatz: Unmittelbarkeit
Ohne dazwischenliegende Instanzen wird entschieden, wer gewählt wird – Wähler muss klar vor der Wahl erkennen können, wer zur Wahl steht, und wie sich die Stimmabgabe auswirkt - Listenwahl: starre Listen zulässig, wenn klar ist, welche Reihenfolge besteht (nicht mehr abänderbar)
Wahlrechtsgrundsatz: Freiheit
kein auch nur mittelbarer Zwang oder Druck zulässig – erstreckt sich auch auf das Wahlvorschlagsrecht – Wahlrechtspflicht? Streitbar – Abwägung zwischen unzulässiger Parteinahme der Verfassungsorgane vs. zulässiger Information der Bürger (BP bezeichnet NPD als Spinner; aber: BP hat weitem Gestaltungsspielraum, weiter als bspw BReg)
Wahlrechtsgrundsatz: Gleichheit
o Zählwertgleichheit: jede Stimme zählt gleich viel
o Erfolgswertgleichheit: jede Stimme muss die gleiche Erfolgswahrscheinlichkeit im gegebenen Wahlsystem haben (bei Mehrheitswahl: Wahlkreise müssen auch annähernd gleich groß sein)
o 5% Hürde: Abwägung mit der Handlungsfähigkeit (stabile Regierungsmehrheiten) und Gefahr der Zersplitterung des Parlaments; nicht zulässig, wenn Zersplitterung wegen mangelnder Handlungsmöglichkeit keine Gefahr (EU-Parlament; Kommunen: hier muss die Gefahr konkret belegt werden, da die Aufgaben der Kommunen eher der Verwaltung; sind keine Parlamente im staatsrechtlichen Sinne) – aber gilt nicht für Parteien, die mind. 3 Direktmandate errungen haben (§ 6 III A BWG)
o Überhangmandate: grd. Zulässig (obwohl größerer Erfolgswert dieser Stimmen), da Ziel der personalisierten Wahl hoch steht – aber: wird seit 2013 durch Ausgleichsmandate kompensiert – ab nächster Wahl keine Überhangmandate mehr, da gleich in einem nächsten Schritt Ausgleichsmandate miteingerechnet werden
• Exkurs: seit 2013 besteht ein zweiter Berechungsschritt, nach den Überhangmandaten. Danach wird der Bundestag soweit vergrößert, bis der Anteil aller Mandate einer Partei (also plus Überhang) ihrem bundesweiten Zweitstimmenanteil entspricht. Andere Parteien erhalten dann ggf. Ausgleichsmandate durch diese Vergrößerung
o Thema Familienwahlrecht: nicht Zählwertgleich – Verfassungsänderung? Demokratische Gleichheit der wahlberechtigten Staatsbürger dürfte zu den essenziellen Elementen einer demokratischen Ordnung gem. Art. 20 zählen und daher nach Art. 79 III nicht abänderbar sein
o Gleichheit KEIN Prinzip bei Europawahlen, vielmehr Prinzip der degressiven Proportionalität: kleine Länder entsenden verhältnismäßig mehr Abgeordnete (Staatengleichheit: Vertreten wird nicht das europäischen Volk, sondern die Nationalstaaten)
Prüfung der Gleichheit: Verstößt eine Wahlrechtsnorm gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 38 I GG?
- Ist die Wahlrechtsgleichheit beeinträchtigt, insbesondere der Erfolgswert der Stimmen unterschiedliche?
- Ist dieser Erfolgsunwert zwingend im geltenden Wahlsystem angelegt (vgl. verg. Überhangmandate)?
- Kann die Ungleichheit durch Gründe aus der Verfassung heraus legitimiert werden?
Wahlrechtsgrundsatz: Geheimheit
darf keinem anderen bekannt werden – Problem Briefwahl: Vertraulichkeit kann nicht in ähnlichem Maße gewährleistet werden; aber Abwägung mit Erhöhung der Allgemeinheit der Wahl durch Zugang zu beeinträchtigten Wählergruppen rechtfertigt die Maßnahme – auch eidesstattliche Versicherung, dass er den Stimmzettel persönlich und unbeeinflusst ausgefüllt hat
Wahlrechtsgrundsatz: Öffentlichkeit (konstruiert aus Art. 38 iVm Art. 20 I, II)
Transparenz des Wahlaufstellungsverfahrens, der Durchführung und der Auszählung sowie Bekanntgabe – Wahlentscheidung kann offenbart werden (durch einzelnen Wähler), dadurch darf aber die Freiheit der anderen bei der Wahl nicht beeinträchtigt werden - Schwierigkeit mit Internetwahlen: wenn Wahlverfahren öffentlich nachvollziehbar gemacht wird (denn das muss es im Sinne des Öffentlichkeitsgebotes sein), dann dürfte die Geheimheit der Wahl gefährdet sein)
Wesentlichkeitstheorie des BVerfG
grundrechtswesentliche Entscheidungen müssen vom Parlament getroffen werden
Materieller Rechtsstaat
nicht nur formell durch rechtmäßige Verwaltung, unabhängige Gerichte und Gewaltenteilung – materieller Zusatz: unmittelbar verbindliche Grundrechte und allgemein-rechtsstaatliche Grundsätze (Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit) -> staatsfreier Bereich individueller Freiheit
Rechtssicherheit
Rechtsklarheit und Vertrauensschutz
• Klarheit der Normen
• Bestimmtheit der Normen
• Rechtssystem insgesamt: klar, übersichtlich, widerspruchsfrei
• Kontinuität gesetzgeberischen Handelns, Schutz des Vertrauens der Bürger in die Rechtsordnung
Formeller Rechtsstaat
• Gewaltenteilung (Art 20 II 2)
• Vorrang des Gesetzes (Art 20 III) Bindung der Verwaltung an das geltende Recht; kein Verstoß gegen Gesetze
• Vorbehalt des Gesetzes: staatliches Handeln und Verwaltung erfordern eine gesetzliche Grundlage (Rückbindung an Volkswillen: Demokratieprinzip bestimmt Rechtsstaatsprinzip mit)
• Verbote oder Gebote
• Problem: staatliche Informationstätigkeit (gezielte Produktwarnungen
• Unabhängigkeit der Gerichte (Art 19 IV, 2 I iVm Rechtsstaatsprinzip Art 97)
• Bestehen einer Verfassungsgerichtsbarkeit (Art 93)
LVerfG nur für Landesrecht zuständig; BVerfG kann sowohl Landes- als auch Bundesrecht prüfen
Maßnahmengesetz
in Gesetzesform getroffene konkrete Maßnahme (bspw. Haushaltsgesetz, Enteignung,…)