Sitzung 9: Sensorische Systeme & Motorik Flashcards
13.1.1 Aufbau und Feinbau des Skelettmuskels
Der Skelettmuskel (Körpermuskel):
- Aufgaben:
a) Das (überlebens) wichtigste Effektororgan des motorischen System und mit 40-50% Anteil am Körpergewicht auch das größste Organ des Körpers
b) Verantwortlich für lebenserhaltende Bewegungen (Atmen & Schlucken)
c) Verantwortlich für die gesamte Kommunikation mit der Umwelt
d) Wichtigster Wärmelieferant des Körpers - Aufbau:
a) Muskeln:
b) Faszikel:
c) Muskelfasern der Faszikel:
d) Myofibrillen: Muskelzellen zeichnen sich durch einen hohe Anzahl an Myofibrillen aus, welche Strukturen sind, die sich bei Erregung der Muskelfaser zusammenziehen (kontrahieren)
13.1.1 Aufbau und Feinbau des Skelettmuskels: Feinbau der Sakromere
- Definition - Sakromere: Die Myofibrillen sind sehr lange, etwas 1µm dünne Schläuche, die durch Trennwände, die Z-Scheiben, in zahlreiche, etwas 2,5µm lange Fächer, die Sakromere unterteilt sind
- Aufbau Sakromere:
a) Myosin: in der Mitte jedes Sakromers liegen an die 1000 dicke Filamente aus dem Eiweiß Myosin
b) Titin: über das Myosin ist ein zweites Eiweiß, das Titin, an den Z-Scheiben befestigt
c) Aktin: in sie hinein ragen ebenfalls an den Z-Scheiben befestigte, je etwa 2000 dünne Filamente aus dem Eiweiß Aktin
13.1.2 Die Kontraktion des Sakromers:
Gleitfilamenttheorie der Sakromerkontraktion
- Ausgangslage: Im ruhenden Muskel überlappen sich die Enden der dicken Myosin- und dünnen Aktinfilamente nur wenig über die Querfortsätze entlang der Myosinfilamente (Myosinköpfe)
- Bei Kontraktion:gleiten die dünnen Filamente aus Aktin zwischen die dicken Filamente aus Myosin. Die Myosinknöpfe rudern durch eine Kippbewegung die Aktinfilamente in Richtung Sakromermitte (für max. Verkürzung muss dies etwas 50-mal schnell hintereinadner passieren) dadurch verkürzt sich das Sakromer, ohne dass sie die Aktin- und Myosinfilamente selbst verkürzen
- Bei Erschlaffung: und Dehnung gleiten die Faserbündel passiv auseinander
13.1.2 Die Kontraktion des Sakromers: Energielieferant der Sarkomerkontraktion
ATP (Adenosintriphosphat) ist der alleinige Energielieferant für die Kippbewegung der Myosinköpfchen bei der Kontraktion. Ohne ATP wird der Muskel starr (z.B.: Totenstarre)
13.1.3 Elektromechanische Kopplung im Skelettmuskel:
Bauelemente der Endplatte
- Die Erregungsübertragung: von Motorneuronen auf die Muskelfasern erfolgt über Synapsen, die vom Axonene der motorischen Vorderhornzellen des Rückenmarks auf den Skelettmuskelfaser gebildet werden Die Synapsen werden Neuromuskuläre Endplatte genannt
- Chemische Synapsen: Die Endplatten sind chemische Synapsen mit dem Transmitter Azetylcholin (ACh)
- Endplattenpotenzial: Einlaufen eines Aktionspotenzials in die präsynaptische Endigung führt in der Skelettmuskelfaser zu einer lokalen Depolarisation, dem Endplattenpotenzial
13.1.3 Elektromechanische Kopplung im Skelettmuskel: Übertragungsweg für das Aktionspotenzial zu den Sakromeren
Für eine schnelle Übertragung haben sich zwei spezielle Strukturen an den Skelettmuskelfasern ausgebildet:
- Transversale Tubuli: röhrenförmige Einstülpungen der Muskelfasermembran senkrecht zur Längsachse in das Faserinnere. Sie verlaufen jeweils in Höher der Z-Scheiben in die Tiefe der Fasern und können sie ganz durchqueren
- Longitudinale Tubuli: parallel zu den Myofibrillen und senkrecht zum Transversalsystem verläuft ein longitudinales System von Schläuchen. In Höhe der Z-Scheiben weiten sich diese zu den Terminalzisternen aus
- Terminalzisterne: sind Speicher für Ca2+-Ionen
–> Transversale und longitudinale Tubuli bilden eine intrazelluläres Röhrensystem in den Skelettmuskelfasern, das zusammen mit den Ca++-haltigen Terminalzisternen die Strukturen bildet, welche die Erregungsübertragung zu den Sarkomeren ermöglicht
13.3.1 Abstufung der Muskelkraft:
Rolle kleiner und großer motorischer Einheiten
- Motorische Einheit: jedes Motoraxon versorgt nicht nur eine Muskelfaser, sondern über Axonkollateralen mehrere bis viele Muskelfasern Das Motorneuron und das von ihm innervierte Kollektiv von Muskelfasern binden eine motorische Einheit, da ein Aktionspotenzial in einem Motorneuron eine Zuckung aller von diesem Motorneuron versorgten Muskelfasern bewirkt
- Kleine und große Motorische Einheiten: je kleiner die Motorische Einheit (je weniger Muskelfasern von einem Motorneuron innerviert werden), desto feiner abstufbar ist die Kontraktion (z.B.: äußere Augenmuskulatur), je großer, desto grober
13.3.1 Abstufung der Muskelkraft: Tetanisierung und Rekrutierung
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Kraft der Kontraktion eines Muskels abzustufen:
a) Tetanisierung: über die Erregungsfrequenz
b) Rekrutierung: über die Anzahl der jeweils aktivierten motorischen Einheiten, hierüber kann auch die Geschwindigkeit der Kontraktion verändert werden
Über diese beiden Mechanismen hält die Muskulatur eine aufgabengerechte Grundspannung, den Muskeltonus aufrecht
Die willentliche Aktivierung motorischer Einheiten ist über operantes Lernen möglich (siehe Box 13.3)
13.3.2 Das Elektromyogramm (EMG)
- Registriertechnik: Das EMG misst über kleine Scheiben auf der Haut oder Injektionskanüle (Elektroden) die extrazelluläre Aktivierung der motorischen Einheiten eines Muskels. Es handelt sich also um eine extrazelluläre Potenzialableitung vom Muskel
- Anwendung: Damit können Tonusänderungen und psychophysiologisch bedingter Anspannung, Störungen der Muskulären Tätigkeit (Myasthenie = Lähmungen oder Myotonien = Krämpfe) gemessen werden. Die Methode findet auch im Biofeedback Einsatz
13.4.1 Funktionelle Organisation der Motorik:
Reflexgesteuerte und programmgesteuerte Bewegungen
- Reflexe: automatische (unwillkürlich), stereotypische (fast immer gleich ablaufende) und zweckgerichtete Reaktionen auf einen spezifischen Reiz. Sie funktionieren auch nachdem das Großhirn entfernt wurde, sind also auf zentralnervöse Tätigkeiten zurückzuführen
- Programmgesteuerte Bewegungen: sind Bewegungen, die ohne das Zutun äußerer Reize nervös unterhalten werden (z.B.: Atmung)
13.4.1 Funktionelle Organisation der Motorik: Unterscheidung der Ziel- und Stützmotorik
- Zielmotorik: dient der gerichteten Bewegung. Zielmotorische Bewegungen erfordern aber immer eine Mitarbeit der Stützmotorik
- Stützmotorik: dient der Haltung und Stellung des Körpers im Raum
13.4.2 Neuronale Kontrolle von Haltung und Bewegung:
Hierarchische und partnerschaftliche Anordnung
Motorische Zentren (die Strukturen, die für die nervöse Kontrolle von Haltung und Bewegung verantwortlich sind) liegen auf praktisch allen Ebenen des ZNS, sie arbeiten teils hierarchisch, teils partnerschaftlich (parallel) zusammen. Die einzelnen Zentren übernehmen schwerpunktmäßig bestimmte motorische Aufgaben
13.4.2 Neuronale Kontrolle von Haltung und Bewegung: Spinalmotorik
- Spinale motorische Reflexe: eine von sensorischen Afferenzen auf der Rückenmarksebene ausgelöste Aktivierungsänderungen von Neuronen, die zu einer Förderung oder Hemmung von Bewegung führt stellen somit einen Vorrat elementarer Haltungs- und Bewegungsabläufe da
13.4.2 Neuronale Kontrolle von Haltung und Bewegung: höhere Motorik
- Höhere Motorik = die motorische Kontrolle durch supraspinale Zentren
- Stützmotorik: und ihre Koordination mit der Zielmotorik wird vorwiegend über Strukturen des Hirnstamms kontrolliert
- Zielmotorik:
a) Handlungsantrieb und Bewegungsentwürfe: entstehen in den subkortikalen Motivationsarealen und im assoziativen Kortex
b) Bewegungsprogramme: an deren Ausarbeitung sind die Basalganglien und das Kleinhirn beteiligt, die beide über thalamische Kerne auf den motorischen Kortex einwirken
c) Bewegungsausführung: Motorischer Kortex zusammen mit tiefergelegenen motorischen Strukturen im Stammhirn und Rückenmark
13.5 Spinale motorische Reflexe:
13.5.1 Mono- und disynaptische Dehnungsreflexe: Anteile eines Reflexbogens
- Reflexbogen – Definition: die sensorischen, neuronalen und effektorischen Stationen, die beim Ablauf eines Reflexes nacheinander aktiviert werden, bezeichnet man als Reflexbogen
- Jeder Reflexbogen besteht aus den gleichen fünf Anteilen, nämlich Sensor (pheripheren Sinnesrezeptoren), Afferenz, zentralen Neuronen (immer mehr als einen, außer bei monosynaptischen Dehnungsreflexen), Efferenz und Effektor. Effektoren der Motorik sind Skelettmuskeln. Im autonomen Nervensystem sind es glatte Muskulatur, Herz oder Drüsen
13.5 Spinale motorische Reflexe:
13.5.1 Mono- und disynaptische Dehnungsreflexe: Der monosynaptische (erregende) Dehnungsreflex (Eigenreflexen)
- kurzfriste Dehnung des Muskels führt nach einer kurzen Latenz zu einer Kontraktion des Muskels, der Reflex besitzt nur eine Synapse, nämlich die der Ia-Faser (siehe Abb. 13.11b)
- Der Reflex ist in erster Linie ein Teil eines Regelmechanismus zur Kontrolle der Muskellänge –> Dehnung des Muskels führt zu Kontraktion, also einer der Dehnung entgegenwirkende Verkürzung des Muskels
13.5 Spinale motorische Reflexe:
13.5.1 Mono- und disynaptische Dehnungsreflexe: Klinische Bedeutung der Eigenreflexe
- Sehnenreflexe (auch T-Reflexe): sind auch eine Art von Eigenreflexen, bei denen der Muskel durch einen Schlag auf einer seiner Sehnen gedehnt wird (bekanntester ist der Patellarsehnenreflex am Knie
- Patellarsehnenreflex: der M. quadriceps femoris wird durch einen leichten Schlag auf seine Sehne unterhalb der Patella (Kniescheibe) gedehnt
- Klinische Bedeutung: dienen der Aufdeckung von Störungen und Unterbrechungen der monosynaptischen Reflexbögen des untersuchten Muskels. Seitenunterschiede (Übererregung oder Ausfälle) zeigen neuronale Störungen an
13.5 Spinale motorische Reflexe:
13.5.1 Mono- und disynaptische Dehnungsreflexe: Reflexverbindungen der Sehnenorgane
- Die motorischen Reflexbögen mit Sehnenorganafferenzen sind disynaptisch. Sie sind so verschaltet, dass sie die Spannung des Muskels konstant halten können
Jeder Muskel besitzt als 2 Rückkoppelungs-(feedback-)Systeme (Regelkreise): ein Längenkontrollsystem mit den Muskelspindeln als Fühlern und ein Spannungskontrollsystem mit den Sehnenorganen als Fühlern
13.5 Spinale motorische Reflexe: 13.5.2 Polysynaptische Reflexe: Eigenschaften polysynaptischer Fremdreflexe
- Polysynaptisch: 3 oder mehr zentrale Neuronen sind beteiligt
- Räumliche Trennung von Effektor und Sensor: Daher werden sie auch oft Fremdreflexe genannt
- Arten:
a) Vegetative Reflexe: mit Reflexbögen, die in den Effektoren des autonomen NS enden
b) Polysynaptische motorische Reflexe: deren Effektoren die Skelettmuskeln sind (spielen in der gesamten Motorik einen große Rolle) - Eigenschaften:
a) Reflexzeit ist von der Reizintensität abhängig: je stärker der Reiz, desto früher beginnt der Reflex
b) Verkürzung der Reflexzeit ist hauptsächlich durch zeitliche und räumliche Bahnung verursacht
c) Der Reflexerfolg nimmt bei steigender Reizintensität zu dabei greift der Reflex auch auf bisher unbeteiligte Muskelgruppen über (Ausbreitung/ Irradiation)
d) Reflexamplitude nimmt mit Reizintensität zu
13.5 Spinale motorische Reflexe: 13.5.2 Polysynaptische Reflexe: Felxorreflex und gekreuzter Extensorreflex
- Felxorreflex:
a) Hand oder Fuß werden bei einem Schmerzreiz reflektorisch angezogen typischer Schutzreflex
b) Er besitzt einen spinalen, polysynaptischen Reflexbogen - Gekreuzter Extensorreflex (Streckreflex): Am Bein ist der Flexorreflex immer von einem gekreuzten Extensorreflex begleitet, der die höhere Last des Standbeins auffängt
13.6 Stütz- und Zielmotorik:
13.6.1 Stehen, Gehen und andere Aufgaben der Stützmotorik: Stützmotorische Funktionen des Hirnstamms
Die unwillkürliche Kontrolle der Körperstellung im Raum wird von den motorischen Zentren des Hirnstamms geleistet. Die Zentren können auch Laufbewegungen (bei großhirnlosen Tieren) generieren, was anzeigt, dass sie zur Abstimmung der Stütz- und Zielmotorik beitragen
13.6 Stütz- und Zielmotorik:
13.6.1 Stehen, Gehen und andere Aufgaben der Stützmotorik: Posturale und antizipatorische posturale Synergien zum Erhalt des Gleichgewichts
- Posturale Synergie: eine kette von reflektorischen muskulären Reaktionen in Rumpf- und Beinmuskeln
- Antizipatorische posturale Synergie: Posturale Synergie bei Zielbewegungen erfolgen nicht wie bei äußeren Störungen mit einer reflektorischen Verzögerung, sondern gleichzeitig oder sogar antizipatorisch zur Zielbewegung
- Der Aufrechte Gang: des Menschen erfordert eine besonders feine Abstimmung von Stand, Haltung und Bewegung. Sie geschieht mit Hilfe von posturalen und antizipatorischen Synergien. Den spinalen Synergien sind supraspinale Funktionsschleifen übergeordnet. Posturale Synergien könnten sowohl reflex- als auch programmgesteuert sein
13.6.3 Rolle des Kleinhirns bei der Zielmotorik:
Einbindung des Kleinhirn in das motorische System
- Wichtiges Bindeglied: das Kleinhirn ist wie die Basalganglien ein wichtiges Bindeglied zwischen der assoziative Großhirnrinde und dem motorischen Kortex
- Aufbau:
a) Kleinhirnrinde: bezieht ihre afferenten Zuflüsse außer aus dem assoziativen kortex im Wesentlichen aus der Sensorik. Diese Zuflüsse treten auf zwei parallelen Wegen ins Kleinhirn: einmal durch weit verzweigte Moosfasern und zum anderen als eng umschriebene Kletterfasern
b) Kleinhirnkerne: die Purkinje-Zellen senden ihre Axone aus der Rinde heraus in die Kleinhirnkerne. Diese wiederum projizieren sowohl über den Thalamus zum primären motorischen Kortex als auch direkt zu den motorischen Zentren des Hirnstamms
13.6.3 Rolle des Kleinhirns bei der Zielmotorik: Motorisches Lernen im Kleinhirn
- Langfristigs motorisches Lernen und die Anpassung der Motorik an geänderte Bedingungen bedarf der Mitwirkung des Kleinhirns. Dies gilt v.a. für schnelle, hochkoordinierte Bewegungen (Sport, Musikinstrumente).
13.6.4 Rolle der motorischen Kortexareale bei der Zielmotorik: Ausgänge der Motorischen Kortexareale
- Pyramidalebahnen: Die Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) zieht vom Motorkortex ununterbrochen bis ins Rückenmark. Sie kreuzt größtenteils im Hirnstamm und läuft ohne synaptische Umschaltung bis ins Rückenmark. Die ungekreutzen Bahnanteile kreuzen dort.
Sie gibt Efferenzkopien an Thalamus, Bgangieln und motorische Kerne von Pons Brücke ab - Extrapyramidale Ausgänge: Kreuzen nicht in der Pyramide –> stamme aus motorischen Kortexarealen und den Basalganglien
13.6.4 Rolle der motorischen Kortexareale bei der Zielmotorik: Somatopie und multiple Repräsentation
Zwei Aspekte der motorischen Kortexareale sind funktionell besonders wichtig:
- Somatotopische Organisation: eine geordnete räumliche Zuordnung zwischen Körperperipherie und motorischem Kortex
- Multiple Repräsentation: Der Körperperipherie in mehreren motorischen Arealen
- Motorischer Homunculus: diejenigen Körperstellen, die besonders häufig benutzt werden (Finger, Lippen, Hand, Zunge) nehmen einen weit überproportionalen Anteil des Gyrus ein, während Rumpf und proximale Extremitäten nur relativ klein repräsentiert sind (motorischer Homunculus)
13.6.4 Rolle der motorischen Kortexareale bei der Zielmotorik: Aufgaben der Motorischen Kortexareale
- Umsetzung von Bewegungsentwürfen in Bewegungsprogramme
- Bewegungsausführung
- Primärer Motorischer Kortex: vorwiegend Feinkontrolle von Bewegungen insbesondere von Einzelbewegungen der distalen Körpermuskulatur
- SMA und Prämotorischer Kortex: sind in die zentrale Generierung der Abfolge von komplex zusammengesetzten willkürlichen Bewegungsprogramen eingebunden
13.6.5 Ziel- und Greifbewegungen von Arm und Hand:
Grundformen des Greifakts, Durchführen einer gezielten Handbewegung
- Die Handfertigkeit ist eine visuomotorische und kognitive Leistung. Dem Greifakt geht die visuelle Erfassung des Objekts voraus
- Grundformen des Greifens:
a) Kraftgriff
b) Präzisionsgriff
Ungeübte Zielbewegungen sind umso genauer, je langsamer sie sind
13.6.5 Ziel- und Greifbewegungen von Arm und Hand: Einstellen der Greifkraft
- Proaktiv: Das Einstellen der Greifkraft erfolgt zunächst proaktiv aufgrund des sensomotorischen Gedächtnisses
- Fortlaufende Anpassung der Griffstärke: an die jeweiligen Notwendigen Bedingungen geschieht über polysynaptische Reflexe mit einer Latenz von ca. 60ms
14.1: Grundbegriffe der Sinnesphysiologie: Objektive Sinnesphysiologie und Wahrnehmungspsysiologie
- Objektive Sinnesphysiologie
a) Wichtigste Sinnesorgane: Augen, Ohren, Nase, Zunge , Haut & das nozizeptive System
b) Definition objektive Sinnesphysiologie: Die Analyse der durch die Sinnesreize ausgelösten physiologischen Prozesse –> Welche Umweltreize lösen in welchem Sinnesorgan welche physiologischen Reaktionen aus? - Wahrnehmungspsychologie
a) Definition: Beschäftigt sich mit den Gesetzmäßigkeiten, die zwischen Sinnesreizen und den durch sie ausgelösten Empfindungen und Verhaltensweisen bestehen –> wissenschaftliche Analyse menschischer und tiereischer Wahrnehmung sowie die affektiven Prozesse der Sinneswahrnehmungen & die affektive Tönung von Empfindungen
14.1.2 Abbildungsprozesse der Wahrnehmung
Sinnesphysiologische Abbildungen
- Mehre Prozesse: Ähnlich wie in der digitalen Fotographie werden die Sinnesreize in den Sinnesorganen und im Nervensystem in aufeinander folgenden Prozessen mehrfach abgebildet. Das Resultat wird uns über Sinneseindrücke und Empfindungen als erfahrungsgeprägte Wahrnehmung bewusst
- Geeignetes Sinnesorgan: so sind Phänomene der Umwelt nur dann Sinnesreize, wenn sie in Wechselwirkung mit einem geeigneten Sinnesorgan treten.
14.1.2 Abbildungsprozesse der Wahrnehmung: Definition: Sinneseindruck, Sinnesempfindung & Wahrnehmung
- Sinneseindruck: werden die einfachsten Einheiten, also die Elemente der Sinneserfahrungen bezeichnet. Ein solcher Eindruck wäre beispielsweise der Geschmack süß
- Sinnesempfindungen: wir nehmen solche Sinneseindrücke kaum isoliert auf und nennen eine Summe von Sinneseindrücken Sinnesempfindung.
- Wahrnehmung: zu der reinen Sinnesempfindung kommt i.d.R. eine Deutung, ein Bezug auf Erfahrenes und Gelerntes. Das wird Wahrnehmung genannt. Z.B.: wenn man ein Getränk als einen Gin Tonic identifiziert
14.1.2 Abbildungsprozesse der Wahrnehmung: Hirn-Bewusstseins-Problem in der Sinnesphysiologie und Definition der Psychophysik
- Hirn-Bewusstseins-Problem: Frage nach Wesensgleichheit oder -verschiedenheit von Materie und Geist oder „Hirn und Seele“
- Psychophysik: Das Studium der quantitativen Beziehungen zwischen Reizgröße und subjektiver Empfindung. Gehört gleichermaßen der Sinnesphysiologie wie der Wahrnehmungspsychologie an
14.1.3 Grunddimensionen der Empfindung:
Modalität und Qualität, Räumlichkeit und Zeit & Intensität (Quantität)
- Modalität: Jedes Sinnesorgan vermittelt jeweils gleichartige Sinneseindrücke, diese werden Modalität genannt (z.B.: das Auge vermittelt immer Licht, das Ohr immer Schall,…). Im Allgemeinen entsprechen den Modalitäten die ver. Sinnesorgane
- Qualität: Innerhalb der Sinnesmodalitäten lassen sich oft weitere Unterscheidungen des Sinneseindrucks vornehmen, die als Qualitäten bezeichnet werden (z.B.: Licht in Helligkeit und Farbe und Schall in Höhe der Töne). Im Allgemeinen werden die Qualitäten über die einzelnen Sinnesrezeptoren eines Sinnesorgans vermittelt
- Beide Dimensionen ordnen die Empfindung in die Raum- und Zeitstruktur unseres Köpers und unsere Umwelt ein wir können angeben, woher ein Reiz kommt und wie lange er angedauert hat
- Die Intensität eines Sinnesreizes (z.B.: die Stärke der Helligkeitsempfindung, die Lautheit eines Tons ,…). Das organische Korrelat ist die Amplitude des Sensorpotenziales (Rezeptorpotenzial) bzw. die Frequenz der Aktionspotenziale im sensorischen Nerven
Jede Empfindung hat vier Dimensionen, nämlich die Qualität, Räumlichkeit, Zeitlichkeit und Intensität
14.1.3 Grunddimensionen der Empfindung: Sinne und Klassifizierung der Sinnesorgane
- Sinne: Sehen, Höhren, Tastsinn, Geschmackssinn, Riechen, Gleichgewichtssinn, Schmerzsinn, Temperatursinn, … Es gibt spezifische Sinne und solche, die ein Allgemeingefühl vermitteln
- Klassifikation der Sinnesorgane: Anhand der jeweils verwendeten Sensoren (auch: Sinnesfühler, Sinnesrezeptoren) lassen sich drei Gruppen abgrenzen:
a) Exterozeptoren: Sensoren, die Reize aus der Umwelt aufnehmen z.B.: Augen. Ohren,…
b) Propriozeptoren: Sensoren, die Lage und Bewegung unseres Körpers registrieren, wie Muskelspindeln und Sehnenorgane & die Sensoren des Gleichgewichtsorgans
c) Enterozeptoren: Sensoren, die mechanische oder chemische Ereignisse aus den Eingeweiden übermitteln (z.B.: Barorezeptoren & Chemorezeptoren)
14.2.1 Spezifische und unspezifische Reizung eines Sinnesorgans:
Adäquate und nichtadäquate Reize
- Adäquate Reize: sind diejenigen Reizformen, auf die ein Sinnesorgan optimal reagiert z.B.: für das Auge sind es elektromagnetische Schwingungen mit Wellenlängen zwischen 400 und 700nm
- Nichtadäquate Reize: Ein Sinnesorgan reagiert jedoch nicht nur auf adäquate Reize bei Druckänderungen, elektischer Reizung, … (z.B.: Schlag auf das Auge Sterne sehen)
- Überreizung: wenn ein Sinnesrezeptor überreizt wird, dann kann er kaputt gehen
14.2.2 Der Transduktionsprozess:
Ausbildung eines Sensorpotenzials, Kodierung von Reizdauer und Reizstärke
- Sensorpotenzial: Der Reiz löst eine Depolarisation aus, welche Sensorpotenzial genannt wird
- Transduktion: Die primäre Umwandlung des Reizes in ein Sensorpotenzial wird Transduktion genannt
- Eigenschaften des Sensorpotenzials:
a) Reizabbildend: es dauert genau so lange wie der Reiz und seine Amplitude wächst mit der Reizstärke
b) Sensibel: auch schwache, aber überschwellige Reize können deutliche Sensorpotenziale auslösen
Der Reiz ist nicht die Energiequelle des Sensorpotenzials. Er steuert nur Ionenströme durch die Membran
14.2.2 Der Transduktionsprozess: Molekulare Mechanismen der Transduktion bei unterschiedlichen Reizen
- Mechanosensible Sensoren: in der Zellmembran liegen mechanosensitive, nichtselektive Kationenkanäle, die normalerweise geschlossen sind. Bei mechanischer Reizung (Dehnung, Druck) ändern sie ihre Konformität so, dass sich die Kanäle öffnen, wobei die Anzahl der geöffneten Kanäle von der Stärke der Dehnung abhängt. Durch die offenen Kanäle wird ein Aktionspotenzial ausgelöst
- Chemosensoren: die Sensormembran enthält meist G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die bei Andocken ihre Liganden über eine Second-Messager-Kette wiederum nichtsekeltive Kationenkanäle öffnen, worauf sich das Sensorpotenzial ausbildet
- Thermosensoren: Membrankanalproteine, die auf Wärme- oder Hitzereize ihre normalrweise geschlossenen unspezifischen Kationenkanäleöffnen und Kaltsensoren, bei denen Abkühlung zum Schließen von Kaliumkanälen führt
- Photorezeptoren des Auges: durch das Schließen von Na+-Kanälen bilden sich hyperpolarisierende Sensorpotenziale
Die meisten Sensorpotenziale sind als depolarisierende Potenziale (Ausnahme Auge)
14.2.3 Der Transformationsprozess:
Transformation
- Definition: Die Umkodierung des Sensorpotenzials in fortgeleitete Aktionspotenziale wird Transformation genannt
- Ablauf: Das Sensorpotenzial wird elektronisch in den Anfangsabschnitt des Axons geleitet und dort wird das Ruhepotenzial über die Schwelle für fortgeleitete Aktionspotenziale depolarisiert. Die Anhaltende Depolarisation des Sensorpotenzials wird in eine rhythmische Serie von Aktionspotenzialen umgewandelt
- Primäre Sensoren: Findet das Transformation im Anfangsabschnitt des Axons der Sensorzelle statt, dann sind diese Sensoren primäre Sensoren
- Sekundäre Sensoren: das Sensorpotenzial wird nicht schon in der Sinneszelle in Aktionspotenziale transformiert, sondern in der Endigung einer afferenten Nervenzelle, die mit der Sensorzelle synaptisch Kontakt hat (z.B.: Hörzellen im Innenohr)
14.2.3 Der Transformationsprozess: Adaption
Adaption
1. Definition: Die Abnahme der Erregung des Sensors (d.h. Abnahme des Sensorpotenzials) bei gleichbleibendem Reiz bezeichnet man als Adaption
2. Zeitverlauf: ist abhängig von den Eigenschaften des Sensors: manchen adaptieren schnell, wie Berührungssensoren und andere langsam oder gar nicht, wie Schmerzsensoren
14.2.3 Der Transformationsprozess: Lineare und nichtlineare Übertragungsfunktion in Sensoren
- Frequenzkodierung: Die bei der Transformation entstandenen Aktionspotenziale werden zum ZNS weitergeleitet. Sie enthalten die Information in Form einer Frequenzkodierung der Reiz bildet sich in der Impulssalve der afferenten Nervenfasern ab
- Übertragungsfunktion:
a) Linear: Die Kodierung der Reizamplitude als Impulsfrequenz wird proportional abgebildet
b) Nichtlinear: bei den meisten Sensoren nimmt jedoch die Empfindlichkeit des Sensors mit steigender Reizstärke ab. Nur in Ausnahmefälle, z.B.. bei den Nozizeptoren nimmt sie zu - Potenzfunktion: Die Kodierung der Reizamplitude als Impulsfrequenz lässt sich am besten mit einer Potenzfunktion beschreiben.