Sitzung 11: Biologische Grundlagen der Emotion Flashcards
27.1 Psychophysiologie von Gefühlen:
27.1.1 Gefühle als Reaktionsmuster auf drei Reaktionsebenen:
Gefühlsdimensionen & Reaktionsebenen
- Reaktionsebenen:
a) Physiologisch (einschließlich hormoneller Reaktionen)
b) Motorisch
c) Subjektiv-psychologisch - Dimensionen:
a) Angenehm – unangenehm
b) Erregend – desaktivierend
–> Lösen Annäherung oder Vermeidung aus und sind nur graduell von Motivation trennbar
Unterschied: Gefühle und Stimmungen
- Gefühle: (primäre Emotionen) sind kurz, maximal Sekunden dauernde Reaktionen
- Stimmungen: anhaltende Reaktionstendenzen
–> Gefühle haben kommunikative Bedeutung
27.2 Gefühlsausdruck und Rückmeldung aus der Körperperipherie:
Ausdruck primärer Gefühle
- Charakteristische Aktivierung: jedes „echte“ Gefühl geht mit einer charakteristischen Aktivierung der unwillkürlichen Ausdrucksmuskulatur einher
- Unwillkürlicher Ausdruck: durch präfrontale, limbische und subkortikale Kerne gesteuert
- Willkürlich: durch motorische Areale gesteuert
James-Lange- und Cannon-Bard-Theorie (WICHTIG)
- James-Lange-Theorie: Voll ausgebildete Gefühle bedürfen eine Rückmeldung der peripheren Gefühlsäußerungen ins ZNS („Wir sind traurig, weil wir weinen“):
a) Umweltereignisse oder eine emotionale Vorstellung: lösen spezifische vegetative, motorische und hormonelle Reaktionen in der Körperperipherie aus
b) Afferente Rückmeldung: dieser peripheren Reaktionen in das ZNS ist die Voraussetzung für das Zustandekommen der jeweiligen Emotion
c) Gegenargumente: vollständig gelähmte zeigen differenzierbare emotionale Reaktionen (könnten aber auch erlernt sein) - Cannon-Bard-Theorie: der ausschließliche Ursprung von Gefühlen ist nach der Reizwahrnehmung und -bewertung im ZNS zu lokalisieren –> Umweltreize lösen direkt im Gehirn ohne Umweg über die Peripherie, Emotionen aus
Instrumentelles und klassisches Konditionieren von Ausdrucksverhalten
Instrumentelle und klassische Konditionierung somatischer und viszeraler Reaktionselemente („Marker“) von Emotionen zeigen, dass dies über nicht-bewusste Wahrnehmung der peripheren Reaktionselemente im oberen parietalen Kortex zu spezifischen bewussten Emotionen führt
James-Lange-Theorie: Stand der Ermittlungen
Die Speicherung des periphere-physiologischen Reaktionsmusters im Kortex ist Voraussetzung für die korrekte Klassifikation von Emotionen durch Hirnstimulationen können zwar direkt Gefühle ausgelöst werden, aber nur, wenn diese periher-physiologischen Muster zumindest einmal in der Vergangenheit mit dem zentralnervösen Anteil des Gefühls assoziiert wurden
27.1.3 Die Rolle kognitiver Prozesse in der Gefühlsentstehung:
Attributionstheorie von Schacher
- Attribution – Definition: ein integraler Bestandteil von Emotion, der kognitive Bewertungsprozess („appraisal“). Ohne ihn würde eine Emotion richtungslos sein
- Kognitive Emotionstheorie von Schacher: nimmt an, dass ein physiologischer Erregungszustand subjektiv bewerte wird und die Bewertung (Attribution) dann die Richtung und Qualität der Emotion bestimmt
Gefühle ohne Attribution
- Gegen die kognitive Emotionstheorie von Schachter: spricht, dass in viele Experimenten gezeigt werden konnte, dass Gefühl häufig vor jeder bewussten Wahrnehmung und vor jedem bewusste Wiedererkennen/ Deskriminieren der Situation auftreten (Primat des Affekts)
- Subliminale Wahrnehmung: subliminal dargebotene Reize konnten starke Emotionen auslösen, obwohl die Reize nicht bewusst erkannt oder wiedererkannt wurden
- Häufigkeit: je häufiger ein Reiz dargeboten wird, desto positiver wird er bewertet
- Direkte Verbindung: es besteht eine direkte Verbindung von Sinnesorganen zu Regionen des ZNS, die mit großer Sicherheit mit kognitiv-motivationalen Prozessen befasst sind
- Ontogenetische und phylogenetische Entwicklung: der affektiven und motivationales Systeme vor den kognitiven Systemen
Haben Tiere Gefühle?
- Annäherungs- und Vermeidungsreaktionen: zeigen schon Invertebraten
- Verbale Attribution von Gefühlen, zeitlicher Aufschub von Annäherungs- und Vermeidungsreaktionen und Gefühlskontrolle kommen nur bei höheren Säugern und Menschen vor
27.1.4Neuronale Grundlage emotionaler Valenz:
Positiv verstärkende und bestrafende Reize – das paralimbische und präfrontale Verstärkersystem
- Hauptbestandteile:
a) Orbitale Präfrontalkortex
b) Mesolimbische und mesokortikale Dopaminsystem
c) Amygdala
d) Vorderer Inselkortex
e) Vorderer G. cinguli
f) Motorischen Enden der Basalganglien (besonders: ventrales und anteriores Striatum) - Funktionsweise:
a) Die Amygdala und der Orbitalkortex: liefern dem Hypothalamus emotionale Informationen
b) Hypothalamus: richtet die ausgelösten Emotionen auf den momentanen Triebzustand aus
c) Orbitofrontalkortex: bei der Ausrichtung des Hypothalamus schätz der Orbitofrontalkortex den subjektiven Belohnung oder Bestrafungszustand ein
–> Zusammenfassung: die emotionale Valenz eines Reizes oder einer emotionalen Vorstellung wird von einem ausgedehnten, sich teilweise überlappenden limbischen, präfrontalen und striatalen System zur Analyse positiver Verstärker und bestrafender Reiz bestimmt
27.1.4Neuronale Grundlage emotionaler Valenz: Basalganglien & Annäherungs-Vermeidungsverhalten
- Teile der Basalganglien, vor allem das anteriore Striatum und der N. accumbens bestimmen die Richtung von instrumentellen Verhalten über die Verstärkung der synaptischen Bindung zwischen Hinweisreizen und emotionaler Annäherungsreaktion
27.1.5 Die neokortikalen Hemisphären und Gefühle
Besonderheiten der Hemisphären
- Linke Hemisphäre: ist besser bei der Kausalattribution und Erklärung von Ereignisabfolgen
- Rechte Hemisphäre: ist besser bei der Verarbeitung von extremen und interozeptiven Reizen, die für die Wahrnehmung von Emotionen wichtig sind
Läsionen der Hemisphären und Emotionen
- Negative Emotionen: die rechte Hemisphäre wird verstärkt bei negativen Emotionen aktiviert (Arbeitet Holistisch sagt Thorsten)
- Läsionen der rechten Hemisphäre:
a) Im frontalen Bereich: führt zu Beeinträchtigung des Emotionalen Ausdrucks
b) Posteriorischer Bereich: führen zu Beeinträchtigungen beim emotionalen Erkennen/ Diskrimination (auch von Gesichtsausdrücken)
c) Parietaler Bereich: sensorischer und emotionaler Neglekt, emotionaler Ausdruck ist verarmt/unangepasst enthemmt - Linke Hemisphäre: bewirkt über Hemmung der Rechten eine positive Aufhellung von Gefühlen
Entwicklung der affektiven Hemisphärendominanz
Die Entwicklung der Hemisphären und des Corpus callosum spricht für eine angeborene oder früh erworbene Präferenz der beiden Hirnhemisphären für positive (links) und negative (rechts) Emotionen
27.2 Vermeidung (Furcht & Angst):
27.2.1 Zwei-Prozess-Theorie des Vermeidungslernens
Lernen von Angst und Furcht
- Angst – Definition: ist eine ungerichteter Überaktivierung bei Wahrnehmung von Gefahr
- Furcht – Definition: ist entweder mit einer aktiven (tu das so) oder eine passiven (tu das nicht) Vermeidung gekoppelt
- Furchtlernen: zwei Stadien werden unterschieden
a) Klassischen Konditionierungsphase
b) Instrumentelle operante Phase (auch Bewältigungsphase)
Psychophysiologie des Furchtlernens
- Kortikale Negativierung: in Antizipation des US
- Positivierung: nach der Vermeidungsreaktion
–>Furcht wird über klassischen Konditionierung erlernt, durch aktive/passive instrumentelle Vermeidung aufrechterhalten und durch Unterlassen der Vermeidung in Gegenwart der angstauslösenden konditionierten Reize gelöscht
27.2.2 Funktionelle Neuroanatomie der Amygdala und des Furchtsystems:
Thalamus-Amygdala-Verbindung
- Amygdala: hier werden CS und US miteinander assoziativ verknüpft
- Spezifische Thalamuskerne: geben die Information vor der kortikalen Analyse an das laterale Areal (LA) der Amygdala ab, sodass schon vor der bewussten Unterscheidung im kortikalen ventralen („was“-)System die Amygdala informiert ist (Le Droux: low Road – schnell aber ungenau)
- Furchtkonditionierung: die schnelle thalamo-amygdaloide Verbindung ermöglicht rasche und nicht bewusste Furchtkonditionierung
27.2.2 Funktionelle Neuroanatomie der Amygdala und des Furchtsystems: Kortex-Amygdala-Verbindung
Diskriminatives Lernen von Furchtreaktionen und Lernen von Furchtkontexten benötigt die Verbindung der Assoziationskortizes und des Hippocampus mit der Amygdala (Le Droux – high Road = langsam aber genau)