physikalische und physikalisch-chemische Eigenschaften von Wirkstoffen Flashcards
Größenbereiche von Arzneistoffmolekülen
klassische Arzneistoffe (z.B. Analgetika, Penicilline, Benzodiazepine):
- aus chemischer Synthese, Naturstoffe
- meist < 500 D, < 0,5 nm
Peptide, Proteine (kleine –> Calcitonin, Vasopressin; große –> Insulin, Wachstumshormon):
- früher: Isolation aus Organen
- heute: Biotechnologie
- 103 bis 106 D; 1 bis 100 nm
Gentherapeutika (z.B. Plasmide, Retroviren):
- aus Molekularbiologie, Gentechnologie
- bis 10*10 D, bis cm Länge
Molekulares Volumen und Diffusionsgeschwindigkeit
Die Diffusionsgeschwindigkeit ist indirekt proportional zur Kubikwurzel des molekularen Volumens (Ausnahme: Kugelform –> je größer V desto kleiner D)
Volumen ist auch abhängig von Molekularkonformation
je kompakter die Konfirmation umso kleiner das Volumen
Das Molekulargewicht allein ist nur ein grober Richtwert für die Molekülgröße
Einfluss der Molekülgröße bei hydrophilen Stoffen (keine passive Diffusion)
Transport durch hydrophile Poren (Transmembranproteine)
Arzneistoffresorption: bei kleinen hydrophilen Molekülen, Molekulargewichte Mr < 200 relevant (GIT)
Arneistoffverteilung im Organismus: stark abhängig von der Molekülgröße
Parazelluläre Route:
- tight junctions auch für kleinere Moleküle kaum passierbar
- gap junctions: Moleküle mit Massen von bis zu ca. 1500 D passierbar
Ungeladene, sehr kleine aber polare Moleküle wie Wasser oder CO2 können Lipidmembranen leicht passieren
Molekulare Einflussgrößen bei der Verteilung von Arzneistoffen
Entscheidend für die Verteilung eines intravasal applizierten Arzneistoffes aus dem zentralen Kompartiment ist im wesentlichen seine Lipophilie und Molekülgröße.
Makromolekulare Stoffe: können den Plasmaraum nicht verlassen, weil ihr Durchtritt durch die Blut-Gewebe-Schranken (das Kapillarendothel) behindert ist.
Nicht makromolekulare Arzneistoffe: die Verteilung zwischen Plasmaraum und interstitiellem Raum wird vom Kapillaraufbau und der Lipophilie des Arzneistoffs in dem jeweiligem Gebiet bzw. Organ beeinflusst.
Transport durch Kapillarwände
Poren in Blutkapillaren:
- die Wände von Kapillaren sind an manchen Stellen des Organismus perforiert und das Blut kann hier in direkten Kontakt mit den Gewebszellen kommen. Durch Poren von Kapillarwänden können auch Peptide geringer Molekülgröße permeieren
- am meisten Poren sind in der Leber zu finden, am wenigsten im zentralen Nervensystem
- Plasmaproteine können Kapillarwand nicht passieren
- Austauschbare Proteine können durch vesikulären Transport Kapillarwand durchdringen
- Na+, K+, Glucose, Aminosäure, kleine wasserlösliche Substanzen können Poren passieren
- O2, CO2, ausreichend lipophile Substanzen können Endotehlialzellen passieren
Kapillartypen und Poren
Abgrenzung zwischen intravasalem und extrabasalem Raum
diskontinuierlich: Endothel lückenhaft, Basalmembran lückenhaft –> Leber, Milz, Knochenmark
Poren: 100 nm
Durchlässigkeit für hydrophile Moleküle sehr gut
fenestriert: Endothel mit Öffnungen, die durch Membranen verschlossen sind, Basalmembranen geschlossen –> Mucosa des Magen-Darm-Trakts, Niere, Plazenta
Poren: 3-18 nm
Durchlässigkeit gut
kontinuierlich: Endothel und Basalmembran geschlossen –> Herzmuskel, Skelettmuskel, glatte Muskel
Poren: 4-5 nm
Durchlässigkeit gering
kontinuierlich (ZNS): Endothel und Basalmembran geschlossen, zusätzlich Gliazellen aufgelagert –> Gehirn, Rückenmark
Poren: 0,4-0,8 nm
Durchlässigkeit schlecht
Porendurchmesser und funktionelle Molekül- und Ionenradien
- Kapillaren in Leber, Milz und rotem Knochenmark sind für Xenobiotika, aber auch für viele Serumeiweiße und teilweise auch für Erythrocyten durchgängig
- Kapillaren von fenestrierten und vom kontinuierlichen Typ wirken vor allem als selektive Eiweißfilter. In Niere passieren Moleküle mit einem Molekulargewicht bis 15000 ungehindert, Albumin wird nicht mehr filetiert
- Kapillaren vom kontinuierlichen Typ lassen nur sehr kleine wasserlösliche Moleküle durch. Die Blut-Hirn-Schranke ist für wasserlösliche Xenobiotika meist undurchlässig. Der Porendurchmesser (0,4 +/- 0,2 nm) entspricht jenem Anteil der Wasserporen in Plasmamembranen der Parenchymzellen
- je größer die Poren, desto stärker ist der Anteil, der durch Filtration (Pulk-Transport) durchtritt (Leber, Niere). Bei kleinen Poren überwiegt die reine Diffusion
Lipid-Wasser-Verteilungskoeffizient
Quotient der Konzentration in der lipophilen (Cl) und wässrigen (Cw) Phase
logP = 0 –> Cl = Cw
logP > 0 –> Cl > Cw lipophiler Stoff
logP < 0 –> Cl < Cw. hydrophiler Stoff
die meisten Arzneistoffe haben einen logP zwischen -1 und 5-6
Abhängigkeit der Resortionsgeschwindigkeit bei zunehmender Lipophilie eines Arzneistoffes
niedriger logP: Resorption durch Konvektion (Poren)
danach durch Diffusion bis zu optimalem loop –> maximale Resorptionsrate –> “cut off” (danach sinkt die Resorptionsrate wieder)
Gründe für Sinken nach dem cut off:
1. Membranwechselwirkungen
2. geringe Wasserlöslichkeit –> geringer Konzentrationsgradient
Optimaler Ionisationsgrad
Konflikt zwischen nicht ionisierter Form (lipophil) und ionisierter Form (hydrophil)
nicht ionisiert: Membrantransport gut, Wasserlöslichkeit schlecht
ionisiert: Membrantransport schlecht, Wasserlöslichkeit gut
pH-Wert und Arzneistoffeigenschaften
pH-Wert der Zubereitung:
- Verträglichkeit am Anwendungsort
- Geschmack
- chemische Stabilität des AS in der Zubereitung
pH-Wert am Applikationsort:
- Resorbierbarkeit von ionisierbaren Arzneistoffen
- Stabilität am Applikationsort
- Auflösungs- und Liberationsverhalten
pH-Werte von Körperflüssigkeiten
Pankreassaft (8,0) Tränenflüssigkeit (7,4) Lunge (7,4) Cerebrospinalflüssigkeit (7,4) Blut (7,4) Rektum (7,4) Galle (7,4) Skelettmuskel (7,4) Nasalsekret (6,0) Colon (7,2) Muttermilch (7,0) Jejunum/ Ileum (6,5) Speichel (6,5) Harn (5,7) Duodenum (5,5) Schweiß (5,4) Vagina (4,5) Magen (1,5)
Dissoziation schwacher Säuren und Basen
Schwache Basen sind bei zwei pH-Einheiten unterhalb ihres pka-Wertes praktisch vollkommen dissoziiert und zwei pH-Einheiten oberhalb ihres pka-Wertes vollkommen undissoziiert
Bei schwachen Säuren genau anders herum (unterhalb undissoziiert, oberhalb dissoziiert)
Bei pH = pka liegt 50% des Stoffes in der dissoziierten Form vor
Lipophilie und Dissoziationskonstanten aus der Molekülstruktur
Berechnung:
- clogP: berechneter Verteilungskoeffizient der nicht ionisierten Form (für die meisten Arzneistoffmoleküle auf 0,3 +/- genau)
- pka: berechneter Dissoziationskoeffizient für die meisten Arzneistoffmoleküle auf 0,5 +/- genau
- clogD: Verteilungskoeffizient bei einem bestimmten pH-Wert (aus clogP und pka berechnet)
==> c = calculated
Experimentelle Bestimmung:
- pka: titrimetrisch (Lösung), elektrochemisch, spetroskopisch (UV)
- logP/ D: elektrochemische Titration (pH logP/logD-spezifisch, pH 1,8-12,2) –> Verteilung zwischen zwei Flüssigkeiten (schütteln/rühren) und Konzentrationsmessungen (logP/logD bei einem pH-Wert)
Abschätzung von oraler Resorbierbarkeit aus Molekülparameter (Rule of Five)
Subset von ca. 2.300 Verbindungen mit oraler Bioverfügbarkeit:
- nur 11% der Verbindungen haben ein Mr > 500 und diese zeigen geringe Resorptionsfähigkeit
- 10% besitzen logP > 5 (hoher logP bedeutet geringe Löslichkeit)
- nur 8% haben > 5 NH- oder OH-Gruppen (H-Donoren)
- nur 12% haben > 10 N- und O-Atome (H-Brücken-Akzeptoren)
schlechte perorale Resorption wahrscheinlich wenn: > 5 Wasserstoffbrückendonoren mehr als 10 Wasserstoffbrückenakzeptoren c logP > 5 Mr > 500
Einfache Abschätzung der Resorptionsparameter (passiver Transport) aus den Moleküldaten durch Berechnung des Absortpionspotiential
AP (Absorptionspotential):
dimensionslos
Fraktion nicht ionisierter Arzneistoffe wird hier berücksichtigt und muss für einen bestimmten pH-Wert ermittelt werden
Aber: die Zunahme/ Abnahme der absoluten Löslichkeit eines Stoffes mit steigenden/ sinkenden pH-Wert einer Säure/ Base ist gleich der entsprechenden Abnahme der scheinbaren Verteilungskoeffizienten
MAP (modifiziertes Absorptionspotential):
gilt für schwache Elektrolyte
Einfache Abschätzung ob ein Stoff besser oder schlechter peroral absorbiert ist als ein anderer Stoff aus der Sättigungslöslichkeit und der Lipophilie
Chemische Stabilität (Beispiele)
Erythromycin: im Magensaft (pH 1,0) Halbwertszeit (Zersetzung) von < 1 Minute --> Abhilfe bei peroraler Applikation: Verwendung von langsam auflösenden Salz oder Formulierung in magensaftresistenter Arzneiform
Pilocarpin:
Abbau am langsamsten bei pH 5, 100x schneller bei pH 7,4
–> Kompromiss zwischen Verträglichkeit und Haltbarkeit eingehen
die supramolekulare Ebene
Supramoleküle (Übermoleküle) - intermolekulare Wechselwirkungen
Organisations- und Wechselwirkungsprinzipien von Molekülen: keine kovalenten Bindungen sondern elektrostatische Kräfte (Wasserstoffbrückenbindungen, vdWWW)
Supramolekulare Wechselwirkungen in Lösung:
- selektive molekulare Erkennung, z.B. Enzyme, Rezeptoren (Schlüssel-Schloss)
- molekulare Komplexe/ Einschlüsse (Wirt- Gast): z.B. Cyclodextrine
Supramolekulare Wechselwirkungen im Festkörper
- Kristallchemie: Kristallgitteraufbaiu (Packung, Symmetrie), Ordnungsgrad, Kristallmorphologie
Kompetitive Ziele bei der Arzneimittelentwicklung
Kernproblem: maximale chemische Stabilität bei idealer (ausreichender) Wasserlöslichkeit
fester Wirkstoff:
beständig, lagerfähig, gut dosierbar, nicht resorbierbar –> ca. 80% feste Arzneiformen
Lösung:
chemisch unbeständig, schlecht dosierbar, resorbierbar
Ursachen und Effekte von Änderungen der Festkörpereigenschaften
Prozess:
- Kristallisation (Reinigung)
- Verarbeitung (Mahlen, Zerkleinern, Befeuchten, Trocknen, etc.)
innere Strukturänderung: Polymorphe Formen, Solvate/ Hydrate, “Kokristalle”
äußere Strukturänderungen: Morphologie und Partikelgröße
Effekte: Filtration, Pulvereigenschaften, Pressverhalten, Löslichkeit, Bioverfügbarkeit
Definiton und Bauprinzip eines Kristalls
Kristalle: aus gleichbleibenden Struktureinheiten (Elementarzelle) dreidimensional aufgebaut –> kann zur Berechnung herangezogen werden (kleinster gemeinsamer Nenner)
Merkmale von Kristallen:
- Anisotropie: verschiedene physikalische Eigenschaften in verschiedenen Raumrichtungen
- homogener Aufbau
- dreidimensionale periodische Ordnung der Bausteine (Fernordnung) –> Voraussagen sind möglich, Auflösung eines Kristalls hängt von seiner Gestalt ab
Bauprinzip eines Kristalls
- Atome, Ionen oder Moleküle l
können als Punkte dargestellt werden, die durch ihre regelmäßige Anordnung ein dreidimensionale Kristallgitter (Punktgitter) - für alle kristalline Stoffe existieren 7 Grundtypen von Einheitszellen (primitive Einheitszellen) die durch:
+ drei Seitenlängen (a, b, c)
+ drei Winkel (alpha, beta, gamma)
definiert sind
Die meisten Arzneistoffe kristallisieren in triklinen, monoklinen oder othorhombischen Kristallsystemen (geringe Symmetrie)
Kristallgitter –> Kristzallstruktur
Die Elementarzelle wird durch Translationssymmetrie zu einem dreidimensionalen Netz erweitert.
Basiseinhait/ Bausteine (Atome, Ionen, Moleküle) + Gitterparameter = Kristallgitter
Wodurch wird eine Kristallstruktur definiert?
a) die Einheitszelle (Achsensystem: 3 Längen und 3 Winkel insgesamt 7 Typen von Kristallsystemen)
b) die Raumkoordinaten der atomaren Bausteine relativ zur Einheitszelle
c) die Symmetrie (gesetzmäßige Wiederholungen wie Inversionszentrum, Spiegelebene etc.)
Kristallformen (Polymorphe Formen und Kristalle)
Verschiedene Kristallstrukturen einer Verbindung. Die Formen unterscheiden sich nur in der Anordnung der Moleküle im Kristallgitter, nicht aber in ihrer Zusammensetzung.
Solvate (Lösungsmittel) einer organischen Verbindung stellen andere “Kristallformen” dar, aber sind nicht “polymorphe Formen”. Dieser Begriff darf nur angewendet werden wenn verschiedene Kristallformen exakt gleiche chemische Zusammensetzung zeigen.
Kokristalle
Durch die Änderungen der intermolekularen Wechselwirkungen in der Kristallstruktur ändern sich auch die Eigenschaften (z.B. Löslichkeit) des Feststoffes.
Ziele: z.B. Verbesserung oder Verschlechterung der Löslichkeit, chemische