Meinungsstreits WS 18/19 Flashcards

1
Q

(P) –> Zugangsvoraussetzungen einer Willenserklärung unter Abwesenden gem. § 130 I 1 BGB? –> Auslegung des Begriffs “Zugang”

A

hM. –> Der Zugang i.S.v. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB erfordert nach überwiegender Auffassung, dass die Willenserklärung entweder vom Adressaten tatsächlich zur Kenntnis genommen wurde oder zumindest so in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist (= räumliches Element), dass dieser die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat und mit Kenntnisnahme bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse zu rechnen ist (= normativ-zeitliches Element).

mM. –> Demgegenüber verzichtet die Mindermeinung auf das normativ-zeitliche Element. Der Zugang erfolge allein mit Gelangen der Erklärung in den Machtbereich des Adressaten. Der unter Umständen spätere Zeitpunkt, zu dem die Kenntnisnahme möglich werde, sei nur für die Wahrung von Fristen oder das Kennenmüssen von Bedeutung.
–> Streitentscheid häufig irrelevant

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2
Q

(P) –> Rechtzeitigkeit des Widerrufs wenn verspätet, aber tatsächliche Kenntnisnahme gleichzeitig mit zu widerrufendem Angebot erfolgt?

A

A1 –> Nach dem Wortlaut war der Widerruf grundsätzlich verspätet.
A2 –> Kein Eingreifen von § 242, d.h. Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn sich X auf Verspätung des Widerrufs beruft, da tatsächliche Kenntnisnahme nicht “verspätet” war sondern gleichzeitig mit Angebot? Nein, Denn solange der Erklärungsempfänger noch nichts von der Willenserklärung weiß, wäre auch kein Verkehrs- und Vertrauensschutz erforderlich.
Indes ist die gesetzliche Regelung des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB schon ihrem Wortlaut nach eindeutig. Eine Korrektur dieser klaren gesetzlichen Regelung über § 242 BGB ist nicht geboten, da der vom Gesetz gewählte Anknüpfungspunkt – Vergleich der Zugangszeitpunkte – nicht unbillig ist. Denn die Regelung über den Zugang stellt eine objektive Verteilung der Risiken bei Wirksamwerden der Willenserklärung dar und dient damit im Ergebnis auch der Rechtssicherheit. Der Erklärungsempfänger kann sich sonst, also zu seinem Vorteil, auch nicht darauf berufen, er habe die Erklärung erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Kenntnis genommen, und damit sei der Zugang erst später eingetreten. Daher ist es nicht einsichtig, ihm die Berufung auf die bloße Kenntnisnahmemöglichkeit zu versagen, wenn diese ausnahmsweise zu seinem Vorteil wirkt, wie vorliegend.

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3
Q

(P) –> X verfasst Brief und lässt ihn auf Schreibtisch liegen. Sekretärin schickt ihne ab! Liegt ein wirksames Angebot vor? Streitig: Setzt wie Wirksamkeit einer empfangssbedürftigen Willenserklärung voraus, dass der Erklärende die Willenserklärung bewusst und willentlich abgibt? Bzw. kann “abhandengekommene” WE wirksam werden?

A
  1. STB und OTB sind erfüllt, aber Problemaufriss beim Punkt: Wirksamwerden der Willenserklärung!
  2. Der Begriff der „Abgabe“ der Willenserklärung findet sich in § 130 Abs. 2 BGB; explizit macht das Gesetz die Abgabe indes nicht zur Wirksamkeitsvoraussetzung einer Willenserklärung.
  3. Ausgangspunkt der Problematik ist, dass der äußere Schein einer wirksamen Willenserklärung besteht, der den „Erklärungsempfänger“ ggf. bereits zu Dispositionen veranlasst hat. Damit ist er schützenswert. Andererseits will der Verfasser sein Selbstbestimmungsrecht gewahrt wissen, da die Willenserklärung ein autonomer Akt rechtsgeschäftlichen Handelns ist.
    Die widerstreitenden Interessen sind also einerseits Verkehrsschutz, andererseits der Schutz der Privatautonomie. Damit ist fraglich, ob dem Verfasser der Erklärung dieser Anschein einer gültigen Willenserklärung zugerechnet werden kann, wenn der Empfänger in redlicher Weise auf die Abgabe der Erklärung durch den Verfasser vertraut.
    A1 –> Einerseits könnte man die Abgabe als eine konstitutive Wirksamkeitsvoraussetzung ablehnen.
    Die abgabefertig gemachte und von einer anderen Person als dem Erklärenden abgesandte Willenserklärung gelte daher ungeachtet des Fehlens der Abgabe, wenn dem Verfasser der Anschein der Erklärung zurechenbar ist. Dies sei dann der Fall, wenn der Verfasser das Inverkehrbringen aus Gründen, die in seinem Herrschafts- und Organisationsbereich liegen, zu vertreten hat.
    Dafür spräche, dass der Fall der abhanden gekommenen Willenserklärung dem der ohne Erklärungsbewusstsein abgegebenen Willenserklärung phänomenologisch gleichstehe. Da das Erklärungsbewusstsein kein notwendiger Bestandteil einer Willenserklärung sei, könne folglich auch bei der verkörperten Willenserklärung der Abgabewille nicht als notwendige Voraussetzung für das Wirksamwerden der verkörperten Erklärung postuliert werden.
    Weiter verwirkliche diese Auffassung den Verkehrsschutz und wahre das Selbstbestimmungsrecht des Erklärungsverfassers, in dem sie ihm das Wahlrecht lässt, den – vielleicht günstigen – Vertrag gelten zu lassen.
    Die Vertreter dieser Auffassung sehen den Erklärungsverfasser ausreichend dadurch geschützt, dass ihm ein Anfechtungsrecht aus § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB zugesprochen wird.
    Dieses hätte zur Folge dass der Verfasser verschuldensunabhängig gem. § 122 BGB haftet.4 Weiter wäre bei Verschulden auch ein Anspruch aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) denkbar.
    Da ein verantwortungsbewusster Geschäftsmann kein Personal beschäftigt, das ohne seine Einwilligung Angebote versendet bzw. Angebote enthaltende Briefe nicht achtlos auf seinem Schreibtisch herumliegen lässt, hätte G im vorliegenden Fall die Versendung seines Briefes bei einer kaufmännischen Gepflogenheiten entsprechenden Büroorganisation vermeiden können. M war zudem gutgläubig.
    a) Würdigung: Diese Auffassung übersieht, dass das fehlende Erklärungsbewusstsein mit dem Fehlen eines Abgabewillens nicht wertungsmäßig gleichzusetzen ist. In den Fällen des fehlenden Erklärungsbewusstseins hat der Erklärende selbst objektiv im Rechtsverkehr den Anschein einer Willenserklärung erweckt, welchen er subjektiv so nicht erwecken wollte. Damit eine Willenserklärung dem Erklärenden aber zugerechnet werden kann, muss über das Erklärungsbewusstsein hinaus die Erklärung (zumindest) auf einer Handlung des Erklärenden beruhen.Dagegen spricht weiter, dass die Wirksamkeit einer Willenserklärung mit der Nichterfüllung pflichtgemäßer Sorgfalt begründet wird. Nichterfüllung pflichtgemäßer Sorgfalt ist aber grundsätzlich im System des bürgerlichen Rechts nur Ansatzpunkt einer Haftung auf Schadensersatz.
    Das ergibt sich implizit aus § 172 Abs. 1 BGB. Danach muss sich der Aussteller einer Vollmachtsurkunde deren Inhalt nur dann zurechnen lassen, wenn er diese einem anderen ausgehändigt hat. Ist die Erklärung ohne den Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt, so ist sie ihm nach einhelliger Auffassung nicht – auch nicht nach Rechtsscheingrundsätzen – zuzurechnen.
    Da aber auch die Vollmachtserteilung iSv § 172 Abs. 1 BGB eine Willenserklärung darstellt, ist es nicht überzeugend, das Wirksamwerden einer Vollmacht und das Wirksamwerden eines Angebots iSv § 145 BGB anhand unterschiedlicher Kriterien zu beurteilen. Vielmehr ergibt sich gerade aus § 172 Abs. 1 BGB, dass für das Wirksamwerden einer verkörperten Willenserklärung generell das vom Abgabewillen ihres Verfassers getragene Inverkehrbringen erforderlich ist.

A2 –> “konstituive Voraussetzung”= Betrachtet man die Abgabe hingegen als konstitutive Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Willenserklärung, dann werden schriftliche Willenserklärungen ohne Abgabe durch ihren Ersteller in Richtung auf den Erklärungsempfänger nicht wirksam.5
Dies ergebe sich schon aus § 130 Abs. 2 BGB. Schon mangels Abgabe, jedenfalls aber wegen Fehlens des notwendigen Abgabewillens (d.h. mangels Handlungswillens des Verfassers hinsichtlich der Abgabe), könne die sog. abhanden gekommene Willenserklärung nicht wirksam werden. Der Anschein einer gültigen Willenserklärung werde dem Verfasser nicht zugerechnet.
Der Erklärungsempfänger werde zudem ausreichend über einen Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) geschützt.
a) Würdigung: Gegen eine Anwendung von § 122 BGB analog bestehen Bedenken. Notwendige Voraussetzung für eine Analogie ist stets das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke.
Im Ergebnis handelt es sich vorliegend um keine verschuldensunabhängige Haftung, denn die Anwendbarkeit von § 122 BGB analog setzt hier ein schuldhaftes Vorverhalten voraus. Für eine verschuldensabhängige Vertrauenshaftung besteht die Rechtsgrundlage indes aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB), sodass es bereits an einer für die Analogie notwendigen Regelungslücke fehlt.

A3 –> “Vertrauenshaftung” = Andererseits könnte man die Abgabe zwar als konstitutive Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Willenserklärung betrachten, dennoch aber zu einer beschränkten Zurechenbarkeit des Anscheins einer gültigen Willenserklärung mit der Rechtsfolge der Vertrauenshaftung gem. § 122 BGB analog kommen.
Mangels vertraglicher Verpflichtung ist eine Anfechtung dann zwar nicht erforderlich. Der Verfasser hafte aber analog § 122 BGB wenn er das Inverkehrbringen aus Gründen, die in seinem Herrschafts- und Organisationsbereich liegen, zu vertreten habe.
Daneben komme auch eine verschuldensabhängige Haftung aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) in Betracht.
Damit wäre vorliegend die Willenserklärung des G zwar nicht wirksam geworden, nachdem er das Inverkehrbringen des Schreibens zu vertreten hat, hafte er aber auf Schadensersatz.
a) Würdigung: Mit der Forderung der Abgabe als konstitutive Wirksamkeitsvoraussetzung einer Willenserklärung wird das Selbstbestimmungsrecht des Verfassers geschützt, da diese Auffassung die Willenserklärung als autonomen Akt rechtsgeschäftlichen Handelns begreift.
Weiterhin bietet sie eine einheitliche Lösung für das Wirksamwerden aller Willenserklärungen.
Zudem entspricht sie dem Willen des historischen Gesetzesverfassers, der die Abgabe „selbstverständlich“ als erforderlich erachtete.7
Darüber hinaus entstehen auch keine Schutzlücken für den „Erklärungsempfänger“. Die Interessen der Parteien können auch ohne das Vehikel eines zunächst wirksamen, jedoch gem. § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB anfechtbaren Vertrags hinreichend geschützt werden.
Sollte G einen Vertragsschluss mit M endgültig ablehnen, hat M gegen ihn auch nach dieser Auffassung einen Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB), wenn er die Absendung der Erklärung bei gebotener Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können. M könnte sich daher hinsichtlich der ihm entstandenen Vermögensnachteile in Form der Transportkosten schadlos halten, sodass ein „Umweg“ über § 122 BGB analog nicht angezeigt ist.
a) Würdigung: Die Konstruktion eines Angebots ist auch nicht zum Schutz des Verfassers der abhanden gekommenen Erklärung erforderlich, da die “Annahme” einer abhanden gekommenen Willenserklärung als neues Angebot8 aufzufassen ist, das der Verfasser der abhanden gekommenen Erklärung annehmen kann, wenn er einen entsprechenden Vertrag schließen möchte.

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Q

(P) –> Der Zeitpunkt des Zugangs ist bei einem Einschreiben, dass der Postzusteller unter Benachrichtigung des Adressaten im Postam zur Abholung bereit legt, umstritten!

A

A1 “Zugang mit Benachrichtigungsschein” –> Einerseits könnte Zugang bereits durch Zugang des Benachrichtigungsscheins beim Adressaten eintreten. Denn dieser setze den Empfänger von der Existenz einer Erklärung in Kenntnis und sei damit wie die Erklärung selbst zu behandeln.
a) Würdigung: ist entgegenzuhalten, dass der Benachrichtigungsschein selbst den Empfänger nur darüber unterrichtet, dass für ihn eine Einschreibesendung bei der Post zur Abholung bereit liegt. Er enthält aber keinen Hinweis auf den Absender des Einschreibebriefs und lässt den Empfänger im Ungewissen darüber, welche Angelegenheit die Einschreibesendung zum Gegenstand hat.4

A2 “Zugang mit erwarteter Abholung unter normalen Umständen” –> Nach einer andern Auffassung trete zwar nicht mit Zugang des Benachrichtigungsscheins Zugang der Erklärung selbst ein, der Empfänger hätte jedoch die Möglichkeit, den bei der Post deponierten Brief abzuholen und damit eine ausreichende Zugriffsmöglichkeit. Dass der Brief zwar rein formal betrachtet erst noch ausgehändigt werden müsse, stoße unter normalen Umständen auf keinerlei Schwierigkeiten. Damit wäre der Brief zu dem Zeitpunkt zugegangen, in dem er abgeholt werden kann und dies unter normalen Umständen zu erwarten ist, mithin wohl am nächsten Werktag nach Zugang des Benachrichtigungsscheins.
a) Würdigung: dass eine rein mittelbare Zugriffsmöglichkeit durch Abholung bei der Poststelle nicht ausreichend ist, zudem ist diese an gewisse Öffnungszeiten gebunden ist.
Die Schwäche beider Ansichten liegt somit darin, dass die Erklärung selbst noch nicht in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, sodass dieser keine (unmittelbare) Möglichkeit hat, von ihrem Inhalt Kenntnis zu erlangen.
Zudem ist für eine Vorverlagerung des Zeitpunkts auch kein schutzwürdiges Interesse des Erklärenden ersichtlich:
Denn einerseits trägt der Erklärende das Verzögerungs- und Verlustrisiko beim Transport der Erklärung.
Andererseits wählt der Erklärende gerade deshalb den Einschreibebrief zur Übermittlung seiner Erklärung, weil er sich Vorteile bei der Beweissicherung verspricht. Er muss dann aber auch den Nachteil in Kauf nehmen, dass der Brief den Empfänger unter Umständen nicht erreicht.

A3 “Zugang erst mit Abholung des Einschreibens” –> Nach überwiegender Auffassung gelange das Einschreiben jedoch erst mit seiner Abholung bei der Poststelle in den Machtbereich des Adressaten, sodass diesem die Möglichkeit zur Kenntnisnahme eröffnet wird. Damit trete auch erst zu diesem Zeitpunkt der Zugang des Einschreibens ein.
a) Würdigung: Folgerichtig tritt der Zugang des Einschreibens erst mit seiner Abholung bei der Poststelle ein

–> MERKE: Fiktion der Rechtzeitigkeit des Zugangs bei Zugangsvereitelung!! siehe Prüfungsschema

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Q

(P) –> Wann Fiktion des Zugangs möglich?

A
  1. Grundsatz: Fiktion allenfalls der Rechtzeitigkeit –> Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung muss derjenige, der aufgrund bestehender oder angebahnter vertraglicher Beziehungen mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, geeignete Vorkehrungen treffen, dass ihn derartige Erklärungen auch erreichen. Tut er dies nicht, holt er also – wie hier – ein Einschreiben trotz Benachrichtigungsscheins nicht ab, so kann darin ein Verstoß gegen die durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründeten Sorgfaltspflichten gegenüber seinem Partner liegen, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.
    Eine andere Frage ist jedoch, ob dieser Sorgfaltsverstoß innerhalb der vorvertraglichen Beziehung so schwer wiegt, dass es gerechtfertigt ist, den Adressaten nach Treu und Glauben so zu behandeln, als habe ihn die infolge seiner Sorgfaltspflichtverletzung nicht zugegangene Willenserklärung doch erreicht hat.
    Dafür ist auch auf das Verhalten des Erklärenden abzustellen. Er kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aus seiner nicht zugegangenen Willenserklärung ihm günstige Rechtsfolgen nur dann ableiten, wenn er alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, damit seine Erklärung den Adressaten erreichen konnte. Dazu gehört i.d.R., dass er nach Kenntnis von dem nicht erfolgten Zugang unverzüglich einen erneuten Versuch unternimmt, seine Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers zu bringen, dass diesem ohne Weiteres eine Kenntnisnahme ihres Inhalts möglich ist.
  2. Ausnahmsweise: Fiktion des Zugang selbst –> Dieser Grundsatz – Fiktion allenfalls der Rechtzeitigkeit – gilt jedoch nicht ausnahmslos. Ein wiederholter Zustellungsversuch des Erklärenden ist dann nicht mehr sinnvoll und deshalb entbehrlich, wenn der Adressat die Annahme einer an ihn gerichteten schriftlichen Mittelung grundlos verweigert, obwohl er mit dem Eingang rechtserheblicher Mitteilungen seines Verhandlungspartners rechnen muss. Gleiches wird zu gelten haben, wenn der Adressat den Zugang der Erklärung arglistig vereitelt, also absichtlich dafür sorgt, dass die Erklärung nicht zugeht.8
    Dann tritt der Zugang der Willenserklärung bereits mit der Zugangsvereitelung ein. Der Empfänger muss sich dann so behandeln lassen, als ob ihm die Erklärung zugegangen wäre.
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6
Q

(P) –> Wann Fiktion des Zugangs möglich?

A
  1. Grundsatz: Fiktion allenfalls der Rechtzeitigkeit –> Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung muss derjenige, der aufgrund bestehender oder angebahnter vertraglicher Beziehungen mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, geeignete Vorkehrungen treffen, dass ihn derartige Erklärungen auch erreichen. Tut er dies nicht, holt er also – wie hier – ein Einschreiben trotz Benachrichtigungsscheins nicht ab, so kann darin ein Verstoß gegen die durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründeten Sorgfaltspflichten gegenüber seinem Partner liegen, §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.
    Eine andere Frage ist jedoch, ob dieser Sorgfaltsverstoß innerhalb der vorvertraglichen Beziehung so schwer wiegt, dass es gerechtfertigt ist, den Adressaten nach Treu und Glauben so zu behandeln, als habe ihn die infolge seiner Sorgfaltspflichtverletzung nicht zugegangene Willenserklärung doch erreicht hat.
    Dafür ist auch auf das Verhalten des Erklärenden abzustellen. Er kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aus seiner nicht zugegangenen Willenserklärung ihm günstige Rechtsfolgen nur dann ableiten, wenn er alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, damit seine Erklärung den Adressaten erreichen konnte. Dazu gehört i.d.R., dass er nach Kenntnis von dem nicht erfolgten Zugang unverzüglich einen erneuten Versuch unternimmt, seine Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers zu bringen, dass diesem ohne Weiteres eine Kenntnisnahme ihres Inhalts möglich ist.
  2. Ausnahmsweise: Fiktion des Zugang selbst –> Dieser Grundsatz – Fiktion allenfalls der Rechtzeitigkeit – gilt jedoch nicht ausnahmslos. Ein wiederholter Zustellungsversuch des Erklärenden ist dann nicht mehr sinnvoll und deshalb entbehrlich, wenn der Adressat die Annahme einer an ihn gerichteten schriftlichen Mittelung grundlos verweigert, obwohl er mit dem Eingang rechtserheblicher Mitteilungen seines Verhandlungspartners rechnen muss. Gleiches wird zu gelten haben, wenn der Adressat den Zugang der Erklärung arglistig vereitelt, also absichtlich dafür sorgt, dass die Erklärung nicht zugeht.8
    Dann tritt der Zugang der Willenserklärung bereits mit der Zugangsvereitelung ein. Der Empfänger muss sich dann so behandeln lassen, als ob ihm die Erklärung zugegangen wäre.
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7
Q

(P) –> Zugang einer digitalen Willenserklärung?

A

A1 (hM) –>
1. Gem. § 130 I 1 BGB

  1. Dies erfordert nach überwiegender Auffassung, dass die Willenserklärung entweder vom Adressaten tatsächlich zur Kenntnis genommen wurde oder zumindest so in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat und mit Kenntnisnahme bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse zu rechnen ist.
  2. Digitale Willenserklärungen gelangen entweder direkt in interne Datenverarbeitungsanlagen des Empfängers oder sind abrufbereit bei dem jeweiligen Provider des Empfängers.
  3. In beiden Fällen ist die Bestellung sofort für O abrufbar und damit in ihrem Machtbereich.
  4. Bei Geschäftsleuten besteht während der regelmäßigen Geschäftszeiten grundsätzlich sofort die Möglichkeit der Kenntnisnahme.

A2 –>
1. Nach a.A. ist alleine auf die technische Möglichkeit des Abrufs abzustellen.

  1. Dies werde durch die unwiderlegliche Vermutung in § 312i Abs. 1 S. 2 BGB gestützt, nach welcher eine Bestellung als zugegangen gilt, wenn die Partei, für die sie bestimmt ist, sie unter gewöhnlichen Umständen abrufen könne.
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8
Q

(P) –> Hindert eine elektronisch generierte E-Mail ihren Charakter als Willenserklärung?

A
  1. Nein, Hinter dieser elektronisch generierten E-Mail stehen jedoch natürliche Personen als Vertreter der O, welche willentlich einen Prozess in Gang gesetzt haben, der zu Erklärungen führt.
  2. Diese können der O auch zugerechnet werden, soweit das Programm ordnungsgemäß arbeitet und unabhängig davon, ob die natürlichen Personen den jeweiligen Inhalt kennen.
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9
Q

AGB - keine Unwirksamkeit gem. § 312j Abs. 4 BGB?
+ (P) Anhebung des Kaufpreises?
+ (P) –> Gesamte AGB-Kontrolle-Ausführung mit Hinweisen und Formulierungen!

A

I. Wirksamer KV
1. Einigung (+)

  1. Keine Unwirksamkeit gem. § 312j Abs.4 BGB
    - -> scheitern des Zustandekommens von Vertrag gem. § 312j Abs. 4 BGB, wenn:
    a. Vertrag iSv. § 312j Abs. 2 BGB
    b. Unternehmer seine Pflicht aus § 312j Abs. 3 BGB zur Gestaltung der Bestellsituation nicht erfüllt

a) Vertrag iSv. § 312j Abs. 2 BGB
aa) Verbrauchervertrag gem. § 310 III BGB –> Unternehmer-Verbraucher
(1) Unternehmer –> § 14 I BGB
(2) Verbraucher –> § 13 BGB
(3) Zwischernergebnis –> Verbrauchervertrag (+)

bb) Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr –> § 312i S.1 Hs. 1 Alt. 1 BGB
cc) Vertragsgegenstand gem. § 312j Abs. 2 BGB –> “entgeltliche Leistung des Unternehmers (zB KV Austauschverhältnis + § 14 I BGB = Unternehmer)
dd) Zwischenergebnis –> Vertrag gem. § 312j Abs. 2 BGB
b) Bestellsituation iSv. § 312j Abs. 3 BGB –> Verwendung von “zahlungspflichtig bestellen” erfüllen der Pflicht aus § 312j Abs. 3 S. 2 iVm. S. 1 BGB
c) Zwischenergebnis –> Zustandekommen des Vertrags scheitert nicht an § 312 Abs. 4 BGB
3. Zwischenergebnis –> Wirksamer KV über xy zum Preis von xy geschlossen

(P) II. Anhebung des Kaufpreises auf xEuro

a. wirksame Ausübung eines Preisänderungsvorbehalts? (einseitig, beidseitig?
b. Voraussetzung: IR. des geschlossenen KVs vereinbart + Klausel wirksam + wirksames Ausüben des Preisänderungsrechts

  1. Vereinbarung eines Änderungsvorbehalts
    a. Individualvertraglich?
    b. Ansonsten in § x der AGB –> dafür müsste dieser § als allgemeine Geschäftsbedingung wirksamer Vertragsbestandteil geworden sein

a) Sachlicher Anwendungsbereich der AGB-Vorschriften (§ 310 Abs. 4 BGB)
a. Ausnahmetatbestände ersichltich?
b. Wenn nein, dann: sachlicher Anwednungsbereich der AGB-Vorschriften gem. §§ 305 ff. BGB eröffnet

b) Vorliegen von AGB iSd. § 305 I BGB?
a. vorformuliert
b. Vielzahl von Verträgen
c. Bei Abschluss des Vertrages gestellt
d. Merke: wenn im SV keine näheren Angaben, dann widerlegliches Vermuten, da Verbrauchervertrag bereits vorliegt.

c) Einbeziehungskontrolle –> die AGB müssen Vertragsbestandteil geworden sein
aa) Einbezug der AGB gem. § 305 Abs. 2 in den Vertrag –> nur Vertragsbestandteil wenn wirksam in Vertrag einbezogen
(1) Anwendbarkeit des § 305 Abs. 2 (§ 310 Abs. 1 BGB) –>
a. § 305 Abs. 2 gem. § 310 Abs. 1 unanwendbar, wenn AGB gegenüber bestimmten Personen verwendet
b. Ansonsten Anwendungsbereich des § 305 Abs. 2 BGB eröffnet

(2) Ausdrücklicher Hinweis des Verwenders bei Vertragsschluss (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB) –> Def. “ausdrücklicher Hinweis bei Vertragsschluss”
(3) Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme bei Vertragsschluss (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB)
a. Internet: sichtbarer Link, aufruf- und ausdruckbar
b. Kenntnisnahmemöglichkeit
c. Zumutbarkeit der Kenntisnahme (nicht ankommen auf Internetkosten, da eigene Entscheidung sich für Vertragsanbahnung dem Internet zu bedienen)

(4) Einverständnis des Vertragspartners (§ 305 Abs. 2 a.E. BGB)
a. häufig konkludentes Erklären durch Kliken, dass einverstanden mit Einbezug der AGB

(5) Zwischenergebnis –> Einbeziehungsvoraussetzungen von § 305 Abs. 2 BGB erfüllt

bb) Keine vorrangige Individualabrede (§ 305b BGB)
a. (P) Änderungsvorbehalt (Preisanhebungsklausel) formmularmäßig ist nicht durch individuell vereinbarten derzeitigen Preis ausgeschlossen, da Vereinbarung des derzeitigen Preises nach dem Vertragsinhalt nur unter dem Vorbehalt der Preisänderungsklausel vereinbart wurde

cc) Keine überraschende Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB)
a. ungewöhnlicher Inhalt? –> (P) –> Lieferungen aus dem Ausland die Wechselkursschwankungen unterliegen sind guter Grund für Preisänderungsvorbehalts-Klausel

dd) Keine entgeltliche Zusatzleistung (§ 312a Abs. 3 BGB)
d) Zwischenergebnis –> vereinbarung einer Preisanpassung (+)

  1. Wirksamkeit des Änderungsvorbehalts - Inhaltskontrolle –>
    a. Der Änderungsvorbehalt müsste auch einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhalten.
    b. Diese bemisst sich nach §§ 307 ff. BGB.

a) Ermittlung des Inhalts der Klausel
a. (P) –> Gem. §§ 133, 157 BGB gewährt die Klausel O ein Preisanpassungsrecht, das auf Fälle von Wechselkursschwankungen sowie andere unvorhersehbare Ereignisse beschränkt ist.

b) Kontrollfähigkeit der Klausel (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB) und Transparentgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 BGB)
a. (P) –> Preisanpassungsklausel weicht vom gesetzlichen Normalbild ab wegen Anpassung des KP nach Vertragsschluss und ist somit kontrollfähig
b. Transparentgebot –> Nachvollziehbarkeit, nicht verdeckt vorgenommen

c) Konkrete Inhaltskontrolle
aa) Verstoß gegen § 309 Nr. 1 BGB
bb) Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB –> nicht “versprochene Leistung”, sondern “Gegenleistung” soll vorliegend geändert werden
cc) Generalklausel (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB) –> Unangemessene Benachteiligung des Kunden entgegen Gebot vo Treu und Glauben?

(1) Maßstab –> § 310 Abs. 3 bei Verbraucherverträgen die Vertragsschluss begleitenden Umstände
(2) Unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 BGB
a. keine Veränderung des wesentlichen Grundgedanken des KVs
b. keine wesentliche Veränderung des Vertragszwecks
(3) Unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB
(4) Zwischenergebnis –> Die Preiserhöhungsklausel benachteiligt den Kunden nicht gegen die Gebote von Treu und Glauben unangemessen und ist damit wirksam.

  1. Wirksame Ausübung des Änderungsrechts –> Änderungsrecht müsste wirksam ausgeübt worden sein

a) Vorliegen der Voraussetzungen für die Änderung
b) Wirksame Änderungserklärung
a. Erklärung
b. Zugang –> wirksam werden
c) Zwischenergebnis –> Änderungsrecht wirksam ausgeübt

  1. Zwischenergebnis –> Durch Wirksame Ausübung des vereinbarten Preisänderungsvorbehalts wurde der Kaufpresi von x auf y angehoben

III. Zwischenergebnis –> Anspruch entstanden

B. Anspruch erloschen –> Gegebenenfalls durch Rücktritt oder Verbraucherwiderrufsrecht lösen von Vertrag und Anspruch zum Erlöschen bringen
I. Ausübung eines vertraglichen Rücktrittsrecht aus § 5 AGB

II. Ausübung eines gesetzlichen Verbraucherwiderrufsrechts, § 355 Abs. 1 S. 2 BGB –> Unwirksamwerden der Willenserklärung und des ganzen Vertrags gem. § 355 Abs. 1 S. 1 BGB und somit “ex nunc” Erlöschen des Kaufpreiszahlungsanspruchs aus § 433 Abs. 2 BGB

  1. Bestehen eines Widerrufsrechts –> zB. § 312g Abs. 1 Alt. 2 BGB
    a) Anwendungsbereich –> gem. § 312 Abs. 1 der Anwendungsbereich der §§ 312-312h eröffnet
    aa) Persönlicher Anwendungsbereich
    a. Verbrauchervertrag iSd. § 310 Abs. 3 eröffnet persönlichen Anwendungsbereich gem. § 312 Abs. 1
    bb) Sachlicher Anwendungsbereich
    a. entgeltliche Leistung eines Unternehmers zum Gegenstand –> eröffnung gem. § 312 Abs. 1 BGB
    cc) Kein Ausschluss gem. § 312 Abs. 2 BGB
    dd) Zwischenergebnis –> Anwendungsbereich der §§ 312-312h eröffnet und § 312g Abs. 1 Alt. 2 damit anwendbar
    b) Fernabsatzvertrag gem. § 312c Abs. 1 BGB
    c) Ausschluss des Widerrufsrehts gem. § 312g Abs. 2 BGB
    d) Kein vorrangiges Widerrufsrecht gem. § 312g Abs. 3 BGB
    e) Zwischenergebnis –> Widerrufsrecht entstanden
  2. Widerrufserklärung innerhalb der Widerrufsfrist
    a) Rechtzeitigkeit des Widerrufs –> Möglicherweise Erlöschen des Widerrufsrechts wegen Zeitablaufs
    aa) Fristdauer –> Ausschlussfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB = 14 Tage
    bb) Fristbeginn
    (1) Fristbeginn beim Verbrauchsgüterkauf
    a. Im Fernabsatz Besonderheit gem. 3 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. aBGB
    b. Fernabsatzvertag iSv. § 312c Abs. 1 BGB?
    c. Ereignis wird gem. § 187 Abs. 1 BGB bei Fristbeginnrechnung nicht mitgerechnet
    (2) Fristbeginn in Abhängigkeit von Informationspflicherfüllung
    a. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB
    b. ordnungsgemäßes Belehren über Bedingung die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular
    c. –> Dann hat Frist gem. § 356 Abs. 3 S. 1 BGB noch nicht begonnen
(3) Zwischenergebnis
Fristlauf hat (hat nicht) begonnen

cc) Erlöschen bei Erreichen der Höchsfrist
a. § 356 Abs. 3 S. 2 iVm § 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a BGB
dd) Fristwahrung
b) Voraussetzungen einer wirksamen Widerrufserklärung
3. Zwischenergebnis
C. Anspruch durchsetzbar
D. Ergebnis

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10
Q

(P) –> wenn nicht ausdrücklich Vertragstypus in SV genannt ist, ist Unterscheidung von “Mietvertrag” und “Leihvertrag” von Nöten. Wie geht man hierbei vor?

A
A. Einigung
I. Angebot
1. Angebot der X
a) Bestimmung des Vertragstypus
b) Vorliegen eines rechtlich verbindlichen Vertragsangebots

–> Anders, als die unentgeltliche Leihe, vgl. § 598 BGB, sieht ein Mietvertrag gem. § 535 Abs. 2 BGB die Zahlung einer Vergütung für die Nutzungsüberlassung des Mietgegenstands vor. Das Fordern einer Vergütung für die Nutzungsüberlassung passt daher nicht zum Typus des Leihvertrags.

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11
Q

(P) –> Ist Annahme mit Hinweis, dass man hofft eine bestimmte Summe noch von seinen eltern zu bekommen, eine aufschiebende Bedingung?

A
  1. Nein!
  2. Das Angebot ist inhaltlich unbedingt. Insbesondere ist in dem Hinweis des L, er hoffe die € 200,– von seinen Eltern zu bekommen, mangels weiterer Anhaltspunkte keine aufschiebende Bedingung iSd § 158 Abs. 1 BGB dahingehend zu sehen, dass das Angebot erst mit Sicherstellung der Finanzierung durch den elterlichen Zuschuss wirksam werden sollte.
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12
Q

(P) –> Muss Willenserklärung zum wirksam werden direkt an gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen/beschränkt Geschäftsfähigen gehen, oder reicht “zufälliges” gelangen zu diesen?

A

A1 “Abgabe in Richtung des gesetzlichen Vertreters notwendig” –>

  1. nach einer Ansicht genügt es nicht, dass der gesetzliche Vertreter die an den Geschäftsunfähigen gerichtete Erklärung nur (zufällig) zur Kenntnis bekommt.
  2. Danach wäre die Annahmeerklärung der V den Eltern nicht gem. § 131 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 BGB zugegangen.
  3. Streng genommen handelt es sich insoweit um ein Problem der Abgabe: § 131 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 BGB wird hier so verstanden, dass die Erklärung den gesetzlichen Vertretern gegenüber erklärt und abgegeben werden muss. Entsprechend ist die Erklärung hier zwar willentlich in den Verkehr gebracht worden, aber nicht in Richtung des richtigen Empfängers.
    - -> kein wirksam werden der Annahmeerklärung

A2 “Machtbereichskriterium und Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreichend” –>
1. Dagegen ist nach anderer Auffassung für die Wirksamkeit einer Willenserklärung im Falle des § 131 Abs. 2 S. 1 BGB lediglich erforderlich, dass die Erklärung so in den Machtbereich des gesetzlichen Vertreters gelangt – egal ob durch Zufall oder Mitwirkung des nicht (voll) Geschäftsfähigen – dass dieser die Möglichkeit zur Kenntnisnahme besitzt und nach der Verkehrsanschauung mit Kenntnisnahme zu rechnen ist.
–> Erklärung also in dem Zeitpunkt wirksam, in dem gesetzlicher Vertreter die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Erklärung hatte
a) Würdigung:
(+) Wortlaut von § 131 BGB “WE die “gegenüber” eine Geschäftsunfähigen abgegeben wird”
(+) ratio der Norm = Der Minderjährige ist auch dann ausreichend geschützt, wenn man einen zufälligen Zugang bei den Eltern ausreichen lässt, da auch bei zufälligem Zugang eine Kenntnisnahme des gesetzlichen Vertreters erfolgt ist und dieser weitere Schritte mit Blick auf die Erklärungen der Beteiligten einleiten kann.

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13
Q

(P) –> In welchem Verhältnis stehen § 131 Abs.2 S .1 und § 108 I BGB zueinander?

A
  1. Sie widersprechen sich:
  2. Genehmigung ist in § 131 Abs. 2 BGB nicht erwähnt und daher kann ohne Einwilligung ein Vertrag nicht angenommen werden und Annahmeerklärung mangels Zugangs nicht wirksam werden –> ergibt Sinn bei einseitigen Rechtsgeschäften aus Gründen der Rechtssicherheit
  3. Bei beschränkt Geschäftsfähigen geschlossenen Verträgen ordnet das Gesetz jedoch einen Schwebezustand an gem § 108 I BGB kann Minderjähriger schwebend unwirksame Verträge schließen!
  4. Daher teleologische Reduktion des § 131 II 1 BGB wonach die Rechtsfolge nicht von § 131 II 1 BGB eintritt, sondern der Vertrag gem. § 108 I BGB schwebend unwirksam ist

Anwendung:

  1. Nach einer anderen Ansicht unterliegt der Zugang einer gegenüber einem Minderjährigen abgegebenen Annahmeerklärung eines Angebots zu einem gegenseitigen Vertrag mit diesem nicht § 131 Abs. 2 BGB, sondern den allgemeinen Regeln, da § 108 f. BGB den Minderjährigenschutz hinreichend verwirkliche.9 Nach dieser Lehre ist die Annahmeerklärung der V dem L gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB analog zugegangen.
    - -> Vertragspartner könnte sonst Regelung des § 109 BGB unterlaufen und trotz Kenntnis der Minderjährigkeit die Willenserklärung widerrufen
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14
Q

(P) –> Erklären gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen durch billigen einer Ratenzahlungseinstellung ihres Sohnes die Verweigerung der Genehmigung eines Vertrags?

A
  1. Ja!
  2. Die Eltern des M haben jedoch nach dem Diebstahl des Fahrrads die Zahlungseinstellung durch M gebilligt und damit konkludent (§§ 133, 157 BGB) die Genehmigung zum Kaufvertrag verweigert.
  3. Die Verweigerung der Genehmigung konnte dem Minderjährigen gegenüber erfolgen, vgl. § 182 Abs. 1 BGB und den Umkehrschluss aus § 108 Abs. 2 S. 1 BGB.

–> Durch die konkludent erklärte Verweigerung der Genehmigung wurde der zwischen F und M geschlossene Vertrag gem. § 108 Abs. 1 BGB endgültig unwirksam.

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15
Q

(P) –> Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts gem. § 134 BGB iVm. § 370 AO? (Dissimuliertes Geschäft um Steuern zu Sparen)

A
  1. Prüfung im Rahmen der Wirksamkeitshindernisse
  2. Merke: § 134 BGB ist der Paragraph für Verbotsgesetze

A1 “hM” –> Ein Vertrag, mit dessen Abwicklung eine Steuerhinterziehung verbunden ist, wird nach st. Rspr. von § 370 AO nur dann verboten, wenn die Steuerhinterziehung Hauptzweck des Vertrags ist und nicht lediglich Nebenzweck!

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16
Q

(P) –> Nichtigkeit eines dissimulierten Geschäfts umn Steuern zu sparen wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB?

A
  1. Prüfung im Rahmen der Wirksamkeitshindernisse
  2. Nichtigkeit ist Abzulehnen, wenn Hinterziehen nur Nebenzweck
  3. Ein Vertrag, mit dessen Abwicklung eine Steuerhinterziehung verbunden ist, wird nach st. Rspr. von § 370 AO nur dann verboten, wenn die Steuerhinterziehung Hauptzweck des Vertrags ist und nicht lediglich Nebenzweck
17
Q

(P) –> Formnichtigkeit eines dissimulierten Geschäfts: Nichteinhaltung der gesetzlichen Form auch wenn simuiertes Geschäft notariell beurkundet wurd?

A
  1. Eine notarielle Beurkundung (§ 128 BGB)7 des dissimulieren Geschäfts ist nicht erfolgt.
    Diese Form könnte durch die notarielle Beurkundung des (simulierten) Kaufvertrags zu € 100.000,– gewahrt worden sein.

A1 –> Dies wird vereinzelt mit dem Argument befürwortet, dass eine unbewusste falsa demonstratio bei formgebundenen Geschäften unschädlich ist. Für eine bewusste Falschbezeichnung könne nichts anderes gelten.
a) Würdigung
(-) Allerdings verkennt diese Ansicht, dass es sich bei dem verdeckten Geschäft gerade nicht um eine falsa demonstratio handelt

A2 “hM” –> Nach ganz h.M. kann die Form des simulierten Geschäfts hingegen die Form des dissimulierten Geschäftes nicht wahren.
a) Würdigung:
(+) Das entspricht auch dem klaren Wortlaut des § 117 Abs. 2 BGB.
(+) sie verhindert, dass die Parteien ihren von der Rechtsordnung missbilligten Zweck – Umgehung der Form für das dissimulierte Rechtsgeschäft – erreichen.

18
Q

(P) –> Zugang einer am Telefon abgegebenen Willenserklärung?

A
  • Eine telefonische Willenserklärung gilt gem. § 147 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 BGB als Willenserklärung unter Anwesenden. Der Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen unter Anwesenden ist im Gesetz nicht geregelt. Nach einhelliger Auffassung ist diese Lücke unter Heranziehung des in § 130 Abs. 1. S. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Grundgedankens zu schließen und dabei danach zu unterscheiden, ob es sich um den Zugang einer verkörperten (i.d.R. schriftlichen) oder einer nicht verkörperten (i.d.R. mündlichen) Erklärung handelt.

A1 “strenge Vernehmungstheorie” –>
Einerseits könnte eine unter Anwesenden abgegebene Willenserklärung – mit ihrem gem. §§ 133, 157 BGB ermittelten Inhalt – dann zugehen, wenn der Erklärungsempfänger sie akustisch richtig verstanden hat. Dies bedeutet die tatsächliche Kenntniserlangung des Empfängers. Damit hat der Erklärende dafür Sorge zu tragen, dass der Adressat die Erklärung vernimmt. Etwas anderes solle nur gelten, wenn der Erklärungsempfänger das richtige Verständnis absichtlich verhindert.
a) Würdigung:
(+) Die strenge Vernehmungstheorie trägt dem Risiko Rechnung, dass das gesprochene Wort flüchtig ist und dem Empfänger die Möglichkeit fehlt, den Inhalt der Erklärung später nochmals abzurufen. Derjenige, der von der Möglichkeit der mündlichen Willenserklärung Gebrauch macht muss auch das damit verbundene Risiko vertragen, dass sie nicht richtig verstanden wird.

A2 “eingeschränkte Vernehmungstheoie” –>
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass damit alle Vernehmungsrisiken dem Erklärenden aufgebürdet werden, obwohl dem Empfänger eine Mitverantwortung für den Verständigungsvorgang zukommt. Daher wird diese strenge Vernehmungstheorie dahingehend eingeschränkt, dass nicht verkörperte Willenserklärungen dann als zugegangen gelten, wenn der Erklärende nach den für ihn erkennbaren Umständen davon ausgehen durfte, der Erklärungsempfänger habe die Erklärung richtig und vollständig verstanden. Die Erklärung wird also wirksam, wenn für den Erklärenden vernünftigerweise kein Zweifel besteht, dass der Empfänger die Erklärung zutreffend vernommen hat. Folglich hat der Empfänger auf etwaige, für ihn erkennbare Verständigungsprobleme hinzuweisen.
a) Würdigung: Für die eingeschränkte Vernehmungstheorie spricht hingegen, dass sie den Gleichlauf mit den an den Zugang einer Willenserklärung unter Abwesenden gestellten Anforderungen schafft. Die strenge Vernehmungstheorie liefert kein überzeugendes Argument dafür, weshalb bei einer verkörperten Willenserklärung unter An- oder Abwesenden die Möglichkeit der Kenntnisnahme für den Zugang ausreichend, für den Zugang einer nicht verkörperten Erklärung aber die tatsächliche Kenntnisnahme des Empfängers erforderlich sein soll.
(+) Darüber hinaus hat die strenge Vernehmungstheorie zur Folge, dass für die nicht verkörperte Willenserklärung unter Anwesenden die normative Auslegung der Erklärung gem. §§ 133, 157 BGB faktisch leerläuft.
(+) Weiterhin würde diese zu unüberwindlichen Beweisschwierigkeiten führen.

19
Q

(P) –> Anfechtbarkeit wegen “widerrechtlicher Drohung” gem. § 123 I Alt. 2 BGB wenn Drohung nicht von gutgläubigen Geschäftspartner, sondern einem Dritten ausgeht?

A
  1. § 123 Abs. 1 BGB bezweckt in der Drohungsalternative den allgemeinen Schutz der rechtsgeschäftlichen Entschließungsfreiheit gegen widerrechtlichen Zwang.
  2. Aus der Beschränkung des Ausschlussgrundes des § 123 Abs. 2 BGB auf die Täuschung durch Dritte ergibt sich im Umkehrschluss, dass es bei der Drohungsalternative nicht darauf ankommt, ob die Tathandlung vom Erklärungsempfänger selbst oder von einem Dritten begangen wurde.
  3. Wird der Erklärende von einem Dritten bedroht, beruht seine Erklärung noch weniger auf dem freien Willensentschluss des Erklärenden als bei einer „bloßen“ Täuschung.
  4. Daher ist die Anfechtung wegen Drohung auch dann zulässig, wenn die Drohung von einem Dritten ausgegangen ist, und auch dann, wenn der Anfechtungsgegner davon weder etwas wusste noch wissen musste.
  5. Mangels planwidriger Regelungslücke verbietet sich eine analoge Anwendung des § 123 Abs. 2 BGB.
20
Q

(P) –> Fristbeginn bei Zwangslage? (Beispiel: widerrechtliche Drohung für Vertragsschluss verantwortlich)

A
  1. Im vorliegenden Fall dauert die Zwangslage der M noch an, da sie auch bei Kündigung des Vertrages vor Ablauf der fünf Jahre jederzeit mit einer Kündigung ihres Arbeitsvertrages durch A rechnen müsste.
  2. Folglich begann die Frist gem. § 124 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB noch nicht zu laufen.
  3. Zu beachten ist stets die Höchstfrist in § 124 Abs. 3 BGB.