Europäisches Strafrecht Flashcards
supranationales Strafrecht
supranational = überstaatlich
⟶ eine supranationale Rechtsordnung enthält selbst Straftatbstände, die unmittelbar in den jeweiligen Staaten anwendbar sind
⟶ in diesem Fall können die Gerichte der jeweiligen MS wegen der Erfüllung eines solchen supranationalen Straftatbestandes eine Verurteilung aussprechen
(Rechtsfolge folgt unmittelbar aus supranationalem Strafrecht!)
europäisches Strafrecht i. w. S.
jede rechtliche Regelung europäischer Herkunft, die einen strafrechtlich relevanten Inhalt hat
⟶ z.B. Harmonisierungsmaßnahmen der EU
⟶ auch all diejenigen Strafrechtsnormen des nat. Rechts, die durch EU-Recht inhaltlich berührt, modifiziert oder ergänzt werden (“europäisiertes nationales Strafrecht”)
Rechtsnatur der EU?
- EG war supranationale Organisation
- EU vor Vertrag von Lissabon zwar internationale, aber keine supranationale Organisation, da keine eigene Rechtspersönlichkeit, keine Entscheidungsbefugnisse, keine eigenen Hoheitsrechte
- nach Vertrag von Lissabon: EU ist Rechtsnachfolgerin der EG und tritt an ihre Stelle
EG-Vertrag ⟶ AEUV
Grundrechtecharta ⟶ Rang von Primärrecht
Rechtssetzung von supranationalem Unionsstrafrecht
Voraussetzung für ein supranationales Unionsstrafrecht ist eine Strafrechtssetzung unmittelbar durch die EU, d. h. die Strafbarkeit muss unmittelbar aus einem in allen MS einheitlich anzuwendenden EU-Straftatbestand folgen
⟶ europäische Strafrechtssetzung durch (unmittelbar anwendbare) Verordnung
Rechtsangleichung
bloße Kompetenz, den nationalen Strafgesetzgebern mehr oder minder genaue Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung ihrer nationalen Straftatbestände zu machen
⟶ Strafrechtsharmonisierung durch Richtlinien
Art. 30 der Satzung des EuGH als Europäisches Kriminalstrafrecht
h. M.: Vorschrift ist “self-executing”, d. h. es handelt sich um eine unmittelbar anwendbare Gemeinschafsrechtsnorm, mit der Folge, dass Art. 30 dem supranationalen Kriminalstrafrecht der Europäischen Gemeinschaft zugeordnet wird
a. A.: Art. 30 ist keine unmittelbar anwendbare Primärrechtsnorm, da die Voraussetzungen dafür fehlen
Voraussetzungen für unmittelbar anwendbare Primärnorm
- rechtlich vollkommen (ohne weitere Konkretisierung anwendbar)
- unbedingt
- legt Mitgliedstaaten Verpflichtung auf, die keine weiteren Vollzugsmaßnahmen des nat. Gesetzgebers erfordert
- lässt Mitgliedstaaten keinen Ermessensspielraum
Strafrecht als nicht-unionsrechtsresistente Materie
im Anwendungsbereich des EUV unterliegt das Kriminalstrafrecht grundsätzlich den allgemeinen europarechtlichen Regeln (Vorrangprinzip, europarechtskonforme Auslegung etc.) und wird somit europäisiert
aber Einschränkung: strafrechtsspezifischer Schonungsgrundsatz als generelle Leitlinie
Unionsrecht als Obergrenze für nationales Strafrecht
EU-Recht verbietet dem Mitgliedstaat, unionsrechtswidriges nationales Strafrecht zu setzen bzw. aufrecht zu erhalten
➜ bzgl. der Tatbestandsvoraussetzungen nationaler Strafrechtsnormen kann EU-Recht also eine Obergrenze darstellen
Grenzen bzgl. der Strafandrohung durch EU-Recht
- bzgl. der Höhe der Strafdrohung
- bzgl. der Natur der Sanktion
allgemeine unionsrechtliche Untergrenze für Strafrecht (Art. 4 III AEUV)
Dilemma der Union: solange keine Kriminalstrafrechtskompetenz, Angewiesensein auf Mitgliedsstaaten
➜ MS müssen ihr Strafrecht zur Verteidigung der EU einsetzen, Loyalitätspflicht aus Art. 4 III EUV
➜ Vorgaben des EuGH für Ahndung von Verstößen gegen Gemeinschaftsrecht: Mindestanforderungen an Sanktionen, Gleichstellung mit gleichartigen nationalen Sanktionen
Strafrechtsangleichung, Art. 83 AEUV
I: gestattet Angleichung des Strafrechts in Bereichen besonders schwerer, transnationaler Kriminalität; abschließend
II: Annexkompetenz, Strafrechtsangleichung kommt in Betracht in Bereichen, in denen bereits anderweitige Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind und in denen sich die Angleichung strafrechtlicher Normen als unerlässlich für die wirksame Durchführung der Unionspolitik erweist (➜ Effet utile)
Art. 34 AEUV: Maßnahmen gleicher Wirkung
Dassonville
= jede Handelregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern
→ unmittelbar / faktisch auf Handel auswirkend
Cassis de Dijon
egal, ob diskriminierende oder nicht diskriminierende Maßnahme (= ob zwischen Waren inländischer und ausländischer Herkunft unterschieden wird)
Keck-Rspr.
Regelung knüpft an Eigenschaft der betreffenden Ware an, nicht bloße Verkaufsmodalität