EU 5 (6.11.23) Flashcards
Die EU als politisches System
- Systeme und ihre Grenzen sind analytische Konstrukte.
- von Wissenschaftlern entwickelt, um theoretischen Zugang zu Sachverhalten zu ermöglichen
- Ein System ist eine Gesamtheit von aufeinander bezogenen Teilen.
- Das politische System ist ein Teil des Gesellschaftssystems.
- Es trifft allgemeinverbindliche Entscheidungen und wandelt dabei Inputs (Forderungen und Unterstützung) in Outputs (Entscheidungen und Handlungen) um.
Zwei Möglichkeiten der Gewaltenteiliung
- Trennung der Gewalten, Volk wählt sowohl Exekutive, als auch Legislative, haben voneinander abgegrenzte Kompetenzen, müssen trotzdem eng zusammenarbeiten (Prinzip präsidentieller Regierungssysteme, z.B. Frankreich, USA) nach Montesquieu
- Verschränkung der Gewalten, Parlament kann Regierung abwählen, Regierung kann Parlament direkt oder indirekt auflösen (Prinzip parlamentarischer Regierungssysteme, z.B. GB, DE) -> konkret in DE Vertrauensfrage & konstruktives Misstrauensvotum
Das politische System der EU lässt sich nur schwerlich diesen Kategorien zuordnen.
Was ist die Steffani Frage?
Kann das Parlament die Regierung aus politischen Gründen abberufen?
JA: Parlamentarische Demokratie
NEIN: Präsidentielle Demokratie
Wie lassen sich exekutive und legislative Gewalt den Institutionen zuordnen?
- „duale Exekutive“ der EU: Exekutive unterteilt in
1. politische Macht - Lenkung; „Principal“: stellt Aufgabe
In EU der (Minister- und Europäischer) Rat
2. administrative Macht - Implementation; „Agent“: erfüllt Aufgabe
In EU die Kommission (hat nur kleinen Personalapparat, kein Militär oder Polizei, bei Ausführung auf Mitgliedsstaaten angewiesen - „kooperative Legislative“
- Legislative Aufgabenteilung:
- Kommission - alleiniges Initiativrecht in vergemeinschafteten Politikfeldern
- Ministerrat und Parlament - Verabschiedung der Gesetze
- auch nach Vertrag von Lissabon: Ministerrat bleibt „stärkere“ der beiden Legislativkammern (Ministerrat entscheidet über Einnahmen)
- bei nicht vergemeinschafteten Politikfeldern hat Ministerrat meisten Kompetenzen
Warum hat die EU eine so einzigartige und komplexe institutionelle Struktur?
- Pfadabhängigkeit (Historischer Ansatz - EU geht auf Vorgängerorganisationen zurück)
- Interessen / Elemente im Entscheidungsprozess (Machtpolitischer Ansatz)
Warum kann man das politische System der EU als System sui generis bezeichnen?
Systemstruktur der EU
• Fehlen einer politischen Machtzentrale auf europäischer Ebene
• Hybride Systemstruktur verbindet die Systemprinzipien Supranationalismus und Intergouvernementalismus (Entscheiden über nicht /vergemeinschaftete Politikfelder)
• Konkurrenz der Systemprinzipien findet Ausdruck in der Fraktionierung der Macht zwischen interdependenten Organen und Akteuren
• Die daraus folgende Interaktion der Akteure bestimmt die Herausbildung europäischer Governance und ihren spezifischen Mix
Besonderheiten des Policy‐Making in der EU
• Fehlende Kompetenz‐Kompetenz
• Europäisches Policy‐Making ist nicht primär auf die Endadressaten von Politik ausgerichtet. (EU steuert Steuernde (Regierungen, Parlamente der Nationalstaaten, nicht die Menschen selbst)
• EU verfügt nur eingeschränkt über klassische Steuerungsinstrumente des Staates z.B. Behördenapparat, Strafverfolgung und bedient sich stattdessen einer Reihe von alternativen Verfahrensweisen, um Steuerungswirkungen zu erzielen.
• EU‐Policymaking muss Verfahrensweisen integrieren, die die Interaktion zwischen den Ebenen strukturieren. Mehrebenensystem (EU, Staaten, Länder)
• EU verfügt nur über eingeschränkte Kompetenzen der Politikimplementation und muss Verfahren entwickeln, die dezentrale Akteure „auf Linie“ bringt.
• Spill‐Over Effekte sind typisch für zahlreiche Politikfelder (insbesondere Binnenmarktregulierung). Man experimentiert erstmal in einem Politikfeld und schaut ob es auf andere Bereiche zu übertragen ist
- Widerständen der Mitgliedsstaaten wird zudem mit Anreizen und Motivationen (Subventionen, Mitspracherechte, Paketlösungen -> möglichst viele Staaten profitieren/ gehen Kompromisse ein, sodass alle Mitgliedsstaaten was positives für ihr Land mitnehmen, z.B. wenn du für Thema A stimmst, stimme ich auch für dein Interesse bei Thema B) begegnet.
• Trotz vertraglicher Regelungen ist die Feinstruktur des Policy‐Making nicht für jedes Politikfeld vorgegeben.
• Es haben sich je nach Politikfeld individuell verschiedene Akteurskonstellationen, Kompetenz‐ und Aufgabenverteilungen und Problemlagen herauskristallisiert.