Auswirkungen Motiv(in)kongruenz in Partnerschaften Flashcards
Von wem ist der Text?
Hagemeyer et. al.
Theoretischer Hintergrund
- Ziel der Arbeit: Untersuchung der intra- und interpersonellen Auswirkungen der gemeinsamen Motiv(in)kongruenz auf die Beziehungszufriedenheit und -stabilität
- Begründungszusammenhang:
a) Motivationale Bedürfnisse und Ziele regen das Streben nach Nähe an und bestimmen die Fähigkeit eines Individuums Freude und Belohnung daraus zu ziehen, (Laurenceau, Troy, & Carver,
2005; McAdams, 1992; McClelland, 1985) - 2 Motivarten:
a) Explizit
b) Implizit
In keiner früheren Studie wurden die gemeinsamen und interaktiven Auswirkungen von impliziten und expliziten Bedürfnissen nach Gemeinschaft und Nähe auf die Qualität und Stabilität von Paarbeziehungen untersucht
Theorien: Implizite und Explizite Motivationssysteme
- Theorie der dualen Motive: implizite und explizite Motive gehören zu unterschiedlichen Motivationssystemen
a) Implizite Motive:
I. Motive, die nicht vollständig bewusst ist, die aber das Verhalten und das subjektive Erleben beeinflussen
II: Bewusste Reflexion nicht in vollem Umfang zugänglich
III. Bestimmen, welche Reize als angenehm/ bedrohlich empfunden werden und wie viel ein Individuum von einer bestimmten Erfahrungsart braucht, um sich zufrieden zu fühlen
IV. Steuert und regt operantes (oder spontanes) und affektiv gesteuertes Verhalten an
V. Messung nicht über Selbstauskunftsfragebögen möglich -> werden indirekt erfasst (Inhaltsanalysen
operanter Gedankenmuster)
b) Explizite Motive:
I. Motive und Ziele, die das bewusste und absichtliche Streben eines Individuums leiten
II. Beziehen sich auf das kognitiv elaborierte Selbstbild einer Person
III. Spiegeln die bewussten Anpassungen an Herausforderungen und Möglichkeiten wider
IV. Annahme: explizite Motive lenken das Verhalten und bewusste Entscheidungen in Situationen -> vermittelt Gefühl von Sinn und Zweck im Leben
V. Erfassung durch Selbstberichte
Theorie: explizite und implizite Motivsysteme - Informationsverarbeitungssyteme
Dualer Ansatz ähnelt in vielerlei Hinsicht den dualen Prozesstheorien (spielen in anderen Bereichen
der Persönlichkeits- und Sozialpsychologie eine wichtige Rolle)
§ Stimmen der grundlegenden Unterscheidung zweier weitgehend unabhängiger
Informationsverarbeitungssysteme überein:
- Implizites System (steuert spontanes und affektiv geprägtes Verhalten)
- Explizites System (steuert bewusstes und reflektiertes Verhalten)
§ Daher sollten sich intrapersonelle Konstellationen von impliziten und expliziten Motiven zwischen
Individuen unterscheiden
Exkurs: Thematische Apperzeptionstest (TAT)
- Von Murray (1943) entwickeltes projektives Verfahren zur Diagnostik der Psychodynamik einer Persönlichkeit
- Stimulusmaterial: Bildtafeln mehrdeutiger Art, zu denen Geschichten erzählt werden sollen
- Heuristisches Verfahren, das nach qualitativen Gesichtspunkten ausgewertet werden kann
- Die ursprünglich verwendete quantitative Auswertung hat sich nicht bewährt
- Liefert Hinweise auf die wichtigsten psychodynamischen Konflikte und auf die in der Psychotherapie zu erwartenden Übertragungsprozesse
- Einige der Themen, die in den Bildern bewertet werden, sind die folgenden:
a) Ziele und persönliche Bestrebungen, Schwierigkeiten und Hoffnungen
b) Aggression, Bestrafung, Schuld und depressives Verhalten
c) Sexuelle Identität, Neigung und Beziehungen
d) Einstellung zu mütterlichen und väterlichen Figuren und deren Beziehung zu ihnen
e) Verhältnis zu Autorität, Rivalität und Passivität
f) Selbstbild, Gefühle der Einsamkeit und Verlassenheit und Reflexionen über die Zukunft
Theorie: Motivinkongruenz: Definition
- ursprünglich von Carl Rogers (1961)
a) Beschreibt divergierende intrapersonelle Konstellationen von impliziten und expliziten Motiven
b) Beträchtliche Anzahl von Studien hat herausgefunden, dass Motiv(in)kongruenz tatsächlich das subjektive Wohlbefinden und die Gesundheit beeinflusst
Theorie: Motivinkongruenz: Wichtige Studie von Brunstein et al. 1998
- Motivkongruenz führt zu emotionalem Wohlbefinden: emotionale Wohlbefinden von Universitätsstudenten im Laufe eines Semesters nahm zu, wenn ihre expliziten Ziele mit ihren impliziten Bedürfnissen nach Handlungsfähigkeit und Gemeinschaft übereinstimmten, und abnahm, wenn die impliziten und expliziten Motive nicht übereinstimmten
- Motivkongruenz in ver. Bereichen: Effekte von Motiv(in)kongruenz auf das subjektive Wohlbefinden wurden in verschiedenen Stichproben für die am häufigsten untersuchten Motivbereiche Leistung, Zugehörigkeit-Intimität und Macht repliziert
- Motivinkongruenz: Steht im Zusammenhang mit objektiven Indikatoren für eine schlechte psychische Anpassung wie:
a) ungesundem Essverhalten und
b) psychosomatischen Symptomen - Untersuchungen haben sich bisher nicht direkt mit den möglichen Folgen von Motiv(in)kongruenz in
Paarbeziehungen befasst
Theorie: Motivinkongruenz bei Paarbeziehungen: Studien Winter et. al. & Studie Hofer et al:
Zwei Studien: Beziehungsqualität kann durch Inkongruenz von Gemeinschaftsmotiven beeinträchtigt werden:
- Studie (Winter, John, Stewart, Klohnen & Duncan, 1998): Frauen, die ein hohes implizites Bedürfnis nach Zugehörigkeit & Extraversion zeigen, haben eine bessere Beziehungsanpassung (höhere Ehezufriedenheit, weniger Scheidungen und weniger gestörte Beziehungen)
- Studie (Hofer & Busch, 2011a): Zufriedenheit in Paarbeziehungen am geringsten, wenn eine hohe Zugehörigkeit mit einer
schlechten subjektiven Bedürfniserfüllung in Bezug auf Beziehung einherging à starkes Zugehörigkeitsmotiv war frustriert
Bedeutung der gemeinsamer Bedürfnisbefriedigung für die subjektive Beziehungsqualität von Paaren
- Annahme: Motivinkongruenz = potenzielle Quelle für Bedürfnisfrustration, da die impliziten und expliziten Motivsysteme
sich gegenseitig in ihrer Ausprägung hemmen können - Motivinkongruenz = Risikofaktor für die Qualität und Stabilität von Paarbeziehungen
Vulnerabilitäts-Stress-Anpassungs-Modell der Ehe von Karney und Bradbury (1995):
- Vulnerabilität: maladaptive Störungen wie Motivinkongruenz stellen dauerhafte Vulnerabilitäten dar, die die Paarbeziehung auf zweierlei Weise beeinträchtigt
- Stress: Wahrscheinlichkeit von Stressereignissen in der Beziehung erhöht & Beeinträchtigung der Fähigkeit des Paares, Stressereignisse zu regulieren und sich an sie anzupassen -> beeinflusst die Qualität und Stabilität der Beziehung
- Aggression & ängstlicher Bindungsstil: Annahme: die unmittelbaren Folgen der Inkongruenz von Gemeinschaftsmotiven für das Funktionieren der Beziehung vielfältig sein können. Zwei Prozesse sind am wahrscheinlichsten:
a) Frustration impliziter Bedürfnisse fördert indirekte Aggression (Konfliktrisiko erhöht)
b) Motivationale Ambivalenz wird mit einem ängstlichen Bindungsstil in Verbindung gebracht -> Risikofaktor für das Funktionieren von Beziehungen
Hypothesen: Konstellationen der Motiv(in)kongruenz - wie wirken sich unterschiedliche Motivationskonstellationen auf das Verhalten und das Wohlbefinden des Einzelnen aus?
- H1: High-Score Kongruenz : besonders glücklich in Beziehung (Hohes explizites & hohes implizites Bedürfnis nach Nähe)
- H2: Low-Score Kongruenz: keine intrapersonellen
Motivkonflikte und Ambivalenzen, erhöhen aber nicht die Beziehungsqualität, da weder das implizite noch das explizite Motivsystem darauf abzielt, die Nähe zum Partner zu fördern (niedriges implizites & niedriges explizites Bedürfnis nach Nähe) - H3: Typ I (hohes explizites aber niedriges implizites) & Typ II (hohes implizites und niedriges explizites) Inkongruenz: bergen die Gefahr von motivationalen Konflikten, Frustrationen und Ambivalenzen in der Beziehung
- H4: Kongruente Gemeinschaftsmotive können nicht nur die eigene, sondern auch die Beziehungszufriedenheit des Partners erhöhen - -> Personen mit hohen Kongruenzwerten
können von ihren Partnern als authentischer und engagierter in ihrem Streben nach Nähe wahrgenommen werden (Interpersonell)
Methodik: Teilnehmer
- 547 heterosexuelle Paare, sowohl aus ländlichen und urbanen Gebieten Deutschlands
- Akquise per Post und nachfolgendem Telefonscreening
a) Beziehungsdauer 1 Monat – 53 Jahre (M=11.4; SD=12.6)
b) 64% gemeinsamer Haushalt
c) 42% verheiratet
d) 52% Eltern
§ - Alter Teilnehmer*innen: 18 – 73 Jahre
- Männer (M= 41.6; SD= 14.2)
- Frauen (M= 39.4; SD= 13.8) - Bildungsgrad: Kein Abschluss bis Doktortitel (58% Abitur, keine signifikanten Geschlechtsunterschiede)
Methodik: Vorgehen & Wie viel Paare lieferten Daten, viel viele mind. ein Partner und wie viele trennten sich?
- T1:
a) .Befragung zu impliziten und expliziten Motiven
b) Aktuelle Beziehungszufriedenheit - T2: Ein Jahr nach dem ersten Assessment erfolgte eine Nachfolgebefragung
a) Aktueller Beziehungsstatus
b) Aktuelle Beziehungszufriedenheit (sofern Beziehung noch Bestand hatte) - Es lieferten Daten:
a) 40% der Paare beide Partnerinnen
b) 48% zumindest eine Partnerin
c) Bei 12% der Paare kam es zu einer Trennung innerhalb von dem Jahr
Methodik: Erwassung impliziter gemeinschaftlicher Bedürfnisse
- PACT (Partner Related Agency and Communion Test)
a) Teilnehmerinnen werden aufgefordert Fantasiegeschichte zu einem Bild zu erfinden, welches ein Paar in einer ambiguen Situation darstellt
b) Präsentation von acht Bildern in geordneter Reihenfolge
c) Zu jedem Bild drei Fragen zu dem/der Protagonistin ihrer Fantasiegeschichte: - „What is important to this person in this situation, and what is he/she doing?“
- „How is the person feeling in this situation, and how are his/her feelings for his/her partner?“
- „Why is the person feeling this way?“
- Fokus auf Gemeinschaftsbedürfnis zu/r Partner*in (pnCommunionApproach: Partner related need for
communion approach) - Kodierung summierter Punktwerte über sechs Kategorien:
a) Emotionale Nähe
b) positive Evaluation des Partners/der Partnerin,
c) Empathie mit dem/der Partner*in,
d) commitment/ Gemeinschaft
e) persönliche Begegnungen
f) Verbundenheit
Methodik: Erfassung expliziter gemeinschaftlicher Bedürfnisse
- Skala erfasst das explizite Bedürfnis nach Nähe über acht Items
- Richtet sich an appettive und aversive Systeme im Bezug auf den Partner/die Partnerin
- „I want to be close to my partner.“
- „I avoid to be close to my partner.“ - Bewertung der Items über summierte Werte einer 7-Punkte Skala (1= niemals, 4= manchmal, 7= immer)