9. Aggression Flashcards
Definition Aggression und Gewalt (z.B. Baron & Richardson, 1994)
• Aggression: Verhalten, das darauf abzielt, einer anderen Person zu schaden oder sie zu verletzen. Die Zielperson ist motiviert, diese Behandlung zu vermeiden.
– Physische vs. verbale Aggression
– Direkte vs. indirekte Aggression
– Instrumentelle vs. feindselige Aggression
(instrumentelle: wenn Aggression als Mittel eingesetzt wird, etwas zu erreichen zb. Lösegeld ; feindselige: Motivation der Ausdruck von Ärger, Person schaden)
• Gewalt: Verhalten mit Schädigungsabsicht mit Zuführung oder Androhung schwerer körperlicher Schäden
Beobachtung aggressiven Verhaltens
• Beobachtung im Laborexperimenten
– Verschiedene Paradigmen zur Messung von intendiertem und potentiell schädigendem Verhalten (ohne dass Zielperson tatsächlichen/langfristigen Schaden zugefügt bekommt)
• Elektroschocks • Lärm
• Kaltes Wasser
• Hot Sauce Paradigm (Lieberman et al., 1999)
• Beobachtung im Feld
Berichte über aggressives Verhalten
• Selbstbericht: z.B. Aggression Questionnaire (Buss & Perry, 1992)
– Problem: Soziale Erwünschtheit
→ Fremdbericht (z.B. Eltern, Lehrer*innen, Peers)
→ Archivdaten (z.B. Kriminalstatistiken, Zeitungsberichte)
Beispiel für die Auswertung von Archivdaten: Wagner et al. (2020)
- Kontext: Einwanderung von Geflüchteten nach Deutschland im Jahr 2015
- Analyse der BKA-Statistik von 2015 (für alle 402 Kreise in D)
- Fragestellungen: Mehr oder weniger fremdenfeindliche Straftaten in Regionen mit viel Menschen mit Migrationshintergrund?
% Ausländer*innen -.17 -> Fremdenfeindliche Straftaten
% Geflüchtete 01 -(> Fremdenfeindliche Straftaten
Kontrolle: Ost/West, Arbeitslosigkeit, Alter, BSP, Bevölkerungsdichte, Netto-
Migration, Straftaten insgesamt
Dampfkesselmodell (Lorenz, 1963)
• Organismus produziert ständig aggressive Energie
• Aggression tritt auf, …
a) wenn ein entsprechender äußerer Reiz vorhanden ist
b) wenn sich zu viel aggressive Energie angesammelt hat (→ spontane Aggression)
• Kritik: Tiermodell nicht auf Menschen übertragbar
– Wichtigster Einwand: Aggressive Energie muss sich nicht neu aufbauen bevor weitere aggressive Verhaltensweisen ausgeübt werden
• Katharsishypothese
– Interventionsstrategie: Annahme, dass durch symbolisches aggressives Verhalten aggressive Energie abgebaut werden kann
– Zusammenhang ist aber eher entgegengesetzt
Aus dem Buch: Dampfkesselmodell (steam-boiler model): Bestand- teil der Aggressionstheorie von Konrad Lorenz, bei dem angenommen wird, dass innerhalb des Orga- nismus ständig aggressive Energie produziert wird, die sich spontan entlädt, wenn sie nicht zuvor durch einen äußeren Reiz freigesetzt wird.
Katharsis (catharsis): Abbau aggressiver Spannung
durch symbolisches aggressives Verhalten.
Gene und Hormone
• Genetische Einflüsse
– Adoptions- und Zwillingsstudien:
ca. 41% der Varianz könnte auf genetische Ähnlichkeit zurückgehen (bleiben noch 51% für Umweltfaktoren)
• Hormonelle Einflüsse
– Testosteron (männliches Sexualhormon)
• mehr Testosteron bei dauerhaft aggressiven Menschen
• mehr Testosteron in aggressiv-machenden Situationen
– Cortisol (Stresshormon)
• weniger Cortisol → weniger Angst vor Strafe → mehr Aggression
Psychologische Erklärungen: Überblick
- Frustrations-Aggressions-Hypothese
- Kognitiv neo-assoziationistisches Modell
- Erregungsübertragung
- Lerntheorien
- Aggressive Skripte
Frustrations-Aggressions-Hypothese (Dollard et al., 1939)
• Frustration: Blockierung einer zielgerichteten Aktivität
• Aggression kann eine von mehreren möglichen Konsequenzen von Frustration sein
• Vorliegen bestimmter Person- und Umweltfaktoren: Frustration führt zu Aggression
– Bsp. Aggressive Hinweisreize: Studien zum Waffeneffekt (z.B. Berkowitz und LePage, 1967)
(Waffeneffekt: beschreibt die Tatsache, dass wenn eine Waffe in der Nähe ist, die Leute eher aggressiv sind, wenn man sie vorher frustriert hat.)
• Aggressionsverschiebung: Aggression gegenüber eines leicht erreichbaren Ziels, weil die Quelle der Frustration nicht erreichbar ist
Aus dem Buch:
Frustrations-Aggressions-Hypothese (frustration- aggression hypothesis): Nimmt an, dass Frustration, also die Blockierung einer zielgerichteten Aktivität, die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens erhöht.
Aggressionsverschiebung (displaced aggression):
Tendenz, auf Frustration mit Aggression zu reagieren, die sich nicht auf die ursprüngliche Quelle für die Frustration richtet, sondern auf ein leichter erreichba- res Ziel.
Kognitives neo-assoziationistisches Modell (Berkowitz, 1993)
Aversiver Reiz -> Negativer Affekt -> Automatische assoziative Reaktion: Assoziation mit Aggression -> Rudimentäre Emotionen: Ärger -> Elabo-
riertes Denken -> Differenzierte Gefühle: Ärger
Aversiver Reiz -> Negativer Affekt -> Automatische assoziative Reaktion: Assoziation mit Furcht -> Rudimentäre Emotionen: Furcht -> Elabo-
riertes Denken -> Differenzierte Gefühle: Furcht
Aus dem Buch:
Kognitives neo-assoziationistisches Modell (cogni- tive neo-associationist model): Erklärt aggressives Verhalten als Ergebnis eines negativen Affekts, der kognitiv verarbeitet wird und dabei ein Netzwerk aggressiver Gedanken und Gefühle aktiviert.
Erregungsübertragung (Zillmann, 1978)
• Unspezifische Erregung wird durch situative Gegebenheiten zu spezifischen Emotionen
• Zillmann & Bryant (1974)
– UV1: Induktion physiologischer Erregung (Ergometer vs. Draht einfädeln)
– UV2: Provokation (Lärmreiz vs. kein Lärmreiz)
– AV: Intensität eines eigenen Lärmreizes
Aus dem Buch:
Erregungsübertragung (excitation transfer): Über- tragung einer neutralen körperlichen Erregung auf eine Erregung, die sich aus einer Frustration ergibt, wodurch die Ärger-Erregung verstärkt und die Stärke der aggressiven Reaktion erhöht wird.
Lerntheorien
• Direkte Verstärkung: Erhöhte Auftretenswahrscheinlichkeit für Aggression durch Auftreten positiver Konsequenzen von aggressivem Verhalten
• Modelllernen: Lernen durch Beobachten des Verhaltens bei einem Modell, das für Verhalten bestraft oder belohnt wird (auch soziales Lernen)
– Bobo Doll Experimente (z.B. Bandura et al., 1961)
Aggressive Skripte
- Sozialverhalten determiniert durch Skripte (d.h. abstrakte kognitive Repräsentationen angemessener Verhaltensweisen)
- Aggressive Skripts: Handlungsanweisungen für die Entscheidung, ob in bestimmen Situationen Aggression gezeigt werden soll oder nicht
- Skripte bilden sich durch wiederholtes eigenes Verhalten oder wiederholte Beobachtung fremden Verhaltens
Personale Bedingungsfaktoren
• Aggressivität als Persönlichkeitsmerkmal
– 4 Dimensionen: körperliche Aggression, verbale Aggression, Ärger und Feindseligkeit
– Stabile Unterschiede in der Aggressivität zwischen Personen
• Stabilität über 5 Jahre: r = .69 (Olweus, 1979)
• Feindseliger Attributionsstil
– Uneindeutiges Verhalten anderer wird als Feindseligkeit interpretiert
– Guter Prädiktor für Aggression in verschiedenen Altersklassen
• Geschlechtsunterschiede
– Männer sind aggressiver als Frauen (Verhältnis von aggressiven Straftaten: 8:1)
– Unterschied v.a. im Bereich physischer und verbaler Aggression
– Ob Frauen mehr indirekte Aggression zeigen nicht abschließend geklärt
Situative Bedingungsfaktoren
• Alkohol
– Sehr starke Evidenz für einen Effekt von Alkohol auf Aggression
– Aber interindividuelle Varianz (Rolle der Empathie?)
• Hitze
– Vergleich geographischer Regionen
– Vergleich von Zeitspannen
– Laborexperimente
• Gewalthaltige Medien
Warum Prävention und Intervention?
• Aggression im Alltag weit verbreitet… – Partnergewalt
– Sexuelle Aggression
– Bullying
– Gewalt zwischen Gruppen, Kriege, Terrorismus –…
→ hohe persönliche, gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Schäden