4. Sozialer Einfluss Flashcards

1
Q

Anwesenheit anderer: Soziale Erleichterung oder soziale Hemmung?

A

• Implikationen der Triebtheorie (Zajonc, 1965)
Anwesenheit anderer -> Erregung ->

+ -> dominieren Reaktionen -> Bessere Leistung bei einfachen bzw. Routineaufgaben

-> - -> nicht-dominante Reaktionen -> Schlechtere Leistungen bei neuartigen bzw. komplexen Aufgaben

• Bewertungsangst (Cottrell et al., 1968)
– Entscheidend für Erleichterung/Hemmung ist nicht die Aufgabenschwierigkeit, sondern die antizipierte eigene Leistung
• Aufmerksamkeitskonflikt (Sanders, 1981)
– Anwesenheit anderer kann ablenkend sein und führt zu einem Aufmerksamkeitskonflikt
– Aufmerksamkeitskonflikt steigert Erregung und führt zu entsprechenden Folgereaktionen (s.o.)

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2
Q

Soziale Normen

A

Soziale Normen
– soziale Standards, die von Mitgliedern einer Gruppe akzeptiert werden
– Überzeugungssysteme darüber, wie man sich (nicht) verhalten sollte
– Ausdruck geteilter Erwartungen hinsichtlich typischer (=deskriptive Normen) und erwünschter (=injunktive/präskriptive Normen) Aktivitäten

Funktionen
– Unsicherheit in Bezug auf eigenes und fremdes Verhalten verringern
– Koordination individuellen Verhaltens (z.B. Pünktlichkeit)
– Gerechte Verteilung von Handlungsergebnissen

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3
Q

Weitergabe und Abstraktionen sozialer Normen

A

3 Arten der Weitergabe (Jonas et al., 2014)

  1. Absichtliche Belehrung, Beispiele, Rituale
  2. Nichtverbale Verhaltensweisen (z.B. Stirnrunzeln
  3. Verhalten anderer

3 Quellen der Abstraktion (Tankard & Paluck, 2016)

  1. Verhalten anderer
  2. Zusammenfassende Informationen über die Eigengruppe
  3. Institutionelle Signale (Gerichtsurteile, Policies)
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4
Q

Sherifs (1935) Studien zum Autokinetischen Effekt

A

-> Bei Konfrontation mit abweichendem Urteil durch andere, gaben Vpn persönliches Bezugssystem auf, um es an andere anzupassen (soziale Norm)

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5
Q

Stanford Prison Experiment (z.B. Zimbardo et al., 2000)

A

Zimbardos Interpretation: Deindividuation
– Sowohl bei Wächtern als auch Insassen
– Tragen von Kleidung, die mit Rolle assoziiert sind
– Reduziertes Gefühl der individuellen Identität und Verantwortung
– Entwicklung neuer Verhaltensnormen, die etablierten Normen widersprechen können

Aus dem Buch:
Deindividuation (deindividuation): Ein Zustand, bei dem Personen ihres Gefühls für die individuelle Identität beraubt sind und stärker dazu neigen, sich extrem (oft antisozial) zu verhalten und Normen zu verletzen.

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6
Q

Die Theorie sozialen Vergleichs (Festinger, 1954)

A
  • Menschen haben das Motiv, ihre Fähigkeiten und Meinungen zu bewerten.
  • Dabei bevorzugen sie objektive Bewertungsstandards. Wenn diese nicht vorhanden sind, vergleichen Menschen sich mit anderen Personen.
  • Stehen verschiedene Personen zum Vergleich zur Verfügung, wird die Person ausgewählt, die eine Meinung oder Fähigkeit besitzt, die eigenen ähnlich ist.

Aus dem Buch: Sozialer Vergleich (social comparison): Sich selbst mit anderen vergleichen, um die eigenen Fähigkeiten und Meinungen einzuschätzen.

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7
Q

Normativer und informativer Einfluss (Deutsch & Gerard, 1955)

A

• Normativer Einfluss
– Voraussetzung: Bedürfnis nach Harmonie und sozialer Zustimmung
– Einfluss beruht darauf, dass Individuen mit den positiven Erwartungen anderer konform gehen wollen
– Vermeidung von sozialer Bestrafung oder Ablehnung
• Informationaler Einfluss
– Voraussetzung: Bedürfnis nach Verringerung von Unsicherheit
– Akzeptanz von Informationen anderer als Hinweis auf die Realität

Aus dem Buch:
-Normativer Einfluss (normative influence): Einfluss, der darauf beruht, dass man mit den positiven Erwar- tungen von anderen konform gehen möchte – Men- schen vermeiden es, sich so zu verhalten, dass dies zu sozialer Bestrafung oder Ablehnung führen wird.
-Informationaler Einfluss (informational influence):
Einfluss, der darauf beruht, dass man die Informatio- nen, die man von anderen erhalten hat, als Hinweis auf die Realität akzeptiert.

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8
Q

Compliance

A

• Compliance (Einwilligen, Nachgeben
– Zielperson eines Einflussversuchs gibt nach
– Häufig: Compliance in Bezug auf Verhalten, dass normativ ist, aber nicht mit privater Einstellungsänderung einhergeht

• 3 Compliance-Techniken
– Door-in-the-Face-Technik
1. Extreme Bitte (wird abgelehnt)
2. Maßvollere Bitte (wird i.d.R. angenommen)
– Foot-in-the-Door-Technik
1. Kleine Bitte
2. Große Bitte
– Den-Ball-Flach-halten (low-balling)
1. Gutes Angebot → Compliance
2. Angebot wird plötzlich schlechter

Aus dem Buch:
Compliance (compliance): Die Zielperson eines Einflussversuchs gibt einer entsprechenden Bitte nach. Begriff bezeichnet auch häufig Verhalten, das eine Norm erfüllt, ohne dass es mit einer privaten Einstellungsänderung einhergeht.

Door-in-the-Face-Technik (door-in-the-face tech- nique): Compliance-Technik, bei der der Bittsteller zunächst eine extreme Bitte stellt, die fast immer abgewiesen wird, und sich dann auf eine maßvollere Bitte zurückzieht, die er von Anfang stellen wollte (auch bekannt als Methode der „reziproken Konzes- sionen“).

Foot-in-the-Door-Technik (foot-in-the-door tech- nique): Compliance-Technik, bei der der Bittsteller zunächst um einen kleinen Gefallen bittet, der ihm fast immer gewährt wird; dann setzt er mit einer Bitte um einen größeren, damit zusammenhängenden Gefallen nach

Technik, „den Ball flach zu halten“ (lowballing tech- nique): Auf Compliance gegenüber einem anfäng- lichen Einflussversuch folgt eine kostspieligere und weniger vorteilhafte Variante der gleichen Bitte.

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9
Q

Gehorsam

A

• Gehorsam
– Befolgen von Befehlen einer status-höheren Person in einer eindeutigen Hierarchie oder Kommandokette
• Fragestellung: Adolf Eichmann = „Die Banalität des Bösen“? – Milgrams Ziel: Ausgangsniveau des Gehorsams herausfinden

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10
Q

Milgrams (1974) Studie zu Gehorsam gegenüber Autoritären

A

• Design: Schüler-Lehrer-Paradigma mit Verabreichung von E-Schocks bis zu vermeintlich tödlicher Stärke

• Situative Determinanten
– Räumliche Nähe: Klopfen > Schreie > Sehen > Berühren
– Verhalten anderer Vpn: gehorsame andere TN > keine anderen TN > nicht gehorsamer anderer TN – Autoritätsperson: anwesend > nicht anwesend
• Erklärungen
– Sadismus? → eher nicht, Vpn taten es nicht gerne
– Blinder Gehorsam?
– Identifikation mit den wissenschaftlichen
Zielen der Studie?

„The Milgram studies seem to be less about people blindly conforming to orders than about getting people to believe in the importance of what they are doing“ (Haslam & Reicher (2012, p. 2)
18

• Ethische Kritik
• Methodische Kritik
– Re-Analyse von Daten (Perry et al., 2019) ergibt:
• 44% der Vpn waren misstrauisch bzgl. der Cover-Story
• Misstrauische Vpn gaben MEHR Schocks als Vpn, die die Cover-Story vollumfänglich glaubten
→ Ursprüngliche Interpretation der Ergebnisse haltbar?
– Ebersole (2019):
• Antworten auf post-experimentelle Befragung könnte auch Strategie zu Reduktion von Dissonanz sein
• Misstrauen erklärt nur 5% der Varianz des Schock-Verhaltens

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11
Q

Das Linienexperiment (Ash, 1951)

A

Fragestellung:
• Lässt sich der Einfluss von Gruppennormen auch bei objektiv eindeutigen Urteilen nachweisen?
– vgl. uneindeutige Urteile bei Sherifs (1936) Studie zum autokinetischen Effekt Aufgabe der Vpn:
• Vergleich von Linien mit Standardreiz mit anschließender Beurteilung der Länge der Linien
Setting:
• Gruppe von 6-9 Personen (nur eine echte Vpn, die als vorletztes ihr Urteil abgibt)
• 18 Durchgänge, davon 12 mal falsche Antwort durch Gruppe

Ergebnis 
– Vpn gaben in 37% der Fälle die gleiche falsche Antwort wie die Konföderierten
– private Abgabe der Antwort: 12,5%
– Kontrollgruppe (Vpn gab Einschätzung alleine ab): 0.7% Fehler
Moderatoren:
– Privatheit/Anonymität der Antwort
– Abweichler in Majorität
– Gruppengröße
– Kultureller Kontext
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12
Q

Und Minderheiten…?

A

• Mechanismen hinter Mehrheitseinfluss
– Normativer Einfluss („Ich will gemocht werden.“)
• Konformität steigt, wenn Zugehörigkeitsgefühl zur Gruppe wichtig ist. – Informationaler Einfluss („Ich will recht haben.“)
• Konformität steigt, wenn Mehrheit glaubwürdig (z.B.: Einheitlichkeit des Urteils, Experten)
• Minderheiten fehlt es (meistens) an Macht und Status → Weniger normativer Einfluss
• Jedoch: Ohne Minderheitseinfluss keine Veränderung
in Gruppen, keine Entwicklung neuer Ideen, keine Innovation

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13
Q

Moscovici et al. (1969)

A

Hintergrund:
• Kritik an Fokus auf Mehrheitseinfluss; Innovation durch Minderheit wird ignoriert
• Linienexperiment von Asch (1951) zeigt eigentlich Einfluss von Minoritäten
Aufgabe der Vpn:
• Einschätzung von Farben auf Dias
• 4 Vpn (Majorität) + 2 Konföderierte (Minorität)
• 3 Bedingungen: kein Einfluss vs. konsistente Minderheit vs. inkonsistente Minderheit

• Erfolgsrezept für Minderheiten: Konsistenz

Konsistenz (consistency): Ein Verhaltensstil, der bedeutet, dieselbe Position über die Zeit hinweg aufrechtzuerhalten; wird als zentral für den Einfluss von Minderheiten angesehen.

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14
Q

2-Prozess Modell des Einflusses (Moscovici, 1980)

A

• der Einfluss von Minderheiten steigt mit zunehmender Konsistenz im Verhalten
• konsistente Minderheiten provozieren kognitive Konflikte („Konversion“) Konversion (conversion): Eine Veränderung auf der privaten Ebene (Einstellung, Meinung), nachdem man dem Einfluss anderer ausgesetzt war; internalisierte Veränderung; Veränderung der Art und Weise, wie man einen Aspekt der Realität strukturiert.
– in der Konsequenz kommt es zu erhöhter aktiver Auseinandersetzung mit dem Thema → Beeinflussung durch Majorität und Minorität durch unterschiedliche Prozesse

Mehrheitseinfluss
• erzeugt Vergleichsprozess (Aufmerksamkeit auf Beziehung zu anderen in Gruppe)
• oberflächliche Anpassung an Mehrheitsmeinung („compliance“)
– … auf öffentlichen und direkten Meinungsäußerungen
• vgl. normativer Einfluss

Minderheitseinfluss
• erzeugt Validierungsprozess (Aufmerksamkeit auf inhaltliches Thema)
• keine Bereitschaft, sich öffentlich als Abweichler*in zu outen
• aber internalisierte Veränderung („Konversion“)
– … auf privaten und indirekten Meinungsäußerungen
• vgl. informationaler Einfluss

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15
Q

Moscovici & Personnaz (1980)

A

Design
• Dia-Paradigma (alle Bilder blau)
• 2 Bedingungen: Beeinflussung durch Minderheit vs. Mehrheit
• Nachbilder als indirektes Maß für die Einstellungsänderung

Ergebnisse
• Kein Effekt aufs Nachbild bei Vpn in der Mehrheitsbedingung• Grün-entsprechendes Nachbild bei Vpn in der Minderheitsbedingung
• Aber keine Replikationen
• Ergebnisse physiologisch nicht plausibel

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16
Q

Metaanalyse zum Minoritätseinfluss (Wood et al., 1994)

A

Inklusion von Studien:
• Minoritätseinfluss mit KG
• Majoritätseinfluss mit KG → k=97
3 Arten von AVs:
• Öffentliche Urteile
• Privat, direkter Bezug zum Einstellungsobjekt
• Privat, indirekter Bezug zum Einstellungsobjekt

Minderheitseinfluss vs. KG:
• öffentlich:
• privat, direkt:
• privat, indirekt:
d = -.25 (k = 33) d = -.30 (k = 54) d = -.55 (k = 19)
Minderheitseinfluss vs. Mehrheitseinfluss:
• öffentlich:
• privat, direkt:
• privat, indirekt:
Fazit:
d = .26 (k = 8) d = .21 (k = 15) d = -.23 (k = 11)
• Relativer Effekt von Minderheitseinfluss (vs. KG) am stärksten bei privat, indirekt
• Direkter Vergleich zwischen Minderheits- und Mehrheitseinfluss: Mehrheitseinfluss i.d.R. größer
→ 2-Prozess Modell konnte nicht eindeutig bestätigt werden

17
Q

Moscovici & Zavalloni (1969)

A

Studie zur Einstellung zu De Gaulle und US-Amerikaner*innen
• Aufbau:
1. Privates Urteil
2. Gruppendiskussion (Ziel: Konsens herstellen)
3. Privates Urteil

Gruppenpolarisierung:
• Tendenz zu Entscheidungen, die extremer sind als
Durschnitt der anfänglichen Positionen der Gruppenmitglieder
• Richtung der Entscheidung: wie anfängliche Tendenz

18
Q

Ursachen von Gruppenpolarisation

A

Gruppenpolarisierung (group polarization): Ten- denz, Entscheidungen zu fällen, die extremer sind
als der Durchschnitt der anfänglichen Positionen der Gruppenmitglieder; die Tendenz geht in die Richtung, die die Gruppe bereits favorisierte.

  • Verantwortungsdiffusion
  • Normativer sozialer Einfluss
  • Informationaler sozialer Einfluss
  • Abgrenzung zu anderen Gruppen
19
Q

Group Think (Janis, 1982)

A

• Mitglieder einer kohäsiven Gruppe entscheiden sich auf Kosten einer realistischen Bewertung von Alternativen für eine einheitliche (häufig schlechte) Lösung

20
Q

(Group Think) Bedingungs Faktoren

A
Hohe Gruppenkohäsion
Isolation der Gruppe
Druck durch dominante Gruppenführung
äußerer Entscheidungsdruck
Fehlen systematischer Prozeduren, um Handlungsalternative abzuwägen
21
Q

(Group Think) Symptome

A

Illusion der Unverletzbarkeit
kollektive Rationalisierung
Glaube an die moralische Integrität der Gruppe Stereotypisierung von Outgroups
Druck auf Abweichler in der Gruppe Selbstzensur der Gruppenmitglieder
Illusion der Einmütigkeit
Meinungsführerschaft

22
Q

(Group Think) Auswirkungen

A

unzureichende Suche nach Alternativen
unzureichende Kontrolle der Sachangemessenheit einer Entscheidung fehlerhafte Einschätzung des Risiko der favorisierten Entscheidung schlechte Informationssuche
selektive Verarbeitung der verfügbaren Information
unzureichende Berücksichtigung von Alternativen
keine Ausarbeitung von Kontingenzplänen

23
Q

Group Think und Protestest gegen Anti-COVID-19 Maßnahmen

A

Groupthink → Querdenker?
• Hohe Kohäsion
• Hohe Isolation
• Normativer Druck auf Uniformität

24
Q

Prävention von Group Think

A
  • Führungspersonen sollten unparteiisch bleiben
  • Separate Subgruppen sollen über das Thema gleichzeitig beraten
  • Ermutigung zur Äußerung von Zweifeln
  • Einsatz eines Advocatus diaboli
  • Externe Expert*innen konsultieren
  • Diversität in Gruppen