1. Gegenstandbereich und Methoden der Sozialpsychologie Flashcards
Definiton Sozialpsychologie
Sozialpsychologie ist der Versuch, zu verstehen und erklären, wie die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen von Person durch die tatsächliche, vorgestellte oder implizierte Anwesenheit anderer Menschen beeinflusst wird.
Was wird untersucht?
- sozialer Einfluss (d.h Auswirkungen anderer Personen)
- auf Gedanken, Gefühle, Verhalten und kognitive Prozesse von Individuen
- unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden
Abgrenzung Sozialpsychologie
Allgemeine Psychologie: Fokus auf allgemeingültigen psychologischen Prozessen, sozialer Kontext spielt keine Rolle
Persönlichkeitspsychologie: Fokus auf Persönlichkeitsmerkmalen, die entscheiden, wie sich Personen in sozialen Situationen verhalten
Soziologie: Fokus auf soziostrukturelle Variablen als Erklärung für individuelles Verhalten (Normen, Schichtzugehörigkeit, etc.)
→ Abgrenzung zu Persönlichkeitspsychologie und Soziologie nicht einfach (und auch nicht sinnvoll)
Geschichte der Sozialpsychologie
1879: Wundt gründet erstes psychol. Labor in Leipzig
Triplett (1898): Soziale Erleichterung
Ringelmann (1913): Soziales Faullenzen
Allport, F. (1924): Lehrbuch Social Psychology
Sherif (1936): The Psychology of Social Norms (i.e. Studien mit autokinetischem Effekt)
1944: Lewin gründet das Research Center for Group Dynamics
1945: Ende des 2. Weltkriegs
Festinger (1957): Kognitive Dissonanz- Theorie
Milgram (1963): Studien zu Gehorsam
1967: „Krise“ der Sozialpsychologie
Tajfel & Turner (1979): Social Identity Theory
Der Nationalsozialismus und die nordamerikanische SP
- Interesse an sozialpsychologischer Forschung zu Persuasion durch WW2
- Emigration von jüdischen Wissenschaftler*innen (z.B. Kofta, Lewin, Wertheimer) in die USA 3. Interesse an sozialpsychologischer Forschung zu Autoritarismus und Gehorsam (z.B. Adorno, Milgram)
Experiment
Methode, bei welcher der Versuchsleiter [sic] absichtlich eine Veränderung der Situation herbeiführt, um die Konsequenzen dieser Veränderung zu untersuchen.“ (Jonas et al., 2014, p. 34)
Beispiel: Hitze und Aggressivität
-Unabhängige Variable (UV/IV): Hitze (wird variiert)
-Abhängige Variable (AV/DV): Aggressivität im Fragebogen (wird gemessen)
-Randomisierte Zuteilung auf die experimentellen Bedingung (d.h. die Ausprägungen der UV werden werden zufällig mit Versuchspersonen „befüllt“)
-Wichtige „Vokabeln“: Coverstory, Manipulation Check, Debriefing, interne und externe Validität
Feld- und Quasi-Experiment
Feld: Experiment mit Zufallszuweisung im natürlichen Setting“ (Jonas et al., 2014, p. 36)
Quasi: „Experiment, bei dem die Versuchsteilnehmer [sic] nicht zufällig auf die verschiedenen Experimentalbedingungen zugeteilt werden“ (Jonas et al., 2014, p. 34)
Moderation vs Mediation
Moderation: Der Effekt einer UV auf eine AV ist abhängig von der Ausprägung einer moderierenden Variable
Mediation: Der direkte Effekt einer UV auf eine AV wird durch die Aufnahme einer mediierenden Variable reduziert
Korrelation vs. Kausalität
Korrelation: Gibt an, ob ein Zusammenhang zwischen zwei Variablen besteht
Kausaler Zusammenhang: Die Veränderung in einer AV geht auf die Veränderung in einer UV zurück.
Auslöser der Krise der (Sozial-)psychologie
- Bems Paper über Psi (Bem, 2011)
- Diederik Stapel
- Replikationsstudien
Auslöser 1: Bem (2011)
• 9 Experimente zu Psi (N = 1000)
• Psi: Precognition & Premonition
• Reaktionen von Vpn werden gemessen bevor Stimuli präsentiert werden
• Studie 1:
– Vpn (n = 100) müssen in 24-36 Trials „erraten“ unter welcher von zwei Masken, sich ein Bild befindet
– Bilder werden nach Auswahl der Vpn unter einer der Masken gezeigt (zufällig determiniert)
– Ergebnisse für erotische Bilder: 53.1% Treffer (Unterschied von 50%: t(99) = 2.51, p = .01, d = 0.25))
– Ergebnisse für nicht-erotische Bilder: 49.4% Treffer (Unterschied von 50%: t(99) = -0.15, p = .56))
Auslöser 2: Diederik Stapel
- Bis 2011 Professor für Sozialpsychologie in Tilburg (NL)
- Mehr als 100 Publikationen, davon viele in den Top- Journals
- 58 Retractions bis 2016
Auslöser 3: Replikationsstudien
• Open Science Collaboration (2015)
– 100 Replikationen von korrelativen und experimentellen Ergebnissen aus vier Top-Journals
– Angemessene(re) Stichprobengrößen als Originalarbeiten
– Mittlere Effektstärke in Replikationen (Mr = .197, SD = 0.257) halb so groß wie in den Originalstudien (Mr = .403, SD = .188)
Anmerkungen zur Interpretation von Replikationen
• Was ist Scheitern?
– Ursprünglicher Effekt nicht statistisch signifikant?
– Ursprünglicher Effekt signifikant unterschiedliche vom replizierten Effekt?
• Gründe für Nicht-Replikation unklar
– Unmöglich, exakt identische Studie durchzuführen
– Rolle des (nationalen oder historischen) Kontext
Das System Wissenschaft
• „Publish or perish“
– Motivation zur Publikation von Forschung nicht nur Kumulation von Wissen
– Anzahl Publikation zentrales Kriterium für Hochschulkarriere
– Neue, positive und „eye-catching“ Ergebnisse erhöhen Erfolgswahrscheinlichkeiten (Nosek, Spies & Motyl, 2012)
– Rolle des Journal-Renommees/Impact-Factors
→ Hohe Verbreitung von Questionable Research Practices (QRPs; John, Loewenstein, & Prelec, 2012)