8. Vorlesung (Autismus-Spektrum-Störungen) Flashcards

1
Q

Was sind die Kernkriterien (ICD-10, DMS-5) von Autismus-Spektrum- Störungen
(ASS)?

A

Die folgenden 3 Kernkriterien müssen alle vorliegen:
1. Interaktionsstörung +
2. Kommunikationsstörung
- Defizite in der sozial-
emotionalen Gegenseitigkeit
- Defizite im nonverbalen
Kommunikationsverhalten
- Defizite im Verständnis von
Beziehungsgestaltungen
(erforderlich 3/3)
3. repetitive, stereotype
Verhaltensweisen
- Stereotype, repetitive
Bewegungsabläufe
- Routinen oder Rituale
- Fixierte Interessen
- Hyper- oder Hyporeaktivität auf
sensorische Reize
(erforderlich 2/4)

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2
Q

Welche Unterschiede der verschiedenen Autismusarten gibt es?

A

Frühkindlich = schön Im jungen alter so zwischen 0-4 Probleme gehabt
Atypisch = am schwierigsten zu Diagnostizieren, Problem erst in der schule aufgetreten
Asberger = Hohe Kompetenz

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3
Q

Welche Auffälligkeiten in der verbalen Kommunikation sind typisch für ASS?

A

Bereiche der verbalen Kommunikation
1. Pragmatik (sozial-kommunikative
Funktion der Sprache):
• Monologisieren, ohne zu erkennen, dass
Gesprächspartner gelangweilt ist
• Unterbrechen anderer Personen an
unpassenden Stellen
• falsches Einsetzen von Floskeln
2. Smalltalk (als Sonderfall der
Pragmatik, kleines Alltagsgespräch
mit dem Ziel der sozialen Interaktion):
• Schwierigkeiten, den Sinn des Gesprächs
zu erfassen
• Unpassende Themenwahl
• Wortkargheit
3. Semantik (Inhalt von
Wortbedeutungen oder sprachlichen
Wendungen):
• Wortwörtliches Verständnis von
sprachlichen Inhalten
• Eingeschränktes Verständnis von Ironie,
Witzen und Metaphern
4. Prosodie (stimmliche Qualität der
Sprache, „Sprachmelodie):
• Einschränkungen in Modulation, dadurch
monotone und mechanische Sprechweise

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4
Q

Welche Auffälligkeiten in der NONverbalen Kommunikation sind typisch für ASS?

A

• Nonverbale Kommunikationssignale, wie Mimik, Gestik und Blickverhalten, werden
von Personen mit ASS kaum oder gar nicht zu kommunikativen Zwecken eingesetzt
– Wenn sie überhaupt eingesetzt werden, dann handelt es sich um erlernte
Verhaltensweisen, die nicht intuitiv genutzt werden (z.B. andere Personen anlächeln
oder anschauen)
• Ebenso werden nonverbale Signale in Interaktionen nicht als Quelle sozial relevanter
Informationen verwendet
—> Interaktions- und Kommunikationsstörung
– Soziale Situationen sind für Menschen mit ASS meist sehr schwer einzuschätzen
und das Verhalten des Gegenübers erscheint unerklärlich und kaum vorhersagbar

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5
Q

Welche Faktoren werden ätiologisch für die Entwicklung einer ASS diskutiert?

A
  1. Genetische Faktoren:
    • Heritabilität von bis zu 90% (in Zwillingsstudien)
    • Beteiligung von ca. 100 Suszeptibilitätsgenen wird diskutiert
    – Können die Anfälligkeit für die Entwicklung einer autistischen Störung erhöhen
  2. Pränatale Faktoren:
    • Einnahme von bestimmten Medikamenten während der Schwangerschaft
    (Antiepileptikum „Valproat“, Barbiturat „Thalidomid“)
    • Verschiedene Erkrankungen der Eltern (z.B. Typ-1-Diabetes; Epilepsie der Mutter)
    • Erhöhtes elterliches Alter bei der Geburt des Kindes
  3. Strukturelle & funktionelle Gehirnveränderungen:
    • Strukturelle Auffälligkeiten z.B. im Kleinhirn, Schläfenlappen, limbischen System
    • Funktionelle Auffälligkeiten in Gehirnregionen, die mit sozialen Fähigkeiten in
    Verbindung stehen
    – z.B. Verarbeitung von Gesichtsausdrücken und Blickverhalten, Mentalisierung
    – u.a. medialer präfrontaler Kortex, temporparietaler Übergangskortex, Inselrinde, Amygdala
  4. Gehirnstoffwechsel (Ungleichgewicht bei Neurotransmittern):
    • Erhöhung des Serotoninspiegels im Blut führt zu Verringerung der Serotoninmenge
    im Gehirn!Schädigung der Entwicklung serotonerger Neurone (bisher nur im
    Tierversuch nachgewiesen)
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6
Q

Was zeigt ASS im Erwachsenenalter?

A
  1. Erhöhte Detailwahrnehmung:
    • Ermöglicht besondere Fähigkeiten in bestimmten Alltagssituationen (z.B. auffinden
    von Rechtschreibfehlern)
    • Führt zu Schwierigkeiten in komplexen sozialen Situationen, wenn
    Kontextinformationen schnell und global wahrgenommen und darauf reagiert werden
    muss
  2. Kognitive Kompensation:
    • Wenn keine Intelligenzminderung besteht, haben Erwachsene mit ASS häufig mittels
    Regellernen gute kognitive Kompensationsstrategien entwickelt
    • Problematisch bleibt, dass dieses regelbasierte Lernen von normalerweise intuitiv
    vermittelten Fertigkeiten nicht flexibel im Alltag angewendet werden kann
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7
Q

Was sind Allg. Infos zu ASS (Epidemiologie, Komorbiditäten)?

A

Prävalenz:
• Heute geht man von einer Prävalenzrate von etwa 1% aus
• Dramatischer Anstieg der Prävalenzrate von ASS in den letzten 15-20 Jahren
– Aufgrund der erhöhten Bekanntheit von ASS in Fachkreisen und der vermehrten
Präsenz in den Medien
– Aufgrund der früher oft nicht diagnostizierten Betroffenen auf hohem
Funktionsniveau

Geschlechterverteilung:
• Mehr männliche Betroffene (je nach Untersuchung 2:1/4:1)

Komorbiditäten:
• Depressionen
• Angststörungen
• Zwangsstörungen
• Tic-Störungen
• psychotische Störungen
• Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrome (ADHS)
– CAVE: motorischer Unruhe und Aufmerksamkeitsdefizite sind häufige
Begleitsymptome bei ASS
• Besonders im Erwachsenenalter treten häufig Komorbiditäten auf
– Stellen häufig den primären Anlass dar, sich psychotherapeutische Hilfe zu suchen

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8
Q

Welche Vorteile bieten Kombinationsbehandlungen (Einzel + Gruppe) bei ASS im Erwachsenenalter?

A

Vorteile von Einzeltherapie bei ASS im Erwachsenenalter:
• weniger zu verarbeitende Reize
• weniger Raum für soziale Missverständnisse bzw. eine schnellere Klärung derselben
• geringere Wahrscheinlichkeit für Unvorhersehbarkeiten
• konkrete Alltagsbeispiele zur Schulung der Perspektivenwechselfähigkeit können
detaillierter durchgearbeitet werden
• Würdigung biografischer Ereignisse im Hinblick auf eine Identitätsfindung vor dem
Hintergrund einer erst spät erhaltenen Diagnose intensiver möglich

Vorteile von Gruppentherapie bei ASS im Erwachsenenalter:
• Besonders geeignet, weil Personen mit ASS private Interaktionen in der Gruppe
häufig meiden
—> Therapiegruppe bietet den geschützten Rahmen, der nötig ist, um soziale Fertigkeiten im Austausch mit anderen ohne Angst vor Zurückweisung oder Misserfolg zu trainieren
• Möglichkeiten zum Austausch mit anderen Betroffenen
– häufig zum ersten Mal das Gefühl, nicht allein “anders“ zu sein
• bewusst vorgenommener Perspektivenwechsel kann innerhalb der Gruppe interaktiv
geschult und geübt werden

Kombinationsbehandlung:
Eine Kombination aus einzel- und gruppentherapeutischen Maßnahmen kann besonders im Erwachsenenalter hilfreich sein, um die Vorteile beider Settings optimal ausnutzen zu können

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9
Q

Was sind schwierige Situationen im Rahmen einer Psychotherapie bei ASS?

A

• Fehlende Problemeinsicht auf Seiten der Patientinnen
– Manchmal kein direkter therapeutischer Auftrag zu Beginn
• Überschätzung des Funktionsniveaus durch Therapeut
in
– Besonders zu Beginn, häufig durch ToM-Schwierigkeiten bedingt
• Eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten der Patientinnen – Missverständnisse in
der Kommunikation besprechen
– Evtl. verbale Begrenzungen notwendig
– Distanzlosigkeit (verbal und nonverbal) besprechen
– Kränkungspotential als Therapeut
in hinterfragen
• Veränderungsängste bei Änderungen der Rahmenbedingungen
– Nicht als Widerstand oder Therapieverweigerung deuten
• Sensorische Über- und Unempfindlichkeiten direkt ansprechen

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10
Q

Was kennzeichnet die Mentalisierungsbasierte (Gruppen-)Psychotherapie
(MBT-G)?

A

(MBT-G; Fonagy & Bateman)
• Mentalisieren: „Die Fähigkeit, subjektive Neigungen und Motive
Anderer und von sich selbst gleichermaßen wahrzunehmen und
wertzuschätzen“ (Schultz-Venrath & Felsberger, 2016) - MBT
• Psychodynamisches Therapie-Konzept mit Fokus auf die Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit
• Anwendung bei verschiedenen Störungsbildern (Persönlichkeitsstörungen,
Depression, Somatisierungsstörungen Schizophrenie,…)
• Bisher keine Anwendung bei ASS

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11
Q

Was besagt die Theory of Mind (ToM) über das Mentalisieren bei ASS?

A

Definition ToM/Mentalisieren:
– Intuitive Fähigkeit, anderen Menschen (und sich selbst) mentale Zustände wie Gefühle,
Gedanken, Überzeugungen, Handlungsabsichten, Wünsche etc. zuzuschreiben, um das
Verhalten anderer Personen vorherzusagen und zu erklären

Erwachsene mit ASS:
– haben oft gelernt, anderen mentale Zustände zuzuschreiben und bestehen mit Hilfe von
Regeln und genügend Zeit entsprechende Testverfahren (z.B. “Sally & Ann – Task“)
– versagen in komplexen Alltagssituationen, in denen in kurzer Zeit die Intentionen
mehrerer Menschen gleichzeitig erfasst werden müssen
– wirken deshalb in sozialen Situationen häufig ungeschickt, unhöflich, arrogant oder
respektlos

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12
Q

Wie sieht eine Gruppentherapie für Autismus im Erwachsenenalter, im Rahmen einer KVT aus?

A

• Verhaltenstherapeutisches Gruppentherapiemanual
• Aufbauend auf einer Bedarfsanalyse bezüglich spezifischer psychotherapeutischer
Bedürfnisse von Erwachsenen mit ASS
• Ziele sind Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität und Erweiterung des
Verhaltensrepertoires
• Gemeinsame Entwicklung von Problembewältigungsstrategien, Anwendung im Alltag,
Reflektion in der Gruppe
• Geschlossene Gruppe, 6 Teilnehmerinnen, 2 Therapeutinnen, 15-17 Sitzungen (á 90
Minuten)
• Therapiekonzept und Aufbau jeder Sitzung entspricht dem hohen Strukturbedürfnis
von Personen mit ASS
• Einsatz verschiedener Medien und Materialien zur Orientierung und späteren
Verfügbarkeit

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13
Q

Wie sieht der Ablauf der Sitzungen für ASS aus?

A

• Vorstellung und Kennenlernen
• Psychoedukation: ASS & Depression
• Entspannungsverfahren
• Stress
– Modell & Auslöser
– Umgang mit Stress (Teilnehmerinnenbeispiele)
• Soziale Situationen
– Situationen analysieren
– Kommunizieren (Teilnehmer
innenbeispiele)
• Konflikte
– Konfliktentstehung
– Teilnehmer*innenbeispiele („GewaltfreieKommunikation“)
• Ressourcen & Stärken
• Abschluss & Rückblick

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