5. Vorlesung (Affektive Störungen & Burnout) Flashcards

1
Q

Was sind affektive Störungen und was kennzeichnet sie?

A
  • zu den Affektiven Störungen zählen Depression, Manie und eine Bipolare Störung
  • Viele körperliche und seelische Störungen gehen mit veränderten Stimmungslagen
    einher —> ≠ affektive Störung
  • Bei affektive Störungen ist das vorranginge Symptom die veränderte Stimmungslage
  • Depressive Erkrankungen werden den affektiven Störungen zugeordnet
  • Lateinisch: deprimere = herunterdrücken, niederdrücken
  • Man unterscheidet innerhalb der affektiven Störungen
  • Depressive Zustände: eher gedrückte Stimmung
  • Manische Zustände: pathologisch gehobene Stimmung
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2
Q

Was sind allg. Kriterien für eine depressive Episode? (ICD-10)

A
  1. Die depressive Episode sollte mindestens zwei Wochen dauern.
  2. In der Anamnese keine manischen oder hypomanischen Symptome.
  3. Ausschlussvorbehalt: Die Episode ist nicht auf einen Missbrauch psychotroper Substanzen oder auf eine organische psychische Störung zurückzuführen.
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3
Q

Kriterien und Diagnose einer leichten depressiven Episode, wieviele Symptome müssen für eine mittelgradige und schwere Episode vorliegen?

A

Diagnose einer leichten depressiven Episode (nach ICD10):
A. Die allgemeinen Kriterien für eine depressive Episode sind erfüllt.
B. Mindestens zwei der folgenden drei Symptome liegen vor:
• a) depressive Stimmung, die meiste Zeit des Tages, fast jeden Tag, im Wesentlichen
unbeeinflusst von den Umständen.
• b) Interessen- oder Freudeverlust an Aktivitäten, die normalerweise angenehm waren.
• c) verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit.
C. Eins oder mehrere zusätzliche der folgenden Symptome, so dass die Gesamtzahl aus
B. und C. mindestens vier oder auch fünf ergibt:
• a) Verlust des Selbstvertrauens
• b) unbegründete Selbstvorwürfe oder unangemessene Schuldgefühle
• c) wiederkehrende Gedanken an den Tod oder an Suizid
• d) Klagen über oder Nachweis eines vermindertes Denk- oder
Konzentrationsvermögens, Unschlüssigkeit oder Unentschlossenheit
• e) psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung
• f) Schlafstörungen jeder Art
• g) Appetitverlust oder gesteigerter Appetit mit entsprechenden
Gewichtsveränderungen

  • Bei einer mittelgradigen depressiven Episode, müssen 6-7 Symptome vorliegen
  • Bei einer schweren depressiven Episode mindestens 8 Symptome
    (alle 3 unter B.)
    – Unterscheidung ohne/mit psychotische Symptome bei schwerer Depression
    • Tritt eine Depression erstmalig auf, spricht man von einer depressiven Episode.
    • Treten mehr als eine Episode auf, spricht man von einer rezidivierenden depressiven
    Störung.
    • Chronische depressive Verstimmungen über Jahre werden als Dysthymie bezeichnet.
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4
Q

Wichtige Depressions Fakten (Epidemiologie, Suzidalität)

A

Epidemiologie:
- eine der häufigsten Störungen
- Lebenszeitprävalenz: über 20%
- zieht weltweit die höchsten gesellschaftlichen Kosten nach sich
- Dauer einer Episode: zwischen 2 Wochen und 5 Jahren (Durchschnitt: 5 Monate)
- 80% der Betroffenen, erleben mehr als eine Episode
Wiedererkrankungsrisiko:
- bei einer = 50%
- bei zwei = 70%
- bei drei = 90%

Suzidalität:
• 2017: 9241 Suizide (ca. 25 pro Tag)
• Ca. 7000 Männer, Ca. 2250 Frauen
• Es starben ungefähr so viele Menschen an Suizid wie durch Verkehrsunfälle,
Gewaltverbrechen und den Missbrauch illegaler Drogen zusammen
• Ca. 90% leiden an behandelbaren (psychischen) Störungen
• Depressionen gehen mit einem deutlich erhöhten Suizidrisiko einher: bei schweren
Depressionen
• Suizidrate 15%
• Versuchter Suizid 20-60%
• Wiederkehrende Gedanken an Suizid 40-80%

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5
Q

Was sind Hinweise auf eine ernsthafte Suizidgefährdung?

A

• Genaue Planung (Festlegung auf Ort, Zeit, Art)
• Beschaffung des notwendigen Materials
Erhöhtes Risiko bei ….
• Gleichzeitigen psychotischen Merkmalen oder Substanzgebrauch
• Vergangenem Suizidversuch od. Suizid in der Familie
Umgang mit Suizidalität …..
• Konkret ansprechen, Hilfe anbieten
• Hilfe vermitteln (psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung, Notruf,
Seelsorgetelefone, Sozialpsychiatrische Dienste der Stadt/Gemeinde)

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6
Q

Was sind Risikofaktoren für die Entwicklung einer Depression?

A

• Weibliches Geschlecht
• Lebensalter (zw. 18. und 25. LJ)
• Sozio-ökonomische Faktoren
• getrennte/geschiedene Personen und solche ohne vertraute Personen
• niedriger Bildungsstand
• keine oder unsicher Anstellung
• Wohn- und Lebensraum in großstädtischer Umgebung
• Stressreiche Belastungen
• Familiäre Belastungen
• Angehörige unipolarer depressiv Erkrankter weisen ein Erkrankungsrisiko von 20% auf

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7
Q

Welche psychosozialen Faktoren werden für die Entstehung von
Depressionen diskutiert?

A
  • Belastende Lebensereignisse wie z.B. Verlust, Überforderung, Kränkungen, usw.
    können eine depressive Entwicklung auslösen und fördern
  • Modell von Brown und Harris (1978): Folgende zentrale Vulnerabilitäten können in
    Abhängigkeit vom Selbstwert, akuten Belastungen und Bewältigungskompetenzen zu
    einer depressiven Entwicklung führen
    1. Früher Verlust einer primären Bezugsperson
    2. Fehlen einer unterstützenden Beziehung
    3. Mehr als drei zu versorgende Kinder unter 14 J.
    4. Arbeitslosigkeit
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8
Q

Welche lerntheoretischen Faktoren werden für die Entstehung von
Depressionen diskutiert?

A

Theorie der erlernten Hilflosigkeit (Seligman, 1975):
• Unkontrollierbare Stromstöße bei Hunden führen nach einer
Weile dazu, dass diese sich passiv in ihr Schicksal fügten und sich später ergebende
Vermeidungsmöglichkeiten nicht entdecken und nutzen konnten
• Ähnlichkeit der von Hunden gezeigten Symptome mit depressiven Symptomen
(Passivität, massive Beeinträchtigung der Lernfähigkeit,…)
• Depression als Folge einer erlernten Hilflosigkeit, wenn keine Kontingenz zwischen
eigenem Verhalten und Ereignissen in der Umwelt erkannt werden kann (du denkst du bist nutzlos/hilflos weil dein Verhalten keine Auswirkungen auf die Umwelt/die Konsequenz hat)

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9
Q

Welche psychodynamischen Faktoren werden für die Entstehung von
Depressionen diskutiert?

A

Unbewusste Fantasie vom Verlust:
• Der/dem depressiven Patientin schwebt vor, dass früher etwas gutes vorhanden war,
das jetzt verschwunden ist
• Oft auch realer Verlust von Bezugspersonen in der frühen Kindheit
• Versuch, sich vorm realen oder fantasierten Verlust zu schützen durch verschiedene
Kompensations- bzw. Abwehrmechanismen…
Abwehrmechanismen:
Herstellung ausgeprägter Abhängigkeitsbeziehungen:
• Annahme, dass eine andere Person ihnen geben könnte, was sie vermissen
—> anklammern an Partner
in
—> Häufige Folge Verlust der Partnerschaft
—> Selbstentwertung und soziale Isolation
Ausbildung unbewusster Größenfantasien:
• Größenfantasien spenden Trost für erlebte Frustrationen
—> keine Wahrnehmung des
eigenen klein und ersetzbar seins
—> mit ansteigenden Erwartungen werden auch die
Verletzungen größer
•Beide Mechanismen führen zu weiteren Frustrationen. Auftretenden Aggressionen dürfen
nicht gegen andere Personen gehen (Angst vor Verlust) daher kommt es zur
(pathologischen!) Konfliktlösung:
der Wendung der Aggression gegen das Selbst:
• Verhinderung von Konflikten und Beschwichtigung von Schuldgefühlen
• Entwicklung von Selbstwerteinbrüchen und depressiven Verstimmungen
•Abgewehrte Aggressionen spürt oft das Gegenüber in der Gegenübertragung (!
weitere Ablehnung)

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10
Q

Was sollte bei einer Pharmakotherapie von Depressionen beachtet werden?

A

Akuttherapie:
• Verzögerter Wirkungseintritt (Besserung erst nach 2-3 Wochen)
• In etwa 70% kann eine Besserung erzielt werden
• Voller Wirkungseffekt nach ca. 6 Wochen
• Erhaltungstherapie:
• Beim Nachlassen der Symptomatik darf die Medikation nicht direkt abgesetzt werden
• Bei erfolgter Remission noch weitere 6 Monate
• Danach kann langsames Ausschleichen beginnen
Nachteile der Pharmakotherapie:
• Einsetzen der Wirkung erst nach mehreren Wochen
• erheblicher Anteil von Nonrespondern (v.a. bei erstmaliger Behandlung)
• Nebenwirkungen, die zu Noncompliance und Abbruch führen können
• Manche (alte) Antidepressiva können zu Suizidhandlungen eingesetzt werden (in
hohen Dosen lethal)

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11
Q

Wie werden Depressionen psychotherapeutisch behandelt?

A

Psychoedukation (wichtig!!):
•Psychoedukative Gespräche können als Einzel-, Gruppen-, oder
Angehörigengruppenarbeit stattfinden
•Aufklärung über die jeweilige Erkrankung und deren Behandlungsmöglichkeiten
•Psychoedukation dient auch der emotionalen Entlastung
—> kein Einzelschicksal
Verhaltenstherapie:
•Patient*innen lernen Strategien, um mit scheinbar unlösbaren Problemen umzugehen
•Kognitive Umstrukturierung: Infrage stellen dysfunktionaler Kognitionen
•Aktivitätsaufbau: Positive Aktivitäten sollen schrittweise wieder eigeninitiativ
aufgenommen werden
•Soziales Kompetenztraining: da soziale Defizite sowohl als Folge als auch als Ursache
von Depressionen auftreten können

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12
Q

Was kennzeichnet eine Manie, welche Diagnosekriterien gibt es?

A

Manie (Diagnosekriterien)
Diagnose einer Manie:
A. gehobene oder gereizte Stimmung mindestens eine
Woche
B. Mindestens 3 Merkmale müssen vorliegen und eine schwere Störung der alltäglichen
Lebensführung verursachen:
a) gesteigerter Antrieb oder motorische Ruhelosigkeit
b) gesteigerte Gesprächigkeit (Rededrang)
c) Ideenflut, Gedankenrasen
d) Verlust normaler sozialer Hemmung
e) vermindertes Schlafbedürfnis
f) überhöhte Selbsteinschätzung
g) andauernder Wechsel von Aktivitäten und Plänen
h) tollkühnes oder rücksichtsloses Verhalten

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13
Q

Welche Arten von bipolaren Störungen werden unterschieden?

A

Diagnosekriterien:
Bipolare Störungen (manisch-depressiv)
• Bipolare Störung I
– Wiederholte manische oder gemischte Episoden, die sich mit depressiven Episoden
abwechseln.
• Bipolare Störung II
– Wiederholte hypomanische oder gemischte Episoden, die
sich mit depressiven Episoden abwechseln.
• Zyklothyme Störung
– Chronische Störung der Stimmung über mind. 2 Jahre, in denen deutliche
Schwankungen vorkommen.
– Ausschluss: keine manische oder mittelgradige/schwere depressive Episode
Bei der Therapie …
• Pharmakologische Behandlung durch Stimmungsstabilisatoren (z. B. Lithium),
Antiepileptika (z.B. Carbamazepin)

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14
Q

Wie sieht der Entstehungsprozess eines Burnout aus?

A

Burnout als Resultat eines Prozesses
1. Übersteigertes Engagement bis zur Überforderung und zur Erschöpfung
2. Reduziertes Engagement
• Verhalten: Dienst nach Vorschrift, reduzierte soziale Interaktion, zunehmende
Konflikte mit anderen
• Emotionale Reaktionen: Insuffizienzgefühle, Hoffnungslosigkeit, Energiemangel,
Hilflosigkeit, Ängste, Apathie, Schuldgefühle
• Kognitive Reaktion: Pessimismus, Konzentrationsschwierigkeiten, Abflachung des
sozialen Lebens und der Interessen, Entscheidungsschwierigkeiten
• Körperliche Reaktion: Psychosomatische Reaktionen wie körperliche und
psychische Anspannung, Schmerzen, Schlafstörungen, Tinnitus, Übelkeit,
Libidoverlust, Erholungsfähigkeit ist in der Freizeit eingeschränkt.
3. Depression, Sucht, Verzweiflung…

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15
Q

Was sind Risikogruppen und Risikofaktoren für die Entwicklung von Burnout?

A

• Insbesondere Berufe mit hohem sozialen Engagement:
– Ärztinnen (15-30%)
– Pflegekräfte (40-60%)
– Seelsorger
innen
– Sozialarbeiterinnen
– Lehrer
innen (30-35%)
– Polizeibeamtinnen
– Psychotherapeut
innen
• Zeitliches Risiko: Berufsanfänger*innen und nach 10-12 Berufsjahren

Ätiologie Burnout:
Risikofaktoren am Arbeitsplatz (Maslach, Leiter & Schaufeli, 2001)
1) Arbeitsbelastung
2) Einfluss/Kontrolle (Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle)
3) Belohnung und Anerkennung (Wertschätzung)
4) Gemeinschaft (Bindungsbedürfnis)
5) Fairness, Respekt, Gerechtigkeit (Orientierung und Kontrolle, Selbstwert, evtl.
Bindung)
6) Werte der Organisation

Persönliche Risikofaktoren (Bergner 2010)
• hohes Verantwortungsgefühl
• hohes Pflichtbewusstsein
• emotionale Labilität
• duldender Umgang mit Zeiträuber*innen
• hoher eigener Idealismus
• eigene Omnipotenzidee
• Bereitschaft, bei Anforderungen noch mehr zu leisten

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16
Q

Was genau ist ein Burnout und welche Symptome bringt es mit sich?

A

Burnout Definition:
„Burnout ist eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher
Überlastung. Dabei handelt es sich um einen fortschreitenden Prozess, der mit
wechselhaften Gefühlen der Erschöpfung und Anspannung einhergeht.“ (Jaggi, F., 2008)
Lässt sich definieren durch: seine Symptome, seine Verlaufsstadien und auflösende Ursachen

Symptome Burnout:
- Emotionale Erschöpfung. Emotionale und körperliche Kraftlosigkeit. Resultat des
chronischen Stresses.
- Depersonalisation und Zynismus. Gefühllose, abgestumpfte Reaktion auf Klientinnen
(Mitarbeiter
innen, Schülerinnen, Patientinnen, etc.).
- Verminderte subjektive Leistungsbewertung. Versagen oder Verlust des Vertrauens in
die eigenen Fähigkeiten.

17
Q

Diagnostik des Burnout, inwieweit ist es im ICD-10 aufgenommen?

A

Diagnostik Burnout:
• keine psychische Krankheit im engeren Sinne
• ICD10: Kapitel Z73: Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der
Lebensbewältigung Z73.0: Ausgebrannt sein, Burn-out, Zustand der totalen
Erschöpfung
• keine Aufnahme im DSM 5