6. Vorlesung (Angststörungen) Flashcards

1
Q

Was kennzeichnet die Agoraphobie, wie sehen die Diagnosekriterien aus (nach ICD-10)?

A

a) Furcht oder Vermeidung von mindestens zwei Situationen:
– Menschenmengen,
– öffentliche Plätze,
– allein Reisen,
– Reisen, mit weiterer Entfernung von Zuhause
b) Seit Beginn: mindestens 2 Angstsymptome gleichzeitig (davon mindestens ein
vegetatives Symptom)
– Herzklopfen
– Schweißausbrüche
– Tremor
– Mundtrockenheit
- Atembeschwerden
– Beklemmungsgefühl
– Thoraxschmerzen
– Nausea oder abdominelle Missempfindungen
– Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit
– Derealisation & Depersonalisation
– Angst vor Kontrollverlust, Angst verrückt zu werden oder auszuflippen
– Angst zu sterben
c) Belastung durch Symptome/Vermeidungsverhalten sowie Einsicht der
Übertreibung
d) Symptome vornehmlich auf gefürchtete Situation beschränkt

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2
Q

Beschreiben Sie die psychodynamische Sicht zur Ätiologie von Angststörungen?

A

Die psychodynamische Sicht zur Ätiologie von Angststörungen betont die Rolle des Unbewussten und unbewusster Konflikte in der Entwicklung von Angst. Nach dieser Perspektive können Angststörungen durch unbewusste Konflikte und innere Spannungen entstehen, die aus frühen Kindheitserfahrungen resultieren, wie zum Beispiel traumatische Erlebnisse oder ungelöste Konflikte in der Beziehung zur Bezugsperson. Diese Konflikte können zu Angst führen, die dann durch verschiedene Abwehrmechanismen wie Verdrängung oder Regression bewältigt werden sollen.

• Verdrängung: Unbewusster Wunsch oder Impuls, der subjektiv verboten ist und
dessen Inhalt verdrängt wird
—> Durch diesen inneren Konflikt („Ich möchte etwas, das ich eigentlich nicht darf “)
kommt ein Gefühl der inneren Gefahr auf, das Patient*innen als Angst bewusst
wahrnehmen
• Verschiebung: Angst wird als Abwehrmechanismus auf eine Situation oder ein Objekt
in der Außenwelt verschoben
—> Der innere Konflikt ist somit entlastet, es bleibt jedoch die verschobene, reale Angst
• Vermeidung: Durch Vermeidung der angstauslösenden Situation (bzw. des Objekts)
kann die Angst eingedämmt werden
—> Führt jedoch zu erheblichen Einschränkungen des Lebens

Therapie:
• Zusammenspiel von Verdrängung, Verschiebung und Vermeidung soll aufgelöst
werden
• Durch Erforschung und Integration der konfliktrelevanten Fantasien
– Konfrontation mit dem angstbesetzten Objekt in gewissen Umfang notwendig
• Beim Vorliegen struktureller Defizite zunächst Förderung der Ich-Funktionen, die zur
Angstbewältigung erforderlich sind

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3
Q

Wie wird die Agoraphobie im Rahmen einer KVT behandelt?

A
  1. Psychoedukation
    • Meta-Botschaft: Angst fühlt sich zwar unangenehm an, ist aber nicht gefährlich
    —> Erklärung/Normalisierung der Symptome
    • Erarbeitung individuelles Störungsmodell zur Erläuterung
    der aufrechterhaltenden Faktoren
    – Angsttagebuch
    – Teufelskreis der Angst
  2. Konfrontationstraining und Verhaltensexperimente
    • Patientinnen lernen, Vermeidung aufzugeben, da diese die Angst aufrecht erhält
    • Ziel: deutlicher Angstanstieg und -abfall in der Situation
    – Patient
    in wird für das Ertragen von Angst und nicht für Angstfreiheit verstärkt
    • Expositionsübungen
    • – Vorbereitung: Angstverlaufskurven, Planung, Sicherheitsverhalten
    • – Durchführung der Konfrontation mit Therapeut*in
    • – Nachbesprechung und Selbstkonfrontation als Hausaufgabe
  3. Therapiebegleitende Maßnahmen
    • Entspannungstraining z.B. Progressive Muskelentspannung (PMR)
    • Stressreduktion
    • Sport
  4. Rückfallprophylaxe
    • Übertragung von Eigenverantwortung auf Patient*innen – Selbstständiges Anwenden
    der gelernten Fähigkeiten
    • Ermahnung, dass Rückfall nicht nach „Alles-oder-Nichts- Prinzip“ erfolgt
    • Vereinbaren von „Booster“-Sitzungen (Auffrischungssitzungen)
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4
Q

Was kennzeichnet die Panikstörung, welche Diagnosekriterien müssen vorliegen? (nach ICD-10)

A

a) Wiederholte Panikattacken,die nicht auf eine spezifische Situation oder ein
spezifisches Objekt bezogen sind und oft spontan auftreten
b) Eine Panikattacke hat alle folgenden Charakteristika:
• einzelne Episode intensiver Angst
• sie beginnt abrupt
• sie erreicht innerhalb von wenigen Minuten ein Maximum
• mindestens 4 Angstsymptome gleichzeitig, davon eins von den Symptomen 1-4.
Symptome für b:
1. Herzklopfen
2. Schweißausbrüche
3. Tremor
4. Mundtrockenheit
5. Atembeschwerden
6. Beklemmungsgefühl
7. Thoraxschmerzen
8. Nausea oder abdominelle Missempfindungen
9. Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder
Benommenheit
10. Derealisation & Depersonalisation
11. Angst vor Kontrollverlust, Angst verrückt zu werden
12. Angst zu sterben

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5
Q

Wie werden Panikstörungen im Rahmen der KVT behandelt?

A
  1. Psychoedukation
    – Teufelskreis der Angst als zentrales Erklärungsmodell
  2. Kognitive Therapie
    – Korrektur der Fehlinterpretation körperlicher Symptome als gefährlich
  3. Verhaltensexperimente und Expositionen
    – Interventionen aus individuellem Erklärungsmodell erarbeiten
    - im Zentrum steht die Angst vor der Angst
  4. Rückfallprophylaxe
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6
Q

Welche Situationen werden von Patient*innen mit sozialer Phobie als
besonders problematisch erlebt?

A

Interaktionssituationen:
– Kontakt mit anderem Geschlecht
– Kontakt mit Autoritätspersonen
– Konversation in Gruppen oder mit Fremden
– Im Mittelpunkt stehen
– Telefonieren

Leistungssituationen:
– Öffentliches Reden (Vortrag, Prüfung, Referat)
– Etwas schreiben vor anderen (z.B.
Scheck)
– Öffentliche Toilette benutzen
– Vor anderen essen od. trinken, Tasse halten

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7
Q

Was sind Risikofaktoren zur Entwicklung einer sozialen Phobie?

A

• genetische Faktoren
• größte Bedeutung: Erziehungsstil (Kontrolle, überprotektives Verhalten, wenig
emotionale Zuwendung)
• Modelllernen
• aversive soziale Erlebnisse
• CAVE: Schüchternheit nicht zur Vorhersage geeignet

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8
Q

Beschreiben Sie das Modell zunehmender sozialer Probleme, Behinderungen und psychopathologischer Komplikationen zur Entwicklung einer sozialen Phobie. Wichtig!

A

Das Modell zur Entwicklung einer sozialen Phobie umfasst folgende Phasen:

  1. Zunehmende soziale Probleme: Beginnend mit anfänglichen Schwierigkeiten in sozialen Situationen, wie Peinlichkeiten oder Zurückweisungen.
  2. Behinderungen im sozialen Funktionieren:
    Die anfänglichen Probleme führen zu Beeinträchtigungen im sozialen Funktionieren, was sich in Vermeidungsverhalten oder Unwohlsein in sozialen Situationen äußert.
  3. Psychopathologische Komplikationen:
    Diese Behinderungen können psychopathologische Symptome wie Angst, Depression und negative Selbstbewertungen hervorrufen.
  4. Entwicklung einer sozialen Phobie: Schließlich entwickelt sich eine soziale Phobie, gekennzeichnet durch übermäßige Ängste vor negativer Bewertung oder Zurückweisung in sozialen Situationen, was zu Vermeidungsverhalten führt.
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9
Q

Was zeigt die Epidemiologie der Agoraphobie?

A

• Lebenszeit-Prävalenz: 5.2% (bei Frauen 2-4 mal häufiger)
• Typische Orte: Autofahren, öffentliche Verkehrsmittel, Fahr- stühle, Schlange stehen,
Kaufhäuser, Supermärkte, Kinos, Theater, Gaststätten, Alleinsein “in der Falle sein”
• Verlauf: meist späte Adoleszenz (18. Lj.) bzw. junges Er- wachsenenalter (25.-30. Lj.)
– oft in Verbindung zu Belastungen und Lebensereignissen (z.B. Krankheiten,
Operationen, Ende einer
Beziehung, finanzielle Probleme)
• Prädispositionen
– hohe Erblichkeit (61%)
– Familienklima (fehlende Wärme, überprotektives Verhalten)

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10
Q

Wie behandelt man eine Agoraphobie mit Medikamenten?

A

• Antidepressiva: SSRI (selektive Serotonin- Wiederaufnahmehemmer)
• Nachteil: Attribution der Therapieerfolge auf die Medikation
– Patient*innen lernen nicht, dem Körper zu vertrauen
• Wirksamkeit
– Antidepressiva alleine schlechter wirksam als z.B. KVT
– Kombinationsbehandlung kurzfristig keine Unterschiede, langfristig schlechter als
alleinige Psychotherapie

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11
Q

Was zeigt die Epidemiologie von der Panikstörung?

A

• Lebenszeit-Prävalenz: 1.6% bis 3.5% für Panikstörung mit und ohne Agoraphobie
• Verlauf: zw. Adoleszenz und 35. Lj. (selten nach 45 Lj)
– meist chronisch, aber auch z.T. jahrelange Remissionen
möglich
• Komorbidität: Depression; Soziale Phobie; Zwangsstörungen; Störung durch
Einnahme psychotroper Substanzen
• Familiäre Belastung: bei Verwandten 1. Grades 4-7-fach erhöhtes Risiko

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12
Q

Was sind Diagnosekriterien für eine soziale Phobie? (nach ICD-10)

A

a) Entweder 1. oder 2.:
1. Deutliche Furcht im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich peinlich oder
erniedrigend zu verhalten;
2. Deutliche Vermeidung im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder von
Situationen, in denen die Angst besteht, sich peinlich oder erniedrigend zu verhalten.
Diese Ängste treten in sozialen Situationen auf.
b) Mindestens 2 Angstsymptome wie bei F40.0 Kriterium
b) sowie zusätzlich mindestens eines der folgenden Symptome:
1. Erröten oder Zittern
2. Angst zu erbrechen
3. Miktions- oder Defäkationsdrang bzw. Angst davor
c) Deutliche emotionale Belastung durch die Angstsymptome oder das
Vermeidungsverhalten. Einsicht, dass die Symptome oder das Vermeidungsverhalten
übertrieben und unvernünftig sind.
d) Die Symptome beschränken sich ausschließlich oder vornehmlich auf die gefürchteten
Situationen oder auf Gedanken an diese.
e) Ausschlussvorbehalt

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13
Q

Was zeigt die Epidemiologie der Sozialen Phobie?

A

• Lebenszeitprävalenz: 7-13,3% (Frauen/Männer 3:2)
• dritthäufigste psychische Störung
• Beginn i.d.R. in der Kindheit oder frühen Jugend
• 40% generalisierter Subtyp, 36% Redeangst, 24% andere nichtgeneralisierte
Soziale Phobie
• Verlauf: Chronisch, im Durchschnitt 20 Jahre
– selten Spontanremission
– bei ca. einem Drittel nach 4-5 Jahren Rückfall

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14
Q

Wie wird die Soziale Phobie im Rahmen der KVT behandelt?

A

Verhaltenstherapie bei Sozialer Phobie: Die 5 Phasen

Phase 1: Diagnostik und Indikationsstellung:
- Identifizierung anderer psychischer Störungen und Festlegung der Reihenfolge ihrer Behandlung
- Ableitung eines individuellen Störungs- und Veränderungsmodells

Phase 2: Vorbereitung auf Expositionsübungen:
- Erklärung der Bedeutung von gesteigerter Selbstaufmerksamkeit und Sicherheitsverhalten
- Identifikation und Abbau von Sicherheitsverhalten
- Einführung in die Arbeit mit Videofeedback

Phase 3: Konfrontationsübungen:
- Durchführung von Konfrontationsübungen in realen Situationen gemäß der Angsthierarchie
- Überprüfung dysfunktionaler Annahmen vor und nach den Übungen
- Unterstützung des Patienten während der Übungen und Reflexion des Ergebnisses im Vergleich zur Erwartung

Phase 4: Kognitive Therapie:
- Arbeit an dysfunktionalen Gedanken und Überzeugungen sowie antizipatorischer und nachträglicher Verarbeitung
- Disputation negativer automatischer Gedanken und Erkennen von Denkfehlern

Phase 5: Abschluss und Rückfallprophylaxe:
- Abschluss der Therapie und Entwicklung einer Rückfallprophylaxe
- Erstellung eines schriftlichen Berichts über den Therapieverlauf zur Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Zukunft

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