2. Vorlesung (Diagnostik, Epidemiologie, Ätiologie Usw) Flashcards
Ziele des diagnostischen Prozesses?
Ziel 1: Beurteilen, ob und welche psychische Störung vorliegt
—> kategoriale Klassifikation
Ziel 2: Beurteilen, in welchem Ausmaß einzelne Symptome und Beeinträchtigungen vorliegen
—> dimensionale Diagnostik
Was ist mit Komorbidität gemeint?
Gleichzeitige Diagnose mehrerer Erkrankungen innerhalb eines definierten Zeitraumes
D.h das vorliegen verschiedener Erkrankungen bei einer Person
Kritisches zu Diagnosen?
- sind keine abgeschlossenen Entitäten im psychischen Bereich
- Diagnosen beschreiben oft Prototypen, die sich in der Praxis jedoch häufig überlappen
- viele Menschen erhalten daher nicht nur die eine Diagnose (Komorbidität)
Ziele, Phasen und Beispiel für einen diagnostischen Prozess?
Ziele:
- Diagnose
- Indikation
- Begründung und Rechtfertigung
- Interventionszuweisung
- institutionelle Zuweisung
- Evaluation
- Qualitätskontrolle und Sicherung
- (Verlaufs-) Dokumentation
Phasen:
1. Beschwerden (weine häufig, nichts macht mehr Spaß)
- Beobachten
2. Symptome (niedergeschlagen, Interessenlos, antriebslos, appetitlos)
- Beschreibung
3. Syndrom (depressives Syndrom)
- Erklärung
4. Diagnose (mittelgradige depressive Episode)
- Prognose
Was sind die zwei Klassifikationssysteme für psychische Störungen?
ICD-10
- internationale Klassifikation von Erkrankungen (globaler Konsens)
- dient zur Klassifikation aller Erkrankungen und Störungen
- Kapitel F (psychische Störungen) hat 10 Hauptgruppen
DSM-5
- enthält nur psychische Störungen
- ist oft ausführlicher, homogener und expliziter als ICD
- DSM ist für Forschungszwecke optimiert
- Zusätzliche Berücksichtigung von psychologischen, sozialen und umweltbezogenen Faktoren
- Das DSM entspricht daher eher dem biopsychosozialen Krankheitsmodell
Gemeinsamkeiten des ICD-10 und DSM-5 ?
- Prinzip der Operationalisierung
- deskriptiver Ansatz (kein Ätiologischer Ansatz)
- Begriff der „Störung“ statt der „Krankheit“
- weitgehend aufeinander abgestimmt
- Komorbiditäten werden berücksichtigt
Diagnoseschlüssel für verschiedene Störungen und Episoden?
- Psychische & Verhaltensstörungen: F
- Affektive Störungen F3
- Depressive Episode F32
- Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome F32.2
Vorteile & Nachteile der kategorialen Diagnostik
Vorteile:
- Kommunizierbarkeit
- sinnvolle Informationsreduktion
- ökonomische Informationsvermittlung
- empirisch begründet
- Handlungsanleitung
- Wissensakkumulation
Nachteile:
- Etikettierung
- Informationsverlust
- Verschleierung zugrundeliegender Problemdimensionen
- Schaffung künstlicher Einheiten und damit vergebliche Suche nach Ursachen
—> entspricht einem Weltbild, z.B Homosexualität wurde bis ca. 1990 als Krankheit klassifiziert
Welche Methoden bzw. Verfahren gibt es in der klinisches Psychologie? nennen auch das jeweilige Ziel und den Anwendungsbereich
- Eigen- und Fremdanamnese
Ziel/Anwendungbereich:
- Gewinnung eines differenzierten Bildes von Lebensgeschichte und aktueller Situation von Patient*innen - Fragebögen
Ziel/Anwendungbereich:
- Selbst- und Fremdeinschätzung
- Störungsspezifisch und Störungsübergreifend - Interviewverfahren
Ziel/Anwendungbereich:
- standardisiert: Reihenfolge der Fragen, Wortlaut, Antwortmöglichkeiten, Interviewerverhalten festgelegt
- strukturiert oder halbstandardisiert: Wortlaut veränderbar, Zusatzfragen möglich
- Unstandardisiert oder offen: lediglich Vorgabe einiger Themengruppen
Was genau ist mit Epidemiologie gemeint, welche Relevanz und Ziele hat sie?
Definition:
Untersuchung der Verteilung, Determinanten und Risikofaktoren gesundheitsbezogener Zustände in Bevölkerungsgruppen
Relevanz (Fragestellungen):
- Häufigkeit psychischer Störungen
- Erforschung der Ätiologie und Verlauf —> u.a. Identifikation von Risiko-/Schutzfaktoren
- Ableitung von Konsequenzen für Prävention, Therapie
Ziele:
- Ermittlung von Größenordnung psychischer Störungen (deskriptive Epidemiologie)
- besseres Verständnis psychischer Störungen (analytischer Epidemiologie)
Die verschiedenen Formen von Prävalenz?
Prävalenz: Anzahl Kranheitsfälle in einer definierten Population
Periodenprävalenz: Prävalenz in einer bestimmten Zeitperiode (z.B 12 Monate)
Lebenszeitprävalenz: Anteil an einem Stichtag lebender Personen, die irgendwann mal Erkrankungsmerkmale hatten
Was genau ist mit Ätiologie gemeint?
Allgemeine Erklärungsansätze zur Entstehung von psychischen Störungen: Anlage-Umwelt bzw. Körper-Geist Kontroverse
- (Neuro-)biologische Perspektive
- Psychodynamische Perspektive
- Behavioral-kognitive Perspektive
- Integrative Ansätze
Was genau besagt die (Neuro-)biologische Perspektive?
- Ursachen psychischer Erkrankungen liegen in der Funktionsweise der Gene, Beschaffenheit des Stoffwechsels des Gehirns und des Nerven- und endokrinen Systems
- Störungen werden durch strukturelle und biochemische Prozesse erklärt
—> Medizinisches Krankheitsmodel
Was genau besagt die Psychodynamische Perspektive?
- Ursache psychischer Störungen sind intrapsychische (unbewusste) Konflikte, Impulse und Prozesse (Instinkte, biologische Triebe, Gedanken, Emotionen, etc.)
—> Störungen gehen auf frühkindliche Konflikte zurück - Aus der psychodynamischen Perspektive entwickelten sich die psychoanalytischen Schulen
Was genau besagt die Behavioral-kognitive Perspektive?
- behaviorale Komponente
- Psychische Erkrankungen entstehen auf Grund von fehlangepassten erlernten Verhaltensmustern - vgl. Pawlow, Seligmann, Skinner, Bandura
- Lernprozesse haben eine zentrale Funktion
—> klassische und operante Konditionierung, Modelllernen, Lernen durch Einsicht, etc. - kognitive Komponente
- Psychischen Erkrankungen geht eine kognitive Störung voraus
—> Grundannahmen, Verhaltensregeln, automatische Gedanken, etc.
- Diese sind latent vorhanden und werden durch Stress aktiviert